1888 / 91 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Apr 1888 18:00:01 GMT) scan diff

H

S E den aen Mt Bg Ag, M "a d: + T:

Hage A

|

R.

Die Nummer 18 des Reichs-Geseßblatts, welhe von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter i

Nr. 1791 das Gesetz, beireffend die Zurückbeförderung der gt im Auslande R Reichsbeamten und

ersonen des Soldatenstandes. Vom 1. April 1888. Berlin, den 6. April 1888. E Kaiserliches Post-Zeitungs-Amt. Didden.

Königreich Preufsßen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht : den Geheimen Regierungs-Rath Adolf Anton Wil- L, Tolle zum Geheimen Baurath und vortragenden ath im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, und den Landrath Dr. j. Knaus zu Weener zum Regierungs- Rath zu ernennen ; sowie den bisherigen Bürgermeister der Stadt Wittenberge, Jahn, der von der dortigen Stadtverordneten-Versammlung getroffenen Wiederwahl gemäß, in gleicher Eigenschaft für eine fernerweite zwölfjährige Amtsdauer zu bestätigen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht :

den Staatsanwalt von Bernstorff in Kiel zum Ersten Staatsanwalt bei dem Landgericht in Prenzlau,

den Landgerichts-Rath von Hassell in Altona zum Ober-Landesgerichts-Rath in Stettin, .

den Gerichts-Assesor Dr. Damme in Berlin zum Staatsanwalt bei dem Landgericht in Kiel, und den Gerichts-Assessor Barchewig in Trebbin zum Amts- richter daselbst zu ernennen ; sowie :

dem Gerichtsschreiber und Dolmetscher, Sekretär von Zambrzycki in Strasburg Westpr., und :

den Gerichtsschreibern, Sekretären Schmidt in Sagan und Klapp in Dortmund den Charakter als Kanzlei-Rath zu verleihen.

Justiz-Ministerium.

Die Rechtsanwälte Fraenkel und Kunckel in Lands- berg a. W. sind zu Notaren für den Bezirk des Kammer- gerihts, mit Anweisung ihres Wohnsißes in Landsberg a. W., und

‘der Rechtsanwalt Koeber in Kalau zum Notar für den Bezirk des Kammergerichts, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Kalau, ernannt worden.

Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Dem Oberlehrer am Gymnasium zu Seehausen i. A., Dos! Pöhlig, ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Der bisherige Privatdozent Dr. Karl Bernstein zu Berlin is zum außerordentlihen Professor in der juristischen E der dortigen Friedrih-Wilhelms-Universität ernannt worden.

Finanz-Ministerium.

Dem Regierungs-Assessor Altwasser zu Breslau ist die Stelle eines Mitglieds und Stempelfiskals bei der Provinzial- Steuer- Direktion daselbst verliehen worden.

Angekommen: Se. Excellenz der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Jnnern von Puttkamer,

T

aus der Provinz und dem Regierungsbezirk Frankfurt a. O.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 6. April. Se, Majestät der Kaiser und König hörten gestern im Schlosse zu Char- lottenburg den Vortrag des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck.

Heute empfingen Allerhöchstdieselben den Ober-Präsidenten Staats: Minister Dr. Achenbah sowie den Geheimen Hofrath Bork und arbeiteten mit dem Chef des Civilkabinets.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta war gestern Abend mit Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden zum Besu bei den Kaijer- lichen Majestäten in Charlottenburg.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing vorgestern Vormittag um 10 Uhr den Oberst und Commandeur des 4. Garde-Regiments z. F-, von Wilczeck, und um 11/7 Uhr den Baumeister Jhne in An- gelegenheit des Kasinobaues für das Garde-Husaren-Regiment in Potsdam, r um 121/, Uhr mit JFhrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin zum Ser t bei Jhren Majestäten nach Charlottenburg, tattete demnächst dem Reichskanzler Fürsten von Bismarck und Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog von Baden Besuche ab und war um 81/2 Uhr Abends mit der Kron- prinzessin zum Thee bei den Großherzogli badischen Herr- schaften im Kaiserlichen Palais.

Me Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin ha tte Vormittags um 111/74 Uhr den Geheimen Medizinal-Rath Prof. Dr. von Esmarh empfangen und nah der Rückehr aus Charlottenburg Jhre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen besucht.

_ Gestern begab Sih Se. Kaiserlihe Hoheit der Kronprinz mit dem Zuge 8 Uhr 25 Minuten früh nah Potsdam, um den Compagnie-Besichtigungen des 1. Bataillons vom 1. Garde- Regiment z. F. beizuwohnen, und nahm später daselbst au den Kasinobau vom Garde-Husaren-Regiment in Augenschein. Die Rückehr nach Berlin erfolgte mit dem Zuge 4 Uhr 7 Minuten Nachmittags. i

Se. Kaiserliche e: stattete dann sogleich dem Reichs- kanzler Fürsten von Bismarck einen Besuch ab und war Abends zum Thee bei Jhrer Majestät der Kaiserin Mutter.

Jhre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin unternahm Vormittags um 9!/2 Uhr eine Spazierfahrt und begab Sich um 113/4 Uhr das Kaiserlihe Palais zu Jhrer

Majestät der Kaiserin Mutter und Nahmittags um 31/4 Uhr u hrer Königlichen Hoheit der Erbprinzessin von Sachsen- einingen.

__— Vie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, hat die Direktion der Baseler Versiherungsgesellschaft ge gen Feuers VaTEE zum Besten der in verschiedenen

egenden Deutschlands von den Uebershwemmungen Betroffenen die namhafte Summe von 1000 # gespendet, und ist der erwähnten Gesellschaft für diese edelmüthige Zu- wendung der Dank der Kaiserlihen Regierung durch Ver- mittelung des hiesigen Gesandten der Schweizerishen Eid- genossenschaft, welher die obige Summe bereits hier aus- bezahlt hat, zu erkennen gegeben.

