1908 / 291 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 Dec 1908 18:00:01 GMT) scan diff

1908 Dezember

Z

Marktorite

mittel

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

niedrigster

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höchster

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Doppelzentner]

t

Verkaufs

wert

Mt

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für 1 Doppel- zentner

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Marktlage Durth- itt3s

Außerdem wurden

Qualität Markttage

(Spalte 1) übershlägli nah 2 er Doppelzentner (Preis unbekannt)

Neuftadt O.-S. alberstadt . ilenburg

Marne .

Gos[ar .

derborn . A

Dinkelsbühl Weißenhorn Biberah. . Pfullendorf . d Ueberlingen . é O ¿io p

Altenburg « «

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Marktverkehr mit Vieh!) auf den 40 bedeutendsten Schlachtviehmärkten Deutschlands im Monat November 1908.

Frei Nt ¿ rankenstein i. Schl. fr i. Sg.

C S

emerkungen. Die verkaufte

e wird auf vo

13,80

14,75 13,20 16,98 15,25 15,00 16,00

15,75 13,00 14/40 15.60 14/60 15 00 13,50 15,40

le Doppelzentner und der Verkau Ein liegender Stri (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der be

Berlin, den 10. Dezember 1908.

14,60

15,00 13,40 17.15 15,25

15.00-

16 50 15,75 13,00 14,80 15,60 15,80

15,00 13/50

15,40

14,70 14,00 15,25 14.20 17, 15 16,00 15,20 16,50 15,80 16,00

14,50 15,00 15,80 16,00 16,20 15,93 15,00

4, 15,50 14,40 17,32 16,80 15,20 17,00 15,80 16,00

14,50 15,40 15,80 16,20 17,00 15,93 15,25

wert auf voll

15,80 15,00 16,00 15,40 17,57 17,50 15,40 18 00 17,20 16,25 16,50 16,00 15,80 16,00 16,50

16,30 15.90 15.80

16,00

e Mark abgerundet mitgeteilt. Der Dur&s ende Preis nit vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den legten sechs Spalten, daß e

Kaiserliches Siatiftishes Amt. van der Borght.

864

3 040

4 566 3 200 165 870 566

3 207 7 837 3187 1290 46 860 9 676

14,40 15,20

16,31 16,00 16,50 14,50 15,29 15,80 16,11 16,60 15,93 15,36 15,61

14,40 1.12,

15,20 2, 12,

16,33 5. 12 15,75 16,50 7.12 14,50 7. 12. 15,54 2. 12. 15,80 2. 12. 16,02 2. 12. 16,49 1. 12. 16,18 2. 12. 15,63 5. 12 15,60 5, 12.

1. 12.

prechender

Gnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen beretnet. erihi fehl i.

Marktorte?)

Rinder (ein\{l. Jungrinder)

Kälber

Schafe

Schweine

Lebend

nach

einem der Mearkt- orte der Vualie

ausgeführt

ande- Orten

Sdlacht ais hof im Orte der Spalte 1 zugeführt

SFlacht viehmarkt (Sp. geschla zugeführt in ganzen Tieren

1) tet

Lebend ausgeführt

Dem S{hlacht- viehmark: (Sp. 1) geshlahtet zugeführt

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Orten N wat

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ausgeführt

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ande- Orten

Dem Schlacht- vtehmarkt

(Sp. -1) geschlachtet zugeführt

Shhlacht ats hof im 2 palte E zugeführt Tieren

Lebend

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der | nah Markt-| ande-

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Dem Schlacht- viehmarkt (Sp. 1) geshlachtet zugeführt anzen Tteren

3.

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14.

16.

18. 19,

21.

Aachen . Augsburg Barmen . . Berlin .. Bremen . Breslau .

hang S ortmund . Dresden . . Düffeldorf . Glberfeld . E s eo 6+ Frankfurt a. M. .

Damburg . annover . arlsruhe

eip B ¿5 Magdeburg . Mainz . . Mannheim . O as Mülhausen i. Elf. München . Ea 4 R E Straßburg i. Els. Sa » 0 Wiesbaden . Ms ó C e 65 Summe November . Dagegen im Oktober S « September

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Aachen . Augsburg Barmen . Berlin

Bremen . Chemnitz

R » Dortmund . Dresden . Düffeldorf , iberseld ,_+ Ke na annover Bo-rlsruhe E M 0 Kiel “E T E ae Mannheim .

