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- Süddeutschen durch die Verkehrsverhältnisse verloren gegangen
Mühlen durch den Erlaß des Jdentitätsnachweises gewährte Vergünstigung wieder aufzuheben.
Für den al der Ablehnung auch dieses Antrags bean- tragt Abg. Nobbe folgende Resolution:
Die verbündeten Regierungen zu ersuchen:
1) unter Aufhebung der Bestimmung in Ziffer 3 des 8. 7 des Foutarinlenes vom 24. Mai 1885 Fürsorge zu treffen, daß die rportfähigkeit der Mühlen, der Malz-, Dee und Cafkes- fabriken ohne Begünstigung der Verwendung ausländischen Getreides gesichert werde ; 2) ein anderweites, den thatsählihen Ausbeuteverhältnissen mehr entsprechendes Rendement für Mehl aus Weizen und Roggen eintreten zu lassen.
Abg. Freiherr von Hornstein : Der Antrag Ampach sei ledig- lich im Jnteresje des Osiens von Deutschland gestellt, shädige aber den Süden. Die Preisverschiedenheit zwischen dem Osten und Westen sei nicht eine Folge der Zolltarifgeseße, sondern habe naturgemäß schon in den fünfziger und fechziger Jahren bestanden, nur in den siebziger Jahren fei sie etwas geringer als jeßt gewesen. Im Süden und Westen jei der Preis in Folge der stärkeren Nachfrage und der besseren Qualität des Getreides höher. Der Süden produzire vorzugsweise Dinkel und Spelt, der Osten hauptsächlich Nauh- weizen, für den England der beste Absaßmarkt sei, der aber in Süddeutschland absolut unverkäuflih sei. Nach dem Jn- krasttreten des Antrages Ampach werde der Handel, um aus demselben Vortheil zu ziehen, eine bessere Qualität Getreide einführen als ausführen, um einen möglichst großen Preis- unter)chied zwischen dem exportirten und importirten Getreide zu erzielen; er werde Rauhweizen und Futtergerste ausführen Und Hackweizen einführen. Wenn auch die Centnerzahl die gleiche sei, so werde das Ausbeuteverhältniß an Mehl und Malz verschieden sein. Besonders im Winter, wenn die deutsche Landwirthschaft aus Geldmangel die größten Massen von Ge- treide auf den Markt werfen müsse und gleichzeitig die größte Einfuhr stattfinde, werde der Preis durch dieses doppelte An- gebot gedrückt werden, und im Sommer, wenn das Angebot nachlasse, werde der Handel den Preis so in die Höhe treiben können, daß die Landwirthschaft wiederum keinen Nußen habe. Die Herren des Ostens wollten den Süden konkurrenzfähig erhalten. Die Konkurrenz des Ostens könne er schon ertragen, aber nach dem Jnkrafttreten des Antrcges Ampach werde er mit dem indischen, ungarischen und an.erikanishen Bauer zu konkurriren haben, man lade ihm also eine Konkurrenz auf, die ihn crdrücken werde. Der Markt der Schweiz, der den
sei, könne doch niht wiedergewonnen werden, und sei auhch von zu geringer Bedeutung, um ihn entshädigen zu können. Die Wirkungen der leßten Zollnovelle seien noch nicht voll zu übersehen, die Anträge seien also mindestens versrüht. Ein Theil der erhofften Wirkungen sei aber ein- getreten und die Einnahmen des Reichs seien höher und der Getreidepreis habe eine, wenn auch nur geringe Steigerung erfahren. Die wilde Spekulation werde man durch den Antrag auch nicht verhindern, im Gegentheil sogar gefahrloser für den Spekulanten machen. Daß das Reich durh den Antrag Verluste haben werde, darüber seien Alle einig, nur über die Höhe derselben gingen die Meinungen auseinander. Der Antrag werde den Süden zwingen, Quantitätsbau statt Qualitätsbau einzuführen. Er bitte, den Antrag abzulehnen. Abg. von Kardorff : Diese Frage sei weder eine nord- deutsche, noch eine süddeutsche, sondern eine große nationale Frage, denn es handele sich um einen rapiden Preisrücgang A Gebiete. Durch §8. 7 des Zolltarifgesezes sei den (ühlen das Privilegium ertheilt, fremdes Getreide einzuführen unter der Vergünstigung eines Zollkredits, und dieses Getreide wieder auszuführen unter der Vergünstigung ciner sehr be- deutenden Exportprämie. So lange die Zölle noch gering ge- wesen, wie 1879, habe man von diesen Exportprämien nicht viel geredet. Bei einem Zoll von 5 M stellten sie sih aber sehr hoh. Nach einem in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ abgedrudten Artikel der „Kölnischen Zeitung“ führe ein Mühlengeschäft 880 Ctr. Weizen ein und bekomme bei der Mehlausfuhr nah dem vom Bundes- rath festgeseßten Ausbeuteverhältniß den Zoll für 1000 Ctr. zurückvergüiet. Dies habe zur Folge gchabt, daß die Mühlengeschäfte vollständig aufgehört hätten, Konsumenten des inländischen Getreides zu sein und ihren Roggen und Weizen ausschließlich aus Rußland beziehen. Sie hätten dann den auéländishen Markt mit der besonderen Exportprämie und den inländishen Markt dazu und fräßen die kleinen Mühlgeschäfte vollständig auf. Die kleineren Mühl- E hätten das dringendste Jnteresse an dem Zustandekommen dieses Antrags. Wolle man den gegenwärtigen unerträglichen Zustand nicht ändern, so müsse man wenigstens die Ver- günstigung der Mühlen wieder aufheben. Der andere Aus- weg sei, das Monopol Einzelner zu verallgemeinern, und das sei der Zweck des Antrags Ampach. Es lasse sich darüber reden, ob dem System des Abg. von Wedell (Malchow), oder dem der Kommission der Vorzug zu geben sei. Er halte den Antrag von Wedell für wirthschaftlih rihtiger. Jeden- falls könne der jezige Zustand unter keinen Umständen aufrecht erhalten werden; auch dann nicht, wenn für die süddeutshe Landwirthschaft dabei wenig herauskomme. Bestreiten müsse er entschieden, daß Süddeutschland größere Preise erzielt habe als Norddeutschland. Pommern und andere Provinzen hätten schon oft beim Export höhere Preise erzielt als Süddeutshland. Mit Ausnahme der Provinz Sachsen werde auch im Norden nur guter Qualitätsweizen gebaut. Von einer großen Preistreiberei im Sommer und einem großen Preisdru im Winter könne dauernd nicht die Rede sein, das gleiche sich mit der Zeit wieder aus. Daß auch die süddeutshen Müller gegen den Antrag seien, wundere ihn nicht, bedenklicher sei ihm \{chon, wenn von mancher Seite immer das non liquet geltend gemacht werde. Nichts sei ge- fährlicher, als ein solches Wort, und nichts bequemer für Diejenigen, welche sich der Mühe des Nachdenkens überhoben glaubten, wenn eine Autorität diesen Ausspruch gethan habe. Durch die Getreidezölle die Einnahmen des Reichs zu er- höhen, sei niemals seine Absicht gewesen; auch der preußische Finanz-Minister habe gesagt, er würde si freuen, wenn die Getreidezölle als Schußzölle und nicht als Finanz- zölle wirkten. Ganz unrihtig sei es, daß dur den Zoll ein Seer Preis erzielt und der inländishe Markt gesichert sei. ie Preise jeten in Norddeutschland so niedrig, wie sie im ganzen Jahrhundert nicht gewesen seien. Norddeutschland sei doch auch shließlich ein jehr wichtiger Faktor im Reichsleben, und wenn wirklih Süddeutschland Nachtheile dur diesen An- trag hätte, was er entschieden leugne, so sei er überzeugt, daß die Süddeutschen dem Norden gern ein Opfer bringen würden.
