1908 / 281 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 Nov 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. Neues Palais, 19. November. Calow, Hauptm. vom Invalidenhause in Berlin, zum Komp. Chef în diesem Janyalidenhause ernannt. Möller, Lt. vom Invaliden- hause in Karlshafen, zum Invalidenhause in Berlin verseßt.

Neues Palais, 24. November. v. Abel, Gen. Lt. z. D., zu- leßt Kommandeur der 4. Div., der Charakter als Gen. der Art. ver- liehen. Zunker, Gen. Lt. z. D., zuleßt Kommandeur der 31. Div., e E zum Tragen der Uniform des 1. Pomm. Feldart. Regts.

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Schapper, Oberstlt. a. D., zuleßt Kommandeur des 1. Pomm. Feldart. Negts. Nr. 2, der Charakter als Oberst verliehen. Streuber, Hauptm. und Battr. Chef im 1. Pomm. Feldart. Negt. Nr. 2, ein auf den 17. September 1899 vordatiertes Patent seines Dienstgrades verlieben. Bloch v. Blottnitz, Oberst ¿. D., zuleßt Kommandeur des Feldart. Regts. General-Feldzeugmeister (1. Brans- denburg.) Nr. 3, Knispel, Oberst ¿z. D., zuleßt Kommandeur des jeßigen 1. Nassau. Feldart. Regts. Nr. 27 Oranien, der Charakter als Gen. Major verliehen. !

Königlich Sächfische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. Ernennungen, Beförde- rungen und Verseßungen. Im Beurlaubtenstande. 15. November. Braune (Flöha), Oberlt. der Landw. Feldart. 1. Aufgebots, zum Hauptm., Heinzmann, Lt. der Res. des 3. Inf. Regts. Nr. 102 Prinz-Regent Luitpold von Bayern, Heber, Lt. der Res. des Fußart. Regts. Nr. 12, Lohse (Annaberg), Uhlmann (Flöha), Lts. der Landw. Inf. 1. Aufgebots, zu Oberlts., be- fördert. Reimann (1 Leipzig), Lt. der Landw. Inf. 1. Aufgebots, zu den Offizieren der Res. des 7. Inf. Regts. König Georg Nr. 106

verseßt.

| Befördert: zu Lts. der Res. : die Vizefeldwebel bezw. Vizewacht- meister: v. Trüßschler Frhr. zum Falkenstein (Auerbach), des 1. Leibgren. Regts. Nr. 100, Lehnert (Annaberg), des 4. Inf. Negts. Nr. 103, Jent\ch (Straßburg i. E.), des 6. Inf. Regts. Nr. 105 König Wilhelm 11. von Württemberg, Krauße, Dehler (I Dresden), Kospoth (Borna), des 7. Inf. Regts. König Georg Nr. 106, Mann (Annaberg), des 9. Inf. Regts. Nr. 133, Wolf (Auerbach), Georgi (Plauen), des 10. Inf. Regts. Nr. 134, Köhler (Auerbach), des 14. Inf. Regts. Nr. 179, Frit \ che (IT Dresden), des 2.Jägerbats. Nr.13, Biagos h (Il Leipzig), des 2. Hus. Regts. Nr. 19, Arndt, Kaden (11 Dresden), Arnold (Plauen), des 1. Ulan. Regts. Nr. 17 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn, Rupé (IT Dresden), Lange (Auerbach), des 2 Ulan. Regis. Nr. 18, Greßler (IT Vresden), des 1. Feldart. Negts. Nr. 12, Crahmer (Il Dresden), des 2. Feldart. Regts. Nr. 28, Uhlig, Silomon, Schmidt (IL1 Dresden), des 4. Feldart. Regts. Nr. 48, Kaempf (Zittau), Leonhardt (Il Dresden), des 5. Feldart. Regts. Nr. 64, Raupach (Zittau), Wilisch (Flöha), des 6. Feldartillerie- Negts. Nr. 68, Schieck (Flöha), des 7. Feldart. Negts. Nr. Tilu Klein (I1 Dresden), des Fußart. Regts. Nr. 12, Göpfert (II Dresden), des 1. Pion. Bats. Nr. 12, Pohlisch (Zittau), des 2. Pion. Bats. Nr. 22, Kalauch (Zittau), des 1. Trainbats. Nr. 12; Auerbach (Chemniß), Vaulont (Straßburg i. G.), ¿u Lts. der

Landw. Inf. 1. Aufgebots. Abschiedsbewilligungen. Im Beurlaubtenstande. Hauptmann der Reserve des

15. November. Scchmeißer, 5. Infanrterieregiments Kronprirz Nr. 104, behufs Ueber- führung zum Landsturm 2. Aufgebots mit der Erlaubnis zum Tragen der Landwehrarmeeuniform, Nehrhoff v. Holderberg, Lohmann, Hauptleute der Res. im Schüßen-(Füs.) Regt. Prinz Georg Nr. 108, ersterem mit der Erlaubnis zum Tragen der bisherigen Uniform, leßterem behufs Ueberführung . zum Landsturm 2. Aufgebots mit der Erlaubnis zum Tragen der Landw. Armee- uniform, Wünning, Nittm. der Res. des 1. Huf. Regts. König Albert Nr. 18, mit der Erlavbnis zum Tragen der bisherigen Uniform, der Abschied bewilligt. Agricola, Mey (Il Dresden), Haupt- [eute der Landw. Feldart. 2. Aufgebots, ersterem mit der Erlaubnis zum Tragen der Armeeuniform, legterem mit der Erlaubnis zum Tragen der Landw. Armeceuniform, Gretschel, Oberlt, der Res. des 9. Inf. Regts. Nr. 133, Wagner (Zwickau), Oberlt. der Landw. Feldart. 2. Auf- gebots, Hochrein (Zwickau), Lt. der Landw. Inf. 2. Aufgebots, List (Il Leipzig), Lt. der Landw. Kav. 2. Aufgebots, Brill (Plauen), Lt. der Landw. Feldart. 2. Aufgebots, behufs Ueberführung zum Landstura 2. Aufgebots der Abschied bewilligt. Verlo hren (Plauen), Grimm (Zwickau), Lts. der Landw. Inf. 1. Aufgebots, wegen über- fommener Keld- und Garnisondienstunfähigkeit der Abschied bewilligt. Fm Sanitätskorps. 15. November. Befördert: Dr. Wolf, Unterarzt beim 1. Feldart Regt. Nr. 12, zum Assist. Arit ; zu Oberärzten : die Assist. Aerzte der Res. : Dr. Petrenz (Baußen), Dr. Sattler (Großenhain), Schr öder (II Leipzig), Dr. Ma rtshke (Meißen), Dr. Kaufmann (Zwickau); die Assist. Aerzte der Landw. 1. Aufgebots: Dr. Töpel (Il Dresden), Dr. Liebers, Dr. Schuster, Dr. Quinger (Il Leipzig); die Unterärzte der Res. : Dr. Tshentscher (Baugzen), Dr. Rusche (IT1 Dresden), Dr. Bretschneider (Frei- berg), Dr. Schlimpert (Meißen), zu Assist. Aeriten, Dr. Holey (D euneeveral, Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots, zum Assist. Arzt der Nes. Der Abschied bewilligt: Dr. S{önfeld (Chemniß), Stabsarzt der Res., mit der Erlaubnis zum Tragen der bisherigen Uniform, Dr. v. Manger (II1 Leipzig), Stabsarzt der Res, behufs Ueber- führung zum Cabltuedt 2.- Aufgebots mit der Erlaubnis zum Tragen der bisherigen Uniform, Dr. Leopold (11 Leipzig), Oberarzt der Res, wegen überkommener Feld- und Garnisondienstunfähigkeit, Prof. Dr. Kotckel (11 Leipzig), Stabsar¡t der Landw. 1. Aufgebots, behufs Ueberführung zum Landsturm 2. Aufgebois mit der Erlaubnis zum Tragen der biäüerigoi Uniform, Dr. Ker \ch (IT Leipzig), Oberarzt der Landw. 1. Aufgebots, behufs Ueberführung zum Landsturm 2. Auf-

gebots. Beamte der Militärverwaltung.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 1. No- vember. Böhmichen, Revisor bei der Art. Werkstatt, zum Ober- meister, Schelle, Meister bei der Art. Werkstatt, zum etatmäß. Meister, ernannt. i

