1888 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 May 1888 18:00:01 GMT) scan diff

bei der Königlichen Regierung zu Düsseldorf der Kataster- Controleur, Steuer-:Jnspektor Michel, bisher in Baumholder,

bei der Königlichen Regierung zu Liegniß der Kataster- Controleur, Steuer-Jnspektor Migula, bisher in Rybnik,

bei der Königlichen Regierung zu Oppeln der Kataster- Controleur, Steuer-Jnspektor Nippe, bisher in Sagan,

bei der Königlichen Regierung zu Merseburg der Kataster- Controleur, Steuer-Fnspektor Rett berg, bisher in Hildesheim,

bei der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O. der Kataster-Controleur, Steuer-Jnspektor Rin ck daselbst,

bei der Königlichen Regierung zu Königsberg i. Pr. der S Steuer-Jnspektor Scherer, bisher in

nesen,

bei der Königlichen Regierung zu Wiesbaden der Kataster- Sekretär, Rechnungs-Rath Willm und, bisher in Köln,

bei der Königlichen Regierung zu Breslau der Kataster- Controleur, Steuer-Jnspektor Zimmer, bisher in Berlin.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. Liste der im Laufe des Etatsjahres 1887/88 der Kontrole der Staatspapiere als aufgerufen und gerichtlich für kraftlos erflärt nachgewiesenen Staatss\chuld- N Urkunden.

I. Staats\huldscheine. Litt. F. Nr. 52910 178699 178 937 211 550 über 100 Thlr.,

Litt. G. Nr. 30 652 32 381 49 277 50 346 über 50 Thlr.

Il. Staats-Prämien-Anleihe von 1855. Serie 1150 Nr. 114 991 über 100 Thlr.

ITI, Staats-Anleihe von 1862, Litt. D. Nr. 4174 über 100 Thlr.

IV, Prioritäts-Obligationen der Niederschle- fisch-Märkischen Eisenbahn. Serie I. Nr. 10855 über 100 Thlr., Serie IIT. Nr. 20 458 21 778 über 100 Thlr.

V, RKonsolidirte 4/¿prozentige Staats-Anleihe. Litt. C. Nr. 344 über 500 Thlr., Litt. D. Nr. 29 779 über 200 Thlr., Litt. E. Nr. 4706 10 087 27 510 36 730 43 118 über 100 Thlr., Litt. F. Nr. 38 766 38 767 38 768 38 769 über 50 Thlr., Litt. K. Nr. 14855 über 500 Æ, Litt, L. Nr. 1477 19 000 28 204 29 736 über 300 M : VI. Konsolidirte 4prozentige Staats-Anleihe. Litt, C. Nr. 11257 61 061 140424 über 1000 M, Litt, E. Nr. 35 773 70392 über 300 Æ, Litt. F. Nr. 42197 über 200 M

VII. Vormals Kurhessische en von 1845, Serie 2990 Nr. 74 732 über 40 Thlr., Serie 5038 Nr. 125 947 über 40 Thlr., Serie 6102 Nr. 152548 über 40 Thlr.

VIIL. Vormals Nassauishe Staats-Anleihe von 1837, Litt. E. Nr. 942 über 500 Fl.

IX, Vormals Nassauishe Staats - Anleihe von 1862. Litt. N. Nr. 4168 über 100 Fl. -

__ Reichsshuldurkunden sind im Laufe des Etats- jahres 1887/88 als aufgerufen und gerihtlih für kraftlos erklärt nicht nachgewiesen. Berlin, don 4. April 1888. Kömy"iche Kontrole der Staatspapiere. Busch. Loose. Gebhardt.

Kriegs-Ministerium.

Dem Militär-Fntendanten Hoffmann ist die Militär- Intendantenstelle des XV, Armee-Corps übertragen worden.

Nichkamlliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 4. Mai. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz arbeitete gestern früh von 71/2 Uhr ab allein und begab Sich um 9 Uhr zu Pferde nah dem Tempelhofer Felde, um der Besichtigung des Garde- Schügßen-Bataillons beizuwohnen.

_Von dort gegen 101/2 Uhr zurügekehrt, arbeitete Se. Kaiserliche Hoheit zunächst wieder allein, empfing dann um 121/4 Uhr den General der Jnfanterie und kommandirenden General des V. Armee-Corps , Freiherrn von Meerscheidt- Hüllessem, den Prinzen Otto zu Schaumburg-Lippe, und den Feldpropst D. Richter mit den zu einer Konferenz in Berlin versammelten Militär-Dberpfarrern.

Nahmittags arbeitete Se. Kaiserliche Hoheit von 21/, Uhr ab mit dem Regierungs-Rath von Brandenstein, unternahm mit Fhrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin eine Spazierfahrt, besuchte bei der Rü- kehr das Atelier des Profe)sors Begas und empfing um 4/4 Uhr den Professor Dr. Gneist zum Vortrage. Dieser wie Freiherr Douglas wurden zur Tafel gezogen.

_ Um 8/2 Uhr folgten die Kronprinzlichen Herrschaften einer Einladung Zhrer Majestät der Kaiserin-Mutter-zum Thee.

