1908 / 291 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 Dec 1908 18:00:01 GMT) scan diff

h P E A E S e E R E C R R E)

Abg. Hoh (Soz.) :

Verschlecht Berge h Dee gar nit besteht.

Abg. Erzberger (Zentr. ): Das i Antrag Marz: Stresemann ai eine SERI N dax

des Gesezes bedeutet,

glatten Zehnstundentag im i gestattet 30 Nubgahmele: E Sas A die rejemann stimmen, fti Arbeitszeit um 60 Stute I

die die Ueberstunden haben, naher die A im Betriebe tätig sind.

S 138a Abs. 2 wird mit großer Mehrheit nah dem An-

trag Manz-Stresemann angenommen.

Bei S 139a gelangen di Ï gleihfalls zur Anna E 1G Age

Zum Art 5, 8 154a befürworigt der

Abg. Henning (d.kons.) kurz seinen Antr i g V s ü ag, der Beschäftigung von Arbeiterin: en in Sett G E lit

Uebergangsfrist zu gewähren. Abg. Gothein (fr. Vag.) bemängelt die

derung, mit Ausnahme der Aufbereitung (Separation,

Transport und der Verladung is auch über Tage verboten.“

Arbeitgebern und Arbeitern eingeführt werden.

Nachdem der Abg. Stadtha —————— ; gen (Soz. Unruhe ‘des Hauses den Antrag Bettag Bokämpft ba, Bee

gelangt Artikel 5 nah dem Antrage Henni de Miet die Ginzäileratage. R n der Gesamtabstimmung wird das Geseg in dritter L er ( 1UN( D D eseß in dritter ; omn T gegen vereinzelte Mitglieder r Rechten an- ae e Petitionen werden für erledigt erklärt.

. Darauf jet das Haus die erste Beratun

für 1909 und der Besoldungsvorlage G Aima:

aua r des Jnnern Dr. von Bethmann Meine Herren! Der Herr Abg. Bassermann hat in rede das Vereinsgesey berührt vnd an mich die E mich baldmöglichst und noch vor den Ferien über dfe Stellung i âußern, die das Reichsamt des Innern gegenüber der Handhabung dieses Ges es einnimmt. Ih komme dieser Aufforderung hiermit nah. Auf Spezialfälle oder Spezialfragen einzugehen, muß ih mir versagen, da die erste Etatslefung faum der rechte Ort dafür wäre und da die eingebrahten Interpellationen noch Gelegenheit bieten werten, die Details zu besprehen. Nur eine Ausnahme darf ih is LROE e Angriffe, welhe gegen mi wegen der ung de prachenparagrapbe ü E gerichtet p R L Ae eine Herren, der Herr Abg. Ledebour hat die Vorwü er gegen mich erhoben hat, in einer Verba 2 „Vorwäi:ts“ unter Namen®nennung zu begründen g?sucht und mir dadurch Veranlassung gegeben, meinerseits das Material in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ ¿ufammenzustellen. Hierdurch und durch die Erklärung, die der Herr Abg. Wiemer vorgestern ab- gegeben hat und deren präzise Fefststellungen ich nur mit Dank er kennen kann, find die Hergänge und ist der Tatbestand festgestellt as sletzetlig flargelegt worden, daß feine der Parteien, welche das Geseyz angerommen haben, s\ich in einer Täushung über die Tragweite ihrer Entschließungen befunden hat. (Lebhafte Zustimmung rets und bei den Nationalliberalen ) Meine Herren, ih meinerseits habe von An- beginn der Rcihstags8verhandlungen an meine grundsäßlihe Stellun zu der Sprachhenfrage scharf gekennzeihnet; und wenn es auhch erst nah Ueberwindung großer Meinungsverschiedenbeiten möglih gewesen ist, eine Mehrheit auf den jeßigen § 12 zu vereinigen, so ift doch S im Zweifel darüber gewesen, welde äußersten Grenzen in is B ur afl Frage die veréündeten Regterungen festzuhalten Was nun die allgemeine Stellung des Reichsamt zur Handhabung des Veretr sgeseßzes angeht, fo E it Lo zit bemerken: Von vornherein war vorauszusehen, daß die Aus- führung des Gesezes mit erregter Aufmerksamkeit verfolgt werden würde. Die Leidenscaftlihkeit, mit der in diesem hohen Hause niht nur über den Sprachenparagraphen, sondern über jede einzelne Bestimmung des Gesetzes debattiert worden ist, lonnte mit der V E A Gesetzes niht ihr Ende erreichen. D s charakieristisch möhte ich Ihnen mitteilen, Mai, also zu einer Zeit, wo das Gese no@ ketne f. E i an war, bei mir eine Beshwerde über das Verhalten einer unteren Ver- waltun gsbehö de einging und zwar nicht in Sprachenangelegenheiten : es handelte si um eine Wahlversammlung —, obwohl der im Gesetz vorgeshri: beae Instanzenzug noch gar nit betreten, geschweige denn erschöpft war, und obwohl wenige Tage darauf in diesem Jnstanzen- Lo N Ale und zwar ganz nach dem Wunsche des Be- werdeführers (hört! hört! reis), e b his), erledigt werden konnte und ero Die NReichéverwaltung is deshalb von Anfan wesen, gerade diesem Geseßze eine Nsfibtuie s Vai Gti T siHern, in dem es entworfen und erlassen war. Wir sind uns hter im Plenum und auch in der Kommission alle darüber einig gewesen es gerade beim Vereinsgeseß weniger auf den Wortlaut als auf die Art ankommt, in der es gehandhabt wird. (Sehr ritig! links.) Aus diesem Grunde habe ih hier und in der Kommission wiederholt ausgesprochen, daß das Gese nicht in einem fkleinlihen oder vexatorischen Sinne ausgeführt werden solle. (Sehr gut! links.) Dise Seithcnia. 2 is rit nur für meine Person, sondern im en der;;Gzsamtheit der verbündeten Ne (Hört, bört! links.) t U Dementsprehend habe ich unmittelbar nach der Verabschiedu des Geseyes unter dem 24. April d. F. ein Rind C vie verbündeten Regierungen gerichtet, in dem ih die Gesamtheit der-

