1908 / 281 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 Nov 1908 18:00:01 GMT) scan diff

die uns aber troßdem ihre Mitwirkung nicht vorenthielten. Wir haben davon Gebrauch gemaht, und wir können ihnen nur dafür L t-Grailsheim (wirts{ch. Vgg.) spricht t fo [eis g. Vogt-Crailsheim (wirts{. Vgg.) spr mit fo leiser Stimme, daß er bei der herrs{henden Unruhe des Hauses auf der Journalistentribüne nur bruhstückweise zu Gehör kommt. Er hbe- \chäftigt sich mit den Ursachen der \{lechten Finanzlage des Reichs, zieht einen Vergleich der deutschen mit den englishen wirtschaftlichen Verhältnissen und scheint im Prinzip damit einverstanden zu sein, daß die großen Vermögen zu einer Vermögenssteuer heran- gezogen werden. Alle diese Fragen dürften mit politischen Bragen niht verquickt werden. Besäße das Reich das seiner- zeit vorgeshlagene Tabakmonopol und Reichseisenbahnen, fo brauhten wix alle diese neuen Steuern niht. In bezug auf die Branntweinsteuer empfiehlt er eine größere Berücksichtigung der NRektifikationeanstalten und erklärt \sich \{chließlich mit der Ueber- weisung der Vorlage an eine Kommission von 28 Mitgliedern ein- verstanden. * Abg. Bindewald (d. Neförmp.): Der Abg. Südekum hat gestern behauptet, das persönlihe Regiment habe die deutshe Finanzmisere verschuldet. Das kann tch in dieser Allgemeinheit nicht unterschreiben. Ich gebe zu, daß es mitgewirkt hat, uns in diese Shuldenwirtschaft hineinzuführen, aber einen Sündenbock zu suchen, ist von vorn- herein vergeblihe Liebesmühe; wir find allzumal Sünder, und der Reichstag niht zum wenigsten; er hat die Negierung fort- aeseßt zu Ausgaben gedrängt. Die Schulden des Reichs sind aller- dings bedenklich angewahsen; mit den Schulden der Einzelstaaten baben wir 16 Milliarden Staatsschulden, und dazu treten noch die Schulden der Kommunen. Tief bedauerlich ist für jeden Patrioten die Erkenntnis, daß wir 1870/71 \{uldenfrei waren, den Milliarden- fegen bekamen, 1907 aber 4273 Millionen Schulden hatten. Wie wird es in weiteren 37 Jahren aussehen? Auch wenn die Reichs- {huld niht wächst, dürften wir für Verzinsung 10 Milliarden extra aufzubringen haben. Demgegenüber if die Summe von einer Halben Milliarde, die wir jeßt aufbringen sollen, nicht zu viel; es gibt Leute, die glauben, das deutsche Volk könnte noch mehr tragen. Wir fezen das Vertrauen in die Regierung, daß sie die Bedarfêrehnung rihtig aufgestellt hat, damit auch an eine wirksame Schuldentilgung gegangen werden fkann. Von den in Aussiht genommenen Steuern werden mehrere im Volke niht als geeignet befunden. In der Steuergesetzgebung des leßten abten haben wir \tets verlangt, daß die Lasten auf die tragfähigsten Schultern kommen sollen, d. h. auf das Großkapital ; um so*mehr mußte es Verwunderung erregen, als der Schaßfekretär in der „Deutschen Rundschau“ von seinem Steuerbukett Mitteilung machte, daß darin von einem sozialen Bedanken keine Spur zu finden war. Mit der Reform der Branntweinsteuer kann ih mich nicht einverstanden erklären. Ueber die Notwendigkeit der Reform besteht nirgends ein Zweifel, aber dies Monopol hat die s{chwersten Bedenken gegen \sich, {hon wegen des sehr ftarken finanziellen Risikos, welhes das Reich übernimmt, und wegen des unausbleiblihen fta:fen Konsumrückgangs. Für die Tabakbesteuerung ist die gewählte Form der Banderolensteuer die unsympathishste, die vorgeshlagen werden konnte. Wenn die Wein- {teuer unserem kleinen Winzer auch noch das Leben sauer maten follte, dann ift fie unter allen Umständen abzulehnen, wir werden Teiner Steuer zuslimmen, die diesen Teil der deutshen Pro- duktion irgendwie hart treffen könnte. Die Heranziehung der alkobol- freign Getränke ist geboten, denn die Industrie dieser Getränke arbeitet mit einem ganz ungeheuren Nußen gegenüber der Branntwein- und Brauereiindustrie, es werden da Gewinne von 100 und noch mehr Prozent gemaht. Die Erbschaftssteuer in threr Ausdehnung auf Defzendenten kann ih nicht gutheißen; will man die Zahl der seßhaften Erxistenzen erhalten und vermehren, so muß man diese Steuer bekämpfen, fofern sie {on von 20000 46 beginnen foll; bei 100090 4 mag sie eventuell einsezen. Höchst unzweckmäßig erscheint mir die Verquickung der Wehrsteuer mit der Nachlaßsteuer. Die Regierung kann diese Steuer auch ohne das haben, denn fie ist dem Volke durhaus sympathisch. Warum führt man ferner keinen Ausfuhrzoll auf Kohle und Kali ein? Warum geht man nicht dem Luxus mit kräftigen und kräftigeren Steuern zu Leibe ? Den ausländisWen Weinen und Bieren, den Equipagen, den Auto- mobilen ? Die Reichsunmittelbaren follten unter den heutigen Zu- ständen ebenfalls auf ihre Privilegien verzihten.

