1888 / 149 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 Jun 1888 18:00:01 GMT) scan diff

Marienburg, 9. Juni. (W. T. B.) Bei Jonas- dorf besichtigte Jhre ajestät die Kaiserin und Königin das ganze Jnundationsgebiet, den neuerbauten Fangdamm und die Dammbauarbeiten, ließ Sich verschiedene durch Uebershwemmung Heiragesuchte vorstellen und fuhr sodann zu Wagen nach Altfelde, von wo aus die Weiterreise nah Elbing mittelst Extrazugs erfolgte.

Elbing, 9. Juni. (W. T. B) FJhre Majestät die Kaiserin und Königin und Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Victoria mit Gefolgetrafen per Extrazug um 11 Uhr 50 Minuten auf dem fetlih geschmüdckten Bahnhof ein. An demselben waren 3200 Schülerinnen “dex hiesigen Mädchen- \{hulen aufgestellt, welche Blumen warfen. Zur Begrüßung Jhrer Majestät waren auf dem Bahnhof erschienen: der General von Lettow, der LandrathDr. Dippe, der Erste Bürgermeister Elditt, der Geheime Kommerzien-Rath Schihau. Der kommandirende General von Kleist, der Ober-Präsident, sowie der Regierungs- Präsident waren in: dem Zuge mit Jhrer Majestät eingetroffen. Nachdem auf dem Perron JZhrer Majestät, sowie Jhrer König- lichen Hoheit der Prinzessin Bictoria Bouquets überreicht waren, erfolgte die Einfahrt in die Stadt, welche, aufs Reichste mit Blumen ges{chmückt, einem großen Garten gleiht. Am Eingange der Stadt war ein prächtiger Triumphbogen an- gebracht, die Straßen waren von einer dihtgedrängten Menschen- menge beseßt, welhe Jhre Majestät mit endlosem Jubel empfing. 3900 Schüler, die Kriegervereine, alle Gewerke bildeten Spalier. An der rechten Seite der Straße hatte das Arbeiterpersonal der bekannten Cigarrenfabrik Loeser u. Wolff Aufstellung genommen. Jn der ganzen Länge standen auf dem erhöhten Trottoir circa 1000 Arbeiterinnen mit weißen Schürzen und ebensolchen hohen Hauben bekleidet. An den beiden Enden waren die männlichen Arbeiter, Handwerker sowie die R aufgestellt. Nach einer Ansprache des Ersten

ürgermeisters im Kasinosaal trug die Tochter des Stadt- raths Hänseler ein Gedicht vor, worauf den Hohen Herr- schaften Blumen überreiht wurden. Alsdann erfolgten die Vorstellungen der Damen des Vaterländischen Frauenvereins, der Herren des Uebershwemmungscomités und anderer Herren, die sich um das Rettungswerk verdient ge- macht haben, der Geistlichkeit, des Magistrats, der Kaufmannschaft und dex Vertreter der Stadtverordneten. Um 121/44 Uhr begad Sich Jhre Majestät zum Geheimen Kommerzien-Rath Schihau und nahm daselbst das Diner ein, an welhem 32 Personen Theil nahmen. Gegenüber dem Play Jhrer Majestät befand sih ein großes festlich ges{chmüdtes Bild Sr. Majestät des Kaisers. Der Geheime Kommerzien- Rath Schichau brachte einen begeistert aufgenommenen Toast auf Se. Majestät den Kaiser Friedrich aus, in welchem er die innigsten Wünsche für die baldige Genesung des Kaisers aussprah. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin gedachte mit großer Anerkennung des ebenso reichen wie reizenden Schmuckes der Stadt und bemerkte, daß Sie namentlih angenehm überrascht gewesen sei, so viele sauber gekleidete Arbeiterinnen in der Aufstellung gesehen zu haben. Um 21/5 Uhr begab Sich Jhre Majestät nah der Turnhalle, wo 300 Ueherschwemmte Unterkunft gefunden haben. Hier wurde Allerhöchstdieselbe von dem Stadtrath Ziegler empfangen, ein kleines Mädchen sagte ein Gediht her. Nachdem Jhre Majestät unter Füh- rung des Bürgermeisters einen Rundgang durch die Halle gemacht und vielfah den von der Ueberschwemmung Heim- gesuhten Trost zugesprochen haite, erfolgte unter enthusiasti- hem Jubel der Bevölkerung die n nah dem Bahnhof, wo Jhre Majestät um 3 Uhr die reise antrat.

Dirschau, 9, Juni. (W. T. B). Der Kaiserliche Zug ist auf der Rückfahrt Nachmittags 31/7 Uhr unter den brau- fenden Hochrufen der zahlreih herbeigeströmten Menge in den hiesigen Bahnhof eingefahren. Jhre Majestat die Kaiserin und Königin und Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Victoria verließen als- bald den Salonwagen und nahm Erstere die Vor- stellung der Generalität, der Regiments-Commandeure und des Chefs der Marinestation Danzig durch den komman- direnden General, sowie der Spitzen der Civilbehörden Danzigs durh den Ober-Präsidenten entgegen. Außerdem erfolgte die Vorstellung des Ober-Bürgermeisters von Winter, des Landes- Direktors und des Pelpliner Bischofs. Der Vorstand des oen Vaterländischen Frauenvereins überreihte Jhrer

ajestät ein prachtvolles Bouquet. Wegen vorgerücklec Zeit wurde der Thee in dem Wartesaal niht eingenommen. Unter den Klängen der Nationalhymne erfolgte die Weiterfahrt nach Konig.

Jtehoe, 7. Juni. (Hamb. Corr.) Unter reger Be- theiligung fand heute die feierliche Beiseßzung der in Montreux verstorbenen Gemahlin des Prinzen Julius zu Schleswig-Holstein-Glücksburg, Gräfin Roest, auf dem

iesigen Friedhof statt. Die Juliengarte, ein aus Wer ürgern bestehendes Schüßencorps, hatte Ehrenwache gestellt und bildete von der Kapelle bis zum Mausoleum Spalier. Außer dem Prinzen Julius hatten sih die Geschwister, Prin- essin Louise, Aebtissin des hiesigen adeligen Klosters, und rinz Johann, welcher zu diesem Behuf aus Kopenhagen eingetroffen war, eingefunden. Prinz Johann oerläßt am Sonnabend früh unsere Stadt, während Prinz Wilhelm nicht eingetroffen war. G

Bayern. München, 10. Juni. (W. T. B.) Der eig von Hessen, der Großfürst und die Großsürstin Sergius von Rußland sind zur Besichti-

gung der Kunstausstellung hier eingetroffen. Der Großherzog reist morgen Abend wieder nach Darmstadt zurück, der Groß- fürst und die Großfücstin Sergius reisen nah Berlin weiter.