Wir müssen dabei bleib Manz-Stresemann, die Ausnahmetage auf 50 zu en eas e Lina

Zl und daß a ndustiie für eine solche aon af Mee

all Ä iGlalle den Me Ct 90 Ausnahmetage, also 1090 M cuntat din Me run Se r nach dem Wortlaut des Antrages im Laufe des übrigen

ahres wieder eingebraht werden müssen. Der Antrag bedeutet den Der Antrag. der Sozialdemokraten also 60 Ucberstunden ohne jede Ein- ozialdemokraten gegen den Antrag Manz- alfo gegen eine Verkürzung der

Abg. Stadthagen (Soz.), ders bereits wäh Di), rendd Er 200 De unte Le: pRi s R pes “ati vin m Recha ie A Caro er Unruhe und Zurufen empfangen: p ger hat ein großes Loch, d i in dem Antrage Manz-Stresemann nit “ns af LQ Atbälerinero

e , nrechnun wieder zu gute kommt, weil eben nit \tändig dieselben Arbeitecteteit

Manz-Stresemann

A | g ne S 154a Absatz 2: „Die Beschä'tigung von Aideiteviuriel f ey Fe Wäsche), beim

Kafsung enthalte einen logischen Widerspruch; um ihn zu rige

könnten vielleicht freie Vereinbarungen im Bergwerksbetriebe ¿wischen

zu verlesen :

führung der Vorschriften entgegenzutreten.

befugnifse seitens der Beamten, auf die Erfordernisse der öffentlichen

Bekanntmachung, auf die Behandlung der Gew lungen usw. hingewiesen. g erkvereinsversamm-

Die verbündeten Regierungen ihrerseits haben damit begnügt, diejenigen Ausführungêverordnungen tej Mee ul nah dem Wortlaut des Gesetzes unbedingt notwendig waren, fonbetn haben darüber hinaus ihre Behörden über die Art und Weise instruiert, wie sie das Geseg auézuführen hätten. Diese Instruktionen, von denen ein großer Teil veröffentli{t worden ist, sind vielfah der Gegenstand von Besprechungen in der Prefse gewesen. Mit mir werden die Herren aus diesen Besprehungen erschen haben, daß man in Süddeutshland durhaus zufricden gewesen ist. (Hört! höri! in ter Mitte.) Ja, meine Herren, ehôrt! höôrt!*, Jch erinnere Sie daran, mit welcher Leiden- schaftlihkeit gerade aus der Mitte dieses hohen Hauses die Besürhtung ausgesprohen worden ift, das gute sübddeulshe Recht werde durch den Erlaß des Reichévereinegeseßes verschlechtert werden, indem die so ver- [lästerte preußische und sächsische Praxis auf Süddeutschland übertragen werden würde. (Sehr rihtig! in der Mitte.) Diese Prophezeiung hat n also nit bewahrheitet. un aber von Sawsen und Preußen selbst. Die unter dem 24. Mai dieses Jahres 1e [ädsif felgciBded A h erlafsene sähsische Instruktion beginnt Das Ministerium des Junern erwartet, daß die Vollzuge des Gesetes und der A C R G N Organe, dem liberalen Zuge des Gesetzes folgend, dicses in der Praxis entsprechend anwenden und ih von jeder Sgikane oder Nadelftichpolitik fernhalten werden. (Hört! hört! links.) Als obersteer Grundsatz ist dabei zu beahten, daß niht dur ein - zelne Verwaltungs- und Polizeimaßregeln Bes&ränkungen des Vereins- und Versammlungsrechtes herbeigeführt werden, die, ent- A v hmm des Gesetzes und insbesondere den einsrän- enden Vorschriften im § 1 Bi ede Ad § 1 des Geseßes in Zukunft gerade vers ga ¡N hört! links.) _In der Folge werden die einzelnen Bestimmungen E R 1 gens rp S Erklärungen, die vom Mrde oy us gefallen sind, ausdrückl ezu s A E ch B zug genommen; zum Teil werden sie Preußen hat, und zwar am 13. Mai dieses Ja - flruktion erlaffen, in der für jeden Paragraphen u M L: preußishe Zustand und die Veränderungen zufammengesteUt werden welche dieser Zustand dur das neue Vereinsgesez erfahren hat. Bei jeder einzelnen Beslimmung wurden die Beamten èarauf hingewiesen daß die Praxis, an die sie sich gewöhnt hatten, nit mehr zulässig sei, nicht mehr ausgeführt werden dürfe unter den Vorschriften des neuen Gefepes. Es ist das eine sehr eingelende Instruktion, da ja e mi E n Reichsvereinsgeset' in großem Umfanze ganz neu echt geschaffen hat. estatt struktion einen Saß zu R O A nd a0 E Mie Das Reichsverein8gesez bezweckt neben der S . liher Bestimmungen für das ganze Reich3gebiet dae E C Befreiung des den Reichsangehörigen in den meisten deutschen Bundesstaaten {hon bisher verfaffung8mäßig zustehenden Vereins- und Versammlungsrechts von allen unnötigen Beschränkungen. In diesem Sinne muß tas Geseh auch ausgeführt werden. Es darf deshalb, auch soweit das Gesey für ein behördlihes Ein- shreiten gegenüber Vereinen und Versammlungen Raum läßt, ein folches doch niemals in fleinlider und un- nötig rügender Weise erfolgen, sondern nur dann ein- C LRE us T eines erheblichen \taatliGen Interesses ä nôtig ist und nur in de ( ! E O m zur Erreichung dieses Zw: ckes (Sehr gut! links.) nin L foll das geseßlihe Vereins. und Ver- ungêre er Reichsangehörit i beeinträhtigt werden. ANNINANY - die Boblcbow raus Gerade nach dieser Nich r erade na eser tung sind bei den Verbandlun ü Erlaß eines RNeichsvereinsgesezes lebhafte Klagen über fibcaue Anwendungen erhoben worden, daß j. B. Personen wegen threr Zugehörigkeit zu den Vereinen oder threr Teilnahme an den Ver- sammlungen bestimmter politisGer Parteien von den Polizeibehörden E A2 I LOE ges{ädigt, daß Gaftwirte von der Hergabe e für solche Versammlun liher Nachteile abgebalten N S A n L hört !) er wegen Buidung von Vzrsammlungen durch Ex lier Vorteile best:aft worden seien “e C E n Ich erwarte, sagt der preußische Minister des Fanern daß begründete Beschwerden dieser Art in Zukunft vermieden werden (Sehr gut! bei den Nationalliberalen und links.) ; Meine Herren, ih habe Sie vielleicht mit der Verlesung dieser etwas langen Stelle ermüdet. (Lebhafte Rufe links: O nein!) Wenn das niht der Fall ist, so bin ich Jhnen sehr dankbar. Ih hielt es für meine Pflicht, Jhnen dokumentarish nachzuweisen, wie die Reihsregierung und wie die Bundesregierungen von Anfang an bestrebt gewesen find, gerade diesem Geseße eine völlig einwandfreie N L sihern. (Lebhafter Beifall links.) eine ren, ich komme nun zu der Zeit nah d » treten des Geseyzes, ch-komme zu der E Gas va Mea: ü

