1931 / 62 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Mar 1931 18:00:01 GMT) scan diff

Fn diesen großen Komplex muß das Tarifwesen und das staatlihe Schlichtungswesen hineingestellt werden. Dann erst läßt sich klar beurteilen, was lohnpolitisch in einer großen Krisis mög- lih und was nicht mögli ist, was das staatlihe Schlihtungs- wesen leisten kann und was nicht. Konkret steht es gegenwärtig in der Lohnfrage folgendermaßen. Eine Reihe von Lohntarifen weist, wie gesagt, große Spannungen zwishen Tarif- und Affordlöhnen auf; andere weisen wieder kleine Spannen auf. Von Gewerkschastsseite wird behauptet, daß im leßten Fahr große Akkordlohnkürzungen vorgenommen worden seien. Die Arbeitgeber bestreiten das zum Teil auf das enitschiedenste. (Zu- ruf von den Sozialdemokraten: Das trifft aber zu!) Praktish werden beide Teile recht haben. (Zuruf von den Kommunisten.) Mit der kommunistischen Gradheit allein löst man keine Probleme. (Sehr gut! in der Mitte.) Jch sage also: praktisch werden beide Teile recht haben, und zwar deshalb, weil, wie ih [chon ausführte, in einer Reihe von Gewerben und Fndustrien große Spannungen zwischen Zeit- und Aktordlöhnen bestehen, in anderen Jndustrien kleine Spannungen. Da, wo große Span- nungen bestehen, sind ohne Zweifel größere Akkordlohnkürzungen erfolgt, wohingegen in anderen Gewerben, wie beispielshalber beim Bergbau, wo Zeit- und Akkordlöhne ziemlich dasselbe sind, ebenso in der Berliner Metallindustrie, in der nur kleine Span- nen zwishen Zeit- und Afordlöhnen vorhanden sind, nur ge- ringere Afkordlohnkürzungen erfolgt sind. (Zuruf rechts: Textil- industrie!) Auch in der Textilindustrie; ganz richtig! Das Jnstitut für Konjunkturforshung hat in seinem lehten Viertel- jahrsberiht 1930 die Auffassung vertreten, daß im Jahre 1930 durch Arbeitslosigkeit, Akkordlohnkürzungen, Kurzarbeit und amt- liche Lohnsenkungen eine Kürzung der Einkommen um 10 vH stattgefunden habe, (hört, hört! bei den Sozialdemokraten) der in der gleichen Zeit eine Senkung der Lebenshaltungskosten um 774 vH gegenüberstehe. Auf Akkordlohnkürzungen und Kurz- arbeit hat das amtlihe Schlihtungswesen kaum Einfluß. An den Einkommenskürzungen im Fahre 1930 ist das staatliche Schlich- tungswesen ebenfalls nur in einem gänz geringen Ausmaß be- teiligt. Fm Fahre 1930 sind nur einige hunderttausend Arbeit- nehmer durch das Schlihtungswesen mit Lohnkürzungen bedacht worden. Es ist daher auch falsh, zu behaupten, daß die staatliche Lohnpolitik die Schuld an der Verschärfung der Wirtschaftskrise trage. Soweit die Regierung in Frage kommt, ist im Fahre 1930 durch Senkung der Kohlen- und Eisenpreise mindestens so viel an Preisfenkungen als an Lohnkürzungen herbeigeführt worden.

Sinn der Regierungspolitik ist es sodann, niht eine Kürzung der Reallöhne herbeizuführen. Das haben wir sofort im Anschluß an die Veröffentlichung des Sanierungsprogramms der Reichs- regierung Ende September gesagt. Sinn der Regierungspolitik ist die Senkung der Gestehungskosten. Fn Kohle und Eisen sind die Preise zunächst höher als die Löhne gesenkt worden, und dann ist die Kohlen- und Eisenpreissenkung vor dex Lohnkürzung er- folgt. Der Lebenshaltungsindex ist seit der Veröffentlihung des Sanierungsprogramms der Reichsregierung, also seit September 1930, von 146,9 auf 136,8 zurückgegangen. (Hört, hört!) Große Konsumvereine und auch Einzelhandelsgeshäfte behaupten und bringen Belege dafür, daß dem so ist. Mir haben Konsumver- eine Belege für 400 Warengattungen gebraht, wona sie für un- gefähr 375 Waren Preis\senkungen feststellten, für etwa 25 Waren Preiserhöhungen, jedoch im Durchschnitt der 400 Warengattungen im Verlaufe eines Fahres Preissenkungen zwischen 13 und 15 vH nachgewiesen haben.

Bei dem komplizierten deutshen Wirtschaftsapparat hat man €s freilih bei der Erneuerung des einzelnen Tarifvertrags nicht in der Hand, daß zur selben Stunde, in der eine Lohnkürzung ausgesprochen wird, und in dem gleihen Gewerbe immer und Überall auch die Preisfenkung erfolgen kann. Auf längere Sicht gesehen, würde ih mi, soweit das im Wege der staatlichen Schlichtung überhaupt möglich ist, nahdrücklichst einer Senkung der Reallöhne widerseßen. (Sehr gut! im Zentrum und bei den Sozialdemokraten.)