Vaden. Baden-Baden, 9, Juni. (Karlsr. Ztg.) Heute Nacht trafen der Gro ß herzog und die Groß- berzogin von Mecklenburg-Schwerin, von Paris kommend, hier ein. Der Großherzog und die Groß- ge rzogin besuhten heute Vormittag die mecklenburgischen

derrschasten. Heute Nachmittag gegen 4 Uhr traf die Großfürstin Olga von Rußland von nee, L ein. Die Großherzoglih mecklenburgishen z e M s 4 aften waren der Großfürstin bis Oos entgegen- ,

am Bahnhof und geleitete die Großfürstin in Höchstderen Absfleigequartier, das Stephanienbad, wo die Großherzogin

„Zhre Kaiserliche Hoheit erwartete.

der Großherzog ug. seine Hohe Schwester

Oesterreich-Uugarn. Wien, 11. Juni (W. T. B.) Der Kronprinz und die Kronprinzessin sind heute Morgen um 9 Uhr in Banjaluka (Bosnien) eingetroffen und von den Spitzen der Behörden, der Geistlichkeit und den Vertretern der Stadt feierlich empfangen. Ein Banderium vornehmer Muhamedaner begleitete das hohe Paar bis nah dem Absteigequartier.

Pest, 9. Juni. (W. T. B.) Die österreichische Delegation wählte Smolka zum Präsidenten, welcher in der Ansprahe auf die s{chwierige Aufgabe hinwies, die hoffentlich durch das patriotishe Zusammenwirken eine glüdcklihe Lösung finden werde. Redner wies sodann auf die Nothwendigkeit der Schlagfertigkeit der Armee An- gesichts der überall vermehrten Rüstungen hin und betonte im Allgemeinen den Wunsch nah Erhaltung des Friedens. „Der Begründer des zwischen Desterreih-Ungarn und Deutschland be- stehenden Freundschafts- und Bündniß: Verhältnisses, Kaiser Wil- helm unvergeßlichen und glorreichen Angedenkens, ist gestorben, allein der jeßige hochherzige und menschenfreundlihe Kaiser, dem Gott vollklommene Genesung gebe (Beifall), ist von dem- selben Geiste beseelt und wir wissen, daß das Freundschasts- und Bundesverhältniß unerschüttert fortbesteht, als werthvollste und sicherste Gewähr einer langen Erhaltung des Friedens.“ Die Hoffnung auf eine längere Erhaltung des Friedens werde durch die Ueberzeugung gestärkt, daß der Kaiser von Dester- reih alles Mögliche aufbieten werde, um Oesterrei dieser Wohlthat theilhaftig werden zu lassen. Der Präsident brachte hierauf ein dreimaliges begeistert aufsgenommenes Hoch auf den Kaiser aus. Zum Vize-Präsidenten wurde Hauswirth gewählt.

Die ungarische Delegation wählte den Grafen Tisza zum Präsidenten. Derselbe betonte, der Patriotismus werde die Grenze zu finden wissen zwischen der Preisgebung der Entwickelung der Heeresmacht und der Ueberschäßung der materiellen Kraft der Nation. Jn der gegenwärtigen Situation bilde das Friedensbündniß der Mächte den einzigen Ruhe- punkt. Die umsichiige und vorsichtige Politif Desterreich- Ungarns wolle den Angriff und die Konflikte vermeiden, doch seien! Vertheidigungsmaßnahmen nothwendig. Jene würden sich täuschen, die aus den einzelnen vorgekommenen Jncidenz- fällen schließen wollten, daß die Monarchie im gegebenen Falle nicht sähig sei, ihre ganze Kraft harmonisch zu entfalten, „denn Harmonie herrschi zwischen uns in unverhgüchlicher Treue für den Monarchen und im Gefühle der Pflicht für die Er- haltung des Staats.“

10. Juni. (W. T. B.) Bei dem Empfang der Delegationen durch den Kaiser betonten die Präsidenten derselben die Bereitwilligkeit ver Delegationen, die für die Sicherheit und Machtstelung der Monarchie unausweichlich erforderlichen Mittel zu bewilligen. Graf Tisza sagte: „Wenn auch der oon uns gepflegte Friede bishe: erhalten blieb und die allseitigen Beziehungen ungetrübt sind, so können wir uns doch nicht vor der Erkenntniß verschließen, daß wir inmitten hohe Wogen werfender, divergirender Bestrebungen stehen und deshalb stark sein müssen.“

In der von dem Präsidenten der österreichishen Dele- gation Smolka gehaltenen Ansprahe an den Kaiser heißt es: „Kaiser Wilhelm, der Mitbegründer des zwischen Deutsch- land und VDesterreih-Ungarn geschlossenen Freundschafts- und Bündnißverhältnisses, is} zwar zu unserem größten Leidwesen vor kurzer Zeit in ein besseres Fenseits eingegangen, aber der jeßige erhabene, hochherzige, menschenfreundlihe Träger der Deutschen Kaiserkrone, welhen der Allmächhtige mit vollkommener Genesung begnaden wolle, ist von demselben edlen Geiste wie sein verewigter Vater beseelt, und wir wissen es: Besagtes Freundschasts- und Bündnißverhältniß Cesteht aufrecht, besteht als ein unzerreißbares, besteht als werthvollste, als zuverlässigste Bürgschaft für den Frieden wohl noh durh lange Zeit und da, wie selbs Uneingeweihten erkennbar sein kann, unjere Beziehungen zu den übrigen Viächten auch freund- liche sind, können wir uns wohl der froheu Hoffnung hingeben, daß die Wohlthat des Friedens uns noch durh längere Zeit werde erhalten bleiben.“