jenigen Erklärungen, welche vom Bundesxatstishe aus abgegeben

worden waren, mitgeteilt und auf die wiGtigsten \ z peziell aufmerk gemacht habe. J gestatte mir, einen Say aus diesem R

Zunächst beehre ich mi, auf die Ausführungen aufmerksa

machen, in denen der bexreits in der Dearilitbltns in E mne grund gestellte Gesichtspunkt näher beleuchtet ist, daß die ver- bündeten Regierucgen mit der Verlage des Entwurfs die Beseitigung aller dehnbaren Bestimmungen und nicht durchaus gebotenen Beschränkungen auf dem Gebtete des Vereins- und Vero fammlungsrets im Auge gehabt haben, und daß sie willens find demnächst allen Versuchen einer kleinlihen Auslegung oder Aus-

(Hört! bört! und sehr gut! links.) In der weiteren Fol, ! : ) ge habe i auf die Behandlung der Ausländer, auf die Ueberschreitung Vi L

Soz.) Meine Herren, wundern Sie ih doh ; niht darüb

gut! rechts und bei den Natlib.), daß bei der Handhabung rae bas Geseßes auch Fehlgriffe ‘vorkommen. Ih werde mi glei des E E E mödhte aber hinzufügen, daß es gerade

¡Rebsten gewesen wäre, wenn kein einzi 9 P E (Sehr rickhtig!) M T

eine Verren, glauben Ste denn wirkli, ‘daß es für die unt

Polizeibeamten und um die handelt es : Sei so R gesell) aa es sh do in erster Linis

verstrichen sind, so in die neue Lage hineinzufinden

Sehlgrifff ficher waren ? Konnten Sie das ¿bien atd T e Aer vorhin andeutete, wir namentli in Preußen ganz neue RNehtszuslände geschafft haben, wo mit den wittigsten Grundsäßen des alten Vereins- geseßes gebrohen worden ist? (Sehr richtig! bei den Nattonal- a) Da follten die Herren doch nicht annehmen, daß ein soles " n vom ersten Moment ab ganz tadelfrei durdgeführi werden

Sie selber haben ja au dur die Eröffnun

Rechtsmittel dafür geforgt, daß ein jeder S Las übrigen möchte ich dazu bemerken ih muß mich allerdings im Hinblick auf die eingebrachten Interpellationen vorsichtig ausdrüden (Heiterkeit) —: ih habe den Eindruck, daß die Beshwerden über die vorgekommenen Mißgriffe recht stark. übertrieben sind. Fast jede einzelne Beshwerde hat die Nunde dur den ganzen deutshen Blätter- wald gemacht, und da ist denn der Eindruck hervorgerufen worden, als ob es ebenso viele Beschwerden gewesen wären wie SZetiühden (Heiterkeit. Na! na! bei den Soz.) Meine Herren, bei dex Reichsverwaltung selber, beim Reichsamt des Innern, sind im ganzen vier Beshwerden eingegangen. (Hört! böct! rets.) Von der einen habe ih bereits gesproWen. Mit ihr halten die dret anderen das gemein, daß in keinem Falle der im Gefeß vorgeschriebene Instanzenzug beschritten war (hört! hört! rechts), sondern daß man si sofort an das Reih um Hilfe wendete. Ich habe deshalb diese drei Beschwerden an die zuständigen Landesregierungen abgegeben Die Landesregieru:gen haben in zwei Fällen die Beschwerden als begründet anerkannt und Remedur geshaffen. Im dritten Falle ist die Beschwerde abgewiesen worden, weil sie nah dem kiaren Wortlaut des A war. (Hört! hört! rets.)

