1867 / 111 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Gestern Nachmittag traf die Königin-Mutter von Bayern zum Besuche unseres Hoses dahier ein und les Palais des AOn Karl von Hessen ab , woselbst auch seit dem 1. Mai die Herzogin Anna von Medcklenburg - Schwerin zunr Besuche ihrer Großeltern verweilt. h S

Luxemburg, 6. Mai. Gestern Abend is} der Minister Baron v. Tornaco, als Vertreter des Großherzogthums Luxem- burg, in Begleitung des Hrn. Servais, Mitglied des Staats- rathes, zur Konferenz nah London abgereist.

DHesterreich. Pesth, 7. Mai. In der schwach besuchten Deputirtenfikung wurden zum Schlusse die Deputirten ein- geladen, sich bei der Ankunft Jhrer Majestäten im Bahnhofe einzufinden. :

Großbritannien und Jrlanud. London, 7. Mai. Der Prinz von Wales wird im Laufe der nächsten Tage in seiner Eigenschaft als Präsident der englischen Ausstellungs§- Kommission , sich nah Paris begeben. Jn Anbetracht des Gesundheitszustandes seiner Gemahlin wird der Aufenthalt des Q der französishen Hauptstadt dieses Mal nur ein urzer sein. -

R der gestrigen Sibung des Unterhauses kündigte Labou-

chere, wie bereits telegraphisch mitgetheilt ist, cine Jnterpellation an den '

Staatssecretair des Auswärtigen folgenden Juhalts an: »ob für den all, daß die Regierung cs für rathsam halten sollte, sih irgend einer arantie betreffs der zukünftigen politischen Lage Luxemburgs anzu-

ließen, der Charakter dieser Verpflichtungen erklärt werden würde,

bevor das Land gebunden sein würde, um dem Parlamente Gelegen- heit zu geben, scine Meinung über die Ersprießlichkeit einer derartigen

Garantie auszusprehen.« Der größere Theil der Sißung war von

der fortgeseßten Comitédebatte über die Reformbill in R e-

nommen. Die Motion Ayrtons, den Ansässigkeitstermin aller Jener, die

weniger denn 10 Pfd. St. Miethe in Burgflecken zahlen, von zwei

Jahren auf ein Jahr zu ermäßigen, wurde ohne Einsprache und Ab-

stimmung angenommen. Der Schaßkanzler machte hierauf die Mit-

theilung, daß die Regierung bereit sei, betreffs der Compound House- holder verschiedene Concessionen zu machen 7 die ihm die Erlangung des Stimmrechts leichter machen sollen. Auch betreffs der oft- erwähnten Abmietherklausel (lodger franchise) erklärt der Schabkanzler sih prinzipiell zu den gewünschten ZJugeständnissen bereit, behält fich

jedoch vor, sich Über die Details derselben später auszusprechen. Im

weitern Verlaufe der Sißung wurde eine Resolution angenommen,

daß alle Kosten für Wahl bestechungs-Untersuchungen von der

Regierung bestritten werden sollen, welcher das Haus die dafür erfor-

derlichen Gelder votiren würde. Die Bill selber, welche gegen Wahl-

bestechungen gerichtet ist, wurde nach längerer Diskussion einem Sonder-

aus\{chuß zur Begutachtung zugewiesen. V _ Das gestrige Reformmeeting im Hyde-Park ist troß

der mancherlei Befürchtungen in aller Ruhe und Ordnung ver-

laufen. Nachmitiags gegen sech8 Uhr strömte der -Zug des

Publikums, der dichter und dichter wurde, in den Park hinein

und die Menschenmasse shwoll bald zu ciner großen Versamm-

lung an. Die Männer der Liga, der Präsident Beales,

O’Donoghue und andere hatten sich eingefunden und an 10

verschiedenen Orten wurden an das Publikum Ansprachen ge-

halten. Sie bewegten sich um die bekannten Forderungen, ver- urtheilten die Regierungsbill 2c. Bei dem allen aber herrschte ein Ton der Ruhe und Mäßigung, wie er bei früheren Ver- sammlungen dieser Partei manhmal vermißt wurde. Um den

Präsidenten der Liga und seine Genossen war der Zudrang

am stärksten und der Beifall am lautesten, so daß selbst in

nächster Nähe die Reden nicht verständlih wurden. Als die

Dämmerung anbrach, wurde das Meeting geschlossen und wie

sie in Ruhe gekommen waren, so zogen die Massen in Ruhe |

ab. Um 10 Uhr war alles vorüber.

