1908 / 296 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Dec 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Deutsches Reich.

Seine Majestät der Kaiser haben Allergnädigst geruht : den Hofräten Burchardt und Seeband in der Reichs- kfanzlei den Charakter als Geheimer Hofrat zu verleihen.

VetanntmaGung

Auf die für das Jahr 1908 festzusezende Dividende der Reichsbankanteile wird vom 15. d. M. ab cine zweite halbjährlihe Abschlagszahlung von ein und dreiviertel

Prozent oder

52 6 50 für jeden Anteil zu 3000 #4 und

17 #6 650 F i i für jeden Anteil zu 1000 4 gegen den Dividendenschein Nr. 8 bezw. Nr. 11 bei der Reichsbankhauptkasse in Berlin, bei den Reichsbankhauptstellen, Reichsbankftellen sowie bei sämtlichen Reichsbanknebenstellen mit Kasseneinrichtung erfolgen.

Berlin, den 15. Dezember 1908. _- Der Stellvertreter des Reichskanzlers. von Bethmann Hollweg.

Bekanntma GUng,

betreffend den Fahrplan der Reichspostdampfer des Norddeutschen Lloyd.

Die Fahrten auf den Reichspostdampferlinien nach Oft- asien und Australien sowie auf der Austral-Japan- Linie werden im Jahre 1909 nach Maßgabe der in der Erften Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staats- anzeigers“ abgedruckten Fahrpläne stattfinden.

Berlin, den 16. Dezember 1908. L

Der Staatssekretär des Reichspostamts. Im Auftrage : Kobelt.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Minisfterialdirektor im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Wirklichen Geheimen Oberregierungsrat Wehrmann den Charakter als Wirklicher Geheimer Rat mit dem Prädikat Exzellenz zu verleihen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigft geruht: dem Ersten Bürgermeister Kurt Kaiser in Nixdorf den Titel Oberbürgermeifter zu verleihen.

Finanzministerium.

Die NRentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Osnabrück, Regierungsbezirk Osnabrüdck, ist zu beseßen.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Die Oberförsterstelle Driesen im Regierungsbezirk E a. O. ist zum 1. April 1909 zu beseßen. ewer- ungen müssen bis zum 10. Januar k. J. hier eingehen.

Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinalangelegenheiten.

Den Ständigen Mitarbeitern an dem Königlichen Ma- terialprüfungsamt in Dahlem und Privatdozenten an der Königlichen Technishen Hochschule zu Berlin Oswald Bauer und Dr. Willy Hinrichsen ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen Berlin, 16. Dezember.

Seine Majeftät der Kaiser und König nahmen heute im Neuen Palais bei Potsdam den Vortrag des Chefs des Zivilkabinetts von Valentini entgegen.

Die vereinigten Ausshüsse des Bundesrats für andel und Verkehr, für das Seewesen und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen, der Ausshuß für Handel und Verkehr, die ver- einigten Ausshüfsse für Zol- und Steuerwesen und für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll: und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten Aus\s{hüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr sowie der Ausschuß für Zoll: und Steuerwesen hielten heute Sizungen.

Der Königlich bayerische Gesandte Graf von Lerchen-

feld-Köfering hat Berlin verlassen. Während seiner Ab- wesenheit führt der Legationsrat Freiherr von Grunelius die Geschäfte der Gesandtschaft.

Der Königlich großbritannishe Botschafter Sir Edward Goschen hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit Borbet Botschaftsrat Graf von Salis die Geschäfte der

otschaft.

Sachsen.

In der gestrigen Sißung der Geseßgebungsdeputation der Ersten Kammer, an der Vertreter der Regierung teil- nahmen, hielt der Berichterstatter, Geheimer Rat Professor Dr. Wach, eingehenden Vortrag über die bei der Behandlung der Wahlrehtsvorlage in Betracht zu ziehenden allgemeinen Gesichtspunkte. Die Deputation machte sh, „W. T. B.“ zu- folge, nah eingehender Besprehung dahin s{lüssig, daß ihr ver- fassungsmäßig zunächst die Stellungnahme zu der ursprüng- lichen Regierungsvorlage obliegen werde. Dabei wurde die

Frage über die Geseßzmäßigkcit des in der Zweiten Kammer zur Annahme gebrachten ÉEventualvorshlags erörtert und in einen Meinungsaustausch über die eventuel in Betracht kommenden verschiedenen Wahlsysteme eingetreten.

Deutsche Kolonien.

Das „Deutsche Kolonialblatt“ veröffentlihi eine Ver- ordnung des Gouverneurs von Deutsh-Südwest- afrika, betreffend den Ee und Verkehr mit rohen oder ungeschliffenen Diamanten, vom 21. Oktober d. F. die folgendes bestimmt:

__§ 1. Der Besitz, die Weitergabe, die Annahme, der Handel oder jeglihes Inverkehrbringen von rohen oder unges(&liffenen Diamanten ohne bebördlihen Erlaubnisschein ist verboten, sofern niht eine der in Fs 5 und 6 bezeichneten Ausnahmen vorliegt. § 2. Der Er- laubnis\{hein wird von dem Bezirké- oder Distriktzamt des Auf-

