1908 / 267 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 Nov 1908 18:00:01 GMT) scan diff

[ußkbt. „Vaterland“ geht heute von Tshung-

S. M. i Wanhsien (Yangtse) ab. M D ma E es i von Daresfalam

nach der Mansabucht in See.

Oesterreich-Ungarn. Der Erzherzog Franz Ferdinand hat, „W. T. B.“ zufolge, E / die bosnish herzegowinishe Huldigungs-

abordnung feierlich empfangen.

Der Minister des Jnnern Graf Andrassy hat heute dem ungarischen Abgeordnetenhause den Geseßentwurf Über die Wahlreform vorgelegt.

Wie das „W. T. B.* meldet, ist dem eingehend motivierten Entwurf gemäß jeder 24 jährige Staatébürger, der seit einem Jahr an einem Ort ansässig is, Wähler. Die des Lesens und Schreibens Unkundigen - wählen derartig, daß eine Gruppe von zehn Analphabeten einen Wahlmann wählt. Dieses indirekte Wahlrecht der Analphabeten ist damit begründet, daß nahezu ein Drittel der Wählermasse Analphabeten sind. Durch den Gesezentwurf wird die Wählerzahl von 1,1 Million auf 2,6 Millionen vermehrt. Um nun infolge dieser außerordentiihen Ausdehnung des Wathl- rechts das bisherige Gleihgewiht nicht allzu ebr U VEXe rücken, und die Veberlegenheit der intelligenten Klassen zu wahren, wird das Pluralvotum eingeführt. Dieses Pluralvotum besigt jedoch keinen antidemokratishen (harakter. Alle diejenigen, die 32 Fahre alt sind, threr Militärpfliht genügt baben, 3 Kinder haben, oder Arbeiter, die 5 Jahre in demselben Betriebe tätig sind, können zwei Stimmen erlangen. «Man rechnet, daß 3000 Arbeitern auf dieser Grundlage das Pluralvotum zustehen wird. Als weitere Bedingung zur Erlangung von zwei Stimmen führt der Geseßentwurf die Absolvierung der unteren Klasse - der Mittel\chule und Zahlung einer direkten Jahressteuer von 20 Kronen an. Zwei Stimmen hat ferner der Arbeitgeber, der in seinem Be- triebe einen Aibeiter beschäftigt. Dreifahe Stimme hat derjenige, der cine Mittelshule ganz durhgemacht hat oder 109 Kronen direkte JIahressteuer entrichtet. Der Zw-ck dieses Plural- systems ist dahin gerichtet, daß die gesamte politische Macht niht in die Hinde von Leuten gerate, die niht imstande And, diese Macht im Interesse des Landes und im eigenen wohlverstandenen Interesse auszuüben. Der Gesegzentwurf behält das bisher übliche öffen!lihe Abstimmungsyerfahren mit der Begrün- dung bei, daß die Ausübung des Wahlrechts, da sie im öffentlidhen Intertfse geschieht, auH nicht der öffentlißen Kontrolle entzogen

arf. j | v dto Véklags wird nur in Verbindung mit der Vorlage

über die Wahlbezirke in Kraft treten, die demnächst unter-

breitet wird. 4 Frankreich.

Jn dem gestern im Elysée abgehaltenen Ministerrat aid der Minister des Aeußern Pichon, „W. T. B.“ zu- folge, Mitteilung von dem zwischen der deutschen und der französishen Regierung ha der Casablancaangelegenheit

b lossenen Uebereinkommen. A | i : s Das Gelbbu ch, das die französishe Regierung über Marokko ausgeben wird, wird, derselben Quelle zufolge, nicht die auf die Deserteure von Casablanca bezüglihen Dokumente enthalten. Die Vorlegung dieser Dokumente bleibt für das Schiedsgericht vorbehalten.

Niederlande. i

In der Zweiten Kammer stand geftern das Kolonial-

daet zur Beratung. ÿ E Der Minister die Kolonien nahm, wie das ,W. T. B.

i fe der Debatte die Kolonialarmee in Atschi gegen den geri, hg FagL dee Sraulamtegen begargen zu haben. Ver Minister wies. M E “bit, daß eine unparteiishe Unters suchúng durch- ten Oberbetehlshaber

geben habe, daß von der Acmee die Kriegögebräuce zivilisierter V

‘auf das genauesté beobachtet würden. Der Minister verteidigte *zoch die Haltung des Seneral-

ouverneurs van Heut2z und führte in&,* daß es dem System des Boneraïgonpèrneurs zu verdanken sei, daß Atshi unterworfen sei und

Beruhigung Plat zu greifen beginne.

Luxemburg. : Die ordentlihe Tagung der Deputiertenkammer ist L eröffnet dr Der Staatsminister Eyschen teilte, W. T. B.“ zufolge, mit, daß die geistigen Kräfte des Großherzogs derart abgenommen hätten, daß die Ein- setzung einer Regentschaft nötig werde. Belgien. i Der Senat und -die*Deputiertenkammer haben gestern die Session eröffnet. Wie das „W. T. B.“ meldet, wählte der Senat Simonis, die Kammer Cooremans wiederum zu Präsidenten. Beide Parlamente haben sih dann bis zur Beratung des Budgets vertagt. Türkei. Der russishe Botschafter in Konstantinopel Sin owiew ist, 6 “E P oleroburgée Telegraphen-Agentur* zufolge, be-. nachrichtigt worden, daß die Türkei zum Beweise ihrer fried- lichen Bestrebungen heute mit der Auflösung der Reserven von fünf Divisionen des dritten und vierten Korps be- gonyren habe. Aus dem gleihen Grunde is die Einberufung der Reservisten der übrigen Divisionen eingestellt worden. Die Orientbahnen haben gestern, nah einer Mel- dung der „Frankfuxter Zeitung“, den bulgarischen Delegierten ihre Forderungen unterbreitet, die sich auf Erstattung des Eigentumswertes, Exploitationswertes und Wertes von rollendem Material sowie ve:sciedener Jmmobilien erstrecken. Die Gesamtsumme beträgt 145 Millionen Franken.

Amerika, A

Die chilenishe Deputiertenkammer hat, „W.T.B.“ ufolge, hate eine Geseßesvorlage angenommen, durch welche Ee Nugznießung von Bewässerungsanlagen geregilt iird. Auch soll die Regierung ermächtigt sein, den Bau oder die Wiederhe! stellung von Kanälen, artesishen Brunnen und anderen fkünstlihen Bewässerungsanlagen auszuführen oder durch Unternehmer ausführen zu lassen.

Asien.

Wie das „W. T. B.“ aus Urmia meldet, hat der Gouverneur vorgestern Vertreter aller Stände der Bevölkerung

und die ehemaligen Mitglieder des Endshumens zu einer

Sitzung aufgefordert, in der er sie bat, der revolutionären

Gärung ein Ende zu machen. Er erklärte, er würde im Falle n Unruhen aus der Stadt abreisen und sie “ihrem

Schisale überlassen.