Auf die Ansprachen der Präsidenten beider Delegc.tionen erwiderte der Kaiser: „Der Ausdruck Jhrer treuen Ge- sinnungen gereiht Mir zur herzlichen Befriedigung. Jn den wenigen Monaten, seit Jh Sie um Mich versammel:c sah, ist eine wesentliche Veränderung in der politishen Lage nicht ein- getceten. Der Hingang Sr. Majestät des Deutschen Kaisers Vöilhelm, Meines langjährigen Freundes und Verbündeten Yat Mich tief betrübt. Es erfüllt Mich mit Beruhigung, daß die niht rainder innigen Beziehungen, die Mich mit Sr. Majestät dem Kaiser Friedrich verbinden, dem zwischen den Nachbarreichen bestehenden Freundschafts- und Friedens- bunde aufs Vollkommenste entsprechen. Die Bz»ziehungen der Monarchie zu den auswärtigen Mächten tragen fort- während einen durchaus freundschaftlihen Charakter, auch sind Europa die Segnungen des Friedens erhalten geblieben. Wenn troydem Meine Regierung gezwungen ist, in ihrer pflihtmäßigen Sorge V die Sicherung unserer Grenzen und die Förderung unserer Wehrkraft bedeutende Kredite in Anspruch zu nehmen, so liegt der Grund hiervon haupt- sächlih in der fortwährenden Unsicherheit der politischen Lage Europas und in der unausgeseßzten Steigerung der Militärmacht und Schlagfertizkeit aller anderen Staaten. Indem auch Oesterreih-Ungarn seine Entschlossenheit zeigt, mit ebenbürtigen Kräften und traditionellem Patriotismus für die Verrheidigung seiner Jnteressen und jener des allge- meinen Friedens einzusehen, erfüllt es eine erhahene Pflicht und wird es ihm, so Gott will, auch fernerhin gelingen etwa drohende (Sefahren zu bannen. Jm Hinblick auf diese Ver- hältnisse fällt Meiner Kriegsverwaltung die Aufgabe zu, in dem Werke der Vervollständigung und Erweite- rung unserer militärishen Stellung und Schlagfertigkeit nicht zurückzubleiben. Bei gewissenl,aster Prüfung der bezüg- lichen Vorlagen Meines Kriegs-Ministers wird es Jhnen nicht entgehen, daß dieselben mit thunlihster Rücksicht auf die e Lage der Monarchie abgefaßt sind. Die Ausgaben der Verwaltung Bosniens und der Herzegowina werden auch in diesem Jahre in den eigenen Einnahmen dieser Länder ihre volle Deckung finden. Ueberzeugt, daß Sie Jhrer Auf- e volle Einsicht und Hingebung entgegenbringen, wünsche

ch Jhrer Thätigkeit gedeihlihen Erfolg und heiße Sie von Herzen willkommen.“

Großbritannien und Jrland. London, 9. Juni. (A. C.) Die Verhandlungen im Oberhause waren ohne allgemeines Jnteresse.

Das Unterhaus hielt zwei Sizungen. Fn der Nach- mittagssißung, welhe ausnahmsweise um 2 Uhr begann, wurde die Einzelberathung der ministeriellen Lokalverwaltungs-

vorlage En t. Artikel 1, welcher verfügt, daß ein Rath in jeder Graf rh , bestehend aus einem Vorsitzenden und mehreren Räthen, gebildet und mit der Erledi- gung der Verwaltungs- und Finanzgeshäfte der Graf- schast betraut werden soll, wurde nach zweistündiger Debatte in unveränderter Fassung angenommen, nahh- dem der Präsident des Lokal - Regierungsamt, Ritchie, in Uebereinstimmung mit dem von dem liberalen Unionisten Sir Henry 40s gestellten Verlangen, die Zusage gemacht, daß Artikel 30 der Vorlage dahin ergänzt werden würde, daß jeder Flecken mit 50 000 Einwohnern eine Grafschaft bilden joll. Anläßlih des Artikels 2, welcher die Zusammensetzung. und Erwählung der Grafschaftsräthe behandelt, wurde ein von dem Gladstonianer Seale--Hayne beantragtes Amendement an- genommen, demzufolge Geistliche als Grafschaftsräthe wählbar sein sollen. Die weitere Berathung des Artikels wurde um 7 O Abends vertagt. Aus der Abendsißung ist nihts hervor- zuheben.

Dublin, 10. Juni. (W. T. B.) Dberst King- Harman, Unter - Staatssekretär für Jrland, ist heute früh gestorben.

Frankreih. Paris, 9. Juni. (W. T. B.) Präsident Carnot nahm eine Einladung der Stadt Vizille auf den 21. Juli zur Feier des Jahrestags der Revolution in der Dauphinée im Jahre 1788 an.

Die Finanzkommission des Senats beschloß nahezu einstimmig, den Antrag des Finanz-Ministers Peytral, nach welhem das Finanzjahr künftig mit dem 1. Juli beginnen soll, abzulehnen.

(Köln. Ztg.) Die Deputirtenkammer verhandelte heute über den Kredit von 16500 Fr. für den Unier- Staatssekretär im Ministerium des Jnnern. Baraille sprach gegen die Bewilligung. Floquet aber erklärte, es sei ihm unmöglich, die Arbeit eines Conseil-Präsidenten und Ministers des Jnnern ohne Unter-Siaatssekretär zu bewältigen: werde ihm der Kredit nicht bewilligt, so sei er bereit, zurück- zutreten. Die Bewilligung des Kredits erfolgte hierauf mit 342 gegen 131 Stimmen.

Der Revisionsausschuß der Deputirtenkammer i M 9 gegen 4 Stimmen folgende Tagesordnung be-

ossen :

„IÎn der Erwägung, daß die Nevision unumgänglich und daß nur durch ein Einvernehmen mit der Regierung die Erreilung des vor- gesteckten Zieles möglih erscheint; in Anerkennung der Zusage des Miristeriums, die Revision entweder vor Ende dieses Jahres oder vor Schluß der jeßigen Legislaturperiode zu beantragen; in der Ueber- zeugung, daß die Negierung dern Wunsche des Ausschusses gemäß si bemühen wird, so rasch wie möglich das Ziel zu erreihen, und endlich mit dem Vorbehalt, die eingebrahter Anträge zu prüfen vertagt der Ausschuß sih bis zum näcbsten 25. Oktober.“

10. Juni. (W. T. B.) Bei dem gestern zur Feier des 100. Jahrestags der Revolution in der Dau- phinée stattgehabten Banket erwiderte der Präsident der Republik, Carnot, den Toast Casimir Perier's und feierte die Vorläufer der Revolution in der Dauphinée als Männer, welche die Konstituirung der modernen Gesellschaft vorbereitet und durchgeseßt hätten, daß die Prinzipien des gegenwärtigen nationalen Rechts triumphirten; aus dieser geschichtlichen Studie müßte Beruhigung und Versöhnung der Gemüther, Einigkeit und Hingebung hervorgehen, um die Errungen- shasten von 1789, welche ein alben Franzosen gemeinsames Gebiet seien, zu erhalten.