enthaltsorts des Antragstellers, und zwar jedesmal für die

+ Dauer eines Jahres, vom Tage der Ausstellung ab gerenet,

erteilt. Er kann verweigert werden, wenn die beantragende Person keine hinrei@ende Gewähr für eine einwandfreie Be- nußung des Erlaubnissccheines bietet. Nicht erteilt werten darf ein Erlaubniéschein folchen Personen, welche {hon einmal wegen einer Zuwiderhandlung gegen diese Verordnung bestraft worden find, sowie Eingeborenen. Der Erlaubnisshein wird nur natürlihen Personen erteilt und ist nicht übertragtar. Ueber die erteilten Erlaubnisschrine wird von der zuständigen Behörde ein Register geführt, dessen Ein- fihtnahme jedermann gestattet ift. § 3. Die für die Erteilung des Erlaubnis\ceines jährli zu zahlende Gebühr beträgt 1000 4. Dieselbe ermäßigt sh auf den Betrag von 10 4, wenn na&gewiefen wird, daß die rohen oder unges{hlifenen Diamanten zu wifsenschaftlihen Zwecken oder zu Werkzeugzwecken im eigenen Betriebe aus\{@ließlich Verwendung e § 4. Schürfer, we!che auf Diamanten fündig geworden ind, baben gleichzeitig mit der nah § 89 der Kaiserlichen Berg- verordnurg vorgeschriebenen Fundanzeige um die Ausstellung eines Grlaubnis|ceines nahzusuhen. Die Gebühr für diesen Schein beträgt für das erste Jahr 10 #4, später 1000 A jährli. § 5. Wer fih bei dem Erlasse dieser Verordnung in dem Besitz rohen oder ungeshliffenen Diawanten befindet, ohne daß er die Weitergabe usw. im Schugzgebiete beabsichtigt, hat diese bis zum 1. Januar 1909 zur Regisftrierung bei der Kaiserlichen Bergbehörde in Windbuk bezw. der Bohrkolonne Süd in Kuibis ein- zusenden. Die Registrierungskosten belaufen sich auf 1 F pro Stein. § 6. Personen, welche im Diamantbergbau als Angestellte oder Arbeiter beschäftizt sind, bedürfen zum A s von Diamanten keines Erlaubnis\{eines (vgl. § 1), solange fie fich innerhalb der Grenzen des betreffenden Gruben: bezw. Schürffeldes befinden. 7. Jede Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Be- stimmungen wird mit Geldstrafe bis zu 5000 4 oder mit Ge- fängnis bis zu drei Monaten, allein oder in Verbindung mit- einander, bestraft. Die gleiche Strafe trifft denjenigen Inhaber eines behördlihen Erlaubnissheiaes, welcher rohe oder ungesGliffene Diamanten von Personen annimmt oder an solche weitergibt, welche keinen bebördlihen Erlaubnies{ein besißen. Die den Gegenstand der Zuwiderhardlung bildenden Diamanten und die EGrlaubnisscheine unterliezen der Einziehung. § 8. Eingeborenen gegenüber finden außer den im § 7 angedrohten Strafen au diejenigen Strafmittel SEEGNA, die in den allgemeinen, die Strafrehtspfle ge gegenüber den Eingeborenen regelnden Vorschriftea für zulässig erklärt sind.

Oesterreich-Ungarn.

_ Der österreichishe Ministerpräsident Dr. Freiherr von Bienerth hat an dep- Leiter des gspttinieriums in einem chreiben auf die sich in ähren und Böhmen neuerdings ftark bemerkbar machende nationale Boykottbewegung als entshieden ungeseßlich hin- gewiesen. Es heißt, „W. T. B.“ zufolge, in dem Schreiben ferner, daß die Boykottagitation dem leihtfertigen Vorgehen radikaler Heßer entspringe. Die Justizbehörden möchten auf Grund des n E und des Pressegesezes gegen jedermann, unbekümmert um feine Stellung, vorgehen, der versucht, zum nationalen Boyfkott aufzufordern.

__— Das óösterreihishe Abgeordnetenhaus seßte in seiner gestrigen Sißung die Beratung des Budgetprovi- soriums fort. Ueber den Verlauf der Debatte berihtet das ¿W. 2. D, wie folgt:

Der Abg. Pr ohaska (Chrifiliß-Sozial) beantragte Schluß der Beratung. Die Tschechish- Radikalen begannen hierauf einen ohren- betäubenden Lärm, weil der Abg. Choc der nächste Nedner gewesen wäre. Der Antrag Prohaska wurde angenommen. Die Wahl des Generalredners ging bei ununterbroherem Lärm vor sich. Erft nach längerer Zeit trat infolge der Einwirkung verschiedener Abgeordneter Ruhe ein. Jn seiner Rede erklärte der Generalredner Dr. Adler, daß die Sozialdemokraten für die parlamentarische Er- ledigung des Budgetprovisoriums einträten, und bezeichnete es als ein Verbrechen an den Intereffen der Völker Oefterreilßs, in diesem Augenblick der Regierung nit freie Hand in der Handelepolitik auf dem Balkan zu laffen. Er wies darauf hin, daß die Sozialisten in allen europäishen Parlamenten für die Erhaltung des Friedens eingetreten seien, und erklärte, die Völker Defterreißs seien nicht gesonnen, wegen der Annexion Bo3niens Blut ¡u bvergießen. Die Sojialdemokraten aller Länder hielten die P esegesadr für ein internationales Verbrechen, dem gegenüber alle Proletarier mit aller Wuht und allem Ecnste protestierten. Nur ein ftarkes Oesterrei werde den Gelüflen ver- schiedener Diplomaten weniger ausgeseßt sein. Zur Stärke in der Politik gehöre aber außer Bajonetten und Kanonen auch die Ordnung im Innern. Der Akg. Pergelt trat angesihts der kritischen Lage in der auswärtigen Politik glci%falls für eine Ver- teidigung der Rehte des Parlaments ein und betonte die Nots- wendigkeit der Erledigung des handelspolitishen Ermätigungs- gesezes. Im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen sagte der Redrer, man müfse mit der Lösung der nationalen Fragen in Böhmen be- ginnen, wo der nat/onale Brand am lichtesten lodere. Wenn der Friede angebabnt werden solle, müfse eine restitutio in integrum bis zu jenem Zeitpunkte geschaffen werden, da der Hauptstreit begonnen babe. In eingehender Erörterung der Sprachenfrage in Böhmen leate der Redner dann dar, daß bis zum Jahre 1880 die deutshe Sprache als allein geseßlich zulässize Spra§e in ganz Böhmen gegolten habe. Die Stremayrishen Sprahenverordnungen feien von den Deutschen niemals anerkannt worden. Die TscheSen bätten die Verlegerheiten, in denen si die Regierungen befanden, benußt, um für ih nationale Konzessiozen ¿u erprefsen. Die Obstruktion der Deutschen im böhmischen Landtage sei das legte Mittel der durh die Ungesct- lihkeiten der Tshehen auf das äußerste empörten Deutschen ge- wesen, um endlich ihrer Forderung Au2druck zu verleihen, auf geseßlihem Wege im Reichsrat und im Landtag zur Ordnung der nationalen Verbältnifse zu Zangen. Die Deutschen würden eine Verständigung niht zu: ückweisen, wenn sie eine gerechte Mitte ¿wishen den Ansprüchen beider Teile enthalte, die Tihechen wollten aber die Herrschaft im ganzen Lande. Der Redner warnte vor dem Versucke, die teutshen Universitätshörer aus Prag hinaus- judrängen, fowie vor ter Vergiftung der Verhältnisse dur dea nationalen Boykott und forderte die übrigen Deutshen der Monartie und die übrigen Nationalitäten auf, die Deuts&en in Böhmen in ihren Bestrebungen nah einem Au?glei auf gerechter Grundlage zu unte: ftügen. Wenn man dies erreihe, dann werde eine wirkli parla- mertarische Regierung die Geschäfte in Oefterreih führen und werde an die Stelle des Scheinparlaments die politishe Ehrlichkeit und der