Der Bundesrath ertheilte in der am 3. d. M. unter dem Vorsiß des Staats-Ministers, Staatssekretärs des Innern, von Boetticher, abgehaltenen Plenarsizung dem Ent: wurf einer Verordnung, betreffend die Jnkraftsezung des Ge- seßes über die Unfall- und Krankenversiherung der in land-

und forstwirthschaftlihen Betrieben beschäftigten Personen für das Gebiet des Großherzogthums Mecklenburg- Schwerin, dem Entwurf einer Verordnung wegen Er-

gänzung der Verordnung vom 16. August 1876, betreffend die Kautionen der bei der Militär: und der Marineverwal- tung angestellten Beamten, dem Antrag Oldenburgs, betref- fend den Zollanshluß von Brake, und dem Antrage Bremens wegen des E einer Reisstärkefabrik die Zustim- mung. Auf den Vortrag der Ausschüsse für Zoll- und Steuer- wesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen wurde beschlossen, die Steuer-Direktivbehörden zu ermäch: tigen, denjenigen Brennereibesizern, deren wirthschaftliche Lage dies erforderlih macht, auf ihren Antrag die Zahlungs- en t die in den Monaten Mai bis einhließlih August . J. fällig werdenden kreditirten Maischbottichsteuer:Beträge

um eine weitere Frist bis zu drei Monaten zu verlängern. Sodann wurde über den Sr. Majestät dem Kaiser wegen Wiederbeseßung der Stelle des Vorsißenden der Centraldirektion der monumenta Germaniae historica zu unterbreitenden Vor- {lag Beschluß gefaßt. Der Eingabe eines verabschiedeten Reichs- beamten wegen der Erhöhung seines A beschloß die Versammlung keine Folge zu geben. Die Vorlage, betreffend die Verseßung der Stadt Deuze aus der IV. in die III. Servis- klasse wurde den Ausschüssen für Rehnungswesen und für das Landheer und die Festungen zur Vorberathung über- wiesen. ÉEndlih wurde über die Zollbehandlung mehrerer Gegensiände Entscheidung getroffen.

Der heutigen (11.) Sißzung des Herrenhauses, welche der Präsident, Herzog von Ratibor, um 2 Uhr 15 Minuten eröffnete, wohnten der Vize-Präsident des Staats- Ministeriums, von Puttkamer, und die Staats-Minister von Maybach, Dr. von Friedberg und Dr. von Scholz sowie mehrere Regierungskommissarien bei. :

_ Das Haus tritt nach kurzen geshäftlihen Mittheilungen des Präsidenten sofort in die Tagesordnung ein.

: Erster Gegenstand ist die einmalige Schlußberathung über den Geseßentwurf, betreffend die Abänderung des S. 29 des Geseges über die Verfassung der Ver- waltungsgerihte und das Verwaltungs streit- verfahren, vom 3. Juli 1875/2. August 1880.

Der Berichterstatter Herr von Schöning beantragt, der Vorlage unverändert die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen.

Das Haus tritt diesem Antrage ohne Debatte bei. .

Es folgt der mündliche Bericht der Kommission für den Staatshaushalt über die Rechnungen der Kasse der Ober-Rehnungskammer für das Jahr vom 1. April 1886/87, welhen Graf von der Schulenburg-Angern er- stattet. Derselbe beantragt, in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause, die Decharge zu ertheilen. Á

Das Haus beschließt demgemäß ohne jede Diskussion. (Schluß des Blattes.)

Die XII. Kommission des Herren hauses für Vor- berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Regu- lirung der Stromverhältnisse in der Weichsel und Nogat, welcher demselben vom Abgeordnetenhause zu- gegangen, ist am 3. Mai zusammengetreten und bestcht aus 15 Mitgiiedern. Vorsißender ist Freiherr von Tettau, Stell- vertreter des Vorsißenden Herr von Woyrsh, Schriftführer Graf von Dönhoff-Friedrichstein, Stellvertreter des Schrift- führers Graf von Königsmarck-Plaue.

Der Schlußbericht über die gestrige Sizung des Ses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten eilage.

In der heutigen (56.) Sizung des Hauses der

Abgeordneten, welher der Vize-Präsident des Staats- Ministeriums, Minister des Jnnern, von Puttkamer, der Staais-Minister von Boetticher, sowie mehrere Kommissarien beiwohnen, theilt zunächst der den Vorsiy führende Vize- Präsident Dr. Freiherr von Heereman mit, daß der Geseßz- entwurf, betreffend die Verleihung von Korporationsre{hten an Niederlassungen geistliher Orden und ordensähnlicher Kongregationen der katholischen Kirche, vom Herrenhause ein; gegangen sei.

Auf der Tagesordnung steht dritte Berathung des Gesegentwurfs, betreffend die Kreisordnung für die Provinz Shlegwig- Holstein und des Gesegt- entwurfs über die Einführung der Provinzial- ordnung vom 29. Juni 1875 in der Provinz Scch!les- wig-Holstein.

n der Generaldiskussion bedauert Abg. Dr. Seelig die Schaffung eines privilegirten Großgrundbesizes in dieser Provinz, in welcher die Vorbedingungen dafür nahezu ganz fehlten. Die sreisinnige Partei habe dieser Vorlage gegenüber dieselben Bedenken wie bei den übrigen Selbstverwaktungs- geseven seit 1880. Ohne eine gute Landgemeindeordnung sei das Reformwerk nichts als ein unsicherer Pfahlbau. Sehr be- dauerlih sei der Beshluß der zweiten Lesung bezügli der Amtsvorsteher, der die Einführung dieses Jnstituts ganz in das Belieben des Ministers stelle. Die selbständigen Männer der Provinz würden unter den Bedingungen, wie sie die Vorlage jeßt aufstelle, auf die Uebernahme eines derartigen Ehrenamts verzichten müssen. Den antinationalen Tendenzen eines Theils der Bevölkerung werde eine solche Bedeutung beigelegt, daß von dem guten Willen einer Aussöhnung der nationalen Gegensäßge nihts mehr zu merken sei. Ein Theil der Frei- sinnigen werde aus diesen Gründen gegen die Vorlage stimmen. (Schluß des Blattes.)

