Nun, meine Herren, is der Einwurf gemacht worden, es bedürfe dieser neuen Mittel nit, es würden ja bessere Zeiten kommen, und au die Einnahmen der Eisenbahnverwaltung würden wieder steigen. Gewiß, meine Herren, das wollen wir hoffen; denn es wäre ja zum Verzweifeln, wenn wir in der Situation bleiben würden, in der wir uns augenblicklih befinden. Aber einmal weise ih darauf hin, daß, wenn die Einnahmen der Eisenbahnverwaltung steigen werden, un- zweifelhaft die Ausgaben ebenfalls steigen werden, und daß wir nit hoffen können, wieder auf einen solhen Betriebkoeffizienten zu ge- langen, wie er fcüher in unserm Etat zum Ausdruck kam; dann aber weise ih auch darauf hin, daß wir diese Wellenbewegungen immer haben werden, und daß es ganz falsch wäre, auf vorübergehende gute Jahre die Hoffnung zu gründen, daß die guten Jahre andauern werden. Wenn Sie unsere Etats verfolgen, so können Sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit ein Schwanken nach oben und nach unten eckennen, und das wird auch in Zukunft so bleiben: es werden immer wieder {lechte Jahre auf gute folgen. Vor allem aber, meine Herren, was diese Verweisung auf die Mehreinnahmen der Eisenbahnverwaltung betrifft: wenn diese Mehreinnahmen, w!e wir hoffen, kommen werden, so find sie doh unerläßlih, um endlih einmal das Defizit zu deen. Es ift doch undenkbar, daß wir mit diesem Defizit auf die Dauer arbeiten, sondern es muß alle Kraft daran geseßt werden, daß die Eisenbahnverwaltung wenigstens den früheren Saß, den sie zur Deckung der allgemeinen Staatsausgaben erzielte, wiederum erzielt. Und da habe ih {oa darauf hingewiesen, daß von den 249 Millioaen, die n2ch dem Etat für 1908 die Eisenbahnverwaltung leisten sollte, 1909 nur noch 83 Millionen verblieben sind, sodaß sich also ein Minder- betrag von 166 Millionen ergibt. Wann, meine Herren, frage ih, kann man hoffen, daß die Eisenbahnverwaltung au nur diesen Fehlbetrag ein- bringt und den Zuschuß in der alten Weise wird leisten können? Wenn Sie erwägen, daß wir jeßt einen Betriebskoeffizienten von etwa 70 9/6 haben, so verbleiben von je 100 Millionen Mehreinnahmen nur etwa 30 Millionen zur Deckung der allgemeinen Staatsbedürfnisse, und es würde also einer Mehreinnahme von nit weniger als als 600 Millionen bedürfen, um auch nur die 166 Millionen wiederum einzubringev. Und dann, meine Herren, wie werden in der Zwischenzeit die Aus- gaben gestiegen sein? Das läßt ch doch mit Sicherheit voraus- sehen, daß das mindestens in demselben Maße der Fall sein wird wie bishe. Also uns bei der Frage der Beschaffung der neuen Mittel auf die unsichere Zukunft zu verweisen, daß die Eisenbahnen wieder reihere Mittel liefern werden, das halte ih nicht für angäng!g, nicht für zulässig, und ichG Tann deshalb nur mit der Bitte schließen, sch dieses Ernstes der ganzen Situation voll be- wußt zu sein und sich nicht der Auffassung zu verschließen, daß die großen Ausgaben, die im Etat zum Ausdruck ge- kommen find, namenilch für die Besoldungsverbesserung, nicht geleistet werden können, wenn uns niHt entsprehende dauernde Deckckungsmittel zur Verfügung gestellt werden. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, wir haben in den leßten Jahren in vertrauensvollem Zusammenarbeiten zwishen dem hohen Hause und der Staatsregierung fast jedes Jahr große, sehr \chwerwiegende geseßgeberishe Aufgaben zu einem glüdlihen Ende gebraht. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß dieses Zusammenarbeiten auch bei den jeßt uns beschäftigenden Aufgaben zu einem gedeihlißen Ende führen wird — zu einem gedeths lihen Ende, daz die Aufgaben zur Lösung bringt, insbesondere die Besoldungsordnung, aber zuzleich die festen finanztellen Grundlagen unseres Staates aufrecht erhält. (Lebhafter Beifall.)
Darauf seßt das Haus die am 10. Dezember v. J. be- gonnene Besprehung der Fnterpellation und der An- träge, betresfend die Arbeitslosigkeit, fort.
Die Jnterpellation der Abgg. Trimborn (Zentr.) und Genossen lautet:
„Durch welhe Maßnahmen gedenkt die Königliche Staats- regierung zur Linderung der Arbeitslosigkeit mit- zuwirken, welche an zablreihen Orten der Monarchie auf gewerb- lihem Gebiete in erheblihem Umfange in die Erscheinung tritt und \ih weiter auszudehnen droht ? *
Die Abgg. Aronsohn (fr. Volksp.). und Genossen be- antragen,
„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, in Anbetracht der gegenwärtigen ungünstigen Lage des Arbeitsmarktes mit tun- lihster Beshleuntgung diejenigen öffentlichen Arbeiten in Angriff ju nehmen und auszuführen, fir welWe Slaaromiltel verettaelterl in, ferner de einzelnen Verwaltungszweige anzuweisen, daß nicht in- ländische zur Verfügung stehende Arbeitskräfte hinter ausländische zurückzeseßt werden.“
Ein Antrag der Abgg. Rahardt (kons.) und Genossen endlih geht dahin,
„den Schwierigkeiten gegenüber, welche für einige Erwerbsklassen, insbesondere in den Großstädten, durch die gegenwärtige wirt- schaftliche Lage entstanden sind, helfend einzugreifen 1) durch möglichst beshleunigte Vergebung der im laufenden Etat vorgesehenen Arbeiten, insbesondere im Baugewerbe, 2) durch Nücksihtnahme auf diese Verhältnifse bei Aufstellung des nächstjähri,en Etats."