¡ wahrhafte Parlamertariêmus treten.

Bühl wurde zur Abfiüimmurnrg geschritten, uvd zwar zunöchst über die Dringlichkcit, N die erste Lesung des Budgetprovisoriums, für die sich die weidrittelmehrheit ergab. Sodann wurde die Dringlichkeit für die sofortige Vornahme der zweiten und dritten Lesung gleihfalls mit der erforderlichen Zweidritteimehrheit genehmigt und die Sißung auf eine halbe Stunde unterbrochen.

Nach Wiederaufnahme der Sizung erbat und erhielt der Präsident Weißkirhner die Ermächtigung des Hauses, an den Präsidenten des türkishen Parlaments ein Telegramm zu rihten, in dem diesem Parlamente der Ausdruck der wärmsten Sympathie und die besten Wünsche für eine erfolgreiche Tätigkeit ausgesprohen werden. Darauf nahm das Haus nach längerer Debatte das Budgetprovisorium in zweiter und dritter Lesung an.

Im ungarischen Abgeordnetenhause berührte der Ministerpräsident Dr. Wekerle in seiner vorgestrigen Rede auch die Finanzlage und sagte, „W. T. B.“ zufolge:

Troy ramhafter Erhöhung unserer Ausgaben ist eine Störung des Gleichgewihts im Staatshausthalte nicht zu befürchten. Die öffent- lichen Arbeiten, für die wir namhafte Ausgaben gemacht, haben auf die volkêwirtshaftliche Bewe,ung günstig gewirkt, und es zeigt fi in vielen Posten eine Steigerung der Einnahmen. In den erften zehn Monaten des Jahres hat fih ein Plus ergeben von |ünzehn M lionen bei den direkten Sieuern, von 23 Millionen bei den Konsumsteuern, von über sech8 Millioren bei den Stempelgebühren und von neun Millionen bei dem Tabakmonopol ; insgesamt von 71 Millicnen mehr als der Voranschlag beträgt.

Großbritannien und Frland.

Das Oberhaus hat, „W. T. B.“ zufolge, gestern in zweiter Lesung die Geseßesvorlage über den ahtstündigen Arbeitstag der Bergarbeiter mit 121 gegen 44 Stimmen angenommen. i __— Ja der gestrigen Sißung des Unterhauses wurde die Regierung wegen der vor kurzem erfolgten Verhaftungen in E ie S V Ïs €'A

Nah dem Bericht des „W. T. B." führte der Parlzments- sekretär im Indischen Amt Buchanan in t der An- fragen aus, daß niemand mehr als ter Staatsfekretär Morley bedaure, daß dieses Vorgehen in einem Augenblick notwendig geworden sei, wo er einen Reformplan der indisen Verwaltung anzukündigen gedachte. Nur cinem ftarken Drude und ernsthaiten Vorstellungen der Souverneure von Bengalen nahgebend und nur nach sorgfältiger Prüfung des Tatbestandes babe die indishe Regierung gerade im gegenwärtigen Augenkblicke zu diesen Maßregeln gegriffen.

Fraukreich.

Der gestrige Ministerrat hat, „W. T. B.“ zufolge, be- \hlofen, eine internationale Konferenz zum Studium der Rechtsverhältnisse der Luftschiffahrt nah Paris ein- zuladen. Der Arbeitsminister Viviani machte V.itteilung von dem Plane einer internationalen Arbeitsausstel ung.

In der gestrigen Sißung des Senats ftand das Budget zur Beratung.

Wie das „W. T. B.“ berichtet, legte Poincaré als General- berihterstatter der Kommission dar, S das Budget für 1907 allein dank der glücklihen wirtshaftlihen Entwicklung des Landes ins Gleihgewickt gebracht worden sei. Der Fehlbetrag des NRechnungs8- jahres 1908 würde sich auf 135 Millionen belaufen, wenn man nicht hoffte, ihn durch Einnahmeübershüfse und Streichung von Krediten zu verringern. Immerhin werde das Gleis gewcht unsicher urd gebrechlich sein und der Republik die Erfüllung threr Pflichten gegen die Demokratie und die Ecbaltung des E den Frankrei in der Welt cinnehme, schwer magen. Frankreih müsse imftande sein, seinen friedlichen Absichten die Achtung aller zu verschaffen. Der Redner betonte die Not- wendigkeit, das Gleichgewiht des Budgets zu bewahren, und sagte: wenn der Finanzminister Caillaux dies tue, fo arbeile er zur Ehre der Republik urd zum Wohle der Demo- kratie. Der Finanzminister Caillaux gab zu, daß der Stand des Etats nicht befriedigend, aber do nicht besorgnis8erregend sei. Die nationale S@uld habe sfih in den legten iwanzig Jahren verringert. Zum Schlusse sagte der Minifter, die Einkommensteuer werde einen genügenden Ertrag bringen und einen Abfluß der Kapi- talien nach dem Ausland verhindern.

Hierauf wurde die Generaldebatte geshlossen und das Budget der Justiz, des Kultus und der Ehrenlegion an- genommen.