Was die größere Beweglichkeit des Tarifwesens anlangt, so kommt man dabei mit grundsäßlichhen Diskussionen nicht weiter. Auch die Vorschläge, die bis jeyt gemaht worden sind, sind be- stimmt nicht als das Ei des Kolumbus anzusehen. Fn der Haupt- sache sind bis jeßt zwei bedeutsamere Vorschläge an mich heran- gebracht worden: erstens die vorübergehende Suspendierung der Verbindlichkeitserklärung von Schiedssprüchen durch die Reichs- regierung, und zweitens die Schaffung eines größeren Spiel- raums durch eine gewisse Abdingharkeit der Tarifverträge. Diese beiden Forderungen sind mittels der Geseßgebung kaum zu ver- wirklihen. Möglich erscheint mir in absehbarer Zeit eine noch größere Zurückhaltung mit der Verbindlichkeitserklärung. Ueber den geforderten Spielraum in Sachen der Abdingbarkeit gewisser Arbeitsbedingungen müssen die Parteien selbst bei Erneuerung der Tarifverträge miteinander verhandeln. (Zurufe von den Kommunisten: Was wollen Sie in Nordwest machen?) Fn Nordwest läuft einstweilen der Tarifvertrag, und darum, weil der Tarifvertrag läuft, hatte ih keine Macht, hatte ih gar keine große Möglichkeit, in die Differenzen Ruhrort-Meiderih einzugreifen. (Erneute Zurufe von den Kommunisten.) Einstweilen läuft der Tarifvertrag in Nordwest bis zum 30 September, und die Re- gierung das habe ich îm Haushaltsaus\{uß ausgeführt will niht durch die Staatsmacht in laufende Tartfverträge ein- greifen; denn das ist keine sehr einfahe Sache. Jch habe im Haushaltsausschuß gesagt, daß s{chon durch die Aufwertung eine große Rechtsverwirrung eingetreten ist und daß, wenn man heute anfangen wollte, in laufende Tarifverträge durch die Gesetz- gebung einzugreifen, dann das, was dem Tarifvertrag recht ist, Tausenden von Privatverträgen billig wäre. (Sehr richtig! im Zentrum.) Damit würden wir wieder in ganz starkem Maße eine gewaltige Rehtsverwirrung in Deutschland herbeiführen. Darum ist auch in Arbeitgeberkreisen die weitaus größere Mehr- heit gewiß werden auch andere Stimmen laut der Meinung, daß man nicht in laufende Verträge durch die Gesetzgebung eingreifen dürfe. (Zurufe von den Kommunisten: Herr Minister, wie steht es mit der Arbeitszeitverkürzung dort, wo Lohntarife laufen?) Arbeitszeitverkürzungen find dort, wo

* (Zurufe von den Kommunisten. Gegenrufe von den Sozial- |

möglih. Aber diese Zustimmung kommt in der Regel zustande, weil, wenn die Arbeiter zu wählen haben, ob ein großer Teil ihrer Arbeitsfollegen entlassen werden soll oder ob die Arbeitszeit zorfürzt werden soll, meistens auch die Gewerkschaften einer Aenderung der Arbeitszeit im Tarifvertrage zustimmen.

Jh sage also: Darüber, wie ein gewisser Spielraum in Sachen der Abdingbarkeit gewisser tarifliher Arbeitsbedingungen möglich ist, müssen die Parteien bei Erneuerung von Tarifver- trägen selbst miteinander verhandeln. Bei der Tariferneuerung sehe ih noch eine Reihe konstruktiver und s{höpferischer Möglich- feiten im Tarifwesen. Aber darüber müssen sich, wie ih s{hon sagte, die Parteien selbst den Kopf zerbrehen. Wo die Mit- wirkung des Arbeitsministeriums gewünscht wird, stellen wir unsere Kraft gern zur Verfügung. (Zuruf von den Kommu- nisten: Die Mitwirkung sieht auch danah aus!) Fch sehe über- haupt für die nächsten Fahre ein umfassenderes Zusammen- arbeiten zwishen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften als eine Notwendigkeit an, die ih mit allen Kräften zu fördern suchen werde. Wo ein leiser Zwang in der Sache ausgeübt werden kann, wird es ebenfalls geschehen, z. B. durch Zurückhaltung mit Verbindlichkeitserklärungen, um die Parteien dahin zu bringen, was das Beste ist, nämlih in viel stärkerem Maße zu freiwilligen beiderseitigen Vereinbarungen. (Sehr rihtig! im Zentrum.)

Ueber vieles, was niht lösbar scheint, kann man sich viel einfacher einigen, wenn man sich die Gesamtstellung Deutsch- lands in der Welt klar einprägt. Wir sind géographisch und sahlich eingekeilt zwischen dem bolschewistishen Rußland im Ostéèn auf der einen und den hochkapitalistischen Staaten des Westens auf der anderen Seite. Jch sage eigens: geographis® und sach- lih, nicht bloß geographish! Denn die Tatsache, daß auf der einen Seite der Hochkaþpitalismus und auf der anderen Seite der Kommunismus herrsht, muß im Hinblick auf die deutsche politishe Geschichte der leßten 60 Fahre auf die geistige Verfas- sung in Deutschland in starkem Maße zurückwirken, wie über- haupt die deutshe Kultur die Brücke zwischen slawisher und romanischer Kultur darstellt, (Unruhe und Zurufe von den Kom- munisten) was nicht bloß damit zusammenhängt, daß Deuitsch- land geographisch dazwischenliegt, sondern weil auch die Fäden herüber und hinüber gehen. Aehnlich ist das mit dem amtlichen Schlichtungswesen. Ein ähnlihes Schlichtungswesen ‘wie in Deutschland hat man in den meisten anderen Ländern nit. Aber auch in das Schlihtungswesen spielt die deutsche Geistes- verfassung in sehr starkem Maße hinein.

Neben der Lohnfrage, dem Schlichtungs- und Tarifwesen wird in neuerer Zeit die Frage der Arbeitszeit immer mehr um- stritten. Bei der Aufstellung des Sanierungsprogramms der Reichsregierung im September stand sie vor der Frage: Was ist für die deutshe Wirtschaft das Primäre, die Senkung der Ge- stehungskosten oder die Verkürzung der Arbeitszeit? Die Reichs- regierung entschied sich nicht nur aus wirtschaftlihen, sondern auch aus außen- und innenpolitischen Gründen für die Senkung der Gestehungsfkosten. (Zurufe von den Kommunisten: Lohn- abbau!) Fn der Zwischenzeit hat sih die Zahl der Arbeitslosen um zwei Millionen vermehrt. Daneben hat die Kurzarbeit stark zugenommen. Heute sind von den Arbeitern in Fndustrie, Ge- werbe, Handel und Verkehr etwa ein Drittel arbeitslos, ein weiteres Sechstel arbeitet verkürzt. Fmmerhin arbeiten in den genannten Wirtschaftszweigen noch fünf bis sechs, Millionen Arbeiter voll. Gegenwärtig steht bei solcher Situation die Reichs- regierung vor der Frage: dürfen wir etwa im ganzen Sommer dreieinhalb Millionen Menschen oder noch mehr ohne jedwede Arbeit lassen, ohne alle Möglichkeiten der Arbeitsbeschaffung ausgeshöpft zu haben? Gegenwärtig ist die primäre Frage: Wie verringern wir unbedingt das große Heer der Arbeitslosen? (Sehr rihtig! in dex Mitte.)

