1908 / 160 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 09 Jul 1908 18:00:01 GMT) scan diff

bei den Offiz'eren der Landw. Inf. 1. Aufgebots angestellt. Leu, Lt. im 2. Litthau. Feldart. Regt. Nr. 37; zuglei ist derselbe bei den Res. Offizieren des Regts. angestellt.

Königlich Sächfische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. 6. Juli. v. Laffert, Gen. Lt. und Kommandeur der 1. Kav. Brig. Nr. 23, beauftragt mit Wahr- nehmung der Geschäfte des Inspekteurs der Militärreitanstalt, unter Anweisung des Standortes Dresden zu den Offizieren von der Armee verseßt. Frhr. v. Wel ck, Oberst und Kommandeur dts Karab. Regts., mit der Führung der 1. Kay. Brig. Nr. 23 mit der Wahr- nehmung der Geschäfte des Inspekteurs der Militärreitanstalt be- auftragt. Frhr. v. Bodenhausen, Oberstlt. beim Stabe des Gardereiterregt®s, zum Kommandeur des Karab. Regts. ernannt. Edler v. der Planiß, Rittm. und Eskatr. Chef im Gardereiter- regt, unter Beförderung zum Major, vorläufig ohne Patent, zum Stabe dieses Regts., Schulz, Rittm. und Eskadr. Chef im 3. Ulan. Regt. Nr. 21 Kaiser Wilhelm I1., König von Preußen, als Hauptm. in das Kriegsministerium, v. Zeschau, Hauptm. im Kriegs- ministerium, als Nittm. und Eskadr. Chef in das Gardereiterregt., verseßt. Schäffer, Nittm. im 3. Ulan. Regt. Nr. 21 Kaiser Wilhelm II., König von Preußen, zum Eskadr. Chef ernannt.

Kaiserliche Schuÿztruppeu.

Travemünde, an Bord S. M. Jaht „Hohenzollern“, 4. Juli. Lutter, Oberlt. in der Schußtruppe für Südwestafrika, vom 13. Juli Ie E, MuguNi 1908 zur Dienstleistung beim Telegraphenbat. Nr. 1 ommandiert.

Nichtamlkliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 9. Zuli.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrat, Großherzoglich badischer Wirklicher Geheimer Rat Scherer und Königlich bayerisher Ministerialrat Treutlein-Moerdes sind von Berlin abgereist.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. DIger vorgestern in Nanking eingetroffen.

Oesterreich-Ungarn.

Jn der gestrigen Sißung des österreichischen Abge- ordnetenhauses unterbreitete der Finanzminister einen Nachtragskredit von 41/7 Millionen Kronen zur Ver- besserung der materiellen Lage der unteren Kate- gorien der Staatsbeamten, für die eine völlige Neu- ordnung des ganzen Gehaltssystems geplant ist. Der jähr- lihe Gesamtaufwand is mit 18 Millionen Kronen veranschlagt.

Nah dem Bericht des ,W. T. B.“ erklärte der Minister im Namen der gesamten Regierung, daß diese Summe das Aeußerste sei, was die Staatsfinanzen für diese Zwecke zur Verfügung stellen fönnten, und daß die Vorlage für absehbare Zeit endgiltigen Abschluß der Ge- haltsregulierungen und der Bezugsaufbesserungen für die Staats- bediensteten bilden müsse.

Gleichzeitig unterbreitete der Finanzminister eine Vorlage, betreffend die Reform der Gebäudesteuer, indem er her- vorhob, daß die bisherigen Normen niht mehr den Anforde-

rungen der Gegenwart entsprähen, und ersuchte das Haus,- die Vorlage eingehend zu prüfen, die vorwiegend eine Er mäßigung der bestehenden Steuersäße bezwecke. Der Minister

legte im Anschluß daran unter lebhaftem Beifall des Hauses in eingehender Weise das Finanzprogram m dar, besonders das große Jnvestitionsprogramm für die Eisenbahnen.

__ In seinen Ausführungen über die Anforderungen der Staats- eisenbahnverwaltung wies der Minister darauf hin, daß das Eisenbahn- ministerium für die nächsten vier Jahre 160 000 000 Kronen bean- spruchen würde. Er werde die von der Eisenbahnverwaltung beanspruchten Summen, die auch nach Vornahme bedeutender Reduzierungen noch erheblich sein würden, unter der Voraussetzung zur Verfügung stellen, daß die Eisenbahnverwaltung alle Mittel an- wende, um die noh bestehende Passivität der:Staatsbahnen zu beheben. Außer den zu gewärtigenden Anforderungen des Eisenbahnresso1ts und den bereits festliehenden 45 000 090 für die Offiziersgagen usw. würden von den einzelnen Ressorts Mehranforderungen von mehr als 200 000 000 erhoben, welchen im ganzen eine vorausfihtlihe Mehr- bedeŒung von nur 97 000 000 gegenüberstehe. Solchen Erfordernissen nahzukommen, könne kein Finanzminister mit seinem Gewissen ver- einbaren, wenn er nicht wieder ganz ofen die Bahn des Defizits betreten wollte. „Wir sind“, erklärte der Finanz- minister, „hart ax diesem Rande. Wir haben im nätsten Jahre, wenn die Anforderungen so weiter gehen, ein Defizit zu befürhten. Ih werde daher mit aller Entschiedenheit auf die einschneidendste Reduktion dieser Neuanspcüche dringen, um das Gleichgewicht herzustellen. Die weitestgehende Zurückhaltung auf dem finanziellen Gebiete ist gerad? jezt um so notwendiger und dringender, als Riesenaufgaben zu lösen sind, die vor allem eine gesunde Finanzgebahrung und gesunde finanzielle Verhältnisse erfordern. Wollen Sie ernstlich daran gehen, eine Invaliditäts- und Altersversorgung zu {hafen und die zweijährige Dienst- zeit einzufübren, wollen Sie ernstilih die Wasserstraßen bauen und Flüfse regulieren, dann müssen Sie Ihre ge- wöhnli@en Anforderungen und auf so verschiedenen Ge- bieten vorgebrahten Liebling8wünsche zurückstellen, dann müssen Sie es aber auch dem Finanzminister überlassen, ob und wann eine Steuer reduziert werden, ob und wann eine Steuer erhöht werden kann. Herabsezungen einzelner oder ganzer Steuergattungen dürfen Sie nicht in Angriff nebmen, das Budget dürfen Sie nit stören, sonst stehen Sie vor dem Gespenst des Defizits, des finanziellen Nuins des Staats.“ Der Minister bat s{ließlich um die baldigste Beratung der beiden vorgelegten Geseßentwürfe.

