1888 / 211 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Aug 1888 18:00:01 GMT) scan diff

S R L L S rider L E A E E

giebt. Bewegender, als ih es vermag, geben diese Mauern Zeugniß von dem festen Bande, welches seit fast fünf Jahrhunderten die getreue Stadt mit Ew. Majestät erlauhten Ahnherren verknüpfte. Sie berihten von Greuel und Shrecknissén, bis Hohenzollernwort und Hohenzollerns{wert Ordnung, Gesey und Frieden \{hufen, und rufen uns ins Gedächtniß das Wort des alten Sängers:

Der milder Christ vom Himmelreih

Der Marke zu Troste sicherlich

Hat geben Markgraf Friederich,

: i en edlen Fürsten lobesamen.

Sie erzählen von Fürsten Gunst und Huld, welche die Stadt einst zur größten und reisten der Mark aufblühen ließ, von heißen und festlihen Tagen, die das Kurfürstlihe Haus in Mitten seiner getreuen Bürger hier beging, vom dreijahrhundertjäkrigen Glanz der Hoch- Que welcher den Prinzen Herrschertugend und Staatsweisheit ehrte.

Ganz Deutschland sammelt heut si unter Ew. Majestät Scepter. Fe weiter aber ter edle Hohenzollernstamm seine Krone ausbreitet, desto fester wurzelt er im märkishen Boden.

Der ritterlihe Prinz Friedrich Carl, dessen Denkmal Ew. Majestät heut die Weihe gaben, {hätte seine Brandenburger über Alles. Brandenburgs Regimenter, unsere Söhne und Brüder, waren es, die unter des Prinzen Führung bei Vionville der feindlihen Ueber- macht todesmuthig Halt boten und den Ruhmestagen von Gravelotte und Sedan die Bahn brachen. :

Die Ehre, welhe uns Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold dur die Theilnahme an dem Feste erweisen, weckt die Er- innerung an die vielen frohen Tage, da wir den großen Heerführer in dèr Fülle seiner Kraft bei uns in dieser ihm lieben Stadt sahen, und die Hoffnung, daß seine huldreihen Gesinnungen für uns Erbe des Erlauchhten Sohnes geworden sind,

Dem ganzen Hohenzollernhause, dem das Land Macht, Wohlstand und Glück verdankt, sind unsere Herzen geweiht. :

Heil unserem Kaiser und König, dem Gott eine lange glorreiche, segensvolle Regierung verleihen wolle!

Heil dem ganzen Kaiserlihen und Königlichen Hau(e! Se. Ma- jestät unser heißgeliebter Kaiser Wilhelm lebe hoch!

Rede Sr. Majestät des Kaisers und Königs:

Mein Herr Ober-Bürgermeister f

Ich spreche Ihnen Meinen herzli&sten Dank aus für die Worte, die Ih soeben vernommen, und biite Sie, zugleich der Uebermittler Meines wärmsten Dankes füc den \o herzlihen Empfang an die Stadt zu sein.

Jh weiß sehr wohi, daß, wie Sie eben erwähnten, die Bande inniger treuer Ergebenheit Frankfurt seit Jahrhunderten mit Meinem Hause verbunden haben.

Mein Herr Großvater wußte dies wohl und erwählte deshalb die Stadt zum Ort des Standbildes. Sein Wille übertrug dem Hochseligen Prinzen das Kommando des 111. Armee-Corps. Der eiserne, gewaltige Charakter, der mächtige Wille und das strategische Genie des Prinzen befähigten ihn besonders, an der Spiße des Armee-Corps zu stehen und Brandenburgs Söhne in harter \{chwerer Squle heranzubilden, wie sie sih sväter in den Schlachten bei Vion- ville gezeigt haben.

Es ist eine ernste Zeit, in der wic stehen. Die großen Heer- führer, die unsere Armee zum Siege geleitet haben, die beiden großen Vettern, der Kronprinz und der Prinz Friedri Carl, sind dahin,

Solange die Geschichte bestehen wird, solange werden Mein Vater als der Deutsche Kronprinz und Mein Oheim als der deutshe Feld- marschall par excellence als die Haupt-Vorkämpfer und Stifter des Reichs gefeiert werden.

Wie das Brandenburger Volk mit eiserner Energie urid uner- müdlicher Thätigkeit dem sandigen Boden seinen Erwerb abringt, so rang das 111. Armee-Corps heute vor 18 Jahren dem Feinde den Sieg ab. Die Leistungen aber, welche das Armee-Corps vollbraht, hat es dem Prinzen und seiner Schule zu verdanken.

Jh trinke auf das Wohl der Stadt Frankfurt und trinke auf das Wohl des Armee-Corps.

Doch Eines will Ich uoch hinzufügen, meine Herren, im Hin- blick auf den großen Tag, den wir feiern: Es giebt Leute, die si nit entblöden, zu behaupten, daß Mein Vater das, was er mit dem seligen Prinzen gemeinsam mit dem Schwert erkämpfte, wieder her- ausgeben wollte. Wir alle haben ihn zu gut gekannt, als daß wir einer solchen Beschimpfung seines Andenkens nur einen Augenblick ruhig zusehen könnten. Er hatte denselben Gedanken als wir, daß nihts von den Errungenschasten der großen Zeit aufgegeben werden kann. Ih glaube, daß wir sowohl im 111. Armee-Corps, wie in der gesammten Armee wissen,

dáß darüber nur eine Stimme sein kann, daß wir lieber unsere gesammten '18 ‘Armee-Corps und 42 Millionen Einwohner auf der Wahlstatt liegen lassen, als daß wir einen einzigen Stein von dem, was Méin Vater und der Prinz Friedrih Carl errungen haben, ab- treten. /

Fn diesem Sinne erhebe Jh Mein Glas und tcinke auf das Wohl

Meiner braven Brandenburger, der Stadt Frankfurt und des III. Armee-Corps!

Wie. wir erfahren, nimmt. die französische Qu

verwaltung neuerdings die von den deuten Auge e arin ausgestellten Ursprungs- eugnisse bis auf Weiteres ohne konsularische Beglaubigung dann an, wenn diese Zeugnisse mit dem Dienstsiegel des aus- fertigenden Zollamts versehen find und gegen ihre Echtheit keinerlei Zweifel obwalten. Auf die von anderen als von A ausgestellten Ursprungszeugnisse hat diese Er- eihterung keinen Bezug.!

Durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 8. August d. J. ist auf Grund des Gesetes vom 11. Juni 1874 (Gesez-Samml. S. 221 ff.) der Stadtgemeinde Berlin das Ent- eignungsrecht zum Zweck des Erwerbes der E dem Bau des Hauptsammlers für das Radialsystem X der allgemeinen Kanalisation von Berlin in der Beller- mannstraße erforderlihen Grundflähen verliehen worden.

Durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 8. August d. J.

ist dem Kreise West-Sternberg im Regierungsbezirk ankfurt a. O., welcher den Bau einer Chaussee von rossen über Grunow bis zur Kreisgcenze in der Richtung auf Sonnenburg besdlofsen at, das Ent- eignungsrecht für die zu diejer Chaussee erforderlichen Grundstücke, sowie gegen \lebernahme der künftigen chaussee- mäßigen Unterhaltung der Straße das Recht zur Erhebung des Chausseegeldes auf derselben nah den Bestimmungen

N

des Chausseegeld - Tarifs vom 29. Februar 1840 (G.-S, S. 94 ff.) einschließlich der in demselben egenen Be- stimmungen über die Befreiungen, sowie der sonstigen, die Er- hebung betreffenden zusäßlichen Vorschriften vorbehaltlich der Abänderung der sämmtlichen Sataigemaron Bestimmungen verliehen worden. Auch sollen die dem Chausseegeld-Tarif vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee-Polizeivergehen auf die gedahte Straße zur Anwendung kommen.

Der Königlihe Gesandte in Weimar, von Derenthall, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten.

Der General der Kavallerie von Rau, General- Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Präses der General-Ordens-Kommission, ist von Urlaub hierher zu- rüdgekehrt.

Westerland auf Sylt, 18. August. (W. T. B.) Jhre Majestät die Königin vonRumänien ist mit dem Gefolge heute über Hamburg zum Besuch ihrer Mutter, der Fürstin von Wied, abgereist. Die Königin wird sih alsdann nah Oderberg begeben und von dort mit dem von Gräfenberg fommenden König Karl am 27. d. M. die Heimreise an- treten. Die Königin hat hier den Ortsarmen sowie ver- schiedenen Sthtungon namhaste Unterstüßungen zugehen lassen. Der Badedirektor begleitete die Königin bis Tondern.

Wiesbaden, 17. August. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Griechenland ist heute Mittag, von Essen kommend, hier eingetroffen.

Sachsen. Dresden, 17. August. (W. T. B.) D-+r König und die Königin sowie der Prinz Georg mit dem Prinzen Friedrich August und der Prinzessin Mathilde begeben sich morgen früh mittelst Extrazugs nah Leipzig, um der feierlihen Enthüllung des Siegesdenkmals beizuwohnen.

Leipzig, 18. August. (W. T. B.) Heute Vormittag fand auf dem Marktplaß die feierliche Enthüllung des von dem Professor Siemering (Berlin) entworfener: Si eges- denkmals statt. Der König, die Königin, die Prinzen Georg und Friedrich August, die Prinzessin Mathilde, der General-Feldmarschall Graf Moltke und die Staats-Minister wohnten der Feier bei, welche sich zu einem echebenden Nationalfest

estaltete. Die Straßen der Stadt, besonders der Marktplaß, ind festlih geshmüdckt.

Württemberg. Friedrihshafen, 16. August. Der „Staats-Anzeiger für Württemberg“ meldet: „Se. Majestät der König beabsichtigen, Sich in der s Hälfte Oktober zum Winteraufenthalt nah Nizza zu begeben. Während der regnerish falten Wochen des leyten Monats haben Se. Majestät wieder von fkatarrhalishen Beschwerden zu leiden gehabt. Dieselben haben zwar keinen ernsteren Charakter angenommen und sind nahezu wieder ver- \{hwunden, es hat jedoch ‘diese neue Erfahrung gezeigi, wie es zur Erhaltung der Gesundheit des Königs von wesent- lichster Bedeutung is}, daß Höchstderselbe allen Unbilden der Witterung thunlichst eatrückt werde. Die erste Er- kranfung im Laufe des legten Winters läßt die größte Schonung noch mehr als E geboten erscheinen. Se. Mazjestät sehen Sich deshalb auf ärztlihen Rath veranlaßt, hon vor dem Eintritt der rauheren Witterun Höchstihre Uebersiedelung in ein wärmeres Klima zu bewerkstelligen.“

Stuttgart, 17. August. (W. T. B.) Der Kronprinz von Jtalien ist Is Mittag hier angekommen und im Hotel Marquardt abgestiegen.

_ Hessen. Darmstadt, 17. August. Der Großherz og ist, wie die „Darnmst. an meldet, am 15. d. M. in Osborne auf der Jnsel Wight eingetroffen.

_ Medcklenburg-Schwerin. No sto ck, 16. August. (Noît. Ztg.) Die Höchsten Herrschaften haben heute im Laufe des Nachmittags und Abends Rostock wieder verlasse. Die Gro ß- herzogin Marie, die Herzöge Adolf Friedrih unI3 Heinrich sowie die Herzogin Elisabeth kehrten neh Heiligendamm zurück, während der Großherzog sich rah dem Jagdhaus Gelbensande begab.

Byxaunschweig. Braunschweig, 17. August. (K.) S e. Königliche Hoheit dex Prinz Albrecht, Regent des Herzogthums Braunschweig, ist in der vergangenen Nach:, von Scheveningen kommend, in Hannover eingetroffen. —— Mes Königliche Hoheit die Prinzessin Albrecht hat sich mit den Prinzen Friedrih Heiarih, Joachim Albrecht und Friedri Wilhelm von Scheveningen nach Schloß Seitenberg in Schlesien begeben. Das Sedan- fest wird in hiesiger Stadt alljährlich großartig gefeiert, und es finden an diesem Tage stets Wettkämpfe der Jugend statt, die auf das Publikum einen beso1deren Reiz ausüben. Der verstorbene Herzog Wilhelm von Braunschweig stiftete in Form einer goldenen Uhr alljährlich zu diesen Wettkämpfen cinen Ehrenpreis, und Se. Königliche Hoheit der Regent hat solches fortgeseßt. Heute ging dem Vorsißenden des Ausschusses für die Wettkämpfe am Sedanfest eine goldene Remontoir- Uhr, in der eine entsprechende Widmung eingravirt ist, zu.