Am 20. Februar habe ih daher auch vox dem Hauptaus\{uß des Reichsverbandes der Fndustrie ausgeführt, daß in den Monaten März und April die Unternehmer dahingehend er- finderish sein müßten, was ihrerseits zu einer größeren Vermin- derung des Arbeitslosenheeres geschehen könne, (Abgeordnete Sender: Darauf können Sie sich niht verlassen!) und wenn dabei ein durchgreifender Erfolg nicht erzielt werde das habe ich da- mals auch ausgeführt —, käme in kurzer Zeit keine Regierung, sie möge zusammengeseßt sein, wie sie wolle, auch an geseßlichen Vorschriften, die eine Arbeitsstreckung bzw, Arbeitsverkürzung zum Ziele haben, nicht herum, (na also! bei den Sozialdemo- kraten) um auch auf diesem Wege einen Teil der Arbeitslosen in den Produktionsprozeß einzugliedern. (Zuruf von den Kommu- nisten: Wieviel kann man bei fünf Arbeitstagen in der Woche eingliedern?) Das ist sehr s{chwer zu sagen, weil man nicht alle Betriebe mit der Fünftagewoche bedenken kann. Man kann bei- spielshalber im Kleingewerbe, das nur zwei oder drei Gehilfen beschäftigt, nicht statt der Sechstagewoche die Fünftagewoche ein- führen, weil dadurch kein vierter Mann beschäftigt werden kann. So liegt es in einer ganzen Reihe von Fällen, so daß man das nicht sehr genau s{häßen kann. Schematish kann man die Sache auch nicht durchführen, sonst tritt das ein, daß man auf der einen

Neichs: und Staats8anzeigër Nr. 62 vom 14, März 1931. S. 2.

als Lohnraubminister verschrien worden, und wie ist

mich hergefallen, als ih die Beiträge zur Arbeitsloien rung um 83 vH erhöhte! Wenn ih dies nicht ge A wir ganz bestimmt nicht heil über den leßten Winter

gekommen; denn der Reichsfinanzminister wäre in de, Monaten nit imstande gewesen, mir Hunderte A für die Unterstüßung der Arbeitslosen zu beschaffen. Jy Dai land fönnen wir aber die Arbeitslosen niht ihrem 4 überlassen, wie es gegenwärtig teilweise in Amerika „A (Sehr richtig! in der Mitte und bei den Sozialdemotrgt, glaubt jemand in diesem Hohen Hause, daß ih mih do, gebrauchen lassen, die Staatsmaschinerie für Lohnkürzungey zuseyen, wenn ein anderer Weg möglih gewesen wäre? gut! in der Miite. Zurufe von- den Kommunisten) Mensch, der nah der Wahrheit strebt und der niht Vogel-2,,, Politik betreibt, kommt um die Tatsache herum, daß in Dea land gegenwärtig die Wirtschaft mit Steuern und öffent Abgaben, von Ausnahmen abgesehen, überbelastet ist, ünd einer überbelasteten Wirtschaft vermindern wir gay; stimmt keine Arbeitslosigkeit. (Sehr richtig! in der Y Wenn mir jemand gesagt hätte, wie man durch Sieury ;

liarden Luft schaffen könnte, hätte mich kein Mensch der Vil die Handhabung der staatlichen Lohnsenkungsmaschinerie geb (Lachen und Zuruf von den Kommunisten: Millionärsteuer! V dendensteuer!) Ach, Sie haben ja keine Ahnung. Wenz der Millionär- und Dividendensteuer alle die Milliarden y werden Fönnten, die. für die Arbeitslosen notwendig sind, pz der Finanzminister sehr viel ruhigere Nähhte haben. (Ehr y in der Mitte, Zuruf von den Kommunisten.) Jedenfalls tiy ih Fhnen {hon morgen ein Arbeitsbeshaffungsprogramm 1 bis 1/4 Milliarden Mark vorlegen, in dessen Mittelpunk Reichsbahn stehen würde, wodurch eine Million Tonnen (g mehrere Millionen Tonnen Kohle benötigt würden und im q 8 bis 400000 Menschen beschäftigt werden könnten, wen

jemand fände, der mix 1 bis 124 Milliarden Mark langiri Kredite zu einem erträglihen Zinsfuß beschaffen könnte, ( wahr! in der Mitte. Zurufe von den Kommunisten.) Jÿ kürzlich in England, als ich mit der englishen Regierung

andere Fragen redete, gesagt: in einem Lande, das Geld ha, es verhältnismäßig leiht zu regieren, aber in einem Lande, es überall an Geld fehlt, ist Regieren etwas anderes. (Zuri

Die Beschaffung langfristiger Kredite, also die Bestafi von Kapital ist zu 90 vH eine Vertrauensfrage. Dieses wendige Vertrauen kann man aber nicht von der Arbeitéli frage her herbeiführen, sondern es muß vom Staat und bon} Wirischaft herkommen. (Sehr wahr! in der Mitte.) Weil ti Vertrauen nun aber nux langsam gewonnen werden kann, tis wir die Arbeitslosenfrage zunächst mit kleinen Behelfsmittel mildern suhen. JFch gebe zu, daß die im Etat für Kri sorge angeseßten Mittel im Fahre 1931 kaum ausreichen lh Aber die Frage der Arbeits\streckung, insbesondere die Fragt Arbeitsbeschaffung hängt mit einex Reihe anderer Fraget sammen, die die Reichsregierung erst nach Ostern in A nehmen kann. Mitte April etwa wird der Reichsarbeitsmits vor derx Entscheidung stehen: was kann in der Frage der Athi streckung und dex Arbeitsbeschaffung geshehen, welche Vorsß macht die Gutachterkommission zur Bekämpfung der Al losigkeit und ihrer Folgen in diesen und in anderen Fri Wenn diese Dinge geklärt sind, dann wird sich das Arbeitsmit rium mit der Reichsanstalt für Arbeitslosenversiherung unl dem Jnstitut für Konjunkturforshung ins Benehmen seher, die Frage zu prüfen, wie der deutshe Wirtschaftsverlan l Etatsjahr 1931 unter Berüefsihtigung aller Gesichtspunkt beurteilen ist. Das ist auch im lehten Fahre gesehen, undi mit Erfolg, wie ih das im Haushaltsausschuß im einzelnen geführt habe. (Zuruf von den Kommunisten.)