_ Das Haus seyte alsdann die Debatte über den Dringlich- keitsantrag der Sozialdemokraten, betreffend das allgemeine, pie: e und direkte Wahlrecht zu den Landtagen fort und ehnte s{hließlich die Dringlichkeit ab.

Wie die „Neue Freie Presse“ meldet, sind die Schwierigkeiten, die von den deutsh-böhmishen Abge- ordneten in den leßten Tagen erhoben worden waren, bei - grtegs, nachdem sie im Sinne der Behebung ihrer nationalen

eshwerden Zusagen erhalten haben.

Großbritannien und JFrland.

Der Admiral Lord Charles Beresford hat, „W. T. B.“ zufolge, ein in sharfen Worten abgefaßtes Memorandum an die Admiralität gerichtet, in dem er feststellt, daß er mit der unter seinen Befehl gestellten unzulänglichen Flotte nit imstande sei, die Sicherheit Großbritanniens gegen einen fremden Angriff zu gewährleisten.

_ Im Unterhause warfen gestern mehrere Mitglieder im Laufe der Verhandlungen über das schottishe Budget die Frage der fremden Schleppneßfisherei im Moray Firth auf, die den britishen Schleppneßfishern aussließli vorbe- halten sei, und bezeichneten die dortige Schleppneßfischerei durch Nichtbriten als Ungesetlich. :

Der Staatssekretär Grey vecurteilte, nah dem Bericht des „W T. B.*“, in seiner Erwiderung die Handlungsweife der britisen Stleppnegfilcher, die sich einer fremden Flagge bedienten, um die britisGen Vorschriften zu umgehen und erklärte, wenn man den Erlaß eines Geseßes gegen die n Fischer ins Auge fasse, möge man bederken, daß es bis jeßt herkömmlihe britishe Politik aewesen sci, die Dreimeilengrenze aufrechtzuerhalten und dem Streben . jeder auswärtigen Macht, eine Retsprehurg zu Gunsten des Fischens über diese Grenze hinaus zu ers zwingen, sch zu E England würde ih lächerlich machen, wenn es jeßt hinsih des Moray Firth mit einem gegenteiligen Verlangen hervortreten würde. Wenn die Bestimmungen über die Sleppneßfischerei in dex Nordsee geändert werden sollten, so müßte dies im Einverständnis mit den an der Frage interessierten Mächten gesehen. Die Regierung werde erwägen, ob es ih empfehle, sich mit den anderen Mächten wegen der Sache in Verbindung zu seßen.

Auf eine Anfrage Bellair s (Liberal), ob die Regierung ihr Augenmerk darauf rihten werde, wie die Meinungs- vershiedenheiten unter den hohen Marineoffi- zier en beizulegen seien, ob ferner die Regierung Mittel und Wege in Erwägung ziehen werde, durch die ein Wechsel in der Organisation und Verwaltung, die diesen Antagonismus ver- ursachten, herbeigeführt werde, und ob sie shließlih sih über den Wert eines solhen Wechsels {lüssig mahen wolle, er- ente der Premierminister Asquit h, obiger Quelle zu- folge:

Abgesehen von unerwtesenen Ge:üchten, habe er keine Kenntnis

von derartigen Meinungsverschiedenheiten. Wenn die Regierung Grund zu der Annahme haben werde, daß ein Zustand bestehe, welcher der Disziplin ünd der ruhigen Arbeit in der Flotte nahteilig sei, so werde sie nicht zôgern, für schnelle und wirksame Abhilfe zu sorgen. Jn bezug auf den lezten Teil der Anfrage sagte der Minifier, er müsse die darin enthaltenen Andeutungen nahdrücklich zurückweisen. Die Leitung der Marine- politik des Landes liege bei der Regierung. Die Marineoffiziere hätten diese Politik weder zu erörtern, noch zu fkritisieren, sondern fiz im Geborsam gegen die Vorgescßtea und in Uebereinstimmung mit den Kameraden auszuführen A lediglih die Erfüllung der hehren Aufgabe, der sie sih gewidmet hätten, im Auge zu behalten. _ Der gestern veröffentlichte Bericht des Finanzkomitees über eine Nationalgarantie für Schiffsshäden in Kriegszeiten gibt der Meinung Ausdruck, daß es nicht wünschenswert sei, daß der Staat es unternehme, Schiffseignern oder Gewerbetreibenden die Verluste zu erseßen, die sih für sie infolge von Beshlagnahmung ejues Schiffes dur Feindeshand in Kriegszeiten ergäben. Das ttee sei nicht in der Lage, die Annahme einer Nationalga é e in irgend einer Form zu empfehlen mit Ausnahme des, | gen, ' die durch die Aufrecht- erhaltung einer mächtigen Floue gewährt werde.

Frankreich.

Im Ministerium des Aeußern is, „W. T. B.“ zufolge, gestern nahmittag das neue Abkommen, betreffend den gonnen zwishen- Deutschland und Frank- reich, vom Botschafter Fürsten von Nadolin und dem Minister des Aeußern Pichon unterzeihnet worden.

Die Deputiertenkammer genehmigte gestern in erster Lesung das Grenzabkowwen: zwiHen dem Congo- staat und Französ pH/K {lab je den Gesezentwurf über Auszeihnu{gen für v in arokfko kfämpfenden Truppen. Darauf beantwortete der Kriegs- minister Picquart eine Jnterpellation über die Ein- berufung der Reservisten.

Nach dem Berit des ,W. T. B." führte der Kriegsminister aus, daß troß der Schwierigkeiten der Einberufung die Reservisten einen Haupibestandteil der nationalen Verteidigung darstellten. Sie hätten in diesem Jahre einen recht erfreulichen Anblick geboten und tatsählid verwendbare Regimenter gebildet. Picquart {loß mit der Versicherung, daß er alles tun werde, um die Einberufungen nah Möglichkeit hinau9zuschieben.

Sodann wurde eine Tagesordnung, in der der Regierung das Vertrauen ausgesprochen wird, einstimmig angenommen.

Der Berichterstatter für die Vorlage, betreffend Ab- schaffung der Todesstrafe, Castillard beantragte, die weitere Verhandlung über diesen Gegenstand auf morgen zu vertagen. Mierdegeie protestierten unter lebhaftem Beifall der äußersten

inken Viviani und Briand, da die nähste Sihung der

Arbeitergesezgebung vorbehalten sei. Die Vertagung wurde sodann mit 259 gegen 257 Stimmen angenommen und die Sizung geschlossen.