_ Die Fälschung eines Fleisheinfuhr-Attestes, durch welches die Einfuhr des Fleisches in einen mit einem öffentlichen Schlachthause versehenen Ort (in dem durch Regulativ nur dasjenige auswärtige Fleish zugelassen ist, von welchem durch Attest dargethan wird, daß es von einem einer sachverständigen Untersuhung unterzogenen Thiere her- rührt) ermögliht werden sell, ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 11, Strafsenats, vom 27. Januar d. J, als Urkundenfälschung zu bestrafen.

Fn ciner Berufsgenossenschast bestand die Absicht, eine unter dem 29. Februar 1888 beschlossene Abänderung des Gefahrentarifs auf die Umlage der Genossenschaftsbeiträge für das Jahr 1887 anzuwenden. Das Reichs-Versicherungs- amt ist durch Bescheid vom 21. März d. F (Nr. 522) dem entgegengetreten, weil eine Aenderung des Gefahrentarifs mit rückwirkender Krast sür ein abgelaufenes Rehnungsjahr nicht durchzuführen ist.

A Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Herzoglich sahsen-coburg- und gothaishe Wirklihe Geheime Rath und Staats-Minister Dr. von Bonin, ist hier angekommen.

„Lüneburg, 3. Mai. (W. T. B.) Jhre Majestät die Kaiserin und nigin, Allerhöchstwelhe mit Jhrer König- lihen Hoheit der Prinzessin Victoria nah einer stürmischen A um 21/2 Uhr in Hizacker angekommen war und nach dort tattgehabter Begrüßung durch die Behörden die Reise hierher fortgeseßt hatte, traf um 3 Uhr 20 Min. bier ein, und wurde an dem prächtig geshmückten Bahnhof von dem Regierungs- Präsidenten Lodemann empfangen. Jhre Majestät begab Sich darauf zu Wagen nach dem Rathhaus und wurde auf dem ganzen Wege von den Korporationen, Vereinen und Schulen, welche Spalier bildeten, sowie von der Bevölkerung, welche die Stxaßen füllte, mit enthusiastishen Zurufen begrüßt. Am Rath-

haus verließ Jhr: Majestät mit der Prinzessin Victoria den Wagen. Der Ober-Bürgermeister Lauenstein rihtete eine An- sprache an Jhre Majestät, in welcher er auf die historische Sitte, den neuen Landesherrn im Rathhaus zu empfangen sowie auf die Abstammung Jhrer Majestät der Kaiserin avs dem glorreichen Geschlecht der früheren Herrscher des Landes binwies und weiter hervorhob, daß das Band, weiches die Provinz Hannover mit der preußischen Krone verbinde, dur den Bejuch,welchen Jhre Majestät die Kaiserin auf der Rückehr von einem Werk theilnehmender Liebe und Barmherzigkeit der Stadt Lüneburg abstatte, nur noch fester geknüpft werden könne. Der Ober-Bürgermeister {loß seine Ansprahe mit warmen Wünschen für die Wieder- herstellung Sr. Majestät des Kaisers. Jhre Majestät die Kaiserin antwortete: der Kaiser bedauere es lebhaft, daß Er nicht selbst habe kommen können, Sie werde dem Kaiser aber von dem warmen Empfang, der Jhr zu Theil geworden sei, getreulich berihten. Der Comman- deur des hier garnisonirenden 2. Hannoverschen Dragoner- Regiments Nr. 16, Oberst - Lieutenant Bardeleben, führte sodann zwei Escadrons des Regiments mit der Standarte und Musik im Parademarsh an Jhrer Majestät vorüber. Jhre Majestät begab Sich darauf in das Rathhaus, nahm im Hul- digungssaale die Vorstellung der Spißen der Militär- und Civilbehörden entgegen, besichtigte unter Führung des Ober- Bürgermeisters die Sehenswürdigkeiten des Rathhauses und folgte dann der Einladung der Stadt zu einem Diner, das im Fürstensaale gedeckt und zu welhem 40 Einladungen ergangen waren. Die Abreise Jhrer Majestät erfolgte Abends 6 Uhr über Lauenburg und Büchen.

Vayern. München, 2. Mai. Das „Gesez- und Verordnungsblatt für das KönigreiG Bayern“ ver- öffentliht das Gese, den Haupt-Etat der Militär- verwaltung des Königreihs Bayern für die Zeit vom 1. April 1888 bis 31. März 1889 betreffend. Der einzige Artikel lautet: „Der Haupt-Etat der Militärverwaltung des Königreihs Bayern für die Zeit vom 1, April 1888 bis 31. März 1889 wird nach der in der Beilage enthaltenen Kapital- und Titeleintheilung auf 79 437 078 in Einnahme und Ausgabe festgeseßt. Bezüglich der in den Spezial-Etats zu diesem Haupt-Etat bei den einzelnen Kapiteln und Titeln als übertragungsfähig bezeihneten Fonds wird dem K. Kriegs-Minister das Recht der Uebertragung ein- geräumt.“

Mecklenburg - Schwerin. Schwerin, 3. Mai. Wie wir erfahren, beabsichtigt die Frau Großherzogin-Mutter, da Zhre in Meran bald nah Ostern begonnene Kur bisher von gutem Erfolg gewesen ist, daselbst noch bis zum nächsten Monat zu verweilen.

Sachsen-Weimar-Eisenah. Weimar, 3. Mai. (Th. C.) Der Großherzog und die Großherzogin befinden si, nach den aus dem Haag einlaufenten Nachrichten, in bestem Wohlsein. Am 30. v. M. wohnten Jhre Königlichen Hoheiten in Rotterdam einer Vorstellung zum Besten der Ueber- shwemmten in Deutschland bei.