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würde. Der Finanz-Minister habe dem preußishen Landtage diesen Verlust auf 30 Millionen berehnet und damit manche Leute kopfsheu gemacht. Nach seinen (des Redners) Berech- nungen würde es sich um einen Verlust von 2 Millionen handeln. Er nehme zu diesem Antrag eine etwas kühlere Stellung ein, als feine übrigen Fraktionsgenossen. Er erblicke eine dauernde Abhülfe für die Depression der Preise in dem Uebergang zur Doppelwährung. Niedrige Preise und Goldwährung seien identish. Die Stimmung für den Bimetallismus sei selbst in England eine sehr günstige. Die Mehrheit des englischen Parlaments sei für den Bimetallizemus und habe nur abwarten wollen, bis der gedruckte Kommissions- beriht erschiene. Er bedauere, daß hier die Znitiative nicht ergriffen worden sei, um England von seiner stolzen Stellung, die es jeßt einnehme, zu verdrängen. Hätte das Reich seiner geit mit Frankreich gemeinschastlich gehandelt, so wäre alles lend der Landwirthschaft erspart geblieben. Diese Rücksicht könne ihn aber nicht abhalten, für diesen Antrag zu stimmen, und dadurch wenigstens den weiteren Preissturz um etwa 2 Jahre aufzuhalten. Der Bundesrath werde den Antrag seinerseits erwägen und die Einzelstaaten seien in ihm ja stark genug vertreten, um ihre Jnteressen wahrzunehmen. #72 Ein Antrag auf Vertagung wird angenommen. , Schluß nah 41/2 Uhr.{Nächste Sißung: Montag 1 Uhr.
— Jn der vorgestrigen (31.) Sizung des Hauses der Abgeordneten erklärte im weiteren Verlauf der Debatte über die Ausgabetitel 5 und 18 des Kap. 124 des Etats des Kultus -Ministeriums der Abg. Stöcker: Es liege hier etwas vor, was die alte preußische Landeskirche mehr angehe als die anderen; denn die Königliche Verheißung be- ziehe sih nur auf jene. r die Unterstüßung der Vikariate sage er seinen persönlihen Dank; die gewährte Summe werde vorläufig ausreichen. Jn Bezug auf die Verbesserung der äußeren Lage der Geistlihen erkenne er das Entgegen- kommen der Regierung an, aber das, was der Minister- Präsident vor Jahresfrist in Aussicht gestellt habe, sei es niht. Die drei positiven Gruppen der evangelischen Kirche hätten sih auf allen Provinzial-Synoden vereinigt, um das zu be- seitigen, was in die E Seitens der Libe- ralen hineingebracht sei. Die 744 M, welhe mehr ge- währt seien, seien keine Ausstattung der Kirche, jedenfalls keine reihlihe, denn mit diesen Mitteln könne noch niht einmal das von der lezten General-Synode beschlossene Dienstein- kommensgeseß ausgeführt werden. Die Staatsbehörden hätten sih mit den Kirchenbehörden in Verbindung seßen sollen, aber das geschehe nur mit den fkatholishen Bischöfen. Jn solhen wichtigen Fragen sollte man sih mit dem evangelischen Ober - Kirchenrath ins Einvernehmen segen. Die Mehr- gewährung für die Gehaltsaufbesserrungen sei kein Aus- gleih für den Ausfall an Stolgebühren. Dieser Ausfall drüde namentlich in den Städten auf die Höhe des Pfarreinkommens, so daß in manchen nädtishen Parochien das Einkommen kaum noch zum Unterhalt des Geistlichen ausreihe. Für die Expropriation, die in dieser Sache an der Kirche vollstreckt sei, sollte man ihr Entschädigung geben. Er halte das beim Civilstandsgeseß gegebene Versprehen für aus- führbar, aber allerdings im Wege kirchengesezliher Regelung. Solle die Kirche endlih einmal ausgestattet werden, oder auf die Bedürfnißzushüsse des Staats angewiesen bleiben? Die Ausstattung oder Dotirung sei ein Korrelat zur Selbständig- keit der Kirche, die ohne freie Verfügung über eigene Mittel nicht selbständig sein könne. Nicht blos in den großen Städten, sondern auch auf dem platten Lande fehle es an Geistlichen, was oft dazu führe, daß der Katholizismus in gemischt kon- fessionellen Bezirken an Ausdehnung gewinne. Es fehlten der L die Mittel, um neue Parochien zu bilden. Dicht bei Berlin seien die Nothstände ebenso groß wie in Berlin. Da müsse man wohl den Anträgen des Abg. Freiherrn von Hammerstein mit Wohlwollen entgegenkommen.