17. November. Neu), Urterzahlmstr., zum Zahlmstr. beim XITI. (1. K. S.) Armecekorps ernannt.

Deutscher Reichstag. 170. Sißung vom 27. November 1908, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht die Fortseßung der ersten Beratung des Entwurfs eincs Gesetzes, betreffend Aende- rungen im Finanzwesen, in Verbindung mit der Fort-

egung der ersten Beratung der Entwürfe eines Ge- i über den Zwischenhandel des Reichs mit Branntwein, eines Tad er rang ee gege, eines Gesehes wegen Aenderung des Brausteuerge]eßes, eines Weinsteuergesehes, eines Nachlaßsteuergeseßes, eines Gesezes über das Erbrecht des Staates, eines Ge- sezes wegen Aenderung des Erbschaftssteuergeseßes, eines Elektrizitäts- und Gassteuergeseßes und eines Anzeigensteuergeseßes. E i

Ueber den Anfang der Sigzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abz. Dr. Müll er- Meiningen (fr. Volksp.) fortfahbrend: Wir

der Steuer einverstanden, aber wir verlangen dieselbe Frist au für die kleingewerblihen und Handwerksbetriebe. as Kleingewerbe müht \s{ch \chwerer als die Landwirtschaft, die zum Teil jet ausgezeihnete Verhältnisse hat. Allerdings muß bei der Einziehung der Steuer jede Tafktlosigkeit gegen die trauernde Familie vermieden werden, und wir sind deshalb auch für die einmonatige Frist, und ebenso für die Vermeidung der Doppelbesteuerung bei gemeinschaftlihen Abkömmlingen. Ich erinnere wieder an den kategorischen Imperativ der Vaterlandsliebe. Da ist es doch höchste Zeit, ‘daß Landesfürst und Landesfürstin ih niGt weiter Privilegien geben lassen, die in s{chneidendem Gegensaß zu der Finanznot des Reiches stehen. Es sieht sehr \{lecht aus, wenn derartige privilegia odiosa zu Gunsten des Landesherrn eingeführt werden. Wir halten es für ein schreiendes Unreht, daß der Allerärmste jeden Groschen über 500 6 zu versteuern hat, daß aber die Kirche vollständig steuer-- frei gelassen werden soll. Es ist eine merkwürdige Beleuchtung des nationalen Sinnes, wenn der eine \chreit, der Familiensinn gehe in die Brüche, der andere, die Religion fei in Gefahr, wenn man die tote Hand mehr zur Erbshaftsfteuer heranziehe. Das leßtere hat niemand anderes als der Reichsschaßsekretär von 1906 gesagt. Das Privilegium der toten Hand, das Ueber- bleibsel aus der absolutistishen Zeit der Ehe des Staates und der Kirhe, muß beseitigt werden. Dabei werden aber nur die Zuwendungen an die anerkannten Kirchengemeinschaften protegiert ; in Breélau i} ein Fall vorgekommen, daß der Fiskus #ich einer Erbshaft von 20000 f ganz bemähtigte, obwohl die Hälfte einer {wer um ihr Dasein ringenden kleinen Kirhengemein- saft lettwillig zugewendet werden sollte; hier sollte do die Toleranzpartei par excellence, das Zentrum, fich ins Mittel legen! Merkwürdig ist bei allen diesen Abänderungévorschlägen zum Crhb- recht das eine: nicht der Reichsfiskus wird als Erbe eingeseßt, sondern der Landesfiskus, der zunächst aus der Erbschaft für seine Finanzen Riemen shneiden kann. Warum feht man nicht den Neichs- fiskus direkt ein? Warum gibt man ihm 75/0 und dem Einzel- staat 25 9/0 für die „Erhebungsfkosten“? Das is ja der reine Wuterzins! Die Einzelstaaten treiben bei dieser ganzen Finanz- reform die? höhere Profitmacherei, sie können in Zukunst auf dreifahe Art Erbschaftssteuer erheben, fie ziehen die Staats- bürger bei einem Erbfall dreimal heran. Wir akzeptieren also den Gedanken der stärkeren Erbschaftssteuer; das genügt uns aber nit, wir verlangen daneben noch eine Neichsvermögenssteuer. 1906 hat man unseren dahingehenden Gefeßentwurf abgelehnt, jeßt {ließen ih die Nationalliberalen uns an; aber ih fürchte, daß, wenn die ganze Nahhlaßsteuer abgelehnt wird und ein Loh von 120 Millionen entsteht, dann diese ganze Aktion vereitelt wird. Ohne eine gleichzeitige direkte Steuer ist für uns die ganze Reform nit durchführbar. Merkwürdig ist die Taktik des Zentrums, aber au sebr dur(si&tig. In den Einzellandtagen protestieren Sie gegen Matrikularbeiträge und derunzieren die Liberalen bei der Be- völkerung in diesem Sinne, so in Bayern bei der Beamtenbesoldungs- verbesserung; hier im Reichstage aber empfiehlt der Abg. Spahn, alles auf Matrikularbeiträge zu legen. Der Abg. Speck hat gestern gegen uns polemisiert und sich an uns zu reiben ge\juht. Seine Schlag- worte habe ich auch \chon in der bayerischen Abgeordnetenkammer ge- bört ; der Abg. Speck gehört auch zu den fanatishsten Hassern der leßten volitishen Konstellation. Aber ein Ret, als Interpret von Eugen Richter #ch aufzuspielen, hat er nicht; wenn es der Zentrumspre|se paßte, hat fie ihn gerade so wie die sozialdemokratishe Presse mit Smut beworfen. Der Abo. Speck hat die Parteipolemik, die hier besser wegfiele, in den Vordergrund gestellt; er hat das Zentrum hingestellt als eine vielumworbene Schönheit. Das Zentrum ist nah dem Aba. Speck ganz unshuldig an der jeßigen Finanzmisere. Unter Ihrer (zum Zentrum) glorreichen Herrschaft find die Schulden des Reiches von 1890 bis 1906 von einer bis auf fast vier Milliarden angestiegen. Das- ganze Durcheinander mit den Schiebunaen, den Stundungen, den Urklarheiten im Etat is das ureigenste Werk der Zentrumspartei. Haben Sie niht au seit dem 13. Dezember 1906 allen großen Aufgaben des Reiches zugestimmt? Soll ich Sie erinnern an die {öne Rede des Abg. Spahn über das Flottengesez, wo er gewissermaßen als Führer der ganzen Flottenbewegung auftrat? Sie haben auch für die Erhöhung der Kolonitalforderungen gestimmt. Sie sind ja stolz darauf, daß Sie sogar zu großen Mehrausgaben die Veranlassung gegeben haben. I erinrere z. B. an Ihre Anträge in der Budgetkommission bezüglih

