1908 / 229 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Sep 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Tann - sie durch jeden approbierten Tiecarzi vorgenommen werden. Für rechtzeitige Beiziehung des Tierarztes haben die Tier- besiger Sorge zu tragen. Die Kosten der tierärztlihen Untersuchung fallen dem Tierbesißer zur Last. TI

| Alle der gegenwärtigen Verordnung entgegenstehenden

früheren Vorschriften werden aufgehoben, insbesondere die Ver- ordnungen vom 31. Zuli 1900 TV. 7969/TII. 10 370 Zentral- und Bezirksamtsbl. A. S. 215 und vom 17. Januar 1908 TIV. %1/TT1. 640 Bentral- und Bezirksamtsbl. A. S. 32.

I. Gegenwärtige Verordnung tritt sofort in Kraft. Straßburg, den 19. September 1908. Ministerium für Elsaß-Lothringen.

Abteilung für Landwirtschaft Abteilung für Finanzen, und fentliche Arbeiten. Handel und Domänen. Der Der Ministerialdirektor.

Jn Vertretung:

Jacob.

nterstaatssekretär. Jm Auftrage: Cronau.

Königreich Preußen.

SeineMajestät der König haben Allergnädigst geruht :

den Geheimen Finanzrat und vortragenden Rat im Finanzministerium Noelle zum Geheimen Oberfinanzrat,

den Polizeipräsidenten von Glasenapp in Rixdorf zum Landesdirektor der Fürstentümer Waldeck und Pyrmont mit dem Amischarakter als Präsident und unter Verleihung des Ranges der Räte dritter Klasse, i

den Landrat Becherer in Hadersleben zum Polizei- präsidenten in Rixdorf und :

den Kreisamtmann von Hundelshausen in Pyrmont zum Regierungsrat zu ernennen,

den Polizeisekretären S Meyer und Hermann Haegemann in Magdeburg den Charakter als Kanzleirat zu verleihen sowie g

der Wahl des Oberlehrers an dem Realgymnasium nebst Realshule in Harburg, Professors Friedrih Wolf zum Direktor dieser Anstalt die Allerhöchste Bestätigung zu erteilen.

Nachdem durh die Runderlasse vom 24. Juni 1907 1. 10963 und vom 18. Juli 1907 I. 11986 die vierteljährlihe Zahlung von Unterstüßungen an aus- eshiedene Beamte bereits für die Bezüge aus den Fonds Ünp, 62 Tit. 7 und 9 angeordnet worden is}, wird g diese Zahlungsweise auch auf die aus den Fonds Kap. 62 Tit. u zahlenden fortlaufenden Unterstüßungen an pensionierte eamte ausgedehnt. . Eure Saeltahtoi ersuchen wir, solche Beträge vom

1. Oktober 1908 ab vierteljährliÞh im voraus mit der AiN eni on zugleich zahlen zu lassen, es sei denn, daß

nftig im einzelnen Falle eine andere Zahlungsweise aus-

drücklich vorgeschrieben werden sollte.

Die unter vorstehende Anordnung fallenden Zuwendungen, deren Zahlung innerhalb eines Kalendervierteljahrs beginnt, find künftig bis zum Schlusse dieses Vierteljahrs in einer Summe und demnächst weiter in vierteljährlihen Beträgen im voraus zu zahlen. : i

Für den Fall des Ablebens des Empfängers im ersten oder zweiten Monat des Vierteljahrs wird allgemein, insbesondere auch hinsihtlich der bereits laufenden Ünterstüßungen, für welche andere Zahlungsancrdnungen getroffen sind, davon ab- gesehen, die im voraus gezahlten Brträge für zwei bezw. einen Monat anteilig wiedereinzuziehen, flbit wenn Hinter- bliebene nicht vorhanden sein Follten, denen aus eben- denselben Mitteln Unterstüßungen gewährt werden könnten.

Die aus Kap. 62 Tit. 6 zu leistenden Zahlungen an Hinterbliebene erfolgen nach wie vor in nionaitichen Be- trägen.

° Berlin, den 31. August 1908. :

Der Finanzminister. Der Minister des Jnnern.

Im Austrage: Jn Vertretung : Halle. Holt.

An sämtliche Herren Oberpräsidenten und Regierungs- präfidenten sowie an den Herrn Präsidenten der Königlihen Ministerial-, Militär- und Bau- kommisfion.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Der als N ar cter im Ministerium für Handel und Gewerbe beschäftigte Gerichtsassessor Dr. jur. Hense ist unter einstweiliger Belassung in dieser Beschäftigung zum Bergwerks- direktor und Mitglied der Bergwerksdirektion zu Necklinghausen ernannt worden.

Ernannt sind: 4

der Bergrevierbeamte, Bergmeister Dr. Brunzel zu Saiten zum Bergwerksdirektor des Steinkohlenbergwerks Sulzbach,

Par Bergrevierbeamte, Bergmeister Bellinger zu Königs- hütte zum Bergwerksdirektor des Steinkohlenbergwerks Göttelborn,

der Berginspektor Fähndrich zu Obernkirchen zum Berg- werksdirektor des Steinkohlenbergwerks Heiniß bei Saar- brüden,

der Bergassessor Althoff zum Berginspektor der Gesamt- steinkohlenbergwerke bei Obernkirchen,

der Bergassessor Adolf Dobbelfstein zum Berginspektor bei dem Steinkohlenbergwerk am Deister.

& Ministerium der geiftlichen, Unterrihts- und Medizinalangelegenheiten.

Am Lehrerseminar in Paradies ist der bisherige Prä- parandenlehrer Feldotto aus Meseriz als ordentlicher Seminarlehrer angestellt worden.