n keinem einzigen Falle, meine erren , eine Vorstellung dahin erhoben worden F daß L S regierung entweder selbst eine gesetz- oder finnwidrige Hand- habung des Gesetzes vorgenommen oder es auch nur geduldet hätte, daß unter ihrer Aufsicht von den Landetbehörden eine ungeseßze- lihe Handhabung ftattfände; und das wäre doch der t1ypische Fall gewesen, in dem man die Hilfe des Neis gegenüber ter Hand- habung des Gesetzes dur die Bundetstaaten hätte anrufen müssen (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Meine Herren ih dalelóre hole es: keine einzige derartige Vorstellung is bei mir eingegan gh Ich habe mich aber niht damit begnügt, ledigli die aktenmäßig. bei mir angebrachten Beschwerden zu erledigen, sondern ih habe darüber hinaus alle Erörterungen der Presse auf das sorgfältigste verfolgt, bin allen Fragen, welckche cin allgemeineres Interesse boten, nêchgegangen und habe mich darüber mit den Bundesregierungen in Verbindung gesezt. In allen diesen Fällen habe ih gefunden, daß die Bundeg- regierungen, welche mi bei der ganzen Angelegenheit in jeder Be- ziehung auf das nachdrücklihste unterstüyt haben, {on überall threre seits proprio motu die Prefinahhrichten aufgegriffen und dort, wo das Gesetz, entgegen den von thnen erteilten Instruktionen, ausgeführt worden war, Remedur geschaffen hatten. In keinem einzigen Falle ift hierbei eine Differenz ¡wischen der Auffassung der Reichsregierung und der Auffassung der einzelnen Bundesregierungen zutage getreten.

Meine Herren, man soll sih aber von dieser f

des Reichs, des Reichskanzlers keine falsche E E p kenne vershiedene Preßorgane, welche stehende Rubriken för Vereinsg- und Versammlungsbeschwerden unter der Veberschrift „Unter dem liberalen Vereinsrecht" eingerichtet haben (Heiterkeit), wobei dann meine Person in mehr oter minder geschmackooller Weise apostrophiert wird: „Herr Staatssekretär, was sagen Sie dazu?" (Heiter keit.) Meine Herren, wenn ih in einer Zeitung lese, daß der Gendarm X unberechligt in eine Versammlung gegangen ist, daß eine Bexsamen- lung ohne geseßlihe Unterlage aufgelöst worden ist, das die Versamm- lung des und des Vereins wider das Gesetz als eine öffentliche an- gesehen worden sei, soll ich mich da hinsezen und an die Bundes- regierurg \shreiben: ich lese in der vnd der Zeitung, es geht bei dir ungeseßlich zu; ob die Darstellung der Zeitung richtig ift, weiß ih niht; aber ih fordere dich auf: sorge ofort für Ordnung und be- rihte mir! ? Meine Herren, wenn ich das täte, dann würde ih die Bundesregierung eincn solchen Schriftwecsel aufs energischste ver- bitten (sehr rihtig! rechts; hört, hört! bei den Sozialdemokraten), und zwar mit vollem Ret (sehr war!); denn es wäre das ein Ein- griff in den verfassungsmäßigen Grundsaß, daß die Reichs- gesespe von den Landesregierungen ausgeführt werden, es wäre das eine Bevormundung der Einzelstaaten wel he mit dem föderativen Charakter des Reichs in keiner Weise zu vereinbaren ist. (Sehr rihlig! rechts und links.) Nur wenn der Fall einträte, von dem ich vorhin spra, daß éine Bundesregierung entweder selbft ein Reihgeseß in einer For aus9- führte, von der das Reih glaubt, daß fie si in Widerspruch feyze mit Worilaut oder Sinn des Gesetzes, oder eine folWe Ausführung dur ihre nahgeordneten Landesbehörden gestattete, nur dann würde der Reichskanzler mit der Bundesregierung ins Benehmen zu treten und für die Abstellung dieser Mißstände zu sorgen haben. Aber in

keinem einzigen Falle wiederhole ih vorgelegen. d hat diese Voraussetzung

Und dann, meine Herren, wollen Sie noch das eine bedenken :

über die meisten, faft über alle nah dem Vereins , gefe ritti

Fragen haben die ordentlichen Gerihte oder die iat! hBovkicre pa zu entscheiden. Der Reichstag selber hat bekanntlich die Zuftändigkeit E gegenüber dem Entwurf noch wesentli er-

ert. regierung noch der Reichskanzler tas allen diesen Fällen entscheiden die Gerichte in voller Souve1änität,

In allen diesen Fällen hat aber weder die Landes- Necht, einzugreifen; in

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

find Mißgriffe, es find Fehlgriffe vorgekommen. (Hört! hört ! bei den

sih in den knappen vierzehn Tagen, die ¿wischen der Veröffentlihung des GSesegzes und seinem Sebr gt t

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

-

Zweite Beilage

Berlin, Donnerstag, dew 10. Dezember

1908.

E E

(S{hluß aus der Ersten Beilage.)

Was die Bundesregierüngen in dieser Beziehung tun konnten, das haben fe bei der Beratung, bei der Verhandlung des Gesehes in diesem hohen Hause getay, indem hier von der Bundesratsbank man hat si ja darüber aufgehalten, aber mit Unrecht eine große Reihe von Erklärungen abgegeben worden find über den Sinn, in dem nach der Ansicht der verbündeten Regierungen. die einzelnen Be- stimmungen auszulegen wären. Damit sind diese Ansichten der ver- bündeten Regierungen zu der authentishen Kenntnis derjenigen Ge- rite gekommen, welche zur Entscheidung berufen find.