E e Mürndbere ürnberg . « - Straßburg i. Els. Stuttgart . . Summe November. . Dagegen im Oktober .

September ¡

Auguft Juli 07

1) Außer Sch{hlachtvieh gegebenenfalls au Nußvieh. In obigen Zahlen einges{lofsen an ,— 2 ft i wurden 14 800 Rinder und 1871 Schafe ) Dem Markt in pem ne, agf f A

Kaiserliches Statistishes Amt. van der Borght,

Würzburg 507 Rinder und 8571 in S3, Minder: 9) s = 121/, Kälber; %) 1; Schaf; 19 2/2, 19) 2/,,

60

1686 15 192

Berlin, den 9, Dezember 1908,

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3726

3 949 287 27 1955

aus dem Auslande (

11 779

auch aus Seequarantà

5 261 1318 1385 1 586

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1 246 1 588 465

33 22 251

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154 303 46 427 1451 162

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296 336 261 194 112

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180

4 496

1105 295 196

37

Nutvieh: in Königsberg i. Pr. 145 Rinder, 4 Kälber, 23 Schafe, 7 Schweine, in Mannheim 75 Rinder, Schafe zugeführt; weitere Angaben fehlen. ?) bis 12) Außerdem: ?) 2%, 4) 21/,, 5) 121/,, 6) 25/,, 7) 76/, = 1013 Schweine. *) Nachträglich berichtigt.

Deutscher Reichstag. 179. Sißung vom 9. Dezember 1908, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Nach Genehmigung der Uebereinkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Oesterreih und zwischen dem Deutschen Reiche und Ungarn, beide vom 17. No- vember d. J., betreffend den gegenseitigen gewerblichen Rechts\hußs, in dritter Lesung wird in die dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der L: eingetreten.

Auf Pre Aroas es Abg. Freiherrn von Ga mp-Massaunen (Rp.), dessen Rede im Auszuge in der gestrigen Nummer d. Bl. mitgeteilt worden ift, erklärt der

Staatssekretär des Jnnern Dr. von Bethmann Hollweg: i

Ich habe keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß speziell Belgien und England der Konvention beitreten werden. Jch möchte aber im übrigen darauf aufmerksam machen, daß der Ratifikation der Kon- vention vom Reichstag bereits vor langer Zeit zugestimmt worden ift.

Abg. Henning (d.-konf.): Wir sind îm Prinzip dafür, daß der Shu der Arbeiterinnen und jugendlihen Arbeiter wesentlich verstärkt a aber in dem Punkte, wo dieser Shuß über die Regierungsvorlage hinausgeht, gehen niere Meinungen auseinander. Wir waren in dem Gedanken einig, daß wir die Arbeitnehmerkreise niht mehr \{üßen sollen, als es das allgemeine Interesse erfordert, und als sie selber es wünschen. Eine Wohltat drängt man nicht auf. Allgemein war an- erfannt worden, daß durch diese Vorlage die Unternehmerkreise er- ¿ogen werden, den fozialen Anforderungen gerecht zu werden. Die Vorlage geht nun weit über das hinaus, was in der Berner Kon- vention beschlossen is. Wenn auch die Nachbarstaaten, namentli Belgten, a der Berner Konvention anschließen werden, fo ist doch fraglih, ob diese Staaten analoge Bestimmungen schaffen werden, wie hier diese Novelle, und dann bleibt das Bedenken bestehen, wenn die Nachbarstaaten dies nicht in demselben Umfang tun, daß dann unsere Industrie leiden wird, und wenn die Industrie leidet, dann leiden auch die Kreise, für deren Shuß wir hier eintreten. Besonders wichtige Bedenken find in den Kreisen der Textilindustrie, hauptsählich im Königreih Sachsen, hervorgetreten, und es {ind uns auch von Arbeiterinnen Petitionen aus Saósen zugegangen, von denen eine von 9000 Arbeiterinnen unterzeichnet ift, die gegen diese Ein- \{ränkung ihrer Arbeitszeit sih rihten. Eine so große Einschränkung der Arbeitszeit wie in der zweiten Lesung werden wir niht machen Tônnen, weil doch gerade diese Bestimmungen im Interesse der Arbeiterinnen gegeben werden sollen. Unsere Bedenken richten sich uamentlich gegen die Bestimmungen über die Heimarbeit und gegen die Befugnisse der Behörden wegen der Ausnahmen. Die Fret- laffung des Sonnabendnachmittags für die Frauen, die Hausarbeiten zu machen haben, kann große Härten für beide Teile bringen. Falls in diesen beiden neuen Paragraphen eine Aenderung nicht er- fan wird ein großer Teil meiner Freunde gegen die ganze Vorlage

