1909 / 19 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Jan 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Jn Erfüllung dieser Aufgaben ift der Verband bemüht ewesen, eine rege Tätigkeit ju entfalten. Unter anderem hat er alljährli in Ge- meinsGaft mit dem Sozialen Museum în Frankfurt a. M. Uebungs8- kurse zur Autbildung von Leitern und Beamten von NRechtsauskunftss ellen veranstaltet. Ferner hat er eine ftändige Vertretung Versiderter in ihren Rentenangelegenheiten vor * dem Reichs- dersiberungsamt ecingerihtet, deren Snarspruchnahme äußerst rege ist. Während im ersten Jahre nur 43 Akten zur Vertretung von AnsprüSen eingereiht wurden, find im leßten Jahre bis zum 1. No- vember 1908 bereits 248 Streitsahen dem Verbande zugegangen. In diesen baben bigher 214 Termine wahrgerommen werden müssen. Die Vertretung der Ansprüche vor dem Reichsversicherungs8amt ist einem mit der Praxis der Arbeiterversicherung8geseße vertrauten Juristen übertragen worden. Die erfolgreiche Tätigkeit des Verbandes wird heute in weiten Kreisen gesäßt und anerkannt. Dies ergibt am deutlichsten die Tat- sache, daß die anfänglih geringe Mitgliederzahl in der kurzen Zeit des Bestehens des Verbandes bereits auf 128 gestiegen ist. Eine besondere Anerkennung ist dem Verbande au dadur zuteil geworden, das ihm die Regierungen verschiedener deutscher Einzelstaaten arößere Beibilfen zur Durchführung der BVerbandszwecke gewährt haben.

Theater und Musik.

Hebbeltheater.

Das Hebbeltheater, das sich in leßter Zeit mit Vorliebe der modernen dänischen Literatur zugewandt hat, führte gestern zum ersten Male ein Schauspiel des hier noch wenig bekannten Dänen Sophus Michaelis, „Revolutionshochzeit“ betitelt, auf. Sophus Michaelis soll ein guter Erzähler sein, ein Dramaliker it er jedenfalls nicht oder noch nicht, es fehlt ihm dazu porrausig die Fähigkeit, die Charaktere seiner handelnden Personen logi und- psychologisch überzeugend aus ihren Worten hervorleuhten zu laffen. Wohl gliedert er den Stoff richtig und versteht sih darauf, Spannung zu erzeugen, das aber sind Eigenschaften, die der Erzähler mit dem Drawatidr gemein hat. Die Ereignisse, die er hier schildert begeben fich im Mai 1793 in Frankreich, da die Jakobinerbanden, auf der Sue nach zurückgekehrteä “Emigranten das Land durhziebend, ihre Schreckensherrshaft ausübten. Eine folhe beseßt au das Séhlo Trionville in der Nähe von Conds just in dem ugenblickd, da die in Frankreich zu: ückgebliebene Sg&loßherrin fich mit Ernest des Tréfsailles, einem unter dem Schuye Oesterreichs heimgekehrten Emigranten, vermählt hat. Der Bräutigam wird gefangen genommen und kurzerhand standrechtlich zum Tode ver- urteilt. Am nächsten Morgen soll er sterben. Aber des Trófsailles ift kein Held; gemeine Todesfurht übermannt ihn, und er hat keinen Bl'ck für die ihm soeben angetraute Braut. Obgleich sie ihn ver- adtet, hat Alaine doch Mitleid mit dem Feigling und erivirkt um den Preis ihrer Ehre von dem wachthabenden Offizier, dem Oberstleutnant Marc-Arron, der mit ihm die Kleider wechselt, seine Flucht. Aber Alaine denkt nit daran, dem Kommunisten Wort zu halten, und er, der bisher als lüsterner Bluthund erschien, wird nun p! öylich zum Ritter Sb der si gelassen niederseßzt und geduldia der Dinge harrt, die da kommen werden. Er hat nicht nur die Kleider, | die Rollen vertausht, statt seiner muß er, wie er weiß, am nähsten Morgen fterben. Als Alaine die Tragweite seiner Opfertat zum Bewußtsein kommt, erwaht in ihr plöglih eine leidenschaftlihe Zuneigung zu diesem Mann. Nach kurzer Liebes- naht graut der Morgen, und Marc-Arron stirbt, die ihm angebotene Begnadigung seiner republikanishen Genossen verwerfend, den Soldatentod für seinen Merrai, indem er felbst den Soldaten befiehlt, auf ihn zu feuern. Das Interesse für den Inhalt des Dramas täushte im Verein mit einer guten Darstellung über die Mängel der Zeichnung und über die unmotivierten Wandlungen im Wesen fast aller Hauptcharaktere hinweg, sodaß die Zuschauer dem Werke einen recht lebhaften Erfolg bereiteten, der sogar den anwesenden Verfasser vor die Rampe zitierte. Die drei Hauptdarsteller, Fräulein Roland (Alaine), die Herren Otto (Tréffailles) und Kayßler (Marc- Arron), lösten ihre nicht leihten Aufgaben mit Geshick und waren bemüht, die Widersprüche ihrer Rollen zu verdecken. In episodischen Aufgaben zeichneten sh Grete Berger, die Herren Nissen, Wlach und andere aus. Das Stück war von Bjôrn Björnsen mit Geshmack in Sjzene gesetzt, nur hätte das Spieltempo etwas lebhafter sein können.

wit dem Entflohenen sondern auch

Im Königlichen Opernhause findet morgen eine Wieder- holung von „Carmen“ statt. Die Damen Rose (Titelrolle), Hempel PYèicaëöla), Philipp (Don Joss), Bischoff (Escamillo) find in den

auptrollen beschäftigt, Fräulein Dell’Era, Fräulein Kierschner u. a. tanzen im Ballett des 4. Akts. Dirigent is der Kapellmeister von Strauß.