Das Großherzogliche Seminar für Volksshul- lehrer hierselbst, eine Schöpfung Herder's, begeht im August d. J. die Feier seines hundertjährigen Bestehens Die Anstalt, die vielfah auch von Ausländern besuht worden ist, hat in segensreiher Weise gewirkt und nimmt auch E unter den Anstalten ähnliher Art eine hervorragende Stelle ein.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 2. Mai. (Ldsztg. für Elj.-Lothr.) Jn der Nummer des „Elsässer Journals“ vom 1, Mai d. J. ist ein Schreiben des Barons Charpentier, Mit- glieds des Landesausshusses, an den Redacteur des Blattes veröffentliht, in welhem darüber Klage geführt wird, daß troy der von hier gegebenen Weisung die Grenz-Polizeibeamten von den über die Landesgrenze zureisenden Franzosen die Vorzeigung einer Aufenthaltsbewilligung fordern, daß ferner die durch wichtige und dringende Angelegenheiten in das Reichsland gerufenen Personen in ihren Reisen aufge- halten werden oder sich sogar zur Rückehr genöthigt sehen, und daß derartige Fälle täglih vorkommen. Der Herr Ver- fasser des Schreibens wird diese Behauptungen zu beweisen haben. Vorläufig müssen dieselben bestritten werden; denn außer dem Fall, der dem Ministerium am 1. April bekannt wurde und zu einer sofortigen Remedur Veranlassung gab, ist bei dem Ministerium nicht ein einziger Fall zur Anzeige

gebraht worden, in welhem ein Grenz - Polizeibeamter, der aus Anlaß des erwähnten Vorgangs ertheilten Weisung zuwider gehandelt hätte. Es hat somit bisher

auch keinerlei Grund vorgelegen, die an die gedahten Beamten sowie an die Kreis-Direktoren und Bezirks-Präsidenten erlassenen, die Behandlung der fraglichen Angelegenheiten im Einzelnen regelnden Verfügungen von Neuem einzuschärfen ; vielmehr ist von der Gewissenhaftigkeit und Pflihttreue unserer Beamten zu erwarten, daß Leßtere die gegebenen Vorschriften genau befolgen. Wenn das Schreiben ferner behauptet, daß die Regierung auf alle Beshwerden mit einem „non possumus“

antworte und sich dabei auf die von Berlin ge- gebenen Weisungen _ berufe, so ist diese Behauptung ledigli der Phantasie des Herrn Einsenders entsprungen.

Sollen unter den „Beschwerden“ solche gemeint sein, die in Angelegenheiten der Grenzpolizei erhoben worden sind, fo genügt zur Widerlegung jener Behauptung der Hinweis auf die Thatsache, daß bei dem Ministerium bisher nur eine Be- schwerde eingegangen ist und sofortige Abstellung erfahren hat. Hat aber der Herr Verfasser des Schreibens etwa die Beschwerden im Sinne, welhe im Landesausshuß von einigen Mitgliedern in Form allgemeiner Klagen über die gegen Ausländer ergriffenen Maßnahmen erhoben worden sind, so hat auf dieje Klagen die Regierung im Landesausschuß mit der Erklärung geantwortet, daß das Peinlihe und Lästige einzelner Maßregeln nicht zu verkennen sei, dafür aber, daß folhe überhaupt nothwendig geworden seien, diejenigen verantwortlich gemacht werden müßten, welhe sich Elfaß- Lothringen zum Schauplag ihres verrätherishen Treibens aus- ersehen hätten und die Stimmung der Bevölkerung nit zur Ruhe kommen ließen. Hierin und nicht, wie das Schreiben annimmt, in dem Ausfall der Reichstagswahlen vom Februar 1887 liegt die Veranlassung zu jenen Maßnahmen, welche sich im Wesentlichen als ein Akt der Abwehr gegen alle deutschfeindlihen und die Sicherheit des Neihs be- drohenden Bestrebungen darstellen. Daß unter diesen Maßregeln auch derjenige Theil der Bevölkerung leidet, welcher den soeben „gekennzeichneten Bestrebungen fernsteht oder dieselben mißbilligt, kann Niemand mehr beklagen als die Regierung

jelbst. Mit so großer Genugthuung dieselbe auch den Ausfall der vorjährigen Ergänzungswahl zum Reichstage sowie ein- elner Wahlen zum Bezirkstage und zum Landesauss{huß als nzeichen dafür begrüßt hat, daß in gewissen Theilen des Landes das Verständniß für die wahren Interessen der Be- völterung zum praktischen Ausdru gelangt ist, so haben anderer- seits die demnächst ermittelten landesverrätherishen Umtriebe zu der traurigen Ueberzeugung führen müssen, daß im Lande noch ein fruhtbarer Boden für feindselige Einflüsse vorhanden ist. So lange nicht die sichere und allseitige Gewähr dafür geboten ist, daß die Zustände des Landes die Anwen- dung der von der Regierung zur Erfüllung ihrer wichtigen Aufgaben ergriffenen Maßnahmen nicht mehr erheischen, kann eine Aenderung nicht erfolgen. Versprehungen, wie sie das Schreiben andeutet, sind Seitens der Regierung niht gemnackcht worden. Es wird die Aufgabe der besonnenen Elemente der Bevölkerung sein, mit allen Kräften darauf hinzuwirken, daß der Zeitpunkt, welcher eine Aenderung der bestehenden An- ordnungen zuläßt, möglichst bald eintrete.“

Oesterreih-Ungarn. Wien, 2. Mai (Wien. Ztg.) Jn der heutigen Sigung des Abgeordnetenhauses wurde die Debatte über Kap. 9 „Ministerium für Kultus und Unterricht“, Tit. 1 „Centralleitung“, beendet. Der Titel „Centralleitung“ wurde mit 189 gegen 53 Stimmen genehmigt.