Die Kaiserin-Witwe von China ist, nah einer Meldung des „Reutershen Bureaus“, {wer erkrankt. Die

Parlamentarische Nachrichten.

Der Shlußbericht über die gestrige Sißung des Reichs- tags Ge sich R der Ersten und Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (169.) Sißung des Reichstägs,

welcher der Reichskanzler Fürst von Bülow, der Staats- Ce des AUONE Dr. von Bethmann Me der Staatssekretär des Reichsmarineamis , dmiral von Tirpiß, der Maa etar des Reichspostamts Kraetke,

erer Flotte ist einfah eine dira necessitas. England braudt u T U. ftärker ift als die zweier Großstaaten. Stärke liegt im Landheer, mit dem wir auch einen Krieg gegen 2 Fronten fiegreich durchsühren könnten. eine sekundäre Bedeutung. Vergrößerung der englischen Flotte auch wir zur Vermehrung unserer

loite gedrängt werden. 1 So diet A fo werden wir uns mit ihm verftändigen können.

Unsere

Unsere Flotte hat nur Wir tragen keine Schuld, wenn durch

Erkennt England diesen Standpu: ki als (Schluß des Blattes.)

der Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg,

der Staatssekretär des Reichsshazamts Sydow und der stellvertretende Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Kiderlen-Waechter beiwohnten, wurde die Besprechung der fünf Fnterpellationen, betreffend die Veröffent- lihungén im „Daily Telegraph“, fortgeseßt.

Abg. Freiherr von Gamp-Massaunen (Rp.): Ih glaube nit, daß die Art und Weise, wie gestern der Abg. Liebermann von Sonnenberg Kritik an den gegenwärtigen Verhältnifsen geübt hat, in allen Kreisen der konservativen Partei Billigung und volle Zu- stimmung gefunden hat; ih glaube auÿ niht, im Westen; dort wird eine große Zahl pairiotisher Leute diese Art Kritik nist gutheißen. Nicht Zorn und Erbitterung, sondern ernste Sorge um des Vate:landes Wohl über diese Vorkommnisse erfüllt jedes patrio- tische Herz Es ift geradezu ein tragishes Geschick, daß ein Kaiser, der so viele hervorragende Eiger schaften hat, dem die Arbeiter soviel verdanken (Widerspruch bei den Sozialdemokraten), jawobl, dem die Arbeiter durch setne Sozial- und Kolonialpolitik soviel verdanken, sodaß dies von Tausenden von Arbeitern empfunden wird, daß ein solher Herrscher im i Widerspruch steht mit den An- \{auungen der großen Masse der Bevölkerung, daß er aus den Vorkommnifsen seines bisherigen Lebens so wenig Lehre gezogen bat. Ich erblicke die hauptsächlihste Ursache diefer Vor- fommnisse darin, daß nach dem Abgange des Fürsten Bis- marck der Kaiser nicht Männer alé Reichskanzler zur Seite gehabt hat, die den Mut, den Willen und die Macht hatten, ihre verfafsungs- mäßigen Pflichten und Aufgaben auch nah oben hin zu wahren. Der Graf Caprivi war ein Soldat, er hat es oft ausgesprochen, daß er als Soldat nur die Befehle des Kaisers zu befolgen habe. Daß ein solder Reichskanzler einen maßgebenden Einfluß auf den Kaiser niht hat gewinnen könnea, ift klar. Auch von dem alien ehrwürdigen, von mir sehr ges@äßten Fürfien Hohenlobe wird niemand einen solhen Girfluß haben erwarten können, einem Manne, der. ih ja gewiß hervorragende Verdienste um die deutsche Nation, und die Einigkeit der deuischen Nation erworben bat und der wohl hier und da Gelegenheit gehabt hat, seinen Eirfluß bei dem Kaiser zur Geltung zu bringen. Bei dieser Sallage hatte der Fürst von Bülow, als er sein Amt übernahm, einen besonders {weren Stand. Ich glaube aber sicher, daß die Annalen und Archive werden nahweisen können, daß es dem Fürsten Bülow gelungen ist, auf den Kaiser einen bestimmenden Eirfluß auszuüben. Ich will auf die Verfehlungen des Auswärtigen Amts nicht eingeben, da der Abg. von Dirksen, der {veziell auf diesem Gebiete besondere Erfahrungen hat, sich diese Aufgabe gestellt hat. Ich will meinerseits nur erklären, daß ih die Angriffe, die fich gegen den Fürs Bülow in dieser Beziehung rihten, für außerordentlich übertrieben halte. Ich bin per- fönlich der Ansicht, daß viele Beamte sehr viel mehr \chuldig find an dieser Sache als er, daß es bloß ein Akt der Courtoisie und der Gentizität is, daß er die Verantwortung über- nommen hat. Der Abg. Freiherr von Hertling hat die gestrige Debatte als einen Wendepunkt im parlamentarishen Leben bezeich et. Hoffentlich wird sie einen Wendepunkt im Leben des Kaisers bedeuten. Der Reichskanzler bat gestern die Erwartung ausgesprohen, daß sich der Kaiser în setzen Privatgesprähen diejenige Zurückhaltung auferlegen werde, die für die, einheitlihe Politik des Reiches unerläßlich ift. Es wäre çtwünsht und geboten, daß der Reichs- kanzler uns die Tatsachzn mitgeteilt hätte, beziehungsweise mitteilt, auf die er diese Ueberzeugung stüßt. Kann er uns denn die Garantie geben, daß auch ‘fein Nachfolger die Verantwdr- tung übernehmen würd, wean solche Vorkommnisse fi wicderbolen? Vielleicht i fein Nachfolger ein Gereral. Stellt sich dieser wieder auf den Standpunkt, daß er nur die Befehle seines Kaisers und Herrn ju befolgen habe, dann sind Ko: flikte mit dem Ausland und innere Krisen ganz unvermeidlich. Ich habe aus den Aeußerungen des Kanzlers nit die Gewähr entnehmen können, daß fih folhe Fälle, wie sie vorgekommen find, nit wiederholen werden. Der Kaiser sollte mit den besten Männern det Nation in Fühlung treten. (Zwischenruf bei den Sozialdemokraten.) Sie rechne ich niht dazu. Und diese Männer müßten sich dem Kaiser gegenüber ofen aussprehen, während der Kaiser jeßt nur Männer emp‘ängt, um thnen seine Meinung zu sagen. Der Reichskanzler nennt die Aeußerungen des Kaisers private Aeuße- rungen. Sicherlich is nicht jede Aeußerung des Kaisers eine Regierungshandlung, die der Mitwirkung des Reichskanzlers bedarf. Aber Aeufßerurgen über die auswärtige Politik bedürfen jeden- falls dieser Deckung. Wenn der Kaiser Zielpunkte der Politik angibt, muß der Reichékarzler dazu Stellung nehmen und sich aus- drüdlich damit einverstanden erklären. Vorher darf der Kaiser über diese Z elpunkte auch nicht eine private Mitteilung machen. Bei Gesprähen mit Ausländern muß man besonders vorsichtig fein. Die Engländer haben kein politishes Empfinden für die d:utschen Interessen und können beim besten Willen die deutsch n Ber- hältnisse niht rihtig beurteilen. Erfreuliherweise hat der Neichs- kanzler erklärt, daß deutshe Behörcken in keiner Weise bei dem sogenannten Feldzugsplan gegen die Buren mitgewinkt haben. Die Aeußerungen des Kaisers waren geeignet, in der englischen Be- völkerung Mißtrauen zu erwecken. Gewiß hatte die deutsche Nation große Sympathie für die Buren, aber das war kin feindlicher Akt gegen England, sondern der Ausdruck des Mitleids für die- jenigen, die zum Kawpf um ihre Existenz gezwungen waren. Auch in Frankreih und Rußland, -ja in der ganzen gebildeten Welt war Sympathie für die Buren. Auch das englishe Volk und selbst die englishe Regierung baben {on aus Mitleid für einzelne Staaten Partei genommen; ih erinnere an den Protest Englands gegen die Beschießung von Paris 1871 das war kein freundlicher Akt gegen Deutschland —, an die Parteinahme gegen Preußen und Rußland zur Zeit des polnischen Aufstands 1863. Ich erinnere ferner an die Glorifizierung der russishen Revolutionä:e im englischen Parlament, infolge deren der Kaiser von Rußland niht mit dem König von England zusammenkomwen konnte. Be- züglih des Aufstandes von 1863 sagte der Fürst Bismarck in feiner Rede vom 6. Februar 1888: „Ich werde es nie vergessen, wie ih in jener Zeit der Sorgen den Besuh empfing von dem englisden Botschafter und dem französischen Vertreter, die mir die Hôlle beiß maten über das unverantwortlihe Festhalten der preußischen Politik an der russishen“. Auch in der Politik ift alles hon einmal dagewesen, auf dem politishen Schachbrett wechseln die Figuren. 1863 bestürmten Frankreich und England Preußen, #ich gegen Rußland zu wenden, und 1960 ftehen Rußland und Frankrei gegen England. Derartige Vorkommnisse müssen vergessen werden, damit die kulturele Ertwicklung der - Nationen nicht leidet, und sie wäre au: in England vergessen, wenn nicht zwei Momente England verstimmten. Das ift einmal die große industrielle Entwicklung Deutschlands, die England bedroht, die Bill über das „Made in Germany“ hat versagt und nur die Leistungsfähigkeit der deutshen Industrie gezeigt. (Abg. Horn -Sachsen (Soz.): Zur Sale!) Sie sind doch niht der Piäsident. Das zweite ungünstige Moment is die Vermehrung der- deutshen Flotte, die in England Besorgnis erregt. Aker das Deuische Reih mit seinem internationalen Handel von 15 Milliarden mit allen Ländern der Welt braucht eine Flotte, um diesen gewaltigen Handel zu \{chüten, fowie auch um unser Landheer zu unterstüßen. 1870 bravchten wir