So wird unter anderem gegenwärtig von dem preußischen Ober- verwaltungsgeriht die Frage der Oeffentlichkeit der Versammlungen entshieden werden. Sie entsinnen si, daß uns gerade diese Frage sehr eingehend beshäftigt hat, daß ein Teil des hohen Hauses wünschte, die Begriffsmerkmale einer öffentlichen Versammlung un- mittelbar im Gese zu präzisieren, daß ein anderer Teil und \{ließlich ift es die Mehrheit gewesen jedoch von der Ausführung dieses Versuhs Abstand nahm, weil ekannt wurde, daß es unmögli sei, eine folhe Definition geseßgeberisch zusammenzufassen.

In ähnlicher Weise wird auch entschieden werden über die Frage der Gewirksvereinsversammlungen, die ja auhch firittig geworden ist. Ih darf mir aber erlauben, nach dieser Richtung hin noch einen kurzen Pafsus aus der preußischen JInstruktion vorzulesen :

Die Frage, ob bei gewerkschaftlichßen und Streikversammlungen die Bestimmung des § 6 Abs. 3 oder des § 5 des Reichsvereins- geseßes Anwendung findet, wird sich hiernah im einzelnen Falle nur n3ch den besonderen Umständen entscheiden lassen. Es ist dabei mit Vorsicht zu verfahren und jede unzulässige oder unnötige polizeiliche Einmischung in die Kämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf dem Gebiete des Vereins- und Versammlungswesens zu unter- laffen.

(Höri! hört! links.) Meine Herren, ich habe Ihnen in mögli{hster Kürze darzulegen

versucht, welhe Stellung die Reichsregierung und die Zentralbehörden der Bundesftaaten zu der Handhabung des Vereinsgeseßes eingenommen haben. Ich habe Ihnen dabet auseinandergeseßt, daß ih alle mir entgegengebrahten Fälle verfolgt habe, raß ich darüber hinaus au über alles dasjenige, was in der Presse monie1t wurde und zu grund- säßliGen Zweifeln Anlaß gab, mit den verbündeten Negierungen vers handelt habe.

Nun sehe ih aus den beiden cingebrahten Interpellationen, daß noch eine ganze Menge Material vorhanden sein muß über Fehl- griffe, über ungeseßliche Handhabung des Vereinsgesezes. Wenn heute diese Interpellationen auf der Tagesordnung stünden, in denen der Reichskanzler gefragt wird, ob es ihm bekannt fei, daß das Vereinsgesez ggen seinen Wortlaut und gegen seinen Sinn gehand- ! habt werde, und was er dagegen tun wolle, so würde ih Ihnen antworten müssen: Nein, meine Herren, derartige Fälle sind mir niht bekannt. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Nun können zu meinem Bedauern nah der Geschäftélage des hohen Hauses diese Interpellationen vor Weihnahten nicht mehr verhandelt werden. Mit den Interpellationen, meine Herren, verfolgen Sie aber dohch ausschließlich den Zweck, jede ungeseßlihe Handhabung des Vereins- gesetzes baldmöglichst zu beseitigen. Ih richte deshalb an die Herren Interpellan!ten die Bitte: segen Sie mich in Kenntnis von den Fällen, in dencn nach- Ihrer Ansicht ungeseßlih verfahren wird! (Sehr gut! bei den Nationalliberalen.) Tun Sie das nicht, wie wird dann die Besprechung der Interpellationen nach Weihnachten ver- laufen? Ich werde Ihnen dann nur sagen können: Fälle, in denen ungeseßlich verfahren wird und in denen dem Neichss kanzler die Möglichkeit des Einschreitens gegeben ist ich habe darüber vorhin meine Ausführungen gemacht —, {sind mir nicht bekannt. Dann wird von Seiten der Interpellanten eine große Reihe von Einzelsällen vorgetragen werden, und ich bin nit in der Lage, darauf zu antworten, weil ich mich niht habe informieren können. Wir verlieren also die ganze Zeit bis zur Besprehung der Inter- pellationen nah Weihnahten. (Sehr richtig! rehts.) Wenn dagegen die Herren Interpellanten die Güte haben, mir ihr Material zur Ver- fügung zu ftellen Sie brauchen mir ja bloß die Fälle zu nennen und die Fragen, auf die es ankommt, sowte die Bundesstaaten oder

Provinzen oder Kreise zu bezeichnen, damit ih Ermittlungen anstellen kann —, dann, das versichere ih, werde ih jeden einzelnen Fall auf das sorgfältigste prüfen und dann werden wir nah Weihnachten die Besprechung der Interpellationen zu einer wirkli fruchtbaren gestalten können. Ich werde Ihnen dann wirklich Auskunft geben und wir uns darüber unterhalten können, wie das Geseß tatsächlich gehandhabt wird und wie es gehandhabt werden müßte. Also, meine Herren, ih wiederhole meine Bitte: Informieren Sie mih und informieren Sie mich bald! Mindestens das gleihe Interesse wie Sie habe ih daran, daß das Gesch einwandfrei nah seinem Wortlaut und Sinn gehand- habt wird. (Lebhaftes Bravo rechts und links.)