Um 61/5 Uhr wird die Fortseßung der Generaldiskussion auf Sonnabend 11 Uhr vertagt.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage ist der folgende Entwurf eines Arbeitskammergeseßes nebst Begründung zugegangen:

I. Errichtung, Aufgaben und Zusammensetzung der _ E Arbeitskammern.

§1. Für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer eines Gewerbe- zweigs oder mehrerer verwandter Gewerbezweige sind auf fachlicher Grundlage, soweit nah dem Stande der gewerblihen Entwicklung ein Bedürfnis besteht, Arbeitskammern zu errichten.

Die Arbeitskammern sind rechtsfähig.

2. Die Arbeitskammern sind berufen, den wirtschaftlihen Frieden zu pflegen. Sie sollen die gemeinsamen gewerblihen und wirtschaftlihen Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer der in ihnen vertretenen Gewerbezweige sowie die auf dem gleihen Gebiete r besonderen Interessen der beteiligten Arbeitnehmer wahr- nehmen.

§ 3. Insonderheit gehört zu den Aufgaben der Arbeitskammern

1) ein gedeihliches Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeit-

nehmern ju fördern;

2) die Staats- und Gemeindebehörden in der Förderung der im

S 2 bezeihneten Interessen durch tatsähliche Mitteilungen und

Erstattung von Gutachten zu unterstüßen. Auf Arsuchen der

Staats- und Gemeindebehörden haben fie bei Erhebunzen über

die gewerblihen und wirtschaftlihen Verhältnisse der in ihnen

vertretenen Eewerbezweige in ihrem Bezirke mitzuwirken sowie

Gutachten zu erstatten insbesondere über

a. den Erlaß von Vorschriften gemäß §8 1054, 1056 Abs. 1, §8 12086, 139a, 154 Abs. 4 der Gewerbe- ordnung,

b. die in ihrem Bezirke für die Auslegung von Verträgen und für die Erfüllung von Verbindlichkeiten zwischen

_ Arbeitgebern und Arbeitnehmern beslehende Verkehrsfiite ;

Wünsche und Anträge, die ihre Angelegenheiten 2) berühren,

zu beraten;

Veranstaltungen und Maßnahmen, welhe die Hebung der

wirtschaftlichen Lage und der allgemeinen Wohlfahrt der Arbeit-

nehmer zum Zwecke haben, anzuregen und auf Antrag der Ver- treter der hierfür getroffenen Einrihtungen an deren Verwaltung mitzuwirken. § 4. Die Arbeitskammern sind befugt, innerhalb ihres Wirkungk- Treises (§§ 2, 3) Anträge an Behörden, an Vertretungen von Kom- munalverbänden und an die gesezgebenden Körperschaften der Bundes- ftaaten oder des Neichs zu richten.

5. Angelegenheiten, die lediglich die Verhältnifse einzelner Betriebe betreten, dürfen, vorbehaltlih der Bestimmungen im § 6, nicht in -den Bereich der Tätigkeit ter Arbeitskammern einbezogen we1 den.

S 6. Die Arbeitskammern können bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern der in ihnen vertretenen Gewerbe- ¿weige über die Bedingungen der Fortseßung oder Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnifses als Einigungsamt angerusen werden, wenn es an einem hierfür zuständigen Gewerbegerichte fehlt oder die beteiligten Arbeitnehmer in den Bezirken mehrerer Gewerbegerihte beschäftigt find, -oder wenn die Einigungsverhandlungen bei dem zuständigen 4ZBewerbegeriht erfolelos verlaufen sind.

Auf das Verfahren finden die Bestimmungen der §8 63 bis 73 des Gewerbegerichts8geseßes vom 30. Juni 1901 (Reichsgeseybl. S. 353) entsprehende Anwendung.

Zuständig ist diejenige Arbeiiskammer, in deren Bezirke die be- teiligten Arbeitnehmer beschäftigt find; sofern die beteiligten Arbeit- nebmer in den Bezi:ken mehrerer Arbeitskammern beschäftigt sind, ist diejenige Arbeitskammer zuständig, welche zuerst als Einigungsamt angerufen worden ist. -

. Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten die ge- werblichen Arbeiter (Titel VIT der Gewerbeordnung) einsc{ließlich der- jenigen Personen, welhe für bestimmte Gewerbetreibende außerhalb der Arbeitsstätten der leßteren mit der Anfertigung aewerbliher Er- zeugnisse beshäftigt sind, und zwar auh dann, wenn sie die Noh- und Hilfsstoffe felbst beschaffen.

Als Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes gelten die Unter- nehmer solcher Betriebe, welche als gewerbliße im Sinne der Ge- werbeordnung anzusehen find, sofern sie mindestens einen Arbeitnehmer (Abs. 1) regelmäßig das Jahr hindurch oder zu gewissen Zeiten des Jahres beschäftigen; dabei stehen den Unternehmern ihre geseßlichen Vertreter und die bevollmächtigten Leiter ihrer Betriebe gleich.

Ausgenommen bleiben die Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter in E und Handelsgeshäften sowie die Unternehmer solcher

etriebe.

§8 8. Die Errichtung der Arbeitskammern erfolgt durch Ver- fügung der Landeszentralbehörde. In der Verfügung sind die Ge- werbezweige, für welhe die Arbeitskammern errihtet werden sowie Bezirk, Namen und Sih der Arbeitskammern zu bestimmen. Dabei kann die Bildung von Abteilungen für Gewerbezweige oder für be- stimmte Arten von Gewerbebetrieben angeordnet werden. In gleiher Weise können Abänderungen vorgenommen werden.

Mehrere Bundesstaaten können sich zur Errihtung gemeinsamer Arbeitskammern vereinigen. Jn diesem Falle sind die den Behörden übertragenen Befugnisse, soweit niht eine anderweite Vereinbarung getroffen wird, von den Behörden detjenigen Bundesstaats wahrzu- nehmen, in welchem die Arbeitskammer ihren Siy hat.