Dem Königlichen Marsftalloberftabsveterinär Dr. Paul Toepper zu Berlin ift das Prädikat Professor beigelegt worden,

beabsichtigen oder um ein akademishes Stipendium

Bekanntmachungen. L

Das bevorstehende Studienhalbjahr insérer Universität nimmt mit dem 15. Oktober d. J. seinen geseßlihen Anfang. Indem wir dies hierdurch zur allgemeinen Kenntnis bringen, machen wir diejenigen welche die Absicht haben, die hiesige Universität zu besuchen, darauf aufmerksam, daß sie sich pünktlih mit dem Begirine des Semesters hier einzufinden haben, um \sich dadur vor den Nachteilen zu be- wahren, welche ihnen durch das Versäumen des Anfangs der Vor- lesungen erwachsen. Jn Ansehung derjenigen Studierenden, welche auf Grund vorschriftsmäßiger Dürftigkeitszeugnisse die Wohltat der Stundung des Honorars für die Vorlesungen in pru g teben

ewerben wollen, bemerken wir, daß nah den eseßlichen Vorschriften derartige Gesuche bei Vermeidung der Nichtberücksihtigung innerhalb der ersten vierzehn Tage nach dem geseßlihen Anfange des Semesters eingereiht werden müssen.

Bonn, den 24. September 1908.

Rektor und Senat 1 der Rheinischen Friedri Wilhelms-Universität. Erdmann.

IL

Die Immatrikulation für das bevorstehende Studien- halbjahr findet vom 15. Oktober d. J. an bis zum 5. November ein\{[. statt. Später können nah den bestehenden Vorschriften nur die- jenigen Studierenden noch immatrikuliert werden, welche die Ver- zögerung ihrer Anmeldung mit gültigen Verhinderungsgründen G ent- huldigen vermögen. Behufs der Immatrikulation haben 1) die- enigen Studierenden, welche die Universitätsstudien beginnen, insofern f Inländer sind, ein vorschriftsmäßiges Schulzeugnis und, falls sie

usländer find, etnen Paß oder sonstige ausreihende Legitimations- papiere sowie einen Ausweis über die erforderlihe Schulbildung (die Immatrikulation ausländischer Frauen bedarf in jedem Fall der ev. von hier aus einzuholenden Genehmigung des Herrn Ministers) ; 2) diejenigen, welhe von anderen Universitäten kommen, außer den vorstehend bezeihneten Papieren noch ein vollständiges Abgan szeugnis von jeder früher besuhten Universität vorzulegen. Diejeni en Julân er welche keine Reifeprüfung bestanden, beim Besuche der Universität au nur die Absicht haben, fih eine allgemeine ildung für die höheren Lebenskreise oder eine besondere Bildung für ein gewisses Berufsfach zu geben, ohne daß sie sih für den G gelehrten Staats- oder Kirchendienst bestimmen, können auf Grund des § 3 der Vorschriften vom 1. Oktober 1879 immatrikuliert werden, Inländerinnen rur nah vorher von hier aus etnzuholender Genehmigung des Herrn Ministers.

Bonn, den 24. September 1908.

Die Jmmatrikulationskommission. Erdmann.

Nicchtamfkliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 28. September.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute vormittag im Jagdhause Rominten den Vortrag des Staatssekretärs des Reihsmarineamts, Admirals von Tirpit.

Die vereinigten Ausshüsse des Bundesrats für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr, für Justizwesen und für Rechnungswesen hielten heute eine Sißung.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrat, O bayerischer Ministerialrat von Kohl, Großherzogli hessischer Geheimer Oberfinanzrat Dornseiff, Großherzoglih mecklenburgischer Oberzolldirektor Lorenß, Senator Tee aus Bremen, ferner der Direktor der Zölle und indirekten Steuern in Elsaß-Loth- ringen, Geheimer Oberregierungsrat Leydhecker sind in Berlin angekommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M.S. „Sperber“ am 24. September in Lome (Togo) eingetroffen und geht morgen von dort nah Duala (Kamerun) in See.

Bayern.

Der rusfische Minister des Aeußern Jswolski ift vor- estern nahmittag von Berchtesgaden nach München abgereist. Sein Besuch bei dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Schoen entsprang dem Wunsche, langjährige persönliche und politishe Freunds Lungen zu p S Der Ge- dankenaustausch über politishe Dinge hat, ,W. T. B.“ zufolge, er- geben, daß zwishen Nußland und Deutschland keinerlei weder direkt noch indirekt sie berührende Fragen vorliegen, die ge- eignet wären, die von beiden Seiten aufrichtig gewünschte Fortführung der traditionellen freundshaftlihen Beziehungen zwishen Deutshland und Rußland zu ershweren oder zu vereiteln.

Oesterreich-Ungarn.

Behufs Beilegung der deutshen Obstruktion im böhmischen Landtage haben vorgestern in Wien zwischen dem Ministerpräsfidenten Freiherrn von Beck und den deutsh-böhmischen Parteiführern Besprehungen stattgefunden, in denen diese die jofortige Schließung des böhmischen Land- tages forderten. Wie das „K. K. Telegraphen-Korrespondenz- bureau“ meldet, erwiderte der Ministerpräsident hierauf, der böhmische Landtag stehe vor der Frage der Wahlreform, deren

ortgang zu fördern Pflicht der Regierung sei. Jm e chen Landtage handle es sich keineswegs um unüberbrückbare Differenzen, sondern um das zufällige Zusammentreffen widriger Umstände und um Mißverständnisse, die beseitigt werden könnten. Der Ministerpräsident empfahl, im Landtage eine ständige Einrichtung zur Beratung von Entwürfen sowie dauernde Vor- kfehrungen zu treffen, die der Sache des nationalen Friedens dienen könnten, und erklärte, er werde demnächst weitere dahin- gehende Vorschläge . mahen. Obwohl ‘von den deutsch- böhmishen Führern über das Ergebnis der Konferenz, „W. L. B.“ zufolge, ungünstige Mitteilungen ausgegeben werden, hat man in Regierungskreisen die Hoffnung, bis Mittwoch die strittigen Angelegenheiten zu s{hlichten und die Verhandlungen des böhmischen Landtags in ruhige Bahnen zu lenken.