In der Deputiertenkammer brachte der Abg. Archimbaud Vater gestern einen Antrag ein, dahin chend, die Höhe der Entschädigung der Kammermit Teer einem Referendum zu unterwerfen. Der Prôsident Brisson erklärte, obiger Quelle zufolge, der Antrag Arhimbaud sei verfassungswidrig, und beantragte Uebergang zur Tage3- ordnung. Die Kammer nahm den Vorsch.ag des Präsidenten Brisson mit 311 gegen 206 Stimmen an und trat in die Beratung des Gesegentwurfs, betreffend den Effektiv- bestand der Armee, insbesondere die Vermehrung der Artillerie, ein.

Der Kommissiorékerihterstatter \prach \ich für die Vermehrung der Artillerie aus, und zwar durch Schaffung neuer Batterien zu vier Geschüßen, um der numerishen Ueberlegenheit der deutschen Artillerie, deren Geschüß dem französishen gleihwer:ig sei, ein Ende zu machen. Der Deputierte Plihon empfahl die Shaffung von 24 neuen Artillerieregimeniern, wodurch ihre Zahl von 40 auf 64 erhöht werden würde.

Hierauf wurden die Verhandlungen abgebrochen und die nächste Sißung auf morgen anberaumt.

_— Als Nachfolger des Admirals Germinet, dessen Posten interimistisch der Konteradmiral Marin-Darbel über- nommen hatte, ift jeßt, „W. T. B.“ zufolge, der Vizeadmiral de Jonquières zum Befehlshaber des MittelmeergesGwaders ernannt worden.

Türkei.

Nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen-Korrespondenz- Bureaus“ ist eine Kommission der Pforte, bestehend aus dem Unterrichtsminister und dem Generaldirektor der Zoll- ämter unter dem Präfidium des Ministers des Jnnern ge- bildet worden, um über die Mittel zur Abschwächung des Boykotts zu beraten. Tückisdten Blättern zufolge berief die Kommission vorgestern zwei Mitglieder des Boykott- syndikats zu sih, um sie zu veranlassen, daß wenigstens die Lastträger der Kais die österreihishen Waren ausladen, da diese Lastträger amtlih angestellt sind. Die Mitglieder des Syndikats erhoben Widerspruch gegen diese Behauptung, und führten aus, daß, wenn auch die öfterreihishen Waren aus- geladen würden, die anderen Lastträger sich weigern würden, die Waren nah den Geschäften zu transportieren, wodurch ottomanische Kaufleute, da sie Kaitaxen und andere Gebühren zahlen müßten, geshädigt würden.

Amerika.

Nach amtlicher Meldung haben niederländische Kriegs- \chiffe an der Nordküste von Venezuela die venttólanisée

aufzubringen.

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Regierungsgaleasse „Majo“ béshlagnahmt. Die Be- ! gang der Entwaldung, wie er sich in der Gegenwart abspielt, sie be-

sazung wurde samt der Armierung an die Küste gebracht. Gestern ist der Kreuzer „Gelderland“ von Willemstad wiederum nah den venezolanischen Küstengewässern in See gegangen. Er beabsichtigt, das venezolanishe Torpedoboot „Margarita“

Asien.

Der österreihish-ungarishe Gesandte hat, nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur“, als Doyen des diplomatishen Korps in Teheran an seine Kollegen eine Zirkularnote gerichtet, in der er zu gemeinsamer Beratung des Bittgesuhs der Nationalisten auf- fordert, die um Eintreten für die Verfassung ersucht hatten.

Aus Salmas wird über Urmia von der „St. Peters- burger Telegraphenagentur“ gemeldet: JZsset ullah Chan Salar beseßte am 26. November die nahe Ortschaft Sara Kerik. Die Bevölkerung flüchtete in die entfernteren Dórfer. Die Reiter Salars tôteten etwa 20 zurück- ebliebene armenische Weiber und Kinder. Seine Kurden plünderten die am Wege liegenden Dörfer. Am 26. November rückte Salar aus Sara Kerik gegen Dilman vor; obwohl die Bevölkerung eines Dorfes ihm Brot und Salz, darbrachte, befahl er do, viele Weiber, Männer und Kinder zu töten. Die übrigen flüchteten in die Stadt unter Zurücklassung ihrer Habe. Salar verschanzte sich_ in der Orischaft Miandschah und forderte die Stadt auf, sich sofort zu ergeben, indem er mit Be\hiezung und Niedermegzelungen drohte. Salar verfügt über 4 Geshüße, 600 Mann Fußvolk und 700 Reiter aus Maku und Kurden. . Jn Dilman stehen 800 Bewaffnete. Die Stadt wird befestigt. Am 27. No- vember ergab sih die Ortschaft Kiohnesheher dem Salar, worauf die Türken abzogen. Gleih darauf zog der frühere Gouverneur von Salmas mit einer Truppenabteilung in die Stadt ein. Der Endshumen beschloß, von dem Gouverneur Sicherheiten gegen Kurdenüberfälle zu fordern. Dieser seßte sofort einen Aus\chuß aus Endschumenmitgliedern und Kom- mandeuren der Lokaltruppen ein. Der Auss{huß beschloß, an den sechs wichtigsten Punkten kleine Abteilungen aufzu- stellen. Der mit diesem Beschluß unzufriedene Endshumen fordert die Bewaffaung der Bauern durch die Regierung.

Afrika, Nah Meldungen des „W. T. B.“ hat die Gendarmerie

von Saïda die meuternden Legionäre bis auf ihren An- führer gefangen genommen.

Parlamentarische Nachrichten.

Nach amtlichen Ermittelungen sind bei der Reichsta gs3- ersaß wahl im Wahlkreise Bomst-Meseriß am 12. d. M. 21 691 Stimmen abgegeben worden. Von diesen haben der Qberverwaltungsgerihtsrat Graf von Westarp (dkons.) 11 476, der Propst Roenspiehs (Zentr.) 10209 Stimmen er- halten; 6 Stimmen waren zersplittert.

Koloniales.

Die Nußwaldungen Mittel-Togos.