Dem Hause der Abgeordneten ist der nahstehende Gesetzentwurf, betreffend die Ausübung des dem Staate zustehenden Stimmrechts bei dem Antrage wegen Aufnahme einer weiteren Prioritäts- Anleihe der Westholsteinishen Eisenbahngesell- schaft, zugegangen:

Wir Friedrich, von Gottes Gnaden König von Preußen 2. verordnen mit Bulg beider Häuser des Landtages, was folgt:

: __ Einziger Paragraph.

Die Staatsregierung wird in Gemäßheit des Geseßes vom 23. Juni 1875 (Geseßz-Samml. S. 513) ermächtigt, in der General- versammlung der Aktionäre der Westholsteiz.ishen Eisenbahngesell- saft das dem Staate in Folge seines betreffenden Aktienbesißzes zustehende Stimmrecht für den Antrag auf Aufnahme einer zweiten Prioritäts-Anleihe im Betrage von 150 000 #4 auszuüben und dem- nächst im Falle des eintretenden Bedürfnisses au für die Erhöhung diescr Anleihe bis zum Gesammtbetrage von 300 000 # zu stimmen.

Das am 4. April aufgestellte Verzeichniß der im Hause der Abgeordneten noch unerledigten Vor- lagen führt auf:

A. Regierungsvorlagen, 16 Nummern, und zwar sind in zweiter und dritter Berathung noch zu erledigen: 1) Die Ueber- siht von den Staatseinnahmen und Ausgaben des Etatsjahres 1886/87. 2) Die allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt des Etatsjahres 1884/85. 3) Der Gesetzentwurf, betreffend die Er- leichterung der Volksschullasten. 4) Der Gesetzentwurf, betreffend die Regulirung der Stromverbältnisse in der Weichsel und Nogat. (Ueber 3 und 4 liegen schriftlibe Kommissions- berihte vor.) 5) Der Geseßentwurf , betreffend die weitere Herstellung neuer Eisenbahnlinien für Rechnung des Staats 2c.) (In der Budgetkommission.) 6) Der Geseßentwurf, betreffend die Uebertragung polizeiliher Befugnisse in den Kreisen Teltow und Niederbarnim, sowie im Stadtkreise Charlottenburg an den Polizei- Präsidenten zu Berlin. (In einer besonderen Kommission.) 7) Der Geseßentwurf, betreffend die Kosten Königlicher Polizeirerwaltungen in Stadtgemeinden. 8) Die Rechnungen der Kasse der Ober- Rechnungskammer für das Etatsjahr 1886/87. (In der Rechnungs- kommission.) 9) Der Gesetzentwurf, betreffend den zweigeleisigen Ausbau mehrerer Staatseisenbabnstrecken. (In der Budgetkom- mission.) In erster, zweiter und dritter Berathung sind noch zu erledigen: 10) Der Geseßentwurf, betreffend die Er- weiterung der Stadtgeméinde und des Stadtkreises Harburg. 11) Der Gesetzentwurf, betreffend - die Verfassung der Realger1einden in der Provinz Hannover. 12) Der Geseßentwurf, betreffend die Vereini- gung der Landgemeinden Geestemünde und Geestendorf, 13) Der Gesetzentwurf, betreffend die Errihtung eines Amtêgerichts in Gnäden- feld. 14) der Geseßentwurf, betreffend die Abänderung von Amts- gerihtsbezirken. 15) Der Entwurf einer Kreisordnung 2c. für die Provinz S(leswig-Holstein. 16) Der Geseßentwurf, betreffend die Heranziehung der Fabriken u. \. w. mit Präzipualleistungen für den Wegebau in der Provinz Westfalen.

B. An Anträgen sind noch zu erledigen: 1) Der Antrag der Abgg. von Risselmann und von Neumann, betreffend die Regulirung der unteren Oder (der Budgetkommission überwiesen); in zweiter und dritter Berathung: 2) der Antrag der Abgg. Dr. Kropatscheck und von Schenckendorff auf Annahme eines Geseßentwurfs, betreffend das Diensteinkommen und die Pension der Lehrer an den öffentlichen nihtstaatlihen höheren Lehranstalten. (In einer besonderen Kommission.) 3) Der Antrag der Abgg. Berling u. Gen. auf Annahme eines Geseßentwurfs, betreffend Abänderung des Gesetzes über die Erweiterung, Umwandlung und Neuerrichtung von Wittwen- und Waisenkassen für Elementarlehrer vom 22, Dezember 1869, (In einer besonderen Kommission.) In erster, zweiter und dritter Berathung sind noch unerledigt 4) der Antrag des Abg. Prinzen von Arenberg auf Annahme eines Gesctentwurfs, betreffend die firhenpolitishen Geseße (in erster Berathung von der Tagesordnung abgeseßt). 5) Der Antrag des Abg. Krah auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend die Ver- theilung der öffentlihen Lasten bei Grundstückstheilungen und die Gründung neuer Ansiedelungen in der Provinz Schleëwig- Holstein. Endlich sind noch zu erledigen 6) der Antrag der Abgg. Windthorst und Genossen, wegen Vorlegung eines Geseßentwurfs über die Befugnisse der Kirche und ihrer Organe in Betreff des religiösen Unterrichts in den Volks\{ulen, und 7) der Antrag des Abg. Meßner (Frankenstein) und Genossen, betreffend die einheitlihe Gestaltung des Schornsteinfegerwesens.

__ Außerdem harren noch verschiedene Kommissionsberichte über Petitionen der Erledigung.

____Der Gesetzentwurf, betreffend die Errihtung eines Amtsgerichts in Tirschtiegel, welcher vom Herrenbause noch nit erledigt ist, muß dem Abgeordnetenhause demnächst erst zugehen.