Abg. Freiherr von Zedliß und Neukirh: Soweit die An- träge schon für den jeßt berathenen Etat Mehrausgaben ver- langten, werde man prüfen müssen, ob die Mittel dazu auch dauernd vorhanden seien. Soweit Mehrausgaben für die Zukunft verlangt seien, nehme er an, daß auch die Antrag- steller nicht der Meinung seien, daß die Defizitwirthschaft dur solche Mehrausgaben wieder herbeigeführt werden solle. FÜr die Besserung der Gehaltsverhältnisse der Geisilihen könne ja wohl noch Manches geschehen, allein er halte es nicht für nöthig, den Generalsynodalbeshluß von 1885 über das Dienst- einkommen der Geistlichen schon jeßt voll auszuführen ; man habe sih ja auch bei manchen anderen Staatsbedürfnissen noch einshränken müssen. Die versprohene Entschädigung für den Ausfall der Stolgebühren werde sich nicht ausführen lassen; er sei mit der Regierung der Meinung, daß ein Ausgleih auf anderem Wege herbeigejührt werden müsse. Die 744000 # reichten nicht aus, um allen Ansprüchen zu genügen, namentlich weil man die niederen Kirchendiener niht vergessen dürfe; auch die kirchengeseßliche Regelung des Stolgebührenwesens müsse dur Staatsmittel unterstüßt werden. Aber es fehle zur Zeit an einer materiellen Grundlage zur Beschlußfassung; man könne nicht übersehen, wie viel Geld zur vollen Befriedigung aller Bedürfnisse ersorderlih sei. Deshalb müßten die Anträge des Abg. Freiherrn von Hammerstein abgelehnt werden, ebenso die Anträge des va von Strombekz, e au die Erhöhung des Minimaleinkommens der katholischen Geistlichen, welhe Seitens der Budgetkommission beschlossen el, denn der Fonds sei keineswegs ausreichend. Die Anträge Brüel und von Hammerstein wollten das Prinzip feststellen, daß die im Etat für kirhlide Zwecke ausgeworfenen Fonds der Kirche zur freien Verfügung überwiesen werden jollten. Von einer solchen „Dotation“ der Kirche sei weder in den angezogenen Kabinetsordres, noch in der Rede des Reichskanzlers gesprohen. Der Reichskanzler habe \sih gegen jede Shmälerung der Gemeinderehte ausgesprochen, eine solche würde aber Hs wenn man dem Kirchenregiment die Disposition über alle Fonds geben wollte. Das Viarrwabl- ret der Gemeinden könnte damit vollständig vernichtet werden, und wohin die Absichten gingen in unseren hochkirhlihen Kreisen, zeige ein in den leßten Tagen veröffentlichter Brief- wechsel zwischen dem General-Superintendenten a. D. Bühsel und dem Konsistorial - Präsidenten Hegel. Die Tendenz der Anträge gehe dahin, die Kirche in den Dienst einer einseitigen Parteirihtung zu stellen, und deshalb hätten die weitsihtigen Politiker, welhe an der Spize unserer Regierung ständen, den Anträgen widersprohen. Solche Ten-
denzen dürfe man nicht fördern, Ea wo es gelte, die nationale
Man spreche von dem Verlust, der der Reichskasse erwachsen
‘des Einkommens der Geistlihen- und Kirchendienerstellen auf die
Trauuagen, Aufgebote und Atteste betragen noch nicht einmal è! Hälfte der vorgenannten Summe, sie erheben, sich wenig üt
traut wurde, vor eine viel größere Aufgabe gestellt, als es von vor: herein nothwendig war nah Lage des Géscßes. Die Synode lehr es ab, entscheidende Beschlüsse zu fassen, verwies die Sache an !
darüber berathen und sind zu einer einstimmigen Auffassung in kein Weise gelangt. Die einen haben es für erwünscht erachtet, die St| A fakultativ aufzuheben oder obligatorisch aufzuheben, auf
meinden u. \. f, — kurzum, es ift ein eiwas buntes Bild, welches f hier darbietet. Schließlich aber hat sih die General-Synode dahin einigt, tem Staat gegenüber den Antrag zu erheben, daß er mindeste an die Landeskirche der älteren Landestheile 750 000 Æ zahlen (f um die ganze Stolgebührenablösungsfrage in Fluß zu bringen. Df ist die Ziffer, meine Herren, welche Sie in dem Antrag des Hrn. A: von Hammerstein, wenn ich nit irre — unter Nr. 4 finden. Di Verhandlungen mit den kirchlichen Körperschaften haben nun hin gespielt in die 2. General-Synode von 1885, und es hat an fß gehenden und freundlihen Erörterungen A den betheiligt Staats- und Kirchenbehörden sicherlih nit ge
lativen Nüsse zu knacken, die Bestimmung des §. 54 aufgiet: Denn wie der Herr Finanz-Minister {on gesagt so viele Worte, fo viele kaum lösbare Aufgaben. Wenn F sich_ um die Frage handelt: was sind die Vorbedingungen für die ; treffenden Entschädigungen? So entsteht zunächst die Frage: welt
der durch den Wegfall der Stolgebühren entfteht? Jn Betreff d Aufgebotsgebühren: Wie sollen die Quoten für die Trauungsgebührz wo_ für Trauurg und Aufgebot einheitlihe Gebühren bestehen, messen werden? Wie soll da die Vertheilung eintreten? — O auch der mittelbare Schaden? Das is ja vielfa in den Synod! geltend gemacht worden, namentli in der Richtung, daß viele kiré liche Mitglieder in Folge der Staatsgesetßzgebung überhaupt niht mé trauen und nicht mehr taufen lassen, sich dem Zwange des Trau! und Taufens entziehen ? Dder diejenigen Fälle, die früher hon Hr. Dr. Brit anregte, da wo Kirchenkörper, namentlih Kirchengemeinden eingetreit find in vollem Umfange oder subsidiär, um die Geistlichen ut! Kircendiener für den Ausfall zu entshädigen, Nicht minder {n sind die weiteren Fragen : wer foll ents{ädigt werden? Das Gest sagt dem Wortlaut nah: „diejenigen Geistlihen und Kirchendient welle nachweislich cinen Ausfall in ihren Einkommen erleiden. Meine Herren, diese Basis ist sofort verlassen worden; man hat si in keiner Weise darauf beshränken wollen, lediglich die Gei liden und Kircendiener, welhe in {hon bestehenden Stell: sich befinden, zu entschädigen, sonden hat vor all Dingen die Frage aufgeworfen: ob es nit richtiger wir die Geistlihen-Stellen als sole zu entschädigen oder darüber hina!l Ansprüche an die Staatskasse Seitens der sämmtlichen Unterhaltun verpflichteten, der Kirhengemeinden, Patrone oder überhaupt all“ Derjenigen zu stellen, welhe durh den Wegfall der Stolgebühren E höheren Aufwendungen veranlaßt find. Dann aber hat t! ra
Rolle gespielt: follen die Kirhengemeinschaften selbst diese Anläs benugen zur Erhöhung der Staatszushüfse oder — Mie sie es wúr shen — zu ihrer Dotation zu gelangen. Nicht minder sind tf Fragen sehr \{chwierig und sie sind oft erwogen worden: soll: alle Ausfälle gedeckt werden, auch bei Geistlichen, die sich d
Einheit j a Darum müsse man dafür sorgen, daß der
evangelishen Landeskirhe dauernd im ege des Geseßes
Mittel zur Verfügung gestellt würden, die unabhängig sej von den jeweiligen politishen Strömungen. Es werde ni blos Aufgabe des Staats sein, kirhlihen Nothständen zuhelfen, au die Kirche müsse mit ihren Mitteln eintrete wenn sie dafür über die 4 Proz. O Steuern erheb müßte, würde fie kaum Widerspruch finden. Wenn der St mithelfe, dem Volke die Religion zu erhalten, so diene er ny seinem eigenen D
i hg von Sirombeck empfiehlt lediglih seinen Antr wegen Berücksichtigung der Missionspfarrer, durh welche ci; geringe Mehrbelastung von 90 000 # erwachsen würde.
Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten, Dr. v Goßler:
Meine Herren! Der Ausgangspunkt des Vorgehens der Regi rung, der Ausgangspunkt einer großen Reihe von Ausführungen } heutigen Herren Redner ist die Niht-Ausführung, bezw. die Ni Ausfübrbarkeit des Civilstandsgeseßes vom Jahre 1874, insbesondz seines §. 54. Die Königliche Staatsregierung hat ihre Stellung der Frage an der wichtigsten und maßgebendsten Sts! zur Kenntniß des Landes gebracht in der Thronrede, welche Herr y Hammerstein heute in diefer Hinsicht als der evangelischen Kirche nis das Rechte gewährend hinzustellen versucht hat, und der Herr Fingr Minister hat bei der Einleitung dieser Session, als es sich um } Einbringung des Etats handelte, in kurzen und präzisen Worten } Ansch@auung der Staatsregierung festgelegt. Ih bin aber nach } Wichtigkeit, welche dieser Frage von Herrn von Hammerstein Herrn Stöcker und weiterhin in den Kreisen der allgemeinen ey gelischen Landeskirche in den alten Landestheilen beigelegt ift, genöthi: in ganz kurzen Zügen doch etwas näher auf die Motive einzugekßz welche die Regierung bei ihrer Anschauung geleitet haben.
Es ift den Herren bekannt, daß, als es sich um den Erlaß d Civilstandsgeseßes handelte, Niemand daran gedacht hatte, namentl; hier in dem Hause daran gedacht hatte, eine Entshädigung der { troffenen Kirche gewähren zu wollen. Erst im Herrenÿzause ha man versucht, Amendements nach der Richtung hin zu formulir Schließlich wurde nun diese unbestimmte promissorisGe Bestimmyu in den Geseßentwurf hineingenommen, welche, wie die Herren wis ungern, aber s{ließlich doch hier im Abgeordnetenhause angencmm worden ift.
Diese Bestimmung, die ihrem Wortlaut nach von besonde Bedeutung ist, giebt folgende Gesichtspunkte für eine zukünftige Ges: gebung an. Es heißt: ;
Ein besonderes Gesetz wird die Verbindungen, die Quelle y; das Maß der Entschädigung derjenigen Geistlihen und Kirt{e diener bestimmen, welche nachweislich in Folge des gegenwärti; Gesetzes einen Ausfall in ihren Einkomnien erleiden. __ Diese geseßgeberishe Bestimmung, auf deren Interpretation |
mit kurzen Zügen nabher noh eingehen werde, is nun innerhalb d; evangelischen Landeskirhe der älteren Landestheile von von herein zum Ausgangspunkt sehr eingehender Erwägung und Entschlüsse gema{cht werden und is um so wichti; geworden, als sie den Anstoß gegeben hat zu der Proposition d: evangelischen Ober-Kirchenraths, die gesammte Stolgebührenablösu mit der Ausführung dieses §. 54 zu verbinden. Es war das gew sehr gut gemeint und hat gewiß auch fehr viele Momente für sié aber in der Verquickung dieser eminent wichtigen und in alle Vz hältnisse unseres Lebens ceingreifenden Verhältnisse nach der Ablösu sämmtlicher Stolgebühren — ich sage, in dieser Verquickung ist zu Theil eine Ursache zu finden für die unerwünschte Behandlung, welt diese ganze Frage innerbalb der älteren Landestheile gefunden b Als es si um die Frage handelte, daß alle Stolgebühren abgeli werden follten, da war cs von Bedeutung, daß nah dem Durchschri der leßten 6 Jahre, welche dem Erlaß des Gesches von 1874 vorausginçs} an Stolgebühren entrihtet wurden über 6 700 000 4, und daß, t aus den Nachweisungen, die ih dem kirchlichen Material entnomm habe, hervorgeht, in der That ein sehr großer und erhebliher Thi
Stolgebührenerhebung beruhte, Diejenigen Stolgebühren, di äußersten Falls alleïn von dem Geseß von 1874 hätten ergriff werden können, auch ergriffen worden sind, die Gebühren für Tauf:f
2 800 000 M. So war nun die General-Synode, tie mit der Angelegenheit b
Provinzial-Synoden. Die Provinzial-Synoden haben wicdertc|
eben unter Mitwirkung einer großen Gemeinschaft, durch die Cf
ehlt. | Ih will nun ganz kurz ungefähr anführen, welche legi
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Schäden sollen denn vergütet werden? Nur unmittelbarer Schade
e in dem Antrage des Hrn, Abg. von Hammerstein eine gro
besten Stellen erfreuen, oder soll man eine Grenze ziehen für den Fal daß das Einkommen infolge des Wegfalls der Stolgebühren auf
isses Minimum herabsinkt. — Nicht minder ist die Frage schwierig an Nachweise. Das Gesey sagt ausdrücklich „nachweislich.“ Es ist bisher niemals gelungen, denjenigen Nahweis mit Sicherheit flar zu machen, der erbracht werden müßte, um die Vorausseßung des Gesetzes zu erfüllen. E : ;
Meine Herren, ih will diese Ausführungen nicht vermehren; sie lassen si außerordentli reihlich ausgestalten, auch in der Frage nach der Quelle der Entschädigung: ich muß wirklich sagen, wenn man si nicht einfa zu der Auffassung bekennt, daß der Staat Alles zu tragen hat, was auf dem Gebiet der Ausfälle genannt werden könnte: es giebt kein richtiges Maß der Vertheilung. Es ist also nit mögli, diejenige geseßgeberische Vorausseßung zu erfüllen, an deren Schwierig- feit wir 13 Jahre lang getragen haben. Ih glaube, es ist ein schwerer aber doch nothwendiger Entschluß gewesen, sich darüber klar zu werden, daß in der von dem Gesetzgeber angedeuteten Richtung Erfolge nit
rzielen sind. e : s i Ee Nun 0E der Hr. Abg. Stöcker in seinen Ausführungen, es sei doch der evangelishen Kirche hart mitgespielt worden, und wenn man auf den Vors(lag der Regierung eingeht, fo würde das so aussehen, daß der Eine etwas erhält, worauf der Andere Anspruch habe, und das sei kein Ausgleich, — Meine Herren, das trifft genau zu auf diejenigen Ansprüche, welche der evangelishe Ober-Kirhenrath und die General-Synode er- hoben haben. Die genannten Körperschaften haben si jeßt auf den Standpunkt zurückgezogen, daß sie vom Staat 750000 # haben wollen, um überhaupt die Stolgebührenfrage in Fluß zu bringen.