Auf längere Sicht „gesehen, bin ich nicht Pessimist; darüber lasse ih mih auch niht hinwegtäushen, daß das Y 1931 noch als ein schweres Krisenjahr anzusehen ist. Jh hel 30. März vorigen Jahres die Leitung des Reichsarbeitsmn riums übernommen. Wenn damals jemand gesagt hätt! müßten über den Januar und Februar 1931 an 5 Millici Arbeitslose hinüberbringen, dann wäre ihm allseitig eni worden, daß das bei der Verfassung der öffentlihen Finan haft in Deutschland niht mögli sei. Es ist möglich gewe weil man rechtzeitig den unvermeidbaren Realitäten ins fl gesehen und rechtzeitig entsprechende Vorkehrungen getroffen N Es ist eine Großtat des deutshen Volkes und der deu Arbeiterschaft auch das muß einmal ausgesprochen werdet daß sie troy großer eigener Nôte diese gewaltigen Opfer für arbeitslosen Volksgenossen und Arbeitskameraden aufgebradt) in einer Höhe, wie sie bei keinem Volk in der Geshidt festzustellen war. (Sehr wahr! in der Mitte.) Ein großes hat die Verpflichtung, in bestimmten Ruhestunden auch rückwärts zu sehen und Genugtuung über vollbrachte Leistun zu empfinden. (Bravo! in der Mitte.)

Seite wieder so viel kaputtshlägt, wie man auf der anderen Seite aufbaut. Die Dinge müssen sehr genau abgewogen werden. Gegenwärtig wird die Zahl auf 300 000 oder 500 000 geschäßt. |

demokraten.) Eine genaue Schäßung läßt sih niht im voraus geben, weil ja, wie ih vorhin {hon fagte, ein verhältnismäßig großer Teil der Arbeitershaft ohnehin hon kurzarbeitet. Auch die Ueberstundenfrage wird in Verbindung mit der Neuregelung der Arbeitszeit und mit den Beiträgen zur Arbeitslosenversiche- cung überprüft werden müssen.

Jn der Arbeitslosenfrage stecken eine ganze Anzahl großer und weitgreifender Probleme. Fn Deutschland ist der Arbeits- losenfrage umfassend nur in Verbindung mit der Frage der Ge- samtsanierung von Staat und Wirtschaft beizukommen. Fn diesen Fragenkomplex spielt zum Schluß alles hinein. Was bin ih im leßten Fahre als Lohnraubminister beshimpft worden, (Zuruf von den Kommunisten: Nicht zu Unrecht!) und wie is man über | mich hergefallen! Jch hätte einmal sehen wollen, was geschehen wäre, wenn das fkommunistishe Regime ein Fahr hier am Ruder | gewesen wäre. (Lebhafte Zustimmung in der Mitte und bei den |

Lohntarife laufen, nur durch die Zustimmung der beiden Teile

Sozialdemokraten.) Jch sage also: was bin ih im legten Fahre

| gabe der Reichsregierung,

| mal von dex arbeitsmaxrktpolitishen Seite

Jn den nächsten Wochen und Monaten ist es wieder d rehtzeitig und vorausschauend * Mittel zu sichern, die auh im shweren Jahre 1931 erfo sind. Es wird Arbeitsgelegenheit zu beschaffen sein für so Arbeitslose wie nur irgend möglih. Für jene unglücklihen 2 hen, denen Arbeit nicht vermittelt werden kann, müssen M die notwendigen Mittel bereitgestellt werden. Dabei "0 Reich, Ländex und Gemeinden sich auf einen einheitlichen 1 einigen müssen, damit Avbeitslosenversicherung, Krisen und Wohlfahrtsunterstüzung für die Erwerbslosen noch bese einandergreifen. Persönlich werde ih jedenfalls alles aufb daß ein Volk und eine Arbeiterschaft, an dereu Zukunft a wie vor fest glaube, niht zur unrechten Zeit #{lapp (Bravo! in der Mitte.)

Die Wohnungspolitif muß im Laufe der Jahre in der E sache von zwei Gesichtspunkten gesehen und behandelt werde i her und E dem Gesichtspunkt: Wie interessieren und gewinnen l privates Kapital für zweitstellige Hypotheken? Persôn ufe ih gegenüber der Konstruktion der Wohnungspolitik im. z i Jahre allerlei Bedenken. An si hätte die tapitalmäßisé

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durch Frachterleihterungen der Wirtschaft um 1 oder 1% p

Reichs: und Staatsanzetger Nr. 62 vom 14, März 1931,

S. 3.

Wohnungswirtschast und die Verminderung dec

j n Wohnungsbau noch um ein Jahr zurück- ven müssen. (Sehr wahr! in der Mitte.) Wir dürfen “4 äushungen darüber hingeben, daß das Jahr 1931 ‘vewerbe, das Schlüsselgewerbe is, im Vergleich zu den

M Bang sehr viel geringere Aufträge bringen wird. Die orjahrel Bauten werden an Zahl infolge der Drosselung der eniliden iches, der Länder und der Gemeinden sehr zurück- tats S atedds Gemeinden haben in den Etats für 1981 nur 8 Ta: der Beträge des Vorjahres für Bauzwecke an- O a gewerblihe Bauten fehlt meist der Bedarf. Der et cen M von vielen Gemeinden bereits weitgehend vor- E Dagii fommt noch die Verringerung der öffentlichen „rébesondere der Hauszins\teuzr, die auch ‘wegen der der- Kerknappung der Mittel und der Ueberbelastung der Wirts-