Aus dem dem ReiSskolonialamt erftatteten Bericht über eine von dem Gouverneur Srafen Zech und dem Forstafsessor Metger- Lome unternommene Reise von Lome nah ten Landschaften Bunen, Akebu und Akpofso teilt ter Forstafsessor Metzger im „Deutschen Kolonitalblatt“ folgendes mit:

In Mittel Togo ift das Bewaldungépcozent relativ günstig. Auf Grund der längs der Marschroute isaböôhe—Pamvyawüe Atakpame gema§hten Beobachtungen dürfen die Waldbestände dieses Gebietes mit 40 v. H. der Gesamtvegetatioo eingeshäßt werden. Dieser relative Reihtum an Wald legt eine Erörterung darüber nahe, in welher Weise bisher diese Waldungen ver- wertet wurden und weldhe Gesichtspunkte für ihre künftige Verwertung maßgebend sein sollen.

Eine nennentwerte Ausnußzung dieser Waldungen auf ihren Holz- bestand hat bieher nicht stattgefunden. Aus dem Waldgebiete bei Misahöhe wurde war mand§e Helzart, Con ere die ob ihres \{chöônen, termitersiheren Kernholjes so fehr geschäßte Cloro- phora excelsa, beraußsgeplentert und namentliß zur Deckung des Bau- und Nutholibedarfs der in Palime arsässigen Europäer verwendet. Aber diese Holinußzungen, welhe an einigen Dertlichkeiten, an denen die Bringung des Holzes besonders leiht war, in wenig walterhaltenter Weise stattfanden, sind für das durh- \{rittene reihe Waldgebiet von keiner auss{laggebenden Bedeutung. In den nördlicher gelegenen Waldgebieten Seiten Sandrokofi und

ampawüe wurde eine Nußung von Holz für den europäischen

edarf bis jegt kaum ausgeübt. Gine rentable Nußung dieser Holz- bestände für europäishen Bedarf wird aub in der nächsten p nit statifinden können, selbst wenn das Hol; im Walde dur

ägewerke verarbeitet würde. Verschiedene Umstände wirken dabei be- stimmend mit; zuvörderst liegt dies an der UNIAI En Lage dieser Waldungen zum Verkehr8neße, welches sich naturgemäß zunächst in dem dichter bewohnten und daber auch wirtschaftlichÞ bedeutungs3- volleren und ecshlofseneren Süden und Südosten des Schußgebiets entwickdeln mußte. Ferner ift die Bringung des Holzes aus diesen Waltbeständen, welche auf einem ftark und viel kupierten Terrain stockden, keine#wegs leiht. Endli ist zur Zeit die Verwendurg von Zugvieb, selbst wenn solches aus anderen Teilen des SHutzgebiets in reihstem Maße zur Verfügung ftände, in diesen Waldgebieten wegen des häufigen Vorkommers der Tietsefliceze und ibrer Begleit- erscheinung, der zumeist tôödlih verlaufenden Tsetsekrankheit, so lange aus8ges{lofsen, als richt dagegen ein sicher Miikendes Heilmittel ge- funden wird. Ohne Zugvieh aber lediglich mit den Arbeitskräften der Gingeborenen das L zusammenzushl-ppen, würde enorme Ge- winnunaskosten verw sahen. j :

Die Holznußung der Eingeborenen für ihren eigenen Bedarf ist äußerst gering, wirtschaftlid von keiner Bedeutung und für den Fort- bestand des Waldes abfolut ungefährlich. Sie beschränkt sih auf die gelegentlihe Herausnahme von Stangen für den Haus8bau und für die ranfenden Feldfrüchte; ab und zu wird ein Seidenbaumwollbavm zur Anfertigung eines Kanus gefällt, manchmal wird ein Stamm heraus- geplenter, um zu Stühlen oder Trommeln oder sonstigen Schnitzereien verarbeitet ju werden. Das Brennholz, welches der Eingeborene in der Regel nur aus abgestorbenem, bereits trockenem Material gewinnt, entnimmt er ebenso gern, wenn ribt lieber der Baumsteppe, wo ihm solche in der Nähe zur Verfügung steht.

Ginen direkten Nußwert für den Eingeborenen repräs: ntieren diefe Waldungen dur ihre Kautschuk liefernden Bäume und L'anen.

In erster Linie aber betrahtet der Cingeborene den Wald aís Lieferanten von gutem Farmlande. Nah meinen bisherigen Beobach- tungen vermeidet es der Eingeborene, auf ter Baumsteppe sein Feld zu bestellen, solange ibm dazu Wald zur Versügung steht. Diese Sep ogen- beit führte auch in erfter Linie zu den Baumsteppenbildungen in diesen Waldgebieten. :

Die Vegetationsverhältnisse des bereisten Gebiets beleubten deutlih den unter dem Einfluß des Mershen sich vollziehenden Vor-

| weisen, daß si in den seltensten Fällen und nur unter dem Zusamm-n-

wirken vershiedener günstiger Bedingungen nah Rodung wieder Wald von selbft bildet, sie geben dur& die jüngsten Steppenbildungen nur zu deut-

Tih kund, wie sehr die Steppe von Zahr zu Jahr an Autdehnung zu-

nimmt und wie sich selbs auf kleinen, allseits von Regenwald um- cen Flähen nah Kahlshlag eine rxzropbytische Vegetation an- nedelt.

In dem Bericht über die Reise ngch den Quellgebieten des Hoha und Schio *) habe ih die allgemeinen Einwirkungen des geschlossenen Waldes auf die Luft- und Bodentemperatur, auf die Luftfeuthtigkeit, auf vie Quellbildung und auf den Wasserstand der Flüfse kurz behandelt. Es bleibt somit nur noch die Frage zu erôrtern, ob außer den allen größeren geschlofsenen Waldkomplexen zukommenden typisWen Wobl- fahrtwirkungen unseren Waldflähen in Mittel-Tozo niht noch be- sondere Eigens§asten beizumessen sind, welhe es wünsh?:rwert und notwendig erscheinen lassen, einer beutenden Verminderung dieser Walt flächen entge genzuarbeiten. ; j :

Ausgedebnte Abbolzungen in diesen Waldgebieten würden unzweifel- hast eine kedeutente Schädigung großer Gebiete des \ ü dli gelegenen waldarmen Togo nach sich ziehen. Wir wifsen, daß in den Monaten Dezember, Januar, Februar und teilweise im Márz der Harinattan herrscht. Dieser aus dem Norden kommende Wind bringt eine ganz außerordentlide Lufttreckenheit mit sih. Je mehr nun die Wald- bestände Mittel.Togos dezimiert werden, desto ungebinderter wird dieser trockene Ncrdwind über die entwaldeten Gebiete ftreichen ens mehr werden also südliher gelegene Gebiete von ihm ge- roffen.