Die Ausgaben für die marokkanishe Ex - pedition seit Januar 1908 werden in dem Bericht über die Nachtragskredite, obiger Quelle zufolge, auf ungefähr 30 000 000 Fr. beziffert.

Wie der Berichterstatter Doumer im Namen der Budget- kommisfion darlegte, umfaßte das laufende Etatsjahr am 1. Juli 99 364 200 Fr. Ergänzungsausgaben, denen 49 689 156 Fr. Mehr- einnahmen gegenüberstehen. Sobald man die marokkanishen und anderen Ausgaben in Nennung zieht, erreiht das Defizit jedo die Höhe von 95 175 045 Fr. Doumer spra die Ansicht aus, daß, um das Gleidgewiht im Etat herzustellen, bis Ende des Rehnungsjahres keine neuen Ergänzungöskredite bewilligt weiden dürften.

Rußland.

In der gestrigen Sizung der besonderen Ausgleich s- kommission wurde die zwishen dem Reichsrate und der Reichsduma eingetretene Meinungsverschiedenheit hinsichtlich des Etats der außerordentlihen Ausgaben geprüft und der Titel des Budgetvoranshlags für 1908, Deckung der kurzfristigen Obligationen der Reichsrentei, be- raten. Eine Einigung wurde, nah dem Bericht des „W. T. B.“, ted erzielt, da die Mitglieder beider Häuser bei ihrer Meinung

eharrten.

Jn der Reihsduma legte der Vertreter des Ministers des Jnnern gestern auf eine Anfrage Erklärungen über die Ernteaussichten vor.

Nach diesen Erklärungen scht das Winterkorn am \{lechtesten, und zwar in folgenden Gouvernements: im südlichen Rayon in fünf Gouvernements, in Kleinrußland in drei, im Schwarzerderayon in vier, im Mittelindustrierayon in zwei, im Ostrayoa in zwet, im Südwestrayon in eiaem und im Nordkaukasus auch in einem Gouvernement. In diesen Gouvernements sind somit nur 2/; der Winterkornernte brauchbar. Infolge des guten Zustandes des dortigen Samenkorns wird die Bevölkerung durch dessen Verkauf sih die Mittel für die nötige Winteraussaat beschaffen können. Daher ift jeßt \{chwer festzustellen, ob eventuell Vorschuß ge- leiflet werden müsse. Ferner find örtlihe Saatvorräte von 184 Mil- lionen Pud und ôrtlie Reservekapitalien von 25 Millionen Rubel vorhanden. Außerdem verfügt das Minifterium des Innern über

} 6 Millionen Rubel, die, falls in dem Stande der Ernte nicht bald ¿ ein Ums{wung eintritt, voraussihtlih genügen werden.

Bei den Landtagswahlen in Fiuntaud haben, „W. T. B.“ zufolge, die Sozialisten 76 Sitze, die Alt- nnen 53, die Anhänger der Schwedenpartei 80, die Jung- nnen 29, die Agrarier 8 und die christlihe Partei 4 erhalten.

Türkei. G

Nach einer Meldung des „K. K. Telegraphenkorrespondenz- bureaus“ ist der General Sem] i-Pascha, der gegen meuternde Truppen nah Monastir gesandt worden war, vor- gestern dori beim Verlassen des Telegraphenamts von einem pg Offizier erschossen worden. Der Täter ist ent-

ohen.

Der Ministerrat hat umfassende Geri Mie d wegen der Ereignisse im Wilajet Monastir beschlossen. Das Gerücht, daß die jungtürkishe Bewegung sih dort ausbreite, ist bisher unbestätigt.

Serbien.

Die Kompromißverhandlungen der beiden radi- kalen Parteien sind endgültig gescheitert. Wie das „W. T. B.“ meldet, hat Welimirowit\ch gestern vormittag dem oma: sein Mandat zur Bildung eines Kabinetts wieder- zurückgestellt. Der König hat darauf Paschitsh und Milo- wanowitsch empfangen.

Dänemark.

Die Jacht E mit dem Deutschen Kaiser an Bord ist, „W. T. B.“ zufolge, nah vortreffliher Fahrt bei gutem Wetter gestern abend 71/4 Uhr in Odde eingetroffen.

Amerika.

Nach einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ hat Brasilien dierevolutionäreRegierungvon Paraguay offiziell anerkannt.

Afien.

Die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ veröffentlicht über die Ereignisse in Persien, „W. T. B.“ zufolge, bik Grund auibeles Angaben einen Bericht, in dem es

eißt:

Der Obersi Liakoff hatte die Vorschrift, ch jeglicher Teilnahme am politischen Parteikampfe zu enthalten, und im Falle eines aktiven Vorgehens gegen die Volksvertretung woaren die russischen Offiziere angewiesen, ihre Funktionen persischen Offizieren zu überçceben. Die leßten Ereignisse waren durch die Vershwörung gegen den Schah hervorgerufen, dem persönlihe Gefahr drohte. Daher war Liakoff kraft seiner Instruktionen und seiner Stellung verpflichtet, den Schah mit allen Mitteln zu vertcidigen. Bet der Belagerung der Moschee am 23. Juni handelte Liakoff, der in ununterbrohenem Verkehr mit dem Palais stand, wo die Minifter und der größte Teil der Parla- mentsmitglieder Versammlungen abbielten, auf unmittelbaren Befehl des Shahs und konnte sich der Erfüllung dieser Pflicht nicht cnt- ziehen. Als jedoch der russisde Gesandte in Teheran erfuhr, der Sah wolle Liakoff zum Generalgouverneur von Teheran er- nennen, erhob er dagegen Protest und Moajed ed Dauleh wurde dazu ernannt. Infolge der Proklamierung des Belagerungs- zustandes wurde alles Militär in Teheran Liakoff als Garnisonchef unterstellt und ihm zugleich der Schuß der Hauptstadt übertragen. Als Liakoff auf Befehl des Schahs die von ihm unterzeihneten Maß- regeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung veröffentlichte, bat der russische Gesandte den Schah, diese rurch von den persisen Behörden ausgehende Befehle zu ersegen. Auch unter normalcn Zuständen liegt dem Chef der Kosakenbrigade der SHußz der Hauptstadt und die Sorge für die Sicherheit der Gesandtschaften sowie der übrigen Ausländer ob.