Nuß;land und Polen. St. Petersburg, 10. Juni. (W. T. B.) Nach der „Neuen Zeit“ hat der Reichsrath das Geseg über die Landespolizei in den baltischen Provinzen, wie es im Ministerium des Junern aus- gearbeitet worden, mit wenigen Aenderungen ange- nommen. Das Gese, welhes wahrscheinlih ers mit dem 1. Januar 1889 in Kraft treten dürfte, läßt den Grundbesißern nur untergeordnete Polizeibefugnisse.

Italien. Nom, 9. Funi. (W. T. B.) Jn der De- M ammer beantragt bei Berathung des Strafgeseßes descalhi die Weglassung der Bestimmungen, nah welchen Priefter anders behandelt werden, als Laien, zog aber diesen Antrag zurück, nachdem der Justiz-Minister sich gegen denselben ausgesprochen hatte. Das ganze Strasgeseß wurde in geheimer Abstimmung mit 245 gegen 67 Stimmen an- genommen.

11. Juni. (W. T. B.) Der König, die Königin und der Kronprinz sind gestern Abend nah Bologna ab- gereist, um der Feier des 800 jährigen Bestehens der dortigen Universität beizuwohnen.

Der Minister-Präsident Crispi hat sich nah Neapel begeben, wo derselbe bis Mittwoch zu bleiben gedenkt.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 8. Juni. Auf die Meldung des finländishen Senats, daß die Grenzen zwischen Schweden und Finland auf mehreren Stellen undeutlih eien, hat die russishe Regierung durch ihren hiesigen Gesandten erklären lassen, daß sie die Ansicht des finländischen Senats wegen der Nothwendigkeit einer deutlichen Markirung der Reichs- grenze zwischen den beiden Ländern vollkommen theile und deshalb eine Untersuhung der Grenze von der Mündung des Torneaflusses in die Bottnishe Bucht bis zur Grenze gegen Norwegen für angebracht erachte. Die hiesige Regierung hat sih damit einverstanden erklärt, und soll nun in der ersten Hälfte des nächsten Monats eine Begehung der Grenze statt- finden. Die A sin wird an 8. Juli von Fuanzensbad nach hier zurüdckehren.

Afrika. Egypten. Alexandria, 10. Juni. (W. T. B.) Gan des „Reuter'shen Bureaus“.) Dos neue inisterium ist folgendermaßen gebildet: Ri az, Präsi- inanzen; Fazri Justiz; Mustapha

dium, Junneres und : mar Hutfi Krieg; Zekibez Bauten;

Fehmi Auswärtiges; Ali Mubarek Unterricht.

Zeitungsstimmen.

Aus London, 4. Juni, s{hreibt man der „V ossischen Zeitung“:

Der Vo:stand der „Gesellschaft zur Unterstüßung nothleidender Ausländer“ erläßt soeben eine öffentlihe Warnung gegen die Aus- wanderung nach England. Er verweist auf die wesentlich ungünstigere Gestaltung der Verhältnisse im ganzen Wirthschaftsleben dieses Landes und auf den shweren Kampf, den ia Folge dessen namentlich der neu eingewanderte Fremdling hier um] sein Dasein zu führen hat. Die Hülfsgesellschaften, auf die man sich allzu sehc“ verlasse, ständen der von Jahr zu Jahr wachsenden Noth mehr und mehr machtlos gegenüber und

nur ein kleiner Theil der erhobenen Ansprüche könnte nothdürftig be- friedigt werden. fris Zugereisten könne dabei nur in den seltensten Fällen cine Unterstüßung gewährt werden, weshalb die Gesellschaft es als ihre heiligste Pfliht betrahte, dem auswanderungslustigen deutschen Landêmann die Mahnung zuzurufen: „Bleib? im Land und nähr’ di redlich!“ Es ist nur zu gercchtfertigt, wenn die Gesellschaft es einen unverzeihlihen Leichtsinn nennt, im Vertraucn auf die Unter- stüßungsgesellshaften mittellos und ohne vorher gesicherte Stelle nach London resp England zu kommen. Wer diese Warnung nicht beatet, der wird sich nit beklagen dürfen, wenn er die große Zahl thatkräftiger, aber hungernder und leidender Ausländer um cinen vermehrt hat. Ueber alle Maßen ungünstig ist es zur Zeit hier für mittellose deutsche Commis. Kellner müssen, wenn sie nicht dem Elend verfallen wollen, der Landeésprahe kundig sein, wenn sie berkommen. Der deutsche Lehrer hat selbst im „günstigen“ Falle wenig Aussicht, hier mehr als ein kümmerlihes Dasein zu fristen; eine Ausnahme mat allenfalls der tes Englisen mächtige Musiklehrer. Sehr ungünstig steht es um alle Arten des Handwerks, besonters für Buchdrucker, Lithographen, Barbiere, Schuhmater, Screider, Tischler u. \. w. Die Tischler haben hier gute Zeiten verlebt, aber die sind vorüber. Geübte Schneider finden im Westend zeitweise sebr lohnende Arbeit, indessen aber nur zeitweise; den größten Theil des Jahres sind sie beschäftigungslos. Ja der guten Zeit be- trägt der Lohn der Schneider sür eine normale Arbeitswoche nicht mehr als 2 Pfd. Sterl.; diejenigen, welhe mehr verdienen (aus- nahmsweise bis zu 6 Pfd. Sterl. die Woche), arbeiten im Akkord 16, 17 bis 18 Stunden täglich. Aber das ist in der Regel nur für wenige Wochen, denen tarn meist Monate des Arbeitsmangels folgen, während welcher sie froh sein nüssen, dann und wann einmal für cinige Stunden Beschäftigung zu erhalten. Infolge des beständig wachsenden Mitbewerbes von Sciten neu ankommender Landéleute arbeiten die Bäergehülfen übermäßig lange und gegen geringe Bezahlung; viele von ihnen sind brotlos. An Schlossern, wie überhaupt an Eisen- arbeitern ist ebenfalls Uebe:fluß vorhanden. Dasselbe gilt von den Cigarrenmachern. Kurzum, wohin man auh {auen mag, ist keine Berufsart, in welcher es eine Nachsrage zu befriedigen gäbe; überall ein übergroßes, die Arbeitsbedingungen vershleckchterndes Angebot von Beschäftigung suchenden „Händen“. Und wie in London, so ist cs in England überhaupt.