Abg. Lusensky (nl.): Wir müssen einen wirtshaftlihen Nieder- gang als Ursache der großen Arbeitslosigkeit zugeben, aber insofern hat sich doch die Sachlage {hon inzwischen gebessert, als u. a. einer der wichtigsten Faktoren dieses Niederganges, nämlich die ungünstige wirts{haftlihe Lage in Nordamerika, sih gehoben hat. Wenn wir auch niht hoffnungsvoll in die Zukunft blicken können, so ist doch die jeßige Krisis lange nicht so einshneidend wie die von 1901. Die Landwirtschaft z. B. ist ganz davon vershont geblieben. Wie günstig die Lage der Landwirtschaft auf die Industrie zurückwirkt, erkennt selbst die Handelskammer von Berlin in ihrem leßten Bericht an. — Die am 10. Dezember v. J. von dem Handels- minister und Eisenbahnminister abgegebenen Erklärungen, wte der Arbeitslosigkeit von Staats wegen gesteuert werden soll, haben mene politishen Freunde im wesentlihen befriedigt. Erfreulicherweise sind ja im Etat ausreihende Mittel vorgesehen, an Bauten für die Eisenbahnverwaltung 338 Millionen, für Betriebsmittel außerdem 239 Millionen, in der allgemeinen Bau- verwaltung 136 Millionen. Auch der Privatindustrie ist das Lob zu- zuerkennen, daß sie bestrebt ist, die Arbeitslosigkeit zu mildern. Dabei ist daran zu erinnern, daß die Arbeiter seinerzeit bei der Hohkonjunktur höhere Löhne durhgesezt haben und selbst über die berehtigten An- sprühe hinausgegangen sind. Es muß der Erwartung Ausdruck g-geben werden, daß die Arbeiter einer Nückwärtsrevidierung der da- maligen Zugeständnisse niht entgegentreten. Hierbei if auch | die Frage erörtert worden, ob ausländishe Arbeiter ständig beschäftigt werden follen oder nicht. Unmöglich kann man ganz von den Ausländern absehen ; denn bci der Hochkonjunktur mangelt es an inländishen Arbeitern. Beim Bau des Groß schiffahrtsweges Berlin—Stettin hat ja die Regierung bereits auf diese Ver- hältnisse Rücksiht genommen. Die Frage der Konkurrenz der Gefängnisarbeit mit der freien Arbeit ist höchst schwierig zu entscheiden, Die Strafvollstreckung sieht in der Gefängnisarbeit das einzige Mittel,
die Gefangenen. der bürgerlihen Gesellshaft zu erhalten ; auf der anderen Seite muß zugegeben werden, daß tatsächlich durch die Ge- fängnisarbeit der freien Arbeit eine hohe Konkurrenz bereitet werden kann. Der Abg. Nahardt hat ja dafür einige Fälle angeführt. Es ist aber au anzuerkennen, daß die Staatsregierung nachträglih be- müht ist, einshneidenden Konflikten daraus entgegenzutreten. — An eigentlihen Vorschlägen zux Verminderung der gugenblicklichen Arbeitslosi keit ist nur der vom Abg. Nahardt gemaht worden, um besondere Mittel bereit zu stellen. Bei der finanziellen Lage des Staates lasse ich es dahingestellt, ob das möglich ist; gegenwärtig würde ja dadurch sofort auch nur sehr wenig zu erreihen sein. Vor allem müßte in Zukunft nah meiner Metnung für eine bessere Verteilung der Arbeiten an Staai1sbauten in Zeiten der Hotkonjunktur und in Zeiten des Nieder- ganzes gesorgt werden. Eben}o müßte eine sorgfältigere Statistik über die Arbeitsverhältnisse aufgenommen werden, in die auch z. B. Material über die Einschränkung der Betriebe eingeshlossen werden sollte; erst dur eine sorgfältige Statistik würden die Unterlagen für das große Weik einer Arbeitelosenstatistik überhaupt ge- geben werden. Ein weiterer Vorschlag zur Linderung der aus der Arbeitslosigkeit entspringenden Mißstände ist mit der An- regung der Einführung einer Arbeitslosenversiherung gemacht worden. Praktishe Bedeutung kann dieser Vorschlag jeyt ja überhaupt nicht haben; übrigens würden die vom Abg. Molkenbuhr als Bedarf hberausgerechneten 220 Millionen jährli heute {hon niht mehr zureihen. Das Reich ist ja überhaupt nicht in der Lage, finanziell an solche Aufgaben denken zu können, und auch die Industrie ist hon so sehr durch die sozialpolitische Geseßgebung be- lastet, daß sie dann ter auéländishen Konkurrenz \{chwerlich s ge- wachsen sein könnte. Ich hoffe, daß die Industrie wieder gedeihen und damit auch wieder Arbeit8gelegenbeit ge\{afen wird.