Der Vizekönig in Mukden hat eine Pro- klamation calen, in der, nach einer Depesche des „W. T. B.“, verfügt wird, daß der deutshe Handel nah Tengwang- sheng die gleihe Behandlung zu erfahren habe, wie der japanische Handel nach diesent Plag.

Afrika.

A einem Telegramm der „Kölnischen Zeitung“ aus Tanger hat der Generalinspekteur der marokkanischen Polizei- truppe, Oberst Müller beim diplomatischen Korps Protest ein- gelegt gegen die Ueberführung der Polizeitruppe von Mazagan nah Azemur als gegen die Algecirasakte verstoßend.

Der Sultan Abdul Asis hat, derselben Quelle zufolge, auf Vorstellungen von Einwohnern von Rabat und Sale hin den Qu nah Marrakesh als aussihtslos aufgegeben.

em „Temps“ wird aus Casablanca gemeldet, daß der General d’Amade am 6. d. M. das Gebiet des Schtuka- stammes verlassen habe und etwa 25 km von Azemur in der Richtung auf Casablanca lagere. Nach den lezten Meldungen der „Agence Havas“ halten Truppen des Sultans Abdul Asis Azemur beseßt.

Nr. 53 des „Zentralblatts der Bauverwaltung*, heraus- gegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 4. Juli d. M. hat folgenden Inhalt : Amtliches: Preisausschreiben vom 1. Juli 1908. Dienstnahrihten. Nichtamtliches: Die neue Friedhofanlage der Stadt Meran. Die Trogschleuse auf Walzen. Vermischtes : Wettbewerb um Entwürfe für ein Wirtschaftsgebäude in den Mars- feldarlagen in Colmar im Elsaß. Preisbewerbung für ein Um- \{hlagblatt der Zeitschrift „Schlesien“. Wettbewerb um Entwürfe für ein neves Geshäftsgebäude der Kommerzbank in Lübeck. Bücherschau.

Statiftik und Volkswirtschaft,

Der Besuch der Technischen Hochschulen Pre ns i Y Sommer babe 1908, Pre AHs E

Im „Zentralblatt der Bauverwaltung“ sind Uebersichten über die Zahl der an den einzelnen Tecnishen Hohshulen Preußens im Sommerha!bjahr 1908 eingeschriebenen Studierenden, Hörer und Gastteilnehmer nach vorläufizen Fesist-llungen veröffentlicht worden. Berechnet man auf Grund derselben die Gesamtzahlen für alle- vier Technischen Hochschulen Preußens, so ergibt si das folgende :

Nach vorläufigen Feststelungen werden die vier preußishen Technischen Hcch\{hulen in Charlottenburg-Berlin, Hannover, Aachen und Danzig zusammen im laufenden Sommerhalbjahr von 4068 immatrikulierten Studierenden (gegen 4116 im Sommer 1907 nah endgültiger Feststellung) und 1252 auf Grund der 88 34 bis 36 der Verfassung?statuten dieser Hochschulen zur Annahme von Unterricht berechtigten bezw. zugelassenen Hörern und Gastteilnehmern (gegen 1253) besucht; das sind insgesamt 5320 (im Sommer 1907 5369) Teilnehmer. Davon entfallen auf die Technis@e Hochschule in Charlottenburg - Berlin 2084 (2184) Studierende und 611 (581) Hörer, insgesamt 2695 (2765) Teilnehmer, auf die Teh- nishe Hochschule in Hannover 895 (885) Studierende und 212 (222) Hörer, inêgesamt 1107 (im Sommer _1907 ebenfalls 1107) Eins geschriebene, auf die Tehnishe Hochschule in Aachen 536 (547) Studierende und 143 (157) Hörer, insgesamt 679 (704) Teilnehmer, auf die Tehhnishe Hohshule in Danzig 553 (500) Studierende und 286 (293) Hörer, insgesamt 839 (793) Eingeschriebene.

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n 4068 (4116) immatrikulierten Studierenden widmen Ach 108 (709) der Lbitcetue, 1284 (1197) dem Bauingenieurwesen, 937 (986) dem Maschineningentieurwesen, weitere 231 (237) der Elek- trotechnik, 229 (275) nur in Charlottenburg-Berlin und Danzig dem Schiffbau, 78 (80) ebenfalls nur in Charlottenburg- Berlin und Danzig dem Shiffsmaschinenbau, 239 (262) der Chemie und Glektrohemie, 242 (228) nur in Charlottenburg-Berlin und Aachen der Hüttenkunde, 82 (97) nur in Aachen dem Bergbau und 44 (49) allgemeinen Wissenschaften. Am zahlreichsten ind also diejenigen Studterenden, welhe das Bauingenieurwesen als Studienfah gewählt haben; dann folgen der Zahl nach die dem Maschineningenieurwesen und die der Architektur si Widmenden. Von den immatrikulierten Studierenden sind 2958 aus Preußen, 639 aus anderen Len Staaten, 471 und zwar 327 in Charlottenburg-Berlin, 82 in Aalen, 39 in Hannover und 23 in Danzig aus dem Auslande. Von den 471 Ausländern stammen 96 (davon 63 in Charlottenburg-Berlin) aus Rußland, 87 (72 inBerlin) aus Oesterreih-Ungarn, 48 (47 in Berlin) aus Rumänien, 40 (26 in Berlin) aus Norwegen, 37 (davon 24 in Aachen) aus Luxemburg, 29 (23 in Aachen) aus den Niederlanden, 14 (11 in Berlin) aus Bulgarien, 12 aus Serbien, 11 aus Großbritannien, 10 aus Belgien, 8 aus der Schweiz, 7 aus Italien, 6 aus Portugal, 5 aus Spanien, je 4 aus der Türkei und Griechenland, je 3 aus Frankreih und Schweden, 1 aus Dänemark, ferner 24 (22 in Berlin) aus Amerika und 22 (21 in Berlin) aus Asien. Von den nur als Hörer auf Grund voa § 34 der Verfafsungs- statuten der Tehuishen Hochshulen zur Annahme von Unterricht zu- elaffenen 460 Personen 204 in Charlottenburg-Berlin, 103 in annover, 84 in Aacen und 69 in Danzig widmen sich 142 der rchitektur, 99 dem Maschinentingenieurwesen, 69 dem Bauingenieur- und in Aachen Hüttenkunde und Berg- a L Lie l ant N Technischen Hochshulen; die übrigen verteilen sich au eîtro- der S biffbas In andere Studienfächer. Unter den, Hörern befinden sich 38 Ausländer, davon je 11 in Charlottenburg- Berlin und Hannover, 10 in Aachen und 6 in Danzig. Ferner find 696 Personen als Gastteilnehmer gemäß § 35 der Ver- fassungsstatuten (Negierungsbauführer, Studierende anderer Hoh- \chulen usw.) zur Annahme von Unterricht berechtigt oder auf Grund von § 36 der Statuten zugelassen, und zwar 311 (darunter 11 Damen) in Charlottenburg-Berlin, 109 (darunter 29 Damen) in Hannover, 59 in Aachen und 217 in Danzig. Endlih wohnen an der Technischen Hothschule in Charlottenburg-Berlin noch 96 kommandierte Offiziere und Maschineningenieure der Kaiserlihen Marine (88 und 8) dem

Unterricht bei.