Wohlfahrtspflege.

Das Bestehorn-Haus in Aschersleben. Als einst die

Stadt Asteréleben dem Geheimen Kommerzienrat H. C. Bestehorn

als Anerkennung für sein gemeinnügiges Wirken den Ehrenbürger-

brief C GEE, beantwortete er diese Hindlung mit Ueberreichung

einer Stiftung von 350 000 4, aus welchem Betrage ein Jugend-

und Volksheim errihtet werden sollte. Den Spender deckt

seit Jahren die kühle Erde, aber sein Werk wurde von

seinen Söhnen, den Kommerzienräten Otto und Richard

Bestehorn durchgeführt. Nah außen und innen vollendet,

unter Berücksi htigung aller neuesten hygienishen Forderungen und in

der Bauausführung einen Shmuck der Stadt bietend, steht nun das

„Bestehorn-Haus“ da und konnte am 22 Oktober feierlih eingeweiht

und seinem Zwecke übergeben werden. Ohne Unterschied des Standes

stehen die \{öaen hohen Säle, reich mit Büchern und sonstigen

Materialien ausgestattet, Gefellshaftélokale, Lese- und Studierzimimer

allen aus der Jugend und dem Volke, die aus der Last des Tages

und der Woche heraus eine Feierstunde des Geistes begehen wollen,

zur Verfügung. Der Berichterstatter der „Magdeb. Ztg.“ ergeht

fh in mehreren Spalten über die Einzelheiten der erhebenden Einweihungsfeier, zu der von den Söhnen zahlreihe Gäste eingeladen waren. Man sah den Oberpräsideaten der Provinz und den NRegterungspräsidenten, den Oberbürgecmeister der Stadt und die Bürgermeister der Nachbarstädte, den Oberbürgermeister Magdeburas und viele höhere Beamte und Volksfreunde an dem feierlihen Akt teilnehmen. Das imposante Volksheim is von dem Dresdner Architekten Beck erbaut, dem allseitiges Lob für seine hervor- ragende Leistung zuteil wurde. Kommerzienrat Otto Beltehorn entwidelte die Intentionen seines Vaters über die Zw cke des Baues in folgenden Werten, die man als ein allgemeines Pro- gramm für Volksgeselligkeit auffassen kann: „Die Tatsache, daß in unserem Volke eine-immer größere Entfremdung und Scheidunz der einzelnen Gesellshaftsklafsen, besonders der Arbeitgeber und der Arbeit- nehmer in Industrie, L:ndwirtshzft, Handwerk und Handel zu Tage tritt, sodaß ein aemeinsames schaffensfreudiges Zusammenarbeiten auf immer größere Schwieri, keiten 10ßt, bat in uns den Wunsch rege ge- macht, an einem Wiederzusammens{chluß und besseren gegenseitigen NVerständnis mitzuhelfen. Als ein Mittel zur Förderung dieser Auf- gabe erscheint uns die Schaffung eines geeigneten Hauses, in welhem sich alle Bevs kerungskreise, insbesondere auch die beranwacsende Sugend, zur Pfl-ge von Kunst und Wissenschaft, zu körperlicher und geistiger Ausbildung und zu frohem L-tensgenuß zusammerfinden können. - Das Haus soll eine Stätie sein, in der ohne Vernat- lässigung der gegenseitigen Ahtung und Ehrerbietung der Mensch dem Menschen näher tritt.“ Diese Gedanken fanden bei ten Rednern der sih anschließenden Festtafel eine Variierung nah allen Seiten ; sie lassen die Schlußfolgerung zu, daß es ciner Reihe einflußreicher Pers sonen ernstlich am H:rzen liegt, aus dem „Bestehorn-Haus* in Ashhers- leben ein Institut zu entwickeln, das als Muster der Jugendbildung und der Volksunterhaltung weithin Anregung tragen wird.