zu den Veteranenbetihilfen usw. Wer so im Glashause sißt wie Sie, sollte also mit seiner Polemik etwas vorsihtiger sein. Es ist ja sehr billig, populäre Ausgaben zu bewilligen und die Ein- nabmen zu verweigern. Diese Politik haben aber Sie zum großen Teil getrieben. Wir wollen in erfter Linie die Vorlegun einer Reichêvermögenssteuer ; wer den Einzelstaaten wirklich Ruhe ver- {afen will, muß diese Forderung unterstüßen. Wir haben die ein- face konstitutionelle Pflicht, die Festigung des Einnahmebewilligungs- re(ts zu Gunsten des Parlaments zu beanspruchen. Ohne einen folhen wirklihen keweglihen Faktor kann und darf der Reichstag nach meiner Ueberzeugung diese ganze Finanzreform überhaupt nicht durh- fübren, und der bewegliche ideale Faktor ist eben die Neichsvermögensfteuer. Die verbündeten Regierungen haben ja doch die Tantiemesteuer, eine reine Reichsvermögenssteuer, avch dankbar akzeptiert. Es sicht sehr sonderbar aus, wenn man jeßt den Partifkfularismus gegen uns in Bewegung seßt. Der Finanzminister von Rheinbaben hat davon gesprochen, ‘daß das Reich aus fremder Tasche hause, er hat. das Neich mit einem vers{chwenderishen Sohn verglichen; die Einzelstaaten mit dem Vater, aus dessen Tasche der liederlihe Sohn wirtschafte. Sdcärfer kann man die rehtlihen Grundlagen des Reiches überhaupt nit verkennen. Was ist es anders als der Bund der Einzelstaaten, wer hat denn die Souveräni!ät? Wenn es gilt, die Rechte des Reichstags zu schmälern oder liberale Gesetze abzulehnen, „dann macht der Bundeërat den weitesten Gebrau von seiner Souveränität, wenn es aber gilt, die finanziellen Konsequeuzen aus feiner Souveränität zu ziehen, dann zieht er _sch zurück. Die Elektrizitätsfteuer und die Fnseratensteuer sind zwei Originalwerke des jepigen Schatsekretärs, die si durch eine gewisse Kühnheit der Idee auszeinen. In der leßten Zeit hat {ih eine Art politisher Mainlinie zwishen dem Norden und Süden au3geprägt. Es wäre ganz fal'ch, bei uns von einer Neich5- verdrofsenbeit zu sprehen. Man hat aber in Süddeutschland allgemein das Gefühl: Unsere Nuhe möchten wir haben! Aus diesem Bedürfnisse heraus bat si bei uns eine Stimmung ergeben, die man bei uns mit dem bätimen Ausdruck der „Simplizissimusstimmung“ bezeichnet. Dazu gesellt sich ein Partikularism:18 des wirtschaftlichen Interesses; er knüpft sich an an gewisse Vorgänge “der preußishen Cisenbahn- politik und an die Frage der Schiffahrtsabgaben. In einer folhen Zeit dur derartige \steuerpolitische Maßnahmen die öffentlicke Mei- nung Süddeutschlands, die Anschauungen der bayerischen Liberalen noch mehr zu reizen, ist eine politische Torheit. Bayern steht heute unter dem Zeichen des Wassers. (Zuruf: Bier!) Die süddeutschen Staaten sind in threr industriellen TEntwickluna zurückgeblieben. Der bauvytsächlihste Grund h!erfür ist das Fehlen der schwarzen Kohle. Nun ist die bayerische Regierung daran, durch eine Ausnußung der Wasserkräfte, das heißt durch die weiße Kohle, den großen Unter- {ied in der industriellen Entwickluvng wieder auszugleichen. Der baverishe Landtag faßte einstimmige Beschlüsse in beiden Kammern gegen diese Steuer, auch der Vertreter der Konservativen trat in allersœärfster Weise dagegen auf. Wir verwerfen diese Steuer als die roheste Abgabe nicht auf ein Fabrikat, sondern auf das Handwerks- zeug selbst. Mit demselben Ret können Sieauch den Hammer, den Ambos, die Säge und den Hobel bestevern. Diese Steuer wird die Lzndwictschaft, das Handwerk und Gewerbe zwingen, wieder zum primitiven Handbetriebe zurückzukehren. Während der Finanzminister von Rheinbaben auf der einen Seite von der Not der Kommunen redet, \{chafft man auf der anderen Seite eine Steuer, die direkt gegen die Kommunen wirkt. Der Vater dieses Gesetzes hat gemeint, daß die Benutungs-

der Teuerungszulage, an Ihre als demagogisch gebrandmarkte Stellung |

Das beweist doch nur, daß von dem“ Kleingewerbe von der elektrishen Kraft bisher viel , zu wenig Gebrauh gemacht worden ift, W wir sie nit verteuern, sondern verbilligen müssen. Auch das Gas spielt für die Arbeiterbevölkerung die allergrößte Rolle. Jn München entfallen von den 40 000 abnehmern ungefähr zwei Drittel auf die Arbeiter und kleinen Leute. Der Staatsfekretär Sydow wird als einer, der die süddeutshen Gebirg8gegenden kennt, wissen, daß bei uns im Süden Bayerns große Teile in den aller- ärmsten Ortschaften aus\{ließlich unter elektrisher Beleuchtung stehen. Er kann man doch nicht mehr von einer Luxusbeleuhtung sprechen.

azu kommen die unerhörten Kontrollvexationen in diesem Gesetz. Was hat die ganze D verbrochen, daß fie unter eine Steuer- polizeiaufsiht kommen joll? Es müßten hervorragend tüchtige Techniker die Steuerkontrolle ausüben, dann wird sie aber nicht 41, sondern 10 bis 15 Millionen kosten, und dann wird auch der Ertrag einer derartigen Steuer ein minimaler fein. Noch bedenklicher ist uns die Inseratensteuer. Dem Reichsshaßamt fann ih den Vorwurf nicht ersparen, daß das mit etwas Popularitäts- hascherei getrieben worden ist. Nach unserer Meinung handelt es {ih hier um eine Frage von größter politisher Tragweite. Die Begründung der jeßigen Vorlage beweist nur, daß der Verfasser keine Idee vom Wesen der Presse hat. Wie viele politishe Zeitungen können denn überhaupt noch ohne Annoncen bestehen? Die Inseratensteuer bedeutet lediglich eine Vershlehterung dêr Qualität. der deutschen Presse. Durch diese Vorlage wird die beseitigte Kaution dur ein Hintertürcen wieder eingeführt; ist das vielleiht eine heutzutage ver- botene Schwarzseherei? Der Bundesrat hat es nach dem Wortlaut der Vorlage in der Hand, die unbequeme Presse zu Tode zu \hikanieren. Die Steuer geht von der grundfalshen Annahme aus, daß die Inserate in der Hauptsache von kapitalkräftigen Kreisen aus- gehen, die damit einen großen Gewinn erzielen. U grof- {tädtishe Verhältnisse hat man zu Grunde gelegt; aber gerade der mittelständishe Kaufmann ist ganz besonders auf die Inserate angewiesen! Die Verleger werden durch dieses Geseß zu Beamten gemacht; eine größere Ehre gibt es ja bekanntlich in Deutschland nicht; sie werden zu Steuereinnehmern zweiter oder dritter Klasse gemaht, wenn auch mit kümmerlihem Gehalt, 10 %/ der Steuer. Man könnte ja allerdings hier mit Titulaturen nahhelfen, wie Preßrat, Journaldirektor, Inseratenpräsident. Die großen Zeitungen können ja die Steuer abwälzen; ein großes Zeitungsunter- nehmen in Berlin hat bereits einen Aufschlag von 20%/ eingeführt im Hinblick auf die kommende Steuer. Zur Kontrolle wird ein großes Reich8zeitungsamt unbedingt notwendig fein. Der Verleger steht täglih mit einem Bein vor dem Strafrihter. Wer hat die Inseratensteuer? Kulturstaaten wie Serbien und die Türkei! Die Ergebnisse sind dort ganz minimal. Ein fo komplizierter Apparat wie die Herstellung einer großen Zeitung läßt fich nicht so leiht steueramtlih fontrollieren wie der Bestand einer Champagnerfabrik. Gerade die R Wodhen haben gezeigt, daß wir heute mehr denn je eine vor allem amtlich und behördlich \{ikanenfreie und unabhängige Presse notwendig haben. In dem Gesetzentwurf ist auch - bestimmt, daß der Reichskanzler die Möglichkeit haben foll, aus steuerpolitischen Gründen die ganze auswärtige Presse zeitweise vollkommen zu unterdrücken. Wie soll sich die Oeffentlichkeit, das Parlament unterrihten, wenn auf dem WVerwaltungs8wege die ganze aus-