Abg. Giesberts (Zentr.): Seitdem wir die Beratung über diesen Gegenstand abgebrochen haben, ist etne Verbesserung der wirtschaft- lichen Lage nit eingetreten. Deshalb haben alle dabei in Betracht kommenden Faktoren nach wie vor die Pflicht, alle Kräfte einzusetzen, um die Wirkungen der gewerbliden Krise abzuschwähen. Es ist an- zuerkennen, daß der Handelsminister und der Minister der öffentlichen Arbeiten versprohen haben, alles, was in ihren Kräften steht, ein- seßen zu wollen, um die Arbeitslosigkeit zu lindern und tin erhöhtem PVèaße Aufträge an die Industrie ergehen zu lassen. Wir sollten uns auh vor Augen führen, wie ungeheuer niederdrückend es für den Menschen ist, arbeiten zu wollen und nit zu können. Die Unsicher- heit der Existenz erzeugt feindselige Gedanken gegen die moderne Gesellshaftsordnung und löst die \{chlechten Eigen- shaften im Menschen aus. Diese Gefahr abzuwehren, haben wir ein außerordentlich großes Interesse. Ih hofe und wünsche, daß die Tarifbewegung, die U. lebten Are 1D hoffnungsvoll eingeseßt hat, ohne Schaden diese Wirtschafts- fcije überstehen möge, und ih hoffe, daß Arbeitgeber und Arbeit- nehmer bazu beitragen, um nicht nur den Tarifgedanken, sondern auch die praktischen Wirkungen desselben aufrecht zu erhalten. Es ist rühmend hervorgehoben, und ich {ließe mih dem vollinhaltlih an, daß die Industrie dazu übergeht, weniger in Zeiten des wirtschaftlichen Niederganges ihre Arbeiter zu entlassen, als vielmehr ihre Betriebe einzushränken. Aber wir dürfen nicht vergessen, daß, wenn dies in großem Umf*ange eintritt, und der Arbeiter nur zwei bis drei Tage in der Woche arbeitet, sein Arbeitsverdienst auf die Hälfte reduziert wird. Der Arbeiter muß sich daber außerordentlih einshränken, wenn er sich auch nur notdürstig mit seiner Familie ernähren will. Der Arbeitsnahweis muß weiter ausgebaut werd?n, aker wir müssen grund- fäglih daran festhalten, daß er paritätisch sein muß. Jch muß mein lebhaftes Bedauern darüber aus\prehen, daß die Arbeit- geber gegenwärtig dicsem Gedanken des paritätischen, kommunalen, ofentlihen Arbeitsnahweises direkt feindliÞß gegenüberstehen. Lie Arbeitgeber erkennen nur einen Arbeitsnahweis der Arbeitgeber an, weil sie allein angeblich den Arbeitsmarkt übersehen können. Der Arbeitsnachweis muß aber über den Parteien stehen. Bezüglich der Frage der Nückwanderung der ländlichen Arbeiter bemerke ih nur, daß ih eine solhe Bewegung energish unterstüßen würde, wenn es möglih wäre, dieses Gros der ländlichen zugewanderten Arbeiter, das die Arbeitsbedingungen verdirbt, auf dem Lande tn gesicherten Stellen unterzubringen, aber unter allen Umständen kann ich die Nük- wanderung nicht befürworten. Die westlichen Industriellen locken die Arbeiter aus dem Often auf unlautere Weise durch Aufcufe, in denen sie ihnen das Blaue vom Himmel versprehen, nah dem Westen, insbesondere in die Bergwerke. Die Bergrwerksbesißer ziehen die Arbeiter aus dem Osten deshalb fo gern heran, weil sie ihnen eine Behandlung zuteil werden lassen können, die sih die ein- heimischen Arbeiter im Westen niht gefallen lassen. Bei geordneten Arbeitsnahweisen werden wir diesen Menschenhandel beseitigen fönnen. Die Arbeiter haben die Hochkonjunktur für sch nicht vollflommen ausnußzen können, weil die Macht der Arbeit- geberverbände zu \tark war. Den {weren Vorwurf des Abg. Nahardt vom 10. Dezember, daß die Gewerkschaften selbst während der Arbeitslosigkeit Streils befördert haben, muß ich im Namen aller Gewerkschaften mit Entschiedenheit zurückweisen. Die Arbeitslosigkeit is eine naturgemäße Begleitersheinung der industriellen Lobnarbeit überhaupt. Jh erinnere daran, wie infolge des technishen Um\hwungs plöglih Hunderte von Webstühlen still- geseßt wurden, wie infolge tehnisher Umwälzungen in der Eisen- industrie plöglich Arbeitslosigkeit herbeigeführt wird. Wir müssen deshalb durch eine Arbeitslosenverfiherung dafür sorgen, daß die Arbeiter über solhe Schwierigkeitea hinwegkommen. Warum soll niht in Preußen dasfelbe möglih sein wie in Bayern? Es ist nicht gerade notwendig, daß wir das Genter System übernehmen. Dieses System is aber in Straßburg verbessert worden, und die Gewerk- schaften sind heute so gut organisiert, daß sie die Aufgabe der Arbeits- losenversiherung wohl durchführen können. Die Gewerkschaften werden auch im eigenen Interesse kontrollieren, ob es sch um unvershuldete oder selbstvershuldete Arbeitslosi„keit handelt. Die Einwendungen wegen der Simulation halte ih also nit für zutreffend. Die soztialdemokratishen Arbeiter können wir nicht von den humanitären Einrichtungen ausnehmen, nachdem die deutsche Arbeitershaft zu einem so großen Teil \ozialdemokratisch geworden ist. Die Hauptsache is allerdings nicht die Arbeitslofenversicherung, sondern immer die Beschaffung von Arbeitsgelegenheit.
Abg. von Dirksen (sreikons.): Wenn etwas die Freudigkeit der bürgerlihen Parteien an der Linderung der Arbeitsnot stöcen kinn, so ist es die Haltung der Sozialdemokratie gegenüber diesen Bestrebungen. Was hat denn die Partei von ihrer Seite gegen die Arbeitslosi„keit getan? Weder haben ihre Sprech:r positive Vorschläge gemacht, noch sind in ihrer Presse Anregungen gegeben worden, denen man folgen könnte. Der Abg. Borgmann machte lediglih den Vorschlag, daß die höheren Kreise ih einen Steuerzushlag bis zu 10 9% zur Unte:stüßung der Arbeitslosen gefallen lassen sollten. Der „Vorwärts" schrieb unter der Ueberschrift „Komödianten*, daß unsere Debatte vom 10. Dezember nur eine Komödie gewesen sei, und daß wir uns über die Arbeitslosen lustig gemacht hätten. Wenn man an den Ernst unserer Debatte und den guten Willen auf allen Seiten, diesem {weren Notstand abzu- helfen, denkt, so ist es empörend, wie dieses große Arbeiterblatt unsere Berhandlungen entstellt und verzerrt wiedergibt. So wird gesagt, daß der Abg. Trimborn ein Führer der Partei sei, die beim Wucher- tarif Hebammendienste geleistet habe. Noch unwürdiger sei d!e Nede des Freisinnigen Pachnicke gewesen, und der konservative Redner Nahardt habe nur töôrichte Ausfälle gegen die Sozialdemokratie gemaht. Von dem sfozialdemokratishen Redner sagt {dagegen der „Vorwärts“, daß er eine groß angelegte Rede gehalten habe. Wir haben davon einen anderen Eindruck bekommen. Dann sagt der „Vorwärts“: Ob diese Frage noch einmal auf die Tages- ordnung kommen werde, sei zweifelhaft; denn die Fünfzehnmark- männer müßten sich nach dem einen Tag dieser Debatte ausruhen. Wenn etwas wirklich eine ekelhafte Komödie war, so waren es diese Ausführungen des „Vorwärts“. Auch die Sozialdemokratie kann sich der Einsicht aiht verschließen, daß die Rückwan-