§ 9. Für jede Arbeitskammer find ein Vorsißender und mindestens ein Stellvertreter sowie die erforderliße Zahl von Mit- gliedern zu berufen. Der Vorsißende .und seine Stellvertreter dürfen weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer sein. Sie werden von der Aufsichtsbehörde 40) ernannt und führen den Vorsiß auch in den Abteilungen.

Für die Mitglieder sind Ersaßmänner zu bestellen, welche in Behinderungsfällen und im le des Ausscheidens für den Rest der Wahlperiode in der Reihenfolge der Wahl für die Mitglieder ein- zutreten haben.

Bestehen mehrere Arbeitskammern an einem Orte, so können der Vorsitzende und seine Stellvertreter für die Kammern gemeinsam bestellt, auch gemeinsame Einrichtungen für den Bureaudienst, die Sißzungs- und Bureauräumlichkeiten und dergleichen getroffen werden.

§ 10. Die Mitglieder der Arbeitskammern und der Abteilungen sowie ihre Ersaßmänner müssen zur Hälfte aus den Arbeitgebern, zur Hälfte aus den Arbeitnehmern entnommen werden.

Die Vertreter der Arbeitgeber werden mittels Wahl der Arbeit- p Vertreter der Arbeitnehmer mittels Wahl der Arbeitnehmer estellt.

Die Zahl der Mitglieder der Arbeitékammern und der Abteilungen sowie die Zahl der Ersaßmänner wird durch Versügung der Aufsihts- behörde bestimmt.

Die Mitglieder und die Ersaßmänner erhalten für jede Sitzung, der sie beigewohnt baben, Vergütung etwaiger Reisekosten und eine Entschädigung für Zeitversäumnis. Die Höhe der letzteren ist dur die Geschäftsordnung festzusetzen.

I. Wahlberechtigung und Wählbarkeit.

§ 11. Zur Teilnahme an den Wahlen 10) sind Deutsche beiderlei Geshlechts berechtigt, welche

1) das 25. Lebensjahr vollendet haben ;

5 im Bezirke der Arbeitskammer tätig sind; 3) denjenigen Gewerbezweigen als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer angehören, für welhe die Arbeitskammern errichtet sind.

Umfaßt eine gewerbliche Unterrehmung Bestandteile vershieden- artiger Gewerbezweige, so wird sie demjenigen Gewerbezweige zu- gerechnet, welhem der Hauptbetrieb angehört.

Nicht wahlberechtigt ift, wer nah § 32 des Gerichtsverfafsungs- geseßzes zum Amt eines Schöffen unfähig ist.

8 12. Für die Wahlen der Arbeitgeber kann die Aufsiht3behörde das Stimmreht nach Maßgabe der Zahl der von den einzelnen Arbeitgebern beschäftigten Arbeitnehmer verschieden feftsetzen.

8 13. Wählbar sind dicjenigen Wahlberetigten, welche

1) das 30. Lebensjahr vollendet haben ;

2) seit mindestens einem Jahre denjenigen Gewerbezweigen als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer angehören, für welche die Arbeitskammern errichtet find;

3) in dem der Wahl voraufgegangenen Jahre für sich oder ihre Familie Ee Es aus öôffentlißen Mitteln nicht empfangen oder die empfangene Unterstützung erstattet haben.

Die Vorschrift des § 11 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

S 14. Sind gemäß § 8 Abteilungen errichtet, so sind für die Abteilungen nur - diejenigen Personen wahlberechtigt und wählbar, welche den in den Abteilungen vertretenen Gewerbezweigen oder Ge- werbebetrieben angehören.

ITIT. Wahlverfahren und Dauer der Wahlperiode.

§ 15. Die Wahlen erfolgen unter Leitung des Vorsißenden der Arbeitskammer în getrennter Wahlhandlung,. Sie sind unmittelbar und geheim; sie finden nach den Grund- säßen der Verhältniswahl derart statt, daß neben den Mehrheitsgruppen auch die Minderbeitsgruppen entsprechend ihrer Zahl vertreten find. Hierbei kann die Stimmabgabe auf Vor- \{lagslisten beschränkt werden, die bis zu einem näher zu bestimmenden Zeitpunkte vor der Wahl einzureihen sind.

Ueber die Feststellung des Wahlergebnifses ist cine Niederschrift aufzunehmen.

Das Ergebnis der Wahl ist öffentlih bekannt zu maten.

Die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren werden von der Aufsihtsbehörde getroffen.

S 16. Ist in den Bestimmungen über das Waklverfahren vor- geschrieben, das die Gemeindebehörde Wahllifsten aufzustellen hat, so tes die Poltzeibeh3rden sowie Krankenkassen, welhe im Bezirke der

rbeitskammer bestehen oder eine öôrtlihe Verwaltungsstelle haben, verpflichtet, der Gemeindebebörde auf Verlangen die für die Fertigung der Wählerliste für Arbeitgeber und Arbeitnehmer erforderlihen Aus- künfte zu geben, insbesondere Einsicht der Mitgliederverzeihnisse und der Gewerbeanzeigen zu gewähren.

Für ihre Mitwirkung bei der Ausführung der Wahlen steht den Gemeinden, Polizeibehörden und Krankenkafsen ein Anspruch auf eine Vergütung nicht zu.

§ 17. Gegen die Nehtsgültigkeit der Wablen können innerhalb ¿weier Wochen mas der Bekanntmachung des Wahlergebnisses Ein- sprüche von den Wahlberehtigten bei dem Vorsizenden der Arbeits- kammer eingebracht werden. Gegen seine Entscheidung findet inner- halb zweier Wochen die Beshwerde an die höhere Verwaltungsbehörde statt. Diese entscheidet eadgültig. Sie hat Wahlen, welche gegen das Geseg oder die auf Grund des Geseges erlassenen Wahlvorschriften verstoßen, für nngueta zu erklären.