__ Frankreich. Paris, 7. Mai. J des geseügebenden Körpers theilte der Präsident drei De- krete mit, welche den Kriegs-Minister, den Marine-Minister und den Unterrichts- Minister für die Dauer der Budget-Diskussion zu Regierungs - Kommissarien beim ernennen.

Portugal. Wic der »Moniteuré unter dem 7. Mai meldet, ist die Königin von Portugal am 5. d. Abends in Madrid angekommen, und wurde an dem darauf folgen- den Tage in Paris erwartet.

Rumänien. Dem »Moniteur« wird aus Bucharest m daß das Projekt einer Armee-Reorganisation in den E ümern, da es in der legislativen Session, die so eben geschlossen ward, nicht zur Diskussion gelangen konnte, bis auf das nächste Jahr vertagt ist. i

Dánemark. Kopenhagen, 6. Mai. (H. N.) In der eutigen Sißung des Folkethings wurde die 2te Behandlung es Gesehes, betreffend die Niederlegung der Kopenhagener

Festungswerke und die Aufhebung der Demarcations - Begren- ungen, fortgeseßt. Die Diskussion drehte sich meist um die rage, ob das wegen der Festung auf dem innerhalb der De-

In der gestrigen Sißung |

geseßgebenden Körper |

| ber 1866, betreffend den außerordentlichen Gel

marcationslinie liegenden Privateigenthum ruhende Servitut bei Aufhebung der Festung von selbs wegfalle, oder ob die Besißer für die Verdoppelung des Werthes ihres Grundeigen- thums dem Staate einen Ersaß zu geben hätten. Die Regie- rung und die Ausschuß - Majorität sind leßterer Ansicht. Von bauernfreundliccher Seite wurde das Gegentheil behauptet.

Amerika. Der »Corresp. Havas« gehen Nachrichten aus Montevideo vom 29. März zu, welche melden, daß in Pa- raguay alle Kräfte der Nation auf Fortseßung des Krieges verwandt werden. Ein Dekret des Marschalls Lopez bringt zur Kenntniß, daß die Ein- und Ausfuhrzölle beiderseits zwifchen

Bolivra und Paraguay ganz ausgehoben worden sind, . | welche jeßt durch die brasilianische Provinz Matto - Grosso, die

seit Anfang des Krieges von paraguitischen Truppen beseßt ist, mit einander in Verbindung stehen.

- Telegraphische Depeschen aus dem Wolff’ schen Telegraphen-Büreau.

Bremen, Mittwoch, 8 Mai, Abends. Auf Antrag des Senates genehmigte die Bürgerschaft soeben einstimmig und ohne Diskussion die Verfassung des norddeutschen Bundes.

London, Mittwoch, 8. Mai, Abends. Lord Stanley hatte heute Einzelbesprehungen mit mehreren Mitgliedern der Konferenz, deren Gegenstand dem Vernehmen nach die Garan- tie - Frage war. Die Stimmung in diplomatischen Kreisen is eine hoffnungsvolle.

Labouchere's gestern ohne Angabe der Gründe vertagte Interpellation kommt muthmaßlich morgen zur Verhandlung.

London, Donnerstag, 9. Mai, Morgens. »Times«, »Morning Post« und »Morning Herald« halten das Resultat der Konferenz für gesichert. Die beiden ersten Blätter sprechen sich für, »Daily News« gegen cine Betheiligung Englands an der Kollektiv-Garantie aus.

Florenz, Mittwoch, 8. Mai, Abends. Der König hat auf 4 Millionen jährlich von seiner Civilliste verzichtet. Die Heirath des Prinzen Amadeus mit der Prinzessin von Ci-

, sterna ist offiziell angekündigt worden.

Landtags - Angelegenheiten.