__— Gesellschafts fusions-Verträge, in welhen das Einbringen von Vermögensgegenständen Seitens der aufzu- lösenden Gesellschaft in das Vermögen der aufnehmenden Ge- sellschaft und die Gewährung von Aktien für den Werth des Eingebrachten vereinbart ist, sind, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 2. Februar d. J. in keinem Theil, mea -auch nicht in Höhe der über- Ge eat Passiven, als Kausfverträge, sondern überall als Gesellschaftsverträge, welhe dem preußishen Kaufstempel nicht unterliegen, aufzufassen; unerheblih für die Stempel- pflicht ist, ob die auszulöfende Gesellschaft als Einheit, oder die einzelnen Aktionäre derselben die Subjekte sein sollen, welche Aktionäre der aufnehmenden Gesellshaft werden, bei beiden Auffassungen bleibt der Fusionsvertrag ein Gesell- schaftsvertrag, er ist nicht Kauf.

Die Nachprüfung der den Endentscheidungen in der Sache selbst voraufgehenden Zwischenentscheidungen der u hat in der Regel nur im Zusammenhange mit der au U Rekurs hin anzustellenden Nachprüfung des Endurtheils in der Sache selbst zu erfolgen. Ein verleßter Arbeiter hatte erst nach Ablauf der geseß- lihen Frist gegen einen ihm ertheilten Bescheid Be- rufung eingelegt. R seinen Antrag gewährte ihm das Schiedsgericht mittelst Beschlusses die U beinfetint in den vorigen Stand. Gegen diesen Beschluß erhob die beklagte Berufsgenossenschaft selbständige Beshwerde an das Reichs-Bersicherungsamt, während deren Erledigung die Sache ruhte. Das Reichs- Versicherungsamt hat indessen unter Anordnung schleuniger Fortsezung- des \chiedsgericht- lihen Verfahrens mittelst Beschlusses vom 18, Februar

d. J. (Nr. 508) die Beschwerde als an s\ich E aus folgenden Gründen verworfen: Nah 8. 63 Absaß 1 des Unsfallversicherungsgesetes findet gegen „die“ Entscheidung dez Schiedsgerichts unter bestimmten, dort näher angegebenen Voraussetzungen das Rechtsraittel des Rekurses statt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß mit „der“ Entscheidung des Schiedsgerichts lediglih eine den Streitgegenstand ganz oder Ne für die Schiedsgerichtsinstanz materiell erledigend-

ntsheidung gemeint is. Die Zulässigkeit eines Rekurses gegen anderweite Beschlüsse des Schiedsgerichts, die eine solhe Entscheidung nicht enthalten, erscheint hiernag jedenfalls ausgeschlossen. Die Kaiserlihe Verordnung vom 2. November 1885 über das Verfahren vor den auf Grund des Unfallversiherungsgeseßes errichteten Schiedsgerichten er- wähnt nun hierneben allerdings abgesehen von den zuge: lassenen Beschwerden über den allgemeinen A (S. 25 a. a. O.) in einem einzelnen Falle eine „Beschwerde“ gegen eine Entscheidung des Schiedsgerichts. Dieses Rechts- mittel wird in §. 17 a. a. O. gegeben, und zwar im Anschluß an die entsprehenden Bestimmungen des §8. 352 der Civil: prozeßordnuna, zur Anfechtung einer vom Schiedsgericht ge: troffenen Entscheidung über die Rehtmäßigkeit der Weigerung einer Person, sih als Zeuge oder Sachverständiger vernehmen zu lassen. Jm Uebrigen ist in der genannten Verordnung von einem allgemeinen oder eingeshränften Beschwerdereckt gegenüber anderweiten, der Endentscheidung in der Sache jelbst voraufgehenden Zwischenentsheidungen der Schieds: gerichte nirgends die Rede. Eine etwaige weitere analoge Herübernahme der ein solches Beshwerdereht gewährenden Bestimmungen der Civilprozeßordnung (vergleiche §8. 530 da: selbst) in das Anwendungsgebiet der Verordnung vom 2. No- vember 1885 erscheint niht begründet; vielmehr ist ein beson- deres Bedenken dagegen aus der Verordnung selbst herzu: leiten. Während nämlich die Civilprozeßordnung in dem Falle, daß ein gegen die Theilnahme eines einzelnen Gerichts: mitgliedes an der Verhandlung und Entscheidung gerichtetes Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, das Rechts: mittel der sofortigen Beschwerde gewährt (S. 46 Absay 2, K 540 der Civilprozeßordnung), bestimmt §8. 3 Absaß 3 der

erordnung ausdrücklich, daß ein gleiher Beschluß des Schiedsgerichts beziehungsweise des Schiedsgerihtsvorsißenden „nit für sih allein, sondern nur mit der Entscheidung in der Hauptsache“ angefochten werden kann. Demnach war die erhobene Beschwerde im vorliegenden Fall als unzulässig zu verwerfen. Es sei zum Schluß übrigens darauf hingewiesen, daß im Falle einer Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereinsezung in den vorigen Stand auch die Civilprozef: ordnung kein besonderes Rechtsmittel der Beschwerde kennt, vielmehr in §. 216 Absag 2 ausdrücklih bestimmt, daß auf die Anfehtung einer solhen Entscheidung diejenigen Vor- schriften Anwendung finden, welche in dieser Beziehung für die mit dem Antrage nachgeholte Prozeßhandlung gelten.

Der General-Fntendant der Königlihen Schauspiele, Graf von Hochberg, ist von seiner Dienstreise hierher zurückgekehrt.

Frankfurt a. M., 5. April. (W. T. B.) Eine gestern Abend stattgehabte Versammlung hiesiger Bürger aller Parteien beschloß auf Antrag des Ober-Bürgermeisters Dr, Miquel den Erlaß eines Aufrufs an die Bürger- schaft und die Einsezung eines Comités für die Errichtung eines Denkmals Kaiser Wilhelm's in hiesiger Stadt.