Der Anteil der Hauptschiffahrtsländer an der Handelsflotte der Welt.

Das soeben erschienene „Jahrbuch für Deutshlands Seeinterefsen“, herausgegeben von „Nauticus*, enthält, wte die früheren Aue eine lehrreihe Zusammenstellung über die Entwicklung der Welt- handelsflotte. Die Gesamttonnage der letzteren belief sh im August 1897 auf 20 322 500 Nettoreg.-Tons, im August 1907 auf 27 260 300 Nettoreg.-Tons. Die Vergrößerung ist also ganz erheblih gewesen. Von diesen Zahlen entfielen auf die Segelschiffstonnaçe im August 1897 8894 700 Nettoreg.-Tons, zehn Jahre später 7 245 690 Nettoreg.-Tons, d. h. es ist ein absoluter Rückzang der Segel- \chifstonnage eingetreten. Die Dampfertonnage hat \sich in dem gleihen Zeitraum von 11427 700 Nettoreg.-Tons auf 20 014 700 Nettoreg.-Tons vermehrt und beträgt heute ungefähr ebensoviel wie die gesamte Welthandelsflotte vor 10 Jahren. Jn diefen A liegt noch kein absolut zuverlässiger Maßstab für die Entwicklung der Leistungsfähigkeit der Welthandelsflotte, da quantitativ der Dampfer vermöge seiner {@nelleren Bewegung mehr zu leisten im- stande ift als das langsamere Segelschiff. Statistish berehnet, hat man die Leistungsfähigkeit der Dampserregistertonne etwa dreimal so hoch zu veranschlagen wie die Segelshiffstonne. „Nauticus* bes rechnet die Leistungsfähigkeit der Welthandeléflotie für den August 1897 auf - 43 178 000 Nettoreg.-Tons, für den August 1907 auf 67 290 009 Nettoreg.-Tons; das wäre in 10 Jahren eine Zunahme von 55,8 9/0. s

Neber die Entw*cklung der Handelsfloite der einzelnen Länder geben die folgenden Ziffern Aufs{luß:

Dampfer

wesen; auch Chemie p studiert eine nit

Segler im August 1897 1907 1897 1907 1000 Nettoregistertons 6741,4 10 183,4 3098,6 1683,3 1034,3 444,3

2 267,9 544,4 539,0 1462,8

1 263,5 1332,8 Norwegen 360,4 775,4 1103,3 702,8 Frankreich c AODD 736,9 269,7 521,4 Sa d e BAGO 666,1 31,7 168,4 Rußland . 192,4 564,3

e 505,8 399,4 Ae e 239,7 918,1 451,4 473,3.

Diese Zählen geftatten interessante Nückschlü}e. Bei den Dampfern ist verhältnismäßig überall eine erheblihe Zunahme des Schiffsraumes erfolat, besonders stark bei Japan, Rußland, Norwegen und Jtalien. Abfolut ist A das Wachstum bei den größten Schiffahrtsländern, Großbritannien, Deutshland und der nordamerikanishen Union, noch stärker, und man darf ih durch das prozentual stärkere Wahstum an- derer Länder in dieser Beztehung nicht zu Trugschlüssen verleiten lassen. Weit bezeihnender if die Entwicklung der Segelschiffstonnage. Eine Abnahme der Segeltonnage haben die älteren \{iffabrttreibenden Länder Großbritannien, Deutschland (dieses allerdings nicht in so sharfem Maße) und Norwegen zu verzeihnen, während die Ver- einigten Staaten von Amerika und die übrigen Länder auch auf diesem Gebiete zum Teil recht beträhtlihe Fortschritte aufzuweisen haben. Neben dem jungen Japan hat die stärkste Vermehrung der Segelschiffe Frankreih zu verzeihuen, ohne Zweifel eine Folge der nes befürwortungswürdigen Subventionépolitik der französischen

egierung. _ Der gesamten Leistungsfähigkeit nach verfügt Großbritannien über 47,9 %/%, Deutschland über 10,8 9/0, die nordamerikanishe Union über 7,8 9/0 der Gesamtheit der Weltkbandeltfloite. Erwähnung ver- dient die Tatsache, daß die gleichen Anteilziffern sich für 1897 auf 94,0 %/0 für Großbritannien, 8,4 9/6 für Deutschland und 6,8 9/6 für die Vereinigten Staaten berechneten.

Großbritannien DeutsWland ¿ © % Bereinigte Staaten von Amerika

Zur Arbeiterbewegung.

Für die Sonntagsruhe im Bäckergewerbe wird neuer- dings in Gehilfenkreisen wieder lebhaft agitiert. Sie streben, der „Voss. Ztg.“ zufolge, eine einheitlihe Regelung für das ganze Deutsche Reich an und verlangen Ausfeßung der Arbeitszeit von Sonnabend abend bis Montag früh 2 oder 3 Uhr. In manthen Städten, cer oweise in Münster, Solingen, Elberfeld, sei dies bereits ein- geführt.

Die Ofenfabrikanten in Velten kündigten am 1. Juli sämtlihe mit den Töpfern, Hilfsarbeitern und Kutschern vor fünf Zabren, im Jahre 1903, abgeshlossexen Tarifverträze, die am 1. Oktober d. J. ablaufen. L

Nach einem Telegramm der „Kölnischen Zeitung®" aus Mül- hausen i. Els. beshloß die gestern abgehaltene Versammlung der Elfäfsishen Baumwollspinner und -Weber fast einstimmig, eire Betriebseinshränkung bis Ende Oktober auf der gleihen Grund- lage wie die süddeutshen Spinner zu befürworten. Die bindenden Erklärungen der einzelnen Betriebe werden bis zum 13. d. M. erwartet.