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 16. August. (Weim. Ztg.) Der Herzog ist gestern, von München kommend, wieder in Hummelshain eingetroffen.

Sachsen-Coburg-Gotha. Coburg, 16. Mh (Goth. tg.) Die Prinzessin Clementine sowie die Prinzen bilipp. ugust und Ludwig von Sachsen - Coburg- otha sind heute hier eingetroffen. Heute Mittag erfolgte

hier die feierliche Beisebunog, der Leiche des Prinzen

Joseph. Nach Ankunft des Bahnzuges mit der Leiche und

den hohen Anverwandten ging der einn vom

Bahnhof nah der katholischen Pfarrkirche zu St. Augustin.

Am westlihen Portal der Kirche empfing die hohen

Leidtragenden, welche sich am Bürglaßplay dem Kondukt

angeschlossen hatten, der Minister des Herzoglichen Hauses

und geleitete diese sowie die Abgesandten fremder Höse, die eingeladenen Mitglieder des Herzoglichen Staats-Ministeriums und des Magistrats der Herzoglichen Residenzstadt Coburg in die Kirhe. Daselbst erfolgte die feierliche Ein-- segnung der Fürstlihen Leiche. Nachdem die kirch- lihen Ceremonien beendigt waren, wurde der Sarg unter Vortritt von zwölf Kerzenträgern sowie zweier

Trauermarshälle und des Pfarrers von St. Augustin

in die Gruft (eivagan, Die regierende Herzogin von

Sachsen-Coburg-Gotha sowie Jhre Kaiserliche Hoheit

die Herzogin von Edinburg mit dem Prinzen Alfred waren bei der feierlihen Beisezung des verewigten Prinzen des Herzoglichen Hauses zugegen.

Oefterreih-Ungarn. Toblach, 18. August. (W. T. B.) Anläßlich des Geburtstages des Kaisers Franz Joseph wohnte der König von Serbien mit dem Kron- prinzen dem heutigen Hochamt bei.

Pest, 16. August. (Prag. Ztg.) Die „Budap. Korr.“ veröffentliht einen Auszug aus den beiden Ge setz- entwürfen über das Schankrecht und die Regalien- Ablösung. Jm Sinne des Geseßentwurfs über die Entschädi- gung der Berechtigten hält der Staat Diejenigen \adlos, deren Recht in grundherrlicher Gerechtsame, im Geseß oder in einem Privilegium begründet ist. Sie erhalten eine Ver- gütung für das Recht selbst sowie für das Gebäude, in welchem

esfelben Ausübung erfolgte, für leßteres jedo nur in dem Fall, wenn der Staat dasselbe zur Ausübung des Regalrechts expropriirt. Die Feststellung der Entshädigungssumme wird im Wege eines vom Steuer-Jnspektor zu führenden Vergleichs- verfahrens versucht. Falls dies nicht gelingt, wird die Fest- stellung in erster Jnstanz durch eine Subkommission, in zweiter und leßter aber durh den Finanz-Minister bewerkstelligt. Die Feststellung der Entschädigungssumme für Gebäude geschieht nach dem Gese über die allgemeinen Expropriationen. Die definitiven Entschädigungsbeträge werden in D A tigen, in 70 Jahren zu tilgenden, auf den Ueberbringer lautenden Staatsschuldverschreibungen ausgefolgt. Der Ent- wurf über die Nußbarmahung des Ausschankes spricht aus, daß der Schank vom nächsten Jahre ab ein Staatsgefälle bildet, in Folge dessen geistige Getränke nur mit Bewilligung der Finanzbehörde ausgeschänkt werden dürfen, und daß die Verschleißer hierfür in der Hauptstadt 50 bis 500 Fl, in den übrigen Orten je nah der Seelenzahl und dem Ver- kehr derselben 10 bis 100 Fl. als JFahresgebühr zu entrichten haben. Ueberdies zahlt jeder Unternehmer je nah dem Quan- tum der ausgeschänkten Getränke unter dem Titel einer Schanksteuer nah Wein und Bier per Hektoliter 1 Fl., nah 100gradigem Sprit per Hektoliter 15 Fl.

Die stille Saison hat es nicht verhindert, daß, wie auf dem Gebiet der hohen Politik, auch auf jenem der Volks- wirthschaft und speziell der Handelspolitik gewisse Fragen er- örtert wurden, welche zeigen, daß die uversiht auf eine Besserung der wirthschaftlihen Lage im Zunehmen begriffen ist. Von aktuellen handelspolitishen Fragen, welche gegenwärtig interessiren, sind insbesondere die Ver- tragsöverhandlungen mit der Schweiz hervor- zuheben, deren Fortseßung für den Monat September in Aussiht genommen ist. Gegenwärtig werden beim s\hweizerishen Bundesrath über die bei den leßten Ver- A en von Seiten Oesterreih-Ungarns gemachten Vor- läge Berathungen gepflogen, nah deren Abschluß wahr- S dem Ministerium des Aeußern vorerst im schriftlichen

ege die schweizerischen Vorschläge mitgetheilt werden E Die hieran ih knüpfenden Verhandlungen dürften jedenjalls bold zur Entscheidung führen, da eine wesentliche Modifikation des österreichischen Standpunktes hon mit Rücksicht auf die Stimmung der industriellen Kreise und des Parlaments kaum vorauszusehen ist.

Großbritannien und Jrland. London, 16. August. (A. C.) Die Parnell’\che Untersuhungskommission, bestehend aus den Richtern Hannen, Day und Smith, trat

cestern- im Justizpalast zu einer ersten Sißung zusammen und

faßte na einer fast zweistündigen Berathung den Beschluß, daß die Untersuhung am 16. Oktober beginnen solle. Die ‘Rechtsbeistände Parnell's und der „Times“ wurden von diesem Beschluß sofort in Kenntniß geseßt.