Vayern. München, 6. April. (W. T. B.) Von Sr. Majestät dem Kaiser Friedrich erfolgte auf die Beileids-Adresse der hiesigen Gemeinde-Behörden anläßlih des Ablebens des Kaisers Wilhelm ein huldvolles Dankschreiben, worin Allerhöchstderselbe versichert, daß Er an der Wohlfahrt der Bevölkerung Süddeutschlands, soviel an Jhm liege, fördernd mitwirken wolle. Jnsbesondere aber werde Er, eingedenk der Jhm stets bewiesenen Anhänglichkeit der Münchener Einwohnerschaft bei früheren persönlichen Besuchen, als Freund der Stadt an deren Blühen und Gedeihen ferner lebhaften Antheil nehmen.

Würzburg, 5. April. (W. T. B.) Der heutige 13. Landtags-Wahlgang ist gleihfalls resultatlos verlaufen. Der nächste Wahlgang erfolgt am 12. April.

___ Württemberg. Stuttgart, 4. April. Der „St.-A. f. W.“ meldet: „Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm haben heute den am Königlichen Hofe neu beglaubigten König: lih preußishen Gesandten, Grafen von Wesdehlen, in Audienz empfangen, um im Vollmahhtsnamen Sr. Königlihen Majestät dessen Beglaubigungsschreiben sowie das aus Anlaß des Regierungsantritts von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und König von Preußen an Se. Majestät den König gerichtete Notifikationsschreiben entgegenzunehmen.“

Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 5. April. (Medckl. Nachr.) Jhre Königliche Hoheit die Frau Groß- herzogin-Mutter ist heute Nahmittag von hier zu einem längeren Kuraufenthalt über München, woselbst ein Aufenthalt genommen wird, nah dem Süden und zunächst nah Meran abgereist. Jm Gefolge Allerhöchstderselben befinden sich die Staatsdame Frau von Schöning, die Hofdame Fräulein von Suckow, der Hofmarschall von Vietinghoff und der Leibarzt, Geheime Medizinal-Rath Dr. Mettenheimer.

Reuß ä. L. Greiz, 4. April. (Leipz. Ztg.) Der 12. außerordentliche Landtag ist de Doi int Auftrage des regierenden Fürsten durch den Regierung?- Präsidenten, Wirklichen Geheimen Rath Faber eröffnet worden. Jn der Eröffnungsrede wird des Hinschei- dens Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm mit folgenden Worten gedacht: „Das im vorigen Monat er- folgte Ableben Sr. Majestät des Deutschen Kaisers Wilhelm E unseren Durchlauchtigsten Fürsten und Landes- errn in tiefe Trauer verseßt, an welcher das ganz? Land innigsten Antheil genommen hat und welcher au an dieser Stelle Ausdruck gegeben werden soll.“ Der Alterê- präsident des Landtages, Landgerichts-Präsident Dr. Mortag, leitete die erste Sizung mit den Worten ein: „Beim Beginn unserer heutigen ersten Sißung glaube ih in Jhrem Sinne zu handeln, wenn ich im Ansluß an die vorhin ver nommene Eröffnungsrede Sie ersuhe, auch unsererseits unserer Trauer und unserem innigen Beileid über das Hin- scheiden Sr. Majestät des Deutschen Kaisers Wilhelm dur Erheben von den Sigen Ausdruck zu geben“, was erfolgte. orga wae wird den, Landtag beschäftigen eine Vorlage- betr. das Zustandekommen der von Preußen projektirten Eisenbahn Triptis—Auma—Ziegenrück—Rempten-

abhängigkeit. Die

dorf (R. ä. L.)—Friesau (R. ä. L.) mit Ebersdorf—Loben- stein—Blankenstein und eine Vorlage wegen der aus den Kreisen der Landwirthe des Fürstenthums dringend gewünschten Ge- währung von Entschädigung für infolge von Milzbrand ge- fallene oder getödtete Rinder.

v

Oesterreih-Ungarn. Wien, 4. April. (Wien. Abdp.) Jn der gestrigen Sibung des ungarischen Abgeordneten- auses unterbreitete der Handels-Minister Graf Széchényi den Shiffahrts- und Postvertrag, welcher einerseits von dem K. und K. gemeinsamen Ministerium des Aeußern unter Vorbehalt der verfassungsmäßigen Zustimmung des österreichishen Reichsraths und des ungarischen Reichstages und andererseits von der Tra des österreichish-ungarischen Lloyd am 19. März 1888 abgeschlossen worden ist. Derselbe wurde dem volkswirthschaftlihen und dem Finanz-Ausshuß zugewiesen. Außerdem überreichte Gustav Emich die Berichte des volkswirthschaftlichen Ausschusses über die mit Dänemark geschlossene Markenschuz-Konven- tion, über die mit Zanzibar geschlossene Handels- und Schiffahrts-Konvention und über die Erneuerung des mit Spanien geschlossenen Handels- und Schiff- fahrtsvertrages. Diese Berichte werden in Druck gelegt und seiner Zeit auf die Tagesordnung gestellt werden.

Großbritannien und Jrland. London, 5. April. (W. T. B.) Die internationale Zuckerprämien- Konferenz ist heute Nahmittag im Auswärtigen Amt unter dem Präsidium des Staatssekretärs der Kolonien, Baron Worms, nah sechswöchiger Unterbrehung wieder zu- sammen getreten. Jn der heutigen Sißzung wurde ledig- lih die Tagesordnung für die nächsten Sizungen festgeseßt.

Frankreih. Paris, 5. April. (W. T. B.) Auf Wunsch des Ministers des Auswärtigen Goblet wird der bisherige Direktor der Abtheilung für politishe Angelegen- heiten im Ministerium des Auswärtigen, Francis Charmes, in seinem Amte verbleiben. :

Ein Rundschreiben des neuen Kriegs - Ministers de Freycinet an die Corps-Kommandanten bezeihnet als die feste Absicht des Ministers, in der Armee den un- bedingten Respekt vor der Disziplin in allen Graden aufrecht zu erhalten. i : / :

Die Blätter konstatiren einmüthig, daß die gestrigen Abstimmungen in der Kammer und im Senat Zeugniß von Mißtrauen gegen das neue Kabinet ablegten. Die „Justice“, das Organ Clemenceau's, sagt dagegen, das Kabinet stehe vor einer Koalition, könne aber den ersten Ansturm erwarten; die gesammte republikanische Partei stehe auf seiner Seite. Eine Versammlung von Opportunisten beshloß der Kandidatur Boulanger's diejenige des Advokaten Foncard entgegenzustellen.