_ “Berlin, 9, Mai. Der am 6. d. Mts. ‘von dem Finanzminifer Exciherrn von der Heydt in Folge Allerhöchster Ermächtigung im Abgeordnetenhause eingebrachte und heute auf die Tagesorduung gce- stellte Geseßentwurf wegen Ausführung des Gesehes vom 28. September 1866, betreffend den durch den Krieg von 1866 hervorgerufenen außerordentlichen Geldbedarf der Militair- und Marinec- Ne i, die Notirung des Staatsscages ¡ lautet:

r Wilheim 2c. verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtags der Monarchie, was folgt: N 9 N

| Einziger Artikel. :

Die Bestimmung im §. 7 des Geseßes vom 28. September 1866, betreffend den dur den Krieg von 1866 hervorgerufenen außerordent- lichen Geldbedarf der Militair- und Marine-Verwaltung und die Do- tirung des Staatsschaßes, wird dahin erweitert; daß über die Ausfüh- rung des gedachten Geseßes dem Landtage erst bei dessen nächster regel- mäßiger Zusammenkunft (Artikel 76 der Verfassung) Rechenschaft zu eben ist. Bis dahin bleibt auch die in den §§. 1 bis 3 am angeführ- en Orte der Staatsregierung ertheilte Ermächtigung in Kraft.

Urkundlich unter Unserer pLMMelgenyandlgen Unterschrift und bei- gedrucktem Königlichen Jnsiegel.

Gegeben 2c.

Dem Gesepventrourf sind folgende Motive beigegeben:

Gemäß der Bestimmung im §. 7 des Geis vom 28. Septem-

: l j bedarf der Militair- und ae Uber ble Aan die Dotirung des Staatss\chaßes, ist dem Landtage über die Ausführung dieses Gesetzes bei - der nächsten Zu- sammenkunst desselben Rechenschaft zu geben und , soweit die Aus- führung dann noch nicht erfolgt ist, hinsichtlih der Fortdauer der der Staatsregierung ertheilten Ermächtigung (§§. 1—3) geseßliche Anord- A L diéter Besi

ei dieser Bestimmung is von der Vorausseßung ausgegangen daß derselben erst bei der 8 bnen gewöhnlichen Sufammen nft des Landtags zu genügen sein werde, indem nicht vorausgesehen werden konnte, dap besondere Umstände eine außerordentliche Gan dessel- ben nothwendig machen würden.

Schon aus diesem Grunde wird nicht erwartet werden können, daß die Staats-Regierung bereits jeßt im Stande sei, die vorgeschric- bene erma über die Ausführung des Gesehes abzulegen. Sic hält sich deshalb für verpflichtet, weitere geseßliche Anordnung dahin U beantragen, daß diese Rechenschafts - Ablegung erst bei der nächsten