Aus der Kapstadt, vom 15. August, meldet ein Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“:

Der Premier-Minister, Sir Gordon Sprigg, eröffnete heute der geseßgebenden Versammlung, daß in Folge der Verwerfung der südafrikanischen Zollvereins-Bill Seitens des Legislativen Raths dem Gouverneur der Rath ertheilt worden sei, das Parlament zu prorogiren und in Wochenfrist eine Sonder- \sißung einzuberufen, um die Maßregel in nochmalige Er- wägung zu ziehen.

Aus Pietermarißburg, vom 16. August, wird telegraphirt:

Dinizulu lehnte es, ehe er Ceza verließ, ab, \sich den Civil-

behörden zu unterwerfen und seine Kraals zu verbrennen. Lucas Meyer bewaht mit 100 Bürgern die Grenze der Republik (Transvaal), welche Dinizulu, wie man glaubt, mit einem on Anhang überschritten hat. Am 9. d. griff eine btheilung von 250 hbritishen regulären Truppen einen befestigten Play, Bekamusis, an und zwang die Rebellen zum RNückzug, mit einem Verlust von 12 Todten, 16 Verwundeten und 400 Rindern. Auf britischer Seite sind keine Verluste zu verzeichnen. Somkeli's Unterwafung soll John Dunn’'s Einfluß zu ver-

danken sein.

Frankreih. Paris, 17. August. (W. T. B.) Jn der heutigen Versammlung der strikenden Erdarbeiter theilte der General-Sekretär des Strite-Bureaus mit, daß die Fonds zur Aufrechterhaltung der Arbeitseinstelung nicht ausreichten und es Jedem frei stehe, nach seinem Ermessen zu handeln. Die Strikekbommission werde weiter in Permanenz bleiben und eine bessere Arbeitsorganisation vorbereiten. Jn Folge dieser Erklärung beschloß die Mehr- heit der Versammlung, die Arbeit wieder auf- zunehmen.

(Köln. Ztg.) Boulanger, der Abbeville gestern Morgen verließ, wurde in Woincourt und Cayeux, wo A viele Badegäste weilen, der Gegenstand feind-

iher Kundgebungen. Jn Saint Valery kam es wieder zu stürmischen O und Schlägereien zwischen seinen Anhängern und seinen Gegnern.

18. August. (W. T. B.) Jn Corbie (Departement Somme) schoß gestern ein Boulangist zwei Mal mit dem Revolver auf den Friedensrichter; die gerichtliche Untersuchung gegen denselben wurde sofort eingeleitet. Jn Moreuil (Departement Somme) wurde der Baron von Watteville bei der Austheilung von Geld an die Soldaten betroffen, sofort verhaftet und in das Gefängniß von Montdidier abgeführt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 18. August. (W. T. B.) Der östecreichische Botschafter, Graf Wolken - stein-Trostburg, wird sih heute nebst den Mitgliedern der Botschaft anläßlih des Geburtstages des Kaisers Franz Joseph nah Schloß Ropscha bei Krasnoje-Selo zu dem Kaiser Alexander begeben.

talien. Rom, 18. August. (W. T. B.) Der Minister- Präsident Crispi hat sich zu dem König nah Valdieri begeben. Die Regierung beabsichtigt, die den italieni- \hen Missions\shulen gewährten Unterstüßungen einzuziehen und überall weltlihe Schulen zu errichten, weil die Chess der italienischen katholishen Missionen das Pro- tektorat des Königs von Ztalien und die Aufsicht der italienischen Regierung über die italienischen Missionsschulen

im Auslande zurückgewiesen haben.

Belgien. Brüssel, 17. August. (W. T. B.) Der Minister des Ackerbaues und der öffentlihen Arbeiten, Chevalier de Moreau, hat aus Gesundheitsrücksihten sein Entlassungsgesuch eingereicht.

Amerika. Washington, 16. August. (A. C.) Jn der heutigen Sißung hat der Senat mit 27 gegen 24 Stimmen einen Antrag auf Vertagung der weiteren Erörterung des Fischereivertrages bis zum Dezember verworfen.

Asien. Aus S imla liegen folgende Telegramme des „R. B.“ vor:

Simla, 15. August. Die übrigen 4 Compagnien des Derhy- \shire-Regiments sollen unverzüglich nah Sikkim aufbrechen. Die Thibetaner im Jelapla- Paß gehen zum Angriff über.

Simla, 16. August. Die bengalische Regierung hat die Regierung von Indien dringend ersucht, in der kalten Jahreszeit eine Expedition nach dem Chittagong-Gebirge zu entsenden, da sonst zahlreihe Einfälle feindseliger Stämme zu gewärtigen seien. Man erwartet, daß die Thibetaner Gnatong am 21. d. M. angreifen werden.

Afrika. Egypten. Kairo, 16. August. (R. B.)

Oberst-Lieutenant Smith wurde zum General-Gouvers- -

neur von Suakim ernannt, an Stelle des Obersten Kit- chener, welcher den Posten eines General-Adjutanten der A Armee übernimmt. Jn Wady Halfa ist der Nil im raschen Fallen begriffen, was zu ernsten Be- sorgnissen Ursache giebt.

(W. T. B.) Nath einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Kairo, vom 17. August, sind in Suakim Pilger aus Sokoto (West- Afrika) angekommen, welche aussagen, auf ihrem Wege durch Bongo, im Gebiet des Bahr-el-Ghazal, auf eine größere Kolonne von Weißen gesiosen zu sein und mit denselben vier ‘Tage kampirt zu haben. Die Weißen seien mit Remington-Gewehren A gewesen. Die Pilger geben an, Bongo im sebruar verlassen zu haben. :

Alexandria, 17. August. (R. B.) Den Jnstruktionen der Pforte gemäß richtete die Regiecung von Egypten einen Protest an den italienishen General-Konsul gegen das Protektorat Jtaliens in Zula.

Zeitungsstimmen.

