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Nr. 9, von François, ist am 24. Januar d. J. in Bagida eingetroffen.
— Der General:Jnspecteur der Fuß-Artillerie, General- Lieutenant von Roerdansz, ift von Köln hierher zurück- gekehrt.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Schwienhorst in Senden, Dr. Hiddemann und Dr. Fischer, Beide in Bochum, Dr. Steilberger in Hörde, Dr. Sommer in Soest, Dr. ODehlkers in Hannover, Dr. Seelig in Pattensen, Dr. Burger in Runkel, Dr. Frdr. Wolff in Weilburg, Dr. Gottfried und Dr. Neubürger, beide in Frankfurt a. M., Dr. Riffert in Hadamar.
— S. M. Kreuzer-Korvette „Carola“, zum Kreuzer- geshwader gehörig, ist am 26. März cr. in Nagasaki ein- getroffen.
Vayern. München, 22. März. Die „Allg. Ztg.“ schreibt : „So wie in München is auch in den bayerischen Provinzstädten der Geburtstag des verblichenen Kaisers niht vorübergegangen, ohne daß er Anlaß ge- boten hätte, ihn nach Maßgabe der vorhandenen Kräfte zu feiern. Bei der großen Menge der vorliegenden Berichte müssen wir darauf verzichten, sie unseren Lesern vorzulegen. «n einzelnen Städten, wie Nürnberg, Erlangen und Kaiserslautern, find au bereits Sammlungen zu einem Denkmal eingeleitet worden, die zum Theil {on jeßt bedeutende Resultate er zaben.“
Sachsen. Dresden, 26. März. (Dr. J.) Der König wird sih in Begleitung des Flügel-Adjutanten, Oberst-Lieute- nants von Schimpff heute Abend nach Riva am Gardasee begeben, woselbst die Königin seit dem 6. d. M. Aufenthalt genommen hat. i — —
Von Seiten des Königlich preußischen Gesandten, Grafen von Dönhoff, ist dem „Dresdner Journal“ Nach- stehendes zugegangen : L
In Anlaß des Hinscheidens Sr, Majestät des Hokseligen Kaisers und Königs sind der biesigen Königlih preußishen Gesandtschaft von allen Seiten, in mündlicher und s{riftlier Form, dur Einzecihnung in die ausgelegten Listen, durch Uebermittelung von Adressen und Einladungen zu Trauerfeierlihkeiten so zablreite Beweise warm empfundener Theilnahme zugegangen, daß es dem Unterzeichneten ein Bedürfniß ist, den Betbeiligten für diese Kundgebungen der Trauer, die zur Allerhöchsten Kenntniß Sr. Majeslät des Kaisers und Königs Friedrich gebracht worden sind, tiefbewegten Herzens hierdurch auf- richtigst zu danken.
Dresden, den 23. März 1888,
Graf von Dönboff, Königlich preußischer Ge/sandter.
Hefsen. Darmstadt, 26. März. (Darmst. Ztg.) Prinz Heinrich von Preußen ist gestern, in Begleitung des Kapitän-Lieutenants von Usedom, hier eingetroffen, um der am 28. d. M. stattfindenden Konfirmation der Prin- zessin Alix beizuwohnen. — Gestern Nahmittag empfing der Großherzog den Königlih preußischen außerordent- lichen Gesandten und bevollmächtigten Minister, Freiherrn von Thielmann, behufs Ueberreihung des von Sr. Majestät dem Kaiser Friedrich, König von Preußen, anläßlich Seines Regierungsantritts an Se. Königliche Hoheit gerichteten Handschreibens in besonderer Audienz, und nahm zugleih ein weiteres Schreiben Sr. Majestät entgegen, durch welhes Freiherr von Thiel- mann in seiner bisherigen Stellung bestätigt wird.
Oesfterreich-Ungarn. Wien, 24. März. Die „P. C.“ bezeihnet die in verschiedenen Blättern sowie in Finanzkreisen cirkulirenden ziffermäßigen Angaben über die Höhe der in der bevorstehenden Delegations-Session zu gewärtigenden Forderungen der Kriegsverwaltung als geradezu arge Uebertreibungen. Die von der Regierung für die Augmentirung der Heeresvorräthe und die Heeres- bereitshaft beanspruchten Beträge werden vielmehr feines- fals eine sehr hohe Summe repräsentiren und er- scheinen diese Forderungen umsomehr berechtigt, da die Re- gierung bei der Verwendung des ihr im März vorigen Jahres bewilligten Rüstungskredits von 52 Millionen mit solchzr Sparsamkeit vorgegangen ist, daß sie noch jeßt über einen Restbetrag dieser Summe verfügt.