derung zur Landwirtshaft die Arbeitslosigkeit vermindern würde, Gs handelt sich, für die Sozialdemokratie gar nicht um die Bekämpfung eines wirtshaftlihen NRückstands, fondern um die Grreichung der politishen Herrschaft. Die Klasse, die von dem Elend der Arbeiter und ihren Groschen lebt, ist gerade ein Teil der von der sozialdemokratishen Partei angestellten Beamten. (Zwischenruf bei den Sozialdemokraten.) Der Abg. Boöritnani sagte, das Bürgertum versage in diesem außergewöhnlihen Fall; das Bürgertum hat aber in den Städten nicht versagt, sondern gerade die Mittel zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit bewilligt, aber die Sozial demokratie, die doch über sehr reihe Mittel verfügt, hat von ihren Parteimitteln nichts gegeben, um der Arbeitslosizkeit ah, zuhelfen. Wenn fie in diesen Schaß griffe, würde mehr heraus- ommen, als wenn sie ihn zur Agitation verwendet. Der Vorstand der Sozialdemokratie hätte also alle Veranlassung, die Bourgeoisie nicht so anzugreifen, denn sie ift selbst an den jeßigen Zuständen huld, da sie immer das Verhältnis zwishen Arbeitgebern und Arbeitern ört und es den Arbeitgebern ers{chwert, durch Tarifverträge zu den Arbeitern wieder in ein gutes Verhältnis zu kommen. Wenn der Staat von den Arbeitern solhe Beiträge nähme, wie die sozial» demokcatishen Gewerk shaften, so würde es einen Slurm dis Unwillens erregen; es werden dafür durchschnittlich von dem Arbeiter jährlich 31 # genommen. Der Vorwurf des Abg, Nahardt wegen der Förderung von Streiks während der Arbeitslosigkeit riStete sich nicht gegen alle Gewerkschaften, sondern nur gegen die Sozialdemokraten. Im Jahre 1907 wurden von der Sozialdemokratie unter Einrechnung des Ausfalls an Arbeitsverdienst 34 Milltonen für Streiks verwendet. Wenn dieses Geld jeßt vorhanden wäre, würde es den Arbeitern über die shwere Wirtschaftskcise hinweg- helfen. Die Landflucht ist auch von der Sozialdemokratie erzeugt worden, die den Arbeitern die Verhältnisse auf dem Lande verekelt. Es ist von Interesse, zu erfabren, daß die Einnahmen der sozial- demokratishen Gewerk’chaften 1907 58 Millionen betragen haben und die Ausgaben 49 Millionen. Davon sind auf Arbeitslosen- unterstüßung nur 6 Millionen entfallen und allein an waltung8ausgaben 224 Millionen, das sind 41 9%. jeßige Wirtschaftspolitik \foll {huld sein an der Arbeits- losigkeit, aber andere Länder, sogar England, leiden noch viel mehr an dem Niedergang der Konjunktur, und unter den Sozial- demokraten selbs {sind Männer wie Calwer und Schippel auf getreten, die den Sozialdemokraten in reht unang-nehmer Weise ent- gegengetreten sind. Ueber den Umfang der Arbeitslosizkeit gehen die Daten weit auseinander; in jedem Falle steht fest, daß die Verhält- nisse noch nicht so \chlecht sind wie 1901, aber erheblih \{chlechter als in den beiden Vorjahren dieses Jahres. Betreffs der Arbeitslosen¿ählung wird es am zwcckmäßigsten sein, diese Zählungen durch die Stadtyerwaltungen vornehmen zu lassen, denn es ist wohl klar, daß bei den Zählungen durh Arbeiter selbst nur sozialdemokratishe Zwecke nebenher gefördert werden sollen. — Der Nedner verliest sodann eine Reihe von Zahlen, aus denen hervorgeht, daß die Arbeitslosigkeit beim wetiblihen Geschleht während der jeßigen Krise höchst unbedeutend iït, und daß überhaupt in einzelnen Industrien in letzter Zeit eine Besserung eingetreten ift. Zur Frage der Beschäftigung ausländischer Azrbeiter übergehend, wünscht der Redner, daß die Arbeitslosen aus Heimstätten und Ardbeite:kolonien mehr zu dem Ersaß der Ausländer herangezogen werden follten, damit vor allem die Landwirtschaft ihre bewährten Arbeiter behalten könne, Notstandsarbeiten in Forsten, Mooren, an kleinen und großen Fiüssen seien in Menge auszuführen, um alle Arbeitslosen zu beschäftigen. Es handle sich allerdings eizentlich mehr darum, der Arbeitslosigkeit als einer dauernden Erscheinung entgegenzutreten, als darum, nur der augenblicklihen gesteigerten Arbeitslosigkeit abzuhelfen, Uebrigens hätte die Stadt Berlin mehr zur Verminderung der Arbeits- losigkeit tun können. Er stimme darin mit seinen Vorrednern überein, daß besonders die Arbeitsnahweise ausgebaut werden müßten, sie sollten mehr zjentralifiert und möglihst vom Staate übernommen werden. Auf die Dauer könne sich der Staat der Fürfo:ge für die Arbeitslosen niht entziehen. Eine oes Behörde zu schaffen, sei allerdings gänzlih überflüssig; hier müsse das neu einzuseßende Reichs- arbeitsamt eintreten.
_ Abz. Gyßling (fr. Volksp.): Unser Antrag verlangt die Be- \chleunigung der öffentlihen Arbeiten unter Bevorzugung der inländish:n Arbeiter. Der Antrag der Konservativen dickt sich im wesentlihen mit dem Antrage der Freisinnigen. Die Mittel zu den öffentlißen Arbeiten könnten ja dur ein Notgesey bereitgestelt werden. Man hat geglaubt, die wirtshaftliche Krisis in Deutschland mit der Arbeitslosenfrage in Zusammenhang bringen zu können, und man hat darauf hingewiesen, daß in Amerika und in England die Arbeitslosigkeit in höherem Grade als bei uns bestehe. Jch glaube, daß diese ganze Statistik über die Frage der Arbeitslosigkeit in anderen Ländern abfolut nit beweisen kann, ob die wirtschaftliche Krisis die Schuld an der Arbeits- losigkeit trägt, und ob die Schußtzollpolitik oder die Freihandelspolitif die ricbtige ist. Der Austausch der ÎIndustriearbeiter mit den länd- lihen Arbeitern is nur sehr {wer zu bewerkstelligen. Ueber die Frage der inneren Kolonisatton werden wir ja beim Gtat noh ausführlich sprecken, ih bedauere aber lebhaft, daß in Ostpreußen dur das Verhbältnis zwishen der Landschaft und der Regierung ein Zank- apfel in diese Frage hineingeworfen ist. Ebenso muß ih bedauern, daß sich die Vorredner s#o ganz negie- rend verhalten haben gegenüber der Arbeitslosenversiherung- In einem Augenblick, wo wir bestrebt sind, die Versicherung auf die Privatbeamten auszudehnen, kann man doch nicht von Versicherangs- müdigkeit \sprehen. Den Vorwurf, daß Berlin mit den Notstan? 8 arbeiten nit in dem s{chnellen Tempo vorgegangen sei, wie es nôtig gewesen wäre, muß ich als durchaus unberectigt zurückweisen; et müssen dod Vorbereitungen getroffen werden, und das bedarf immer einer aewissen Zeit. Wichtig ist die Einrichtung der Arbeitsnachweise. Die Erklärungen der Regierung, daß die Bauten beschleunigt werden sollen, entsprehen den Wünschen der Interpellanten und der Antrag- steller. Ich bitte Sie also, die Anträge anzunehmen, denn wir sind uns alle der Pflicht bewußt, der Arbei1slosigkeit abzuhelfen.