usammenkunft des Landtags gegeben werde und daß bis da-

Der sehr gut erhaltene Bau bildet viele

hin die ihr ertheilte Ermächtigung (§§. 1—3) des Gesehes in Kraft

bleibe. : i ; Nachdem im Monat September des pri Jahres die

Demobilmachung des Heeres erfolgt ist, sind die Bestrebungen unaus- eseßt und mit dem größten Eifer darauf gerichtet emeisa, die Kosten des Krieges festzustellen und rechnungsmäßig nachzuweisen. Allein bei dem außerordentlichen Umfange dieser Arbeiten und des zu bewälti- genden Materials ist es bis zum Finalabschlusse für das Jahr 1866 (Mitte März 1867) nicht möglich gewesen, dic bereits gelcisteten Aus- gaben rechnungsmäßig festzustellen, noch weniger aber denjenigen Aus- abebedarf mit einiger Genauigkeit zu ermitteln, welcher zum Ersaß her im Kriege verbrauchten Gegenstände aufzuwenden sein wird. | Ein großer Theil der bereits geleisteten Ausgaben wird noch ge- genwärtig theils bei der General - Staatskasse, theils bei den Regie- rungs-Hauptkassen als Vorschuß geführt, dessen definitive Verrechnung von der Prüfung und Festseßung der Beläge abhängig. ist und bei der qroßen Zahl derselben erst allmälig erfolgen fann. O Noch zeitraubender 1 die Feststellung sowohl des Umfanges als auch der Kost:n der Wiederherstellung des im Kriege verbrauchten Ma- terials an Bekleidung, Waffen, Munition und anderen Gegenständen, indem bei der großen Zah! der leßteren die Ermittelung des Bedarfs und die Wiederanschaffung ebenfalls nur nach und nach geschehen kann. Auch die auf Grund des Geseßes vom 11. Mai 1851 vom Lande in Anspruch genommenen Lieferungen und ACen sind, wiederhol- tex Aufforderungen ungeachtet; noch nicht vollständig angemeldet und vergütet. E nach §. 21 des erwähnten Geseßes die Anmeldung der Ver- gütungen innerhalb eines Jahres nach erfolgter Demobilmachung zu- lässig ist und die in dieser Frist nicht angemeldeten A mit cinem dreimonatlichen Präklusivtermine öffentlich aufgerufen werden sollen, so is der definitive Abschluß hinsichtlih dieser Zahlungen erst mit Ende dieses Jahres zu ermöglichen. N L Unter diesen Umständen würde ein Versuch, die Kosten des Krie- ges annähernd zu ermitteln und nachzuweisen, kaum ein mehr zuver- lässiges Ergebniß liefern, wie die Kosten-Ueberschläge, welche bei Ge- legenheit der Berathung des Geseßes vom “28. September 1866 auf- gestellt und in: ihrem Resultate mitgetheilt worden sind. Jedenfalls würde cine solche Ermittelung als cine Rechenschafts-Ablegung, wic das Geseß sie verlangt, nicht angesehen werden können, und es wird daher Billigung finden, daß die Staatsregierung von einer derartigen Aufstellung Abstand genommen hat. él | j Was die Mittel zur Deckung der Kriegskosten betrifft, so liegt es

D auf der Hand, daß erst nach erfolgter Feststellung der leßteren Über die

Beschaffung der Mittel Rechenschaft gegeben werden kann, indem die Höhe der Mittel durch die Höhe der Ausgaben bedingt wird. L

Von der Feststellung der Kricgskosten und von der Höhe des Er- löfes, welcher für die noch im Bestande der Gencral-Staatskasse befind- lihen Stamm-Actien der Cöln - Mindener Eisenbahn - Gesellschaft zu erwarten ist, bleibt namentlich die Beschlußnahme darüber abhängig, inwieweit die Anleihe von 30 Millionen Thalern (§. 3 des Gesebes) zu realisiren scin wird. N O

Die Aufnahme dieser Anleihe is durch die Allerhöchste Ordre vom 31. März 1867 (Geseßb-Sammlung S. 400) - zwar angeordnet, es ist davon jedoch. erst ein Theil realisirt worden. i L

Dagegen hat die Ausgabe verzinslicher Schaß-Anweisungen bisher nicht stattgefunden. | |

Unter diesen Umständen glaubt die Staats-Regierung auf Gench- migung des vorliegenden Gescß-Entwurfs rechnen zu dürfen.

Kunsfst- und wissenschaftliche Nachrichten.

Ueber die wiederentdeckten, gothischen Monumente auf Palma entnimmt das »Wochenblatt des Architekt. Vereins« einer ausführli- cheren Mittheilung im » Christlichen Kunstblatte« u. A. Folgendes: Der Dom auf Palma, ein mächtiges Bauwerk, hoch an der Sce ge- legen , is in seinen Dimensionen weit größer als die meisten unserer deutschen Domé. Konstruktiv äußerst lehrreich/ gewinnt derselbe noch ganz besonderes Jnteresse durch die Puerta dél Mirador, ein rei- endes Portal, von Enrik Alamant (Heinri dem Deutschen), Ende es 14, Jahrhunderts gebaut also deutsche Arbeit. Bedeutend sind das prä@tige Chor inmitten der Kirche, die imposante gothische Orgel, ebenfalls deutsche Arbeit, ein ho { n Bischofsstuhl , eine Menge prächtiger Grabmüäler 2c. Außer diesem gothischen Dom giebt es mehrere, theils große und reiche Kirchen, na- mentlich merkenswerth ist San Francesko mit einem wundervollen Kreuzgang, der viel maurisches Element zcigt aber auch wieder cine Menge deutscher Kunstschäße birgt. s Men |

Non Civilbauten is der bedeutendste die Casa Lonja (Börse).

errliche Façaden. , Der Hauptwerth der Palmanenser Architektur aber liegt in der Menge von durchaus erhaltenen und mit allem Comfort versehenen Wohnhäusern und Palästen (an Hundert l namentlich ihren für die Kunstgeschichte völlig neuen Höfen, sowoh der gothischen als der Re- naissance-Periode.