Pest, 24. März. Die „B. C.“ meldet: „Das über die Jnitiative des General-Jnspektors des K. und K. Heeres, Feldmarschalls Erzherzogs Albrecht, neu geschaffene Genera l- Znfanterie-Fnspektorat, namentli aber die Ernennung des Kronprinzen Erzherzog Rudolf zum General- Jnfanterie-Fnspektor, hat nah Berichten, die uns aus vielen Theilen der Monarchie zugehen, ganz besonders in allen Schichten der Armee freudigste Erregung hervor- gerufen. Der Wirkungskreis des General-Jnfanterie-Jnspektors ist ein völlig selbständiger und unabhängiger. Derselbe kann wann immer und wo immer in der Monarchie unangemeldet zur Jnspizirung der Jnfanterie-Truppen erscheinen. És wird hierdurch in erster Reihe voraussihtlich eine einheitlichere Ausbildung der sämmtlihen Armee-Corps resultiren. Dem General-Znfanterie-Jnspektor untersteht niht blos die ganze «JInfanterie-Truppe, sondern auch die Militär-Shügenschulen und die Kadettenshulen; er hat außerdem in allen waffentechnishen Angelegenheiten der Fußtruppen ein ent- scheidendes Votum und selbstverständlih auch auf alle Er- nennungen und Avancements in der Jnfanterie maßgebenden Einfluß. Kronprinz Rudolf, dem als Amtsleiter der Kom- mandant des Stabsoffiziers: Kurses, General-Major Friedrich Holze, ferner zur Dienstleistung der bisherige Generalstabs- Chef der 25, Jnfanterie-Truppen-Division, Oberst-Lieutenant Albert Mayer, und ein oder zwei Subaltern-Offiziere zuge- theilt werden, beabsichtigt, hon Mitte April seine mit kurzen Unterbrehungen sich auf mehrere Monate erstreckende În- spektionsreise zu beginnen und wird wahrscheinli zuerst ein Corps in Ungarn inspiziren. Zum Leiter der 25. Jnfanterie- Truppen-Division wurde der Kommandant der 64. Jnfanterie- Brigade in Pest, General-Major Christianovics, ernannt.“
__ Großbritannien und JFrland. London, 26. März. (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung des Unterhauses machte der Schabkanzler. Goschen folgende Mittheilungen: In dem mit dem 31. März ablaufenden Finanzjahr be- trugen die Ausgaben 871/, Millionen, die Einnahmen 89/2 Mill. und der realisirte Uebershuß 2 165 000 Pfd. Jn dem Voranschlag für das kommende Jahr belaufen ih die Ausgaben auf 86/4 Mill, die, Einnahmen auf 891// Mill. ZUr Bestreitung der Ausgaben für Fortifikationen
und Kohlenstationen wurden die Zinsen der Suezkanal- Aktien verwendet. Den neu zu bildenden Lokal: behörden werden von 1889 ab 3/4 Mill. aus den Reichs- steuern überwiesen; bis dahin erhalten dieselben die Hälfte der Erbschaftssteuern, sowie den Ertrag verschiedener neu zu freirender Steuern. Unter leßteren ift eine solhe von 1 Pfd. Sterl. für jedes Luxuspferd und 5 Pfd. für jedes Rennpferd, ferner zum Unterhalt der Landstraßen eine Steuer für Fracht- wagen wie für leihtere Wagen. Außerdem beantragt der Budget-Voranschlag einen Stempel von 1 Schilling jährlih pro 100 Pfd. Sterl. für alle auf den Juhaber lautende Sicherheiten. Der Stempel für Shlußnoten wird auf 6 Sh. erhöht. Für die Ein- tragung aller Aktiengesellschaften soll eine Eintragungsgebühr von 1 Pfd. Sterl. pro 1000 Pfd. Sterl. Nominalkapital erhoben werden. Ferner wird für den in Flaschen importirten Wein ein neuer Einfuhrzoll von 5 Shilling pro Duzend Flaschen angeseßt. Die Einkommensteuer soll um 1 4d. reduzirt werden. — Das Budget fand eine im Ganzen günstige Aufnahme und Besprehung. Der beantragte neue Weinzoll wurde ange- nommen und die Debatte darauf vertagt.
Frankreich. Paris, 26. März. (W. T. B.) Der außerordentliche Abgesandte Sr. Majestät des Deutschen Kaisers, General-Lieutenant Graf von Alten, überreichte heute dem Präsidenten Carnot ein Kaiserlihes Hand- shreiben, in welchem der Kaiser für die Entsendung einer besonderen Vertretung bei den Beiseßungsfeierlichkeiten weiland Kaisers Wilhelm Seinen Dank ausspriht. Präsident Carnot gab bei Entgegennahme des Schreibens den aufrihtigsten Wünschen für die baldige und vollständige Wieder- herstellung des Kaisers Friedrich Ausdru.
— (Köln. Ztg.) Jn der gestrigen Sißung des Senats wies Chesnelong bei der allgemeinen Berathung des Budgets darauf hin, daß der wirklihe Fehlbetrag dur die zu machenden außerordentlihen Ausgaben 543 Millionen be- trage, die Aufrechterhaltung der obligatorishen Schulden- tilgung sei aber eine Nothwendigkeit, Federmaun wolle den Frieden, doch es genüge niht immer, den Frieden zu wollen, sondern man müsse auch zur Vertheidigung bereit sein und sich die Mittel bereit halten. Wenn der Augenblick eintrete, werde eine große finanzielle Anstrengung nöthig werden. Redner griff dann die Finanzpolitik der Regierung heftig an und verlangte, daß man aufhöre, nußlose Eisenbahnen und El:mentarshulen zu bauen. Die Finanzkrisis sei arg, es dürfte aber dem Lande niht noch eine Last von 270 Mil- lionen auferlegt werden, wohin die Fortsezung des jeßigen Systems jedenfalls führen würde. Es müße also gejpart und die Bestrafung des Betrugs nahdrückliher betrieben werden. Das Unterrichtsbudget von 50 Millionen müsse ermäßigt und zu dem Zweck eine Abänderung im Unterrichtsgesey vorge- nommen werden; fodann verlange er Reformen in der Ver- waltung und im Pensionsgesezs, um dadurch eine Ersparniß von 150 Millionen zu erzielen. Der Minister-Präsident Tirard entgegnete, es sei niht möglih, in das ordent- lihe Budget alle Ausgaben für das Kriegs- und Marine- Ministerium aufzunehmen. Die Fortschritte der Wisßen- schaft zwängen jeden Augenblick dazu, das Kriegêmaterial zu ändern. Er, Tirard, sei sehr für das Sparen, aber für Heer und Flotte könne er das Erforderliche niht abshlagen. Auch er sei für Herstellung der Schuldentilgung, für die jeßt blos 13 Millionen übrig seien. Jm Uebrigen bekämpfte Tirard Chesnelong's Beschuldigungen gegen die Finanzpolitik der Republik: dieselben seien niht begündet, eben so wenig die Klagen über das Unterrichtsgeseß. „Unsere Finanzlage“, {loß Tirard, „ist nicht so shlecht, wie Hr. Cheßnelong behauptet. Wir haben dem Lande das nöthige Werkzeug für die Armee gegeben, und das ist nothwendig, damit wir Vertrauen im Lande und Ahtung im Auslande haben. Jh hoffe, der Senat wird das vorgelegte Budget bewilligen.“ Die Berathung wurde hierauf vertagt.
— (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung des Senats erklärte Léon Say, die hauptsählihste Ursahe für die gegenwärtige Lage der Finanzen sei darin zu suchen, daß die republikanisch2 Politik auf Abwege gerathe. Es sei unbedingt nothwendig, zu einer gemäßigten Politik zurückzukehren. Der Senat müsse fi gegen eine Politik der Unordnung und der Vergeudung aussprechen. Die General-Debatte wurde hierauf geshlossen und die Etats der Finanzen, der Posten, der Telegraphen und der Justiz angenommen, so- dann wurde die Weiterberathung auf morgen vertagt.
Die Deputirtenkammer beshloß mit 290 gegen 170 Stimmen, einen Antrag in Erwägung zu ziehen, durch welchen die Ermächtigung zur Emission von Panama-Loos-Obli- gationen ertheilt werden soll, und genehmigte im weiteren Verlauf der Sizung den Geseßentwurf, betreffend die Orga- nisirung der Gebirgstruppen.