Kunst und Wissenschaft. Zweite Herbstausstellung bei F. Gurlitt.

er tütige Weimarer Professor Th. Hagen hat eine ansehn- liche A E von Landschaftsbildera bei Gurlitt ausgestellt, fast aus{{ließli4 Motive aus der nächsten Umgebung Weimars. Dort lebt Hagen seit Jahrzehnten und seit Jahrzehnten hat er den s{lichten Reijen dieser Gegend seine Kunst gewidmet. In täglihem Verkehr mit dieser - sprôden, dem Fremden nüchtern erscheinenden Landschaft ist er tief eingedrungen in ihr besonderes Wesen, in ihre \pezifishe Schönheit. Die sucht er niht an den bus@- bewahsenen UÜ:ern der Ilm, sondern dort, wo sich die Linien der Hochebene in die Weite dehnen, nah dem Ettersberg und nach Erfurt zu. Dort müssen die prachtvollen Bilder „Feld- sheune“, „Körnhaufen* und vor allem „In der Ernte“ entstanden sein. Mit ganz großen Augen ist hier die Natur gefehen. Wunde! bar ist der ernste Zusammenklang der großen, gedehnten Kurven von Höhen- ¡ügen und Talsenkung, verbunden mit dem herben Akkord der Farkten. Der gleiche {!ichte, männliwe Sinn sprit auch aus anderen Bildern, wie „Juni“, „Dorfstraße“, „Feldweg“, „Wiesenweg*. Landschaften anderen Charaftecs liegen offenbar der besonderen Begabung des Künstlers nicht, wie die Dana und „S@hloß Niedeck in der

¡ffel* zeigen: Hagen ift kein Romantiker. L as Su hat drei prächtige Blumenstück: ausgestellt, Flohs, Nelken und Astern. Mit schr feinem Geshmack ist den Blumensträußen eine ihrer Eigenart entsprehende Umgebung aegeben, den etwas derben Astern cine handfest. bäuerisce, ein 1önetner Topf, eine buntbemalte Schachtel; die eleganten Nelken find da- gegen auf einen weißgedeckten Tisch neben kostbares, altes Porzellan geitellt. /

S@ließlich find in der Ausstellung neben einigen Bildern, Rer E SLe2lé und Conrad Staikes 40 getuïste Zeichnungen Constantin Guys (1802—1892) zu sehen. In leicht karikierender Manier sind elegonte Figuren und Gruppen ter Zeit des Zweiten Kaiserreihs festgehalten. Mit besonderem Verçcnügen s{childert der Künstler das Leben im Bois de Boulogne: Damen, die spazieren fahren, Herren, die zu Pferd die Wagen begleiten. E.

A. F. In ihrer leßten Fabsßung nohm die Gefellshaft für Erdkunde : ua Bortrag von Piofessor Dr. E. Fraas aus Stuttgart entgegen über „Geologish-geogtraphische Beobachtungen in Ostafrika". Al3 Begleiter eines |üddeutshen Großindustriellen, der ein für Baumwollkultur geeignetes, großes Gebiet autfindig zu machen beabsichtigte, reiste ter Vortragende im September vorigen Jahres zunähst von Daretsalam aus unter Benußung der Eiserbahn nah Mèrogoro und febrte von hier nah einem Bi such des Rubet ogebirges in Mfogára, Hauptplaß Kilofsa, und des Ngurugebirges in der Nâhe von Mhonda zur Küste zurück. Der Ausflug nahm vier Wohen in An- spruh. Eire zweite Exkursion führte auf der britishen Uaanda, Cisen- bahn von Mombasa n3ch Port Flcrince om V'ctoria Nyansa See, an dessen teutsher Küste längerer Aufenthalt in Muansa im A und in Bukoba im Westen genommen wurde. Nah Mcmbafa zurüd- gekehrt, fand Professor Fraas bier etne dringende Einladung zum Besu , des Südostens von Deut Ostafrika, der er Folge gab Nachdem mit dem erften Dampfer von Mombasa nah dem \üdlihsten Hafen M unserer Küste, Lindi, gelangt war, brate eire längere Wanderung fu

orsher zum Mbekuru, tem iweitnördlihen Küster fluß wes Ls weicher annähernd parcll l dem Grenzsirom Rcvuma ia der unsere Kolon'e von den pozutugiesishen Bef hungen trennt. A erwartete Profeffor Fraas eine große Ueberraihung. Es war gu nah - Mombasa nur gemeldet worden, daß \sich in einem P Det Gebtet viele Ueberreste vorweltlicher Tiere gefunden hätten. E Tatbestand übertraf die gehegte Erwartung bei weitem; E Boden war“ in bedeutender Ausdebnung beteckt von Sfk-leitei E jener riesigen Saurier und Dinofaurier, die Professor Fraas ea feinem Besuch der entspre@enden amerikanishen Fundftätte im We

Gerüchte, sie sei gestorben, find fals.