Es ist ganz sicher, daß auf diesem Wege diejenigen, welche cinen Ausfall gehabt haben durch den Wegfall der Stolgebühren, eine Ent- schädigung nicht erhalten würden, sondern daf: dies einfach ein kirchlicher Dispositionsfonds werden würde, über welchen der Staat in keiner Weise eine Mitwirkung hätte. : j :
Dies sind auch Ausführungen, die sich unmittelbar auf Nr. 3 des Antrages von Hammerstein beziehen. Die Staatsregierung ist nunmehr zu der Ueberzeugung gekommen, daß es rihtiger sei, den bethciligten Kirchen neue Mittel in irgend einer Form zuzuführen, um ihre Lebens- und Leistungsfähigkeit zu steigern; sie is zu der Auffassung gekommen, daß die Pfarrgehälter zu verbessern und daß zu Gunsten der evangelischen Kirche auch in Ansehung ‘der Vikariats- einrihtungen eine neue Quelle und neue Mittel zu gewähren feien,
Die Staatsregierung hat sich dabei, wie die Herren Vorredner es in ihren Ausführungen von selbst gethan haben, vor die Frage gestellt gesehen: Soll sie demnächst zur Dotation greifen oder soll sie datjenige System festhalten, welches scit Jahrzehnten unsern Staats- haushalt O leitet; soll fie den Weg der Bedürfnißzuschüsse weiter verfolgen ; i
Es ist n von einem der Herren Vorredner mit großem Nach- druck Werth darauf gelegt, . daß der preußische Staat der ganzen Entwickelung der Dinge nah der evangelischen Landeskirhe der älteren Theile — um die neueren kann es sid ja nicht handeln — gebunden sei, niht den Weg der Vedürfnißzuschüsse, sondern den Weg der Dotation zu beshreitea. Dieser Auffassung ist die heutige Staats- regierung niht und auc die früheren find nit dieser Auffassung gewesen. Es hat ja bereits der Hr. Abg. von Zedliß in einer durch- aus einwandsfreien, meines Erachtens auch überzeugenden Weise dar- gethan, daß diejenigen rechtlichen Grundsäße, welche die Hrrn. Abgg.Stöcer und von Damtnerstein für ihre Ansicht geltend machten, nicht diejenige Beweiskraft haben, welche die Herren selbst anzunehmen s{cheinen. Selbst die von den Hecren angeführten Urkunden find durchaus nicht derart, daß diejenigen Schlußfolgerungen daraus zu ziehen sind, welche wir gehört haben. Hr. von Zedliy hat mit Recht darauf hingewiesen, daß der Allerhöchste Erlaß vom 30. Oktober 1810 in keiner Weise davon spricht, daß eine Kirche, insbefondere die evangelische Kirche dotirt werden soll. Man kann sogar, glaube id, ohne Uebertreibung sagen, es gab damals keine evangelische Kirche in den älteren Landes- theilen in dem Sinne wie heute. Darum beißt es auch in dem 8. 4 des Cdikts: 5 e
Wir werden für eine hinreihende Belohnung der obersten eistlihen Behörden und mit dem Rathe derselben für reihliche Dotirung der Pfarreien, Kirchen, milden Stiftungen u. f. w. sorgen. Auch in den maßgebenden Allerhöchsten Erlassen vom Jahre 1845 bis 1847 sind sehr zahlreihe Erklärungen vorhanden, welche es ernst- lich in Zweifel treten lassen, ob es die Absicht gewesen wäre, der evangelishen Kirche diejenige Dotation zu gewähren, wie die gedachten Herren Abgeordneten es folgerten. Ih fann aus der ersten Ordre vom 28. Februar 1845, welche an den Minister Eichhorn erging und diese ganze Sache in Fluß brachte, Folgendes hervorheben. Der damalige Landesherr sagte: : E Eine Erhöhung der für die Zwecke der evangelischen Kirche aus allgemeinen Staatsfonds hergegebenen Zuschüsse wird nicht überall nach einer Parallelesirung des gegenwärtigen Baotrags der- selben mit der Dotation der katholischen Kirche, vieln:ehr nach dem N: nachweisbaren Bedürfnisse zu bemessen sein, eiter: Inzwischen ist, wie Ih hon jeßt anerkenne, ein dringendes Be- dürfniß zur Erhöhung der der erangelishen Kirhe aus Staats- mitteln bisher gewährten Zuschüsse wirkli vorhanden und diesem cin Genüge zu leisten, bin Ih gern bereit, fobald solches genau ermittelt und festgestellt sein wird. :
Es kommen nun diejenigen einzelnen Positionen, welche später in allen Denkschriften eine maßgebende Rolle spielen: die Erhöhung der Pfarrbefoldung, auf Königlichen Patronatsftellen auf 400 Thaler, die Errichtung von Prediger-Seminaren oder sonstiger Anstalten zur besseren Ausbildung und Vorbereitung der Kandidaten für das geistlihe Amt, eine angemessene Summe zu Synodalzwecken. -
Zum Schluß wird der Minister beauftragt, genau zu prüfen,
welche Zuschüsse nah Maßgabe der wirklich vorhandenen Bedürfnisse der evangelishen Kirhe überhaupt nothwendig seien. Das Wort „Dotation“ kommt zwar in der Ordre vom 28. März 1845 vor, aber es ist nit ganz sicher, was damit gemeint ift, da vorher au von einer Dotation der Pfarrstellen die Rede ist, und es bleibt ungewiß, ob in der That eine so weitgehende Schlußfolgerung gerechtfertigt ift, wie sie von den Herren Vorrednern daran geknüpft ist. Jn den folgenden Ordres vom April 1845 und Februar 1846, wo immer von den Heimfällen aus den evangelischen Domstiften die Rede ist, wird davon gesprochen, daß dieselben zugeführt werden sollen einem zur Erhöhung der Dotation der evangelishen Kirche neu zu bildenden Dispositionsfonds. __ Dann ift allerdings in der Ordre von 1847 in etwas be- stimmterer Weise gesagt, „von einer angemessenen Erweiterung der Dotation“, aber unmittelbar davon ist nicht die Rede, daß es ih handle um die Erhöhung der Zuschüsse, zur Unterstüßung von Geist- lichen, und daß auf die Aussetung eines ansehnlihen Dispositions- fonds Bedacht genommen werden muß. — Es ist das niht etwa ein Versuch, wichtige und grundlegende Bestimmungen zu fkriti- siren oder abzushwädben, ih kann vielmehr versichern, daß, soweit die Akten des geistlihen Ministeriums reichen, L M die Zweifelhaftigkeit dieser Allerhöchsten Erlasse hinge- wiesen ist.