— Das Untersuchungsgericht vernahm heute Mittag den General Boulanger. Das Verhör desselben dauerte nur 10 Minuten. Die Entscheidung des Gerichts wird erst bekannt werden, nachdem dieselbe dem Präsidenten Carnot mitgetheilt sein wird.
— Jn dem vom Appellhof im Prozeß Wilson gefällten Erkenntniß wird die Handlungsweise Wilson's, sowie der anderen Mitbeshuldigten auf das Schärfste ge- tadelt, jedoch gleichzeitig hervorgehoben, daß die Frei- sprehung erfolge, weil auf die betreffenden Vergehen feine Bestimmung des Strafgeseßbuhs Anwendung finde.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 27. März. (W. T. B.) Der neue serbishe Gesandte Simitsch ist gestern hier eingetroffen.
Jtalien. Rom, 26. März. (W. T. B.) Telegramme aus Massovah an den Kriegs-Minister melden: Ras Alula sei am 24. d. M. mit einer Abtheilung des Heeres in Ghinda angekommen ; eine weitere Abtheilung be- finde sich auf dem Marsh von Gura nach Aideresco, 49 km südlich von Sahati. Von italienishen Kundschaftern werde angezeigt, daß heute in Sabarguma und bei Ailet feindliche Truppen angekommen seien, und daß sih zwishen Ambatocan und Fangus feindliche Kavallerie befinde.
Ueber eine angeblihe Beschießung des italie- nishen Kauffahrteishiffs „Solferino“ durch das
. französishe Mittelmeer-Geshwader meldet die „Ri-
forma“: Der „Solferino“ sei in den Gewässern von Villa- franca dem französishen Geshwader begegnet. Von leßterem sei auf den „Solferino“, weil derselbe ohne Flagge fuhr, ein Schuß abgegeben worden, der über das Vordertheil des Schiffs hinweggegangen sei. Der „Solferino“ habe darauf seine Flagge gehißt und salutirt; der Salut sei jedoh nicht erwidert, viel- mehr sei ein zweiter Shuß auf den „Solferino“ abgegeben
worden, der in der Nähe des Hintertheils des Schiffes vorüber: gegangen sei. Die „Riforma“ findet den ersten Schuß gerecht: fertigt, den zweiten aber weniger leiht erklärlih, vermuthet indeß, daß wahrscheinlih ein Jrrtzum die Ursache des zweiten Schusses gewesen sei. i :
Fürst Hazfeldt, außerordentliher Abgesandter Sr Majestät des Kaisers Friedrih an den Papst, traf heute Nachmittag um 3 Uhr hierselbst ein und wurde von dem preußischen Gesandten, von Schlözer, am Bahnhof empfangen.
Niederlande. Haag, 26. März. (W. T. B.) Das Ministerium hat seine Demission eingereitt.
Rumänien. Bukarest, 27. März. (W. T. B.) Anläßlich eines hier gestern abgehaltenen oppositionellen Meetings fanden tumultuarische Szenen statt. Die Menge versuchte den von den Gendarmen um das Königliche Palais gezogenen Kordon zu durchbrehen, wobei einige Verwun: dungen vorkamen.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 23. März, Der König hat, „Aftonbladet“ zufolge, nunmehr beschloßen, wenn keine unvorhergesehenen Umstände eintreffen, seine Reise nah dem Auslande einige Tage nah Ostern anzutreten. Das nächste Ziel ist Deutschland.
Dänemark. Kopenhagen, 24. März. Bei Beginn der heutigen Sizungen beider Thinge des Reichstages machten die Präsidenten die Mittheilung, daß der Minister des Aeußern ein Schreiben empfangen habe, in welchem der hiesige deutsche Gesandte im Auftrage des Fürsten Bismarck und im Namen des Deutschen Reichs- tages dem Landsthing und dem Folkething für ihre Theilnahme an dem Hinscheiden Kaiser Wilhelm's dankt. — Das Finanzgeseß für 1888/89 is nun- mehr, da beide Thinge an dem Standpunkt festgehalten haben, den sie dem Geseßgentwurf gegenüber ursprüng- lih eingenommen hatten, dem gemeinschaftliGen Reichs- tagsausschuß überwiesen worden. Das Landsthing wählte zu Mitgliedern desselben 13 Konservative und 2 Liberale, das Folkething 11 Liberale und 4 Konservative: mithin besteht der Ausshuß aus 17 Konservativen und 13 Liberalen.
Zeitungsftimmen.
Die „Danziger Allgemeine Zeitung“ äußert über den ersten Theil der Landtagssession:
Das Abgeordnetenhaus bat si am 21. März bis zum 11. April vertagt. Der biermit abgeschlossene erste Theil der Landtagssession war vorzugêweise der Berathung des Staatshausbalts-Etats gewidmet: von kleineren Entwürfen abgesehen, bot das Abgeordnetenhzus nod den Entwurf über den Erlaß der Wittwen- und Waisengeldbeitcäge und den aus der Anregung der nationalliberalen und korservativen Partei hervorgegangenen Entwurf der Verlängerung der Legislatur- periode fertiggestellt. Das Herrenhaus bat seinerseits letzteren ge- nebmigt sowie auch die bisher noch nicht vom Abgeordnetenhause in Berathung gezogene Kreis- und Provinzialordnunz für Stbleswig- Holstein durberathen und wird in diesen Tagen noch den zum 1. Apr1l fertig zu stellenden Staatshaushalts-Etat erledigen.