Heute fand ein von etwa 500 Anarchisten besuchtes,

egen die Stellenvermittlungsbureaux gerichtetes Meeting Tit Nach Russ desselben versuchten die Theilnehmer eine Kundgebung in der Nähe der Central-:Hallen zu ver- E wurden jedoch von der Polizei ohne Widerstand zerstreut.

Jtalien. Florenz, 5. April. (W. T. B.) Der König und die Königin statteten heute Vormittag in Begleitung des Minister-Präsidenten Crispi der Königin von Groß- britannien und Jrland in der Villa Palmieri einen Besuch ab, welchen Jhre Majestät Nachmittags erwiderte. Später empfingen die italienishen Majestäten den Kaiser und die Kaiserin von Brasilien, den König von Württemberg, die Königin von Serbien und den Herzog von Leuchtenberg.

Rumänien. Bukarest, 5. April. (W. T. B.) Fn einer gestern Abend stattgefundenen Versammlung der Mit- glieder des konservativen Klubs erklärte der Deputirte Fleva, nah dem Rücktritte des Ministeriums Bratiano be- trahte er seine Mission als beendet und habe er keinen Grund, die jeßige Regierung nicht zu unterstüßen. Gerücht- weise verlautet, Fleva werde in das neue Kabinet eintreten und der Finanz - Minister Ghermani werde demissioniren, um den Eintritt eines Mitgliedes der geeinigten Opposition mit Fleva zu erleihtern. Der Chef der Konservativen, Catargi, ist von der Opposition beauftragt worden, an den Minister-Präsidenten die Frage zu richten, ob das Kabinet geneigt sei, die Wahlen sofort einzuleiten © Jm Falle der Bejahung solle die Unterstüßung der Regierung, im Falle der Verneinung solle die Bekämpfung derselben Seitens der Opposition in Aussicht gestellt werden.

Bulgarien. Sofia, 4. April. (Prag. Ztg.) „Reuter's Bureau“ meldet: Wegen einer in dem Dorfe Kuprulu (bei Burgas) ausgebrochenen, angeblich ansteckenden Krankheit wurde auf Befehl des Sultans an der ostrumelischen Grenze ein Truppencordon aufgestellt.

Die „Agence Havas“ schreibt: Der türkishe Truppen- cordon an der ostrumelischen Grenze ist ungereht- fertigt, indem in Kueprulu keine ansteckende Krankheit, sondern einfah Sumpffieber ausgebrochen ist. Die leßten Berichte des „Temps“ sind vollkommen unrichtig. Die Re- gierung denkt niht an eine Proklamirung der Un- Rüdckehr des Prinzen von Battenberg wird als unmöglich betrachtet; die Unruhen in Rustschuk, die Reise Karawelow's und andere Einzelheiten find unbedingt erfunden.

Afrika. Egypten. (A. C.) Der „Times“ wird aus Suakim, vom 3. d,, telegraphish gemeldet: A Alles ist hier ruhig, und die Rebellen haben si seit einigen Tagen nicht blicken lassen. Von Handaub kommt die verläßliche eldung, daß die Anhänger Osman Digma's auëeinander- laufen. Die allgemeinen Aussichten sind deshalb günstiger. Boten von den Stämmen kommen mit Friedensvorshlägen Die egypti| chen Dampfer „Mokber“ und „Agemi“ sind von ihrer Kreuzungsfahrt bierber zurückgekehrt. Der Handel bessert sih auch langsam. Im fen liegen die britishen Kriegs\hiffe „Albacore*, „Dolphin und „Racer*. General Dormer wird am Donnerstag hier erwartet, und es steht zu hoffen, daß sein Besu Suakims eine festere Politik dem östlihen Sudan gegenüber zur Folge haben wird.

Zeitungsftimmen.

Den Gnadenerlaß begleitet die „Nationalliberale Correspondenz“ mit folgenden Worten : König Friedrich hat von dem s{chönften Ret der Monarchen,

dem der Begnadigung, einen umfassenden Gebrau gemacht und damit den verheißungsreihen Kundgebungen, mit denen er seine Regierung eröffnete, ein neues Blatt hinzugefügt. Der Gnadenerlaß erstreckt sih auf alle Uebertretungen und alle Vergehen, wegen welcher auf Geldstrafen bis 150 4 oder auf Freiheitsstrafen bis zu sechs Wochen durch Civilgerihte erkannt worden ist. In ziemlich weitem Umfang erstreckt #}ich der Gnadenerlaß au auf politische Vergehen, Zuwiderhandlungen gegen das Preß- und Vereins- gese, gegen die öffentlihe Drdnung und dergl. Doch sind dabei gewifse Grenzen gezogen, mit denen man sich nur wird einverstanden erklären können. So is Hoch- und Landesverrath ausgeslossen. Wenn bei älteren Amnestien durch Begnadigung diefer Klasse von Verurtheilten solhen Männern die Strafe erlassen wurde, die von einer ehrenhaften, wenn auch manchmal irregeleiteten politishen Ueber- zeugung erfüllt waren, könnte diese Gnade unter den gegenwärtigen Umständen nur ganz unwürdigen Anarchisten oder Verräthern von vaterländischen Interessen aus nacktem Eigennuß zu gut kommen. Ausgeschlossen sind auch die speziell sozialdemokratishen und auf Grund des Sozialistengeseßes bestraften Delikte. Doch wird der allgemeine Strafnahlaß für Preßvergehen und dergleichen natürli au zahlreihen Sozialdemokraten zu Statten kommen.