Gestern vormiitag fanden vor dem Landtags- und denx Fran E agene in Lemberg Demonstrationen der sozialdemokratishen Partei zu Gunsten des allge- meinen Landtagswahlrehis statt. Die vor der Kranken- fasse versammelte Menge wurde, _nach Meldungen des „W. T. B.“, von der Polizei auseinandergetrieben ; hierbei wurden einige Personen, die der Aufforderung, den Plag zu ver- lassen, niht Folge leisteten, verlegt. Am Nachmittage wieder- holten sich die Demonstrationen vor der Statthalterei und auf dem Marienplaÿ. Hier wurde ein Polizeibeamter durch einen Steinwurf verwundet ; sonst ereignete sih kein Zwischenfall.

Frankreich.

Der König und die Königin von Spanien sind in Begleitung des Ministers des Aeußern Allendes alazar vor- gestern abend in Paris eingetroffen und von dem Minister

ichon auf dem Bahnhofe empfangen worden. Gestern vormittag machte der König von Spanien dem Präsidenten Falliè res einen Besuch, den dieser alsbald erwiderte, und hatte später mit dem Ministerpräsidenten Clemenceau und dem Minister Pichon eine Besprehung über die Marokkopolitik, der au der spanische Minister des Aeußern Allendesalazar beiwohnte. Wie das „W. T. B.“ meldet, wurde in der Konferenz eine völlige Uebereinstimmung beider Regierungen festgestellt.

Der Finanzminister Abdul Asis’, El Mokri, is gestern abend in Paris eingetroffen.

Jtalien.

Wie „Agenzia Stefani“ meldet, ist vorgestern abend den DIGA e rRgeen Franfkreihs und Spaniens vom Auswärtigen Amt die Antwort der italienishen Regierung - auf die französish-spanishe Marokkonote übermittelt worden.

Türkei.

Vorgestern abend hat ein außerordentliher Ministerrat stattgefunden, an dem der Großwefir, die Minister des Krieges, des Innern und der Finanzen teilgenommen haben.

Den türkishen Blättern zufolge hat die Pforte der persi)hen Regierung eröffnet, daß sie, falls die türkischen Untertanen unter den Feindseligkeiten in Täbri s leiden sollten, Truppen dorthin absenden werde.

Bulgarien.

Jn der Orientbahnfrage erklärt die bulgarische Regierung, wie das „Neutershe Bureau“ erfährt, in einer vorgestern in London eingegangenen offiziellen Depesche, daß der Ausstand auf der Orientbahn die Tatsache klar erwiesen habe, daß die Jnteressen des Landes und die nationale Ver- teidigung einer großen Gefahr ausgeseßt gewesen wären. Ueberdies wären die Handelsinteressen der Bevölkerun Südbulgariens von der Gesellschaft mit wenig Rück- fiht behandelt worden, und dadurh sei eine starke Strömung im Volke entstanden, die die Rückgabe der Linie an die Gesellschaft nicht ata werde. Demgemäß werde die bulgarische Regierung kaum in der Lage sein, die Linie wieder zurückzugeben. Die Regierung werde genötigt sein, den Betrieb der Bahn in eigener Hand zu behalten, doh werde sie es sih angelegen sein lassen, die materiellen Jnteressen der Gesellshaft niht zu shädigen. Bulgarien habe auf die türkische Note, in der die Rückgabe der Bahnlinie an die Gesellschaft gefordert sei, erwidert, E die Linie in Ueber- einstimmung mit den Vertretern der Gesellshaft wegen des. Ausstandes beseßt worden sei. Die bulgarishe Antwort besage ferner, daß die Frage der Wiederherausgabe der Bahnlinie an die Gesellshaft eine Angelegenheit sei, die direkt zwischen der Regierung und der Gesellschaft erledigt werden würde.

Der Vertreter der Orientbahnen in Sofia veröffentlicht eine Erklärung, in der, dem „K. K. Telegraphen-Korrespondenz- bureau“ zufolge, die von der Regierungspresse aufgestellte Bc- hauptung, die Orientbahnen hätten selbst die Beseßung der Bahnlinie durch Militär und ihre Jnbetriebsezung dur die bulgarishen Staatsbahnen verlangt, in Abrede gestellt wird. Das Dementi veröffentliht zugleich den Wortlaut der ein- shlägigen offiziellen Verträge.

Gestern nd in Sofia eine von mehreren tausend Per- sonen besuchte Versammlung statt, in der die Besigergreifung der Orientbahnen durch die bulgarishe Regierung gebilligi und diese aufgefordert wurde, die Bahnstrecke nit zurückzu-

eben. Auch in Rustshuk und in mehreren südbulgarischen tädten fanden ähnlihe Versammlungen statt.

Afien.

Wie das „W. T. B.“ meldet, ist vorgestern in Tiflis neben cinem Hause ein großes unterirdishes Bomben- und Waffenlager entdeckt worden. Die Zahl der gefundenen fertigen Bomben beträgt etwa hundert.

Die Beschießung von Täbris, die mit Eintriit der Däâmmerung aufhörte, hat, nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur“, nur wenig Schaden angerichtet und die Lage niht verändert. Nur die Makureiter, die sehr nahe an das Lager Sattar Khans herankamen, hatten viele Verwundete. Vorgestern mittag haben die Truppen das Geschüß- und Gewehrfeuer gegen die Hauptbefestigungen der revolutionären Stadtteile Khiaban und Amrakhis wieder auf- genommen.

Afrika.