§ 18, Die Mitglieder der Arbeitskammer und die Ersaßmänner werden auf sech8s Jahre gewählt. Sind mehr als ein Drittel der Vertreter ter Arbeitgeber oder der Vertreter der Arbeitnehmer und die Ersaßmänner dieser Vertreter aus der Arbeitskammer oder einer ihrer Abteilungen auszeschieden, so kann die Aufsichtsbehörde eine Neuwahl auf den Rest der Wahlperiode für sämtliche Vertreter der Arbeitgeber und deren Ersatzmänner beziehungsweise für sämtliche Vertreter der Arbeitnehmer und deren Ersaßmänner anordnen.

§ 19. Mitglieder, hinfihtlich deren Umstände eintreten oder be- kannt werden, welche die Wählbarkeit ausschließen, haben aus der Arbeitskammer auszuscheiden, es sei denn, daß es \sich nur um den Eintritt einer vorübergehenden Arbeittlosigkeit* handelt. Im Falle

der Weigerung erfolgt die Enthebung des Beteiligten durch Beschluß der Arbeitskammer, nahdem ihm Gelegenheit zur Aeußerung gegeben ist. Gegen den Beschluß ist innerhalb zweier Wochen die Gen, an die Aufsichtsbehörde zulässig. Diese entscheidet endgültig.

IV. Kostenaufwand.

§ 20. Dem BVorsißenden der Arbeitskammer und seinen Stell- vertretern darf eine Vergütung von der Kammer nicht gewährt werden, ; 21. Die aus der Errichtung und Tätigkeit der Arbeitskammein erwachsenden Kosten sind für jede Arbeitskammer von denjenigen in ihrem Bezirke belegenen Gemeinden zu tragen, in welchen ih Be, triebsstätten der in ihr vertretenen Gewerbezweige befinden oder Arbeit. nehmer dieser Gewerbezweige den Wohnsiß haben,

Dabei werden die Kosten je zur Hälfte auf die beteiligten Be, triebsftätten und auf die beteiligten Arbeitnehmer rehnerisch verteilt und hterauf die Beträge ermittelt, die auf die einzelnen Betriebsstätten und Arbeitnehmer entfallen.

Bet der Ermittlung der auf die einzelnen Betriebsstätten ent- fallenden Beträge is die Zabl der beschäftigten Arbeitnehmer nach näherer Bestimmung der Aufsichtsbehörde zu berücksihtigen. Die auf Me Fn EARes entfallenden Beträge sind nah der Kopfzahl zu

erteilen.

8 22. Der Verteilungsplan 21) ist hiernach von dem Vor- fißenden der Arbeitskammer alljährlich aufzustellen.

Gegen die Verteilung der Kosten findet die Beshwerde an die Aufsichtsbehörde statt. Diese entscheidet endgültig.

23. Die Gemeinden sind ermächtigt, brd Ortsftatut 142 der Gewerbeordnung) zu bestimmen, daß die auf sie entfallenden Kostenanteile nach Maßgabe des Verteilung8plaus (§8 21, 22) von den Inhabern der in der Gemeinde belegenen beteiligten Betriebs Paten und denjenigen beteiligten Arbeitnehmern erhoben werden, welche n der Gemeinde den Wohnsitz haben.

§ 24. Die dur die Errichtung der Arbeitskammer erwachsenden Kosten find aus der Staatskasse vorzuschießen.

8 25. Die Arbeitskammer hat über den zur Erfüllung ihrer A erforderlichen Kostenaufwand alljiährlih einen Haushaltsplan aufzustellen.

Der Haushaltéplan bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Das gleiche gilt für Beschlüsse, deren Ausführung solhe Auf- Es machen, welche im Haushaltsplane nicht vor- gesehen sind.

Die Jahresrechnungen sind der Aufsichtsbehörde einzureichen.

V, Geschäftsführung.

§ 26. Die laufende Verwaltung und Führung der Geschäfte der Arbeitskammer fowie die Vertretung der Arbeitskammer liegt dem Borsitenden ob. .

§ 27. Die Sizungen werden von dem Vorsizenden anberaumt. A i E Sizungen nimmt der Vorsißzende mit vollem Stimm- rechte teil.

Auf den Antrag von zwei Dritteln der Mitglieder muß die A einer Sizung der Arbeitskammer oder der Abteilung erfolgen.

23. Die Vertreter der Arbeitnehmer haben, so oft sie zur Wahrnehmung ihrer Obliegenheiten berufen werden, ihre Arbeitgeber hiervon in Kenntnis zu segen. Jst diese Mitteilung erfolgt, so ist es als ein wihtiger Grund, der den Arbeitgeber zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt, niht anzusehen, wenn ein Vertreter der Arbeitnehmer dur die Wahrnehmung jener Obliegenheiten an der Leistung der Arbeit ver- hindert wird.

29. Die Arbeitskammer ist berechtigt, aus ihrer Mitte Aus- {üsse zu bilden und mit besonderen regelmäßigen oder vorüber- gehenden Aufgaben zu betrauen.

30. Der Beschlußfaffung der Gesamtheit der Arbeitskammer bleibt vorbehalten

1) die Wahl der Ausschüfse ;

2) die Feststellung des Haushaltsplans, die Prüfung und Abnahme der Iahresrehnung und die Beschlußfassung über Ausgaben, die im Hauséhaltsplane niht vorgesehen sind;

3) die Abgabe von Gutachten gemäß § 3 Ziffer 2 und die Ein- bringung von Anträgen gemäß § 4;

4) die Beschlußfaffung gemäß § 19.

§ 31. Die Sitzungen der Arbeitskammern und der Abteilungen sind öffentlih. Ausgenommen von der öffentlihen Verhandlung find diejenigen Gegenstände, welhe von dem Vorsißenden als zur öffent- lihen Beratung nit geeignet befunden oder welche bei Erteilung von Aufträgen von den Bebörden als für die Oeffentlichkeit nicht geeignet bezeihnet werden. Gegen die Entscheidung des Vorsißenden, wodur ein Gegenstand von der öffentlihen Verhandlung autgeshlossen wird, steht den Mitgliedern der Kammer die Beshwerde an die Aufsichts- behörde zu. Diese entscheidet endgültig.