Das Subcomité des Spiritussteuer-Aus\husses verhandelte in seiner lezten Sizung über die Bestimmungen bezüglih der Meßapparate; durch welche die Quantität und Gradhältigkeit des erzeugten Spiritus für die Kontrole festgestellt werden soll. Nah längerer Debatte, in welcher der Regierungsvertreter, Sektionshef Nitter von Baum- gartner wiederholt Aufklärungen über tehnishe Details der Kontrole gab, wurde ein vom Abg. Dr. Menger ge- stelter Antrag auf Einführung .von Sammelgefäßen abgelehnt, und wurden hierauf die bezüglichen £8. 52 bis 56 der Regierungsvorlage unverändert angenommen. Ebenso ge- langten die 88. 56 und 60 unverändert zur Annahme. Die Berathung über die W. 31 bis 50, betreffend die Kessel- brennereien, wurde vertagt, da nah der Mittheilung des Ob- manns Freiherrn von Nadherny diesbezüglich noch Verhand- lungen zwischen der österreichishen und der ungarischen Regierung gepflogen werden.

Pest, 2. Mai. (Presse.) Die liberale Partei acceptirte in der heutigen Klubkonferenz nach kurzer Diskussion die Gesetzßesvorlage, betreffend die Ertheilung der weiteren Staatsgarantie an die Kaschau-Oderberger, die Nordost- und die Ungarisch-galizishe Bahn.

Großbritannien und Jrland. London, 3. Mai. (W. T. B.) Fn der heutigen Sißung des Unterhauses theilte der Unter - Staatssekretär des Auswärtigen, Fer- gusson, mit: die englishe Regierung habe darin ge- willigt, daß der Distrikt von Apia wieder der Kontrole der Regierung von Samoa unterstellt werde, jedoch den in dem Vertrag der Mächte stipulirten Bestimmungen unterworfen bleiben solle. Fergusson erklärte ferner, daß keine offiziellen Verhandlungen zwishen dem Auswärtigen Amt und dem Herzog von Norfolk oder einem katholischen Bischof über irgend einen Gegenstand der irischen Politik stattgefunden hätten. Lord Salisbury sei mit dem Herzog von Norfolk persönlich befreundet, und es sei daher wahr- \cheinlih, daß dieselben sich oft über Jrland unter- halien hätten. Campbell fragte an, ob nicht offizielle Verhandlungen zwishen Lord Salisbury und dem Papst stattgefunden hätten. Fergusson verlangte eine Vertagung dieser Anfrage. Das Haus nahm sodann ohne Debatte in erster Lesung die von dcr Regierung eingebrachte Bill, betreffend bessere Vorkehrungen für die nationale Vertheidigung, an. Bei der darauf folgenden Berathung des Berichts über die Einnahme- Budget-Bill crneuerte die Opposition ihre An- griffe gegen die Erhöhung des Weinzolls. Letztere wurde indeß mit 207 gegen 115 Stimmen genehmigt. Goschen hatte bei der Debatte Namens der Re- gierung die Erklärung wiederholt, daß die Regierung nur die kostspieligen Weine höher besteuern wolle. Einen Werth- zoll bei Wein halte er für unmöglih; die Frage, ob ein Werth-Limitum eingeführt werden könne, werde indeß von der Regierung erwogen, und es werde eventuell später eine Bill t werden, welche für die Zollausnahmen ein Limitum

eststelle.

Der nationalislishe Deputirte William O'Brien, welcher am 14. v. M. wegen einer in Loughrea gehaltenen Rede verhaftet wurde, ist heute von dem Gericht in Loughrea zu dreimonatlihem Gefängniß, jedoch niht zu Zwangsarbeit, verurtheilt worden. E

(A. C.) Aus Fndien wird gemeldet: Die direkte Eisenbahnverbindung mit Mandalay wurde am 29, April vollendet. Eyub Khan trat am 28. v. M. die Reise von Bagdad nah Jndien an. . .

Ottawa, 26. April. (A. C.) Da die Republiken von Mittel- und Südamerika sowie Hayti, San Domingo und Brasilien beschlossen haben, im nächsten April Delegirte nah Washington zu entsenden, um einer Konvention beizuwohnen, deren Zweck die Förderung eines amerikani- shen Zollvereins mit Auéeshluß von British-Amerika ist, schlägt die canadische Regierung jeßt vor, Schritte zu thun, um ähnlihe Abordnungen nah Ottawa eimuladen zwecks

erstellung eines Zollvereins zwischen jenen Ländern und ritish-Amerifka.

Jtalien. Rom, 3. Mai. (W. T. B.) Der Deputirte Mussi wird Namens der äußersten Linken den von 19 Deputirten unterzeihneten Antrag in der Kammer ein- bringen : die Kammer bedauere, daß der Ursprung der Expe- dition nah Afrika ihrem Votum entzogen worden sei, und fordere, weil die Expedition gegen das Jnteresse und das Prestige des Landes fei, die Regierung auf, das Expeditions- corps zurückzurufen. ; '