Nachdem der Polizeipräfekt von Parts die Abhaltung einer Versammlung im großen Saal der Arbeiterbörse zu der Beratung über etnen Eenerslauestand verboten hatte, bes{chlofsen, wie „W. T. B.* meldet, die organisierten Arbeiter, dies Verbot dadur 3u umgehen, daß sie die auf den inneren Hof hinausgehenden Fenster der

Bureaus in der Arbeiterbörse mit Lampions beleuhteten und von dort aus Reden hielten, in denen sie gegen das Verbot protestierten. Ein Redner er- klärte, der Verband der Arbeitersyndikate müsse in allen Korporationen eine Abstimmung über den Generalausstand veranlassen und dem allgemeinen Arbeiterverband Vollmacht erteilen, den* Generalausstand zu verfügen, sobald er es für nôtig halte. Swließlih nabm die Versammlung eine Tagesordnung an, in der sie ihren Entshluß kund» gibt, über ihre Interefsen zu verhandeln troß des Verbotes, in ihrem eigenen Gebäude zu tagen, und in der sie ih verpflichtet, im ge- eigneten Augenblick einen Generalausstand von 24 oder 48 Stunden zu verfügen. Die Veranstaltung der nächsten Versammlung wurde dem Verband überlassen.

Kunft und Wissenschaft,

Professor Flinders-Petrie gibt im „American Magazine“ Bericht über sein Unternehmen, das in der r arat ung, von Memphis gipfeln sol. Die „Voss. Ztg.“ teilt aus diesem Bericht folgendes mit: Die Arbeiten des berühmten englishen Archäologen erstreckten sich zunächst die genaue Feststellung des Planes und.der Umfafsungsmauer des großen Ptah-Tempels. Von dem gewaltigen Bauwerk is nur noch ein kleines Stück der großen Umfassungsmauer über dem Erdboden erhalten und der Rest der Bauteile muß erft fret- gelegt werden. An der westlichen Seite des Tempels hatte bereits fcüher die ägyptishe Regierung Ausgrabungsarbeiten begonnen. Aller in die Tiefe gehenden A ging man aus dem Wege, sodaß die englischen Archäologen nun zunächst dieser Arbeit widmen müssen. Dabei iffst der Wasserstand das \{chwerste Hindernis. Der Nil is um etwa zwanzig Fuß höher als in alten Zeiten. Gebiete, die früher stets über dem Nilspiegel lagen, sind jeßt nur im Mai und im Junt erreihbar, und die tiefer liegenden Stätten erfordern Pumparbeiten. Lange Ketten von Arbeitern sind hier am Werke, die Trümmerfelder vom Schlamme freizulegen. Besonders hinderlich für die Aufräumungsarbeiten ist die Unregel- mäßigkeit des Trümmerfeldes; die Erde muß über lange Reihen von gewältigen Steinblöcken fortgetragen werden und die umher- liegenden Blödke, die als E Anhalt3punkte für die einstige Tempelanlage an ihrem Playe gehalten werden müssen, machen die Einrichtung eines kleinen Schienenweges zur Unmöglichkeit. Die bisherigen Arbeiten haben erkennen laffen, daß sowohl in dem ersten wie in dem zweiten Tempelhofe große granitene Tore beftanden, die in ihrer Form Grabeingärgen glihen, und die zur Aufnahme von Opfergaben zur Verehrung des Baukönigs Namses dienten. Während der Arbeiten am Tempel ließ Ramses eine große Anzabl zum dritten Teil in die Mauer eingelafsener Säulen aufrihten, eine aritektonische Neuerung, die man im alten Aegypten sonst kaum wiederfindet. Später ließ der Pharao das Werk wieder“ niederreißen und Un die ge- waltigen Blôöcke als Gesimsblöcke bei einem anderen Bau. as âlteste Werk, das bis jetzt entdeckt wurde, is ein Torweg aus massiven Granit- blôdcken, deren jeder gegen 7 Töns wiegt. Er wurde ursprünglich ' von dem Pharao Ra-en-user (5. Dynastie) in dem Sonnentempel von Abusir errihtet, der kürzli von deutshen Arhäologen freigelegt wurde. Die

. Widmung des Tempels war ursprünglich im oberen Torbogen ein-

gegraben, aber Ramses ließ diesen entfernen und benußte ihn ¡um Bau seines eigenen Ter pels in Memphis. Nicht zufrieden damit, ließ er auch Hunderte von Tons großer Steine vom Sonnentempel und von benachbarten Pyramiden herbeischaffen. Das Mauerwerk ruht streckenweise auf einem Fuße von rotem Granit, der darauf {ließen läßt, daß die Pyramiden ihre Steine in recht ausgedehntem Maße zu den Bauten des Pharaos hergeben mußten. U. a. wurde ein roter Granitaltar aus der 9. Dynastie gefunden und ein anderer aus der 12, die beide von Ramses wieder auf- gestellt wurden und in denen sch interessante Anweisungen über die Opfervorschriften finden. Unter der 18. Dynastie {eint eine gründliche Revision der in den Tempeln angehäuften Opfergaben vor- genommen worden zu sein, wobei die geringwertigeren fortgeworfen wurden; in den Erdschichten unter den Fundamenten der großen west- lichen Halle fand man eine ansehnlihe Zahl von Ueberresten kleiner Opfertafeln, die also shon vor dem Beginn des Ramses\hen Tempel- baues hier hingeraten sein müssen. Ueber i¿wanzig von diesen Tafeln sind noch vollkommen erhalten, von anderen fand man zahlreihe Fragmente. Sie geben einen interessanten Eiñ- blick in die GottesbetraGtung der opfernden Bittsteller. Auf einigen Tafeln findet man nur ein Ohr, auf anderen viele, auf manchen sozar eine Unmenge von Ohren und was diese bedeuten sollen, ergibt sich aus den Inschriften, ‘die lauten: „Höre, o Ptah“ oder „Ptah, höôre auf die Bitte von dem oder dem“. Durch das Eingraben der Ohren glaubte der Bittsleller dem Gotte das An- hören seines Flehens zu ecleihtern. Das gibt auch die Erklärung für die Unzahl polierter kleiner Ohrformen, die man überall findet. Man bediente sich ihrer bei den Gebeten. Wahrscheinlih wurden die Bitten in das Dhr hineingesprohen, das dann, mit den Wünschen der Meer g beladen, im Temvel zurückblieb. Es {eint sogar, daß der Verkauf solcher geweihten Ohren von den Priestern des Tempels als Amtsgeschäft betrieben wurde. Jn der großen westlißen Säulen- halle finden sich unzählige große Blöcke mit Inschriften, die Ramses? Namen tragèn. Bemerkenswert dabei ist die architektonische Raum- gestaltung; in der Mitte befindet sich eine größere Säulengruppe, die offenbar ein besonderes hôheres Dah trug und so durch eine Art Fensterges{oß dem großen Naume Oberlicht zuführte. Gegen- über den großen Pylonen waren Kolosse aus weißem Kalkstein auf- gestellt, hinter ihnen andere Kolosse von gewaltigen Abmefsungen, die aus Alabaster gefertigt waren, und zu beiden Seiten des Ein- gangs \chließlich folhe aus rotem Granit. Ein anderes Bauwerk, das von Ramses aufgeführt wurde, ist vollständig abgetragen, und man fand nur noch die Fundamente, große Alabasterblôcke, \{warzen Granit und grün polierte Steine, die den Namen des Pharaos tragen und den des Hohen Priesters Kha-em-nas. Aus der Ptole- mâäerzeit fand man einen Altar aus grünglasiertem Tonwerk, mit Relieffiguren ges{chmüdckt, die durhweg noch vortreflih erhalten sind. Von der späteren Geschichte des Tempels \prechen Bauarbeiten, die dem öôstlißen Torweg gegenüberliegen. Hier fand man auch Teile eines massiven Architravs aus rotem Granit, den Ptolemäus 1V. gestiftet hatte, und die Kapitäle von der zugehörendeu Granitsäule. So wurden noch hundert Jahre nah dem Vershwinden der ein- geborenen Dynastie dem Tempel große Bauanlagen angegliedert. Ein gevattges Stück Arbeit, das erst gegen Ende dieser Saison in Angriff genommen werden kann, steht den Forshern noch bevor: es handelt fich darum, die große sumpfartige Bodenvertiefung freizulegen, in der früher die Bildwerke aus ältesten Zeiten gefunden wurden. Diese Stätte zählt zu den don Arbeitsgebieten, da sie früher ansheinend nie genauer durhforscht wurde. Denn an einer Seite fand Flinder8-Petrie noh ein altes Fundament und ein Fragment einer Basaltstatue von feinster Arbeit.