Die „Weimarischhe Zeitung“ schreibt:

Kaiser Wilhelm hat gestern nach der Enthüllung des Friedrich Carl-Denkmals in Frankfurt a. O. bei dem Seitens der Stadt ihm zu Ehren gegebenen a zum ersten Male als Kaiser in einer ffent!llihen Veranlassung, die niht durch einen Staatsakt ge- boten war, gesprohen. Seine Rede ist daher {hon dur diesen äußern Umstand von Interesse; aber sie nimmt unsere Aufmerksamkeit in Anspruch auch durch ihre Eigenart und ihren Irhalt. Der bekaunte Saß: „Le style. c'est l’homme“ gilt mehr noch vom Reden wie vom Schreiben; die Individualität des Mannes kommt in solchen, wenn die Bezeichnung gestattet ist, Gelegenkb-eitsreden \{chärfer zum Auëtruck als in der schriftlichen Darstellung, die weniger abhängig ist vom Augenblicke. Kaiser Wilhelm gilt dafür, ein gewandter Redner zu sein, und seine gestrigen Worte bestätigen dies. Allerdings bestehen zwischen seiner MRedeweise und der feines Großvaters und Vaters erhebliße Unterschiede, Unterschiede, die, soweit sie Wilhelm I. berühren, weniger individueller Ärt sein dürften, als vielmehr bedingt durch die Verhältnisse. Aus den Reden Wilhelm's I. spra die Ruhe und Milde einer auf langen Erfahrungen beruhenden Meltanschauung, in Wilhelm 11. Ansprache ist der shnellere Pulsschlag der Jugend bemerkbar; Ecken und Kanten treten in der knappen aber inhaltreichen Führung \chärfer hervor, wie dies die natürliche Eigenart der Jugend bedingt. Im Vergleih mit den Reden Kaiser Friedrih's fehlt der oratorisde Zug, der diesem in bemerkenswerther Weise eigen war. Kaiser Friedrih war ein Schüler Curtius und hatte si viel von der Kunst der Elcquenz angeeignet, die den Lehrer auszeihnet. Die Ausdrucksweise Wilhelm's 11. erscheint weniger gewählt und Ekunstvoll, sondern is einfah und natürli, mitunter etwas drastish. Wenn Kaiser Wilhelm gestern der Hauptstelle seiner Rede die Form gab: lieber 18 Armee-Corps, 42 Millionen Einwohner auf der Wahlstatt liegen lassen als nur einen Stein von dem Errungenen wegnehmen lassen, so würde sein Großvater den gleihen Gedanken in milderer, sein Vater ihn in getragenerer Form ausgedrückt haben. Aber die ganze Rede i von so großer Wärme und Wahrhaftigkeit, sie be- kundet so \charfes Erfassen und mannhafte Gesinnung, daß jeder, der sie gehört hat oder liest, den Eindruk gewinnen nut, sie sei der Ausdruck eines kraftvollen, klaren, zielbewußten, fest in {ich selbst ruhenden Charakters. In der kurzen, treffenden Charakteristik des Prinzen Fricdrih Carl und in der herzlihen Würdigung der Eigen- art der Bewohner der Provinz, in deren Mitte der Kaiser sprach, der zähen Tapferkeit, die die Brandenburger auszeihnet, kommen Kopf und Herz zu ihrem vollen Rechte, während die wiederholte energishe Kundgcbung des Entschlusses, das durch hie Hingebung und Tapserkeit des Volkes Errungene fest- zuhalten bis zum Aeußersten, der Rede eine große politishe Be- deutung sichert. Deutschland, die Welt Wei Hay Kaiser Wilhelm die Erhaltung des Friedens ehrlich und ernstlih will; die Macht, über die er verfügt, soll niht dazu dienen, die Nachbarländer zu be- drohen und mit Krieg zu überziehen, aber sie wird voll und ganz eingeseßt werden für die Vertheidigung unserer Un- abhängigkeit und unseres Besißstandes. Darüber wird man 9 in Frankreich nit täuschen dürfen und auch in Dänemark nicht.

e größer aber die Klarheit in dieser Beziehung ist, um so fester wird. auch ter Friede sein. Denn dieser wäre zumei|\t gefährdet, wenn irgend etwas die Gegner zu zweifeln berehtigte an der Entschlofsen- heit der Deutschen, ihren Besiy zu {üyen. Dieser aber hat Kaiser Wilhelm einen kräftigen Ausdruck gegeben und darf darin der vollen Zustimmung des ganzen Volkes sicher sein.

Von dem Reichstags-Abgeordneten, Grafen Udo zu Stol- berg, ist der „Ostpreußishen Zeitung“ der nachstehende Artikel mit dem Ersuhen um Veröffentlihung zugegangen :

Als vor einigen Jahren vorauszusehen war, daß der Kultur- kampf beendigt werden würde, kündigte Hr. Windthorst im Abgeord- netenhause an, daß nah Beendigung dieses Kampfes der Kampf um die Schule entbrennen würde. Es is dies von seinem Standpunkt aus gewiß eine sehr richtige Taktik, da er, um seinen Ein- fluß au ferner aufrecht zu erhalten, eines neuen Agi- tationsmittels bedarf. Dem entsprehend war denn au der bekannte Schulantrag eingebroht worden, der darau hinausgeht, den Einfluß des Staats auf die Schule zu brechen, und dieselbe dem Klerus zu überliefern. Der Antragsteller

bat auf die Berathung des. Antrags in der vergangenen Session ver- zihtet, um ihn als res integra bei den Wahlen zu verwerthen. Es scheint daher zweckmäßig zu sein, dem Antrag gegenüber schon jeßt cine bestimmte Stellung zu nehinen. Die konservative Fraktion des Abgeordnetenhauses war bekanntlich Willens, den Antrag, wenn er zur Verhandlung gekommen wäre, abzulehnen, und auf diesem Stand- punkt wird sie au heute noch stehen.