§ 32. Die Arbeitskammern, die Abteilungen und die Ausschüsse sind berehtigt, zu ihren Verhandlungen Sachverständige mit beratender Stimme zuzuziehen.

§ 33. Zu den Sitzungen kann die Aufsichtsbehörde einen Ver- treter entsenden, der auf sein Verlangen jederzeit gehört werden muß.

§ 34. Die Beschlüsse werden durch Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

Zur Gültigkeit eines Beshlufses ist die Ladung aller Mitglieder unter Mitteilung der Beratung83gegenstände und die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der zur Zeit der Kammer oder der Abteilung angehörenden Mitglieder erforderlich.

8 35. Bet der Beschlußfassung müssen Arbeitgeber und Arbeit- nehmer in gleiher Zahl mitwirken. ind auf der einen Seite wentger Vertreter erschienen als auf der anderen, so scheidet auf dieser Seite die erforderliche Zahl von Mitgliedern, mit dem an Lebensalter jüngsten beginnend, aus.

Verringert h hierdurch die Zahl der zur Beschlußfassung be- rufenen Mitglieder auf weniger als die Hälfte der zur Zeit der Kammer oder der Abteilung angehörenden Mitglieder, so ist die Kammer oder die Abteilung gleiGwohl beshlußfähig.

36. Ueber jede Beratung ift eine Niederschrift aufzunehmen.

__ 37. Beschlüsse, welhe die Befugnisse der Arbeitskammern überschreiten oder gegen die geseßlihen Vorschriften verstoßen, sind vom Vorsizenden unter Angabe der Gründe mit aufschiebender Wirkung zu beanstanden. Die Anfechtung erfolgt mittels Beschwerde an die Aufsichtsbehörde. Diese entsheidet endgültig.

8 38. Nehmen bei Erstattung eines Gutachtens gemäß §3 Ziffer 2 oder Beratung eines Antrags gemäß § 4 sämtliche Arbeit- geber einerseits und sämilihe Arbeitnehmer anderseits einen ent- gegengese ten Standpunkt ein, so findet eine Beschlußfassung nicht tatt. ie Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind in diesem Falle berechtigt, ihre Meinung und deren Begründung \chriftliÞ niederzulegen und diese Aufieihnung dem Vorsitzenden der Arbeitskammer einzureihen. Das gleihe Recht hat in den ias in denen eine Beschlußfaffung stattgefunden hat, die Minder- eit. Die Aufzeihnung ist von dem Vorsitzenden der Arbeitskammer den Verhandlungen beizufügen und der beteiligten Behörde einzu-

reichen. § 39. Die näheren Bestimmungen über die Geschäftsführung werden von der Arbeitskammer in einer von der Aufsichtsbehörde zu genehmigenden Geschäftsordnung getroffen. Die Geschäftsordnung muß Bestimmungen enthalten über 1) die Form für die Zusammenberufung der Arbeitskammer ; 2) die Beurkundung threr Beschlüsse; 3) die Aufftellung und Genehmigung des Haushaltsplans; 5 die Aufstellung und Abnahme der Jahresrechnung; 5) die Vorausseßungen und die Form einer Abänderung der Geschäftsordnung; 6) die öffentlihen Blätter, durch welche die Bekanntmachungen der Arbeitskammer zu erfolgen haben, Durch die Geschäftsordnung kann vorgeschrieben werden, daß die Abstimmung geheim stattfindet, wenn eine näher zu bezeichnende Zahl von Mitgliedern dies verlangt.

(S&#[luß in der Zweiten Beilage.)

(S@hluß aus der Ersten Beilage.)

VI. Beaufsichtigung.

8 40. Die Arbeitskammern unterliegen, sofern nicht von der Landeszentralbehörde eine anderweite Bestimmung getroffen wird, der Aufsicht igen tigen höheren Verwaltungsbehörde, in deren Bezirke sie ihren aben.

) 8 41. Wenn die Arbeitskammer wiederholter Aufforderung der Aufi ederre ungeahtet die Erfüllung ihrer Aufgaben vernah- lässigt oder sih gesezwidriger Handlungen oder Unterlaffungen s{huldig macht, durch welche das Gemeinwohl gefährdet wird, oder andere als die geseßlich zulässigen Zwecke verfolgt, so kann die Aufsichtsbehörde sie auflösen und Neuwahlen anordnen. Während der Zwischenzeit werden die Geschäfte von dem Vorsigenden der Arbeitskammer geführt.

& 42. Welche Behörde in jedem Bundesstaat unter der Be- zeichnung „höhere Verwaltungsbehörde“ zu verstehen ist, beslimmt die Landeszjentralbehörde. :

VII. SchWhlußbestimmungen.

8& 43. Auf Betriebe, die unter der Heereê- oder Marineverwal- tung stehen, finden die Bestimmungen dieses Gesezes keine An- wendung.

8 44. Auf die Arbeitgeber in Bergwerken, Salinen, Auf- bereitungsanstalten und unterirdisch betriebenen Brüchen und Gruben und die von ihnen beschäftigten Arbeitnehmer! finden die Bestimmungen der §8 1 bis 42 mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1) Die im § 3 Ziffer 2 bezeichnete Obliegenheit erstreckt sich auch auf die Erstattung von Gutatten über den Erlaß von Berg- e L Ln die den Schußz des Lebens oder der Gesundkeit der Arbeiter und die Aufrehterhaltung der guten E und des Anstandes dur die Einrichtung des Betriebs ezwecken ;

2) inwieweit den Arbeitgebern ihre geseßlihen Vertreter und die bevollmächtigten Leiter von Betrieben gleih\stehen, wird durch Anordnung der Landes-Zentralbehörde bestimmt.