auswärtige politishe Stimmung und Meinung kennen lernen und gerade zu einer Zeit, wo Konflikte masseahaft in der Luft liegen. Wir lehnen also die Inseratensteuer als eine unwürdige und undur{- führbare, politisch äußerst gefährlihe Maßregel gegen die Presse ab. | Wire bedauern aber, daß die deutschen Zeitungéverleger mit so merk- würdigen Steuervorshlägen kommen, wie der Quittungésteuer, die Handel und Verkehr \chädigt. Wir hoffen {ließlich, daß der Gesamt- iteuermehrbedarf im ganzen auf 300 bis 350 Millionen beschränkt werden fann. Das ist allerdings der wundeste Punkt, daß nah einigen Jahren von neuem angefangen werden muß, wenn nit das ganze System geändert wird. Ih möchte niht auf die Einzelheiten der er- baulichen Sonntagnahmittagspredigt des Neichskanzlers über Sparsam- feit und Luxus eingehen, aber in einer Zeit, wo man für wertlose Theater- stücke Millionen ausgibt, wo man dur höfishe und militärische Feste, die Millionen kosten, nit mehr zur Ruhe kommt, wo der Mittel- stand sih tief verlegt fühlt durh das Vorgehen sehr hoher Personen, war es vom Reichskanzler mindestens unvorsihtig, in folhem Tone vom Luxus zu sprehen. Als nah vorübergehender Vershwendung das Prinzip weiser Sparsamkeit uniter Friedrih Wilhelm 1. in Preußen durhgeführt wurde, ging die Sparsamkeit vom Hofe aus, und der Hofkalt wurde mit eisernem Besen au8gekehrt, um den Luxus zu be- seitigen. Wenn mit Erfolg gegen den Luxus vorgegangen weiden soll, muß an dieser Stelle das gute Beispiel gegeben werden. Der Staatssekretär sagte neulih resigniert, er sage überhaupt nichts mehr von Sparsamkeit, denn geglaubt werde es ihm do niht mehr. Ich rief dazwishen: „Das kommt davon!“ Ih meinte damit, daß vor anderthalb Jahren der . RNeichs- kanzler von Ersparungen in der Militärverwaltung gesprochen hatte, und wir ihn dann wiederholt daran erinnert haben, ohne Antwort zu bekommen ; einmal soll sogar, als dec Reichskanzler von Sparsamkeit spra, der Kriegsminister höchst auffällig gelaht haben. Der Sthabtsekretär meinte, wenn er erst sagen könne : non habeo pecuniam, dann sei alle Not dahin, denn dann würden alle Refsort- ess ih zurückhalten. Ja, damit würde dec Schaßsekretär vielleicht den einzelnen Staatssekretären , vielleiht auch dem Reichekanzler im- ponteren oder auch den preußischen Ministern, aber keinesfalls der Stelle, die am meisten mitspielt, das ist das Meilitär- kfabinett. Da kann der Sgtaßsekretär sagen : Mit unserer Malt ist nihts getan! Oder will er endlih dafür sorgen daß das unhalt- bare Pensions\yftem beseitigt wird, daß die Dienstzeit bei der Kavallerie und Artillerie herabgeseßt wird ? Oder daß die gerackezu krankhafte Neuerungésucht in den Uniformen aufhöct ? Dann können wir an seine Worte von Sparsamkeit glaub-n. Im Militärkabinett sieht man aber nah militärisher Manier den Schaßsekretär nur als den großen Goldonkel an ; wenn der das Geld richt schafft, dann gibt es einen anderen Schaßsekretär. Damit wird also nur auf Symptome gehtilt, die Abhilfe liegt allein in der Hebung der politishen Stellung des Scatßsekretärs. Ich stimme da mit einer früheren Aeußerung des Finanzministers überein. Heute gilt noch das Wort von Eugen Richter vom 20. November 1900, daß tie trübseligste Erscheinung in den heutigen politishen Zuständen die Stellung des Schaßhsekretärs, die eine Schattenexistenz sei, bilde. Der Schaxsekretär is sozusagen ein Staatsminister a latere, von boshaften Menschen übersegt : ein Minister, der auf der Seite steht, den man links liegen läßt. Der Schaßsekretär hat zu fkalkulieren, was die anderen aus- geben, und die Mittel aufzubringen, die er mit der Wünschelrute beschaffen muß. Steht der Reichskanzler hinter ihm, so geht die Sache noch, vorausgeseßt, daß die Präsidialstelle es nicht direkt mit den Ressorts mat, wie manchmal bei Heer und Flotte. Aber wenn der Reichskanzler niht hinter ihm steht, fo hängt der Staatssekretär völlig in der Luft. Jawobl, er muß angeseilt werden. Wir müssen einen verantworllichen Reichs- finanzminister bekommen, gegen den nah den früheren Anträgen der Nationalliberalen dem Reichstag auch ein Klagerecht zusteht. Das würde die Stellung des Ministers gegen Aspirationen von oben und gegen die einzelnen Ressorts stärken und uns vor Etatsüber- \reitungen, falsher Verwendung der Mittel und Mängeln der Rechnungslegung \chüßen, sonst bleibt der Schaßsekretär nidts anderes als der Reichs\steuerkalkulator. Der Abg. von Zedliß meint, daß das persönlihe Regiment eine neue Stärkung erfahre, wenn „die Stellung des Reichskanzlers durch einen Reichsfinanzminister geschwädcht würde. Wir sind nicht dieser Ansicht. Bis heute ist die staatsreh!- liche Haftung des Reichskanzlers eine bloße Fiktion, die niemals auf- rccht iu erhalten is. Die zentralistishe Idee nah der Verfassung ist im Begriffe, sich selbff| zugrunde zu rihten. Mit einer Art natürlichen Instinkts kommen wir so auf die großen konstitutionellen Fragen zurück, die in engster Verbindung mit der NReichefinanz-

tauer der elefktrishen Kraft in den mittleren und kleinen

sind mit der fünf- bezw. zehnjährigen Frist für das Fälligwerden

Gewerben \sich nicht über 50 bis 200 Stunden im Jahre erhebe.