Aber, meine Herren, wie steht die Sache wirkli6? Hx. von Hammerstein hat eine Ordre verlesen — ich glaube vom Jahre 1847 — die ih legt eben etwas ausführlicher beleuchtet habe; er hat aber damals die Summe nicht genannt, die der damalige Landesherr als eine ausreihende Dotation für die evangelis{e Landeskirche ansehen wollte, das war die Ziffer von 154 000 Thalern. Meine Herren, diese Ziffer von 154 000 Thalern ist nachher übergegangen in die be- kannten Liquidationen des evangelishen Ober-Kirchenraths, für dessen Einrichtung selbst noch weitere 10000 Thaler veranschlagt waren. Wenn man nun an der Hand der damali- gen wohlwollenden Absiht Sr. Majestät Friedrich Wilhelm IV. anknüpft an die damals als sehr weitgehend betrachteten Wünsche des evangelishen Oberkirhenraths, wenn man sih klar maht, was man damals für Begriffe von einer ausreihenden Dotation der evangelischen Landeskirche hatte, und sieht, was dieselbe heute vom Staat bekommt, dann werden die Herren vielleiht zu der Ueberzeugung kommen, daß es ein Segen für die evangelishe Kirche gewesen ist, daß ihre Do- tation nit nach den damaligen Wünschen erfolgt ist. Die ganze
Summe, welche nach unserem erften Staatshaushalts-Etat vom Jahre 1849 die evangelische Landeskirche erhielt, betrug rund 331000 Thaler. Der evangelishe Oberkirhenrath faßte alles zusammen, was er nur irgendwie liquidiren konnte, worunter waren z. B. ganz erhebliche Summen für geistlihe Bildungs8zwecke (110 000 Thlr.) und es kam dann, Alles in Allem zusammen genommen, auf eine Gesammtziffer von etwas über 605 000 Tblr., in Mark überseßt 1815 000 46 Was hat nun die evangelishe Landeskirche in der Zeit erhalten? Sie hat in dem Kapitel, welches über die Kirchenregimenter si verbreitet, jeßt eine Summe statt der früheren 102000 Thlr. von etwa 594000 # Außerdem partizipirt sie an den mit den neen Landestheilen gemeinsamen sachlichen Fonds u. #. w,, vertheilt in dem Verhältniß von 3 zu 1, noch mit etwa 280 000 Für geistlihe Bildungszwecke na dem neuen Etat sind ausgeseßt 140 009 M für Vikariate. — Die Besoldungen und Zuschüsse an Pfarrer und Kirchen, welche früher rund 226 000 Thlr. betrugen, be- tragen jeßt bei denjenigen Fonds, die als Dotationen betrachtet werden, über 1004000 A Und nun kommt noch der Antheil an dem unter Kap. 124 Tit. 5 ausgeseßten Fonds hinzu, der schr bescheiden für die evangelische Kirche der alten Landestheile auf etwa 1 500 000 M bemessen werden könnte, wenn ih rechne, daß die evangelische Kirche übcrhaupt bei dem neuen Etat jedenfalls die Hälfte von 4 Millionen, also 2 Miklionen, erhalten würde, und davon wieder die evangelishe Kirhe der alten Landestheile F, das macht 1500000 f — Nimmt man dazu die Staatsmittel zur Versorgung von ausgedienten Geistlihen und von Hinterbliebenen der Geistlihen nah demselben Verhältniß mit ungefähr 180 000 é, so fommt cine Summe zu Gunsten der evangelischen Landeskirche der alten Landestheile von rund 3 700 000 4 heraus, also mehr als das Doppelte von dem, was früher der Ober-Kirchenrath als eine aus- reihende Dotation der evangelishen LandeskirWe bezeichnet hat. Jch glaube, daß die innige Verbindung der evan- gelishen Kirche überhaupt mit dem preußischen Staat der ganzen Entwickelung nach nicht s{chädlich gewesen ist, sondern zum Segen des Staates und der evangelischen Kirche gereiwt hat, und ich möchte, meines Erachtens, bitten, niht zu glauben, daß die gegen- wärtige Staatsregierung gewillt ist, diefes innige Verwachsenfein zwishen der evangelischen Landekkirche und dem preußishen Staat irgendwie verkümmern zu wollen. Wir glauben, daß die Verhältnisse derartig sind, daß der preußishe Staat und die evangelische Lande?- kfirhe noch lange Jahrzehnte und vielleiht Jahrhunderte hindur N müssen. Bei dieser Auffassung ist es ganz unmöglich, daß man den Staat blos als eine Zahlstelle betrahtet, wo man etwa eine Rente, wie fie auf einem Legat beruht, in Empfang zu nehmen hat. S : | :
Was nun den Bedürfnißzushuß als folchen betrifft, den die Regierung zu gewähren geneigt und bereit ist, so hat der Hr. Abg. Dr, Brüel gesagt, er sei ja mit diesem Verfahren vielleicht ein- verstanden; er hält aber den Betrag an und für sich zu niedrig. _
Damit komme ich nun auf eine Reihe von Anträgen, die sich nach der Richtung bewegen, den Bedürfnißzuschuß zu vermehren, Der Herr Finanz-Minister hat in der von mir bereits angedeuteten Nede im Januar dieses Jahres vollkommen klar hingestellt, daß es dringender Wunsch der Staatsregierung ist, diejenigen Hoffnungen zu erfüllen, die dur die Zusicherung eines garantirten Marimalgehalts von 3600 Æ für die evangelischen, und von 2400 F für die fatholischen Pfarrer erweckt sind. Der Herr Finanz - Minister bat gar feinen Zweifel darüber gelassen, daß, wenn es die Finanzverhältnisse des Staates gestatten, es das eifrigste Bestreben der Staatsregierung sein würde, jene Hoffnungen zu erfüllen.