Abg. Switala (Pole): Auch wir erkennen dankbar an, was Staat und Kommunen für die Milderung der Arbeitslosigkeit getan haben, aber das bedeutet alles nur eine Milderung der Not; wir müssen noch weitergehen, und ih erkläre namens meiner Partei, daß wir für eine staatlihe Arbeitelosenversiherung sind und im Reiche alles tun werten, damit alsbald Vorarbeiten dazu gemaht werden.
Um 41/4 Uhr wird die weitere Berathung auf Mittwoch 11 Uhr, vertagt (außerdem Jnterpellation Roeren wegen der Nacktdarstellungen).
N, Ber-
Unsere
Nr. 1 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, her- ausgegeben im Yteihsamt des Innern, vom 8. Januar 1909, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen : Ernennung. — 2) Handels- und Gewerbewesen: Ergänzung des Verzeichnisses der für den Pflanzenverkehr geöffneten ausländischen Zollstellen. — 3) Zoll- und Steuerwesen: Veränderungen in dem Stande und den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen ; Veränderungen in den Abfertiguncsbefugnissen von Zoll- und Steuecftellen. — 4) Polizeiwesen: Aufweisung von Ausländern aus dem NReichsgebiet.
Nr. 1 des „Eisenbahnyerordnungsblatts", herauk- gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 6, Januar 1909, hat folgenden Inhalt: Bekanntmachung des Reichekanzlers vom 16. Dezember 1908, betreffend Verzeichnis derjenigen s{chweizerischen Behörden, welhe zur Ausstellung von Leichenpässen befugt sind. — Erlaß des Ministers der öffentlihen Arbeiten: vom 24. Dezember i betreffend Anlage B zur Eisenbahnverkehrsordnung, — Nach- richten.
Dritte Beilage
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
M 10.
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Reichstag 1 der folgende Entwurf eines Gesetzes
r Abänderung des Reichsgeseßes wegen De- seitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870
egangen: S Artikel 1.
Das Reichsgesey wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13, Mat 1870 (Bundes-Geseßbl. S. 119) in der dem 8 2 Abs. 2 des Beseßes vom 16. April 1871 (Bundes-Gesegbl. S. 63) entsprehenden Fassung wird, wie folgt, abgeändert :
1. Im § 1 Abs. 1 treten an die Stelle der Worte „in den 8&8 3 und 4° die Worte „im § 3“.
II. § 2 Absay 3 wird durch folgende Vorschrist erseßt: Jn
Reichs- oder Staatsdiensten stehende Deutsche dürfen, sofern sie sowohl in demjenigen Bundesstaat, in welchem sh thr dienstliher Wohnsitz befi: det, als auch in einem anderen Bundesstaat einen Wohnsiß im Sinne des § 1 Absay 2 dieses Geseßes haben, nur in dem ersteren Bundesstaate, sofern sie aber in keinem Bundesstaat einen Wohnsiß im Sinne des § 1 Absay 2 dieses Mever, sondern nur einen dienstlihen Wohnsiß haben, nur in dem Bun es\taate des dienstlihen Wohnsißes zu den direkten Staatésteuern herangezogen werden. ; I1I. § 3 wird durch folgende Vorschrift erseßt: Der Grund- und Gebäudebesiß und der Betrieb eines stehenden Gewerbes sowie das aus diesen Quellen herrührende Einkommen dürfen nur in dem- jenigen Bundesstaate besteuert werden, în dessen Gebiete der Grund- und Gebäudebesig liegt oder die Betriebsstätte zur Ausübung des stehenden Gewerbes unterhalten wird. E
Betriebéstätte im Sinne dieses Gesetzes ist jede feste örtliche An- lage oder Einrichtung, die der Ausübung des Betriebs eines stehenden Gewerbes dient. Außer dem Hauptsiß eines Betriebs gelten hternach als Betriebsstätten :
Zweigniederlafsungen, Fabrikationsstätten, Ein- und Verkaufsstellen, Niederlagen,
Kontore und sonstige zur Ausübung des Gewerbes durch den Unter-
nehmer sel}, dessen Geshäftsteilhaber, Prokuristen oder
andere ständige Vertreter unterhaltene Geshäftseinrichtungen.
Befinden sih Betriebststätten desselben gewerblichen Unternehmens
in mehreren Bundesstaaten, so darf die Heranziehung zu den direkten Staatssteuern in jedem Bundesstaate nur anteilig erfolgen. _——
Die Besteuerung des Gewerbebetriets im Umherzieben etnschließlih
des Wanderlagerbetriebs bleibt demjenigen Bundesstaate vorbehalten,
in tefsen Gebiete der Betrieb stattfindet oder stattfinden foll. I 4AM V, Hinter § 5 wird andels:
G D , 4 ,
Beschwerden über eine infolge Verleßung der Vorschriften dieses aa die Doypelbesteuerung find innerhalb eines Jahres nah der endgültigen Feststellung der Doppelbesteuerung anzubringen. Solche Beschwerden dürfen niht aus dem Grunde zurückgewiefen werden, daß der Steuerpflichtige die in Landesgeseßen vorgesehenen ordentlichen Rechtsmittel gegen die Veranlagung nicht innerhalb be- stimmter Fasten eingelegt oder den Äntrag auf Erstattung nicht innerhalb landesgeseßlich vorgeshriebener Fristen gestellt habe.