Literatur.

Elisabeth Christine, Königin von Preußen, Herzogin bon Braunshweig-Lüneburg. Das Lebensbild einer Verkannten. Von EGufemia von Adlersfeld-Ballestrem. Nah Quellen bearbeitet unter Verwendung zum Teil unbenußten Materials aus dem Braunshweigishem Landesarhiv zu Wolfenbüttel. Mit einem Titelbild. Berlin, Verlagsbuhhandlung Alfred Schall, Königlich preußishe und Herzoglich Bayerische Hofbuhhandlung. Verein der Bücherfreunde. 219 S. Preis 4 6. Die vorliegende Biographie ist dem Andenken der Gemahlin Friedrihs des Großen gewidmet, deren Los es war, nah einer kurzen Zeit des Glücks ihrem hohen Gemahl entfremdet zu werden und in freudloser Zurückseßung ein Dulderleben auf dem Thron zu führen. Von dem warmen Gefühl beseelt, daß dieser Königin nicht nur in ihrem langen Leben, \ontern auch în dem Urteil der Nachwelt bitteres Unreht geschehen sei, hat es die Verfasserin unternommen, aus den Blättern, die Elisabeth Christine hinterlassen hat, ihren Briefen, Tagebüchern und sonstigen Aufzeihnungen ihr Bild neu erstehen zu lassen. Sie hat dabei nicht nur die vorbanvene Literatur benußt, sondern auch durch Verwertung

arhivalischen Materials, dur Heranziehung der Briefe der Königin an ihren Bruder, den Herzog Karl 1. von Braunschweig, dem Wesen Elisabeth Christines manchen neuen Zug abgewonnen. Es is ein Buch voll lebendiger Teilnahwe, das ansprechend und überzeugend wirkt.

Das Fürstentum Fürstenberg von seinen Anfängen bis zur Mediatisierung im Jahr 1806. Von Dr. Georg Tumbült, Fürstlich Fürstenbergisher Archivrat, Vorstand des Fürstlichen Archivs, der Bibliothek und des Münzkabinetts. Mit einer genealogischen Tafel. Freiburg (Baden). J. Bielefelds Verlag, 1908. 245 S, Brosch. 5 #6, gebd., 6 H. Die Geschichte des Fürstenbergishen Hauses ist s{chon wiederholt bearbeitet worden, doch {ind die bis- berigen Darstellungen veraltet oder unvollständig, sodaß hier eine Lüde auszufüllen war. Dem Verfasser war es besonders darum zu tun, die rechtliGen und wirtshaftlihen Verhältnisse des Fürstentums Fürstenberg in gedrängter Kürze zu verfolgen und herauszuheben. Im Dou ftand die Frage nach der Aus- bildung der Grafschaft zu etnem Territorium, zur Landeshoheit ; diese Entwicklung, die um das Jahr 1500 im wesentlichen abgesÆofsen ift, reiht in ihren Keimen in eine Zeit zurück, für die nur wezj urkund- lihes Material beizubringen ift, läßt sich aber von 1200 an in den Hauptzügen verfolgen. Der Schöpfer des fürstenbergischen Staats- wesens war Graf Joseph Wilhelm Ernst, der 1716 in den Neichsfürstenstand erhoben wurde. Sein Vater hatte für seine Unie die Primogeniturordnung eingeführt (1701), dazu kam, daß er selbst 1744 alle fürstenbergishen Lande vereinigte. Er verlegte seine Residenz von Stüblingen nah Donaueschingen und erhob so den Marktflecken zum Hauptort des Sürstentums. Fürst Karl Egon 11. von der bökmishen Linie, ge- storben 1854, büßte 1806 unter der Nahwirkung des Reichs- deputationshauptschlufses die Souveränität ein. Bet den einzelnen Regenten ist auch auf die Tätigkeit, die sie außer Landes ausübten, auf ihre Stellungen im Dienst von Kaiser und Reih oder andere Landesfürsten kurz hingewiesen.