mmen. °

Abg. Günther-Sachsen (fr. Volksp.): Wir sind sehr s{hnell, als kaum der Bericht der Kommission in die Hände der Mitglieder des Hauses gelangt war, in die zweite Lesung eingetreten, und heute ist schon die Shlußberatung. Die Industriekreise verlangen mit Recht, daß sie sih zu den Beschlüssen der Kommission äußern können, und man ift mit Ret aufgebracht, daß diese Möglichkeit nahezu aus- grfGtolsen ist. Allerdings muß das Verbot der Nachtarbeit für die

rbeiterinnen gemäß der Berner Konvention bis zum 1. Januar be- {lossen sein, aber man hätte das allein machen können, während die übrigen BestimMungen nicht solche Eile hatten, und man ruhig erst die Interessentenkreise darüber hätte hören können. Die in der ersten Lesung hier erhobenen Einwände si-d von der Kommission vielfa gar niht beachtet worden, namentlich nicht die Ginwände der vogt- ländischen und erzgebirgischen Stickerei- und Spigenindustrie, die ih in der ersten Lesung angeführt habe. Man hat sogar Bestimmungen ge- faßt, die für diese Industrie durhaus ungerech#ertigt sind. Namentlich der § 137a trägt den tatsächlihen Verhältnissen dieser Industrie in keiner Weise Nehnung. Der Bundesrat kann allerdings Ausnahmen machen, wo eine Gefährdurg der Gesundheit der Arbeiterinnen niht in Fraae kommt. Man hätte diese Ausnahmen mindestens da zulassen sollen, wo es sch um die Nebenarbeiten handelt, die Par ns, niht im Fabrikbetriebe angefertigt werden, und bei denen eine Gefährdung von Leben und Gesundheit @er Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeiter ausgeschlofsen ist. Es handelt e bei diesen Nebenarbeiten der Stickerei- und Spitzenindustrie um ehr saubere und leihte Arbeiten. Im Interesse der beteiligten Kreise habe ih diese {weren Bedenken vorzubringen.

Abg. Dr. Stresemann (nl.): Auch ich be2auere, daß weite Kreise, die an dieser Novelle großes Interesse haben, fh dadurch be- nachteiligt fühlen dürfen, daß sie niht Gelegenheit haben, offiziell mit ihren Beschwerden an uns beranzutreten. Der Abg. Giesberts hat in der ¿weiten Lesung geglaubt, daß das Bestreben der Industrie sih gegen den Hauptinhalt und Kern dieser Vorlage, gegen den zehnftündigen Normalarbeitstag, rihte und daß man durch eine große Agitation im Lande diesen zu Fall bringen wolle. Aus ten uns zugegangenen Petitionen geht aber hervor, daß der Arbeitgeberverband der Textil- industrie, der für eine anderweite Regelung der Arbeitszeit, nämlich für eine 60stündige Arbeitswoche, eintritt, ih gegen die erariepung der Arbeitszeit in erster Linie niht ausgesprochen hat. ei unseren Be- ratungen wird die Negierungsvorlaze immer den Interessentenkreisen bekannt, aber über die Kommissionsberatung-n kommen nur wenige Mitteilungen in die Presse, es ändert s das Bild von der ersten zur zweiten Lesung, und die Interessenten haben dann kein vollständiges Bild von der Dana In den Kreisen, die nicht von uns die Kom- missionsfachen zur :rfügung erhalten haben, ist bis zu dieser Stunde noch keine Klarheit, was nun eigentlich Nechtens sein soll. Wir foll*en auch den allerdings unberechtigten Eindruck vermeiden, als ob wir die Stimmen der Interessenten niht hören wollten. Für die Handelskammern bestehen Bestimmungen über die Form, in der sie an die Behörden herantreten können, der Vorsißende kann nicht allein mit dem Syndikus Telegramme an den Neichstag senden, sondern er muß erft die Plenarversammlung der Kammer zur Aeußerung ein- berufen. Wenn aber zwischen der zweiten und dritten Lesung hier nur ahr Tage liegen, E ist eine offiziele Stellungnahme dieser Korporationen inzwishen unmöglich. In einigen Dampfwäschereien sollen die Petitionen von Arbeiterinnen gegen die Vorlage künstlich zustande gedracht fein, aber aus der sozialdemokratishen Presse sind doch auch diese Arbeiterinnen über die Sachlage genügend orientiert, und doch ist in Plauen in wenigen Tagen die Eingabe mit mehr als 9090 U eretten zustande gebraht worden; es bestehen also auch bei den Arbeiterinnen große Bedenken und Befürhtungen, und durch unsere Beschlüsse ist eine gewisse Unruhe erregt worden. Wir hätten also einen größeren Zeitraum bis zu unserer Beschlußfaffung ver- streichen laffen sollen. Es heißt „zur Liebe kann ih dich nicht zwingen“, wir haben aber verschtedene Beschlüsse gefaßt, die etwas aufoktroyieren, was die Arbeiterinnen selb nicht wünshen. Das gilt namentlih für den § 1393, Meine Freunde stimmen grundsäßlich dem Gedanken des Gesetzes, der Vekürzung der Arbeitszeit, durhaus zu, und wir haben in der Regierungsvorlage eine geeignete Grund- Iage für diesen wichtigen fozialpolitishen Schritt genen. Wir bedauern aber außerordentli, daß die von der Regierung vor- geshlagenen Befugnisse des Reichzkanzlers auf eine andere Regelung der Wochenarbeitszeit für 60 Tage im Jahre von der Kommission abgeändert find, und wir haben deshalb den Antrag Manz-Strese- mann eingebraht, wenigstens 50 Ausnahmetage zu bestimmen. Die [tiatpolitichen Geseßze müssen unter Zustimmung beider Teile, der