Artikel II. Dieses Gesetz tritt am 1. April 1909 in Kraft.
Artikel ITI.
Der Reichskanzler wird ermächtigt, den Text des Reich8geseßes wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung, wie er sih aus den tm Artikel T vorgesehenen Aenderungen ergibt, unter der Bezeichnung „Doppelsteu:rg-sez“ mit dem Datum diejes Nbänderungs8geseßzes unter ae Ne ege der Paragraphen durch das Reichs- esetzblatt bekannt zu mahen. gel “Soweit in Reichsgesetzen oder in Landeëgeseßen auf Vorsc(hriften des Reich3gesetzes wegen Beseitigung der Doppelbestcuerung Bezug enommen wird, treten die entsprcchenden Vorschriften des durch den Reichskanzler bekannt gemachten Textes an ihre Stelle.
In der dem Entwurf beigegebenen Begründung wird ausgeführt:
Die unmittelbare Veranlassung zu dem Vorschlage, das Geseßz vom 13. Mai 1870, das \sich in mehr aks dreißigjähriger Geltung im allgemeinen bewährt hat, jet abzuändern, liegt in den lebhaften Bes \hwerden, die seit einer Reihe von Jahren in weiten Kreisen, nament- lih thüringisher Staaten, über die Wirkung laut geworden sind, welhe die im § 4 des Gesepes enthaltene Vorschrift gezeitiat hat. Gemäß § 4 darf das Gehalt, welches Zivil- beamte aus der Kasse eines Bundesstaats _bezichen, nur von demje; igen Staate besteuert werden, der die Zahlung zu leisten hat. Es ift dies eine Ausnahmevorschrist gegenüber dem leitenden Grundgedanken des Geseßes, demzufolge jeder Deutsche von demjenigen Bundesftaate besteuert wird, in dessen Gebiet er seinen Wohnsitz hat. Beschwerden über die Wirkung jener Ausnahmebestim- mung find in früberen Jahren nicht hervorgetreten. Dies hat ich eändert, seit die Entwicklung der Staatseisenbahnen es mit ih ge- bradt hat, daß in zunehmendem Maße die im Besize von Eisenbahnunter- nehmungen befindlichen Staaten den Betrieb ihrer Bahnen auf die Ge- biete benahbarter Bandesstaaten ausgede hnt haben. Etne notwendige Folge hiervon ist, daß in steigender Zahl Beamte von Eisenbahn- verwaltungen dauernd waußerhalb des Gebiets desjenigen Staats stationtert sind, von dem sie angestellt sind, und aus dissen Kasse sie ihre Besoldung erhalten. Das Incinandergreifea der Borschrift des 8§ 4 und der geschilderten Ausdehnung von Staatsbahn- betrieben auf Gebiete benahbarter Bundesstaaten hat also das bci Erlaß des Gesezes niht vorgesehene Ergebnis ge- zeigt, daß in beträchtlihec Zahl Steuerpflichtige ihre direkten Staatssteuern nit mehr an denjenigen Staat entrichten, in defsen Gebiete sie wohnen, und der ihnen setnen staatlihen Schuß und den Genuß seiner staatlihen Einrichtungen gewährt. Dieses Ergebnis, durch welches namentlich kleinere Staaten, die Eisenbahnunter- nehmungen entweder überhaupt nicht oder do niht auf den Gebieten anderer Bundetstaaten betreiben, um einen yverhältnis- mäßig uniht unerheblihen Teil der thnen nah dem Grund- gedanken des geltenden Steuersystems gebührenden Steuerleistung verkürzt werden, entspricht nit der Billigkeit. Mit der Zustimmung zur Aufhebung des § 4, der seit langen Jahren geltendes Recht ge- wesen ift, wird allerdings mehreren im Besige größerer Eisenbahn- unternehmungen befindlihen Staaten ein zum Teil beträchtliches finanzieles Opfer zugemutet. Die vorzugsweise beteiligten Regterungen haben ih aber, tin bundesfreundlicher Berücksichtigung der in Betracht zu ziehenden Billigkeitsgründe, mit der geplanten Aufhebung einvyer-
standen erklärt.
Der gestern dem Hause der Abgeordneten vorgelegte Entwurf eines Gesehes, betreffend die Feststellung des
Berlin, Mittwoch, den 13. Januar
P I I
e L Der (diesem @escze als Anlage beigefügte) Staatshaushaltsetat für das Etatéejahr 1909 wird 3 827 474 685
in Einnahme auf . . und in Ausgabe uf ....... , 3827474685 M nämlich auf 3 596 531 370 M an fortdauernden
und auf 230 943 315 an einmaligen und außer-
festge ordentlichen Auegaben estgeseßzt.
8 2. Der (diesem Geseß als weitere Anlage beigefügte) Ctat der Ver- waltungs-Einnahmen und - Ausgaben der Preußischen Zentral-Genossen- \haftskasse für das Gtatsjahr 1909 wird in Einnahme auf 7 600 4 und in Ausgabe auf 622 000 4 festgeftellt.
Sm Etatsjahre 1909 können nach Anordnung des Finanzministers zur vorübergehenden Verstärkung des Betriebsfonds der General- staatckasse Schaßanweisungen bis auf Höhe bon 100 000 060 4, welche vor dem 1. Januar 1911 verfallen müssen, wiederholt aus- gegeben werden. Auf dieselben finden die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 und des § 6 des Gesezes vom 28. September 1866
(Geseßsamml. S. 607) Anibenvinse
Der Finanzminister ist mit der Ausführung dieses Geseßzes beauftragt.