Dieser Ausspruh führt mi jeßt zur Ergänzung einer Unter- lafsung, deren ih mich eben \{huldig gemacht habe, indem ih noch mit einem Worte auf die Ausführungen des Fürsten Bismark vom 22, April 1887 zurüctkomme. Der Abg. Stöcker hatte in der Leb- haftigkeit seines Vortrags das Wort unterfließen lassen, als ob der Herr Minister-Präsident damals von einer Dotation der evangelischen Kirche gesprowen hätte. Das ist jedenfalls ein Irrthum; aber ih muß diesen Irrthum berichtigen, weil man sonst annehmen könnte, daß die preußishe Staatsregierung derjenigen Homogenität ent- behre, die sie doch, glaube i, in dieser wichtigen Frage bisher bewiesen hat. Jch darf mir wohl erlauben, zwei Säße aus der damaligen Rede des Hrn. Minister-Präsidenten vorzulesen ; sie sind mir jeßt für den Zusammenhang zu wichtig, um nicht eine Täuschung darüber aufkommen zu lassen. A
Ich kann nur wiederholt die Versicherung abgeben, daß die Königliche Regierung ihrerseits den von ihr anerkannten Bedürf- nissen, ja Notbständen der evangelishen Kirche ihrerfeits freiwillig entgegenkommt, und, wie die Herren aus unseren Budgetverhältnissen ersehen können, auf dem Punkte der nothwendigen finanziellen Unter- stüßung auc in den leßten Jahren reichlich entgegen gekommen ist. Wenn ih sage rei chlich, so meine ich, reihlich in Bezug auf die Summen, die aufgewandt sind, aber nicht reihlich in Bezug auf das Bedürfniß. Ich glaube, daß das Bedürfniß noch erheblichere Zuschüsse von Seiten des Staates fordern wird; und wenn die Herren nur dazu mithelfen wollen, im Staat und Reich neue Ein- nahmequellen zu \{chaffen, so wird das im weiteren Maße mög- li sein. i: s
Also überall, meine Herren, „Bedürfnisse“ und „Zuschüsse“, von „Dotationen“ ift überall keine Rede. : L :
Nun haben einige der Herren geglaubt, die Frage so regeln zu können, daß der Staat einfa die Staatsgelder nimmt und sie den kir{lichen Gemeinschaften überweist, ohne daß der Staat in die Lage komnit, eine Kontrole darüber zu üben. Meine Herren, das ist niht mögli! Wir müssen durchaus daran festhalten, daß, wo der Staat Bedürfniß- zuschüsse gewährt außerhalb rechtlicher Verpflichtungen, eine irgendwie geartete Mitwirkung des Staates einzutreten hat; und die Regierung wird allen Anträgen nah der Richtung hin ganz bestimmten Wider- spruch entgegenseten. S
Wenn ih nach diesen Ausführungen nun kurz auf die einzelnen Anträge eingehen darf, so kann ih keinen Zweifel darüber laffen, daß der Antrag des Hrn. von Hammerstein zu 1 und 2 der Regterung niht annehmbar is. Hr. von Hammerstein s{lägt vor, in der _gegen- wärtigen Etat8periode bereits mit der neuen und erheblihen Summe von 2 Millionen die Staatskasse mehr zu belasten. Es ist, wie Hr. von Zedliß bereits ausgeführt hat, unmögli, ohne sichere Beschaffung genügender Deckungsmittel eine folhe Mehrbelastung einfah zu dekretiren und es nachher der Verwaltung zu überlassen, wo sie das Geld herbekommt. — Achnlich verhält es sih mit dem Antrag Nr. 5. Die Staatsregie- rung kann diesen Antrag 5 troß der Abschwächung, welche einer der Herren ihm hat zu Theil werden lassen, nit anders auffassen, als eine vershleierte Dotation. In dem Antrag wird ausdrücklich ge- sagt, A dur den Geseßentwurf der evangelishen Landeskirche dauernd Mittel zugeführt werden sollen. Es fehlt durhaus, wie in dem Antrag Achenbach und Genossen, _an irgend einer Andeutung, daß eine maßgebende Mitwirkung des Staats bei der Verwendung der Mittel einzutreten hat. :
Dieselbe Bemerkung trifft im WesentliGen auch den Antrag Brüel, der ja im Grunde auch auf nichts Anderes als auf eine Dotation der Kirche hinausläuft. Seine Ausführungen nach dieser Richtung sind ja_ nit mißverständlih gewesen. Die Staatsregierung wird hierzu die Hand nicht bieten. Ï L i
Der Antrag von Huene bewegt sich nach unserer Auffassung in ähnliher Richtung, wenngleih er weniger klar E ist. Jedenfalls ist es sehr mißlich eine Bestimmung zu beschließen, wie sie der Hr. Abg. von Huene vorschlägt, mit der Maßgabe, daß der Bedürfniß- zushuß so zwingend Jéväbrt werden muß, daß eventuell eine Ueber- \chreitung des betreffenden Etatstitels einzutreten hat. Soweit meine Kenntniß des Etats reicht, ist das immer grundsäßglich vermieden worden, Wir haben Baufonds und ähnlihe Fonds, die unter Um- ständen überschritten werden müssen ; aber daß Dispositionsfonds über- \chritten werden sollen, ist, glaube ich, ein Widerspruch, der in \sih selbst gewissermaßen liegt. / i 5
Dann hat Hr. von Hammerstein zu Nr. 4 die Gewährung von 750 000 A beantragt. Es ist nicht möglich, daß die Königliche
Staatsregierung auf Umwegen zur Ausführung des Gesetzes - vom 9. März 1874 §8. 54 gelangt, und auch hier kann die Königliche Staatsregierung nur bitten, diesen Antrag abzulehnen.
Die anderen Anträge bewegen sich ja auf einer etatsrechtlihen Grundlage; der Antrag Ahenbah und Genossen ift ja darin dur- aus sympathisch Seitens der Regierung zu begrüßen, daß er daran festhält, daß eine Mitwirkung des Staats in der Verwaltung des Staatsfonds eintritt. Dieser Antrag selbst hat aber andere Bedenken. Es ist nit sicher, ob doch nit in Konsequenz dieses Antrags die Stellung der Kirhe zum Staat eine veränderte sein wird, und ob nicht die Annahme eines fo allgemein gefaßten An- trags zu Konsequenzen führt, die die Staatsregierung zu übersehen heute unmögli in der Lage ift. Und um deswillen, namentlich weil der Inhalt nicht klar genug, und weil die Anwendung des Antrags, die UVeberscßung desselben in das gesectgeberische Wort und in das praktische Leben unüberschbar ist, kann ih mich auch nit für An- nahme dieses Antrass erflâren.
Ich komme nun zu dem auf verwandtem Gebiete liegenden Antrag der Budgetkommission und dem Antrag Enneccerus. Ich kann mich da ja nur im Allgemeinen auf den Standpunkt stellen, den ich Eingangs meiner Ausführungen eingenommen habe: daß es durchaus in der Absicht der Königlichen Staatsregierung lieat, nah Maßgabe der vorhandenen Mittel eine Aufbesserung der Einkommens- verhältnisse der ch;ristliden Pfarrämter zu gewähren. Aber es ist für die Staatéregierung unmöglich, eine Vervflichtung heute zu übernehmen, da die Vorausseßungen der Erfüllung nicht in ihrer Hand find und wir heute unmöglih \hon mit Sicherheit übersehen können, ob der neue Etat die neuen Mittel gewährt, die nothwendig sind, um weite, der Regierung aber sympathishe Ziele zu verfolgen, wie die Hren. Enneccerus und Genossen sie im Auge haben.
Es bleibt noch für mich übrig, auf zwet einzelne Punkte über- zugehen; ih hoffe dann die Fragen erschöpft zu haben. Es sind dies der Antrag des Hrn. Abg. von Stromkeck und der Antrag der Budgetkommission, welHer sih mit dem Antrag Hammerstein Nr. 3 etwas det.