reform stehen. Dieses finanzielle Tohuwabohu ift nur mögli in einem Steinkonstitutionalismu3, wo die Regierung fortwurstelt, von

wärtige Presse unterdrücki werden kann? Wir müssen doch au die -

and in den Mund leben muß. Hier rächt sih die Politik des v und herrsche“. Der Abg. Graf Shhwerin-Löwty hat sich gestern mit sharfen Worten gegen eine „Crprefsungpolitik“ gewendet, die der Ahg. von Payer hier vor einiyen Tagen vertreten haben foll. Wir nd bereit, in gewissenhaftester Weise an der großen nationalen Auf- | gabe teilzunehmen ohne jede Nücsicht auf taktishe Ecwägung ; aber die große konstitutionelle Frage steht in allerengstem Zusammenhange mit der NReichsfinanzreform selbs. Ein Volk, dem solhe Opfer zu- gemutet werden, muß au verlangen, daß seine politishe Mündigkeit endlich anerkannt wird. Der Graf Shwerin-Löwit mag daran denken, daß die Presse aller Parteten dargetan hat, daß die heutigen kon- stitutionellen Formen unzureichend sind. Bis jeßt ist ein Uebermaß von Vertrauen die Grundlage unserer Politik gewesen, nur ein Byzantiner fann behaupten, daß ein folhes Uebermaß politischen Vertrauens noh heute vorhanden wäre. Eine Zickzackpolitik wie die heutige muß nah ihrem ganzen System eine teure, . verschwenderishe Politik sein und bleiben. Nur der Uebergang zum wirklih konstitutionellen System fann dem Kanzler und auch dem MReihs\caßsekretär wirkliche Kraft geben; ein wahrer Staatsmann sollte beizeiten hier vorsorgen. Bismarck hat ‘einmal gesagt, eine gute Armee und - gute Finanzen verbürgen die Zufriedenheit des Landes. Ich sage: Weder die Armee noch die Finanzen können bestehen, wenn nicht alles*getan wird, um die Zufriedenheit des deutshen Volkes einerseits durch eine gerechte Lastenverteilung, anderseits durch die gesteigerte Anteilnahme des Nolkes an den Staatsgeshäften dauernd zu gewinnen. Von diesen Grundsäßen werden wir bei diefer uns überaus wichtigen Vorlage uns leiten lassen, damit werden wir dem Neiche die dauerndsten und wertvollsten Dienste leisten.

Abg. Schmidt- Altenburg (Reihsp.): Noch niemals ift dem deutschen Volke fo eindringlih die Rückkehr zur Sparsamkeit gepredigt worden. Ich meine, wenn der Vater seinem Sohne fortgeseßt von der glänzenden Entwicklung des Geschäftes, von den gewaltigen Zunahmen feines Verinögens spricht, fo scheint mir die Mahnung zur Spar- samkeit nicht sehr ausfihtëvoll zu fein. In der Begründung wird gesagt, daß der Zustand der Herabdrückang unserer Anleihen h heraus8gebildet habe „während einer beispiellos glänzenden En!wicklung der deutschen Volkswirtschaft und einer gewaltigen Ver- mehrung des allgemeinen Wohlstandes". Jch möchte diese Darstellung auf ihren. wahren Wert zurückführen. Man sagt, obwobl Deutschland so rei sei, trage es doch nur eine Belastung durch öffentliche Ab- gaben, die hinter denjenigen onderer Staaten ganz erheblich zurückbleibe. Ein Vergleich der Verhältnisse Deutschlands in den Jahren 1900 und 1907 mit denjenigen Englands und der Vereinigten Staaten ergibt, daß nicht bloß bei uns, sondern auch in diefen beiden Ländern die Steigerung der Steirkohlenförderung, der Noheisenproduktion, der Sciffbauten, der Ausfuhr \sich in etwa gleihem Maße cechoben hat, daß Deutschland nur etwa knapp die Witte gehalten hat, daß von einer „beisptellosen glänzenden Entwicklung“ der deutshen Volkswirt- schaft niht gespro@en werden kann. Dann war die Rede von der „gewaltigen Hebung des allgemeinen Wohlstandes" ; der Reichékanizler {ägt die jährlihe Zunahme des Nationalvermögens auf 4 Milliarden. Jh halte die Steigerung noch für höher. Aber folche Zahlen haben wenig Wert. Man muß bei einer Vergleihung der Einkommen in beiden Ländern die gleihen Vermögensstufen in Betracht ziehen. Bei uns in Drutsch- land betrug das Einkommen derer, die ein jährlibes Einkommen von über 3200 46 haben, 8 Milliarden, in England dagegen 19 Milliarden, also weit über das Doppelte. Diejenigen, die ein Einkommen von 900 bis 3000 M ¡jährli haben, repräsentierten 1906 ein Gesamteinkommen von 27 Milliarden. In England dagegen stellte sh dieses Einkommen auf 38 Milliarden. Hiernah berechnet sich das Cin- kommen auf den Kopf der Bevölkerung in England auf 864, in Deuts@j- land auf 436 4. Nur diese Sätze können miteinander verglichen werden. Die Steuerbelastung beträgt in Deutschland 49 (6 auf den Kopf bei 466 16 Einkommen, also prozentual gerehnet eine Belastung von 11,2 9/0, in England beträgt die Steuerbelastung Fei einem Ginkommen von 864 M auf den Kopf 95 4, eine steuerlihe Belastung von 10,18 9/0. Sie sehen also, daß die proz:ntuale Belasiung in Deutschland noch etwas höher ist als in England. Treten noch die neuen Steuern hinzu, so wird Teutshland mit 13,2 9% belastet sein. Mit diesen Zahlen- gruppierungen find wir aber noch nicht am Ende mit der Prüfung der tatsächlihen Unterschiede in Deuishland, England und auch den übrigen Staaten. Deutschland hat einen Geburtenübe:\{uß von 14,19 pro Tausend, England nur von 11,2, die Vereinigten Staaten von 7 und Frankreih gar von nur 0,7; Deutschland hat eine jährliche Bevölkerungszunahme von 940000 Köpfen, England nur von 4098 000, Frankrei nur von 27 000. Für diese außerordentlich große Menge Menschen haben wir alljährkich Wohnung und Arbeitsstätten zu schaffen. Diese Ausgaben erfordern allein jährlich 25 Milliarde, während England nur knapp die Hälfte notwendig hat und Franks reich nur den vierzigsten Teil. Dazu kommen bei uns die laufenden Auegabea für Kindererziehung, fie sind ganz ktoloffal böher als in anderen Ländern. Die Gesammtzahl der Kinder betrug in Frankceih. i:n vergangenen Jahr 10 Millionen, in Groß- britannien 14 Millionen und in Deutshland 215 Millionen. Also während das deutshe Volk in seinem Gesarmteinkommen um volle 10 Milliarden hinter England zurückstebt, hat es um 75 Mil- lionen Kinder mehr zu ernähren und zu erhalten als England. Daraus ergibt ih, daß die indirekten Abgaten in Deutschland ganz besonders drücken müssen. Wenn man nun die neuen indirekten Ver- brauhsabgaben in ihrer vollen Wirkung in Rechnung zicht, so wird man zugeben müssen, daß sie reihlich 12 % des Gefamt- einklommens von 27 Milliarden betragen. Daß unter diefen Um- ständen auf einen starken Konsumrüdgang gerechnet werden kann, ist klar. Gewiß müssen vom Reiche Opfer gebracht werden, aber diese Opfer müssen nach meiner Auffassung auch gleihmäßig aufgelegt werden. Ih wüßte keinen Grund, warum einzelne Berufsstände, einzelne Erwerbszweige unverhältnismäßig stärker herangezogen werden follen. Jeder Gewerbetreibende -muß direkte Steuern tragen. Wenn er nun noch etne Menge neuer Steuern, Extrasteuern zu bezahlen hat, so ist nit daran zu denken, daß er bei der jeßigen Konjunktur ohne weiteres in der Lage wäre, diese Extra- steucrn in dem Preise auf seine Abnehmer zu überwälzen. Dazu wird er vielleiht noch Jahre notwendig haben, bis die Konjunktur Gelegenheit gibt, den Preis in angemessener Weise zu erhöhen. Wir werden also mit einer erheblichen Preisverteuerung und mit einem gewaltigen Rückgang des Konsums zu rechnen haben. Am s{limmsten wird dies bei dem Tabak der Fall sein, denn der Tabak wird von allen anderen Konsumartikeln am höchsten betroffen, nämlich mit 23 9% vom Umsaß. Der preußishe Finanzminister hat gesagt, daß die Konsumsteigerung der Zigarren in den leyten 14 Jahren 132 Millionen betragen habe. Der Fakturenwert dürfte aber nur 100 Millionen betragen. Wenn nun aber eine so hohe Steuer auf- erlegt wird, so ist es ausgeschlossen, taß erheblich mehr für die Zigarren ausgegeben wird. Wenn man darauf hingewiesen hat, daß die Zigarettensteuer einen Nückgang des Konsums niht zur Folge gehabt hat, so ist zu bedenken, daß ein großer Teil des Publikums vom Genuß der teueren Zigarren zum Zigarettengenuß übergegangen ift. Der Sthaßsckretär sprah von dem großen Verbrauch der Zigarren im Preise von 10 § urd da1über. In Wahrheit sind das aber gegen- über dem Gesamtverbrauch \o geringe Summen, daß sie keine Beweiskrast haben. Wie s{hädlich gerade die vorgeschlagene Form der Steuer ist, ist bereits dargelegt worden. Der Deutsche Tabakverein hat in der dem Meichstag zugegangenen Denkschrift seine Ueber- ¡eugung von dem starken Rückzarg des Konsums und von der Swhädlichkeit dieser Steuer ausführlich begründet. Die deutsche Volks- wirtshafi steht in der Mitte der konkurrierenden Staaten : England, Amerika, Frankrei. Das Einkommen auf dea Kopf der Bevölkerung ist in Deutschland ungefähr halb so groß wie in England, die Steuer- elastung dagegen mehr als in Enaland. Deutschland hat eine Be- völferung8zunahme von 940000, England nur um 480000; wir haben alfo alle Verarlafsung, unsere Steuera so zu bemessen, daß sie n'cht eine starke Schädigung der einzelnen Crwerbszweige bedeuten.