Die Volksschule hat in und für Preußen eine Bedeutung, welche fich derjenigen des Heeres nähert: sie bildet einen Bestandtheil des rocher de bronce, auf den die Monarchie gegründet ist, und wenn cin Konservativer die Hand dazu bieten sollte, den Einfluß des Staats auf die Schule lahmzulegen, so würde er eben aufhören, nach preußishen Begriffen, konservativ zu sein. Das ist an und für ih selbstverständlich, aber es is gut, es auszusprehen, da die frei- sinnige Presse die Sache bisweilen so darstellt, als ob die Konser- vativen, um auf einige Wablsize Jagd machen zu können, in den Sold des Hrn. Windthorst treten wollten.

_ Die Verkbältnisse unserer Schule haben insofern etwas Pro- visorishes, als die Verfassung den Erlaß eines die ganze Materie neuregelnden Geseßes vorgesehen hat. Ich bin der Ansicht, daß wir uns bei diesem Provisorium sehr wohl befinden, daß Staat, Kirche und Familie dabei zu ihrem Recht kommen, und daß wir zur Zeit wichtigere insonderheit auf dem sozialen Gebiet liegende Auf- gaben zu lösen haben und die Zeit und K-aft niht durch Schul- debatten erschöpfen sollen, die voraussichbtlih doch resultatlos bleiben. Wenn demgemäß von dem Erlaß des zur Seeshlange gewordenen Schul- gesetzes abzusehen wäre, so ist ein, dem heutigen Schulwesen anhaftender Mißstand allerdings nit zu verkennen: cs ist dies das Mißverhältniß, das zwishen den Rechten des Staats auf die Schule und seinen Leistungen für die Schule besieht. Es ist auch nicht zu leugnen, daß der Staat häufig zu weitgehende, die Gemeinden hart bedrückende Forderungen für die Schule gestellt hat, wogegen au die Kreis- aus\hüsse keine Sicherheit bieten dürften. Dieses Mißverhältniß muß dadur beglihen werden, daß der Staat den Ge- meinden einen Theil ihrer für die Schule aufzubringenten Leistungen abnimmt; am besten wäre es, wenn dies in prozentualer Weise gesckähe, so daß der Staat durchgängig einen aliquoten Theil, etwa die Hälfte, sämmtlicher Schullasten übernähme. Es würde hierin keinerlei weitergehende Verstaatlihung der Schule liegen im Gegentheil, das Tempo der Mehranforderungen würde beträhtlich verlangsamt werden, wenn der Staat zu jedem Schulhaus- bau und für jede neue Lehrerstelle 50 9% beitragen müßte.

Diese im Prinzip rictig\te Löfung der Frage wird aber in ab- \ehbarer Zeit kaum zu erreichen sein; dagegen hat der Staat mit dem diesjährigen Erleichterunasgeseß cinen, wie cs scheint, sehr glüdck- lichen A betreten. In der Fassung, die dasselbe durch den Herrenhausbes{hluß erhalten hat, bietet es den Gemeinden unter Wahrung der bestehenden Verhältnisse eine gleih- mäßig wirkende und s\{chon jeßt sehr fühlbare Ent- lastung. Wenn, wie zu hoffen steht, die Finanzlage eine günstige bleibt, wird bei steigenden Zuschüssen des Staats das Schulgeld gänzlih beseitigt werden und die Entlastung der Gemeinden wird eine erhebliche sein. '

Es dürfte sich hieraus für das Gebiet der Volksschule folgendes NYrogramm ergeben: ; s

Ablehnung des Windthorst'shen Antrags

Vorläufige Aufschiebung eines allgemeinen Schulgeseßes ein wadchsender finanzieller Beitrag des Staats zu den Shul- lasten nach Maßgabe des diesjährigen Geseges und dementsprechend

eine steigende Entlastung der Schulgemeinden.

Ueber das Verhältniß der politischen Parteien zu ein- ander entnimmt die „Kölnische Zeitung“ der „National- liberalen Correspondenz“ Folgendes:

Die in den leßten Wochen in der Presse gepflogenen Erörterungen über die Parteien haben sich faît aus\cließlich mit der Stellung der Mittelparteien, insbesondere der Nationalliberalen, zu den Konsfer- vativen beschäftigt. Es ist begreiflih, wenn jegt hier und da ermahnt wird, auch einmal das Verhältniß der National- liberalen zu den weiter links stehenden Liberalen zu prüfen, Indeß liegen die Gründe, welhe dies bisher weniger dring- lich erscheinen ließen, auf der Hand. Die haupt\ächlich|\te Forderung, welhe wir zur Zeit nah rets hin siellen müssen, ist die einer klaren Scheidung der gemäßigten, zum Zusammenwirken mit den Mittelparteier. eatschlossenen Konservativen von den in- transigenten Elementen. Eine solhe Scheidung hat sich auf der Linken längst voilzogen. Das Verhalten der „deutschfreisinnigen Partei“ ist seit ihrem Bestehen ein derartiges gewesen, A an eine gemeinsame Operationslinie zwischen derselben und den National- liberalen gar niht gedacht werden konnte. Die erbitterte Feindschaft, mit welcher sih diese beiden Parteien an den meisten Punkten bekämpften, ging nit aus persönlicher Animosität, sondern aus der grundverschiedenen Stcülung zur praktishen Politik und speziell zum Fürsten Bismark hervor. Gerade darin, daß die Nationalliberalen den leßteren zusammen mit den Konservativen unterstüßt haben, liegt das unterscheidende Merkmal zwishen ihnen und den Deutsch» freisinnigen. Die Scheidung war somit durch die Thatsache fo deutlih gegeben, daß sie einer weiteren Hervorhebung niht mehr bedurfte. Andererseits ist zu beahten, daß sich in den Bevölkerungs- kreisen, in welhen ein Theil der „deutschfreisinnigen Partei“ bisher seinen Boden hatte, im Augenblick eine Klärung vollzieht, deren Tragweite noch nicht abzusehen ist, Es ist ja kein Geheimniß, daß die ehemaligen Sezessionisten ihr Dasein von einer Hoffnung fristeten, die in weiten Schichten blendenv und bestehend wirkte, Man würde sehr feb,lgehen, wollte man annehmen, daß in diesen Schichten eine grundsäßliche Neigung zu systematischer Opposition nach Richter'scher Art bestände. Wenn sie 06 eine 0 laag in die Gefolgschaft des Führers der radifc.len Negation begaben, so geschah es in der Vorausseßung, daß dies nur ein kurzer Uebergangszustand sein werde bis zu dem Moment, wo sie als eigentlihe Regierungspartei in Thätigkeit treten würden. Diese Voraussetzung ist nunmehr hinfällig geworden, die Hoffnung, von welcher die Sezession lebte, hat sich niht verwirkliht. Da ist es sehr natürlich, wenn sih zahlreihe Wähler die Frage vorlegen, ob sie es unter den veränderten Verhältnissen noch_ verantworten Fönnten, eine Partei zu unterstüßen, welhe auf absehbare Zeit die Regierungspolitik im Bunde mit dem Centrum immer nur be- kämpfen wird, oder ob es ihren Ueberzeugungen nicht besser ent- spricht, wenn sie ih der gemäßigt-liberalen Partei anshließen und dadur das Gewicht verstärken, welches dieselbe für die parlamen- tarische Beeinflussung der Regierung in die Wagschale p werfen ver- mag. Die nationalliberale Partei hat ein sehr selbstverständliches Interesse daran, die Angliederung derartiger, zur alten Fahne zurüdck- kehrender Elemente zu erleihtern, und auch der Regierung kann es unseres Erachtens nur erwünscht fein, wenn ih auf diese Weise die Zakl derer vermehrt, welche die nationale Politik im Allgemeinen zu unterstützen entschlossen sind.