__ Dazu käme aber noh ein weiteres Moment von weittragendster s{hädigender Wirkung, näwlih eine Vermehrung der Lufttrockenbeit Süd-Togos während der Harmattarzeit. Denn es ist ohne weiteres klar, daß ein trceckener Wind beim Durhzug dur luftseuchte pröire Waldgebiete wieter Fevchtigkeit aufnimmt, und daß er um so feuhter aus Waldgebieten austritt, je größer und gesGlofsener diese sind. Die Erfahrung ieigt, taß die Wirkung des Harmattans bci den auf un- gefähr gleicher Breite liegenden Orten Palime und Nuatjä verschieden stark ift. Palime liegt dur vorgelagerte Gebirge und Waldungen ges Ee als das ebene, in einem großen Baumsteppengebiete t’iegende Nuatjä.

Unfere Regenmengen. namentlich jene des südlihen Togo, in der durSschnittlihen Jahretsumme von 10090 bis 1400 mm wären für die Meb: zabl unserer tropiscken Kulturen reichlich genug, wenn fie auÿ nit besonders boch sind. Das kulturfeindliße Moment für unser Schußzgedbiet ist niht in erster Linie tas gänzliche oder teilweise Ausfallen der Niederschläge während der Monate Dezember bis März, fordern die während dieser Zeit herrshende hohe Trockenheit der Luft. Diese Erscheinung if aber meiner Erkenntnis nah nicht zum geringflen Teile auf die Waldarmut Togos zurück- ¡uführen. Denn gerade die Feuchtigkeit der Luft kann lokal dur Verdunstungsflähen sehr modifiziert werden, Es iff ein jedermann bekannter Erfahrungs8saß, daß die dem Meere nahe ge- legenen Lantflähen fch durch große uftfeuchtigkeit ausjeihnen. In ähnliZer Weise aber, wie das Meer oder ein großer Binnensee auf den Feuchtigkeitêgehalt der Luft Einfluß bat, wird au ein großes ge- \Slofsenes Waldgebiet Verdunstungsfläle und bereihert die Luft anliegender Gebiete gerade während ter Trodckenheit merklih mit Feuchtigkeit. :

Es handelt fich für unser Schußtzgebiet nit so sehr um den noŸ strittigen und schwer, wenn überhaupt nahweisbaren günstigen Einfluß des Waldes auf die Vermehrung der Niederschläge, der uns veranlafsen foll, für den Schuß der Wälder einzutreten: nein, der Kardinalpunkt, der uns unter den besonderen, abnorm geringen Luftfeuhtigkeitêmengen Togos zu diesem Schuge zwinat, ift die Fähigkeit des Waldes, die Feu§- tigkeit der Luft zu erhalten und zu erhöhen. ° Gerade dieses Moment, die lofale Verbefserung der Luftfeuchtigkeit durch den Wald, gleichviel ob diefe zu einer Vermehrung des Regenfalles der Gegend beiträgt oder nit, s{eirt mir von vielen, die sich mit der Frage beschäftigen, inwieweit durch künftlihe Aufforstungen die klimatishen Verhältnifse Togos3 eine günstige Wirkung erfahren, niht genügend gewürdigt oder außer acht gelassen zu werden. L

Um dem in diesem Zusammenhange möglihen Mißverständnisse vorzubeugen, als kônne urd wolle man durch große aufgeforftete Ds den Harmattan, dieses gewaltige Phänomen, beseitigen, sei

onders bemerkt, daß folhe in unseren weit au3gedehnten Baum- steppengebieten geshaffenen Waldirseln die Feuchtigkeitsverhältnifse der Luft dermaßen beeinflufsen können, daß die Wirkung des Har- mattans in den anliegenden und entfernter gelegenen Gebieten auf- gehoben bezw. abgeschwächt wird. Dieser Erfolg ist aber für unsere Kulturen von höchster Bedeutung. :

Eine dritte günstige Wirkung von besonderer Art ift den Wald- gebieten Miitel-Togos beizumefsen. Sie besteht darin, daß diese Wälder inmitten der alljährlich auf den Steppengebieten stattfindenden Brände eine große, brandfreie Insel bilden. Dadurch wird ebenfalls wieder [okal für weite, angrenzende Gebiete ein diesen Bränden zu- kommender \{ädliher Faktor abgeschwäht. Die von den Bränden stammenden Kob!le- und Ascheteilhen füllen nämlich die Luft an und werden noch viele Wochen nah Beendigung der Brände bei jedem Windftoße vom Boden wieder neuerdings der Luft zugeführt. Durch diese herumwirbelnden Ashenteilchen wird aber der Luft eine beträcht- lige Menge von Feuthtigkeit entzogen, weil ja die Asche sehr bygroskopisch ist. Salten wir also auf großen Gebieten durch Er- haltung ihrer Waldbestänte die Brände aus, so wird auch für benahbarte Gebiete die durch die Brände bedingte Verminderung der Luftfeuchtigkeit lokal sehr gemindert. _ :

Aus diesen Erörterongen ergeben sich die leitenden Gesichtspunkte, welche für die künftige Verwertung der Waldungen Mitt-l-Togos maß- gebend fein sollen. Sollten diese Waldungen nach Jahren mit der weiter fortshreitenden Entwicklung der Verkehrswege und des Trans- portwesens so erschlofsen sein, daß die Nußung auf ihren Holzbeftand gewinnbringend sein wird, dann wird es Sache der Verwaltung sein, darüber zu wachen, daß diese Holznuzungen niht in eine Raubwirt- haft ausarten, fondern in streng nachhaltiger und walderhaltender Weise durÄ@geführt werden, daß sie nicht einfah in einem Heraus- plentern der guten und wertvollen Nugholiftämme bestehen und das Resultat lúckige, werilose Bestände wären. Jede abgeholite Fläche müßte wieder aufgeforstet werden, und zwar dürfte die Ausdehnung der Hiebe keine größere Fläche einnehmen, als mit den vecfügbaren Kräften wieder jährlich aufgeforstet werden könnte. :