Das „Posener Tageblatt“ nimmt zu derselben An- gelegenheit folgendermaßen Stellung:

In Zeiten des Schmerzes, der Trauer, des Unglücks wiegt jeder Trost doppelt und dreifach s{chwer. Ein Troft aber, den viele gepreßte Herzen in dieser trüben Gegenwart niht missen möchten, ist die Ver- Éörperung so vieler Milde und Freundlichkeit, wie aus dem Aller- höchsten Gnadenerlaß spricht, in der Person König Friedrih's. Denn in dem Strahle solcher Milde richtet sich auch die Hoffnung sieges- gewiß empor, daß alle Bestrebungen, die aus Menschlichkeit und Näcbstenliebe entspringen, unter König Friedrih's Regiment förder- samste Pflege finden werden, vor allen anderen aber die Hülfsaktion, welhe das entfesselte Toben der Natur- gewalten mittelst Cisganges und Wogenshwalles über meilen- weite Strecken des Vaterlandes nothwendig gemacht hat. König Friedrih's landesväterlihe Fürsorge hat den Spißen sowie den ausführenden Organen der Staatsbehörden die eingehendste Be- schäftigung mit den Uebershwemmungskalamitäten und den Mitteln zu ihrer Bekämpfung zur Pfliht gemacht, sein Beispiel hat die Privatwohlthätigkeit angeregt und bürgt dafür, daß dieselbe in na- haltiger Unterstüßung der fo hwer betroffenen Landestheile niht so bald erlahmen werde. In Noth und Kümmerniß, das Herz mit eigener Trauer belastet, hat König Friedrih seinem Volk ein Herz gezeigt, das nur von den Regungen der Gnade, der Milde, der Barm- herzigkeit beseelt ist. Diesem landesväterlihen Auftreten des edlen Monarchen verdankt der Bund der Hohbenzollernfürsten mit ihrem Volk eine neue Weihe, welcher alle Stürme, die noch im Schooß der Zukunft verborgen lauern mögen, nihts werden anhaben können.

Zum Geburtstage des Reichskanzlers {reibt der „Düsseldorfer Anzeiger“:

Des Reichékanzlers Geburtstag feiern, heißt sich dessen erinnern, was er seiner Nation war und ist. Deutshland in der Vergangen- heit, Deutschland in der Gegenwart welch? tiefer, welch' ergreifen- der, welh' mächtiger Kontrast. Eine einzige, große Völkerfamilie bilden die deutshen Stämme und sorgend und liebend umschließen Germania’s Mutterarme wiedergewonnene Kinder: die meerumshlungenen Herzogthümer, welche zu Zeiten deutsher Dhnmacht verloren gingen, die Perlen Elsaß und Lothringen, welhe welshe Tücke und Verrath einst aus dem Diadem des deutschen Kaiserthums raubten. Das Ideal, welches so lange den Edelsten unseres Volkes als höchstes, aber hier un- erreihbares Ziel vorshwebte, steht seit fast zwei Jahrzehnten in faß- barer Gestalt vor unserem Auge. Was ein Dichter, den die Ver- zweifelung um feines Vaterlands Shwäche und Ohnmacht in ein allzu frühes Grab warf, mit prophetishem Blick erschaute, ist zu Pee Wahrheit geworden. Eine feste Burg steht Deutsch- and da.

Der Deutsche braucht niht mehr wie einst, im Gefühl eigener Nichtigkeit, bewurdernd zu Anderer Größe aufzusehen. Vorbei sind längst die Zeiten, in welchen Deutschland die kläglihe Rolle eines Lampenpußers im Welttheater spielte, vorbei die Meilen, in welchen Deutschland keine andere Bedeutung hatte, als die eines geographischen Begriffs. Vorbei die Zeiten, wo es im Rath der Völker kaum ge- duldet, geshweige denn angesehen war. Heute ist Deutschland in Wahrheit und Wirklichkeit das Herz Europas, von dessen Pulésschlag die politishen Bewegungen des Kontinents abhängen. Was Ulrih von Hutten einst froblockend von feiner Zeit sagte, wir dürfen es in berehtigterem Sinne auf unsere Gegenwart an- wenden, das Wort: Es ist eine Freude und ein Stolz, in diesem Jahrhundert zu leben! Daß es also wurde und also ist, verdankt die deutshe Nation dem Manne, der im Verein mit seinem Königs- bause und getragen dur die nationale Begeisterung aller deutschen Fürsten und Stämme, Deutschland zu Einigkeit und Ehren brate, verdanken wir dem Manne, der ohne auf Widerspruch zu stoßen von sih sagen durfte: „Jch habe voa Anfang meiner Carrière an nur den einen Leitstern gehabt: durch welche Mittel und auf welhem Wege kann ih Deutschland zu einer Einigung bringen!“ .....

Nachdem das Werk der deutshen Einigung gelungen, faßte es Bismarck als die Aufgabe seines Lebensabends auf, dem Deutschen Neich zu immer größerem Ansehen zu verhelfen. Den Feind bestiegen ist schwer, schwerer noch, den Feind versöhnen, am s{chwersten aber, den Feind zum Freund zu gewinnen. Der Kanzler hat dies fertig ge- bracht. In Oesterreih ist uns aus einem neidischen, mißtrauischen Widersacher ein warmer, treuer Freund und Nachbar erstanden. Alle Völker blicken mit Achtung auf das siegreihe Deutschland, auf das friedfertige Deutschland, welches zum ehrlichen Makler geworden ist, der in den Streitigkeiten der Völker nah Recht und Gerechtigkeit entsheidet. Welch? großartiger Wechsel! In den s0er Fahren ist Deutshland in si zerrissen, uneinig, sein Wort gilt nihhts, sein ehrliher Rath wird mit Spott und Hohn zurückgewiesen. Heute hat es die entsheidende Stimme im Rath der Völker und es ist noch nit gar fo lange her, daß die einst so hochgepriesene politische Erbweisheit der Engländer ‘in Britanniens allereigensten Angelegen- heiten um die Meinung Deutschlands nabsuchte. i E