Mit dem vorstehenden Gesehentwurf ist im Hause der Abgeordneten zualeih der folgende Entwurf eines Gesehes, betreffend die Ergänzung der Einnahmen in dem Staatshaushaltsetat für das Etatsjahr 1909, ein-
bracht worden: gebrach E
Zur Bereiistellung bes Geldbetrags, der zur Ergänzung der Ein- nahmea in dem Staatshausbaltsetat für ‘das Etatsjahr 1909 er- forderlih und unter Kap. 24 Tit. 19 der Einnahwe in dem Etat der allgemeinen Finanzverwaltung in Höhe von 158 000 0C0 4 in Ansaß gebracht ist, ist eine Anleihe dur Veräußerung eines entsprehenden Betrags von Schuldverschreibungen aufzunehmen.* :
An Stelle der Schuldverschreibungen können vorübergehend Statantoeisungen auêgegeben werden. Der Fälligkeitêtermin ist in den Schaßanweisungen anzugeben. Der Finanzminister wird ermäßhtigt, die Mittel zur Einlösung dieser Maa me aae durch Ausgabe von neuen Schaßanweisungen und von S uldvershreibungen in dem er- forderlihen Nennbetrage zu beschaffen. Die Schaganweisungen können wiederholt ausgegeben werden. 4 i
Schayanwei}jungen oder Schuldverschreibungen, die zur Einlösung von fällig werdenden Schaßanweisungen bestimmt sind, hat die Haupt- verwaltung der Staatsshulden auf Anordnung des Finanzministers vierzehn Tage vor dem Fälligkeitötermine zur Verfügung zu halten. Die Verzinsung der neuen Schuldpapiere darf nicht vor dem Zeik- punkte beginnen, mit dem die Veczinsung der einzulösenden, Shaß- anweisungen aufhört.
2. Wann, durch welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Zinsfuße, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welhen Kursen die Schaßanweisungen und die Schuldverschreibungen ver-
auegabt werden sollen, beftimmt der Finanzminister. äm übrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der Anleihe
die Vorschriften des Geseßes vom 19. Dezember 1869, betreffend die Konsolidation preußisher Staateanleihen, (Seseßsamml. S. 1197), des Geseßzes vom 8. März 1897, betreffend die Tilgung von Staats- \{hulden, (Geseßsamml. S. 43) und des Geseyzes vom 3. Mai 1903, betrefferd die Bildung eines Ausgleihsfonds für die Eisenbahnver- waltung, (Gescßsamml. S. 155) Pi Anwendung.
Der Finanzminister is mit der Ausführung dieses Geseyes be- auftragt.
Ferner is gestern dem Hause der Abgeordneten zu- gleih mit einer Uebersicht von den Staatseinnahmen und -ausgaben für das Etatsjahr 1907 und einer dazu gehörigen Denkschrift der nachstehende Entwurf eines Ge- se hes, betreffend die Deckung von Ausgaben des Re h- nungsjahres 1907, vorgelegt worden:
Der Finanzminister wird ermächtigt, zur Deckung von Ausgaben des Rechnungsjahres 1907, welche aus den Einnahmen dieses Jahres nit baben bestritten werden können, 21 342 187,06 4 im Wege der Anleihe durch Ve:äußerung eines entsprehenden Betrages von Staats- \{uldvershreibungen zu beschaffen. .
An Stelle der Schuldverschreibungen können vorübergehend Schaßanweisungen ausgegeben werden. Der Fäligkeitstermin ist in den Schatzanweisungen arzugeben. Der Finanzminister wird er- mächtigt, die Mittel zur Einlösung dieser Schaßanweisungen dur Ausgabe von neuen Schaßanweisungen und von Schuldverschreibungen in dem erforderlichen Nennbetrage zu beschaffen. Die Schagzanweisungen können wiederholt ausgegeben werden. F
Schayanweisungea oder Schuldverschreibungen, die zur Einlösung von fällig werdenden Schaßanweisungen bestimmt find, hat die Haupt- verwaltung der Staatsschulden auf Anordnung des Finanzministers vierzebn Tage vor dem Fälligkeitstermine zur Verfügung zu halten.
anweisungen aufhört. L
S bd C Wann, dur welche Stelle und in welhen Beträgen, zu welhem Zinsfuße, zu welchen Bediagungen der Kündigung und zu welchen
gabt werden sollen, bestimmt der inanzminister, L. ú
Ju übrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der An- leihe die Vorschriften des Geseyes vom 19. Dezember 1869, betreffend die Konsolidation preußischer Staatsanleihen, (Geseßsamml. S. 1197), des Geseßes vom 8. März 1897, betreffend die Tilgung von Staats \{hulden, (Geseßsamml. S. 42) und des Geseßes vom 3. Mai 1903, betreffend die Bildung eines Ausgleihsfonds für die Eisenbahn- verwaltung, (Geseysamml. S. I) 1s Anwendung.
Der Finanzminister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt. j Jn der diesem Gesezentwurf beigegebenen Begründung
wird ausgeführt: ads L
S der Uebersicht von den Staatseinnahmen und -ausgadven für A etdiabr 0A hat die Rechnung dieses Jahres mit einem Fehlbetrage von 71 801 139,38 abgeSlofen Zur teilweifen Deckung dieses Kehlbetrages is auf Grund der Bestimmung im § 3a Ziffer 2 des Gesehes vom 3. Mai 1903 der Gnde 1907 noch vorhandene Be«
| stand des Ausgleichzfonds der Eisenbahnverwaltung von 50458 952 82
bei Kap. 24 Tit. 18 des Etats der allgemeinen Finanzverwaltung
Staatshaushaltsetats für das Etatsjahx 1909, hat folgenden Wortlaut :
vereinnahmt worden. Hiernach ergibt die Rechnung einen wirklichen Fehlbetrag von 21 342 187,06 S.
In Ermangelung anderweiter Deckungsmittel wird diese Summe im Wege der Anleihe zu beschaffen sein, wozu dur das vorgeschlagene Velen De Ermäthtigung erteilt werden soll.
er E entspriht den bezüglihen Bestimmungen der in den lezten Jahren ergargenen gleichartigen Anleihegesege.
Literatur.