Abg, Mommsen (fr. Vag.): Der Vorredner hat eine sahlihe und rihtige Rede gegen die indirekten Steuern ge- halten, wie sie vielleiht schärfer von der linken und linkesten

j} nicht unerheblichen Weise vermehren.

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Seite des Hauses noch niemals gehalten worden ift. Jh glaube niht, daß der Block auf die Dauer in wirtshaftlihen Fragen zusammenhalten wird. An unserer gesamten Auffassung der Vor- lage ändern die gestrigen ernsten Worte des Grafen Schwerin, wie er sih selbst ausdrückte, an die Allgemeinheit nicht das ge- ringste. Wir nehmen glei den Konservativen für uns das NReckt in Anspruch, ursere Politik nach eigenem Wissen und Können zu leiten, wir brauchen keine „Leitsäße“ des Abg. Grafen S{werin, mit denen er sagt: Wenn Ihr nicht so tut, wie i Euch vorschreibe, dann ist keine fahliche Verständigung zu erzielen ! Der Abg. Graf Schwerin meint, es gebe hier Parteien und damit meint er wohl niht nur die sozialdemo- kratishe, sondern auch die freisinnigen Parteien —, die um Gottes willen nit zu viel bewilligen wollen, damit die Negierung niht der Macht der Parteien entgehe. Jch will nur zeigen, auf welchen Abweg aller parlamentarischen Gewohnheiten Graf Schwerin damit kommt. (Graf Schwerin: Na, na!) Au für die Konservativen ist der oberste parlamentarische Grundsatz, keinen Groshen mehr- zu be- willigen, als dringend nötig ist. Wir verwalten hier doch niht eigenes Geld, auch nicht das des Bundesrats, fon- dern fremdes Geld, und die Vershwendung fremden Geldes ist das allerschlimmste. Wir dürfen jeut keine wichtige politishe An- gelegenheit vorübergehen lassen, ohne das Verlangen na konstitutio- nellen Garantien zu wiederholen. Die Regierung braucht viel dringender als jemals jegt die Mitarbeit des ganzen Volkes, und darum Res se dem Verlangen des Volkes aúf anderem Gebiete Rechnung tragen, sonst erreicht sie mit ihrer Finanz- reform nichts. Zum ersten Male legt man uns einen Bes darf für fünf Jahre summicrt vor; dann hätte man die Deckungs- mittel eines Jahres aber dur 5 teilen sollen, man teilt aber durch 45, sodaß der Jahresbedarf größer erscheint. Wenn cin Gegner Deutschlands, der Deutschland finanziell ungünstig beurteilen will, die Rede des Reichskanzlers rihtig behandelte, « so könnte er daraus St{hlüsse ziehen, die für uns recht un- günstig sind. Gewiß kann das deutsche Volk noch eine stärkere Last tragen, man muß sie nur richtig verteilen. Wenn die Lasten auf den Kopf an direkten und indirekten Steuern in Deutschland ebenso hoch wären wie in England, wie der Vorredner meint, fo würde das nur beweisen, daß wir falsche Steuern erheben, denn wir sind nicht wie England in der Lage, unsere Ausgaben aus laufenden Mitteln zu decken. Der Reichskanzler ermahnt zur Sparsamkeit. Wenn aber unsere wohlhabenden Mitbürger ihren Bedarf einshränken wollten, natürli nicht an Lebensmitteln, sondern an Luxu®gegenständen, so würden das Reich und seine Finanzen den Schaden haben. Denn ein Teil der Ursachen, daß die Konjunktur, wenn sie zurückgeht, nicht wieder auf den Tiefpunkt der vorigen Konjunktur herabgebt, liegt darin, daß die wohlhabenden Klassen im Bolke gewohnt sind, auch bei rückgängiger Zeit ihr Lebensniveau nicht herabzuschrauben. Frankreichs Blüte hat der Kanzler auf den Sparsamkeitstrieb des Volkes zurückgeführt. Ein deutsches Volk von Kleinrentnern wie in Frankreich würde allerdîngs den Kurs der Staatsanleihen heben, aber ob wir dann das Volk ernähren und unsere glänzende Volks- yvermehrung aufreck@t erhalten könnten, ist etne andere Frage; zurzeit ist diese Vermehrung für uns ein großer politisher Trumpf, und wir werden von anderez Ländern darum beneidet. Die Mahnung zur Sparsamkeit wurde an das Reich, die Bundesstaaten und die Ge- meinden gerihtet. Gewiß kann gespart werden. Wir haben im Reiche und in den Einzelstaaten viel zu viel Beamte. Der Beamte ist nicht dazu da, von den paar Leuten, die außer thm noch übrig bleiben, ernährt zu werden, sondern die Sache ist umgekehrt. Wir kommen aus der Misere niht heraus, ehe wir nit ein ganz anderes Verwaltungsfystem durchgeführt haben. Bezahlen wir die Beamten meinetwegen viel höher als bisher, aber s{chränken wir fie nach aller Möglichkeit ein. Zu Ersparnissen in den Finanzen des Neihes kommen wir wirk nur dann, wenn wir dazu übergehen, vor der dritten Lesung zu verlangen, daß so und foviel Prozent bei dem Heer, der Marine usw. abgestrihen und danach zur dritten Lesung der Etat umgearbeitet wird. Nun erging die Mahnung zur Sparsamkeit auch noch an die Kommunen. Was diese in den leßten Jahren an Anleihen aufgenommen haben, is in der großen Hauptsache für werbende Anlagen ausgegeben worden, aber weil eine bittere Notwendigkeit vorlag. - Es is auch niht so ganz richtig, daß der deutsche Kapitalmarkt nicht imftande sein soll, die großen Staats- und Kommunalanleihen aufzunehmen, es gibt kein Land, wo den Staatsanleihen durch die Mobilisierurg des Grundbesißes fo fürchterlich Konkurrenz gemacht wird, wie Deutschland ; ein Viertel des ganzen Grundbesißzes ist in Hypotheken, landschaftlißen und anderen Pfandbriefen mobilisiert. Das ist ein Umstand, der mit verhindert, daß troß eines jährliden Gesamteinkommens von 30 Milliarden noch einige Hundert Millionen Anleihen leiht untergebracht werden. In der Begründung für die Elektrizitätssteuer wird darauf hin- gewiesen, daß die wissenschaftlizen Institute, die Universitäten, die Reichsanstalten die Elektrizitätsindustrie eigentlich erst ins Leben ge- rufen haben, und daß deshalb das Reich auch einen Anspru auf Ge- winnbeteiligung habe. Jh halte diesen Gru«dsaß für außerordentlich gefährlih, namentlih wenn er sich auf einzelne Gewerbe bezieht. Er ist gar - nicht gefährih und stimmt mit unseren Anschauungen absolut überein, wenn der Schaßsekretär ihn auf das ganze wirtshaftlißze Leben des Deutsen Neihs ausdehnen wollte, er bedeutet dann nichts anderes als eine Reichseinkommensteuer. Wer war aber der eigentlihe Begründer der elektrischen Industrie? Werner v. Siemens, und der war niemals auf einer Universität oder HoW&schule ; er war einige Jahre Artillerieleutnant, vielleicht ist das der Grund, daß \ich die elektrische Industrie unter seiner Aegide so entwidelt hat. Ih halte diese Steuer für so ungeheuerlih, daß es mir etgeytlih leid tut, daß man überhaupt etnen folhen Entwurf hat drucken lassen. Die Jnsferatensteuer wird ihren Haupt- ertrag nit aus der politischen Presse, fondern aus den wöhentlih einmal erscheinenden Zeitshriften ziehen. Diese werden 22 Millionen, die politische Presse nur 10 Millionen einbringen. Die Wochen- schriften find aber fast auss{ließli4 Fachblätter im Interesse der einzelnen Gewerbe. Man trifft also damit unser Gewerbe. Auf die Frage der auéländischen Presse ist der Kollege Müller-Meiningen {hon eingegangen. Ich habe mich gewundert, daß unser Auswärtiges Amt dem § 28 des Gesetzentwurfs nit energisch widersprochen hat. Bier, Branntwein, Tabak, auch Wein find an fich gute Steuerobjekte. Hätten wir keine Zölle auf notwendige Lebensmittel eingeführt, so würden wir uns über die Besteuerung dieser Genußmittel fehr {nell verständigen. Die Steuern auf Genußmittel belasten die arbeitende, die ärmere Bevölkerung ihrer Natur nah viel \{chärfer als die wohlhabende. Eine Belastung von 7- bis 800 Mil- lionen, die \{licßlich in ihrem Effelt bei den neuen Steuern herauskommen werden, können wir nit ertragen. Was die Brannt- weinsteuer betrifft, so hat der Staatssekretär mit seltener Offenheit und Ehrlichkeit zugestanden, daß sich bei uns“ die Brannt- wetinbesteuerung zu einer Fürsorgegesepgebung ausgebildet hat. Die politishen Vertreter der Landwirt|chaft sollten sich ernsthaft die Frage vorlegen, ob sie bei der jeßigen firanziellen Lage noch länger eine solhe Fürsorgegeseßgebung verlangen können. Das Branntwein- monopol ist tatichlid nichts weiter als die Verewigung der Fürsorgepolitik für die landwirtschaftlihen Brenner, eine viel größere Liebesgabe als die bisherige. Interefssant wäre es mir zu erfahren, wie viel die neuen Steuern an Verwaltungskosten erfordern werden; wir werden damit unfer Beamtenheer in einer n. Die einzige Steuer, die auf den Besiy vorgeschlagen wird, wid nicht von den Vertretern des Mittelstandes, sondern von den Vertretern des Groß- grundbesizes beanstandet, von denselben Leuten, die das Spiritus- monopol billigen. Die Wehrsteuer wollen die Herren aller- dings annehmen, aber nach der eïfreulichen Erklärung der Nationalliberalen ist die Wehrsteuer nahezu ein totgeboreues Kind. Das Erbrecht des Fiskus greift aklerdings in das Privatrecht ein, aber es ist überhaupt keine Steuer auf den Besiß; denn was diesem Erbreht anheimfällt, ist entweder so stark verschuldet, daß es keiner erben will, oder es ift beinahe herrenloses Gut, da der Eigentümer dur plößlihen Unglücksfall oder dergl. \tirbt, ohne an ein Testament