Indem die „Berliner Politishen Nachrichten“ die Erfolge besprechen, welche die leßte Legislaturperiode des Königreihs Ungarn auf dem Gebiete dringend nothwendiger finanzieller Reformen gezeitigt hat, heben sie hervor, wie be- deutsam für dieses günstige Ergebniß die Verlängerung der Wahlpexrioden gewesen ist. Sie n:

In Ungarn rechtfertigte die erste Session des fünfjährigen Reichs- tages, welche am 5. Juni ¿u Ende ging, alle Hoffnungen, die an die Verlängerung der Mandatsdauer geknüpft worden sind. Die Ver- handlungen waren schon in dieser ersten Session frei von den Wahl- nahwehen, welhe in früherer Zeit in den ersten Reichstags- abshnitten die Arbeitskraft noch unterbunden hielten. Das Bewußtsein, daß ter Wahlakt auf fünf Jahre hinaus ab- geschlossen ist, gab dem Parlament die Kraft zu reicheren Schöpfungen und die nöthige Ruhe, alle Erwägungen und Fragen ohne Voreingenommenheii, auf ihren rein sachlichen Inhalt zielbewußt zu prüfen. Für die nächsten Verhandlungsjahre ist dies ein günstiges Vorzeichen, welches niht hoh genug veranschlagt werden kann. Die nächsten Parlamentssessionen follen die finanzielle Sanirung Ungarns bringen; man kennt das Finanzprogramm Tisza's in seinen Grundzügen und zweifelt an der Durchführung dieses Pro- gramms nit, sofern der Reichêtag die unerläßlihe Ruhe und Muße haben wird, die seiner noch harrenden Reformarbeiten zu bewältigen. Die erste überaus wichtige Etappe zum Ziel der finanziellen Genesung ist \chon erreicht. Die Votirung ciniger Konsunisteuererhöhungen, so bei Wein, Fleisch und Bier, war die bahnbrehende That, der die Er- t öhung des Tabackgefälles auf dem Fuße folgte. Das leßtere allein ergiebt dem Staatsschaß schon in allernächster Zeit eine Jahres- m?hreinnahme vcn über fünf Millionen Gulden. Alle diese neuen Opfer wurden vom Reichstage ohne erheblihe Kämpfe bewilligt, weil \sch Niemand der Erkenntniß zu verschließen vermochte, daß das Finanzprogramm, welches Tisza . in seiner vorjährigen Großwardeiner Rede verkündete und welches in der reicheren Auënüßung der indirekten Steuern besteht, gleichwie bei uns in Deutschland ein ebenso gere{chtes uls ersprießlihes Mittel zur Herstellung des Gleichgewichts. im Staatshaushalt is Mit der Bewilligung der Spiritussteuer haben die Finanzgeseße in diesem Jahre ihren Höhepunkt erreiht. Die wicthschastliche Tragweite des hon im kommenden Herbst einzuführenden neuen Spiritussteuergeseßes läßt sich im Vorhinein kaur1 ziffermäßig bemessen, viel leichter hin- gegen läßt sich das finanzielle Ergebniß deéselben annäherungsweise feststellen. Und man kann ohne Uebertreibung sagen, daß die Mehr- einnahmen aus der Spirituësteuer das ordentliche Defizit im Budget mehr noch als aufwiegen werden. Wirthschaftlih betrachtet, beugt das neue Branntweinsteuergeseß einer wenig erfreulichen Ueberpro- duktion gerade in einem Haupt-Industriezweige vor.

Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteo- rologie. Organ des Hydrographischen Amts und der Deutschen Seewarte. Herausgegeben von dem Hydrographishen Amt der Admiralität. Sechzehnter Jahrgang. 1888. Heft V. Inhalt: Der Cinfluß der Sonne und des Mondes auf den Ecdmagnetismus, den Luftdruck und die Lusftelcktrizität. Von Dr, P, Andries. Zur Hydrographie der Ostküste von Afrika südlih von Zanzibar. (Nah dem Bericht S. M. Kr. „Möwe“, Kommandant Korv.-Kapt. Boeters.) Aus dem Reiseberiht des Kapt. F. Niejahr, Fükrer der deutshen Bark „I. F. Pust“. Einige Bemerkungen über den Hafen von Peterhead. Trinidad in Westindien. (D. S.) —. Reise der deutshen Brigg „Albert Reimann“, Kapt... C. v. d. Heyden, von Port Natal nach Makafsar in der Zeit vom 16. April bis 22. Juni 1887, (D. S.) Aus dem Reiseberiht des Kapt. P. Reitenstein, Führer des deutshen Vollshiffs „Salisbury“. Durhsegelung der Straße Le Maire. Beruhigung der Wellen durch Anwendung von

hran. Zodiakallicht. Bemerkungen über Panama. Port Townsend. (D, S.) Aus dem Neiseberiht des Kapt. B. Rehberg, iet der deutshen Bark „Van den Bergh“. Beschreibung zweier Wasser- hosen. Ansegelung von Nusa. Namu- (Pleasant-) Insel. (D. S.) Tiefsce-Lothungen im füdatlantischen Ozean. Geographische

ositionsbestimmungen in der JIapanishen Binnenlands-See. Vierteljahrs- Wetterrundshau der deutshen Secwarte an der Hand der täglichen synoptishen Wetterkarten sür den nordatlantishen Ozean. Sommer 1884, Mit 2 Tafeln. Kleine Notizen. Tabellen.

Kartenbeilagen. Eisenbahn- Verordnungs-Blatt. Nr. 15. Inhalt:

Geseg, betreffend die Ausübung des dem Staat zustehenden Stimm- rechts bei dem Antrage wegen Aufnahme einer weiteren Prioritäts- Anleihe der Westholsteinishen Eisenbahn-Gesellschaft. Vom 23. Mai 1888, (G.-S. S. 117.) Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten : Vom 26. Mai 1888, betreffend Uebertragung des Baues id Theilstrede Meine—Bahnhcf Gifhorn der Eisenbahn von Braun- weig nah Gifhorn an das Königlide Eisenbahn-Betriebsamt Verlin-Lehrte) zu Berlin. Vom 28, Mai 1888, betreffend Ver- jalten des Dienstpersonals- gegen das Publikum 2c. Vom 31, Mai A EC betreffend Verlegung der Geschäftsräume der Königlichen kademie des Bauwesens, des Königlichen technischen Ober-Prüfungs- Nad gee des Königlihen tehnischen Prüfungsamts in Berlin. en,