Statistische Nachricbten.

Berlin, 8. Mai. Wie das »Milit.-Wochenbl.« mittheilt, sind nach den Rapporten von den im März ärztlih behandelten Unt er- offizieren und Soldaten der preußischen Armce, einschließlich des vom Monat Februar verbliebenen Bestandes von 13,158 Kranken,

1) ärztlich behandelt 41,791 Mann; hiervon 2) abgegangen : a) geheilt einschließlich 228 Invaliden und 279 Dienstuntauglicher 29,308 b) ge- storben 131 Mann; ithin

Summe des Abganges 29,439 Mann.

| ihr besonderes Augenmerk darauf gerichtet

höchst origineller und monumentaler |

| givacn

1885

verblieben im Bestande 12,352 Mann. Hiernach find von sämmtlichen Kranken geheilt 2c. : 70,130 Prozent, gestorben 0,315 Prozent, im Be- stande geblieben 29,557 Prozent, bez. sind von 319 Kranken 1 Mann eral p 224 geheilt 2c. und 94 im Bestande geblieben. Unter den Verstorbenen befinden sich 10 Jnvaliden.

Gewerbee« uud. Handels-Nachrichten.

Dem Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbei- ten ist kürzlih von der Direction des Gewerbevereins sür Hannover eine 75 Seiten starke Denkschrift über die Gewerbeverhält- nisse Hannovers beim Eintritt in den preußischen Staat überreiht worden, in welcher die Bedürfnisse und Wünsche des hannoverschen Gewwerbestandes vorgetragen werden. Die- selbe giebt in ihrer Einleitung ein allgemeines Bild der wirth- schaftlichen Zustände Hannovers , dem wir nachstehende Be- merkungen entnehmen: Unter den Erwerbs- und Nahrungsquellen der Bevölkerung im vormaligen Königreich Hannover hat die cigent- liche Gewerbsthätigkeit bis auf die neuere Zeit eine besonders hervor- ragende Stelle nicht eingenommen. Eine im Ganzen glückliche Ver- theilung des Grundeigenthums, dessen überflüssige Produkte bei der günstigen Lage des Landes hinlängliche Absaßgelegenheit fanden, wies die bei weitem überwiegende ländliche Bevölkerung auf den Land- bau als das Arbeitsfeld hin, welches bei weiterer Aufschlie- ßung der noch s{chlummernden Kräfte selbst für eine dichtere Bevölkerung - die ausreichendsten Mittel zur Erhaltung eines soliden Wohlstandes versprah.- Der Landeskultur und der Hebung des Ackerbaues hat demnach auch die Regierung von alter Zeit her