“ch die öffentlihe Hand mit in Kauf genommen werden

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e ciner Reihe von Gemeinden, namentlich in den Grenz- s wo die Arbeitslosigkeit am größten ist, sind die Gewerbe- E T werártia hoh, daß ein gewerbliches Leben sich dort kaum “i entwideln fann. (Sehr wahr! in der Mitte.) Bei der Auf- ellung ihres Sanierungsprogramms im September 1930 stand …, Reichéregierung vor der Frage: Was ist das kleinere Uebel, . Aufrehterhaltung der konzentrierten _Arbeitslosigkeit in den Brenzbezirken oder aber eine gleihmäßigere Verteilung der lrbeitslosigkeit auf gang Deutschland? Man entschied sih dahin, den Grenzbezirken au steuerliche Entlastung gebracht werden müsse. Die Hauszinssteuer fällt an fich in die Zuständigkeit der binder. Hätte das Reich frei über die Hauszinssteuer verfügen ¿nnen, dann würde ich mih nachdrücklichst für eine Verringerung m 80 bis 100 Millionen Mark eingeseßt haben, zugunsten jener emeinden, deren Realsteuern weit über dem Reichsdurchschnitt mnaespannt sind. Ueber diese Frage ist mit den Ländern fast keine ebereinstimmung zu erzielen, weil das Realsteuerwesen in den inzelnen Gebieten Deutschlands außerordentlich unterschiedlih pestaltet ist und nicht alle Gemeinden bloß der Wohlfahrtserwerbs- sen wegen ihre Realsteuern so hoch angespannt haben, (Sehr ihtig!) Man sagt, eine nachträglihe unterschiedlihe Behand- ung der Gemeinden in der Realsteuerfrage bringe es mit sich, auch Gemeinden mit niht sehr solider Finanzgebarung in den lezten Fahren auf Kosten anderer Gemeinden und Länder oh besonders belohnt würden.

Zo fam man in dieser Situation zu einer shematishen Sen-

fung der Realsteuern im Jahre 1934. Und diese schematische enfung der Realsteuern hat für das Wohnungswesen, aber hauptsählih hinsichtlih derx arbeitsmarktpolitischen Seite des Wohnungsbaues ihre großen Bedenken. (Sehr richtig!) Bei solcher Zahhlage muß der private Kapitalmarkt für zweitstellige Hypo- iheken nahdrücklichst interessieri und gewonnen werden. Um dieses Ziel soweit als möglich zu erreichen, ist das Reich gewillt, für zweitstellige Hypotheken Reichsbürgschaften zu übernehmen ind sie mit einem Zinssicherungsfonds zu untermauern. Auch die Finanzierung des Wohnungsbaues hängt ebenso wie die (rbeitöslosensrage mit ‘der Géesamtsanierung von Staat und Wirt- chaft aufs engste zusammen. Die deutsche Wirtschaft stellt täglich Verte von 150 bis 200 Millionen Reichsmark her, so daß der Streit um die Mittelbeschaffung für den Wohnungsbau im Ver- gleih zur Gesamtproduktion unserer Wirtschaft niht allzusehr übershäßt werden darf. Wenn das Vertrauen zu Staat und Virtschaft wächst, wenn, anstatt daß deutshes Geld ins Ausland abwandert, wieder fremdes Geld verstärkt nah Deutschland fließt, dann ist die Kapitalbeschaffung für zweitstellige Hypotheken nicht die shwierigste der Sanierungsaufgaben des Deutschen Reichs. (Rufe: Wenn!)

Für die Mieter kann es an si gleichgültig sein, ob sie pro Vohnung 3000 bis 4000 Reichsmark Hauszinssteuer zu einem wesentlih verbilligten Zinsfuß echalten, was für sie eine Ver- billigung der Fahresmiete von 250 bis 300 Reichsmark bedeutet, oder ob sie für die erst- und zweitstelligen Hypotheken den normalen Zinsfuß bezahlen, dafür aber pro Wohnung 250 bis 300 Reichs- mark Mietszushuß erhalten. Der Unterschied ist nur der, daß für 200000 Wohnungen à 4000 Reichsmark Hauszinsfteuer 800 Millionen Reichsmark öffentlihe Mittel benötigt werden, während, wenn für 200 000 Wohnungen jeyt 300 Reichsmark Nietszushuß gewährt werden, man mit 60 Millionen Reichs- mark öffentlichen Mitteln den gleichen Effekt erzielen kann. Weil die Häuser für 100 Jahre gebaut werden und die gegenwärtige Generation ohnehin shon sehr stark aus den Kriegsfolgen be- lastet ist, ist das lediglich eine Belastung der Zukunft zugunsten der Gegenwart, wie das bei der Handhabung der Hauszinssteuer in den lezten Fahren umgekehrt der Fall war. Es wird aller- dings erforderlich sein, die Zinszuschüsse für die Dauer der Lauf- eit der verbilligten Hypotheken geseßlich siherzustellen. Sehr viele Jahre könnte natürlih die Mietszuschußpolitik auch nicht gehandhabt werden, weil sonst ein ähnlicher Betrag für Miets- zushüsse sih anhäufen würde, wie er in der Vergangenheit jähr- li an Hauszinssteuern bereitgestellt worden ist, Es ist aller- dings zu hoffen, daß in absehbarer Zeit eine wesentliche Senkung des Zinssahes für langfristige Anlagen erzielt wird, wodurch fih die Mietszuschüsse aus öffentlihen Mitteln wieder automatish verringern werden.

_ Alle anderen Streitfragen im Wohnungswesen treten gegen= Uber denen, die ih Jhnen vortragen durfte, bedeutend zurück. Tatsache ist, daß in den lebten Jahren vielfa zu groß und zu teuer gebaut worden ist. 9000 bis 10 000 Reichsmark können vir uns in den nächsten Jahren für eine Durhschnittswohnung niht mehr leisten; diese muß vielmehr für etwa 6500 bis 7000 Reichsmark herzustellen sein. Jn den ersten Fahren wird sodann vorzugsweise der Bedarf an Kleinstwohnungen zu berücksichtigen sein, Dieser Bedarf ist sehx groß für Fungverheiratete und für Îltere Ehepaare, die nicht mehr als 20 bis 25 Reichsmark

9natsmiete aufzubringen vermögen. Auch bei der Wohnungs- politik spielt der Altersaufbau des deutshen Volkes eine ent- lheidende Rolle. Die jugendlichen Fahrgänge gehen zurück, die Îlteren Leute nehmen stark zu. Deutschland wird in den nächsten

Jahrzehnten weniger für die Erziehungskosten der Fugend, dafür

aber sehr viel größere Beträge für den Unterhalt alter Leute auf-

iubringen haben, Au auf die Wohnungsbedürfnisse der Kinder-

reihen wird die Wohnungspolitik ausreihend Rücksicht nehmen müssen. Weiterhin ist dem ländlihen Wohnungswesen sowie der Vorstadtsiedelung die größte Sorgfalt zuzuwenden.