Nicht selten stößt man auf die Behauptung, Bismarck sei ein Augenblickspolitiker, der die günstigen Umstände und Verhältnisse auészunugten verstehe und dieser Kunst des kühnen Zugreifens seine Er- folge und seinen Ruhm verdanke. In gewissem Sinne kann man dieser Anschauung beistimmen; man wird ihr jedoch dann widersprechen müssen, wenn sie ausdrücken will, der Kanzler lafse sich vom Moment seine Ent- \chlüsse diktiren. Nichts irriger als diese Ansiht. Die Geschichte der jüngsten Jahrzehnte liegt heute klar und unverhüllt vor unseren Augen und mit Bewunderung sehen wir aus derselben, wie der große Staatsmann, seiner Zeit vorauseilend, die historishe Ent- widelung und die ihr zu Grunde liegenden Bedingungen \charf- sinnig erfaßt, alle Möglichkeiten sorgfältig prüft und erwägt, und dann erst seine Entscheidung trifft. Ein Diplomat kann durh eine einzige That die Welt in Erstaunen seßen. Zu einer Fülle großartiger Erfolge jedo, wie Bismarck sie errungen hat, bedarf es der Vereinigung solch' feltener Eigenschaften, wie wir sie einzig bei unserem Kanzler finden. Genialer Sarfblick vereinigt sich bei ihm mit einer Kraftnatur, die keine Rast und Ruhe kennt, mit einer Ausdauer in der Verfolgung des gestellten Ziels, welche Bewunderung einflößt, mit einer geistigen Üeberlegenheit, die riesengroß si über das Durchschnittsmaß erhebt, mit einer Offenheit ohne Gleichen. War früher der Diplomatie die Sprache nur gegeben, um die Gedanken zu verbergen, so sehen wir Biêsmarck vom Anbeginn seiner Wirksamkeit die Politik der offenen Karte verfolgen. Die Basis der Größe, des Ruhms und Erfolges des Kanzlers is aber vor Allem zu suchen in einem Herzen, das in glühender Liebe für Kaiser und Reih, für König und Herrscherhaus, für Volk und Land \ch{lägt, in einer Treue, welche das eigene Ich selbstlos zurücktreten e wenn es gilt, seiner Nation Ehre und Glanz, Macht und Ansehen zu erringen.

_ Mit Rücksicht darauf, daß im gegenwärtigen Zeitpunkt die Frage nach der Berufswahl vielfa praktish wird, schreibt die „Staatsbürger-Zeitung“:

Vor Allem möthten wir eor dem Zudrang zu den höheren Be- rufêarten warnen. Das Verlangen nach höherer Bildung und dem- gemäß nah einer böheren Lebensstellung ist keineswegs immer ein Beweis eines ideal gerihteten Sinnes. Man übershäßt au vielfach die Stellungen, welhe ein größeres Maß von Kenntnifsen erfordern, und unterschäßt das Handwerk und die Berufs- arten, die auch bei einem fleineren Maß von Kenntnissen tüchtig ausgefüllt werden fönnen. Mit Recht is in unseren Parlamenten wiederholt die Klage erhoben worden, daß wir Deutsche uns einen übermäßigen „Luxus an allgemeiner Bildung“ gestatten, während wir die tüchtige Fah- und Berufsbildung im Vergleich zu unferen westlihen Nachbarn, namentlich auf industriellem Gebiet, zu unserem Schaden vernaclässigen. Unserer Zeit ift in fo vielen Bes ziehungen, auf so vielen Gebieten die Meisterschaft, die sch nach Goethe in der Beschränkung zeigt, mebr und méhr verloren ge- gangen, und darum müssen wir uns vor Allem die alte Mahnung zur Richtshnur nehmen: „Nicht das viele Wissen thut's, sondern wissen etwas Gut's“, Nicht jede Intelligenz muß mit Gewalt in höheren Berufsarten Verwendung finden; ein in seinem Fache tüh- tiger und für seinen Beruf durchgebildeter Handwerker ist entschieden brauhbarer für die Gesellschaft, als ein Beamter, der mit Mühe seine Examina bestanden hat. Die vornehmere Lebensftellung macht keineswegs auch glüdliher. Im Gegentheil, man findet nirgends eine größere Unzufriedenheit, als gerade in den sogenannten höheren Klassen der Gesellschaft. Die gehegten Erwartungen von Glück und Genuk, von Ehren und Ansehen werden gar oft nicht befriedigt, und so kehrt Unzufriedenheit und Mißbehagen ein. Die höheren Berufsarten find zudem seit Jahren ganz überfüllt.

Statistische Nachrichten.

Die übersceisde Auswanderung Deutscher über deutsche, bolländishe und belgishe Häfen betrug im Februar 1888: 4514 Personen gegen 4694 Personen im Februar des Vorjahres; und 7030 in den beiden ersten Monaten von 1888 gegen 7394 im selben Zeit- raum des Vorjahres,

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Die Königliche Akademie der bildenden Künste in Dresden veranstaltet in der Zeit vom 1. Mai bis 15. Juni d. I. cine Kunstausstellung. Der Kapitalzinsenstand der Pröll - Heuer- Stiftung, über dessen Verwendung die Akademie verfügt, beläuft sich auf rund 53000 4 Diese Zinsen müssen zum Ankauf solcher in Dresden ausgestellter Delgemälde deutscher lebender Künstler verwandt werden, die allgemein als vorzüglihe Kunstwerke anerkannt werden. Die Ausstellung findet statt in dem zum Museum umgestalteten Zeug- hause. Das von dem Dresdener Historienmaler Wenzel Schwarz, einem Schüler des Van Lerius und Feuerbach's gemalte große Bild „Kaiser Hadrian spricht eine angeshuldigte Christin frei“ ift in der Kunstgewerbeballe zu Dresden ausgestellt. Das Bild wird auch auf die Münchener Ausstellung geschickt werden.