In Casablanca sind deutsche Konsulatsbeamte von französishen Marinesoldaten angegriffen worden. Das „W. T. B.“ verbreitet über den Vorfall folgende amtliche Meldung:

Bet der Einschiffung von drei deutshen Deserteuren der Fremden- legion wurten der deutsche Konsulats3sekretär und der Konsulatssoldat, welche die Deserteure auf dem Dampfer abliefern sollten, von fran- zôsishen Marinesoldaten angegriffen; ersterer wurde von einem Offizier mit dem Revolver bedroht, leßterer gefefselt und erst auf Dn Mete des deutshen Dragomans freigelassen. Die Deserteure sind in fran- ¿ösischer Haft, Bestrafung der Schuldigen ift beantragt.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei der am 22. September stattgehabten Reichstags- ersaßstihwahl im 2. Braunschweiger Wahlkreise sind nah amtilihen Ermitilungen insgesamt 24 314 gültige Stimmen abgegeben worden. Davon haben der Hoe Klenye-Jerxheim (nl.) 15408 und der Maurer Rieke- Braunschweig (Soz.) 8906 Stimmen - erhalten, zersplittert waren 321 Stimmen. Kleye is somit gewählt.

Statistik und Volkswirtschaft.

. Zur Arbeiterbewegung.

Gine Lohnbewegung der Arbeiter in den Sch uhfabriken in Weißenfels, die auf eine 15 prozentige Lohnerhöhung abizielte, ist, wie der „Köln. Ztg.* aus Halle emer wird, völlig gesheitert. Die Arbeiter arbeiten wieder zu den bisherigen Bedingungen.

Sämtliche Glaspolierwerke in Fürth stellen, wie die «Frkf. Ztg.* mitteilt, von heute an vier Wochen langoden Betrieb ein.

Das englische Handelsamt hat, der „Köln. Ztg.“ zufolge, seinen Bericht über Ausftände und Aussperrungen im Jahre 1907 veröffentliht. Die Zahl der in Ausstände verwickelten Ärbeiter war in dem genannten Jahre ungewöhnlich gering, sie betrug 147 948, Die Durhschnittsdauer aller Arbeits\treitigkeiten machte zusammen 2 162 000 Arbeitstage aus. Dies ift seit 1904 die geringste Zahl von Arbeitstagen, die durch Ausftände und Aussperrungen verloren gingen. 32,6 9/9 der Ausftände endeten zu Gunften der Arbeiter; 27 9/0 zu Gunsten der Unternehmer und 40,1 9/9 wurden durch gütlihes Ueber- einkommen erledigt.

In Ecausstines haben, wie der „Köln. Ztg.“ aus Brüffel tele- ee wird, die Stein bruchbesißer angesihts der ‘herrshenden

ise eine Yerablepung der Löhne um 10 v. H. angekündigt. Die Arbeiter haben daraufhin beschlossen, den Em einen Aus- ftand für den ganzen Bezirk ins Werk zu seyen, falls die alten Löhne niht weiterbezahlt werden. Da es ausgeschlofsen \{eint, daß die Steinbruchbesißer nachgeben, so ist der Ausstand zu erwarten.

Kunft und Wissenschaft.

Herbstausstellung bei Cassirer.

Werke von Künstlern sehr guten Rufes sind seit wenigen Tagen bei Casfirer zu sehen, sogar ein Bild eines wirklichen Meifters, Gustave Courbets „Felsen am Meeresufer“. Wenige, große Linien von eindrucksvoller Einfachheit, der Kontur der gelbbraunen Losen vor dem silberig-weiß bewölkten Himmel und die Kurbe des

trandes, verleihen mit dem wunderbaren Gleihgewiht der Massen der Komposition geradezu klassishe Bedeutung. Dicht daneben bängt Claude Monets „Seine bei Vernon“. Der Fluß \chillert im Abendlicht, über dem Uferabhang senkt s bereits die Dunkelheit. Wobl sprechen hier Morets feine koloristishen Reize, aber die Teile seines Bildes Leinen nicht recht au8gewogen. Courbets Nähe ift ge- fährlih. Liebermann ifff mit drei Skizzen merkwürdig un- vorteilhaft vertreten. An dem „Mädchen mit Milchgefäß" kann man noch einigen Gefallen finden. Aber was soll uns die trostlos lang- weilige au troy aller Saftigkeit langweilig gemalte ‘Strabe in Nordwyk*“ ? Geradezu \{lecht sind die „Sonnenblumen“ ; un- KOISMNS ist bier die Charakteristik der Materien und die Anweisungen auf die Stellung der Dinge im Raum. In einigen roten Flächen erkennt man mühsam Ziegeldächer. wie diese zueinander disponitert find.

Ungerecht ist der kleine P ER gegen George Mosson, defsen Bild (Nr. 27) als „Nelken“ ezeihnet werden. Ganz offenbar hat der Künstler Levkoyen malen wollen. Von Mofson sind zwet weitere Blumenstücke zusehen. Die „Tulpen“ wirken durh ihre eigenartige Beleuhtung nicht uninteressant. Der Strauß in einer Vase von geschliffenem Kristall ist vor die dünne Gardine eines Fensters gestellt, durch die gedämpft das Licht berein- briht und nun unsicher, irisierend von Glas und Blumen reflektiert. Etwas zu zuckersüß sind die Hauptfarben des „Bauern- gehöft*, Lahsrot und Hellgrün. Emil Pottner hat fünf „Motive aus Swinemünde“ ausgestellt. Dreimal zeigt er den Strand, be- völkert mit Scharen hellgekleideter Badegäste, in klarem Sonnenschein Qr: 34 und 35), dann in herberer Ke Ug (Nr. 33). Sturm eint im Anzug begriffen, die See färbt \ich tiefer und die Wellen beginnen höher zu gehen. Schließlih noch eine Ansicht der Dünen, über die weiße, dihtgeballte Wolken ziehen.