Auf die übrigen Fragen, die bereits von dem Herrn Bericht- erstatter angeshnitten wurden und die noch in der Diskussion zum Vortrag gelangen, werde ich im Verlauf der Aussprache zurückommen, (Bravo! im Zentrum.)

41. Sißung vom 13. März 1931,

(Bericht d. Nahrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger ®.) Präsident b e eröffnet die Sißzung um 3 Uhr.

Abg. Johanna Himmler (Komm.) beantragt auf die Tagesordnung einen kommunistishen Antrag auf AUuf- hebung des § 218 StGB. zu segen. Der Aufseßung wird jedoch wiedersprochen.

Die Aussprahe zum Haushalt des Reichs- arbeitsministeriums wird sodann fortgeseßt.

Die Abg. Schröter -Merseburg (Komm.) kritisiert die Ab- striche, die in sehr weitgehendem Maße an diesem Haushalt zum Schaden der Arbeitershaft vorgenommen worden seien. Die Ab- riche betrügen insgesamt 445 Millionen Mark. Diese Summe telle aber noch nicht die Gesamtsumme der tatsählihen Kürzungen ar. Denn die Erhöhung der Krisenfürsorge um nur 100 Mil- lionen Mark bedeute einen relativen Rückgang angesichts der katastrophalen Steigerung der Notlage. Habe man früher, unter der Hermann-Müller-Re vg von Reformen der Erwerbslosen- versiherung gesprochen, so wolle man jeßt unter der Brüning- Regierung durch bestimmte andere Mittel das Arbeitslosenheer verringern. Man werde damit aber nur die Kosten für die Ueber- windung dexr kapitalistishen Krife in erhöhtem Maße der Arbeiter- klasse und allen Werktätigen auferlegen. Einzelne Etatspositionen, wie die Gtrerhung der Mittel für die Wochenhilfe und die Ver- minderung der Mittel für die Kinderspeisungen usw. bewiesen, daß die Regierung kein Herz für die Not der Massen habe. Die Sozialdemokraten gingen Zhumas lieber mit den deutshen Aus- beutern als mit dem deutshen Proletariat. Die Hungerregierung Brüning könne ihre Shandmaßnahmen gegen die Arbeiterklasse nur durhführen, weil die Politik des Hungers, der Verelendung und des T ene von der Sozialdemokratie unterstüßt werde. (Präsident Löbe ersucht den Re ner Dex unparlamentarische Ausdrücke zu unterlassen.) Nach elf Fahren sei man jeßt wieder da angelangt, wo man 1920, vorx Ausbruch des Kapp-Putsches, geaen dee Der Redner beantragt Streichung der Mittel für as Schlichtungswesen, damit dieses Fnstrument des Lohnraubes vershwinde. ex Lohnraub an Arbeitern, Angestellten und Beamten betrage bisher 7 bis 8 Milliarden. Die Millionen deutscher Erwerbstätiger betrachteten den Arbeitsminister Steger- wald als den Lohnraubminister. Er werde auch ohne Preissenkung seine Zustimmung zur zweiten Lohnabbauwelle geben. Eine Ver- kürzung der Arbeitswoche dürfe nur bei ‘vollem Lohnausgleih stattfinden. Es gebe nur einen Ausweg, die Herausshleuderung aus dem Produktionsprozeß zu verhindern: den Ausweg, den die Arbeiter und Bauern in der Sowjetunion beschritten haben. Fm Reichsbannerorgan Hörsings werde eine shamlose Heye gegen die Sowjetunion getrieben, die fih niht mehr überbieten lasse. Es sei abex niht daran zu denken, daß der sozialistishe Aufbau und Fortschritt in Sowjetrußland irgendwie gestört werden könne. Abg. Hermann (Wirtsch. Tite Die ernste und schwere Not, die gestern der Reichsarbeitsminister geschildert hat, lastet nicht nur auf den Erwerbslosen, sondern auch auf ‘einer Million Exi- stenzen des gewerblichen und kaufmännishen Mittelstandes,. wolf Jahre sind die Löhne stabil gehalten worden. eßt ordert die Tito nz energisch eine Aenderung. Das Wort vom politishen Lohn ft niht etwa nur ein Schlagwort. Man hat bei der Festsevung der A tets nur politishe, niht aber wirtshaftlihe Erwägungen sprechen lassen. Der Mittelstand leidet nicht nux unter der Bindung des Lohnes, sondern au unter der fkartellmäßigen Bindung der Ee für seine Rohstoffe. Der Handwerker und der Kaufmann ist nux noch Dmge in der Wirtschaft, als Subjekt ist ex Raenp ausgeschaltet. YVhne Auf- hebung dieser Bindungen ist eine Milderung der Ertwerbslosigkeit unmöglich. Die Lohnsteigerung hat zweifellos produktions- einengend gewirkt. Jmmer stärkere Schwarzarbeit, insbesondere ür Reparaturen ist die Folge gewesen, Wer das Handwerk unter- stigen will, der ere keine Schwarzarbeit. Lohnsenkung bedeutet 3ermehrung der Arbeit und Neueinstellung von Gesellen. Steger- walds Ziel ist, keine Senkung der Reallöhne eintreten zu lassen. Ob er dieses Ziel durchhalten kann, möchte ih bezweifeln, Um eine grundlegende Reform des Schlichtungswesens _werden wir niht herumkommen. Die Rigente inder ier ären E dazu, daß der Unterlegene . versuht, bei folgenden Verhand- lungen die Scharte auszuweßen. Deshalb stimmen wix dem Minister zu, wenn er lis bei Verbindlicherklärungen Zurück- haltung auferlegen will. Das Handwerk fordert, daß zum min» desten Schieds\prüche in Lehrlingsfragen niht für verbindlich erflärt werden. (Sehr gut! bei der Wirtschaftspartei.) Denn der Lehrvertrag kommt unter Mitwirkung der Gesellenvertretung auf Grund geseßlicher Den zustande. Das Lehrlingswesen gehört nicht in den Tarifvertrag. Der Lehrling soll außerhalb des Kampfes bleiben. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Er mu doch aber Lohn bekommen.) Darüber werden wir uns au einigen a Tarifvertrag." Eine Novelle zur Gewerbeordnung sollte die Möglichkeit schaffen, daß die Ca ga e des Handwerks und der ewerkschaften gemeinsam Lehrlings- ordnungen aufstellen. Die pee S eines Tarifvertragsgeseßes würde das Handwerk begrüßen. Aber seine Organisationen müßten dann auch als Träger des Tarifvertrages anerkannt werden. Das Ministerium muß vor allem für eine reinliche Scheidung zwischen Fndustrie- und. Handwerkstarifverträgen sorgen. Das gilt auch für die Kodifizierung des Arbeits\{chußes. Das Washingtoner Abkommen darf dabei nicht streng als Richt- chnurx dienen, solange der Versailler Vertrag auf unserer ge- aren Wirtschaft lastet. Jm Handwerk ist der Mensch no “nicht nur eine Nummer, dort herrscht noch ein persönliches Verhältnis zwischen Meister und Gesellen. Deshalb wenden wir uns gegen ede öde Gleichmacherei. Glaubt denn Graßmann wirkli, daß die Arbeitszeitverkürzung etwas hilft? Die Vierzigstundenwoche fann im Handwerk nicht zu Neueinstellungen führen; das scheitert schon an der beschränkten Zahl von Arbeitspläßen. Hinter jedem arbeitslosen Gehilfen steht ja M auch schon ein arbeitsloser Meister; wer sorgt für den? ie verdammte Anbetung der Ge- eßzesmacherei hat in den leßten Fahren {on Unglück genug in utshland angerichtet! Die N Körperschaften wer- den auch die erwerbslosen pro etarisierten Handwerksmeister unterstüßen meen Fhre Altexsversorgung_ ist . ernstlich gu prüfen. Neue Geseße können die Arbeitslosigkeit niht über- winden. Arbeitsstreckun ) gl lihe Hand sind gut. ir wünschen der Kommission Dr. Brauns, die hohe Geistigkeit beseelt, vollen Erfolg. Die usammenfassung von Krisen- und Wohlfahrtsunterstüßung hat vieles für sich. Aber die vorliegende Entschließung ist undurhführbar, weil das Geld fehlt. Mit Pessimismus ist gerade gen irt Deutschland verbrochen worden. Aber die unglüdliche irtshafts- und Finanzpolitik der leßten MoTA ahre muß verlassen werden. Die Verquickung der Privatwirtschaft mit sozialistishen Bestrebungen at Unheil genug angerichtet. Der Staat muß d aus der Dre- linie der Wirtschaft heraushalten, damit der Bürger wieder Ver-