Kaiser Wilhelm I. Ein Gedenkbuch für das deutsGe Volk. Von Ernst Scherenberg. Leipzig. Verlag von Ernft Keil’s Nachfolger. 1888. Das soeben erschienene Gedenkbuch, aus dem die „Gartenlaube“ bereits Proben zum Abdruck gebracht hat, ist keine Gelegenheits\chrift, sondern das Ergebniß längerer und sorgfältigster Studien. Nicht veranlaßt, sondern nur gezeitigt dur den Tod des Helden und großen Herrschers, begleitet es den Kaiser von Seiner glücklihen Iugendzeit durch Seine frühen Leidensjahre, durch die Zeit der Befreiungskriege bis in Seine Maunesjahre, bis zur Zeit, in weler Er Prinz von Preußen, dann Prinz-Regent ge- worden, während die vier leßten Abschnitte Ihn als König von Preußen, als Oberhaupt des Norddeutshen Bundes, als deutschen Bundesfeldherrn und Deutschen Kaiser schildern. S{lichte Wahrheits- liebe und verständnißvolle Darstellungsweise machen die Schrift zu einem Volksbuche im edelsten Sinne des Wortes. Daß die Verlags- handlung den Preis 1 A für das elegant gebundene Buch (15 Bogen gr. Oktav) so überaus niedrig gestellt hat, wird unbedingt das {hne Werk in allen Kreisen einbürgern. :

Kaiser Wilhelm's Vermächtniß an fein Volk. Enthaltend seine Reden, Proklamationen, Kriegsberihte, Briefe 2c. in dem Zeitraum von Uebernahme der Regentschafi bis zu seinem Tode. Mit dem Bilde des Kaisers und dem Facsimile seiner leßten Unter- \chrift, Berlin, 1888. Verlag von Elwin Staude. Ladenpreis 1 M 50 4. Kein Wort ist den Reden, Proklamationen und Kriegs- berihten des Prinz-Regenten, des Königs und des Kaisers hinzugefügt ; se sprechen allein für sich. Ein Gedanke geht wie ein rother Faden dur das ganze Buch, der Gedanke des großen historishen Berufs, den Preußen in Deutschland übernommen und den es erfüllen mußte.

„Kommentar zumAllgemeinen deutshenHandels- geseßbu c. Her ausgegeben von Dr. Ernst Sigismund Puchelt, NReichsgerichts-Rath. Dritte, in Folge der neuen Neichs-Justizgesete vielsah umgearbeitete Auflage“. Zu diesem Kotämentar er]ch{eint im Verlage der Roßberg’s{en Buchhandlung zu Leipzig ein Supple- ment, welches das durch Dr. Julius Petersen, Reichs8gerichts-Rath in Leipzig, und Wilhelm Freiherrn von Pechmann, Rechts- konsulenten der bayerischen Handelsbank in München, erläuterte Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesell- \{aften, vom 18. Juli 1884, enthält. Die vorliegende zweite Lieferung (Ladenpreis 1,60 A) bringt die Erläuterungen zu den Kapiteln 180 bis 185c, welche bei aller juristishen Tiefe und Gründlichkeit ebenso lihtvoll und allgemein verständlich sind, wie die in der ersten Lieferung.

Nr. 6 der „Musikalishen Iugendpost“ bringt ein warm empfundenes Gedicht von L. Hiß „Unseres Heldenkaisers Tod“; eine stimmungsvolle Plauderet von Elise Polko „Die erste Früh- lingsblume“; ferner ein mit feinem Humor gewürztes Märchen „Das Geheimniß der Tropennacht*“ nebft einer ganzseitigen Illustration von Schulte vom Brühl; E. Pasqué's Einführung in die Oper „Martha“ in erzählender und belehrender Form; den Schluß von Haydn's und den Veginn von Mozart's Biographie mit Illustrationen von C, Offter- dinger u. \. w.

Gewerbe und Handel.

Dem Geschäftsberiht der Aktiengesellschaft für Tapetenfabrikation zu Nordhausen pro 1887 entnehmen wir Folgendes: Im Allgemeinen war das Geschäft das ganze Jahr hin- dur ein ziemli lebhaftes, so daß an Rollenzahl bedeutend mehr abgeseßt wurde. Doch hat der Gesammt-Fakturenbetrag den vor- jährigen Umsay nur wenig überschritten, da mehr billige Tapeten verlangt wurden. Von dem erzielten Reingewinn 103 583 # wurden 92 926 M (nämlich für Abschreibung auf Grundstüke und Gebäude 29/0 = 9000 M und 5 °%/% auf Maschinen = 13926 #4) dem Amor- tisations-Conto und 3505 H# dem Delcredere-Conto überwiesen, wäh- rend vom Utensilien-Conto 1000 # abgeschrieben worden sind. Die hiernach verbleibenden 76 150 #4 werden nah den Bestimmungen des Statuts vertheilt, und stellt sch die Dividende für die Aktionäre auf 9/0. Seit Beginn des neuen Jahres war die Fabrik ausreichend ada und ist auch noch für die nächste Zeit mit Aufträgen versehen.

Die Generalversammlung der Essener Credit-Anftalt erledigte die einzelnen Punkte der Tage8ordnung nach den Anträgen der Verwaltung. Die Herren Ernst Osthaus, Hagen, Rich. Bömke, Heinr. Waldthausen, Efsen, Kommerzien-Rath E. Huffmann, Werden, Jul. Grillo, Hamborn wurden für die früher aus- geschiedenen und jeßt auësheidenden Mitglieder gewählt resp. wieder- gewählt. Die Dividende pro 1887, beträgt 5 °/0. Aus dem nit vertheilten Reingewinn beschloß die Generalversammlung, für vie NVebershwemmten den Betrag von 2000, zur Auszahlung zu bringen.

E

p F E L 2A

He

E LiEE S P Ne

R E C S E R

e m i Sn