Groß ift der Umfang der somit abgewickelten parlamentarischen Aufgaben nicht. Aber es ist in Rechnung zu ziehen, daß das Ab- geordnetenhaus glei{zeitig mit dem Reichstage tagte und daß die Verhandlungen des leßteren das politishe Interesse in höherem Maß in Anspruch nabmen: dort stand, vom Etat abgesehen, das Soz alisten- geseß, die Verlängerung der Legislaturperiode und die Wehrvorlage zur Berathung, und überdies beherrshte die politische Lage, die sid in der leßtgedahten Vorlage, sowie in der großen Rede des Kanzlers vom 6. Februar widerspiegelte, so sehr Aller Gemüther, daß im Ganzen wenig Interesse für die Arbeiten des Abgeordnetenhauses übrig blieb. Dazu kam der {were Schlag, welcher die Nation mit dem Tode Kaiser Wilhelm's traf. Das alles übte einen Druk auf die Landtagsverhandlungen und blieb nit ohne Einfluß auf das Ergebniß derselben. Was speziell die Budgetberathungen anbetrifft, so gingen dieselben dieëmal weniger wie sonst in die Länge, Breite und Tiefe. Auch die günstige Finanzlage, welche in dem Staatshaué- halts-Etat ibren Ausdru fand, vecfehlte nibt einz gewisse wohlthätige Wirkung. Kamen bei der ersten Lesung au allerhand Wünsche wegen Verkürzung der Einnabmen, wegen Herabseßung der Gütertarife namentli für landwirtbschaftlihe Produkte, und von freisinniger Seite Klagen theils über die dur Besserung der Finanzlage angebli b nacträg- lich erwiesene Veberflüssigfeit der im Scmmer durcbaeführten Brannt- weinfteuerreform, theils über die „zu geringe Abschlagszahiung*“, weldbe in der auf 26 Millioren berehneten Entlastung gegenüber dec Mebrbelastung durch die Branntweiniteuer liegen soll, zum Vorschein, so baben die späteren Verhandlungen do das Anerkenntniß geliefert, daß jene Wünsche und Klagen eine wicklibe Berechtigung nitt batten. Die im Etat für die Erleichterung der Volksscullasten au8geworfenen 19 Millionen sind, obwohl das betreffende Gesey noch der Erledigung harrt, ebenso wie die Aufhebung der Relikten- beiträge, wie die außerordentliße Verminderung der Staaté- {huld von über 8 Millionen und wie die für die Aufbeferung der Gebälter der Geistliben auëgeworfenen Summen, und zwar in der- selben Höbe, wie die Vorlage sie beantragte, gutgebeißen worden: alle Versuche, aus der besseren Gestaltung der Finanzlage {on jeßt durch weitergehende Dotationen oder durch Herabseßung von Einnahmen Wechfel auf die Zukunft zu ziehen, sind gescheitert. Der Etat wurde in Einnabme und Ausgabe mit 1 410 728 921 Æ vorgelegt. er ist fast unverändert genehmiat worden.
Was im Uebrigen den Geist der Verhandlungen anbetrifft, so Fat es zwar au dieëmal nicht an Beschwerden und Wünscben der verschiedensten Art gefehlt, indessen bezeugen denn doch die Verband- lungen sowobl über den Etat, wie über die Verlängerung der Legis- [aturperiode, daß die Parteien, welche die politishe Unzufriedenheit gepachtet baben, in diesem Abgeordnetenhause einen starken Wider- stand an der großen nationalen Majorität finden, welhe allen gegen- theiligen Versuchen gegenüber für eine rubige und fahgemäße Be- bandlung der éffentlihen Angelegenheiten zu sorgen weiß, und bierfür gewiß auch in dem kommenden Abschnitt der Landtagssession sorgen wird.
— Der „Anhaltishe Staats-Anzeiger“ schreibt unter der Ueberschrift „Es geht bergab“:
. . . Zu keiner Zeit sind die Deutshfreisinnigen, die alte Fort- s@rittspartei, auf die Nationalliberalen so erbittert gewesen, als jet. Es giebt kein Shmähwort, womit man einen unredlichen Abtrünnizen beehrt, das nit seit Beginn der vollendeten Legiélaturperiode gegen die vielumworbenen Freunde von ehemals gebrauchßt worden wäre, und nov gebraucht wird. Das ist auch begreiflih. Seitdem die Nationalliteralen erfabren haben, daß sie im Bündniß mit den beiden tonservativen Parteien frubtbringend und beilsam für das Vaterland arbeiten fönnen, steht dieses Bündniß bei ihnen fest, um so fester, alé sich vieler derselben ein Widerwille gegen das Gewerbe der politischen und sozialen Brunnenvergiftung bemähtigt hat, das seit der Verquickung der „wirklih Liberalen“ mit den Sozialdemokraten einer“ seits und mit den Ultramontanen andererseits von den echten Fort- \chrittlern betrieben wird. Die Nationalliberalcn aber wissen, daß diejenigen Sichten der Bevölkerung, denen sie ibr politisches Man- dat verdanken, für ihr Zusammenarbeiten mit den konservativen Par- teien ein volles Verständniß haben, und daß es den Deuts{hfreisinnigen
bis jeßt unmögli gewesen ist, die öffentliche Meinurg über ihr poli- tisches Handeln zu verwirren; auch dürfen fie aus vielen Anzei®ben hoffen, daß das Verständniß für politisde Dinge im Volk so bleibt; hauptsächlich aber ift eine dauernde Loëfagung derselben von der Fort- schrittépartei darum anzunehmen, weil es si immer deutlicher und schärfer herausstellt, daß die Geister auf beiden Seiten, der national- liberalen und der frelfinnigen, verschieden geartet sind. Je ernster die auêwärtige und die innere Lage des Vaterlandes geworden ist, desto mehr hat si diese Verschiedenheit der Denkungsart gezeigt. Auch diese Wahrnehmung kann nur den Haß der Fortschrittépartei steigern. : L i E 2
Nichts desto weniger wird die soziale Reform Boden fassen — und, soweit €s menshenmögli ist, das Glück der Armen zu gründen suchen. L l B A
Aber troy aller bämishen Wißeleien Richters und seiner frei- sinnigen Genoffen über die „Pfennigrentner“ wird si doch der groß- artige Zug des ganzen fozialreformatorischen Unternebmens au im Volk immer mehr geltend maben, uvd der Kaiser Friedri so gut al Sein unvergeßlicher Vater Wilbelm immer mebr, wie die preußi- {en Könige von je, als der Anwalt der Armen und Gedrütten er- fannt werden, wenn von zwêlf Millionen deutsber Arbeiter die drücckendsten Sorgen, welche Alters- und Erwerbzunfähigkeit mit si bringt, genommen werden. Das ungeheure Werk mag auf den ersten Anlauf nicht ganz gelingen; wie könnte eine so weit- greifende Verwaltung mit ihren Sciedégeribten, ihrer Ar- beitervertretung, ihrer Geschäftsordnung, beim Mangel aller Erfahrung sofort und obne alle Feblariffe sicher arbeiten! Troy alledem wird die Nachwelt staunen, wie über diese ganze soziale Reform, fo insbesondere über die kurze Zeit, in welcher fte troß aller erdenklihen Hindernisse von Seiten der Gegner in ihren wesentliden Grundzügen fertig gebracht und in Thätigkeit gesetz worden ist. Noch find es nit sieben Jabre ber, daß an jenem 17. Novemker die Botschaft des Kaisers Wilbelm Seinen Wuns und Willen in Betreff einer sozialen Reform dem deuten Volk verkür. digte, und \Gon ist das große Werk zu einem wihtigen Abs&luß gekommen. Der deutsche Arteiter wird für die Zeit seines Alters ein Recht auf eine Rente haben, für wel&e Kinder und Angehörige und ebenso Fremde ihn mit Freuden in ibrem Hause aufnehmen. Beson- ders aber, wir weisen darauf no einmal bin, läßt sich der Einfluß auf die ganzen fozialen Verhältnisse. so z. B auf das des Landlebens, gar nickt genug ermessen, wenn sich die Invaliden der Arbeit und unser Arbeiter in ibren späten Tagen entschließen, ihren Aufenthalt aus den Städten aufs Land zu verlegen.