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Unter den Hohenzollern. Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Generals Oldwig von Naßmer. Allen deutshen Pa- trioten gewidmet von Gneomar Ernst von Naßmer. Aus der Zeit Fricdrih Wilhelms 111. 1, und 2 Theil: 1820—1832 und 1832— 1839. Aus der Zeit Friedrih Wilhelms 1V. 1. Theil: 1840—1848, Gotha, Friedr. Andr. Perthes, 1888. (Preis: à 6 4). Oldwig von Nahmer, geboren 18. April 1782, zu Vellin in Pommern, ge- storben auf seinem Gut in Niederschlesicn am 1. November 1861, war ciner unscrer bedeutendsten, sowohl im praktischen Dienst, als dur wmissenshaftliGe Leistungen ausgezeichnetsten Generale, auf dessen Einfluß marche der wichtigsten neueren militärishen Organisationen zurückzuführen sind. Was aber diesem bedeutungsvollen Leben einen besonderen Schmuck, eine bevor- zugte Stellung und ein außergewöhnlihes Interesse verleiht, das sind die nahen und zum -Theil intimen Beziehungen, in welchen der ver- ewigte General zu unserm erhabenen Königshause, zunächt zu König Friedrih Wilhelm III. und ganz insonderheit zu Kaiser Wilhelm I., der ihn „seinen treuen, bewährten und unvergeßlichen Freund“ nannte, gestanden hat. Nachdem bereits 1876 Mittheilungen unter dem Titel : „Aus dem Leben des Generals Dldwig von Naßmer (Berlin, Mittler) erschienen waren, welhe mit dem Jahre 1820 abschließen, werden die Denkwürdigkeiten jeßt zunächst bis zum Jahre 1848 fortgeführt. Eine Fülle des geschihtlich und militärisch be- deutsamsten Materials, verbunden mir den detaillirtesten Mit- tbeilungen persönlicher und familiärer Natur, breitet sich vor uns aus, so doß der Einblick in die feinsten Zusammenhänge der Er- eignisse ermögliht wird. Hierzu tragen besonders die reihen Auszüge aus den Correspondenzen hoher und höchster Personen bei. Daß der Verfasser die unumgängliche Diskretion bewahrt, ist s\elbst- verständlich. Er selbft spriht sh in der Vorrede über die Modali- täten aus, unter denen er das bezügliche Material benußt hat. Die Beilagen sind in politischer und militäri“cher Beziehung von hohem Werth. Durch das angehängte Personenregister wird der Gebrauch des Buchs schr erleichtert. Der jeßt erschienene Band (I1V 1) ift be- sonders interessant, weil er die Zeit König Friedrih Wilhelms IV., insonderheit das Jahr 1848 behandelt.

Geschichte des rômischen Kaiserreihs von der Schlacht bei Actium und der Eroberung Egyptens bis zum. Ein- bruch der Barbaren von Victor Duruy. Ueberseßt von Pro- fessor Dr. Gustav Hertberg. Mit ca. 2000 Illustrationen. 75.—T77. Hest à 80 4, Verlag von Schmidt u. Günther in Leipzig. Diese drei Lieferungen enthalten folgende Abschnitte: Gordian 1I1. Kaiscr Philippus. Verfall der Industrie, des Verkehrs und der Künste. Enivölkerung des Reichs. Kaiser Decivs. Die Gothen und die Christen. Verwüstungen der Barbaren im Reiche. Kaiser Valerian. Neue Verfclgung der Christen Die Welt der Barbaren. Die römische Armee. Die Verwaltung. Nicht weniger als 72 Jllu- \trationen meisterhaft ausgeführt zieren diese Lieferungen.

Die Europäisirung Rußlands. Land und Volk. Von A. Brückner. Gotha, Friedr. Andr. Perthes. (Preis: 10 4) Das neueste Werk U, Brücner's (in Dorpat) weit in Form, Inhalt und Ergebnissen nicht unwesentlich von der herkömmlichen Geschichtsliteratur ab. Statt, wie dieses gewöhnlih zu geschehen pflegt, Begebenheiten der politishen Geschichte in ihrem äußeren Verlaufe zu erzählen, stellt der Verfasser, indem er den Einfluß des höher fultivirten Westens auf Rußland in den leßten zwei bis drei Jahrhunterten darstellen will, längere Thatsachen- reihen zusammen, verfolgt dieselben durch größere Zeiträume, überschaut die Entwickelung der russischen Verhältnisse, wenn man sich so ausdrücken darf, aus der Vogelperspektive und gelangt auf diesem Wege zu exakten Resultaten über den von den Ruffen zurückgelcgten Weg. Zu den wichtigsten Ergebnissen der Forschungen B.'s8 gchört, daß die Reformen, welche gewöhnlich fast aus\{ließlich Peter dem Großen zugeschrieben werden, bereits viel früher begonnen, daß alle Regierungen vor und nah Peter an dem Bestreben, Nußland dem we-steuropäishen Einfluz auszuseßen, Theil nahmen und daß ein solcher Prozeß der Europâäisirung des moskowitischen Reichs, welches früher einen asiatishen Charakter hatte, si unabhängig von dem Wollen Einzelner habe vollzi:hen müssen. Die Zakßl der benußten Quellenwerke beläuft sid auf mehrcre Hundert. Die Zusammenfassung der Ergebnisse der Einzelforshung verleiht dem neuen Werk eine spezifisch wissen- \haftlihe Bedeutung, zumal von aller Tendenz oder Polemik, von publizistisher Behantlung des Stoffes abgeschen wird. Das Buch ist troß des schr großen gelehrten Apparates jedem Gebildeten leicht verständlih und gut ‘esbar. Am Sch{luß desselben werden weitere Darstellungen der (Furopäisirrng des Hofes und der politischen Institutionen, des geistigen, ästhetisGen und fittlihen Lebens in Ruß- land in Ausficht gestellt. E .

„Naturgeschichte des Berliners“ mit besonderer Be- zugnahme auf diejenine anderer Residenzler (Dresdener Münchener Wiener) von Dr, Adolph Kohût, Berlin, Hermann Lazarus Verlag, 1888. (Preis 1 4) Eine vergleihende „Naturgescichte des Berliners“ mit besonderer Vezugnahme auf diejenige der übrigen deutschen Residenzler, Dresdener, Münchener und Wiener, hat es, troß der masscnhaften Literatur über Berlin, bisher nit gegeben. Die vorliegende Schrift des Dr. Adolxh Kohûut, der alle die 4 Metro- polen genau kennt un gründlich studirt hat, zeihnet sih durch scharfe Beobachtungsgabe, gesunden Humor und Unparteilichkeit aus und ist ein ebenso anregendes wie unterhaltendes Büchlein.