& 45. Die vorstehenden Bestimmungen treten mit dem... è

in Kraft.

Statistik und Volkswirtschaft.

Ehbeschließungen, Geburten und Sterbefälle y en r 1907 im Deutschen Reich.

Die neuesten Zusammenfstellungen des Kaiserlichen Statistischen Amtes über Gal ungen und über die natürliche, in der Zahl der

Größenklafse

E 241 641

b r C L id M eta O ean d 224 639 O O0 Ta 40 663

2 100 ha und darüber .

zusammen i 669 911

Auf die einzelnen Größenklafsen entfallen in Prozenten : E O von 2 bis unter 5 , 4 , / , 5 v 2190 ./. 930. 92,0 92,1 490 v0/L 0 4-100 (03 el e e Do 100 ha und darüber 0,1 j , , ; zusammen 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 iernach treffen 63,8 9/6 aller Betriebe, niht weniger als 93,7 9%/o der De Acitlithen und 91,6% der gesamten Fläche auf die Bauerngüter (2—100 ha). Die starke Vertretung des Bauern- uts, durch die sih die bayerische Landwirtschaft stets ausgezeichnet bat, ist sona geblieben. Insbefondere ist es der mittelbäuerlihe Betrieb, der als das Rückgrat der bayerishen Landwirtschaft brzeichnet werden kann; er umfaßt 33,5 9/% sämtliher Landwirtschaftsbetriebe, 529% der landwirtshaftlih benußten Fläche und 5009/6 der Gesamt- flähe. Seit dem Jahre 1895 hat er seine überragende Bedeutung nit nur behauptet, sondern sie sogar noch erheblich verstärkt: es hat nämlich die Zahl der mittelbäuerlihen Betriebe um 7640 = 3,50/0, ihre landwirt- \cha]tlich benußte Fläche um 61 083 ha = 2,8 9/9 und ihre Gesamt- flähe um 71098 ha = 2,59/o zugenommen. Neben den mittels bäuerlihen Betrieben haben seit dem Jahre 1895 nur noch die Parzellenbetriebe (bis 2 ha), die die zweitstärkste Vertretung aufs weisen, eine Mehrung erfahren, und ¡war um 5066 = 2,2 °/0. Die übrigen Betriebsgrößen zeigen Verminderungen und zwar:

e kleinbäuerlichen Betriebe (2—5 ha) . . . um 2977 = 1,89% großbäuerlihen Betriebe (20—100 ha). . um 3519 = 8,0%/

Großbetriebe (100 ha und mehr). . . n. s e ee 9/0.

Die Abnahme der kleinbäuerlichen Betriebe ist wohl dadurch) ver- ursaht, daß n Teil derselben seit 1895 durch Flächenmehrung in die Klasse der mittelbäuerlihen Betriebe aufgerückt ist, während die Haupturfache für den Rückgang der großbäuerlichen und Großbetriebe in der Güterzertrümmerung zu suchen sein dürfte.

Was die Minderung der Flächen gegenüber 1895 anlangt, fo dürfte dieselbe zum Teil durch formalftatistisbe Momente verursaht sein; soweit sie tatsähliher Natur ist, wird sie durch Stadterweite- rungen, Bahnbauten, Anlegung militärischer Uebungspläte usw. herbei- geführt sein. Ein strenger Vergleich zwischen 1895 und 1907 is in dieser Richtung leider nicht möglich. Immerhin ist bemerkenswert, daß die Größenklafse von 100 und mehr Hektaren nah der vorstehenden Zusammenstellung seit 1895 troß Abnahme der Zahl ihrer Betriebe an Gesamtflähe um 6417 ha = 3,2 9/9 sich verstärkt hat.

Was den Klein-, Mittel- und Großbetrieb in den einzelnen Re-

ierungsbezirken anlangt, so ist die vorherrshende Betriebsart in Dberkcvnen, Niederbayern, Oberpfalz und waben das Bauerngut, sowohl nach Zahl der Betriebe wie nah der Flähe. Namentlich ift der groß- und der mittelbäuerliche Betrieb hier tärker vertreten als B den übrtgen Been Bayerns. rbe Pargelenßerriene Lea f" n die ungsbezirken nur ungefähr ein s triebe (A O “e zwischen 1,8 L 9/9 der landwirtshaftlich

benußten Flähe. Aehnlich verhält e mit der Zahl der flein-

Von den Betrieben haben

aus\chließlich Pachtland 17 324

1 326 1104

aus\chließlich eigenes Land 150 207 99 258 ú Ü L 5 117 398 20 s - 100 . . . . - 100 u er E26, 6% @ 341 98 N T iti E 444 652 20 250

Größenklafsen

unter 2 ha .. von 2 bis unter 95 20

NReichsbevölkerung ergeben :

Zahl der Betriebe

1907 1895 236 575 165 408 216 999 44 182 937 621 663 785

9

Zweite Beilage

Geburten und Sterbefälle zum Ausdruck gelangende Bewegung der

auf 1000 “der Be- völkerung

dagegen; im L E Durch- m {nitt Jahre | 1898/ 1906 } 1907

für das

Jahr

1907 1898/

1907 | 1908 | 1907

476226] 8,12| 8,16 | 8,18 34,08 | 35,48

Ghesließungen . . 1 503964] 4989 ein- Geburten

chließl. 12060974|2084739/2065281] 33,20 Sterbefälle Tot, 1178349|1174464/1223043] 18,98 | 19,20 | 21,01 geburten

Geburtenüber|chuß . | 882625] 910275] 842238] 14,22 | 14,88 | 14,47

Unter den Geborenen Auf 100 Geborene ehelich. 77060} 178212 E

U 179178 L ' 1 1

ads | Geborene 61040) 62262 63600) 2/96 | 2/99 | 3,08,

Berlin, den 27. November 1908. Kaiserlihes Statiftishes Amt. van der Borght.

bnisse der landwirtschaftlihen Betriebszählung A von 1907 für Bayern.