Die Weltwirtshaft. Ein Jahr- und Lesebuch, herausgegeben
von E. von Halle. III Jahrgang 1908, 1. Teil: Internationale
Vebersichten. Geh. 6 46. Verlag von B. G. Teubner, Leipzig, —
Der dritte Jahrçcang dieses im „Reichs- und Staatsanzeiger“ {hon
wiederholt gebührend gewüidigten Jahrbuchs, das eine fortlaufende
jährlihe Darstellung der weltwirtshaftlihen Entwicklung aus der
Feder hervorragender Fahleute bringt, ersheint im Quarisormat, das
eine bessere Anordnung der Tabellen gestattet, in d:nen ein Haupt-
wert des Jahrbuhs besteht. Im vorliegenden ersien Teil wird wiederum eine Reihe von vergleihenden internationalen Nebersichten über die wichtigsten Gebiete der Weltwirtschaft geboten, die sich zumeist auf das Jahr 1907 und die Vorjahre beziehen. Er beginnt mit einer Uebersicht über „die Weltpolitik im Jahre 1907“ von Dr. H. Plehn (London), in deren Mittelpunkt die englishe Politik steht. Ein allgemeiner UVeber- blick über die „internationale Wirtschaftspolitik®“ {ließt sch an, worauf als dritter Abschnitt die grundlegenden Produktioneübersichten olgen, und zwar eine über die landwirtschaftlihen Erzeugnifse von eProfessor Dr. Ballod, Mitglied des preußischen Statistischen Landes- amts in Berlin, und eine über die Gewinnung industrieller Rohstoffe von dem Geschäftsführer des Zeniralverbandes deutscher Fndustriellen, Regierungsrat a. D. Dr. Leidig (Berlin). Der vierte Abschaitt Geld und Kredit" wird durch einen Aufsay üker Geldwesen und Edelmetalle eingeleitet; dann folgen Uebersichten über das Bankwesen, die Börsenlage und den internationalen Geld- und Wechselmarkt; sie stehen sämtlich unter dem Zeichen der enormen Geldverteuerung des Jahres, die in Amerika besonders akute Formen annahm. Weiter gibt A. H. Hirschberg Gonden) eine allgemeine Uebersicht über den Welthandel, der fi
Beiträge über den Weltve:kehr, die Eisenbahnen (von dem Wirklichen Geheimen Oberregierungsrat Dr. von der Leyen), die Reederei und Schiffahrt (vom Herausgeber), die Post und Telegraphie (von Oberpostinspektor Heß in Berlin) anschließen. Einem Ueberblick über das Versiherungswesen (von Professor Dr. A. Manes, General- sekretäc des Deutshen Vereins für Versicherung? wissenschaft in Berlin) folgt die Darstellung der Fortschritle der chemischen Technik, in der eine eingehende Erörterung des Problems der Stickstoffgewinnung und der Versuche seiner sung erhecblihes Interesse beansprucht. Uebersichten über das Armenwesen (von Stadt- rat Dr. Münsterberg in Berlin), über die Entwicklung des Wirt- \Gaft3rehtes (von Obérlandesgerichtsrat Dr. Ritter in Hamburg) und enck:lih über die staatlihe Sozialpolitik (von Professor Stephan Bauer, Direkior des Internationalen Arbeit8amtes in Basel) {ließen diesen ersten Band, dem sich der zweite und der dritte in \{hneller Folge
anschließen sollen.
Handel und Gewerbe.
Aus den im Reichsamt des Innern zusammengeftellten Es “N achrichten für Handel und íIndufirie*.)
Bericht der bi t a Bengalen für das Jahr
Zu dem Bericht der Handelskammer von Bengalen ift nuns mehr au noch ein Anhang veröffentlicht worden, der neben Be- stimmungen für den Verkehr usw. im Kalkuttaer Hafen ausführliche Tabellen über den Handel Bengalens sowie British - Indiens în seinen Haupterzeugnissen enthält. Der gedachte Anhang liegt während der nächsten vier Wochen in der Zeit von 10 Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nachmittags in dem Bureau der „NachGrihten für Handel und Industrie“, Berlin NW.6, Luisecnstraße 33/341, Zimmer 241, zur Einsihtnahme aus und kann nah Ablauf dieser Frist auf Antrag für kurze Zeit deutschen Interessenten zu- sandt werden. Die Anträge sind an das Reichsamt des Innern, Berlin W. 64, Wilhelmstraße 74, zu richten.
Ausschreibungen.
Lieferung von Gegenständen und Materialien für Eisenbahnwagen der belgishen Staatsbahnen. 30 Lose. Verbandlung: demnächst, Börse in Brüffel.
Lieferung von Stahl nah Zeitunburnu (Türkei). Die Eroßmeisterei der Artillerie in Konstantinopel vergibt die Liefe- rung von 2900 kg Stabl zur Anfertigung von Ladefedern und Patronenrahmen in der Patronenfabrik in Zeitunburnu. Näheres ist vom „Conseil de la Grande Maîtrise d’Artillerie À Constanti- nople“ zu erfahren, wohin auch Angebote zu rihten find. (Vesterr. Zentral- Anzeiger für das öffentliche Lieferungswesen.)
Rumänien. Lieferung von 65000 kg gekoGhtem Leinöl an die Generaldirektion der Eisenbahnen in Bukarest. Verhandlung :
H F sit Die Verzin)ung der ncuen Schuldpaptere darf niht vor dem Zeit» | punkte beginnen, mit dem die Verzinsung der einzulösenden Schaß- |
Kursen die Schaßanweisungen und die Schuldverschreibungen veraus- }
9. Februar 1909. Nähere Angaben find von dem Sorviciul de Economat, Bukarest, Strala Lascar Catargiu Nr. 5, erhältli(. (Oesterr. Zentralanzeiger für das öffentliche Lieferungswesen.) Neue Gisenbahn in Brafilien. Die Pläne für die Vers längerung der Sobraleisenbahn zwischen Cratheùs im Staate Ceará und Therezina im Staate Piauhy (334 km) sind vom Präsidenten der Republik genehmigt worden. Die Koften find auf 12 574 : 378 § 820 veranschlagt. ial — Estados Unidos do Brazil)
(Diario Offici Aegypten. Lieferung von 2 senkrechten Kesseln mit Zubehör für das Gefängnis in Tourah.
Verhandlung: D ente 1909, Mittags, bei der Administration dos Prisons in Kairo. An- gebote (auf ägyptishem Stempelpapter von 30 Milliòmes) sind bet dem Inspecteur Général des Prisons direkt, ohne Vermittlung der Post, einzureichen. (Journal Officiel du Gouvernement gyptien.)
af A E 4 A S NOE L C LA P Ed A D M
stellung für Kohle, Koks und Briketts S aut Januar 1909: Ruhrrevier Obers(blefisches Revier Anzahl der Wagen Gestellt E BOA 9 125 Nicht gestellt —— —, Oie Allgemeine Elektrizitäts-Gesellshaft und
S 8 - Schudckertwerke haben, laut Meidung des A S Câte gemeinsam einen förmlichen Antra auf Er-
[ der Konzession zum Bau und Betrie einer l N ia zu hetreibenden elektrischen Städtebahn