2 bis 3 Armeekorps zum Schuß unserer Küste. Die Erhal'ung

der Union genau kannte. Schon eine karze Prüfung belehrte darüber,

daß die afrikanischen Funde den amerikanischen mindestens ebenbürtig seièn, denen sie au darin gleichen, daß hier wie dort die Fundstä te der Jura-Formation angehört. Um einen Ueberblick zu gewinnen, wurte das hohe trock.ne Gras im Bushwald abgebrannt und dann an 12 Stellen, die leiht hätten beliebig vermehrt werden können, eine fotgfältige, überall erfolgreihe Untersuhung angestellt. Da sich die einzelnen Skeletteile zwar gut erhalten, aber bunt durceinander- gewürfelt fanden einzelne davon von fo gewaltigen Dimensionen, daß ein Hinterbein mit 3# m, ein Beckenknohen als 1 m weit ge- mefffsen wurde —, so beschloß der Forscher, an ihm geeignet \heinender Stelle eine Ausgrabung vorzunehmen, von der er hoffte, daß sie noch zusammenhängende Gerippe zutage fördern werde. Der Erfolg gab ibm auch diesmal rect, es wurde zu einem Teil wenigstens das woklerhaltene Skelett eines riesigen Sauriers freigelegt, das den Diplodocus des Berliner Museums in den Schatten stellt; denn die Wirbel dieses Riesen waren um wenigstens ein Drittel größer als die entsprechenden Wirbel unseres Diplodocus. Leider verhinderte die gewaltige Größe und Schwere aller Knochen, davon etwas mitzunehmen, ein besonders interessanter Teil wog 85 Pfund, was einer sehr re:chlichen Trägerlast g!eihfkommt, und der Reisende hatte nur wenige Träger und vor allem kein geetgnetes Gerät zur Ausgrabung und Bergung der bvor- waIiges Schäße bei sich. Es ‘toerden bierjür besordere Veranstaltungen getroffen werden müssen. Mit dem Recht des Entdeckers Hat Professor Fraas jenen Saurier den Namen Gigantosaurus augustus africanus gegeben. Ueber die geologischen Verhältnisse Deutsch. Ostafrikas gab der Vortragende interessante Auf- {lüfse. Mindestens 1/16 des Landes gehört dem Urgebirge, und zwar sehr alten Formationen ‘an. Ein granitishes Massiv von beträßt- liher Ausdehnung stellt das Gebiet von Unyamwesß dar, das |ch vom 2. bis 6. Grade f. Br. im Süden des Victoria Nyansa crstreckt, und defsen bedeutendster Play Tabora ist, wo sih die Straßen nah dem Victoria Nyansa und dem Tanganyika-See scheiden. Ein großer Mantel von Schiefergesteinen umgibt den gesamten Aufbau Deutsch- Ostafrikas, der im wesentlichen ein einförmizes Hochplateau bilden würde, wenn nit eine hödst merkwürdige Gliederung stattgefunden bätte, die von großem Einfluß auf die geozraphis@en Verhältnisse und den landfaftlihen Charakter Deutsch. Ositafrikas ist, bewirkt dur ge- waliige Einbrüche, die in meridionaler Richtung während der Tertiär- zeit ftattgefunden haken und die ihren bedeutendsten Ausdruck in der stärksten dieser tektonishen Verwerfurgen findet, der sich als großer afrikanisher Graben“ vom Nordende des Nyassa- Sees aus, die von diesem eingenommene Furche fortfeßend und unsere Kolonie mit den abwehselungsreichsten landschaftlihen Bildern bereiernd, gen Norden erstreckt. Denn diese mähtigen Einsenkungen haben nit bloß; die Entstehung von hohen Gebirg8wällen an ihren Rändern und von großen und kleinen Wasserbecken in ihr-n Klüften begünstigt, sie haben vor allem den vulkanish-n K:äften des Erdianecrn einen Ausweg geöffnet und v-lkanishe Gipfel getürmt, die zu den hö#sten Erhebungen des Landes gehören. Ds, gleih dm Nyassasee, au der Victoria Nyansa als etn Grabenvprodu?t zu denken ift, ershet1.t aus vershiedenen Gründen frags li. Wahrsh inlih it die Entstehung dieses in ein großes granitisces Gebiet eingejenften Sees erst an zweiter Stelle auch tektonishen Wirkungen zuzuschreiben; mindestens ergaben die vom Vortragenden am Westufer b i Bukobz untersuten Gebirgés&ichten keine Störung ibrer Lage, sie zeigen übereinander gelagert, nordsüdlich streihend Granit, Schiefer, Quarzit, rur unterbrechen durch eine Anzabl nah dem See gerihteter Brüche. Anders verhalten sich die Schihten am Oftufer, und die tiefere Einsenkung des östlichen Teils des S-es sowie deutli erem bare Schidtenverwerfurgen machen bier tektonis&e Ein- flüfse wahrscheinlich (Jn der Diskussion wurde die Tatsache erwähnt, daß hier an einer Stelle Unterlagerung dec unteren Kreide durch die obere, alo vollstäntize Umkehr der Schichten festgestellt sei ) Bei den vom Vortrazenden am Westufer des S-es vorgenommenen Unter- suhungen baben sih recht me kwü:dige Verhältnisse des Quarzits er- geben. Während dies weitverbreitete Ma'!eiial bei uns als absolut wasserfest gilt, Haben andere klimatiihe Verbältnisse vielleicht zerstôöre-de Wirkungen des Wassers auf Quorzit begünstigt und hier Karstbildungen zur Folge gehabt, die sich in nihts von der Karst- formation in den Ka!kgebirgen der Ba!kanhalbfnsel unterscheiden. Auch viele Hundert zuaängliche Höhlen gibt es hier, cine dankbare Aufgabe für künft!ge Höblenforshung. L.i-er war es Professor Fraas nit möglich, îin die eine oder andere dieser Höhlen einzudringen, teils wegen der unüberwindlihen Angst der Eingeborenen daror, teils weil fie von Fledermäusen in so großer Zahl wimmeltecn, daß si das Eindringen verbot. Von großem Interesse waren dem Vortragenden die steilen und hoben Gebirge in der Nähe der Oiküste, die er von Kilossa und Mhonda aus besuchte. Prächtige Profile davon zeigten thm einige Einshzitte an der Daresfalam-Mrogoro-Ei'ens babn, die ein steil aufgerihtetes fristallinishes Gebirge erkennen ließen, auffällig-rweise hier wie an arderen Stellen chne - den sich sonst an das Urgebirge anshließenden Sandsteinbelag. Bei PMrogoro finden si große Alabasternester. Es scheint, daß diese Gebirge den Erosionsfaum darstellen, mit dem seit der Furaperiode das alte Festland an das Meer grenzte, also den alten Strand. Ie weiter wan sich vom großen Zentralgebiet nach der Küste entfernt, desto jünger werden die Formationen. Bei Mombasa liegt der Juraformation die Kreide auf, mit den deutlien Anzeichen, daß zwishen oberem Jura und unterer Kreide eine Periode weit- gehender Abwaschungen geherrscht hat, deren Opfer der jurassishe Sand- stein war, der ungeheur? Sandmengen dem Jura- und Kretdemeer ¡uführte. Als Zeug?n dessen und gewaltiger Abwashungen au des Triasfandsteins gelten die aus Urgestein und Sandstein best-Henden fonglomeratis@en Küstenformationen und deren Reichtum an den Leitfossilien der betreffenden Erdentwicklung?perioden, der Belemniten und Ammoniten. Aus diesen sehr beträhtlichen Auswasungen erklärt sich au der heutige Charafter der Kreideformationen Deutsch Ostafrikas, denen wie z. B. ôöstlich Mhonda oder bei Korogwe an der Uiambarabahn eine Reihe sogenannter Inselberge angehören, die ursprünglih als Scholien des J-rameeres in die Kreide eingeschlossen, sie g’wisser- maßen durragend, allmäblih ausgewashen worden sind und sich nun als {3ne Geb gskegel, den benahba1tezn Steilrändern der Urgebirge borgelagert darstellen. Hier liegt eine gewisse Aehnlichkeit mit unter verwandten Verhältnifsen entstandenen Bildungen der {chwäbischen Alp vor. Ihren Charakter als einstmalige Küstenwäßter verl-ugnen diese Jnselb-rge niht; denn, während sie aus 100—150 m mächtigem Sandstein bestehen. dem jede Spur moräner Reste feblt, und der genau wie der {wätische Keuper mit verschiedenen Ton- \hihten durhsegt ist und Mergellager, alo aus\{chließlich terrestrisch: Bil- dungen, enthäit, finden sih in dea obersten Deckschichicn viele dick- \ckalige Aufternmusch-ln und Ammoniten. Zum Schluß teiite Pro- fessor Fraas eine besonders interessante Beobachtung mit: Die gleiche, für Küstenaewässer ckarakteristishe Aust-rnmuschel fand er au in ompafter Schicht auf ten verfallenden Küstenmauern, die nabe von oæbafa vor 3 oder 400 Jahren von den Arabern errichtet worden sind und hcute die größte Fluthöhe um wenigsters 5 m über- ragen. Sée müssen also innerhalb der 3 oder 4 Jahrhunderte vom Meere längere Zeit überspült gewesen sein, woraus auf eine ofzillierende Bewegung der Küïte zu ließen ift. Die gleiche Be- oèah!ung wude in der Diskujsion au von einer Stelle an der Küste im Süden unserer Kolonie berih'et. Die stolze Höhe des Kilimands@ar o hat Professor F:aas nur während seiner Fahrt auf [e Uzanda- Bahn gejehen, von der er lobend hervorhebt, daß ihre angsame Fahrt ihm gestaitet habe, auch den Anblick der s{önsten

tele des afrifanishen Grabens mit Muße zu gerteßen, dis daß die langen Aufenthalte auf den Stationen überall t Böshungen mit Nußen zu studieren erlaubten. In der ih