rbeitnehmer und der Arbeitgeber, in das Land hinausgehen, die In- dustrie muß sich mit der Verkürzung der Arbeitszeit auf 10 Stunden abfinden, aber sie bedarf der Erleichterung für die Zeit des Ansturms

der Bestellungen. Wir bitten also, unseren Anträgen zuzustimmen, um das Gesey, für das wir im ganzen stimmen werden, nah den be- rechtigten Jateressen beider Teile zu ge alten.

Abg. Stadthagen (Soz.): Die Klagen über d'e überhastete Beratung der Vorlagen und die Ueberrumplung der beteiligten Industrien sheitern an den Tatsachen, daß die Vorlage son seit März dem Reichstage vorliegt, und über die e oi! Yami reu die Oeffentlichkeit wenigstens dur die* sozialdemokratishen Organe

fortlaufend genau unterrihtet worden ist. Davon, daß die neuen Vor- schriften die Industrien irgendwie {ädigen könnten, kann gar keine Rede fein. In England wurde am 1. Mai 1848 bereits der Zehn- stundentag für Arbeiterinnen und junge Leute bis zu 18 Jahren ein- goire: Was jetzt bei uns Rechtens sein soll, ist nur eine ungenügende h

bs{lagszahlung auf das, was die Gewerkschaften als Norm aufgestellt aben. Wir sind in Deutshland auf dem Gebiete des Arbeiter- shutes leider sogar noch hinter Rußland und Japan zurück, Eine große Lücke ift vor allem, daß alle Erweiterungen der Schußz- vorschriften nur gelten sollen für Betriebe, in denen in der Regel 10 Arbeiter dauernd beschäftigt werden. Welche Logik liegt denn darin? Und ift nicht jede einzelne Person, E ee Arbeiter, jede Arbeiterin \chußbedürftig, gleihviel wie hoch die Gesamtzahl der Beschäftigten ist ? Was heute von Petitionen aus Arbeiterkreisen erzählt wurde, geht auf Manöver zurück, die {on 1848 in England mafsenhaft mit ganz derselben Dreistigkeit riskiert worden siüd. In Dresden hat man dfe Petitionen der Arbeiterinnen in zwei Zigarettenfabriken da- durch zusammengebracht, daß man ibnen vorredete, es handle fh um Petitionen gegen die Tabaksteuer. Die Abgg. Henning, Stresemann, Manz haben offenbar sich von einem Hetz- artikel der Post inspirieren laffen. Bedauern müssen wir ferner außerordentlich, daß das Zentrum aus durchaus unzureihenden Gründen unseren Antrag abgelehnt hat, den Schuß auch auf die Bes triebe auszudehnen, „für die“ so und so viel Arbeiter regelmäßig be- {äftigt werden; erst damit wäre der Hausindustrie der dringend not- wendige Schuß zugewendet worden. Die Arbeiter, die nicht organisiert sind, oder sich nicht koalieren können, find überhaupt shrankenlos der Ausbeutung durch die Arbeitgeber audgelenr U gerade die Nationalliberalen haben durch ihr jetziges