Die Ausftellung enthält ferner von Wilhelm Trübner zwei Werke : ein ganz frühes, ein E vom Jahre 1876, dessen Wert dur die deutliche Anlehnung an Leibl keineswegs geshmälert wird. Aus den lezten Jahren stammt das „Schloß Hemsbah“, das sehr interessant ift in der L der scarfabgeseßten Pinselstiiche und dur die fast unzähligen Abstufungen von Grün, vom tiefsten Schwarzblau enthaltenden Grün bis zum hellsten, ftark gelblihen. Uhde is durch drei Bilder vertreten, vor allem durch ein frabes „Abendmahl“. Der Tish, an dem die heilige Feter tattfindet, steht s{chräg im Bilde, fodaß man Christus, der in der Mitte der einen Längsseite vom Beschauer abgewandt sigt, nur im Profil sieht. Der Künstler wollte damit der bofeier- lichen Strenge, die eine völlig \ymmetrische Gruppierung mit Christus als Zentrum an sich hat, aus dem Wege gehen; er wollte weniger monumental wirken. Zufälliger, einfaher follte der Anblick sein. Zweifellos ist diese Absicht erreiht. Das Streben nach S{hlichtheit ging weiter. Aermlich sind die Jünger gekleidet, auf dürftigen Stühlen mit Strobgeflecht sigen sie in dem kahlen Raume. Doch wird diese Aerwlichkeit nicht bîs 1ur Anstößigkeit übertrieben. Die Würde der Stunde bleibt gewahrt. Ein feiner silberiger Ton liegt über dem engen. Nurdas Rot des Gewandes Christi unterbriht etwas hart diese Stille. Ge- dâämpfter würde es auch noh genügend den Meister aus der Schar der Jünger hervorheben. Zwei weitere kleinere Bilder Uhdes sind noch zu sehen: „Im Garten.“ Drei blonde, sonnenbeschtienene Mädchen vor einer Laube sigend, mit Handarbeiten beschäftigt. Sgließlich die „Heimkehr*. Ein Arbeiterpaar auf dem Nachhauseweg bei Abend- dämmerung. Es bleibt noch ein sehr tühtiges Bild Heinrich Zügels, „Fütterung* benannt, und die große Sammlung ansprecender, aber etwas gleichförmiger Werke Ulri Hübners zu erwähnen, Besonders hervorgehoben mögen sein die „Parklandschafi*, „Kurhaus* und „Teich im Park“. H.

Aber es gelingt kaum, zu erraten,

Die Deutsche Meteorologische Gesellshaft hält aus Anlaß ihres 25jährigen Bestehens in der Zeit vom 28.—30. d. M. in Hamburg eine (11.) allgemeine Versammlung ab.

Im Verein für Deutshes Kunstgewerbe sprach am vorigen Mittwoch der Professor Dr. Theodor Volbehr, Direktor des Kaiser Friedrichmuseums der Stadt Magdeburg, über das Bes wegungsproblem des Fliegens in der modernen Kunst. Die Absiht des Künstlers, so führte er etwa aus, ist stets, einen Eindruck icderjugeben, Die Ruhe, wie die Bewegung, sind glei reizvolle Aufgaben. Aber um die Bewegung als solche im Bilde erscheinen zu lassen, muß der Künstler sie entweder in Einzelvorgänge zerlegen oder ein harakteristishes Bewegungs- moment festhalten oder {nell aufeinander folgende Einzel- vorgänge zu einem optischen Eindruck zusammenziehen. Wenn der Künstler aber Phantasiegestalten fliegend darstellen will, also Ge- ftalten, deren direkte Beobachtung nicht möglich ift, so bleibt nur das Festhalten eines kennzeihnenden Bewegungsmomentes allein übrig. Die Phantasiegestalten mit Flügeln auszuftatten genügt ¡umeist nicht. Die Flügel erscheinen in der Regel nicht groß genug, um den Körper zu tragen, taher sucht der Künstler dur ein Bewegungsmoment die Illusion des Fliegens hervorzurufen. Das eilige Laufen, bei dem kein Fuß die Erde berührt und der e Körper wie losgelöst vom Erdboden erscheint, erweckt den

indruck des Fliegens. Ganz ähnlih das Springen und das Tanzen. Eine große Reihe anderer Darstellung8möglichkeiten bieten die wimmbewegungen; sowohl das Rückwärts- wie das Vorwärts- s{chwimmen werden in der ausgiebigsten Weise herangezogen. Das Rur der Wolken führt zu jenen Darstellungen, in denen die Ge- alten wie von leiten Tüchern getragen dur die Luft \Hweben. Endlich aber stellen die Künstler fliegende Gestalten dar, als würden fie gleihsam von si selbst aus innerer Kraft heraus dur die Luft getrieben. So meistert der moderne Künstler mit seinem Zauberstabe alle Elemente, um fie ih dienstbar zu machen. Aber niht nur der moderne Künstler, sondern auch die Meister ver-

angener Zeiten, ein Mighelangelo, Raphael, ein Dürer, Rubens und embrandt haben sich ähnlicher oder gleicher Mittel bedient. Auf dem Alten fußend, {haft der Künstler Mo Tage Neues, aber dieses neue Schaffen ist kein willkürlihes, sondern ein “Hrganisches. Ie genauer wir das ersalgen, desto mehr genießen wir die Kunst. Eine große Reihe Lichtbilder begleiteten den Vortrag; außerdem halten die Bibliothek des Königlichen Kunst ewerbemuseums und die irmen C. P. Goerz A.-G. und Gustav midt vormals Oppen- eim zahlreihe Augenblicksaufnahmen von Bewegungen ausgestellt.

Vauwesen.