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Mehrere der Herren Etatsredner, insbesondere der Herr Abg Freiherr von Gamp, haben so schwere Angriffe gegen die Reichsposts verwaltung gerichtet, daß ich mit einer Erwiderung nicht bis zur zweiten Lesung und auch nicht bis zur Kommissionsberatung warten möchte. Nur in wenigen Worten will ih generell erklären, daß diese Vorwürfe nicht gerechtfertigt und daß die Gründe und die Beweis- ftüde nit zutreffend sind. Es handelt \ih hauptsählich um drei Vorwürfe. Erstens, daß wir nicht sparsam wirtshaften, daß wir zuviel Personal, insbesondere höheres Personal, haben und daß der Ueberschuß zu gering sei. Zur Begründung ist angefüh1t worden, daß

bei einem Vergleich mit der preußischen Eisenbahr verwaltung unsere

Kosten zu hoch seien und daß bei einem Verglei mit der grofß-

hervorheben: es ist rihtig, daß unser Personal in den leßten Jahren

nicht unbedeutend angewachsen ist. Außer der Verkehrssteigerung war hierfür der auch vom Reichstag vielfah geäußerte Wunsch entscheidend, das Arkbeitsmaß der Beamten und Unterbeamten zu verringern und Erholungturlaub und sonstige Erleichterungen zu gewähren. n Was den Vergleich mit der Eisenbahnverwaltung anlangt, so hat der Herr Abg. Freiherr von Gamp gesagt, die Zentralpostverwaltung arbeite um 14 Millionen teuerer, als die preußische Zentraleisenbahnverwaltung. Das mag, wenn man den Etat ohne näheres Studium ansieht, zutreffen, Aber es ist dabei nit berüdsichtigt, daß bei dem Etat der Zentralbebörde der Neichspost über 14 Millionen für umfangreiche Geschäftszweige ver- zeichnet sind, die bei der Eisenbahnverwaltung nit bei der Zentral- stelle, sondern bei den Betriektsftellen aufgeführt sind, die aber auch bei uns bei der Belriebsverwaltung aufgeführt werden könnten. Es ist dann auch bemängelt worden, daß unsere Organisation fals sei. Nun weiß ich nit, wie die Organisation einfacher gestaltet werden könnte. Die Post- und Telegraphenverwaltung hat drei Instanzen, Zentra]behörde, Provinzialbehörde und Lokalbehörde. Bei der Eisen- bahnverwaltung finden Sie noch das Zwischenglied der Betriehs- inspektionen, von denen es allein, glaube ih, 570 gibt. Daher kommt es au, daß bei den größeren Postanstalten an der Spitze höhere Beamte stehen. Aber diese höheren Beamten finden Sie bei der Eisenbahnverwaltung in der gleichen Zahl bei den Betriebsinspektionen. Weshalb stehen nun an der Spie der Postämter höhere Beamte ? Weil der Geschäftszweig dieser Postämter in seiner Vielseitigkeit doh nit verglihen werden kann mit den Eisenbahnstationen. Bergegen- wärtigen sich die Herren doch cinmal die Tätigkeit bei den großen Posts ämtern und die großen Ausgaben und Werte, die da hindur gehen. Nur einige Zahlen! Es sind allein über 194 Milliarden an Wert- objekten im Jahre, 12 Milliarden an Postanweisungen. Dann wollen Sie sch doch gegenwärtigen, welchen ideellen und au materiellen Wert jede einzelne Briefsendung hat! Es braucht ein Brief nur eine, oder einige Stunden später anzukommen, so gibt es sofort Beshwerden, und zwar nit beim zuständigen Postamt, sondern vielfa bei der Oberpostdirektion oder selbst bei dem Chef der Verwaltung. Und nun bedenken Sie, daß an Ersaß für verloren gegangene Wertgegen- stände und Pakete im Jahre nur die kleine Summe von 150 000 M in Arspruch genommen wird. Jh glaube, da kann man wirklich sagen, - daß die Einrichtung der Besetzung der größeren Postämter mit höheren Beamten \sich bewährt hat und daß das Geld für die höheren Beamten wirkli nit fortgeworfen ist. Das eine möchte ih den Herren aber sagen, daß der Chef der Verwaltung siherlich kein Vergnügen hat, mehr Beamte zu beschäftigen, als er haben muß, und - ih glaube, meine Herren, daß Sie, die Sié°sih in legter Zeit so eingehend mit den Wünschen der Beamten beschäftigt haben, auch \{hon die Empfindung bekommen haben werden, daß es doch recht {wer ift, den Wünschen so vieler Beamtengattungen und so vieler Menschen gerecht zu werden. Nun komme ih zu dem Hauptpunkt, auf den sich die Herren Abgeordneten geslüßt haben, zu dem Vergleich zwischen der deutschen und englischen Verwaltung. Dabei is den Herren das große Miß- geschick passiert, daß sie die Statistik doch nicht rihtig gelesen haben. In der Statistik steht, daß die englische P oft verwaltung 102 Millionen Uebershuß hat. Infolgedessen sagen die Herren: unsere Post hat bloß 55 Millionen, also steht fie jämmer- li da. Nun haben die Herren niht gelesen, daß zwar die englische P o st verwaltung 102 Millionen Uebershuß hat, daß sie aber glei wie wir bei der Telegraphie ein Defizit von 18 Millionen hat. Diese von 102 Millionen abgezogen, verbleiben nur noch 84 Millionen Uebershuß. Nun muß man auch wissen, daß die englische Verwaltung gar keine Witwen- und Waisengelder zahlt in unserm Etat stehen dafür rund 8 Millionen —, daß ferner die englishe Ver- waltung an die Beamten an Pensionen nur 11 Millionen zahlt, während mein Etat mit 20 Millionen belastet ift. Das macht einen Unterschied von zusammen 17 Millionen. Dann werden die Bau- kosten der englishen Verwaltung niht von der Postverwaltung allein bezahlt, sondern auf dem Etat der commissioners of Works and Public Buildings stehen pptr. 10 Millionen, das maht {hon 27 Millionen. Ziehen Sie diese von 84 Millionen ab, so bleiben 57 Millionen, bei uns erscheinen 55. Wenn Sie nun noch in Betracht ziehen, daß die englishe Post- verwaltung viel einfaheren Dienst hat ih habe das hier {on mehrfach angeführt —, daß sie sich mit vielen Geschäftszweizen, die uns stark belasten, gar niht beshäftigt ich will bloß anführen, daß sie Pakete bloß bis 5 Kilo befördert —, daß sie sich mit dem ganzen Seldeinziehungêdiens, Postauftrags-, Nachnahmedienst, Postzeitungs- abonnement gar nit befaßt, daß sie außerdem die Kosten für den Ortstelephondienst no niht auf ihrem Etat hat dean wie den Herren bekannt ift, hat die englishe Postverwaltung zwar den Fern- dienst für das Telephon übernommen, ‘aber den Ortsdienst erst in kleinem Maßstabe —, und wenn Sie weiter berücksihtigen, daß die englishe Postverwaltung au einen billigen Ortstarif nicht kennt, dann, glaube ih, werden Sie doch zu der Ueberzeugung kommen, daß der Vorwurf nicht gerechtfertigt war. Ih führe das hauptsächlich an, weil ih nah den vielen Anführungen “der Herren Abgeordneten die Befürchtung habe, daß au die Herren Redner, die noch zum Etat notiert sind, vielleicht in dieselbe Kerbe hauen möchten. (Heiterkeit) In einem Punkte freue ich mich {ließlich, dem Herrn Abg. von Gamp zustimmen zu können, nämlich darin, daß auch ih der Meinung bin, man sollte für die Statistik keine hohen Kosten auf- wenden, weil es schr schwierig is und sehr viel Kenntnis der Einzel- bestimmungen verlangt, um sichere Shlüfse aus der Statistik zu ziehen. Dabei will ih mich, meine Herren, niht dem etwas radikaleren Aus- \spruch Talleyrands anschließen, der einmal sagte: es gibt drei Lügen :