“eine vorzügliche Sorge in der Geseßgebung sowohl als in der Ver-

waltung zugewandt. Unter den industriellen Bestrebungen 1waren es ebenfalls vornehmlich diejenigen Gewerbszweige, die sich an den Aer- bau als unmittelbare Verarbeitung seiner Produkte oder als häusliche Nebenbeschäftigung der ländlichen Bevölkerung zunächst anschließen, denen eine erhebliche Bedeutung beiwohnte. Der eigentliche Ge- werbsbetriceb beschäftigte hauptsächlich nur die Bewohner der Städte, deren Privilegien das Handwerk im größten Theile des Landes “sogar grundsäßlih vom platten Lande fern hielten. Jn den Städten war der Kleinbetrieb herrschend, wesentlich auf den Bedarf des nächsten Kreises berechnet. _ Auch der Bürger, Theil nehmend an den Nußungen des meist be- deutenden städtischen Grundbesißes, war von Alters her gewohnt, seine geit zwischen dem Gewerbe und ländlicher Wirthschaft zu theilen, ein Verhältniß, welches bei niedrigem Stande der gewerblichen Technik unverkennbar dazu gedient hat und noch dient, selbst die untern Volks- klassen, namentlich in den kleineren Städten auf dem Niveau eines gewissen Wohlstandes zu erhalten, andererseits aber den Antrieb ver- mindert hat, nah einer höheren Stufe der gewerblichen Leistungs- fähigkeit zu streben. i B i Beglnsgende Verhältnisse für die frühzeitige Entwickelung einer Fabrik - Tndustrie waren, abgesehen von dem Metall - Reichthum des Harzes, den Steinkohlenlagern im Calenbergschen und Osnabrü- \chen, den Salzquellen und den in nicht unerheblicher Ausdehnun vorkommenden Eiscnsteinlagern , nicht eben vorhanden; das Kapita suchte lieber Verwendung in der von den Fesseln getheilter Eigen- thums - Verhältnisse sih befreienden Landwirthschaft, als in Ge- werbsanlagen von zweifelhafter Haltbarkeit, und wie die Regie- rung auch in Zeiten des herrschenden Mercantil - Systems nie l hat, Industrie und Manufakturen durch künstliche Mittel heranzuziehen, so war auch ihre Haudelspolitik von ähnlichen Tendenzen frei. -Jhre traditionelle frei- händlerische Richtung wurde vielmehr durch die Rüsichten bestimmt, welche die Lage an der See und den bedeutendsten deutschen Flüssen, die eigenen Beziehungen zu den großen norddeutschen Handelsstädten, und der als ganz besonders wichtig und werthvoll für das Land angesehene Transithandel nach Mittel- und Süddeutschland mit sich brachten. Dic Besorgniß, diese Vortheile durch cine den Süden abschneidende Zolllinie „einzubüßen, motivirte den Widerstand der hannoverschen Regierung gegen den sich bildenden Zollverein und ihre Bemühungen um Gründung eines mitteldeutschen Handelsvercins, so wie später die Bildung des Steuervereins. So berechtigt jene Rücksichten gegen das System des Zollvereins auch scin mochten, so ist doch nit zu leugnen, daß in ciner Zeit, wo der industrielle Aufschwung Deutschlands durch die neuen E Verkehrsanstalten ganz neue Jmpulse empfing, die ge- werbliche Production Hannovers bei einem Zollsystem, welches für den Export das natürliche Absaßgebiet abschnitt, nicht gedeihen fonnte, und daß die Nachtheile dieser Verhältnisse, nachdeni auch der Durchfuhrhandel auf den Eisenbahnen eine andere Gestalt angenom- men, seine Vortheile je länger je mehr überwogen, Der Anschluß Hannovers an den Zollverein war demnach wirthschaftlih cine aus der Gesammtlage \sih ergebende Nothwendigkeit, und daß es heilsam war, hat die seitherige Entwickelung ergeben. Es ist seitdem an günstig gelegenen Orten des Landes eine Großindustrie erblüht, welche die ge- gebenen Mittel mit Erfolg zu verwerthen begonnen, in dem Güter- austausche eine neue Bewegung hervorgerufen, und größtentheils zu

| befriedigenden Ergebnissen geführt hat.

Weniger erfreulich ist das Bild, welches der Zustand des Klein- ewerbes, des Handwerks, darbietet. Hier ist cin Zurückbleiben, ast fann man sagen, ein Rückgang, zu beklagen, der an sich in den vorhandenen wirthschaftlichen Bedingungen wie auch in der allerdings nicht zu verkennenden beschränkenden Einwirkung des Fabrikbetricbes auf das Handwerk eine genügende Rechtfertigung nicht findet, sondern hauptsächlich sich dadurch erklärt, daß, wie überhaupt für die Gewerbsthätigfkeit, so auch füx das Handwerk durch die Ver- vollkfommnung der Technik und der Verkehrsmittel die: Bedin- eines lohnenden Betricbs andere geworden sind, “und das Bewußtsein, daß Jeder nur nach der mehreren oder minde-