An dieser großen Reformarbeit baben die Nationalliberalen aufs Treueste mitgebolfen; fie baben mitgebolfen in dem Bewußtsein, daß, wie neulih der Abg. Oechelbäufer bervorbob, eine folbe Reform noH zu keiner Zeit und bei keinem Volke in folchem Umfange in Angriff genommen worden ift als wie von der Regierung des Deutschen Reichs. Dagegen hat ter Fortschritt bis jeßt ron Anfang an scine Aufgabe darin gesehen, dem großen Werk hindernd in den Weg zu treten. Auch hier stehen die Freisinnigen auf dem Standpunkt Bebel's, der die Sozialreform des Deutschen Reichs eine staatssozialistisGe Maëke nennt. Wenn aber die arbeitenden Klassen endli, wie zu hoffen steht, troy aller Agitation erkennen, daß dur die Fürsorge der Re- gierung bei Unfall und Krankheit, bei Invalidität und im Alter die \chwerste Noth acbannt worden ist, daß dagegen der Freisinn nur Steine bot statt Brot, dann werden diefe Herren wobl auf all ibren lârmenden Spuk noch mebr als bisber den Ruf zu hören bekommen:
In die Ee, Besen! Besen! Seid’s gewesen!
Derselbe Spruch ift dem Freisinn oder Forts{ritt zu Theil geworden, als er dem Schutzzoll mit Heftigkeit gegenübertrat und dabei auf Englands Beispiel pochte.
Die Ersceinungen, die in Deutschland zur Einführung der Scugtzollpolitik führten, traten ni&t mit einem Male bervor, sondern fie zeigten fi in ihren Anfängen {on lange, bevor se allgemein bemerkt wurden. In einzelnen Erwerbézroeigen traten die ver- derbliden Folgen der Freibandelévolitik früher berzcr als in anderen, în man§den stärker und in manchen s{wägter. Es giebt aber wobl nur wenige Produktions;weige, die ni&t schließlich doch die Sbutzölle für nothwendig gekalten baben und denen dieselben nicht nüßten. Blicken wir uns nun in Europa um, so finden wir, daß nit allein in Deutsland die Umwandelung der Anschauungen zu Gunsten des Schutzolls ßch zwar langsam, aber unaufhaltsam vollzog; in den meisten arderen Staaten, so namentli in Franfreid uxrd Oesterrei, war die Freihandelévartei nit so stark und fand inébesondere nit den Rücbalt an der Regierung, wie in Deutsckland, und aus dem Grunde voll:0g sch die Ummwandelung der freibändlerischen Anschauungen und die Rückehr zum Schutzoll in jenen Ländern früher als bei uns.
Unter allen europäisden Staaten ist es {ließli nur England, das der Matt der. Verhältnisse bis jeßt widerstand, in dem der Freißbandel aufrecht erbalten wurde. Indeß ist der Zwang der Ver- bâltnifte fo stark, daß auch England sich dem nit entziehen fanr, die Anbäânger des fair trade in England gewinnen von Tag zu Tag mehr Boden. Die Hochburg des Freibandels, der Cobdenclub, seht das mit Schaudern und ruft alle seine Kämpen auf zum Kampf gegen die Macht der Thatsachen, die zu Gunsten des Schutzolls sprecen. Dieser Erkenntniß können fich selbt so streng freibändlerische Organe, wie es die „Volkêwirtbscaftlibe Wochenschrift“ ist, nicht ver- \{licßen, und der Mutb der Mancesterpartei sinkt dermaßen, daß aus ibren Kreisen Klagelieder ertönen, die an Elegic kaum zu über- treffen sind. Anknüpfend daran, daß der Cobdenclub die Mede des Sir Lyon Playfair, die dieser in Leeds über das Thema „Schutzoll und Landwirthschaft“ gebalten bat, versendet, bezeichnet es das ge- nannte Blatt als eine traurige Wandelung der Zeiten, daß in England überhaupt Veranlassung geboten ift, über ein derartiges Thema zu sprehen. Vor 10 Jabren bätte man dies für absolut urmögli gehalten, beift es, und Jeder wäre verlabt worden, der die Meinung ausgesprochen hâtte, es fönne ch in England wieder einmal die Notbwendigkeit ergeben, den Protektionismus zu bekämpfen. Es ist aber doch so gekommen. Und an einer anderen Stelle heißt es: „So kam es, daß auc auf dem fkla’sischen Boden des Freibandels, in jenem Lande, welches gerade dem rechtzeitigen Erkennen der Segnungen einer wirklichen Freibandelétpolitik und der resoluten Durch{führung der letzteren seinen enornien wirthschaftlihen Aufs{wung verdankt, die zuerst einzeln ertônenden und bei ibrem Auftaucen mit mitleidigem At&selzuken entgegengenommenen Rufe einiger bedrängten Landtwirtbe und Gewerbsleute denn doch unter den torystis{en Partciführern Ver- tbeidiger fanden, welch leßtere für den von der öffentlihen Meinung Englands einhbellig (!!) verurtheilten Protefktionizmus den sanften und zarten Namen „fair trade“ ersannen.“
Aus diesem Erguß geht das Anerkenntniß hervor, daß die un- leugbaren „Segnungen des Freibandels*" au in England, also in dem Lande, das thatsäclih wie kein anderes Vortheile vom Frei- bandel gezogen bat, nicht mebr vorhanden sind. Die Annabme, daß nur das Wort fair trade der Sache Anhänger zufübre, ist denn doch gar zu naiv, um ernst genommen zu werden, und so bleibt denn nichts Anderes übrig, als daß die si „verbreitende“ Meinung, daß die Idee ni&t ganz „auésihtélos sci*, die Folge ter Verbältnifse ist, die im Laufe der Zeit sid so verändert haben, daß auc für England der Freibandel nit mebr zeitgemäß ist. Eine bessere Nechtfertigung der Séugzollpolitik unserer Regierung kann es aber nit geben.