Jn der Wiener „Presse“ lesen wir:

Die Beruhigung, welche während der leßten Wochen auf dem Gebiet der äußeren Politik Platz gegriffen hat, ist namentli in Deutschland den Agitationen der Parteien recht sehr zu Statten ge- kommen. Die große Masse der Bevölkerung, welhe in den viel- fahen Bewegungen des Frühsommers ihre Aufmerksamkeit den Kontroversen der inneren Politik abgewendet hatte, fand in den Zeiten gestärkter Friedenszuversicht und im Bewußtsein, daß es ein voraussihtlih für viele Jahrzehnte hinaus s\tabilisirtes Regi- ment sei, welhes Kaiser Wilhelm 11. unter so glücklihen Auspicien angetreten hatte, auh die Muße, nah dem Einfluß zu fragen, welcher den parlamentarischen Parteien in Preußen und Deutschland für die innere Gestaltung dicses Regiments vorbehalten sei. Die bevorstehenden Wahlen zum preußischen Landtage gaben den Parteiführern reihlihen Anlaß zur O Freilih war die Bewegung der Parteien und der öffent- lichen Meinung vielfa desorientirt und da das politishe Publikum, seine Rathgeber und Wortführer inbegriffen, niht \o leiht und so präzise einshwenken, wie taktisch geübte Truppenkörper und taktfeste