Land - und Forstwirthschaft.

Saatenstandsberihte aus Bayern. Das Königliche statistishe Bureau veröffentliht den Saatenstand für den Monat Mai. Oberbayern. Getreide steht in den meisten Bezirken ziemli) gut. Die Wiesen haben, je nah Boden, mittel oder {lecht angeseßt. Die gehegten Erwartungen des Vormonats gingen leider nicht in Er- füllung, statt des ergiebigen warmen Regens, der zur Bestockung des Wintergetreides erforderlich gewesen wäre, war das Wetter meist trocken. Klee steht gut, mußte allerdings in einigen Bezirken um- gepflügt werden. Hopfen ist in der Entwickelung noch viel- fah zurückd und hatte durch Ungeziefer zu leiden. Im Gegensaß zu diesen nicht besonders günstigen Nachrichten schreiben dic Bezirke Tölz, Miesbach, Tegernsee und Prien, daß die Aussichten schr günstige seien, vorzüglich Prien betont die Aus- sihten auf gute Ernte. Obst steht heuer sehr gut und hat die Blüthe- zeit gut überstanden. Ingolstadt befürchtet Futternoth. Kartoffel gut. Alles wartet auf Regen. Niederbayern. Winterweizen, Sommer- roggen und Hafer stehen gut, ebenso Klee. Winterroggen gut. Die Saaten stehen im Allgemeinen befriedigend, es wäre jedoch ausgiebiger Regen sehr erwünscht, und dürfte derselbe für Klee, u Sommer- korn und Wiesen bald kommen. Hopfen ist gut, doch noch etwas zu- rück. Kartoffeln gehen erst auf. Der Bezirk Grafenau berichtet von einem starken Gewitter am 20, Mai, in Folge dessen ein Theil des Bezirks durch Hagelschlag und Uebershwemmung sehr ge\{chädigt wurde. Pfalz. Winterweizen und Winterspelz gut, wegen Regenmangels zurück, Winterroggen, zwischen gut und mittelmäßig, beginnt zu blühen, durch anhaltende Trockenheit kurz im Stroh und etwas dünner Stand. Sommergerste und Hafer gut, hat Regen dringend nöthig. Kartoffeln sehr gut, gehen gut auf. Klee zwischen gut und mittelmäßig, alter ziemlich gut, junger giebt wenig Futter. Wiesen erster Schnitt gut. Wein gut, aber noch weit in der Entwickelung zurück, ebenso Hopfen. Oberpfalz. Winterweizen zwischen gut und mittelmäßig, ebenso Winterroggen und Klee. Die anhaltende Trockenheit hat auf alle Feldfrüchte \{chlimmen Einfluß geübt. Die Wintersaaten stehen mit wenigen Ausnahmen sehr mittelmäßig, besonders Roggen. Die Sommer- saaten sind ungleich und theilweise mangelhaft aufgegangen. Wasser- wiesen sind gut, rrockene Wiesen s{lecht. Es besteht leider hon Futternoth, da die Vorräthe aufgezehrt sind, neues Futter aber nicht genügend oder gar nit vorhanden ist. Es gehen daher auch die Vieh- preise zurück. Hopfen wächst gut, kann noch besser werden. Die Obst- bâume versprehen reihen Ertrag, nur sind die Raupen zu fürchten. Kartoffeln versprechen Ertrag. Oberfranken. Die im ganzen

Monat in nahezu allen Bezirken berrshende Trockenheit mit kalten Nächten hat die Entwickelung der Wintersaaten vielfah gehindert, und sie stehen meist dünn und mager da. Aus gleihem Grunde ist das Auflaufen der Sommersaat ein dürftiges, und wenn nicht in kürzester Zeit ein durchweichender Regen kommt, sind die Aussichten auf eine gute Getreide- und Futterernte sehr fraglich. Kartoffeln noch weit zurück. Klee zeigt \&blechten Stand, wird theilweise umgeackert. Hopfen sehr gut, doch kann ein bestimmtes Urtheil noch niht abgegeben werden. Einzelne Bezirke berihten von starkem Reif in der Nacht vom 27. auf 28. Mai, der viel schadete. Mittelfranken. Wintergetreide steht meist ziemlih gut. Die trockene Witterung der leßten Wochen hat die Entwickelung der Wintersaaten niht gerade begünstigt. Sommer- saaten gingen nur Anfangs ungleih auf, dürften aber, wenn nicht bald warme Regen kommen, dünn bleiben. Trockene Wiesen leiden eben- falls, daher meist s{lechte Aussiht auf Futtererträgniß. Kartoffeln sind meist gut, ebenso der Hopfen. Mäusefraß vorhanden. Aus Unterfranken fehlt der Berihk. Scchwaken. Die durch Mâôusefraß, ungünstige Winter- und Frühjahrswitterung {chwer ge- \chädigte Wintersaat konnte sih in diesem Monat nicht ganz erholen, und mußten viele Bestände umgeackert werden. Auch d'e Sommer- saaten und die Wiesen sind zurück und lassen kein besonderes Erute- ergebniß hoffen. Obst steht noch gut. Wiesen je nah Lage gut oder mittelmäßig.

Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen. (Berlin, Verlag von Julius Springer) 6. Heft. Inhalt: Abhandiungen: Ueber pbänologishe Beobachtungen. Nach Professor Dr. Müttrich. Zur Besteuerung des Waldes. Von Dr. W. Suden. Der MRein- ertrag des Nachhaltswaldes. Rückblick und Bemerkungen zur Praxis der Einsteuerung. Ueber die Züchtung der Lärche auf ge- raden Schaftwuhs. Ein Beitrag zur Holzzucht von Forstrath Kröm- melbein in Varel a. J. (Oldenburg). Statistik: Der Holzverkehr auf den deutshen Wasserstraßen im Jahre 1885. Nach der Statistik des Deutschen Reiches, neue Folge, Band 22, bearbeitet vom Forst- Assessor Goebel. Literatur.