In Anbetracht der Ursachen, die den Verfall der Freihandels- politik bedingen, erkennen au die Anbäncer Cobdecn's ganz gut, daß dies in erster Linie die ungeheure Konkurrenz ift, die Indien und
merifa der Landwirth\caft der alten Welt machen. Sodann aber wird Seitens des citirten Wiener Blattes auf das fortwährende Steigen der Zollstanken auf dem europäischen Kontinent hingewiesen, welches groëen Mengen britiscer Industrieprotukte gewohnte Absatzwärkte vetschlofß, oder ibnen wenigstens den Absatz dabin wesentlich erschwerte ; daraus entstand Ueberproduttion und Preisfall, so daß vielfa die Arbeit eingesckränkt werden mußte, und große Mengen von Arbeits- lrâften um die Gelegerbeit ihres Lebenéuntcrhaltes gebracht
wurden. Der Druck geschäftliGer Depression lagerte sich auf das Land und der Ruf nach Abkbülfe wurde rielfah börbar. Hier be- gegnen wir wieder der Anschauung, daß dem Freibandel zu Lieve Thür und Thor ofen gebalten werden muß. Je \ch{neller die Krisis ein- tritt, desto besser ift es nah Ansidt der Manesterpartei, denn desto besser wird si die „Anpafsung* vollzogen baben. Das ift nun ein barter S{&lag, daß man auch in England die Anpassung nit ab- warten will, sondern lieber zu dem alten abgelegten Rock der Schußz- zollpolitik greift, um damit den Volkêwoblstand zu {üten. Wir haben ibn ja gottlob {on seit 1879 angezogen, und wenn er auc troß aller Reparaturen hier noch drückt und dort noch Löcher zeigt, allmäblid werden wir ihn gewiß in einen Zustand verseßen, daß Jeder si darunter woblfühlt. : 5
So könnte man noch eine Reibe von Gesetzen anfübren, deren beftigster Gegner der oppositionelle Fortschritt war und ist, und die doch bereits fegensreihe Folgen gehabt haben, fo daß der Freisinn in fast allen feinen Bestrebungen und Bemühungen durch den Gang der Zeitgeshicbte dementirt worden ist.
Der Freisinn ist so kühn, daß er glaubt, es sei für ihn eine neue Aera angebrochen, aber das Deutsbe Reih kann die ewigen Neinfager und die Opponenten aus Prinziv (ni§t aus satlicer Ueberzeugung) aub unter Kaiser Friedrich's Regime nicht gebrauchen ; sie sind auf lange Zeit hinaus, wie das Volk sagt, falt gestellt und mit ibren Hoffnungen geht's stetig bergab!
Statistische Nachrichten.
NaDH der vom Königlih bayverishen Justi; - Ministerium ver- öffentlihten Statistik der Civil- und Strafrechtspflege i Königreih Bayern für das Jahr 1886 betrug im Beribtsjabr bei den Amtsgericbten die Zabl der anbängigen Prozesse 9 Zwaugsverfteigerungen 8972, der Konkursverfahren 921. Vei den Landgerihten waren 11 195 ordentlichwe Prozesse, 415 Wecb'el- prozesse, 227 sonstige Urkundenprozesse, 505 Chesahen, 16 Ent- mündigungen und 1605 Anträge auf Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung ankbängig. Die Prozesse bei den Landgerichten zeigen scit mehreren Jahren eine Abnahme. Die Ober- Landeëgericbte batten als Berufungs-Instanz 1318 Fälle von bürger- [iden Recbtsstreitigkeiten zu erledigen. Das Armenre§t wurde in 11 596 Fällen zugestanden. Ferner waren im BVerichtsjabr zu er- ledigen : 464024 Hvpothbekengeshäfte, 70595 Pflegshaftcn und 42 721 Verlaßsenscaften. — An Verbrecken und Vergeben sind feit dem Jahre 1872 bei den baverischen Geri®bten durbschnittlih jährli 70278 zur Aburtbeilung gekommen. Uebertretungen wurden im Jabre 1886 271 373, Foritrügesahen 130 164 (davsn 88 °/9 Forstfrevel) abgeurtheilt. Die Diebfstahlreate baben der Zahl nah abgenommen, die Fälle von Betrug, Vergeben gegen die öffent- liche Ordnung und Beleidigung dagegen zugenommen. — In den baverishen Strafanftalten befanden sich Anfang des JIabres 1886 6869 Gefangene (5978 männliche, 891 weiblibe), in den Gerichts- gefängnifen 3340; die Zabkl der Zuchthausgefangenen betrug 3597, die der Gefängniffträflinge 3272.
Kunft, Wissenschaft und Literatur.
Kulturgeschichtlich{es Bilderbuch aus drei Jahr- bunderten. Herausgegeben von Georg Hirth. München und Leipzig. Verlag von G. Hirth. V. Bandes d. Lieferung (des ganzen Werkes 53, Lieferung). Preis der Lieferung 2,40 Li
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Diese Liefe- rung bietet dem Kunstliebhaber zunächst eine ganze Reibe beliogravbi!ch facsimilicter großer und kleinerer Landschaftsstudien von Jacob Ruvsdael, unter jenen das untcr dem Titel „Der Sumpf im Walde“ bekannte Blatt, unter den kleineren das „von Bäumen umgrenzte Feld“, sowie ferner die sorgfältige Reproduktion ciner eigenbändigen Radirung von der Hand des Meisters und eine Anzabl Dorf- und Stadtansiten, meist mit Flüssên und Brücken, aus Holland. Ferner sehen wir Landschaften mit Genrestaffage von Thomas Wyck, Breen- berg und Mauperé Aldert van Everdingen ist dur eine Serie vortreffliher fleiner Landschaften sowie eine Auswahl von 17 Blättern aus seinen Komvositionen zum „Reinecke Fu8* vertreten. Weiter finden wir in der Lieferung das charakteristisbe genrehafte Selbftporträt von Gerard Dew, welches den bekannten Künstler am Fenster die Violine spielend darstellt (nach dem s{önen Sti von Ingouf) fowie desselben Künstlers anmuthige „Strickerin“, ferner Genrebilder von SBerard Ter-Borch: ein „bolländii&er Arzt* (einer Dame Rath ertbeilend), die „trinkende Dame“, den „Liebesbrief“, und von Jan van Steen die „eingebildete Kranke“, Auch die Bildnif- malerei ist repräsentirt, und zwar durch ein Porträt Lud- wig's XIY. von Nicolas Migrard und das Bildniß des Papstes Alexande? VII., von Pierre Mignard.