Diplomaten, so mußte einige Verwirrung erwartet werden. Diese Ver- wirrung, aus der sich dann gegenseitige Anrempelungen und vielfacher Lärm ergaben, ift denn auch nicht ausgeblieben. Gegenwärtig sind alle diese Kontroversen bereits wieder im Stadium allgemeiner Ab- klärung Den Wortführern der Kartellparteien kam die Ein- siht, daß ein Festhalten an dem nationalen Programm unerläßlich fei und daß die Legislative noch zu viel- fade Aufgaben für die Festigung des Reichsorganismus habe, als daß es erlaubt wäre, die Kontroversen der Partei- doktrinen zur Hauptsache werden zu lassen. Die Thatsachen haben \sih stärker gezeigt, als die Rivalitäten. Kartell hüben, Freisinn und Centrum drüben, in dieser alten Schlahtordnung werden {ich die Parteien bei den preußischen Landtagswahlen gegenüberstehen, und die Wablen erst werden den Einfluß offenbaren, den die Kontroversen der leßten Monate auf die Masse des Volks geübt haben.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 33. Inhalt: Amtliches : M ec ls Nichtamtliches: Zur Eröffnung des Hauptbahnhofes in Frankfurt a. M. Vergleichender Ueberblick über die neueren Umgestaltungen der größeren preußischen Bahnhöfe N Die Zollanshlußbauten des Staates Bremen und die Weserkorrektion. VI1I. Wanderversammlung des Verbandes deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine in Köln. Vermischtes : Preisaus\chreiben des Vereins deutsher Ingenieure. Preisbewerbung für den Neubau eines Stadt-Theaters in Krakau. Preisertßeilung bei der internationalen Kunstausstellung in München. Preisbewer- bung für den Neubau eines Ständchauses in Rostok. Preisbewer- bung für den Bau einer Synagoge in Berlin. Besuch der_teh- nishen Hochschule in Darmstadt. Besuch der polytechnischen Schule in Zürih. Erleichterung der Berehnung von Brückeuträgern. Ausstellung für Fischzucht und Fischfang in Rußland. Indische Eisenbahnen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Veber die „Monumenta Germaniae“ und ihren Fort- gang sowie die in neuester Zeit eingetretenen Aenderungen in der Zu- fammenseßung der Central-Direktion entnehmen wir dem „Neuen Archiv der Gesellshaft für ältere deutsche Geschichtskunde 2c.“ fol- gende Mittheilungen : Am 8. Mai d. J. wurde der bisherige Prof. Dr. Ernst Dümmler in Halle zum Vorsißenden der Central-Direktion mit dem Titel eines Kaiserlichen Geheimen Regierungs-Raths ernannt. Eingetreten sind in die Central-Direktion nah dem Beschluß der leßten Plenarversammlung: Prof. H. Breßlau und Dr. O. Holder- Egger in Berlin. Demnach besteht die Cen tral-Direktion gegen- wärtig aus den Herren: Geh. Regierungs-Rath Dümmler, Vorsißgen- der, Prof. Mommsen, Wirkl. Geh. Ober-Regierungs-Rath von Sybel, Geh. Regierungs-Rath Wattenbah, Geh. Justiz-Rath Brunner, Prof. Weiz;säcker, Prof. Breßlau, Dr. Holder-Egger in Berlin; Geheim- Rath von Giesebreht in München; Professor Hegel in Erlangen ; Hofrath Ritter von Sickel, Hofrath Maaßen , Prof. Huber in Wien. Die Redaktion des Publikations-Organs der Central-Direktion, des „Neuen Archivs der Gesellschaft für ältere deutshe Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters“ (Hannover, Hahn'’she Buchhandlung) ist von dem Geheimen Rath Wattenbad niedergelegt und vorläufig dem Professor Breßlau (Berlin W., Bayreutherstraße 1) übertragen worden. Von der Abtheilung „Leges“ der „Monumenta Germa- niae“ ist der erste Theil des 5. Bandes erschienen, mit welchem die Neubearbeitung der Volkêrechte unter H. Brunner's Leitung in der Quartoserie beginnt. Derselbe enthält die Leges Alamannorum, bearbeitet von Prof. K. Lehmann in Rostock. Band 1 bis 4 dieser Serie sind den Volksrechten der Gothen, Burgunder, Langobarden und Franken vorbehalten, während die Volksrechte der Bayern, Angeln, Warnen, Sachsen und Friesen den zweiten Theil des 5. Bandes füllen werden. Von den „Geschichts\chreibern der deutschen Vorzeit“ sind in zweiten Auflagen erschienen : fuetiuitha und Bruno „De bello Saxonico“, beide bearbeitet von Wattenbah ; ferner von der zweiten Gesammtausgabe Paulus Diaconus in der P A A von R. Jacobi, vermehrt dur ein Register, und die zweite Auflage von Potthast's UVebersezung des heiligen Gallus, des Abts Otmar von St. Gallen, neu bearbeitet und eingeleitet von W. Wattenbach. Von den „Kaiser-Urkunden in Abbildungen“, herausgegeben von H. von Sybel und Th. von Sickel, ist die 9. Lieferung erschienen (64 Bogen Text und 32 Urkunden auf 24 Tafeln), in der gewohnten vor- trefflihen tehnishen Ausführung, die seit dem Beginn der großartigen Publikation immer mehr vervollkommnet worden ist. Die ersten 12 Tafeln enthalten Urkunden Otto's IL. und Otto's IIL., ausgewählt und erläutert von Sickel; Tafel 2 bietet eine vorzüglih gelungene Reproduktion der Wolfenbütteler Dotal- Urkunde Otto's Il. für Theophano, eines Gegenstücks zu Otto's T. Privileg für die römische Kirhe. Zu Tafel 8 handelt Sickel ein- gehend über die Form der Chrismen und Monogramme unter Otto 11. vnd IlII1.; Tafel 9 reproduzirt eines der merkwürdigen Diplome Otto's 111. für Selz, und an Tafel 11 wird die Ent- stehung der Reinschrifï in drei Absäßen nachgewiesen und erläutert. Auf Tafel 13 folgt noch eine Urkunde Heinrih's 11. Dann schließen sich auf den leßten 11 Tafeln Urkunden und Briefe Ludwigs des Bayern an, die mit Ausnahme eines materiell und formell gleich interessanten Schreibens des Kaisers an Papst Benedict XII. sämmt- lich tem Münchener Reichsarhiv entnommen sind. Ausgewählt und erläutert sind sie von H. Crauert, der auc in der ausführlichen Ein- leitung eine Anzahl wichtiger Beobachtungen über das Kanzleiwesen Ludwig's mittheilt; besonders dankenswerth sind seine Angaben über die bisher so gut wie gar nicht beahteten Kanzleivermerke auf den Urkunden dieses Kaisers.

Die „Neue Musik-Zeitung“ (Verlag von Carl Grü- ninger in Stuttgart und Leipzig) bringt in ihrer Nr. 16 IX. Jahr- gangs 1888 die Fortseßung des Aufsaßes: „Der Kindergesang und seine Pflege“, von Dr. August Reißmann, sowie ferner u. a. eine inter- essante Plauderei über den „Lohengrin“, von Ernft Pasqué, mit einen großen De nah einer Zeichnung von Erdmund Wagner. Daran rcihen sih sodann zahlreihe andere unterhaltende und belehrende Beiträge, darunter auch fesselnd Aen Briefe über die geg«n- wärtigen Festspielaufführungen in Bayreuth.

Gewerbe und Handel.

Berlin, 17. August. Amtliche Preisfeststellung für Butter, Käse und Schmalz. Butter. Hof- und Genossen- \chaftsburter Ia. 100—105 Æ, Ila, 95—99 e, Ila. A, do. abfallende 75—-85 H, Land-, Preußische 75—78 #4. Neßbrücher 75—78 6, Rommer|iche 71—76 4, Polnische 72—78 4, Bayerische Sennbutter H, do. Landbutter #, Schlesishe 72—80 A, Galizishe F 2 N 40—65 A —- Käse: Schweizer, Emmenthaler 85—90 4, Bayerischer 60—70 H, do. Ost- und West- preußischer Ta, 60—70 Æ, do. Ila. 45—d5 4, Holländer, neue Waare 80—90 #, Limburger 32—38 4, Quadratmagerkäse 15—20 4 Schmalz, Prima Western 17 9% Ta. 53,00 4, Berliner Braten- \chmalz 56,50—57,50 4 Fett, in Amerika raffinirtes 48 X, in Deutschland raffinirtes: a. Hamburger 54—55 #4, b. Berliner 54,50 M per 50 kg. Tendenz: Butter. Bei lebhafterem Bedarf und kleineren Zufuhren fehlerfreier Waare zogen Preise für feinere Qualitäten um 3 4 an. Landbutter unverändert. chmalz. Bei steigenden amerikanishen Notirungen und höheren Frachten zogen Preise an. Vorräthe gering bei vermehrter Bedarfdfrage.

Vom Oberschhlesischen Eisen- und Metallmarkt berichtet die „Schles. Ztg.“ : In der Reihe der s{chmelzenden Ho h- öfen ist der ältere kleine Pa zu Antonienhütte kalt gelegt wor- den, während der ncue Hohofen der Falvahütte allmählih in Pro- duktion gelangte, nachdem auch die leßthin stattgehabten Beschädigun- gen wieder beseitigt waren. Es standen somit nah wie vor 27 Hohe-