3. Mai. (W. T. B) Jn der heutigen Sigzung der Deputirtenkammer erklärte 1n Beantwortung der Inter- pellation Bovio's über die Beziehungen Ftaliens zu Frankreich der Minister-Präsident Cri spi: er werde sich auf eine akademishe Diskussion über die Politik anderer Regierungen nicht einlassen. Jtalien sei mit Deutschland und Oesterrei zu dem gemeinsamen Zweck verbündet, den Frieden und die Ordnung in Europa aufrecht zu erhalten. Diese beiden Allianzen seien die einzigen, die den Jnteressen Jtaliens auf

dem Kontinent entsprächen, gerade so wie cine Allianz mit England die einzige sei, durh welche Jtaliens Jnteressen zur See entsprohen werde. Gegen die obgedahten Allianzen Jtaliens habe er sich niemals ausgeiprochen, wie Bovio de- haupte; er sei vielmehr immer, als Deputirter wie als Minister, für deren Nothwendigkeit eingetreten. Er treibe keine ideo- logische, sondern eine praktische Politik, treu dem Ursprunge gtaliens, durch welhes dem Lande die Pflicht auferlegt sei, in Europa das Recht der Nationalitäten zu vertheidigen. Die Allianzen Jtaliens müßten aber von der Art sein, daß dur die- selben die Stellung Jtaliens garantirt werde, da es do unmög- lih sei, die Ereignisse vorherzusehen. Die Regierung habe gar niht anders handeln können und dürfen. Was Frankrei an- gehe, so seien Jtaliens Beziehungen zu demjelben gute. Die Regierung werde niemals einer Angriffspolitik gegen Frankreih zustimmen; es dürfe andcrerseits aber auch nicht vergessen werden, daß Ftalien bestehe und daß es sich entwideln müsse. Das Mittelmeer werde kein italienisher See sein, ebensowenig aber dürfe es ein fran- zösisher See sein. Bovio erklärte sih von der Antwort nicht befriedigt, enthielt sich aber eines weiteren Antrags. Derenzi und Bonghi behielten sih vor, ih über die Po- litik der Regierung weiter auszusprechen, nahdem weitere Aufklärungen Seitens derselben erfolgt seien. Pozzoloni erklärte sich durch die Mittheilungen der Regierung be- friedigt. Der Minister - Präsident Crispi bestätigte seine gestrige Mittheilung und erklärte aufs Neue, daß er den Frieden wolle, und daß er darauf rechne, unter Wahrung der Würde Jtaliens in einiger Zeit zu cinem solchen zu ge- langen. Der Präsident der Kammer gab alsdann Kenntniß von den bereits gemeldeten Anträgen Baccarini's und Mussi's. Auf Wunsch des Minister-Präsidenten Crispi beshloß die Kammer, am nächsten Mittwoch auf die Berathung dieser Anträge einzugehen.

3. Mai. (W. T. B.) Nach Telegrammen aus Massovah wird sich General San Marzano morgen nah Jtalien einschiffen. Derselbe empfing heute die Abschieds- Aufwartung der Behörden sowie der europäischen und ein- heimischen Notabeln. i i

Der Papst empfing heute Mittag die spanischen Pilger und gab in seiner Antwort auf die von dem Weihbischof von Saragossa verlesene Adres se seiner Befriedigung darüber Ausdruck, daß die spanischen Katholiken den Pilgern der anderen Nationen sich angeschlossen hätten. Der Papst be- tonte die unter den Katholiken herrschende Einigkeit, deutete auf die Carolinenfrage hin, bei der er sihch in besonderer Weise mit Spanien beschäftigt habe, empfahl die Beobachtung der leßten von ihm erlassenen Encykliken und ertheilte den Pilgern s\{ließlich den Segen. Am Sonnabend wird der Papst für alle hier befindlihen Pilger eine Messe celebriren.

Griechenland. Athen, 4. Mai. (W. T. B.) Der türkische Gesandte Feridun Bey zeigte gestern Abend dem Minister-Präsidenten Trikupis an, daß der ihm ertheilte Befehl, nach Konstantinopel zu kommen, zurück- genommen sei.

Serbien. Belgrad, 3. Mai. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentliht das vom König sanktio- nirte Geseg über Aufhebung des Vertrages mit der Tabackmonopol-Gesellschaft.

Amerika. Washington, 30. April. (A. C.) Der Präsident Cleveland ernannte Mr. Melville W. Fuller aus Fllinois zum Dberrihter des obersten Bundesgerichtshofes an Stelle des verstorbenen Oberrichters Waite.

2. Mai. Jn der heutigen Vollzugssißzung des Senats überreichte die Mehrheit der Kommission für auswärtige An-

elegenheiten einen Beriht gegen die Ratifikation des S S beldeutrages. Afrika. Egypten. Cairo, 29. April. (Telegr. des

„Daily Chronicle. “) Viele Flüchtlinge von Omdurman jollen in Wady Halfa eingetroffen sein, obgleich sih die Nachrichten darüber widersprehen. Eingeborene, welhe aus dem Hauptquartier des Mahdi entflohen sind, erzählen, daß der Mahdi von seinem Stellvertreter ermordet worden sei

und daß der Letztere jegt an der Spige stehe. Sicher ist, daß eine bombastishe Proklamation im Namen des Mahdi veröffentliht wurde. Alle Gläubigen wer-

den darin aufgefordert, gemeinsame Sache mit den Der- wischen zu machen. Die Proklamation erklärt, daß die Mah- disten Abessinien erobert und den Feind gezwungen haben, zu fliehen. Das Schriftstück ist in ganz Ober-Egypten verbreitet und foll auf die Eingeborenen einen großen Eindruck gemacht haben, besonders deshalb, weil es darin heißt, daß die Jtaliener von Massovah abziehen.

Aus Suakim wird der „Times“ unterm 30. v. M. ge- meldet, daß die dortige Garnison erwarte, von den Rebellen angegriffen zu werden. Jm Lager ist die Nach- riht eingegangen, daß eine starke Abtheilung des Stammes Baggara unter Abu Girgeh zu den Truppen Osman Digma's in Handub gestoßen sei. Die Baggaras bewohnen Kordofan und beschäftigen {h in der Gegend von El Obeid und Chartum mit dem Sklavenhandel und der Viehzuht. Ein Angriff auf Suakim wird vor dem Beginn des Man erwartet. Osman Digma's Streitmacht umfaßt 3000 Mann mit aht Feldgeshützen. j

Südafrikanishe Republik. Pretoria, 30. April. (R. B.) Hr. Krüger wurde mit überwiegender Stimmen: E wieder zum Präsidenten des Transvaalstaats gewählt.