erhalten gezeigt, auf welhes Niveau sie heruntergekommen sind. oe Unruhe bei den Nationalliberalen. Der Präsident ittet um Nuhbe.) Die Höhstzeit der Arbeit der Arbeiterinnen von 10 Stunden ist eine ungenügende Abschlagszahlung. Wir haben s{chon früher nachgewiesen, daß über ?/z der Fabrikarbeiterinnen eine Maximalarbeitszeit von 10 Stunden hat, 20% unter 9 Stunden. Da wäre es notwendig gewesen, zum mindesten den neunstündigen Arbeitstag vom 1. Januar 1910 einzuführen und den Achtstundentag von 1912 ab. Die achtstündige Arbeitszeit am Sonnabend ist ja eine kleine Verbesserung'; es besteht aber eine Disharmonie insofern, als die Arbeitszeit für diejenigen, die ein Hauswesen zu besorgen haben, niht herabgeseßt werden soll. Um diese Disharmonie zu beseitigen, {lagen wir vor, die Arbeitszeit der Arbeiterinnen in den 88 137 und 137 a auf 7 Stunden festzuseßen. Der Antrag Manz-Stresemann, der die Ausnahmen bis auf 50 Tage ausdehnen will, ift eine wesent- lihe Vershlechterung des Gesetzes. Wir werden für die Verbesse- rungen des Gesetzes, aber gegen diesen Antrag stimmen.

Aba. Erzberger (Zentr.): In dieser Situation nüßt den Arbeitern am meisten, wer am wenigsten redet. Wir können au aufs Wort ver- zihten. Aber der Akg. von Gamp hat einen leidenshaftlihen Vorstoß aegen diesen Fortschritt der Sozialreform gemaht. Wir haben die Vorlage keineswegs überstürzt gemacht; der Zehnstundentag ist für die Arbeiter {hon vor 12 Jahren hier mit großer Mehrheit gefordert worden; die Vorlage ist am 6. Dezember 1907 dem Hause vorgelegt worden, die Anträge in der Kommission sind seit März 1908 bekannt und in der Presse ecôriert worden, und es sind Gegenpetitionen gekommen. Wenn gesagt ist, daß das Handwerk sich nicht habe äußern können, fo ist gerade an den Bestimmungen der Regierungsvorlage für das Handwerk fo gut wie nihts geändert. Der Vorwurf der Ueber- itürzung ist um so ungerechtfertigter, als wir in der Kommission die Vertreter der Industrie gehört haben, denn die Abgg. von Gamp, Stresemann und Bahn haben mit Wortgewandtheit ihre Sache in der Kommission so vertreten, daß kaum ein Mens außerhalb des Hauses mehr zu Gunsten der Industrie sagen kann. Der minimale Fortschritt in den Beschlüssen der zweiten Lesung kann die Industrie niht \{ädigen, und wir haben hier nur wieder die alten Einwände

ehört. Wean zwischen der zweiten und dritten Lesung immer erst die Saterefsenten gehört werden sollen, dann können wir die Steuervorlage überhaupt nit zu stande bringen ; denn auch dabei müßteein Spielraum in der zweiten und dritten Lesung gelassen werden. Auf die Proteste von einzelnen Betrieben lege ih gar keinen Wert, die Arbeiterinnen sind einfah zur Unterschrift der ames ge¡wungen, wenn sie nicht ihre Kündigung herbeiführen wollen. Jh würde nur Wert auf Petitionen von Arbeiterorganisationen legen, und die find gegen die Vorlage niht aekommen, avch nicht von den christlihen Organisationen. Die Arbeiterorganisationen verlangen im Gegenteil noch einen weiteren Arbeiterschußz. Die Handelskammern haben sich an mich zum Beispiel sehr viel in diefer Sache gewandt. Der Abg. von Gamp meint, man hâtte keine Gelegenheit gehabt, fich über die Bedeutung der Beschlüsse zweiter Lesung klar zu werden, aber die Arbeiterinnen, die die Petitionen unterzeihnet bätten, seien ih vollständig klar darüber! Das find lauter Scheingefechte, die hier aufgeführt werden. Es handelt fi darum, ob man in der Soztialreform einen Schritt weiter gehen will oder nicht. Meine Freunde laffen im Interesse des Ganzen ihre weitergehenden Anträge, wie den wegen des freien Sonnabendnahmittags für die ver- heirateten Frauen, fallen. Wegen des § 137 a hat der Abg. Eünther niht einmal dite Fustmttn aller seiner Freunde. Miet Paragrapd enthält ja niht ein striktes Verbot des Mitnehmens von Arbeit nah Hause, fondern er ist gerade glücklih gefaßt, wenn er die Hausarbeit nur so weit zuläßt, als die Arbeiterin in der Fabrik selber Arbeit in derselben Zeit verrihten könnte. Wir treiben jeßt praktishe Real- politik und stimmen deshalb dem Antrag Manz-Stresemann wegen der 50 Ne Too zu, da er so gefaßt ist, daß, wenn an diesen Tagen die Arbeitszeit anders geregelt wird, doch am Jahres\{luß der latte Zebnstundentag herauskommen muß. Ich bitte nun auch die ESei rechts und links, das Geseh mitzumachen, damit die Arbeiter eine wahre Weihnachtsfreude haben.