Den im August d. J. veröffentlichten Ergebnissen der Berufs- ¿ählung vom 12. Runi 1907 läßt das Königlich bayerishe Statistische Bureau nunmehr diejenigen der landwirtschaftlihen Betriebszählung folgen. Sie geben zahlenmäßigen Aufschluß über Stand und Ent- Viflkaa der bayerishen Landwk1tschaft, insbesondere über die wichtigen Fragen, in welhem Maße in der bayerischen Landwirtschaft Klein-,

ittel- und Großbetrieb vertreten ist, welche Ausdehnung Eigen- und Pachtwirtshaft zeigen, wie Klein-, Mittel- und Großbetrieb ihre Betriebsflähen nußen und welche Aenderungen nach allen diesen

Richtungen seit 1895 eingetreten find. Vans ost Wintes am 12. Juni 1907 669911 landwirts-

\chaftlihe Betriebe ermittelt; diese umfaßten eine landwirtschaft- li benußte Flähe von 4249 926 ha und eine Gesamtflähe von 5 817 017 ha. Nach der Größe ihrer landwirtshaftlich benußten Mane gliedern ih diese Betriebe in eihe 20 (bis 2 ha), lein- (2—% ha), mittel- (5—20 ha), großbäuerlihe (20—100 ha) und Großbetriebe (über 100 ha), wie folgt:

R, enußie e (na 1907 1895 167 310 177 659 547 471 593 096 2 209 916 2 148 833 1221 320 1 350 573

103 909 111 416 4 249 926 4341 577

__ Gesamtfläche (ha)

1907 1895 285 516 292 515 703 382 716 765 2 915 787 2 844 689 1 708 137 1 893 989

204 195 197 778 5 817 017 5 945 736.

bäuerlichen Betriebe, deren Anteil an der landwirtshaftilich benußten Flähe erst 7,4—11,7 °/9 umfaßt. |

In Ober- und Mittelfranken is der Parzellenbetrieb {hon ér- beblih stärker vertreten als in den vorgenannten Regierungsbezirken ; auch der kleinbäuerlihe Betrieb ist etwas ausgedehnter; der groß- bäuerlihe Betrieb dagegen ist hier s{chwäher vertreten als in Süd- bayern und in der Oberpfalz, während der mittelbäuerlihe Betrieb ¡war einen geringeren Prozentanteil an der Zahl der Betriebe, aber einen höheren an der gesamten landwirtschaftlich benußten Fläche als in den altbayerishen Regierungsbezirken aufweist.

In Unterfranken und namentlich in der Pfalz ift sowobl nah Zahl der Betriebe wie nah der Fläche der Kleinbetrieb am stärksten vertreten, do so, daß in Unterfranken der Kleinbetrieb noch stark mit mittelbäuerlihen Betrieben vermisht vorkommt.

Im einzelnen erhellt die Art und Weise der Ver teilung von Klein-, Mittel- und Großbetrieb in den aht Regierungs bezirken aus

folgender Zusammenstellung. Prozentuale Verteilung der einzelnen Betriebsgrößen :

unter 2—5 5—20 2 ha ha ha

DdD f O

Negierungsbezirk

landw.

landw. benußte Fläche Betriebe landw. benußte Fläche Betriebe S benutte Flä

Betriebe benußte Fläche

ch-__ landw. S benußte Flädbe

o [Viiing m) © S _- S o p S

Oberbayern . . 123,7 Niederbayern . 126,5

e TOSD 21,3 Oberpfalz. . . 126,1 27,1 Oberfranken . . 137,5 23,5 Mittelfranken . | 33,4 25,3 j Unterfranken. . [41,4 26,5| 19, j A ; Schwaben . . 124,1| 1,9124,0 59,1 25,5] 0,1

Wie die starke Vertretung des Bauernguts, so ist für die bayerishe Landwirtschaft die grofe Ausdehnung der Eigenwirts chaft charakteristisch. Nicht bloß der Bauer \{lechthin, sondern der Bauer auf der eigenen Scholle is der typishe Vertreter der bayerischen Land- wirtschaft. Auf 66,4 9/0 aller Betriebe erfolgt aBpedte Eigen - wirtshast; von der Gesamitfläche der landwirt\haftlichen Betriebe find 95,1 % Eigenland. Reine Pachtbetriebe, also Betriebe mit aus- \chließlich Pachtland sind nur 39/0 der Gesamtzahl; im ganzen beträgt die Pachiflähe 4,1% der Gesamtflähe. Speziell în den Größenklafsen der mittel- und großbüuerlichen Betriebe sind die

enannten Verhältnisse noch erheblich günstiger, wie aus nachstehenden

aten hervorgeht:

= - —_

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ck ck ck S0 T

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D s C S

1

T

Von der Gesamifläche sind aus\{ließlih eigenes Land Pachtland sonstiges Land a

onstiges Land a ha i Gi 683 244 612,77 27 547,71 13 354,95 583 644 815,18 51 841,03 6 726,22 358 2 807 513,69 94 819,08 13 454,58 114 1 658 859,10 42 175,94 7101,81 2 176 378,40 22 825,31 4 990,88 12 740 5 532 179,14 239 209,07 45 628,44,

85,7

unter 2 ha . . . . 622 LL 91,7

von 2 bis unter 5 ha 6 j

- 5

» 20, 20 e000

8

5 | 714 2 | 96,3 |

3

4

Ä p i 97,1 ; e 100 und mehr 63,5 86,4 , ¡usammen . . 66,4 3,0 ,9 95,1 0,8.