Zeitungsftimmen.

Das „Deutsche Tageblatt“ schreibt:

Die bekannte Auéweisun :smaßregel des Schweizer Bundesraths bat in den Führerkreisen der sozialen Revolution gewaltig vershnupft und auch das bürgerlihe Demokratenthum hält sich verpflichtet, den Sozialdemokraten im Schimpfen auf die eidgenössishe Centralregie- rung Gesellschaft zu leisten, wäre es auch nur deshalb, weil man unter allen Umständen sih auf den Gegner der deutshen Reichspolitik binausspielen muß. Es ist klar, daß Leute von dem St(lage unserer Oppositionsfanatiker, deren ganzes Treiben durch das Axiom: „Ich kenne die Gründe der Regierung nit, aber ih mißbillige sie“ bestimmt wird, sich auf eine Prüfung des Thatbestandes oder der Rechtéfrage prinzipiell nit einlassen, in dem rihtigen Gefühl, daß ihre Sache sofort und rettungslos verloren sein würde, sollten sie sie mit Logik und Gründen verfehten. In der Schweiz aber, wo die Behörden und das ruhige Bürgerthum den

sozialrevolutionären Umstur: feit Jahr und Tag \ich ärger baben entwideln feben, berrs{cht fast allgemeine Befriedigung über das energisve Auftreten der Centralregierung, namentlich nah- dem der A'gwobn, als bâtte der Bundesrath etwa unter dem Einfluß eines ron Berlin aus geübten ungebührlihen Druckes seine betreffende Ents@ließung gefaßt, in glaubhafter, jeden Zweifel ausscließender Weise widerlegt worden ist. Es kommt kbinzu, daß von einem jeßt erst geschaffenen und in seinen Folgen einstweilen unabsehbaren Prä- cedens durchaus feine Rede sein kann, im Gegentheil die S{bweiz {hon wiederbelt feinen Anstand genommen hat, Subjekten die Thür zu weifen, deren Gebahren für das gute Einvernehmen der Eid- genofsenshaft mit anderen Nationen kompromittirend war. Das Gros des sckweizerishen Volkes ist entrüstet über den Mißbrauch, den die fremden Sozialrevolutionâre mit der ibren gewährten Gastfreund- fcaft getrieben baben, und verlangt von dem Bundesratb, daß er fortan mit verschärfter Aufmerksamkeit darüber wache, daß die inter- nationalen Beziehungen der Eidgenossenshaft niht ferner in frivoler Weise von landfremden fkatilinarishen Erxistenzen auf das Spiel geseßt werden. Beachtenswerth erscheint noch folgender Pafsus, den der mit den amtlichen Berner Kreisen in enger Füblung itebende „Bund“ sich aus den „Bündener Nachrichten“ aneignet. Nachdem das Blatt betont hat, man brauße nit an einen permanenten Druck von Deuts{land oder an wiederholte deute Noten zu denken, O e Handlungsweise des Bundesratbs erklärlich zu finden, fährt es fort:

„Die Sc{bweiz befindet fich zur Zeit in einer \{chwierigen und Angesihts von möglicher Weise bald eintretenden großen Ereignissen selbft gefährlichen Lage. Im Bunteêrath wird man darüber mehr wissen, als das Publikum vermuthen kann. Daß der Bundes- rath darauf verzichtet, diese Gefahren als SHreckmärchen auszu- spielen, um die Ausweisung zu rechtfertigen, beweist noh keineswegs, daß fie niht besteben. Nun kat der Bundesrath die Pflicht, das schwcizerisGe Staatsschiflein wenn möglih den nahen- den Stürmen zu entziehen, und wenn sie da sind, zu suchen, es glüd- lih birdurGzuschiffen. Das wird kaum geschehen, obne das die eine oder andere setner Maßregeln als inecpportun, unbillig, ungerecht und vielleiht selbst als ungeseßli angesehen wird. Eine dieser Maß- regeln, die ron der cinen Seite im Gefühl der großen Verantwort- lihfeit, die ihr obliegt, gefaßt sein, von der andern Seite mit Be- forgniß und felbst Unwillen angesehen werden mag, ist gerade die Ausweisung von Bernstein und Korsorten. Nit ein von Deutsch- land ausgeübter Druck, als vielmehr Erwägungen für die Zukunft der Schweiz, mit einem anderen frivoleren Wort: die „Staatsraison“ hat sie veranlaßt.“

Die „Landes - Zeitung fürElsaß-Lothringen“ sagt über den Außenhandel Deutschlands und Frankreichs in dem Jahrzehnt von 1876 bis 1885: j

Das Mißtrauen, das man der Statistik, troß deren großer Ent- wicklung im Laufe der lctten Jahrzehnte, in weiten Kreisen entgegen- oringt, tritt ganz besonders bei den handelsstatistishen Untersuchungen zu Tage. Bis zu gewissem Grade niht mit Unrecht. Benn man allerdings mit den Zablen jeder«cit das beweisen kann, was man be- weisen will, so wird sicherlih gerade auf dein Gebiet der hbandels- politisben Fragen von dieser Fähigkeit der Zahlen, in tendenziöser Weise fich um- und entstellen zu lassen, am allermcisten Gebrau gemavbt.