Das erste Jahr des Ministeriums Bismarck und die öffentlihe Meinung. Von Otto Nirrnheim. (Heft 20 der Heidelberger Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte. Herausgegeben von Karl Hampe, Erich Marcks und Dietriß Schäfer.) Heidelberg 1908. Carl Winters Universitätsbuhhandlung. 624 S. 16 #4 Der Verfaffer des vorliegenden Buchs hat ih die Aufgabe gestellt, die Aeußerungen zu den politischen Fragen der Zeit vom Sep- tember 1862 bis zum November 1863 an der Hand der damaligen Zei- tungen und Zeitschriften zu verfolgen und so die Stellung zu untersuchen, die die politishen Parteien dem Ministerium Bismarck gegenüber ein- nahmen. Neben den Preßäußerungen, soweit sie in den führenden Organen der Parteien niedergelegt sind, sind die zahlreihen Flug- schriften aus jener Ÿ berückfihtigt worden. Was die Anordnung des Stoffs betrifft, so ist der gesamte Inhalt, da die Hauptstreit- fragen der Jahre 1862/63 in Lene auf dem Gebiet des Ver- fafsungékonflikts, der auswärtigen Politik und der deutshen Frage liegen, nah dieseù drei Gesichtspunkten gegliedert. Aus der großen Fülle von Einzelbeobahtungen gelangt der Verfasser zu dem die bis- herige Erkenntnis bestätigenden Ergebnis, daß die wenigsten der in Frage kommenden Publizisten so viel geistige Beweglichkeit besefsen baben, um der Richtung, die Bismarck einschlug, folgen zu können. Wohl kann man in manchen Schriften guten Gedanken begegnen, aber es fehlt ihre Anwendung auf die gegebenen Verhältnisse. Von allen Publizisten jener Monate seien es ledigli Constantin Rößler und Laffalle, die ein weitergehendes Verständnis für die von Bismark inaugurierte Politik zeigten. Im wesentlihen stehe * der preußishe Ministerpräsident in dem gewaltigen Kampf allein, verkannt oder zum mindesten unerkannt von fast allen. Der Verfasser ist felbst nit der Meinung, daß er zu erheblich neuen Ergebnissen gelangt sei, er hat sih damit begnügen wollen, für einen künftigen Forscher das verstreute und stoffli ¡u utafangreihe Material durch die Verarbeitung in eine brauchbare Form zu bringen. /

Der Kampf um Ernst Paas Entwicklungstheorie und noh mehr um seine materialistishe, von thm Monismus genannte Weltanshauung ist in weite Kreise getragen, nahdem die „Welträtsel“ des Fenenser Gelehrten durch billige Ausgaben eine Massenverbreitung gefunden haben. Neben Philosophen und Theologen haben zahlreihe Vertreter naturwissenschaftliher Disziplinen stch mit Häkel auseinandergeseßt, indem fie sich meist als seine Gegner erklärten. Die deutschen Physfiker haben in diesem wissenshaftlihen Streit Zurückhaltung geübt, obwohl Häckel sich in seinem „Substanzgeseß“ auch mit der physikalishen Lehre eingehend beschäftigt. Von ausländishen Physikern hat der St. Petersburger Professor Chwolson sih entshieden gegen Häckel gewandt. Eine weitere Kritik aus dem Lager der Physiker liegt in der jeßt auch ins Deutsche übertragenen Schrift von Sir Oliver Lodge „Leben und Materie“ vor. (Verlag von Karl Curtius in Berlin. 2,40 46.) Lodge hat mit seinem Buche eine höhere Absicht, als nur eine Kontrovers\{hrift zu \hreiben. Das Buch soll eine bestimmte Lebre über die Wechselwirkung von Geist und Materie und damit auch über die Natur des Menschen aufftellen. Nicht als eler Häckelgegner, er läßt diesem vielmehr auf seinem Sonder- gebiet volle Gerechtigkeit werden, kritisfiert Lodge in sachliher und ruhiger Form Häckels Lehre. Bereits vor vier Jahren unter dem Titel „Life and Matter“ in England erschienen, R die Schrift \. Zt. dort großes Aufsehen. Die deutshe Uebersegung is dankbar zu begrüßen und ihr eine weite Verbreitung zu wünshen. Sie dürfte zur Aufklärung über den Häckelshen „Monismu3“ erheblih beitragen. Besonders hervorgehoben sei auch der ausgezeihnet deutlihe Druck des

Buches. Land- und Forsftwirtschaft.

Saatenstand in Italien während des zweiten Drittels des Monats Juni 1908. z

In Norditalien und teils auch in Mittelitalien wirkten die bäufiger fallenden Niedershläge wohltuend auf die Felder. In einigen Gegenden Nord- und Mittelitaliens, besonders aber in Venetien bedroht die Peronospora ernstlih die Weinpflanzungen. Durch den andauernden Mangel an Niedershlägen wurden in verschiedenen Gegenden Süd- italiens und in Sardinien die Feldfrüchte, vor allem das Gemüse, be- deutend geschädigt. Die Getreideernte verspriht im Norden durhweg ein gutes Ergebnis, während fie in Mittel- und Süditalien nah den einzelnen Landstrihen vershieden ausfallen wird. Der Stand der Wein- und Olivenpflanzungen berechtigt im größten Teile des Königreihs zu den besten Hoffnungen. Die Ernte der Seitiden- raupenkokons geht mit einem im ganzen zufriedenstellenden Er- gebnis ihrem Abshlufse entgegen. (Bericht des Kaiserlichen General- konsulats in Genua.)

Saatenstand und Getreidehandel in Spanten.

Der Kaiserlihe Generalkonsul in Barcelona berichtet unterm 30. v. M,: Das Wachstum der Saaten is im Juni durch ein iw allgemeinen beständiges Wetter weiter gefördert worden, besonders in den großen Produktionszentren Kastiliens und einigen anderen Landes- teilen, in denen die Gntwicklung wegen der besonders küblen Temperatur dieses Frühjahrs ursprünglih zurückgeblieben war. Die Ernte dürfte daher, soweit sih jeßt übersehen läßt, befriedigend werden. Die Preise hielten sih bei andauernder Nachfrage bis in die leßte Woche durh- weg fest. Ein geringes Abflauen derselben is jedoch in Anbetracht der baldigen Beendigung der Ernte wahrscheinlich.

Die Preise waren für Weizen für je 100 kg in Peseten auf

den Märkten von: am 30./5, 6./6. 13,/0, - 20/0. 27./6.

Balladolid Bo O) O A0 B Salamanca . 2861 2861 2861 2861 28,29 Me 2861 2890 2861 2861 28,29 Medina del Campo 2805 23836 28336 28,36 28,29 C 2 4 Nh 24 B E ¿ 2890 283890 2390 283,61 238,58

adrid D 0179 31,09 D109 D201