Der Antrag des Hrn. Abg. von Strombe ist bier im Hause bereits wiederholt Gegenstand der Erwägung und Beschlußfassung ge- wesen, und hat, dem Antrage der Regierung entsprechend, eine An- nahme nit gefunden. Ih muß auch dringend bitten, die Einschaltung des Wortes „Missionspfarrer“ oder „Missionspfarreien“ nibt anzu- nehmen. Die Gründe dafür fsinv oft vor Ihnen dars- gelegt worden, es läßt sich mit mathematisher Sicherheit nach Auffassung der Staatsregierung nachweisen, daß es sih bei den Verhandlungen über den Fonds 1245 immer nur um wirkliche Pfarreien gehandelt hat. Die Missionspfarrer im Sinne des Kirchenrehts find nit wirkliche Pfarrer; bei den Missionspfarrern hängt immer etwas in der Luft, entweder in der Person des Geist- lichen, oder die Mittel liegen nicht vor, oder es fehlt an einer wirklihen Gemeinde. Ich kann nicht annehmen, daß der Hr. Abg. von Strombeck mich als Zeugen hat aufführen können, als er die Zahl der Missionspfarreien auf 100 angegeben hat, ich bin wenigstens außer Stande, mich dessen zu erinnern.
Ich habe bei ciner anderen Veranlassung ausgeführt, daß ih dringend bitten muß, die Missionêthätigkeit niht in die Etatsgesetz- gebung einzuführen. Der preußische Staat ist meines Erachtens niht reih genug, um die Missionsthätigkeit seiner beiden Hauptkirhen zu unterstüßen. Im Allgemeinen dienen die Missionsverbältnisse nicht gerade zur Erhaltung des Friedens, wenigstens habe ih wiederholt gefunden, daß die Begründung von neuen Missionévfarreien von der gegnerishen Konfession niht mit besonderer Befriedigung begrüßt wurde. Ich habe immer gefunden, daß daraus mehr Streitigkeiten als Erleichterungen entstehen, und ih “ fFann wirklich nicht sagen, daß es Aufgabe des preußischen Staates ift, diese Unzufriedenheit auf dem Gebiet einer gesteigerten Missions- thätigfkeit zu erhöhen.
Der Hr. Abg. von Strombeck vermißte nun noch eine Reihe von Zahlen. Ich glaube, die Zeit ist zu vorgeschritten, und ih glaube, die Herren sind auch zu sehr gewohnt, gegenwärtig die Prinzipienfrage mehr zu behandeln. Ich glaube in der Lage zu sein, in der Kom- mission an der Hand der gestern und vorgestern eingegangenen Ma- terialien umfassendere Auskunft zu geben, wenn auch leider zu meinem Bedauern, was die katholischen Pfarreien betrifft, niht ganz zufrieden- stellende, ih meine, absolut sichere.
Nun komme i zu den Vorschlägen der Budgetkommission in Ansehung der Marimalunterstüßungen der katholishen Geistlichen, für welche ftatt 2400 4 2700 M in Aussiht genommen sind. Meine Herren, die Gesic{tspunkte, welche die Königliche Staatsregierung bei Bemessung ihrer Ziffern geleitet haben, hat, wenn ih nicht irre, Hr. von Dn bercits angedeutet. Die Regierung ist der Ansicht, daß bei Bemessung der Bedürsnißzushüsse es i nicht um eine feste Relation handelt, sondern daß zunächst Rückficht zu nehmen ist auf das objektive Bedürfniß. Die Königliche Staatsregierung ist an der Hand ibrer Erfahrungen der Ansicht gewesen, wenn ein katholischer Geistliher nach Ablauf gewisser Jahre die sichere Garantie hat, 2400 M siheres Einkommen zu erhalten, daß dann na Lage unserer heutigen Verhältnisse fein Einkommen zwar nicht als cin reihlih bemessenes, aber do als ein soiches anzusehen ist, welches ihn gegen die Schwierigkeiten des täglichen Lebens sichert.
Nun kommt noch eins hinzu. Sie werden aus den Verhand- lungen, die zwischen meinen Herren Kommissarien oder mir und der Budgetkommission zu führen sein werden, ersehen, daß die Zahl der gering dotirten katholischen Pfacreien eine erstaunlih große ist. Die Zahl der katholischWen gering dotirten Pfarrer liegt vorwiegend auf dem linken Rheinufer — wir haben gestern {hon die Sukkursal- pfarrer berührt — wir haben dort etwa 1300 Sufkkursfalpfarrer, und nah den Notizen, die ih mir früher gemacht habe, waren im Bezirk Köln 580 Sufkkursalpfarrer im Gegensaß zu 50 Pfarrern erster und zweiter Klasse, im Bezirk Trier 660 Sufkkursalpfarrer gegen 70 Pfarrer; vom Düsseldorfer Theil des Bezirks Münster sind mir im Augenblick die Zahlen nicht gegen- wärtig — ih darf aber annehmen, daß die Gesammtzahl nicht unter 1300 zurüfbleibt. Nach den uns vorliegenden Materialien ist mit Sicherheit anzunehmen, daß mindestens 1200 Sukkurfalpfarrer der Aufbesserung auf 2490 H bedürftig sind. Nun nehmen Sie einfa hinzu, wenn Sie die höhere Grenze einseßen mit 2700 #4, dann fönnten Sie mit Sicherheit {on jeßt darauf rechnen, da die katho- lishen Pfarrer im Allgemeinen ein ziemlich hohes Dienstalter, vom Tage ihrer Priesterweihe gerechnet, haben, daß, wenn man einfach 1300 mit 300 multiplizirt, dics eine Summe von 390 000 # macht. Und, meine Herren, wenn wir auch niedriger rcchnen, fo ift allein die Erhöhung dieser gering dotirten Pfarreien um je 300 F gleich- bedeutend mit einer Mehrausgabe von niht weniger als 3—400 000 M
Das is} der Grund gewesen, weshalb die Königlihe Staats- regierung geglaubt hat, ein angemessenes Gerechtigkeitsverhältniß zwischen den beiden Hauptkirhen mit ihren Vorschlägen inne zu halten.
Ich hoffe, meine Herren, daß ich Alles berührt habe, was dier zur Erörterung gekommen ist, und ich kann nur dringend bitten, nah den Vorschlägen der Königlichen Staatsregierung abzustimmen und ih bin überzeugt, daß dann Ihre Abstimmung vielfach zu einer Be- ruhigung führen wird, zu einer Sicherung, die auf diesem Gebiet durhaus nöthig ift. :
Abg. Dr. Enneccerus meint, daß es immer bedenklih ei gegen den Willen der Regierung den Etatsansaß zu erhöhen ; die Anträge sollten deshalb sämmtlich abgelehnt werden, zumal die Regierung ein so weites Entgegenkommen gezeigt habe. Der Antrag der Budgetkommission gehe zu mechanish vor, indem er für das Minimalgehalt der katholischen Geistlichen ein ähnliches Verhältniß vorschlage, wie es bisher für das Maximalgehalt bestanden habe. Man follte dabei in Rech- nung ziehen, daß die evangelishen Geistlihen nach 2öjähriger Amtsdauer mit oft zahlreicher Familie größere Bedürfnisse hätten, als die unverheiratheten katholischen
Geistlihen. Die Erhöhung der Gehälter bis zu der be-
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