epublik gewinnt. Mit der bisherigen Politik

trauen zu dieser

#) Mit Ausnahme der duxch Sperrdruck hervorgehobenen Reden

und Arbeitsbeschaffung durch die; öffent- *

pat man der Demokratie einen s{chlehien Dienst erwiesen. Jh rauche nur an das tragishe Schicksal einer der ehemals größten Parteien dieses Hauses zu erinnern. Fch will darüber nichts mehr sagen, weil diese Partei selbst die Folgen schwer genug zu tragen hat. Das Unglück Rußlands is darauf zurückzuführen, daß zwischen der übermütigen Obershiht und dem Proletariat fein ftarker Mittelstand stand. Zerjtören Sie nicht auch in Deutschland diese wirtschaftliche und kulturelle Mittelschicht! _Zu ihrer Erhaltung gehört die Achtung vor der schaffenden Persön- lihkeit im Unternehmertum. Deshalb lehnen wir den Kollekt1v1S- mus Graßmanns ab. Gewiß muß das Leben des Arbeiters wieder freudiger gemaht werden. Aber auch der Gewerbe- treibende muß wieder mehr Freude an seiner Arbeit bekommen können. Unsere ganze Politik ist aber darauf angelegt, ihm jeine Arbeit zu verleiden. Die Wahlen vom 14. September zeigen, wohin der Zug hoffnungsloser Menschen geht. Der Arbeits- minister hat es in der Hand, das Kleingewerbe der Republik als gleihberehiigten Stand einzugliedern. Wir hoffen auf Sie, ent- tauschen Sie uns nit! (Lebhafter Beifall bei der Wirtschafts- partei.)

Inzwischen ist von den Sozialdemokraten eine Ent=- \hließung eingebracht worden, die die Regierung ersucht, aus der auch für die Finanzierung der Osthilfe herangezogenen Es jährlih 50 Millionen für die nappshaftsversicherung bereitzustellen.