gedacht zu haben. Hoffentlich wird aber dadur die Gewohnheit, ein Testament zu machen, gefördert, was ih im Interesse der Allge- meinheit begrüßen würde. Statt der vorgeschlagenen Nachlaßsteuer hätte man lieber das bestehende Erbschzstssteuergeses ausbauen sollen. Wenn im Deutschen Reich das Gesezefabrizieren ordentlich - besteuert würde, hätten wir keine Finanznot. Absolut notwendig ist eine Reichsvermögenssteuer, wenn wir zu einer Ordrung ter Finanzen kommen wollen. Die Denkschrift der Regierung hat zwar die Tendenz, uns vor den kolossalen direkten Steuern gruselig zu machen; aber eine gewisse Erhöhung der direkten Steuern is in Deutschland durchaus mögli. Bundesrat und Shaßsekretör sollten die Bundes- staaten dahin bringen, im wesentlihen übereinstimmende Gesetze für Einkommen- und Vermögenssteuern zu machen. Wenn nicht, dann muß das Reich ohne Rüksihht auf die Einzelstaaten eine Reihsvermögens- steuer einführen. Wenn wir die Nachlcß- und Vermögenösteuer durhbringen, dann find auch gewisse indirekte Steuern troy der Beschwerden der einzelnen Industrien für uns nicht unmöglih. Aber über eine Finanzreform, wie die Herren auf der Nechten sie fih denken, werden wir uns wohl niht verständigen. Wenn die Lebens- mittelzôlle, die Salzsteuer usw. aufgehoben urd durch wirklich ausreihende direkte Steuern erseßt werden, werden wir auch einen Ertrag der Konfumfsteuern haben, wie in Engkäkhd, das einen sehr er- heblichen Teil seiner Ausgaben daraus deckt. Wenn man aber die Bundes- staaten möglich\st s{honen, ibnen Geschenke machen und die Liebesgaben zu Gunsten der Agrarier aufrecht erhalten will, dann kommt man nit zu einer Finanzreform. Schaffen Sie eine wirtschaftliche Freiheit wie in England, dann wird das. deutsche Volk seine Lasten ohne neue Anleiben und ohne Bedrückung der Industrie und der Arbeiter tragen können. Wenn wir an diesen Vorarbeiten ernsthaft mitarbeiten wollen, anstatt uns nah dem Wunsche des Grafen Schwerin in die Ecke stellen zu lassen, so geschieht es, weil wir versuchen wollen, die Reform so zu gestalten, daß fie der Durch- führung unseres Zukunftsprogramms auf wirtschaftlihem Gebiet niht weiter Steine in den Weg wirft. Nur dann kommen wir zu einer neuen Aera und zu einer wirklihen Finanzreform.