— In G. Hirtb's Kunstverlag zu München und Leipzig erschienen ferner: „Albrech{bt Dürer's Rand- zeimhnungen zum Gebetbucb des Kaisers Marimilian I.:
: C e e. 1) E c E S A k die erste auf photographis{em Wege hergestellte Facsimile-Au8gabe 7 N If 5 D. 101M 110 Y B s n R der berühmten Dürer'shen Randzeicnungen, deren Originale si in L
der Königlih Bayerisben Staatë-Bibliothek befinden. Angefügt find derselben jene §8 Randzeihnungen in demselben Bube, welce in der Regel Lucas Crana zugeschrieben werden. Die ganze Publi- kation umfaßt 52 Blätter in Buchform (groß Folio, feines Bütten- papier, vierseitig bedruckt, Pr. 15 #z; Liebhaber- Ausgabe auf feinstem Velin-Büttenpapier 20 4). Da ih diese kerrliben Dürer'sden Randzeichnungen wie kein anderes Ornamentwerk als til- vcelle Umrabmungen für sinnige und festliche Aufscreibungen eignen, so kat der Hirth'sce Verlag dasselbe Werk au unter dem Titel Haus - Chronik“ ausgegeben. Für die Zwedcke eines ftilvollen „Stammbuches“, fei es daß darin eine Familienronif oder Erinne- rungen an Freunde ibren Plat finden ollen, dürite \{werlich ein reicerer, glei fünstleriswer Schmudck zu finden sein. Diese Ausgabe ist auch mit leeren Blättern durchs{chossen. (Pr. brocirt 16 4, in Schweinéleder gebunden 30 #, auf feinstem Velin-Büttenpapier je 6 M mebr.) E
—Situngsberichte der KöniglihPreußishenAkademie der Wissenshaften zu Berlin. Berlin, Verlag der K. Ak. d. W.; in Kommission bei Georg Reimer. — Das Dopvelhbeft 53, 54, vom 22, Dezember 1887, wird eingeleitet dur eine interessante Ab- bandlung von E. Zeller, über den Begriff der „Tyrannis*“ bei den Griechen und die Wandlungen, weltbe derselbe bis auf die Neuzeit durchgemacht hat. Sodann bietet K. E. Zachariae von Lingaenthal unter der Ueberscbrift „Die Synopsis Canonum“ einen werthvollen Beitrag zur Geschichte der Quellen des kanonishen Rechts der griedischen Kirhe. Voa Ernst Curtius enthält das Heft geist- volle „Studien zur Gesdihte der Artemis*, welhe über den Ursprung und die geschihtlihe Weiterbildung dieser Göttergestalt neues Licht verbreiten. Daran cet Q ferner die Fortsezung der von A. Kirbhoff besorgten Interpretation der Inschriften, welhe man neuerdings auf der Akropolis zu Atken gefunden bat und die in die Zeit nah dem Iahre des Aron Eukleides zu seßen sind. Dr. Karl Schuchbardt erstattet einen vorläufigen Be- rit über seine im Auftrage der Generalverwaltung der Königlichen Museen und der vhilosophis{-bistorishen Klafse der Akademie unter- nommene Bereisung der pergameniscen Landschaft (vorgelegt von Hrn. Conze). Hierauf folgen drei Mittheilungen über alte und neue Holco- thurien - Arten, von Prof. Dr. Hubert Ludwig in Bonn (mit einer Tafel Abbildungen). Endli ist in dem Heft die Adresse abgedruckt, welche die Akademie an ibr Mitglied aus der philoscvbi\H-bistoriscen Klasse, Hrn. Carl Immanuel Gerhardt in Eisleben, aus Anlaß; der Feier seines ö0jährigen Doktor-Jubiläums (am 23. Dezb. 1887) gerichtet bat. — Ein besonderes Heft enthält Titel, Inhalt, Namen- und Sat- register für den ganzen Jahrgang 1887 der Situngsberihte. — Die „Sißungsberibte der Königlich Preußischen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin“ erscheinen (in Kommission bei Georg Reimer, Berlin) in wötentlihen Heften vos großem Oktav-Format zum Preise von 12 Æ für den Jahrgang. Von der Akademie werden die Sigtzungsberichte in einzelnen Stücken regelmäßig Donnerstags, acht
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Tage nah jeder Sißung ausgegeben. Die sämmtlichen zu einem Kalenderjahr gebörigen Stücke bilden einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einz?lnen Stücke erhalten außerdem eine dur den Band obre Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende rômische Ordnungénummer, und zwar die Beribte über Sißungen der phbysikalisch- mathematisGen Klasse allemal gerade, die uber Sitzungen der philofopbisch - bistorishen Klatte ungerade Nummern. Jeden Situngsberiht eröffnet eine Uebersiht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenshaftliben Mittheilungen und über die zur Veröffentlihung geeigneten geschäftlihen Angelegenbeiten. Darauf folgen die den Sigzungsberihten überwiesenen wisenschaft- liden Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sizung, zu der das Stü gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früberen Sißungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gebörigen Stücken nicht erscheinen konnten. Das Verzeibniß der eingegangenen Drucksriften wird vierteljährlich ausgegeben. — Außerdem wird, um dem matbematisch-naturwissens{chaftliken Leserkreise den ibn näber inter- essirenden Theil des Stoffs der „Sigzungsberichte“ in bequemerer Form darzubieten, ein Auszug aus diesen Berihten bergestellt und unter dem Titel „Matbematishe und Naturwifsen)chaft- liche Mittheilungen aus ten Situngsberihten der König-
lid Preußishen Akademie der Wissenschaften zu Berlin* berauëgegeben. Diese Sonderausgabe (welchbe eben‘alls bei Georg Reimer in Kommission ersheint, Preis des Jahraanas 8 ) entbält sämmtliche Arbeiten aus dem Gebiet der reinen Mathematik wie aus dem der theoretischen, erverimentellen und beobabtenden Naturwifen- schaften in vollständigem Abdruck, welhe in den Situngen der Akademie, von deren Mitgliedern oder fremden Verfaern mitgetbeilt,
L 1 S5 1h S L î ck 5 a ck " Ton (Roli in die Sißungsbkerihte aufgenommen wurden Auch demselben Gebiet
angebörige ge\chäftlibe Berichte, Preis-Auf und -Ertheilungen, Adrefsen. Reden und deral. mebr Plat. Die „Mit- theilungen“ erscheinen in Monatébesten, welche jährli® cinen Band ausmachen.