Washington, 9. Juni, (W. T. B.) Der Junibericht des landwirthschaftlichen Burcaus konstatirt eine Abnahme des mit Winterweizen bebauten Äreals um 72/10 9/0, des mit Früh- jahrweizen bebauten um 1 %/%, Das gesammte mit Weizen bebaute Areal umfaßt beinahe 36 Millionen Acres. Der Durchschnittsstand des Winterweizens bcträgt 733/10 gegen 731/10 im Mai. Das mit Gerste und Roggen bebaute Areal 1 gegen 1887 fast unverändert, der Dur(hschuitts\stand von Gerste ist 888/10, von Roggen 93%/10. Das mit Baumwolle beyflanzte Areal hat in allen Staaten, mit Ausnahme &loridas, zugenommen und beträgt insgesammt etwa 19 Millionen Acres. Der Durchschnitts\stand ist 88210.

Saunitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen.

Süd-Amerika.

Die VBeobachtung8quarantäne, welcher die aus chilenischen Hâfen in Montevideo ankommenden Schiffe bisher unterworfen waren, ist durch Verordnung der Gesundheitskommission daselbs vom 12, Mai 1888 aufgehoben worden. (Vergl. „R.-A.*“ Nr. 134 vom 24, Mai 1888.)

Gewerbe und Handel.

Dem ungarishen Abgeordnetenhause ist am 1. d. M. der Ent- wurf eines Gesetzes vorgelegt worden, durch welches für die Zeit von seiner Verkündung bis Ende August d. F. ein Zuschlag in Höhe von 36 Fl, Geld per 100 kg zu den unter Position 76 des öfsterrei- chisch-ungarischen Zolltarifs aufgeführten Einfuhrzollsäten für gebrannte geistige Flüssigkeiten (24 bezw. 40 Fl.) eingeführt werden soll, Diese Vorlage steht mit der gegenwärtiaen Berathung eines neuen Branntweinsteuergeseßzes in Zusammenhang und ist bestimmt, im Interesse des Fiskus und der cinheimishen Branntwein-Industrie ciner Spekulation auf den Erlaß dieses leßteren Geseßes möglichst vorzubeugen. :

Dem österreihischen Abgeordnetenhause ist cine Vorlage gleichen Inhalts zugegangen.

În der am 9, d. M, abgehalt-nen Generalversammlung der Weimar-Geraer Eisenbahn, in welher 1850 Aktien dur 370 Stimmen vertreten waren, wurde die Dividende für die Stamm- prioritäten auf 3 %o festgeseßt. Die turnusgemäß ausscheidenden Auf- sihtörathëmitglieder wurden wiedergewählt.

Posen, 11. Juni. (W. T. B) Zu dem morgen beginuenden Wollmarkt waren bi3 gesiern Abend 3773 Ctr, 1000 Ctr. mehr als um die gleihe Zeit im Vorjahre, eingetroffen. Heute sind die Zufuhren außerordentlih flott, Käufer, namentlich Fabrikanten. sind hon vielfach eingetroffen; Nachfrage nah feiner Mittelwolle, für welche die vorjährigen Preise gern bewillizt wurden, war recht lebhaft. Wäsche soll befriedigend sein. Stimmung fest, Wetter \ch{ön.

Augsburg, 11, Juni. (W. T. B) Wollmarkt. Die Zufuhr ist bedeutend und besteht größtentheils in Bastardwolle; die Waare ist gut behandelt und trocken, die Wäsche gut, Käufer sind zahlreich anwesend, Verkäufer zurückhaltend, der Marktverkehr flau.

London, 11, Juni. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren be-

trugen in der Woche vom 2. bis 8, Juni: Englischer Weizen 3101, fremder 43 193, englische Gerste —, fremde 22 559, englishe Malz- gerste 18 470, fremte 217, englischer Hafer 315, fremder 185 504 Qrts., englisdes Mebl 15 948, fremdes 37 610 Sack und 5 Faß. _ (Glasgow, 9. Juni. (W. T. B) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 991278 Tons gegen 881 745 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb besind- lihen Hochöfen 87 gegen 78 im vorigen Jahre.

New-York, 9. Juni. (W. T. B.) Der Werth der in der ver- gangenen Woche eingejsührten Waaren betrug 7256579 Doll, davon für Stoffe 1 446 897 Doll. Der Werth der Einfuhr in der Vorwoche ktetrug 6 322 890 Doll., davon für Stoffe 1 507 048 Doll.

Submissionen im Auslande.

Belgien. 18. Zuli, Vormittaäg3 11 Uhr. Brüffel. chemins de fer vicinaux (rue de la loi 9): Arbeiten zur Erbauung einer Bizinalbahn ( Antwerpen— Santhoven—Lier). Näheres an Ort und Stelle sowie bei dem Ingénieur Provincial Boyaert in Borgerhout (‘Antwerpen), Chaussée de Turnhout 147.

Verkehrs - Anstalten.

Um den vermehrten Anforderungen des erheblich gesteigerter, Um- fangs des Stadt-Fernsvrehverkehrs zu genügen und den Dienst- betrieb im Fernsprechwesen weiter zu verbessern, ha: das Reich8-Postamt Einleitungen getroffen, die hiesigen Fernsprech-Ver- mittelungsämter mit neuen vereinfahten Systemen auszustatten, welhe neben einer wesentlichen Betriebsbeschleunigung auch eine größere Sicherheit in der Herstellung der von den Fernsprech-Theil- nehmern verlangten Drahtverbindungen gestatten. Die neue Einrichtung wird in. nähster Zeit zuerst bei dem Vermittelungs8am? VIII in der Eichhornustraße zur Anwendung gelangen. Sie bedingt eine theilweise Aenderung îin der Nummerirung der Anschlußleitungen. Den hiervon betroffenen Siadtfernspreh-Theilnehmern wird die in der Folge für sie in Betracht ?ommende Anshlußnummer demnächst von dem Stadt- Fernsprehamte besonders mitgetheilt werden. Es wird si empfehlen, bei Neubeschaffung von Geschäftêanzeigen, Briefbegen 2c. den Vordruck der Nummer des Telephon- Anschlusses einstweilen zu unterlassen.

Hamburg, 10, Juni. (W. T._ B) Der Postdampfer „Thuringia“ der Hamburg - Amerikanishen Padcket- fahrt - Aktiengesellscaft is, von Hamburg kommend, gestern Abend 7 Uhc in New-York eingetroffen.

11. Juni. (W. T. B.) Der Postdampfer „Hammonia“ der Hamburg - Amerikanishen Packetfahrt - Aktien- gesellschaft ist, von New-York kommend, heute früh auf der

Société Nationale des