Abg. Dr. Stres emann (nl ): Der Abg. Stadthagen behauptet, daß in zwei Zigarettenfabriken in Dcesden das falshe Spiel getrieben set, daß den Arbeiterinnen gesagt sei, daß es sih um eine Petition gegen die Tabaksteuer handle. Die Herren Macinski und ein anderer Ver- treter des Vereins der Zigarettenfabrikanten sind hier auf der Tribüne und baben mir gesagt, daß sie den Abg. Stadthazen dringend bitten, die Namen dieser Fabrikanten zu nennen, damit der Verein gegen solhe Mitglieder vorgehen könnte. Ste erklären, daß in den beiden Fabriken Macirski und Laferme die Petition im Wortlaut den Arbeiterinnen vorgelesen worden ist, und sie haben si sofort mit Dresden in Verbindung geseßt, um sih über den Vorwurf des Ba Stadthagen zu informieren. Wenn der Abg. Ne mich a Geistesbörigen der „Post* betrachtet, so sheint er manche Vorgänge der leßten Monate aus den Augen verloren zu haben.

Damit schließt die Generaldiskussion.

In der Spezialdiskussion tritt der

Abg. Manz (fr. Volksp.) dem Antrag Albrecht auf Herabseßung der Arbeitszeit der Arbeiterinnen am Sonnabend auf 7 Stunden ent- gegen. Dieser Antrag würde die Exportfähigkeit manher Industrie dem Auslande gegenü er beeinträhtigen; es würde nämlich eine Ver- Fürzung der Arbeitszeit auch e eine große Menge folcher Arbeiter erfolgen müssen, die eines Schutzes gar nicht bedürfen. Es würde dann vielfach niht gehen, die Fabrik nach der Mittagspause am Sonnabend noh einmal aufzumachen, mit anderen Worten : es würde ein freier Sonnabendnachmittag eingeführt. Ein sukzessives Ueber- g'hen zum freien Sonnabendnahmittag wäre wohl denkbar, wenn wir englische Verhältnisse hätten. Ein großer Teil der Arbeiter würde aber gar nicht wissen, was er am Sonnabend Rechtes an- zufangen hake, sie müfsen dafür erft erzogen werden. Es (ift auch ausgeschlossen, ob bei einer Verkürzung der Arbeitszeit der gleiche

Lohn verdient werden kann, namentlich in Zeiten niedergehender Konjunktur. Ein derartiges gewalttätiges Eingreifen entspri L Ne auh nicht den Interessen der Arbeiter. Zur Zeit ist jedenfalls ein solher Einschnitt ein viel zu tiefer. =

Abg. Molkenbuhr (Soz.): Es würde gar nit haden, wenn auch die Männer am Sonnabendnachmittag feierten. Die Export- fähigkeit unserer Industrie würde durhaus nicht geschädigt werden. Mit dem Siebenstundentag blieben wir noch um eine halbe Stunde hinter der Zeit zurüdck, die bereits 1858 in England eingeführt wurde. England und Amerika haben heute die sechsstündige Arbeitszeit am Sonnabend für Männer und für Frauen. Durch den Siebenstunden- tag würde unsere Industrie geradezu gestärkt werden, der Arbeiter- {uß in England ist die Stärke seiner Industrie. Der deutshe Ar- beiter würde sehr wohl wissen, wie er den Sonnabendnahmittag aus- füllt, nämli zu seiner geistigen Fortbildung oder zu Ausflügen im Sommer, die seine Arbeitskraft und -Freudigkeit wesentlih steigern und damit die Konkurrenzfähigkeit der Industrie erhöhen wird.