Am 283. d. M. begann in Lübeck der Neunte Tag für Denkmalspflege, an dem mehr als 300 Vertreter teilnahmen, mit einem Begrüßungsabend im Ratskeller. Die eigentlihen Ver- handlungen wurden tags darauf in der Aula des Johanneums ein- gs dur einen Jahresberiht, den der Geheime Hofrat, Professor

r. von Oechelhäuser erstattete und aus dem si eine erfreuliche Weiterentwicklung der Vereinigung für Denkmalspflege ergab. Den ersten Vortrag hielt der bayerishe Ministerialrat Kahr über die jüngst getroffenen Maßnahmen auf dem Gebiete der Denkmals- pflege in Bayern. Danach wurden die ersten Grundlagen für eine behördlihe Denkmalspflege in Bayern in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts dur den König Ludwig I. gelegt, der Vor- \hriften zum Schuß der alten Stadtbefestigungen, der vorhandenen Denkmäler und öffentlichen Kunstwerke as Au3 dieser Zeit stammen au die weitgehenden Geseßesshuß bietenden Kuratel- borshriften der kirchliden Altertümer. Die gleihfals aus älterer Zeit herrührenden Schußbestimmungen für Denkmäler im Besitz der politischen Gemeinden sind nun neuerdings dur das Geseß vom 6. Juli 1908 durch Aufnahme von Vorschriften zum S beweglicher Sachen von vorgeshihtlihem oder kunstgeshihtlihem Wert erweitert worden. Während früher der Baukunstaus\huß das hauptsäctlihfte Vollzugsorgan für die Schußbestimmungen bildete, ist in neuer Zeit der Baupolizei eine bedeutsame Tätigkeit in dieser Richtung eingeräumt. Das obenerwähnte Geseg ermögliht ferner unabhängig von der Bau- polizei allgemeine und örtlihe Vorschriften zum ag von Orts- und Landschaftsbildern gegen verunftaltende Reklame fowie Schutz- N auf dem Gebiete der Naturpflege. Der richtige Vollzug ist aber ohne die freie Mitarbeit zahlreiher pra tisch und künstlerisch gie Architekten unmöglich. Diese Mit- wirkung hat die bayerische Regierung, abgesehen von der Unterstüßung dur die Landbauämter, bei dem Architektenverein und besonders bei dem bayerishen Verein für Volkskunst und Volkskunde in München gefunden. Damit aber auch. die Verwaltungsbeamten stets in der Lage seien, sich zu vergewifsern, ob dur einen geplanten Bau oder Umbau ein Denkmal, ein s{chônes Orts- oder Landschafts- bild gefährdet wird, ist den Behörden die Anlegung von Verzeichnissen und Sammlung vor Bildern über alle zu chützenden Ortsbilder, Bau- werke, Werke der Kleinkunst und Typen der heimatlihen Bau- weise des Bezirks zur Pflicht gemaht worden. Diese Verzeich- niffse uud Bildersammlungen s durchweg angelegt und werden im Laufe der Zeit mehr und mehr ausgestaltet. Behörden und Ge- meinden sind ferner eingehend über die Grundsäße des modernen Städte- baues belehrt und beauftragt worden, die Herstellung von Bau- linienplänen tüchtigen, in den Fragen des Städtebaues bewanderten Architekten zu übertragen. Am lufse seines Vortrages zeigie der Redner an Bildern aus drei typishen, an Denkmälern verbälinis- mäßig armen Lan dbezirken Bayerns (Erding, Feuhtwangen und Kaufbeuren), was auf dem Gebiete der Denkmalpflege an praktischer Arbeit geleistet wird. Andere Bilder aus Tölz vnd Murnau ver- anshaulichten den s eines einzelnen Künstlers Emanuel Seidl auf das künstlerische Gepräge dieser Art.

An zweiter Stelle sprach der Geheime Hofrat Cornelius Gurlitt-Dresden über Freilegung und Umbau alter Kirchen. Wie die Antike und Renaissance bei Kirhenbau [ledigli ästhetishen Forderungen folgend, Tempel .und Kirchen außer aller Ls freistehend hinstellten, war auch das 18. und 19. Jahr- hundert von der Ansicht beherrscht, daß ein hervorragendes Gebäude, namentlich eine Kirche, freidastehend, sih von ihrer Umgebung abheben müsse. Erft Camillo Sitte mate darauf aufmerksam, daß viele der wirksamsten Bauten nicht freiftehen und daß gerade im Eingebautsein ein wesentlißes Element der malerishen Wirkung dieser Bauten e: Auch erscheint uns als Aufgabe des Kirchen- architekten nicht mehr, ein vollkommenes Bauwerk im idealistishen Sinne, sondern ein Gebäude zu gdafffen, das für den Gottesdienst völlig geeignet sei. Die ästhetishen Forderungen müssen ih den praktishen anbequemen, aus ihnen herauswachsen; zwischen beiden muß ein Ausgleich gefunden werden. Neben der rein aritektonishen Schönheit, neben der Reinheit der Form, des Stils, gibt es auch eine malerishe Shön- heit, die jene noch an Reiz übetreffen kann. Der Redner erläuterte an fagen Beisptelen seine Ansihten. Der Cölner Dom wurde als ideales Kunstwerk in einer mathematisch beweisbaren, durhaus in allen Teilen aus den Grundgedanken organish entwickelten Form ausgebaut ; alle Umbauten wurden gemäß dem damaligen Empfinden beseitigt. Für uns hat der freigelegte Dom seine bedeutende Wirkung verloren.