Allein davon ganz abgesehen: die Schwierigkeiten, die \ch einer brauchbaren zuverlässigen Statistik entgegenstellen, sind bei dem aus- wärtigen Handels8verkehr außergewöhnlih gro. Wir baben bier, um nur die hauptsächlibsten anzudeuten, mit der Thatsache zu renen, daß die Werihberechnung bei den verschiedenen Nationen keineswegs nach gleiher Methode erfolgt, und daß andererseits im gleichen Staat die Qualitä!enbestimmung oftmals in kurzen Zeiträumen aus technis{en oder sonstigen Gründen Umänderungen erfährt, die cine bedeutende Erschwerung für die Herstellung U Zablenmaterials mit si bringen. Dazu kommt speziell bei uns in Deutschland der mißlihe Umstand binzu, daß die als musterbaft an- erkannten handelsftatistischen Veröffentlibungen unseres Kaiserlihen Statistischen Amts bisber gezwungen waren, die bedeutendsten See- hâfen Deutschlands, Hamburg und Bremen, als Ausland zu be- bandeln; alles was über diese beiden wihtigen Seestädte aus dem deutschen Zollgebiet nah dem Auslande oder von leßterem nach dem deutshen Zollgebiet ging, konnte nur in jenen Fällen dem Verkehr mit dem betreffenden fremden Staat zugerebnet werden, in denen der Bestimmungsort oder die Herkunft der Waaren aus den Begleit- briefen oder durch Deklaration der inländisten Absender und Empfänger genau zu ermitteln war. E

Bei solher Sachlage werden wir desto dankbarer die mühsame Arbeit einer anerkannten Autorität auf diesem Gebiet entgegennehmen, in der uns mit größtmögliher Senauigfkeit ein eingehendes Bild der Entwickelung geboten wird, welche der Außenhandel des Deutschen Rei&s und Frankreihs in dem leßten Jahrzehnt genommen hat: es ist dies eine in Conrad's Iahrbüchern für Natioralökonomie und Statistik veröffentlidte Abhandlung von Ad. Soetbeer über „Deutsch- lands und Frankreich8s auêwärtigen Handel in den Jahren 1876 bis 1885“.

Vollständig liegt uns die Darstellung des Handels8verkehr3 vor, der zwischen Deutschland beziehungäweise Frankreich und den sämmt- lien wirthschaftlich bedeutenden Staaten Europas bestezt. Fafsen wir hier bezüglich Deutschlands dessen Ausfuhrbandel ins Auge, so finden wir einen Rückgang in den letzten fünf Jahren gegenüber der zweiten Hälfte der 70:r Jahre nur in Belgien und Rußland, hier um 19,8, dort nur um 4,1%. In allen übrigen europäishen Ländern ift die Einfuhr aus Deutschland in der ge2edacten Zeit gestiegen, wenig in Großbritannien, Norwegen und Oesterreih-Ungarn (ca. 6—7 9/0), in Dänemark über 20, in den Niederlanden, Shweden und Rumänien 50—60, in Italien um 108 und volleads in Spanien um volle 285 9/0 (also fast auf das Vierfache gestiegen)!

Dawir die alten merkantilistischen AnsGauungen, na denen nur dur starken einseitigen Handelsrerkehr eine blühende Volkëäwirthschaft ge- kennzeicbnet wird, galückliher Weise längst überwunden haben, werden wir im Zusammenhange mit vorstehenden Angaben auch nach der Lage und Entwickelung des Einfuhbrhandels aus den genannten Ländern 1ach Deutscbland fragen. Auch bier finden wir, wenn wir wieder die beiden obigen Zeiträume zu Grunde legen, einen bedeutenden Aufs{wung, der aber binter den cben besprochenen Ausfukbrverbhältnissen stark zurückbleibt. Nur in zwei Ländern, in Italien und Rumänien, zeigen sih_uns auf- fallend hohe Steigerungs8zahlen : dort eine Zunahme um 177, in letz- terem sogar um 208%. In anderen Staaten ist eine Zunahme nah- zuweisen, die sih zwishen 30 und 459% bewegt, so in den Nieder- landen, Spanien und Schweden; in Dänemark, Rußland, Oesterreih- Ungarn und Großbritannien beträgt die Zunahme weniger als 10 9%, wibreud in Belgien und Norwegen eine kleine Abnahme zu ver- zeichnen ift. E

Nebmen wir dem gegenüber nunmehr die auf die franzößschen Ein- und Ausfuhrverbältnisse bezüglihen Mittheilungen zur Hand, so finden wir. daß nur in einem einzigen Staat, in Dänemark, die Ein- fuhr aus Frankrei um den dritten Theil (35 °/6) zugenommen hat, während die Zunahme in den Niederlanden, Spanien, Italien und Oesterreih-Ungarn sih zwiscen 10 und 14% bewegt, in Rußland und Rumänien nur b bezw. 3/9 beirägt; in Schweden, Norwegen, Belgien und Großbritannien bat eine Abnahme bis zu 12 9/6 statt- gefunden. Demgegenüber zeigt sh auh bei der nah Frankrei ge- rihteten Arsfuhr nur s{waches Leben; nur die Ausfuhr aus Spanien und aus Oefterreib-Ungarn nah Frankreih ist um 100 bezw. um 509% gestiegen, während die Entwikelung bei den übrigen Staaten ¿wischen 10 9/6 Zunahme und etwa 15 9% Abnahme \{chwankt.

Weniger erschöpfend sind diz Mittheilungen, die si auf die außer- europäischen Länder beziehen. Dieselben erstrecken sich nur auf die Vereinigten Staaten, Argentinien, Uruguay und Chile, während z. B. Indien, Mexiko, Brasilien, vor Allem Japan und China nicht ber- beigezogen werden fonnten. Bei den genannten vier Staaten unter-

[iegt es keinem Zweifel, daß ihr Handelsverkehr mit Deutschland in unverhältnißmäßig \tärkerem Maße sich entwickelt hat, als der mit