Abg. Thiel (D. Vp.): An den Etat des Arbeitsministeriums werden niht nux von den Notleidenden und Arbeitslosen, sondecn auch von Ländern und Gemeinden immer wettere Anforderungen ur Linderung dex Not eyen, obwohl der Etat mit sehr hohen Lehlbeträgen zu kämpfen hat. Die Wirtschaft 1st jo ausgepreßt, daß neue Steuern das Elend nur e vermehren könnten. Nüchtern und sahlih betrachten die Wirtschaftsführer die Not mit chweren Sorgen im Gefühl ihrer Verantwortlichkeit, aber draußen im Lande wird die Not für eine s{chlimme Agitation ausgenußt. Und doch kann man es verstehen, wenn das verzweifelte Volk sich ragt, ob nicht das gange Wirtschaftssystem dem Üntergang geweiht ein muß. Die Wirtshaftskapitäne des Auslandes tragen eine große Verantwortung für die Wirtschaftskrise. Durch den Ueber- mut der Siegerstaaten sind die Vorausseßungen geschaffen für die Störungen 1m Blutkreislauf der Weltwirt chast. Die anderen Völker müssen sih klar machen, daß die Krankheit im deutschen Wirtschaftskörper zurückfluten muß in die Wirtschaft der anderen Völker. Das Hindernis einer gesunden Fortentwicklung der Welts wirtschaft ist der Versailler Vertrag; wir verlangen daher mit Recht die Revision dieses Vertrages. Die verarmte deutsche Wirt haft hat eine um zwei Milliarden Mark höhere Zinslast für ihr Kapital zu tragen, als in anderen Ländern zu zahlen ist. Uns geheuer töricht is die Agitation für eine Beschränkung des Besits rechts und des Privatcigentums. Unmöglih würde das russische Wirtschaftssystem für Deutschland o Es wird au über kurz oder lang überwunden sein. Die Ueberzeugung muß auch in die breiten Massen unseres Volkes hineingetragen werden. Unsere Steuerpolitik hat zu geradezu grotesker Ueberlastung mancher Wirtschaftskreise eführt, und am bedrohlichsten dabei ist die Folge, daß der Gegensa zwishen Arbeitgebern und Arbeits nehmern verschärft wird und die Wirtschaft ihre Beweglichkeit verliert. Die frühere persönliche Tätigkeit des Unternehmers hört auf und geht in die Formen der Gesellschaften und Konzerne. Fm Bankwesen, im Kapital und in der Wirtschaft macht die Konzen- tration immer weitere Fortschritte. Die Rationalisierung im Bausch und Bogen zu verdammen, ist verkehrt, aber aus den Fehlern der Stenexr- und Sozialpolitik und auch aus den Fehlern der Ratios nalisierung müssen die notwendigen Folgerungen gezogeu werden, um künftig die Fehler vermeiden zu können. Ein schweres. 3roblem ist besonders die Fürsorge für die Ausgesteuerten. Wir haben den Antrag gestellt, daß die Sozialversiherung erhalten wird, daß aber die Beiträge wieder auf 5 Prozent als Hochftmag herabgeseßt werden, daß die Arbeitslosenversiherung damit auskommen Und Ee Leistungen danah einrihten muß. Wir begrüßett die Er- klärung des Ministers, daß er vorläufig noch nichi mit geseß- geberishen Maßnahmen zur generellen Verkörperung der Arbeits zeit eingreifen will, und wir untershreiben seinen App an die Unternehmer, auf diesem Gebiete vorzugehen. Wir Haben noch keinen Veberblick über die verschiedenen Arbeitszeiten in den Betrieben und bitten den Minister, mit Hilfe der Gewerbes aufsihtsbehörden eine lückenlose Uebersicht darüber Uns zu vers \haffen. Die dauernde Herabseßung der Arbeitszeit auf die Vierzigstundenwoche kann heute für uns noch nicht spruchrets jetn. Deutschland hat am wenigsten Jnteresse daran, den Wettlauf der Staaten um die niedrigsten Löhne und die höchste Arbeitsleistung zu unterstüßen. Unser Freund Stinnes hat gesagt, Deutschland verfüge am meisten über tüchtige Arbeitskräfte und am wenig|ten über Kapital. Ein soziales Dumping wird Deutschland nit unternehmen, wenn es nicht durch unjere Reparationsgläubiger dazu gezwungen werden sollte. Die Mittel für den Wohnungsbau sollen verkürzt werden. Damit in Verbindung, eyt die Real- teuersenkung. Es scheint, als ob hiermit noch nicht die erhofsten rfolge erzielt worden sind. Die Bauvorhaben konnten zum Teil niet rechtzeitig durhgeführi werden, weil die Baupläne, zu_spät Der Pfandbriefmarkt liegt danieder. Die Spar- Jnangriffsnahme der Wohnungs- bauten verzögert in diesem Jahre so sehr, daß wir mit - 500 000 Axbeitslosen des Bauhandwerks mehr als im Vorjahr zu rechnen haben. Die Behörden müssen die Baugenehmigun en möglichst beshleunigen, auch wenn in Kleinigkeiten die Richt- linien nit eingehalten sind. Vor allem muß das Privatkapital wieder mehr Anreiz für den Wohnungsbau erhalten, und etn weiteres dringendes Exfordernis ist die Verbesserung der Alt- wohnungen. Wir müssen uns hüten vor der Tendenz, die Mieten durxh politische Maren bestimmen gzu wollen, denn ein Mangel an Rentabilität s{hreckt das Privatkapital vollends ab. Der neue Mittelstand, die Angestelltenschaft will unabhängig sein von der Unternehmerschaft wie von der Arbeiterschaft, sie muß größeren E erhalten in der Reichsanstalt der Angestellten- versicherung. ir versprehen uns von dieser Stärkung der S Oiliuta Heil für die Wirtschaft und für das Volk im ganzen. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei.)

Aba. Schm idt - Kassel (Christl.-Soz. Volksd.) erklärt, wir seien jept in Ten Kampf s Menschen um den Menschen, um sich selbst, eingetreten. Es gehe um den Menschen und um die Arbeit, um seine Wohlfahrt. Die organische Einfügung der Arbeitermassen in die Volksgemeinschaft sei die unerläßliche Oran ctnes, um die Gesellshaft vor dem Zusammenbruch zu bewahren. an müsse ih entscheiden, ob man vertieft christlih denken wolle oder nit.

or dieser zentralen Schicksalsfrage werde die Regierung au in den nächsten Fahren immer wieder stehen. Die Junflation der Maschine verdränge die Menschen in shnellem Tempo von Mr Arbeit. Dex Wille zum neuen Weg, zu neuem Schaffen müsse E um lezten Mann in unser Bolk dringen. Das sei die Lon ehicks für eine Ueberwindung der Krise. Der verantwort e Minister und die verantwortliche a gie dürften dabei a : niht abwartend beiseite stehen, sondern müßten immer (miei eingreifen. Vor allem. müsse für Steigerung des deutshen Expor gesorgt werden. Durch Einführung der Arbeitsdienstpflicht me man die jungen Menschen aus der furchtbaren körperlichen un seelischen Gefahr der Arbeitslosigkeit retten. „Man hafte billigen Boden, der jeder Spekulation entzogen ijt! Das ani reht dürfe nicht angetastet, die Shlichtungsp iht erhalten an a Das Wohnheimstättengeseß sei ein Weg, viele Menschen ie Has eigene Scholle zu bringen. Zwangsläufig werde man zu ene Herabdrücken der Arbeitszeit kommen. Da sei eine gute | n n doppelt wichtig. Die Sozialversiherung müsse dur e Ln al hindurchgerettet werden. Dabei müsse die Selbständig

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der Herren Minister, die im ortlaute wiedergegeben sind.

einzelnen Versicherungen unbedingt aufrechterhalten bleiben, vor