uh bei dem freigelegten Ulmer Münster fehlen uns die den Maßstab gebenden Nebenbauten, die Ueberschneidungen, die unserer hantasie etwas f ergänzen übrig laffen. In Dresden hat man die Kreuzkirhe mit erfreu- ihem Erfolg für die Wirkung des Turmes wieder zugebaut, bei dem Theaterplaß will man dagegen den Ginblick von der Brücke aus wahren, die Ausficht auf die Elbe aber einschränken. Die beth f Kirche foll ganz freigelegt werden, die anderen Bauten werden für den Blick von der Glbseite durch ein Restaurant übershnitten, Jn Mey umgab Blondel im 18. Jahrhundert den Dom, um ihn zur Geltung zu bringen, mit dret Pltgen. er chuf einfahe Anbauten im Stile der Zeit und |tellte eine vollkommene Harmonie her. Die Romantiker änderten die Anordnung, indem sie die beschei- denen Anbauten Blondels beseitigten. Die Notre Dame- Kirche zu Paris, die in das Gedränge enger Giebel und Dächer hineingedacht is, ist durch Viollet-le-Ducs Kapitelhaus und dur die Plaß- und Straßenanlage um ihre Wirkung gorast worden. Dec Stephans- dom zu Wien wirkt vermöge der Ecken und Ueberschneidungen, der Winkel und Unzulänglichkeiten noch heute groß und gewaltig, weil die Mittel zur Freilegung glücklicherweise fehlten. Am kleinen Haus merkt man erst die Größe des großen; man brauht einen Maßstab, das soll man denken, ehe man in Breslau die Elisabethkirhe, oder etwa in Lübeck die Marienkir freilegt. Des weiteren legte der Redner seine Ansihten an einem Modell des Wormser Domes dar. Nicht Frei- legung, au niht Umbau, sondern sorgfältige Erwägungen in jedem Einzel- falle seten geboten. Jn Ulm, z. B., wo man einst das Münster freilegte, suche man heute nah Mitteln, die Folgen dieses falschen Vorgehens wieder u beseitigen. Der Vortrag führte zu etner sehr angeregten Dis- usfion, in der Herr Charles Buls-Brüfsel im Hinblick auf die Kathedralen in Antwerpen, Tournay und Löwen zu den gleihen Er- gebnissen kam wie der Vorredner. Der Geheime Oberbaurat Hoff- mann- Dresden sprach die Hoffnung aus, daß man dazu kommen werde, daß Neubauten in der Nähe künstlerisch oder ges{hichtlich- hervorragender Gebäude ohne den perspektivishen Nachweis, daß der Neubau in den bestehenden Rahmen des tadtbildes hbineinpaßt, nit genehmigt werden würden. Der Geheime Oberbaurat Stübben unterschied (viFen Meeegungen aus Verkehrsinterefsen und folhen aus âsthetishen Rücksichten, ene hätten selten geshadet.

etter \prah der Provinzialklonservator der Rheinprovinz, Pros- essor Dr. Clemen-Bonn über die M SIdung der Grab-

enkmäler und der Friedhöfe. Auf diesem Gebiete sei im 19. Jahrhundert unendlich viel gesüntigt. Die Grabdenkmäler und Ii in unseren Kirchen, die in ihrer Entwicklung von der ein- fachen Grabplatte zum prunkvollen, mit O enegroben Standfiguren ge- schmüdckten Hochgrabe eine ganze kunstgeshihtliche Entwicklung in fih darstelle, und die Denkmäler auf den Friedhöfen, die eine fast „unübersehbare Fülle voa Poren und Vorbildern, zumal aus . dem legten Jahrhundert, oft voll von ent- zückenden feinen und tiefen Motiven enthalten, O dur die leßten Generationen auf den Weg gewiesen, und,

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weil niemand und keinem praktishen Bedücfais mehr dienead, grausam verstümmelt oder beiseite geworfen wordea. Es ist eine der wichtigsten Forderungen der Pietät, für diese Denkmäler ¡u sorgen. Die Ges- meinden, deren Obhut einst diese Monumente anvertraut wurden, müfsen sich au dieses Vertrauens würdig erzeigen und sch ihrer

fliht erinnern. Es handele fi um eine ethishe Verpflichtung, die eit Leyen von allen Seiten wachgerufen worden sei; [leider |st es sehr oft ein Predigen in den Wind ge- wesen. Es gebe ja eine ganze Reihe von rechtliGen Ver- pflihtungen der Gemeinden zur Grhaltung dieser Grabdenkmäler. Mit thnen sei aber nur wenig zu erreihen, wenn das Gefühl für die Ver- pliStung-zur Erhaltung niht im Volke und in der Gemeinde selbft

urzeln s{chlage. Wie die Denkmäler praktisch zu erhalten sind, dazu können vershiedene Vorshläge gemacht und verschiedene Maßnahmen angeraten werden. Wichtige Grabsteine, zumal solhe mit wertvollen Inschriften, Wappen und figürlichen Darstellungen, die Aen von Kirchen noch der allmählichen Abtretung ausgeseßt im Boden Uen, uo tunlihst in der Nähe ihrer Stätte aufzustellen, vielleicht in ge-

- \{lofsenen Reihen, zumal in den Kirhenvorhallen und Turmhallen,

wenn an den Außenwänden der Kirchen, dann am besten unter Schuyt- dächern. Die alten, auf den Kirchöfen verstreuten bemerken8werten Denkmäler, deren Gräber verlafsen sind, können etwa an den Wänden und On aufgestellt werden; wo wie in Süddeutschland und Desterreich Kirhhofskapellen vorhanden sind, in diesen und vor diesen. Vorbildlih find die eigenen kreuzgangartigen Denkmals- hallen, wie sie etwa in Bitterfeld oder auf dem Nicolaifriedhofe in Hannober errichtet sind mit überstehenden Schußdähern, unter denen die verlafsenen Denkmäler malerisch gruppiert sind. Noch wirksamer sind die Anlagen in der Art der in Süddeutschland und den österreihishen Alpenländern und Nordtirol häufigen Sepultur- hallen, die nach innen offen, den ganzen Kirchhof umgeben und in denen FeeMlider Plaß auch für verlafsene Grabdenkmäler ist. Diese Bestrebung fällt zusammen mit der Bewegung zur monumentalen Ua unserer Kirchöfe und zur Regenerierung der Denkmals- kunst. In Anlagen, wie fie etwa die neuen Münchener Außen- friedhöfe, die Schöpfungen des Baurats Gräfsel aufweisen, werden neben den heute so tief daniederliegenden modernen Grabdenkmälern auch die alten Denkmäler ihre passende Stelle finden. Hier kann im Rahmen der jüngften Bes wegung auf dem Gebiete der kirhlihen Architektur die alte Kunst der neuen die Hand reichen, und hier ift zuglei ein Mittel gegeben, aus den Kirhhöfen wieder neues Leben hervorzurufen und die alten Stetne zum Reden zu bringen. Schließlich beschäftigte si die Versamm- lung am ersten Bergtungstage noch mit dem bevorstehenden Umbau des Braunshweiger Gewandhauses.