Der Antrag Albrecht wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Polen abgelehnt, die Beschlüsse zweiter M zum § 137 werden aufrecht erhalten.4

@ d ei S 137a (Mitgabe der Arbeit Kah Hause) wendet er

Abg. Günther - Sachsen (fr. Volksp.) gegen die Behauptung des Abg. Stadthagen, daß die Industrie sh längst über die Tragweite der Vorlage und der Kommissionsvorschläge hätt? kiar sein müfsen der Beweis hierfür fei nicht geglückt. Auß die An- \{huldigungen gegen die Arbeitgeber müßten als haltlos entschieden zurückgewiesen werden. Der Abg. Stadthagen habe ih \chrankenlofer Uebertreibungen s{uldig gemacht und habe von den Verhältnissen in der Spitzen- und Stickereiindustrie des Sächsishen Erzgebirges niht die leiseste Ahnung. Die Auffaffung, daß § 137a der Billigkeit entsprehe, werde von Tausenden von Fabrikanten und Arbeitern niht geteilt. Für die vogtländische und erzgebirgische Stikereiinduftrie würde das abfolute Verbot der Mitgabe der Arbeit * nach Hause - eine soziale Verkehrtheit sein; diese Be- \chäftigung sei weder s{chwer noch gesundheits\{ädlich. Mit. dem- selben Rehte könnte man den Arbeiterinnen auch verbieten, in den Abendstunden zu stricken oder zu häkeln. Die Bestimmungen des § 1378 würden umgangen werden und nur auf dem Papier stehen bleiben. Nach der Vorlage solle die Mitgabe nah Hause nur in dem Umfange zulässig sein, in welhem Durchschnittsarbeiter threr Art die Arbeit vorausfichtlich in dem Betriebe während des Restes der geseßt- li zulässigen Arbeitszeit herstellen können. Was Durchschnitts- arbeiter ihrer Art seien, darüber habe sich die Kommission nicht geäußert, sondern die Entscheidung der hohmögenden Polizei über- lassen. Das würde zu den größten Unzuträglichkeiten in der Praxis führen. Das langwierige Beshwerdeverfahren würde die Industrie schädigen, denn bis das Verfahren beendigt sei, könnte die Zeit längst vorüber sein, in der die Industrie zuy liefern sich ver- pflichtet habe. j

Abg. Hanisch (wirts{ch. Vgg.) weist darauf hin, daß viele Arbeiterinnen in der Stickerei und Spitzenweberei des Grzgebirges es gar nit verstehen würden, daß ihnen die Mitnahme von Arbeit nah Hause verboten werden solle. i

Abg. Dr. Stresemann (nl.): Ih kann mi den Schilderungen des Abg. Günther im wesentlihzn anschließen. Wir bürgerlichen Ab- geordneten aus dem Köntgreih Sachsen stimmen alle dacin überein, daß man bei der Beurteilung dieses Paragraphen immer von den Ver- hältnissen in der Großstadt ausgeht. Wir hatten bei der zweiten Lesung einen Antrag in Aussicht gestellt, durch den wir die Möglich- keit von Ausnahmebestimmungen einführen wollten für diejenigen Gewerbezweige, bei denen eine Ausnußzung der Arbeitskraft durch die eingebürgerte Mitgabe von Arbeit nah Hause niht zu befürchten ist. Wir haben uns aber überzeugt, daß es {wer ist, hier einen rihtigen Wez und eine Mehrheit für eine bestimmte Fafsunz zu finden, und werden daher für den Paragraphen stimmen, weil er im Prinzip das zum Ausdruck bringt, was wir für gerehtfertigt erachten. Der Zehnfstundentag selbs darf niht umgangen werden, aber wir können diesen doch nur für die Arbeiterinnen vorschreiben, denen keine Arbeit mit nach Hause gegeben werden darf. Geschwister und Eltern können wir jedoch nicht durch diesen Paragraphen erfassen, und so wird vorausfihtlich der Effekt sein, daß der Abholer eine andere