Absichten durchaus anerkennt. Wir können auch den verbündeten Re-

gierungen dankbar sein, daß sie die erwähnten Instruktionen erlassen

haben; noch dankenswerter aber wäre es gewesen, wenn die preußi]che

Regierung ihre Ausführungsinstruktion veröffentlicht hätte, damit alle

Interessenten sih damit hätten vertraut macen können. Ich bin über-

zeugt, daß seitens meiner Parteifreunde der Bitte, das Beschwerde-

material dem Staatssekretär zugängig zu machen, entsprohen werden

wird. Was den Etat selbst anbetrifft, so komme ih zunächst auf die

leßte Rede des Reichskanzlers zurück. Jn der gegebenen Situation muß

allerdings Vorsicht in der Ausdrucksweise erstes Gebot sein. Wir

haben jeßt gehört,»daß Oesterreich-Ungarn seine sicht, die Annexion

Bosniens und der Herzegowina zu vollziehen, Ökutschland angedeutet

hat, ohne freilih über den Zeitpunkt irgend etwas mitzuteilen.

Immerhin sind wir durch den Vollzug der Annexion überrascht

worden, haben aber feinen Grund, deshalb an dem guten Verhältnis

zu Oesterreih irgend etwas zu ändern. Zu dem neuen Regime in

der Türkei haben wir jeßt eine ebenso freundliche Stellung wie vorher

zu dem alten. Wie die Verhältniffe auf dem Balkan sih weiter

entwickeln werden, wissen wir nicht; mit Parlamenten ift

niht so leiht umzugehen, und ein fo bunt zusammengeseßtes

ag tai wie das türkishe, läßt mancher Ueberrashung Raum.