Abg. Schweickhardt (d. Volksp.): Im Laufe der Zuck-rsteuer- geseßgebung haben wir" die Herabseßung der Verbrauchsabgabe von 14 auf 10 4 bekämpft, niht weil wir an sich dagegen waren, sondern weil wir den Zeitpunkt für nicht geeignet hielten. Wir balten wie damals auch heute den Zeitpunkt niht für geeignet. Wird ‘der Vorwurf einer Shwenkung in -dieser Frage erhoben, so kann er uns nicht treffen. Mit der Forderung von 500 Millionen neuer Steuern ist do dargetan, daß es mit neuen Steuern allein nit mehr geht; es muß gründliche Umkehr in unserer Wirtschafts- gebarung stattfinden, und schon im neuen Etat für 1909 muß sih zeigen, ob die jeßt fo eifrig gepredigte Sparsamkeit dort bereits in die Tat umgeseßt ist. Die Branntweinsteuer ist längst reform- bedürftig; dem Fiskus entgehen jährliÞ durch die Liebes, abe und die Vergütung der Maischraumsteuer viele Millionen. Das Monopol bekämpfen wir aus wirtschaftlihen und politishen Gründen, als einen Eingriff in die Freiheit des Gewerbes. Natürlih muß der Regierung daran liegen, daß möglihst bohgradiger Branntwein ver- kauft wird, weil dadur der Konsum und die Neichs8einnahme ver- mehrt wird. Die Kontrolle des Staates muß \ich bis in die kleinsten Verkaufsstellen au2dehnen, und da reihen einige hundert Beamte nit aus, es werden mehrere Tausende sein müssen, und \{chließlich wird das Monopol fi auf die Branntweinerzeugung und den Brannt- weinhandel überhaupt erstrecken, das ist im Laufe der Entwicklung ganz unabwendbar. In nit wentger als 35 Fällen werden det Bundesrat in diesem Entwurfe besondere Vollmachten gegeben. Wag die Industrie von dem Monopol zu erwarten hat, davon hat sie einen gründlihen Vorgeschmack bekommen durch die *Spirituszentrale. Sie hat ih durhaus nit einwandfreier Mittel bei ihrer Geschäfts- führung bedient, sie hat den Zwischenhandel beseitigt, den Kleinhandel direkt in Bann geschlagen. Viel {hlimmer is fie vorgegangen wie die doh au recht rücksichtslosen amerikanishen Petroleumgesellschaften. Die Entschädigtang der Spiitfabriken, wie sie vorgeschlagen ist, stellt sich als eine wahre Ungeheuerlichkeit dar. Sind denn auth Sprit- fabriken bei der Vorbereitung der Vorlage gehört, die dem Spiritus- ring nicht angehören ? Die Interessenten, die das Ohr der Regterung hatten, haken {on im Frühjahr Resolutionen gefaßt, die wir in der Vorlage fast wsörtlich wiederfinden; auch fie hatten die Einstellung der 35 Millionen verlangt für die Herabseßung der Zucketsteuer, damit auch der Zuckecindustrie Hilfe werde. Das Monopol ist nihts als die Verewigung der Begünstigung einzelner Großgrundbesizer zum Nachteil der übrigen Landwirtschaft. Die großen landwirtshaftlihen Brennereien namentlich des Ostens werden mit einer ganzen Reihe von neuen Vorrehten ausgestattet. Da erscheint allerdings die alte „Uebes8gabe“ niht mehr zeits gemäß! Die kleinen Brennereien, die sogenannten Abfindungs- brennereien, {find von den Fußangeln des Entwurfs auch viel mehr bedroht, als fie selb bisher erkannt zu haben cheinen. Statt des verwerslihen Monopols sollte eine einheitlihe reine Fabrikatsteuer eingeführt werden. Damit könnte auch die untershiedlißze Behandlung zwishen Nord- und Süddeutschland aufgehoben und der Widerstand Süddeutschlands gegen die Aufgabe des Reservatrechts beseitigt werden. Die Gas- und Elektrizitätsfteuer lehnen wir als verfehlt ab. Unsere Industrie arbeitet unter außerordentlich ungünstigen Verhältnissen, hauptsählih wegen der teuren Kohlen. Deshalb i die Industrie mehr und mehr dazu - übergegangen, die vorhandenen Wasser- kräfte auszunußgen und, wo sie noch nicht vorhanden sind, sie durch Stauanlagen neu zu \chafen. Namentlich für Württemberg würde die Elektrizitätssteuer wverderblich sein. 38 Millionen sind in den Elektrizitätswerken investiert. Die Netto- stromeinnahmen betragen aber nur 1 Million, das entspricht einer Verzinsung von 2,6 9/0. Die Elektrizitätswerke würden ge- zwungen sein, die Steuer auf die Konsumenten abzuwälzen. Besonders wichtig ist die Frage sür unsere Gemeinden, die Gaswerke und neuerdings auch Elektrizitätswerke, namentlich zu dem Zwecke errihtet haben, um dem Gewerbestande zu “Hilfe zu kommen, um wit Erfolg mit der Großindustrie konkurrieren zu können. Der Sayßsekretär hat gemeint, daß eine Steuer von 5 %/% nicht sehr viel sein würde, bei größeren Werken macht aber diese Steuer viele Tausende aus, und manche Industriellen werden ch sehr wohl über- legen, ob sie ihre Dampfkraft in elektrishe Kraft umändern sollen. Das Gas ist ebenso ein Ersaß für teure Kohle und teures Holz, die Steuer mithin nichts anderes als eine Es der Heizung. Gerade durch diese Steuer würden die Haushalte unserer Kommunen sehr in Mitleidenschaft gezogen werden. Viele Gemeinden sind auf die Einnahmen ibrer Gas- und Elektrizitätswerke angewiesen. Ein Ausfall an diesen Einnahmen drückt auf ihrea ganzen Etat. Die Vorlage ershwert es den Gemeinden, für billiges Heizmaterial und billiges Licht zu sorgen. Deshalb lehnen wir diese Steuer ab, und wir werden uns auch durch die Kommissionsberatunz nicht zu einem anderen Votum bringen lassen.

Direktor im Reichsshaßamt Kühn: Wir sind gefragt worden, ob nuar den Vertretern des Brannttwoeinringes auh an- dere achverständige gehört worden seien. Ih erwidere darauf, daß dies allerdings der Fall ist. Jch kann versichern, daß zu der Zeit, als im Reichéshaßzamt der Plan gefaßt wurde, mit einem Monopol an den Reichstag heranzutreten, wir die Herren von der Zentrale vollständig in Unkenntnis hierüber ge- lassen haben. Erst als die Arbeiten weiter gediehen waren, als über die Grundzüge des neuen Monopols verhandelt worden war, als es nôtig geworden war, auf praktische Kenntnisse und Erfahrungen zurück- zugreifen, erst dann find wir nicht an die Zentrale als solche, fondern an- einzelne Herren von der Zentrale herangetreten und haben fie zu- ge¿ogen, weil wir dies für unsere Pfliht hielten, und weil wir glaubten, daß es uns au der Reichstag nicht verziehen haben würde, wenn wir bei Aufstellung des Monopolvorschlages diejenigen, die in Bezug auf das Monopol praktishe Erfahrungen haben konnten, un- gehört gelassen hätten. Es sind übrigens durchaus nicht alle die beteiligten Herren mit Freuden auf unseren Vorschlag eingegangen, es gab auch solhe, die dem gegenwärtigen Zustand den Vorzug gaben,