Gegenüber dem Jahre 1895 ist die Zahl der reinen Pachtbetriebe von 16 014 auf 20 250 (also um 4236 = 28,4 9/0) gestiegen und hat die Pachtflähe von 195 595 ha auf 239269 (also um 43614 ha = 22,3 9/0) zugenommen. Vermutlich ist diese Mehrung, an der sämt- liche Betriebs S en beteiligt sind, nit ganz eine tatsächlihe, sondern zum Tei durch formalstatistische Momente bedingt.

Die wirts{haftlich und agrarpolitisch ebenfalls wichtigen Ergebnisse der Betriebszählung über die Bodenbenußzung und insbesondere über die erstmals erhobene iBebauung des Aderlandes bei den Klein-, Mittel- und Großgütern sollen demnächst veröffentliht werden.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Lille wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet, daß auf den Hüttenwerken Hautmont und Blanc-Misseron nach der Lohnzahlung am Donnerstag ein ti gat Ausstand ausgebrochen N 1500 Arbeiter vergebens die Einführung des Achtftundentags verlangten.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

(Aus den „VeröffentliGungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ Nr. 48 vom 25. November 1908.)

Pe st.

Aegypten. Vom 7. bis 13. November sind an der Pest 11 Personen erkrankt (und 6 gestorben), davon 4 (2) in Abu Kerkas der Provinz Minieh, 3 (2) in Menuf der Provinz Menufieh, je 1 (1) in Alexandien und Fayum, je 1 in Tantah und Tukh der Provinz Galiubieh.

British-Ostindien. Vom 11. bis 17. Oktober sind in ganz Indien 3717 Erkrankungen und 2649 Todesfälle an der R d. h. 1229 (800) mehr als durdchschnittlich in ieder der beiden Vorwochen, zur Anzeige gelangt. Von den 2649 Pesttodesfällen kamen 1426 auf die Präsidentschaft Bombay (darunter je 15 auf die Stadt Bombay und auf Karachi), 282 auf die Zentralprovinzen, 226 auf Rajputana, 223 auf den Staat Mvysore, 158 auf Hyde - rabad, 122 auf das Punjabgebiet, 72 auf Bengalen, 65 auf die Präsidentshaft Madras, 35- auf Burma, 26 auf Sénéralindien und 16 auf die Vereinigten Provinzen. ,

Hongkong. Vom 13. September bis 3. Oktober wurde 1 Er- krang und 1 Todesfall an der Pest (außerhalb der Stadt Viktoria)

[det. E Cholera.

N ugs. In der Woche vom 2. bis 8. November sind nach- stehende rkrankun en (und Todesfälle) an der Cholera gemeldet : - Stadt St. Petersburg 103 (44 Gouv. St, Petersburg (sonli) ( ouv. St. Petersburg (son Archangel

Sekaterinoslaw

Taurien

Felisawetpol

Tiflis

«Tor

Stadt Nikolajew

Stadtbezirk Kertsh-Jenikale Baku

Dongebiet Kubangebiet Terekgebiet Akmolinskgebiet Fergvanagene emipalatinskgebiet s L s

Die Gesamtzahl der in der Berihtswoche an der Cholera erkrankten (und gestorbenen) Personen betrug hiernach 500 (250), d. h. 232 (151) weniger als in der Vorwoche gemeldet worden waren.

In Riga befanden sich am 18. November noch 3 Cholerakranke in ärztliher Behandlung, nahdem dort vom 7. bis 10. desfelben Monats 3 Pesonen neu erkrankt waren und 1 Cholerakranker gestorben war. Auch in Dorpat waren zufolge einer Mitteilung vom 18. No- vember neuerdings wieder mehrere Personen an der Cholera erkrankt

und 1 der Seuche erlegen. / Hongkong. Vom 13. September bis 3. Oktober sind in der

Kolonie 4 Personen an der Cholera erkrankt (und ‘4 geftorben), davon in der Stadt Viktoria 2 (2). Pocken. L Deutsches Reich. Die in der vorigen Woche mitgeteilten 6 Eten Mle in Dullen (Kreis Oleyko, Reg.-Bez. Gumbinnen) haben sich nicht als Pocken erwiesen. Fleckfieber. A Deutsches Reich. Für die Woche vom 1. bis 7. November nab lid 1 Grfkrankungsfall aus Hohendorf (Kreis Stuhm, NReg.-Bez. Marienwerder) mitgeteilt worden. Oesterreich. Vom 8. bis 14. November in Galizien 9, in der Bukowina 10 Erkrankungen.

Genidckstarre.

Preußen. In der Woche vom 8. bis 14. November sind 15 Grkrankungen (und 7 Todesfälle) angezeigt worden in folgenden Regierungsbezirken [une Kreisen]: Reg.-Bez. Arns- berg 1 (1) [Herne Stadt], Cöln 1 (Cöln Stadt), Düssel- dorf 4 d (Efsfen Stadt 3 (1), Ruhrort Land 1], Frank- e 1 [Guben na] Königsberg 1 [Königsberg Stadt], Lüne- urg 1 (1) [Gifhorn}, Münster 1 [Recklinghausen Land], Oppeln 2 (2) [ attowiß Land, Tarnowiß je 1 (1)), Potsdam (1),

[Templin], Stettin 2 [Stettin], Trier 1 (1) [Saarbrüen].

Verschiedene Krankheiten.

oden: Konstantinopel (2. bis 8. November) 7, St. Petersburg 2, Warschau Todesfälle; Paris 3, Skt. Fer, burg 10, Warschau (Krankenhäuser) 3 Erkrankungen ; Varíize llen: Nürnberg 45, “Budapest 89, New York 82, Wien 98 Erkrankungen ; Fleck fieber: Moskau 7 Todesfälle; St. Petersburg 2, Warschau

Moskau 5,