erson ift, während in Wirklichkeit die Heimarbeit ebenso bestehen leibt. Bei dem Rebeneinanderwirken von Fabrikbet:teb und Heim- arbeit wird voraussihtlich der einzelne Fabrikant den Teil des Be- triebes, den er dur Heimarbeit erledigen läßt, erweitern, und fo wird eher eine Hebung als Verminderung der Hetimarbeit sich ergeben. Wir verschließen uns allen diesen Bedenken niht, sehen ater, daß es schwierig ift, eine bessere Formulierung zu finden, und stimmen dem Paragraphen daher zu. bg. Dr. Wagner-Salhsen (konf.): Als vierter Sahse möchte ich mi auf die Erklärung für mich selbst und einen großen Teil meiner politishen Freunde beshränken, daß wir ebenfalls alle die vor- aetragenen Bedenken teilen und glauben, daß der Paragraph eine Quelle von Streitigkeiten und Schikanen sein wicd, aber wir wissen ebenfalls der Mehrheit des Hauses gegenüber keinen besseren Vorschlag. zu finden. Deshalb stimmen auch wir zu.

Abg. Molkenbuhr (Soz.): Ih bin kein Sachse, dafür werde ih aber auch ein anderes Lied fingen als das Quartett vor mir. Die Vorredner sind empört, daß hier dec Versu gemacht ist, durch diesen Paragraphen eine Brüdcke zu s{hafen, auf der der Arbeitershuß endlih einmal auch in die Heimarbeit gelangt. Der Abg. Günther sagt zwar, es handele sich um Arbeiten, die die Gesundheit niht gefährden und keine besondere Kraft erfordern, aber «es fann schließlich jede Arbeit so betrieben werden, daß der Mensch darunter zusammenbricht. Daß die Hauss arbeit ziemlich \{ädlich is und große Mißstände darin vorkommen, behaupten auch Leute, von denen der Abg. Günther niht sagen wird, daß sie nichts davon verstehen. Es hoißt hier zum Beispiel in einer Schrift, daß an den Stickereimashinen die Kinder ganze Nächte hindurch und auch Sonntags arbeiten Ppten, und daß es deshalb dringendste Aufgabe der Gesekgebung sei, den Arbeits- {uy für Kinder sicherzustelen. Und die das \chrieb, war die Handelskammer von Plauen in einer Eingabe, die sie im Jahre 1890 an uns machte. Wenn das au leihte Arbeit ist, so wird sie doh gesundheits\{chädlich, wenn ganze Nächte hindurch gearbeitet wird. Dann wird jede Arbeit {ädlich, selb das Nichtstun, wenn man den Menschen nicht shlaten läßt. Man will hier immer die Konkurrenz- fähigkeit der Jadustrie niht s{hädigen lassen. Wir aber wollen die Gesundheit der Menschen nicht s{hädigen lafsen. Wenn auch die Heim- arbeit einfah von einem anderen abgeholt werden wird, so werden fich doch {hon die Gewerbeinspektoren danah erkundigen und fest- stellen, tos die Fabrikarbeiterin die einzige ist, die die Arbeit machen kann. Uebrigens ift seinerzeit auch der Abg. Freiherr von Heyl dafür ein- getreten, daß das Mitgeben von Arbeit verboten wird; das ift sogar eins der Hauptstücke der Heylschen sozialpolitishen Tätigkeit überhaupt. Jene Eingabe der Handelskammer aus Plauen hat uns die grauen- haften Zustände in der Hausindustrie gezeigt, und wir wollen also hier gerade das tun, was die Plauenshe 1890 empfahl.

Abg. Günther-Sachfen (fr. Volksp.): Gewiß kann jede Arbeit so gesteigert werden, daß sie die Gesundheit chädigt; es handelt sich hier aber um Arbeit, die, wenn sie vernünftig ausgeführt wird, weder Leben noch Gesundheit s{hädigen kann, und darauf if der Vorredner nicht ein- gegangen, Ueber die Eingabe der Plauenschen Handelskammer behalte ch mir Ausführungen vor bei der Vorlage über die Heimarbeit selbst. Wenn der Abg. Molkenbuhr von grauenhaften Zuständen spricht; so sollte er sich dunch den Augenschein überzeugen, daß von seinem Phantasie- gebilde in der Stickerei- und Spiyenindustrie nihts übrig bleibt.

S 137 a wird darauf unverändert angenommen. Zu 8 138 Abs. 2 tritt der

Abg. Günther-Sachsen (fr, Volksp.) nohmals für den Antrag Manz-Stresemann ein.

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