A den beifällig aufgenommenen Vortrag anschließenden Dis- tision wurde zu den Beobachtungen über Quarzit noch ben ecteilt, daß auch das Bergland nordwestlich von Kilwa aus Quarzit estehe und daß ih hier deutlih dessen Entstehung aus durch Druck mnetamcrphosierrem Sandstein zeige. Von den Inseln Sansibar und a9 wurde beri{tet, daß si: aus. 125 und £0 m mättigen Geröll-

Yten bestehen und daß der Kanal zwishen Pembo und dem Fest-

dankte dem Redner für seinen das Verständnis der Landschaft und der Küstenformaticn Deuts Oftafrikas ‘vermittelnden, anrezenden Vortrag Und knüpfte daran die Hoffnung, es möge Professor Fraas vergönnt fein, seine epohemacenden paläozoishen Funde persönlich in den gesicherten Besiß der Museen zu b:ingen. i

, Aus der Tagesordnung der Novemberfizung stand zunächst die Wabl des Vorstandes der Gesellschaft für Erdkunde für, das Jahr 1909. Es wurden gewäblt zum Ersten Vo1sizenden Geheimer Bergrat Profeffor Dr. Wahnschaffe, zu steÜvertretenden S die Herren Hellmann und P-nk, zu Schriftführern die Herren Ebeling und Georg Wegener. Allseitig begrüßt wurde die Mitteilung, daß eine die Damen von der Teilnahme an der Gesellschaft ausfchließende Bestimmung aufgehoben worden sei. DRAf Damen haben alsbald ihren Beitritt angemeldet. Einziger Gegenstand der Tage2ordnung war ein Vortrag des Oberleutnants zur See Trolle aus Kopenhagen über die „Danmark“ Expedition nah Nordost- Grönland 1906 bis 1908. Einleitend erinnerte der Vorsitzende, Geheimrat Hellmann daran, daß es kaum 4 Jahre her sei, als der ausgezeichnete Leiter dieser Expedition, der zu unserem tiefen Schmerz dabei urtergegangene Myltus Eriksen, in der Gesellschaft für Erdkunde rah einem glück- lichen Vorstoß ¡ur Oftküste Grönlants seine Absicht aussprach, dies

erk in einem zweiten Unterrehmen zu vollenden und ganze Gewiß- heit über die noch unbekannten nordöstlichen Küsten Grönlands zu verschaffen. Jn Vorfag dieser Atsiht veriieß dann unter Mylius Eriksens Führung im Sommer 1906 eine große Expedition Kopenhagen. Sie hat ruhmvoll ihre Aufgabe zu Gnde geführt und den leßten noG unbekannt gewefenen Küstenteil Grönlands von dem nördlihsten Punkt aus, an dem Peary unte: 835° n. Br. von Westen her kommend anlangte, bis zu dem Punkte \üdlih hiervon an der Ostküste, dén die deuishe Erpedikion unter Coldewey 1868 als damals nördlihsten Punkt erreichte, mit tunlister Genauigkeit erforicht und fartographisch festgelegt, sodaß heute kein Zweifel mehr besteht, daß Grönland eine Insel is und fih nit bis zum Pol erstreckt. Die Expedition ist vor wenig Wochen erst zurückzekehrt, aber mit stiller Webmut ift die Genugtuung über ibre Erfo!ge gemischt; denn nit bloß ihr Führer, sondern au zwei seiner Gefährten mußten diese Ecfolge mit dem Opfer ihres L-bens ¡u bezahlen, Oberleutnant zur See Trolle hatte, naSdem Eriksens Tod zu trauriger Gewißheit geworden, die Leitung übernommen. Er war im Heimathafen angelangt glei bereit, der Gesellschaft für Erdkunde, als erster niht dänischer Gesellschaft ein- gebenden Bericht zu erstatten Ihm ift für dies Entgegenkommen zu danken. Noch begrüßte der Vorsizende den der Sizung beiwohnenden Herrn sandten Dänemarks und den gleichfalls anwesenden Meteo- rologen «Dr. Alfred Wegener, der an der Expedition beteiligt war und ihr wichtige Dienste geleiflet hat.

Bon dem dur viele Lichtbilder erläuterten Vortrag des Ober- leutnants Trolle ist in tunlihster Kürze folgendes zu berihten: Am 31. Juli 1906 wurde der Rand des in ungeheuxer Breite die Küste versperrenden Eises erreiht. Die Aufgabe, in den verschiedenen, ge- wöhnlih fehr engen Kanälen sich der Küite zu nähern, war eine Geduldprobe, denn nit nur erwiesen si die Kanäle häufig als Sack&- gafsen, das Eis unterlag auch infolge von Unterstrômungen {wer er- Tennbaren und in Rechnung zu ziehenden Bewegungen. Einmal war das tühtine Schiff „Danmark* volle 36 Stunden ganz vom Eise bloÆiert. Eadlih am 13. Aagust war man am Larde und legte das Schiff an einer sicheren Stelle, einem sich nach Süden öfnenden Hafer, nit allzufern von jenem Punkte voc Anker, bis zu dem die deutshe Expedition seinerzeit vorgedrungen war. Da es ganz unwögli® sien, das Eis nach Norden zu durchbrechen, hat das Schiff hiec bis zum Avtritt der Heimreise, also beinahe 2 Jahre, gelegen. Alle Au! flüge längs der Küste und ins Innere des Landes sind demncch zu Fuß, zu Schlitten, der von Hunden gezogen wurde, und versuhsweise mit einem Automobil gemacht worden. Letzteres versagte aber nah anfängliher Bewährung, sobald Schnee lag, so vollständig, daß von seiner Benutzung abgesehen werden mußte. Sobald man sih nahe dem Schiff am La- de eingerihtet und ver- schiedene Stationéthäuser, auch“ etne“ befondere meteorologis§e Station angelegt hatte, begannen die Ausflüge, unter denen die Jagdauétflüge sich arfänglih reht erfolgreich erwiesen; denn es gelang, 13 Walrosse zu erlegen und damit für den Winter einen großen Fieishvorrat einzuheim'en. Leider war das Tagetliht {hon sehr stark in der Abnahme begriffen, sodaß sih die

tropishen Waldes, große Verschiedenheiten zwishen Meeres- und Luft- temperatux bei Konstanz der ersteren auf d 1 0, f