m übrigen steht alles in unserem Verhältnis zu England und Frank-

reich sehr gut. Tatsächlih hat der türkische Boykott gegen Oesterreich eine starke Wirkung gehabt; neuerdings scheint sih ja etwas mehr Aus- siht auf eine Verständigung zwischen Oesterreih und der Türkei zu eröffnen, wie auch die bulgarishe Frage sich einer befriedigenden Lösung nähern dürfte. Die Kriegslust der Serben und Montenegriner kann indessen leiht den Funken in das Pulverfaß werfen. Ob es gelingt, den Frieden zu erhalten, wird wesentlich von der Verständigung, von der Einigkeit der Großmächte abhängen. Daß in dem uns verbündeten Oesterreich Deutshe nur deshalb, weil sie Deutsche sind, miß- handelt oder \chlecht behandelt werden, müssen wir sehr bedauern. Was jeßt in Prag an demselben Tage ge\chehen ist, an dem der Kaiser sein sehzigjähriges Regierungéjubiläum gefeiert hat, übertrifft alles früher Dagewesene; es hat das Standreht proklamiert werden müssen. Dabei wird es wohl sein Bewenden haben; die Tschechen schreiten dort zwar gern gegen die Deutschen aus, aber hängen lassen fie sich doch niht gern. Die Deutschen spielen leider in der österreichisch - ungarishen Monarchie nicht die Nolle, die sie spielen könnten, wenn sie einig wären; sie sind aber eben wegen ihrer Zerrissenheit und Uneinigkeit einflußlos. Auch gegenüber Italien haben wir feinen Anlaß, irgend etwas an unseren Bundesverhältnifsen zu ändern. Die Situation in Europa ist unklarer als seit langem. Der Abg. Bafser- mann meinte, unsere Diplomatie sei vielleiht doch nicht ganz dieser Situation gewachsen. ch meine, heute entscheidet nicht mehr in den Beziehungen der Völker die diplomatishe Kunst , heute enisheiden in erster Linie die“ Völker selbs, und da muß der Diplomat nicht bloß Diplomat, er muß vor allen Dingen ein Staats- mann sein, ein Mann, der das Vóölksleben und die wirklichen Ver- hältnisse des Volkes kennt, und dazu ist bei- dem heutigen System der häufigen Verseßungen der Diplomat vielleiht nicht immer völlig in der Lage. Wir sollten uns nicht besinnen, au Leute aus anderen Verwaltungszweigen unbedenkliß in höhere diplomatishe Stellen hineinzubringen. Zum Etat selbst be- \hränke ih mh auf einige allgemeine Bemerkungen. Wir wissen jezt, daß das Defizit des laufenden Jahres 113 Millio- nen betragen wird, hauptsächlich entstanden aus der Ver- minderung der Einnahmen. Das beweist, daß unsere wirtschaft- lien Verhältnisse {chlecht gewesen gnd, und unsere Wirtschafts- politik nicht die rihtige gewesen ist. Gleichwohl ist der Etat für 1909 in den ordentlihen Ausgaben um 112 Millionen höher als der laufende. Das ist der Anfang der neuen Sparsamkeit! Eine wirkliche Sparsamkeit wird erst durchführbar sein, wenn wir au auf dem ganzen Etatsäebiet eine wirklihe Verantwortlihkeit haben. Heute mahen wir einen vorzüglihen Etat, aber die einzelnen Ressorts genieren \sich gar nicht, in einzelnen Positionen Ueber- shreitungen eintreten zu lassen, die das Vielfache des Bewilligten ausmachen. Wozu machen wir dann noch überhaupt einen Etat? Zu dem jetzigen Kolonial-Staatssekretär haben wir das Vertrauen, daß er, soweit es angängig ist, Ersparnisse zu erzielen suchen wird. Durch die Zeitungen geht das Gerücht, daß er in Afrika Verhandlungen wegen Abtretung der Walfishbai gepflogen _habe. Es wäre erwünscht, wenn er sih zu diesen Nachrichten äußern wollte. Alle unsere Ausgaben haben die Tendenz, zu steigen. Wir pumpen jeßt heraus, was herauszupumpen ift, und können uns feinen SFllusionen darüber hingeben, daß, wenn wir nicht immer mehr bestrebt find, sparsam zu wirtshaften, einmal der Moment kommen wird, wo man eine s{hmerzhafte Operation unter den ungünstigsten Verhältnissen wird vornehmen müssen. Wir müssen uns bemühen, Reserven zu schaffen, damit der leine Zustand der steigenden Ausgaben und fallenden Einnabmen beseitigt wird. Das aber wird nur möglich sein dur eine Verstärkung der Ministerverantwortlihkeit.

Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg :

Meine Herren! Es ist eigentlih nicht meine Absicht gewesen, in der ersten Lesung d:8 Reihshaushalts das Wort zu ergreifen ; weil ih der Ueberzeugung bin, die auch von mehreren Vorrednern in diesem hohen Hause ausgesprohen wurde, daß die vtelen Fragen des mir unterstehenden Ressorts am besten zunächst in der Budgetkommisfion erörtert werden. Immerhin bin ih aber durch eine Bemerkung, die der Herr Vorredner hier gemacht hat, und die sich auf die englische Walfischbai bezieht, veranlaßt, hier eine kurze Erklärung abzugeben.

Meine Herren, der „Standard*, eine Londoner Zeitung, hat unter dem 7. Dezember einen Artikel gebraht oder vielmehr eine Reihe von Artikeln, worin die Behauptung aufgestellt worden ist, daß ih während meines Aufenthalts in Südafrika dem Premierminister der Kapkolonie Herrn Merriman und dem Premierminister der Transvaalkolonte Herrn Botha ein Anerbieten auf Abtretung oder Pachtung der Walfishbai gemacht und dafür als Gegenleistung ‘eine Konzession für eine durhlaufende Bahn von der Kapkolonie nah der Walfischbai an- geboten hätte. Das Blatt findet hierin einen Bruch der diplomatischen Etikette fo ist auch in großen Lettern dieser Artikel überschrieben —, ‘da über diese Verhandlungen die verantwortlihen Königlich großbritannishen Behörden vorher hätten informiert werden müssen.

Sgließlih wird noch behauptet, daß ich am 8. Juni meine Reise von Kapstadt nah Mosselbai unterbrochen hätte, um in einem kleinen Ort namens Robertson, wo zu jener Zeit der Bondkongreß tagte, Mitglieder dieses Kongresses zu Gunsten dieses Walfishbaiprojekts zu

beeinflufsen. Dem gegenüber habe ich zu erklären :

Ich habe niemals weder Herrn Merriman noch Herrn Botha ein Angebot auf Ueberlassung

die gemeine Lüge, die Notlüge und ‘die Statistik. (Heiterkeit.)

Abg. Schrader (fr. Vgg ): Der reiche Beifall, den die Er- klärung des Stoatssekretärs des Innern über das Reichsvereinsgesetz

britannishen Postverwaltung derselbe sehr zu unseren Ungunsten aus- falle. Ih sehe jeßt von Einzelheiten ab und will nur folgentes

gefunden hat, wird ihm bewiesen haben, daß das Haus seine guten

der Walfishbai w: der kauf- noch- pahtweise gemacht. (Hört! hört!

Juli im festgestellt.

bereits am 21. Anfraze

Merriman dahin gerichtete

Dies hat Herr auf eine

links.) Kapparlament