— Wege und Ziele für die tirGlidwe Arbeit dex Gegenwart von E. A. von Göler. Gotha, Friedr. Andr. Perthes. 1888. (Preis 80 t), — Es ist ein Suchen und Frager nach den reten Wegen und Zielen unserer Kirche in weiten Kreiten. In der Prefse, in Bros{üren und Versammlungen wird die Frage na dem, was der Kirbe in unserer Gegenwart Noth thut, auf- geworfen und in allerlei Weise beantwortet. Eine auf eindringendem
U 1 der Geschichte und religisfem Verständniß berubende Ant- nort giebt Frbr. von Göler in obiger Bros&ü
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d ; Bau des Reiches in unserer Kirhe. Von K. Pirscher, Pastor. Gotha, Friedr. Andr. Perthes. (Preis: 1,40 #4). — Die vorliegende anregende Schritt bewegt G kit in den ausgefabrenen Geleisen unseres Parteilebens. Sie will vielmehr für die Lösung unserer kirhlibst:n Aufgaben neue Wege bei uns bahnen. Der Ver- fasser ist ein Bibeltheologe aus der Schule des verstorbznen Professors
ie geistlihe Vertiefung unserer
Beck in Tübingen. und sein Ziel ift die e
Sanitäts-, Veterinär- und Q.uarantänewesen.
Spanien. Laut Verfügung des Königlich spa undheitzamts von 12, März 1888 sind die Provenienzen aus dem Golf von Guayaquil (Republik Ecuador), welde mit unreinem Patent eingeben, als ver- seu@t zu bebandeln, in den spanishen Häfen ciner Quarantäne zu unterwerfen, wie sie für Provenienzen aus Ländern, in denen das gelbe Fieber berrs{cht, vorgeschrieben ist Rußland. In dem Dorfe Karczew (Gouvernement Warschau) ift die Rinderpest erloschen.
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Nab einem in der „Gaceta de Madrid* veröffentliBtcn Erlasse des Königlich spanishen Ministers des Innera vom 7. März d. F. ist die Einfuhr von Sbweinen und Wurstwaaren aus Frankrei na Spanien nur gestattet, wenn dur ein von einem ivantshen Konsul ausgestelltes UrsprungSzeugniß nabgewiesen wird, daz die gedadten Thiere und Waaren niht aus dem ODcpartement der Rkonemün-
dungen stammen.
Gewerbe und Handel.
Der Einlösungscours für die bier zahlbaren Dester- reihishen Silbercoupons ist auf 160,25 c für 109 F Oesterr. Silber erhöht worden.
— Die „Gewerbehalle“ (Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunstindustrie, unter Mitwirkung bewäkrter Fahmänner redigirt von Ludwig Eisenlobhr und Carl Weigle, Artbitekten in Stuttgart ; Verlag von F. Engelborn ebendaselbst) bietet in ibrem
s ( ; h Cx - Q \ 2907 # 7 . it » neuesten Heft (4., 26. Iabrgangs 1888) ¿wei in Farbendruck reprodu-
zirte, \{mwungvoll erfundene dekorative Flacreliefs von einem alten Chorge!tüßl (Originale im Königlich Barverishen National- Museum zu München, aufgenommen von Hugo Kößhle in Memmingen). Ilnmittelbar praftisch und vielfältig verwendbar sind die auf einem anderen Vlatt des mitgetheilten, reizvoll verzierten Inschrifttafela und Wavpensc aus den Renaiffance - Paläften von Bolozna, Pisa und Venedig (aufgenommen von Professor Franz Sales Meyer in Karlsruhe). An neueren Erzeuant?sen deutsGen Kunstgewerbfleißes verans{auli&t die Nummer zu- nâhst einen Kredenztisch ( Renaissancestyl) aus dem den Hauptstüken nach Bereits publizirten Ebrengeshenk für die
Universität Heidelberg, entworfen vom Direktor W. Bubeck in Basel, ausgeführt von dem Screiner W. Hartmann, Holzschnitzarbeit von L. Bürgi daselbst. Dann seben wir ein ¿war nicht so reich wie die älteren unübertrefliGen Schmiedearbeiten gestaltetes, aber immer- bin recht ges{mackvolles Gitter aus dem Königlich Bayeri! cen National-Museum in Münden, entworfen von Professor Rudolf Seit, auêgefübrt vom Königlichen Hof-Kunstschlosfer D. Buß daselbst. Styvlistish ungemein sorgfältig und g r die shônen Entwürfe zu Gla8gemälden für einen zisesaa deutshen Renaissancestyl von A, R. Grünenwald in München. Auch eine neue Kollektion von anziehenden Zeichnungen zu Shmuck- gegenständen von dem erfindungsreihen L. Beschor in Hanau bringt die Lieferung. Die moderne Pariser Möbelindustrie endlich if durch eine Reibe von Sißmöbeln (entworfen und ausgeführt von Mazaroz-Ribalier in Paris) vertreten, in welchen die verschiedenften älteren Formen geschickt neu variirt ersbeinen. — Auch diese Lieferun enthält außer den Mustertafeln eine Reihe von Aufsäßen und Notizen kunstgewerblichen und technologischen Inhalts, z. B. über Fortschritte in der Galvanoplastik, über die Anwendung von Wasserstoffsuperorvd zum Bleichen von Holz, über die von der Berufêgenossen\haft deutscher Brauer angeregte allgemeine deutshe Ausstellung für Unfall- verbütung 2c.
— Die „Rkein.-Westf. Ztg.“ berihtet vom rbeinische-west- fäliswen Metallmarkt: Die Lage des rhbeinish-westfälischen Eisenmarktes ist noch immer eine durchaus befriedigende, wenn aud in der legten Woche das Geschäft für einige Artikel etwas stiller war. Die Tendenz der Preise ist dabei eine durchaus feste geblieben. Das Geschäft in einbeimis{en Eisenerzen ist unverändert lebhaft. Auf den Gruben im Siegerlande wird anstrengend gefördert und die geförderten Quantitäten finden s{lanken Absaß. Für die nassauischen Rotheisensteine ist die Nacfrage eine so rege, daß die Gruben den Bedarf kaum zu decken vermögen. Die Preise für nassauische Erze haben infolge der günstigen Konjunktur in leßter Zeit wieder etwas angezogen. Die Preise für Siecgerländer Erze haben si seit unserm leßten Beridte nit geändert. Auch die Luremkburger Erze sind in lebbafter Nabfrage und bebaupten ibre Preife fest. Jn Roheisen ist im Allgemeinen das Geschäft etwas stiller geworden, da der Bedarf für das 2. Quartal bereits in den meisten Fällen gedeckt ist. Spiegeleisen ist im Ganzen und Großen seit unserem leßten Berichte unverändert; während die inländische Nafrage rege ist und der Preis sich fest behauptet, ift die Natfrage vom
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