studterte Tierleben zeigt geringe Mannigfaltigkeit unter den Säâuge- tieren Bären, Füchse, Hasen, Walroß dagegen, im Somwmer zumal, ein reiches Vogelleben ein für die Unbilden der Witterun mit einem dichten Federkleid versehener „Strandläufer“ ist etne auf- fällige Erscheinung —. Auch dem Tierleben des Meeres wurde große Aufmerksamkeit gewidmet. Jn tiefer Bewegung gab der Vortragende gegen den Seluß seines Berichtes eine Sch'lderung des Verlustes von Mylius Eriksen und seiner Begleiter. Sie erlagen im November 1907 ihrer Bewegung keit infolge erfrorener Füße und eilitten infolge hiervon den Hungertod; Mylius Eriksen wahrsheinlich 10 Tage später als seine Begleiter, aber in geringer Gntfernung von jenen. Seine Auf- ¡eihnunrgen reien bis kurze Zeit vor seinem tragishea Ende. Man fand die Leichen “etwas* südlich von derem oben genannten maleriscken Felsen unter 80° n. B,, niht allzu fern von der Küste, und errichtete

zum Gedäcßtnis der drei Märtyrer der Wissenschaft einen weithin

sihtbaren, durch ein Kreuz gekrönten Malhügel.

Jagd. *

Morgen, Donnerstag, den 12. d. M, findet Königliche Partorcejagd statt. Stelldihein: Mittags 121/, Ugr an der Kommandantur in Döberig.

Literatur.

Die Kämpfe der deutshen Truppen in Südwest- afrifka. Auf Grund amtlichen Materials bearbeitet von der Krieg3geschichtlichen Abteilung T des Großen General- stabes. Verlag der Königlichen Hofbuchhandlung E. S. Mittler u. Sohn, Beilin (Pr. 30 4). Die vorliegende Schrift bildet eine Fortsezung des 6. (Schluß-) Heftes dieser für die weitesten Kreise des deutshen Volkes bestimmten Veröffentlihung und erzählt in der be- kannten, leiht verständlihen, fefselnden Weise von Mo ren gas Ende und dem Zug Erdckerts gegen Simon Kopper in die Kala- hari. Die Schilderung, wie den hartnäigen, starrsinnigen Frieden9-

| stôrer Morenga durch das Zusammenwirken beutsher und englischer

Truppen endlich auf britishem Boden, in einem Gefecht mit einer Abteilung der ihn verfolgenten Kappolizei, am 20. September 1907 sein Schicksal ereilte, bietet besonders s\pannende Momente. Sie wirft vornehmlich auch interessante Schlaglichter auf De T0 überaus anfirengende u-d entsagungsvolle Tätigkeit unserer Afrika - Kämpfer, den mit Klima und Bocen- verbäl!nissen vertrauten feindlichen Bandenfübrern gegenüber. Dasselbe gili von dem hierauf beschriebenen erfolgreihen Zuge des

vielbewährlen Hauptmanns von Erckert gegen ben gleichfalls nach -

dem Frieden von Ufamas (23 12. 1906) in die Kalahzriwüste ent- wicbenen Dilogmann Simon Kopper, dessen wohlbewaffnete Banden eine stete Gefahr für Farmer, Frachtfahrer und Transportkolonnen bildeten. Dorthin, in die {wer zugängliche, ihn {chüßende Wudnis,

wo er fi als Herr fühlte, rihtete sih nun, nah monatelanger Vorberei- -

tung, die Expedition Erckert. Am 15. März 1908 sah endlich der raft- lose und kühne Mann fein Ziel in erreihbarer Nähe vor si und arif die Kopper-Weift unter völliger Umfafsung an, wodur der gegnerui‘cke Hottentottenstamm nah allen Richtungen ausetna: dergesyrengt wurde. Freilich fiel hierbei, gleich zu Beginn des Gefehis, der helbenbazite Expeditionéführer Hauptmann von Erckert. Er ließ sein Leben im Kampfe für das Vaterland, getreu dem Grundsfate, den er selbft setnen Leuten mit den Worten ans Herz gelegt hatte: „Ein jeder bedenke, daß ihm im Kriege sein Leben nichts gilt, die Sade aber, für die er es einzufeßen hat, alles!“

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause singt morgen Herr Kraus den Jung - Siegfried in Richard Wagners «Sieufried“, Frau Plaichinger die Brünrhilde, Herr L'eban den PVtime, Herr Bischoff den Wanderer; die übrigen Hauptrollen sind mit Frau Herzog, Fräulein Ober und den Herren Krasa und Mödlinger beseßt. Dirigent iff der Generalmusikdireltor Dr. Muck. (Beginn der Vorsteluna: 7 Uhr.) Die öffentliche

1906 noch vorzunehmenden Wanderungen ‘auf etwa 300 km be- \{ränkten. Denn so hilfreih auh Mondschein urd bäufige Nord- |! liter fi erwiesen, es blieben die Winterreisen doch mit großen Be- | {werden verbunden. Immerhin war der erste Winter besser als der | weite, der übermäßig starke Schneefälle brate. Mit Ausnahme | eines äârgerlihen Vorkommnisses mit den sonst sehr ¡uverläisigen Hunden, die durch Schuld der allzu sorglosen Shiffswate in den {lecht verwahrten Salon eingebrohen waren und hier in den Speisevorräten arge Verwüstungen angçerichtet hatten, verging der erste Winter, dank guter Kameradschaft aller, worin Mylius Griksen ein gutes Beispiel gab, dank auch dem Vorhandensein eines Klaviers und einer Mandoline an Bord, schneller, als man befürchtet. Es wurden für den bevorstebenden Sommer die Reise- und Arbeits- proaramme vereinbart, die Verteilung der Perscr en auf die einzelnen Ausflüge Mrgenominen und mit den Hunden bet Mond- und Ster-en- hein zur Uebung kleine Schlittenreisen ausgeführt. Diese Tiere sind und bleiben die besten Helfer des Menschen au Nordlandtreisen. Gut ernäbrt (mit 1 kg tägli) sind sie von großer Widerstandskraft gegen die zwishen —13 und —40° C. schwankende Temperatur und imstande, 90 Kg zu ztehen. Dem Menschen treu und gegen thn zutraulih, wenn au gegen Tiere wild, können fie leiht ohne Zum und nur mit der langen Peitsche regiert werden. J-der dieser zottigen Polarhunde hört auf den ibm gegebenen Namen, es war daher auch von Wichtigkeit für die Teilnehmer an der Expedition, mit den Hunden genauer be- kannt zu werden und sie an sih zu gewöhnen. Weihnachten 1906 wurde in trauliher Geselligkeit gefeiert. Von der mit dem Frühjahr einfezenden regen Täti„keit gibt es einen Begriff, wenn berichtet wird, daß 200 große und kleine Reisen ausgeführt wurden, dar- unter eîne, die ihre Unternehmer 100 Tage fernhielt, und eine andere, bei der in 88 Tagen 2000 km zurüdg-:legt wurden, daß bie meteorologische Station monatlich 10 Dragzenau!stiege ver- anlaßte und daß im ganzen 25 Ballonaufstiege vorgenommen wurden, deren böthster bis zu 3103 m fühite. Nachst dieser Tätigkeit der Mieteorologie waren die wissenschaftlihen Untersuhungen auf die ethnographiihen, geologishen, botanishen und zoologischen, dem Be- obahter entgegentretenden Fragen gerihtet. Es wurden etwa 1500 Photographien aufgenommen, fleißig Zeicherstift und Pinsel in Bes wegung geseßt, um eine niht geringe Zahl von Naturschönheiten fest- zuhalten, und vor allem die fkartographiswe Aufnahme des Landes ¿wishen Kap Br:dzman, dem nördlihiten Punkt, und Germania- land mit dem größten Eifer betrieben. Hierbei ergaben sih eine bemerkenswerte Zerrissenheit der Nord- und Nordostküste, entsprechend tief ins Land hineinshneidende Fjorde und zwischen ihnen Halbinseln bis zu 60 km Linge, die mit dem Recht des Entdeckers Namen empfingen wie Peary-Land im Norden, Danmark-Fjord, Lamtert-Land, Christensen- Land, Mylius Eciksen-Land. findung von Spuren der früheren Expedition des Herzogs von Orleans gab Anlaß, den betreffenden Landstrih nach ihm zu benennen; ein tlimatich besonders bevorzugtes Gebiet, in dem man im Hoh- fommer stellenweise einem Blumenteppich begegnête, wurde Friedrih VII. - Land genannt. Einen bis 600 m malerish aus dem Meer aufragenden Felsen „Mallemuk“ fand man unterm 80. Breitengrade. Das Land ift j-t vollstänckig unbewohnt, aber es fanden sich unzweifelhafte Spuren früh-rer Bewohntheit durch