Hinsichtlich einer rationelleren und nahbaltigeren Gewinnungs- weise der Kautschuk liefernden Milchsäfte sind die Eingeborenen unseres Scugzgebiets einer Belehrung niht unzugänglih. Sie haken ¡um Beispiel în der Landschaft Buëm allgemein den Grätenschnitt für die Anzapfung des Ficus Vogelii angenommen; allenthalben sieht man, daß fie die ein au2gezeihnetes Kautschukprodukt gebende Liane Landolphia owariensis nit einfa mebr abschlagen, sondern nur dur Ginkerbungen anzapfen. Aufgabe der Bezirksleiter wird es sein, bei ibren Reisen die Eingeborenen der Kautschukdistrikte zu belehren.

Mit der Gepflozenheit der Eingeborenen, den Wald zum Zwecke der Gewinnung von Farmland zu roden, wird man bei dem Bestreben, die Wälder zu erhalten, in erster Linie zu rechnen haben voraus sihtlih noÿ viele Jahrzehnte, so lange, bis der Eingeborene dur Belehrung und bessere Einsicht, vielleiht auch einmal dur die Not so weit gekommen fein wird, den Feldbau rationeller zu betreiben und die Methode des Düngens anzuwenden. Man wird daher in diesen wich- tigen Waldgebieten {on El Maßnahmen treffen müssen, um den Wald, besonders aber den Shußwald da zu erhalten, wo er nicht un- bedingt zu den Feldkulturen der Eingeborenen benötigt wird, wo außer den Wäldern noch größ:re Baumsteppen zur Bebauung verhanten find. Ein günsticer Umstand ift, daß gerade das bedeutungsvolle Waldgebiet zwischen Santrokofi und Pampawüe verhältniemäßig {hæwach bevölkert ist. Wo es fi nit vermeiden läßt, daß die Eingeborenen den Wald ¡wecks Erzeugung der für ihren Lebensbedarf notwendigen Feldfrüchte rodea, da ersheint es mir eine hôchft dankbare Aufgabe, die Ein-

*) Vergl. „Deutsches Kolonialblatt* 1908, Nr. 1, S. 22 ff.

geborenen zu einer noch au8gedebnteren Kultur der O?lpalme auf den autgebaut-n Feltern zu veranlassen. Dadurch wird ein wesentlich befserer Bodenschuy erzielt werden, die Baumsteppenbildungen werden ¡um großen Teil vermieden, unter günstigen Umständen wird sh fogzar wieder Wald auf natüulihem Wege bilden. Dazu kommt noh der hohe, dauernde Nußwert der Oelpzfme.

Dagegen halte ih ¿s unter dén besonderen gegebenen Umstä- den für hôö4st bedenklich, den Eingeborenen auf die Kultur von Kakao hinzulenken. Die Einführung einer ausgedehnten Kakaokultur in diesen Waldgebieten würde eine enorme Vermehrung der Wald- rodungen zur Folge haben, da außer den Kakaofeldern auch noh die Felder zur Erzeuzung des Lebensunterhalts, also von Jams, Mais, Erdnüffsen ufw. bestellt werden müßten. In der Tagespresse ist unter Hinweis auf die enorme Steigerung des Anbaus von Kakao in der Goldküstenkolonie die Kakaokultur in Togo befürwortet worden. Unzweifelhaft wird der Eingeborene die Kakao- fultur aufnehmen, sobald er feinen Vorteil dabei erblickt; er wird ohne Bedenken dazu Wald roden, besonders wenn er von der us noch ermuntêrt wird. Nach den unseren Waldungen in Mittel-Togo niht abzüsprehenden besonderen Wohl- fahrigeigenschaften würde aber dort die Einführung des Kakaobaues gleihbedeutend sein mit einer {weren Schädigung der allgemeinen Interefsen Säd- Togos. Es ift eben ein Ânterschied, ob in wald- reihen Gebieten, in Ländern, wo der Walt wegen seiner kolofsalen Ausdehnung geradezu ein Kulturhemmnis bildet, Breschen in den Wald geshlagen werden, oder ob man in waldarmen Ländern die \pärlichen Ueberreste einer {ügenden Waldvegetation zu Gunsten einer vorüber- gehenden Erwerb liefernden Kultur opfern will.

Kunft und Wissenschaft.

_A. F. Gesellschaft für Vorgeshihte. Ein Aufruf zur Gründung einer Gefsellshaft für Vorgeschihte ergeht, zugleih im Namen von etwa 90 Fleichgesinnten, die sich zur Mitgliedschaft bereit erklärt, seitens Dr. Gustaf Koisinna, Pro'essor der deutshen Archäo- logie an der Berliner Universität. Die Vorgeshihte, so wird mit Recht behauptet, nimmt in Deutschland im Kreise der verwandten Wissenschaften noch nicht entfernt die hervorragende Stellung ein wie in den ffandinavishen Nachbarländern. Der Grund ist darin zu suchen, daß sie gewissermaßen Kostgänger ist bei den Geschichtsvereinen, den anthropologischen, ethaologishen und geologishen Gesellschaften, die fi nebenbei au mit Prähistorie befafsen. Daraus ist, troß aller dankenêwerten Leistungen dieser Gruppen auch auf dem eigensten Ge- biet der Vorgescichte, doch ein allmäblih immer weniger befriedigender Betrieb dieser Wissenschaft entftanden, der eine Aenderung des unerquickli@en und nachteiligen Verbältnisses erheischt. Die neu zu bildende Gesellshaît foll diese Aenderung bringen. Bei einem JIahresbeitrag von zehn Mark wird den Mitgliedern eine Zeitschrift, vorläufig in Stärke von 20 Drukdogen jährli, geliefert werden. Alle Jahre einmal werden \ich die Teilnebmer ju einer Hauptversammlurg außerhalb Berlins zusammenfinden, während der Berliner Zweig, ebenso wie etwa sihch bildende Zweiggesellshaften außerhalb, nah Bedarf O gen abhalten werden. Das Hauptgewiht wird auf die Vorgeshihte Mitteleuropas ge- legt werden, ohne deshalb das europäishe Ausland und Vorderasien zu vernachlässigen. Enge Fühlung soll erhalten werden mit der Geologie rücksihtlih der neolithischen uud verwandter Probleme, ebenso mit der Anthropologie, klarsten Zusammenhang mit der Vorgeschichte varauMgelepr, Beitrittsmeldungen werden bis zum 20. Dezember an Dr. G. Kossinna, Groß. Lichterfelde 3, erbeten.