Verkehrsanstaltenu.

Gestern vormittag ift in Konstanz die erste Hauptbversamm- lung der Internationalen D ereintgünd ¡ur Förderung der Schiffbarmachung des Rheins bis zum Bodensee er- öffnet worden. Aus den Nachbarländern lagen zahlreiche Sympathie- kundgebungen vor, ebenso von Seiner Majestät dem König von Württemberg und von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Ludwig von Bayern.

Theater und Musik,

Königliches Schauspielhaus.

Als „Hamlet, Prinz von Dänemark“ überzeugte am Sonnabend Herr Lindner, daß er ein feinsinniger Darsteller, ein kfluger Sprecher ist, der die tiefsinnige Melancholie des \{wermütigen Prinzen wohl zu verdeutlihen weiß. Die Gebärde und jeder Redewendung war wohl überlegt und sorgfältig geprüft. Nur gin über dieser nachdenklichen Schattierung jeder Einzelheit die Klarheit der großen, um- fafsenden Linie verloren; in zerfließenden Umrissen glitt die Gestalt dieses Hamlet am Zuschauer vorüber. Dabei fehlte es dem Darsteller weder an Geist, noch an Innerlichkeit des Gefühls, wenn auch nit e ein hinreißendes Temperament das Spiel durhglühte. Die eidenshaft dieses Dänenprinzen lag unter einem kühlen, nordisen Nebel verborgen, der die Empfindung dämpft und den Herzschlag sänftigt. Troßdem würde vieles noch bedeutender und eindringliher gewirkt baben, wenn das Ueberhasten der Rede ih nit wiederholt bis zur Undeutlichkeit gesteigert hätte. Als Ophelia bestärkte Fräulein Ressel aus Wiesbaden den günstigen Eindruck, den sie {on früber in dieser Rolle hervorgerufen hat; sie bot eine rührende Gestalt voll Natürlichkeit der Empfindung und Leidenschaftlichkeit des Schmerzes. Im übrigen gas es keine Neubefezungen ; die Herren Pohl und Aeraußned, ollmer und Boetther boten wieder ausgezeichnete eistungen.

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Wirkung jeder

In der morgigen Aufführung von Verdis „Aïda“ im nigs lihen Opernhause singt Frau Johanna Gadski vom Metro- politan Operahouse in New York die Titelrolle, Frau Goetze die Amneris, Herr Maclennan den Radames, Herr Hoffmann den Amonas1o, Herr Knüpfer den Ramphis und Herr Griswold den König. Dirigent is der Kapellmeister Blech. Das nächste Auftreten des Fräuleins Paar erfolgt am Donnerstag, den 1 Oktober, und zwar als Elisabeth im „Tannhäuser“.

Im Königlihen Schauspielhause wird am 1. Oktober A. W. Ifflands ländliches Sittengemälde , Die Jäger“, neu einstudiert, aufgeführt. Mit den Hauptrollen {lad die Herren Kraußneck, Staegemann, Pohl, Zeisler, Vollmer, Eichholz, Get endörfer, Werrack und die Damen Buße, May, von tayburg, Get

ausner betraut; die Regie führt Herr Gggeling. Morgen,

tenstag, wird „Agnes Bernauer* von Friedrih Hebbel, mit Fräu- lein May in der Titelrolle, wiederholt; außerdem wirken die i vér Staegemann, Molenar, Vollmer, Oberländer, Mannstädt, rndt, Werrack, Kraußneck und Boettcher in Hauptrollen mit.

Die Schlierseer haben für ihr am Donnerstzg im Neuen Kön iglihen Operntheater mit der Neuheit „Der Paragraphens \hufter“ beginnendes Gastspiel volkstümlihe Preise angeseßt. Ueber- dies finden an Sonntagen auch Nachmittagsvorftellungen bei ermäßigten Preisen statt. Für alle im Spielplan angekündigten Vorstellungen findet der Vorverkauf ohne Aufgeld am Sghalter 111 des Königlichen Schauspielhauses statt.

Im Neuen Schauspielhause mußten wegen Erkrankung des Herrn Arndt, der die führende Rolle des Profeffors Schurig im eKolontalskandal“ darstellte, die weiteren Aufführungen des Schwanks vorläufig verschoben worden.

Im Berliner Theater gestaltet sich der Spielplan dieser Wothe folgendermaßen: Morgen sowie am Donnerstag und Sonn- abend wird Balzacs Lustspiel „Mercadet“, mit den Herten Albert Heine und Arnold Korff in den Hauptrollen, wiederholt. Mittwoch findet eine Aufführung von Freytags „Journalisten" statt. Für heute und Freitag sind Wiederholungen von Grillparzers „Der Traum ein Leben“ vorgesehen.

Einen Iultus von sechs hiftorishen Orgelkonzerten ver- anftaltet der Organist Walter Fi scher in der Kaiser Wilhelm- Gedächtniskirhe. Diese M unter der Ueberschrift „Deutsche Orgelkunst zusammengefaßt und enthalten folgende sechs Pros ramme: 1) Alte Meister, 2) Joh. Seb. Ba, 3) Romantiker und

ohannes Brahms, 4) Franz Liszt, 5) Aus der leßten Ernte, 6) Dr. Ma Reger. Die Vorträge finden an allen 5 Donnerstagen im Oktober un am 5. November, jedesmal von 6 bis 7 Uhr, statt. Der Zyklus beginnt also {on am nächsten Donnerstag. Dem rogramm find ausführlihe Erläuterungen für jedes einzelne Orgelstück sowie die wichtigsten Themen und Motive in Not-ndruck hinzugefügt. Karten zu 14 (Stuhlplag) und 50 Z (Kirhenshiff) sind bei Bote u. Bock, Wertheim und Abends am Eingang der Kirche zu haben.