des Padeises etwa 25 bis 30 km von der Küste entfernt, der Rand des Binneneises is überall kartographish festgelegt worden. Von beobachteten merkwürdigen Ersheinungen seien erwähnt : wunder-

bare , oft stundenlang anhaltende Luftspiegelungen , ein Wasfserfall in Frtedrich PVII. - Land, häufig mit Sal¡wafser durdsickerter und deshalb zur Löshung des Durstes ungeeig-

lande 800 m tief sei. Der Vorsizende, Geheimrat Hellmann

neter Schnee, Spuren früher im Lande vorhanden gewesenen

Schillertheater zwei Konzerte, sprechen. ersten Künstlern ein Programm vorgetragen, das Gesang und Instrumentalmusik in argewessener Abwechselung vorführt. Die Königlich preußi|he Kammeisängerin Em:lie Herzog kat, nachdem die Generalintendantur der Königlich

gegeben, ihre Mitwirkung zugesagt. Ferdinand Kalw-it eine Anzahl ernster Lieder siagen. Htinrih Grünfeld wird mehrere Stücke auf dem Cello vortragen, der Klaviervirtuose und Komponist Gustav Lazarus wird fremde und eigene Klaviershöpfungen zu Gehör bringen. gelten die Preise des Stillertheaters, füc die Logea tritt eine geringfügige Grhöhung ein. Im Schillertheater Char- lottenburg wird der Berliner Lebrergesangverein unter der Leitung seines Dirigenten, Professors Felix Schmidt ciu großes, durch Mannigfaltigkeit ausgezeihnetez Programm vortragen. Preise sid die bekanntea Kassenpreise, die im Schillertheater Charlottenburg für alle Tage gelten. Eiotrittskarten für beide Veranstaltungen sind {hon jeßt an den Kafsen beider Schiller!heater sowie in den Waren- häusern von Wertheim zu haben.

Die Auf- | law H von Profcessoc Karl Panzner zu Gehör. Der heute stattfindende erste Abonnementsabend enthält deutshe Kompositionen, und zwar: Viösölinkonzerte von Beethoven, Brahms und Spohr. Der zweite Abend bringt französische und der dritte, der besonderen Eigenart des Künstlers entspr- hend, flavishe Werke. 7,50, 5 und 250 4 sind bei Bote u. Bock, Wertheim und an der Mozartsaalkasse zu haben.

Esfimos. Vom Lande aus gesehen, ergab fih der veränderlihe Rand | II.

Hauptprobe für das Bußtagskonzert des Königlichen Opernhors findet am Mittwoh, den 18. November, Mittags 12 Uhr, im Königlichen Opernhause stait. Billette hierzu sind tägli bis Dienstaz, ten 17. November, Abents, bei Bote u. Bock erbâltlih, etwa noch übrig bleibende Billette sind am Bußtage von 114 Uhr ab an der Tageékafse des Königlichen Opernhauses zu haben.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen, Donnerstag, zum ersten Male Ch. D. Grabbes „Kaiser Heinrich der Sechste“ in der bekannten Beseyung wiederholt.

Der Spielplan der Komischen Oper erfährt in dieser Woche

insofern eine Abänderung, als die für Sonntagabend argekündigte Aufführung von „Pelleas und Melisande“ bereits ara Sornabend ftattfi.det. Am Sonntagabend geht erstmalig in dieser Spielzeit, neus einstudiert, Smetanas Oper „Die verkaufte Braut*, mit den Damen Deetjen . (Marie), Willner (Kathinka), Krüger (Agres8), (Esmeralda) und den Herren Naval (Hans), Zador (Kru'china), Armster (Micha), Kreuder (Wenzel), Maniler (Kezal), Wissiak (Springer), Herzka (Muff), in Szene. Die Aufführung leitet der Kapellmeister Ignaz Waghalter.

Lorenz

Am Bußtag, 18. November, Abends 8 Uhr, veranstaltet das die dem Geiste des Tages ent- Im Schiller1heater O. (Wallneitheater) wird von

en Schauspiele thre Erlaubais dazu Neben ihr wird der Sänger Der Prcofcssor

Füc die meisten Plätze

Der für heute abend im Beethovensaal angekündigte

Liederabend von Alexander Heinemann muß wegen 4 lier Erkrankung des Künstlers auf Donnerétag, den 19. d M,, verlegt werden. Die Billette behalten Gültigkeit.

Eine ipternationale Autlese der Violinliteratur bringt Bronis, uberman mit dem Blüthnerorchester unter der Leitung

Abonnementékarten zu 10,

Montag, Abends Uhr, findet im Mozartsaal das Panzner Konzert jtatt, in dem Anton Hekking und Marx röhlich (Cello) foliftisch mitwiiken. In dem Programm des bends sind zwei U'aufführungen ver!reten. „Die Nonne“, symphbonische

Dichtung für großes Orchester von Leo Blech, und Konzert für zwet Violonc lli mit Orchester von Julius Klengel.

Eine W ederbolung des Konzerts des Berliner

Lehrer-Gesangvereins (Dir. Professor Felir Schmidt) findet am 26. November in der Philharmonie statt.

Das eingehend -

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