Unsere Zeit muß bei dem unausgesezten Anwarhsen des Tra stoffes die immer zunehmende Spezialifierung als ein unentrinnbares Verhängnis nehmen. Auch die vorliegende Neugründung gehort diesem Zwange und kann sih ihm nit entziehen. In diesen Sinne darf die Einladung begrüßt und ihr bester Erfolg gewünscht werden.

Literatur.

4 von König: „Handbuh des Deutschen Konsular- wesens.“ YVII. Auflage. N. von Deckers Verlag (G. Shenck), Berlin, 1909. 2 Bände. 18 #. Das vorltegende Werk erschien ¡uerst im Jahre 1854 als „Preußens Konsular-Reglement“ und hatte als solches bereits ¡wei Auflagen erlebt. Als Handbuch des deutschen Konsularwesens erscheint es jeßt in siebenter Auflage. Es ift an Umfang beträhtlich gewachsen. Hinzugekommen ist ein Abschnitt über die bandelspolitishen Beziehungen Deutshlands sowie ein Para- graph üter das Auslieferung8wesen. Die Umarbeitung des die Schiffahrts- angelegenheiten betreffenden Teils war dur die Seemannsordnung vom 2. Juni 1902 geboten. Auch auf den übrigen Gebieten waren fast überall neuere, im Laufe von sieben Jahren ergangene Bestimmungen zu bes rüdsihtigen. Der Anhang ift durch vershiedene Gesetze und Ver- ordnungen vermehrt und enthält insbesondere auch die Allgemeine Dienstinstruktion für die Konsuln, soweit sie nicht ausdrücklich auf- gehoben oder durch neuere Bestimmungen erseßt ist. Die Bedeutung des Werkes liegt sowohl auf wifsenshaftlihem wie auf praktishem Sebiet, indem es einerseits die Entwicklung des Konsularrechts als Teil des Völkerrechts bekundet, andererseits dem Kaufmann, dem Anwalt und dem Publikum die Aufgaben unseres Konsularkorys darlegt und zeigt, welhe Ansprüche der einzelne an jenes zu stellen berehtiat ist. Í

Hammermeister, W, Bureauvorsteher betm Mazistrat Charlottenburg: Prafkftische Anleitung zur Vorbereitung für den Kommunalverwaltungsdienst nebst Anhang; leßterer enthält die wesentlihsten Bestimmungen des B. G.-B., des Handels- geseßbuch3 und der wichtigsten Justizgesetze; 3. Auflage, 89, rd. 440 Seiten, gebunden 5,590 S. Verlaz A. W. Haya's Erben, Berlin. Das Buch, das bereits in 3. Auflage vorliegt, eignet fi ium Selbststudium für angehende Sekretäre sowie als Nathschlagebuh für ältere Beamte. In die vorliegende Auflage wurden neu aufgenommen das Mannschaftsversorgungsgeseß vom 31. 5. 1906, das Wanderarbeitsstättengesep vom 29. 6. 1907, das Vereinsgeseg vom 19. 4. 1908, das Gefeß über den Unterstüßung9wohnsig vom 30. 5. 1908 und das Polizeikostengesey vom 3. 6. 1908. Ferner haben die seit dem Erscheinen der 2. Auflage eingetretenen Gesezes8änderungen Berücksichtigung gefunden, auch sind wiederum einzelne Gesetze in ihren wesentlihsten Bestimmungen ausführlicher mitgeteilt. Troy dieser textlihen Erweiterung, die einen bedeutenden Mehrumfang erforderte, hat die Verlagtbuchhandlung den bisherigen Preis beibehalten.

Demetrius Schrug: Deklamatorium für Haus und Welt. Auseclesene Vortragsdihtungen ernsten und heiteren Inhalts aus der deutschen und ausländishen Literatur. Mit einer Einleitung „Ueber den Vortrag“. Brosch. 2, geb. 3 4. Leipzig, Marx Hesses Verlag. Die Sammlung ist sehr reihhaltia und scheint für ihren Zweck, Deklamationsftücke zu liefern, recht geshickt zusammengestellt zu sein. Es ift bei der Au?wahl auf einen weiten Kreis von Dekla- mationsluftigen Rücksiht genommen; neben vielen Gedichten, die den feiner gebildeten, füastlerishen Ges&madck befriedigen, finden sih andere, die in geselligen Kreisen, die leihtere Unterhaltung suchen, Beîfall finden dürften. Schlechtes ist in die Sammlung aber nicht aufgenommen, und fo kann sie empfohlen werden. :

Im Verlage der K. B. Phot. Hofkunsianstalt Franz Hanfs staengl, München, ift soeben als vollkommen in ih abgeshlofsenes Sonderheft der „Kunst unserer Zeit" eine reihillustrierte Monographie über „Moderne deutsche Exlibris“ mit Text von Nichard Braungart ershienen. Das Thema dieser Publikation ift gewiß geeignet, auh weitere Kreise zu interessieren, vergeht doch heute faum ein Tag, ohne daß irgendwo in irgendeinem Zusammenhang das Wort Exlibris auftaucht. Doch ist das, was der Laie über diesen Geaenstand weiß, meist recht lüdckenhaft. Hier nun findet er auf 24 Textseiten alles, was er braucht und sucht: eine kaappe Analyse des Begriffs Exlibris, einen Abriß seiner Geschichte und eine gedrängte, aber übersihtliche Charakteristik jener Künstler und Künstlergruppen, die für das moderne deutshe Exlibris in hervorragender Weise in