Im Königlihen Schausptelhause wird morgen Ernst von Wildenbruchs Schauspiel „Die Nabensteinerin“, mit Frau Willig in der Titelrolle, den Herren Zimmerer, Kraußneck, Geisendörfer, Patiy, Eggeling und den Damen von Arnauld, Buße und von Mayburg in den anderen Hauptrollen, aufgeführt.

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Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnabend : Opern- haus. 21. Abonnementsvorftellung, Dienst- und Freipläze find aufgehoben. Carmen. Oper in 4 Akten von Georges Bizet. Text von Henry Meilhac und Ludovic lóvy, nach einer Novelle des Prosyver Merimóe. usikalishe Leitung: Herr Kapellmeister von Strauß. ‘Regie: Herr Oberregifseur Droesher. Ballett: rr Ballettmeister Graeb.

Anfang 74 Uhr. Abonnementsvorstellung.

Schauspielhaus, 23. Die Rabensteinerin. Schauspiel in vier Akten Regie: Herr Regisseur

von Grnjt von Wildenbruch. 22. Abonnementsvor-

Kefiler. Anfang 7} Uhr. Sonntag: Opernhaus. stelung. Dienst- und Freipläge find aufgehoben. Der Ning des Nibelungen. Bühnenfestspiel von Richard Wagner. Dritter Tag: Götterdämme- eun (Fräulein Walker, K. u. K. Kammersängerin, als Gast.) (Gewöhnliche Preise.) Anfang 6# Uhr. Schauspielhaus. 24, Abonnementsvorstellung. Mrs. Dot. Lustspiel in 3 Akten von W. Somerset Maugham. Deutsch von B. Pogson. Anfang

74 Ubr. Sonntag: 154. Billett-

Neves Operntheater. reservesaz. Dienst- und Freipläge find aufgehoben, r Tragödie erfter Teil.

Faust von Goethe. Anfang 7 Uhr.

fang §8 Ubr.

unsere Leut.

Der König.

Deutsches Theater. Sonnabend:

lution in Krähwiukel. Anfang 74 Uhr. Sonntag: Revolution in Krähwiukel.

Kammerspiele.

Sonnabend: Eleonara Duse: Zum ersten Male: La Donna del Mare. Anfang 8 Uhr. Sonntag: Der Graf vou Gleichen.

Revo-

Garten.

8 Uhr.

febbeltheater. (Königgräßer Straße 57/58.) Sonnabend: Revolutioushochzeit. Anfang 8 Uhr.

Neues Schauspielhaus. Sonnabend: Gaft- spiel Josef Kainz: Jphigenie auf Tauris.

Berliuer Theater, Sonnabend: Einer vou Anfang § Uhr.

Lessfingtheater. Sonnabend, Abends 8 Uhr:

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der Raub der Sabinerinnem. Abends § Uhr: Der König. Montag, Abends 8 Uhr: Ibsen-Zyklus. Vorstellung: Die Stützen der Gesellschaft.

Schillertheater. 0. Sonnnabend, Abends 8 Ubr: Komtesse Guekerl. Lustspiel in 3 Akten von Franz von Schönthan und Franz Koppel-EUfeld.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Ein Volksfeind. Abends 8 Uhr: Charleys Tante.

Montag, Abends 8 Uhr: Komtesse Guckerl.

Charlottenburg. Charleys Tante. S{chwank in drei Akten von Brandon Thomas.

Sonntag, Nachmittags 3 Ubr: Juliuë Caesar. Abends 8 Uhr: Monna Vanua-

Montag, Abends s Uhr: Charleyë Tante.

Theater des Westens. (Station: Zoologischer Kantstraße 12) Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr : Dorurösheu. Abends s Uhr: tapfere Soldat.

Komishe Oper. Sonnabend: Zaza. Anfang

Custspielyaus. (Friedrichstraße 236.) Sonn- abend : Die glüeklichste Zeit.

Mit Rücksiht auf die Galavorstelung im Königlichen Opern- bause am 11. Februar muß das nächste Symphoniekonzert der Königlichen Kapelle unter der Leitung des Generalmusikdirektors Dr. Richard Strauß vom 12, Februar auf den 15. Februar ver- [legt werden.

(Der Konzertbericht befindet si in der Zweiten Beilage.)

Mannigfaltiges. Berlin, 22. Januar 1999.

Das unter dem Protektorat Ihrer Majefiät der Kaiserin und en stehende Deutsche Hilfskomitee für die in Süd- italien durch Erdbeben Geschädigten teilt aus den zuletzt eingetroffenen Telegrammen mit, daß das in Syrakus unter Dr. Colmers errichtete Hospital den Bau eines neuen großen Feld- barrackenlagers in Angriff genommen hat. Die erforderlichen Verein- barungen über die Anlage des Feldbarcckenlagers find mit dem Präfekten von Syrakus bereits getroffen. Eine Erweiterung des jetzigen Lazaretts ist dringend erforderli; der Andrarg ist außerordentli groß. Wie ein dem Zentralkomitee des Noten Kreuzes zugegangenes Tele- ramm beribtet, bat am 20. d. M. der Herzog von Genua das Kiarett besihtigt. Nah den Mitteilungen des soeben aus Syrakus uug Königlich italienishen Vizekonsuls Dr. Rebajoli, er als ehrenamtliher Berater die teutshe Expedition bis an die Stätte ihrer jeßigen Wirksamkeit begleitet und dur seine Kenntnis von Land und Leuten nachhaltig unterstüßt bat, hat man die Expedition des deutshen Roten Kreuzes mit offenen Armen auf- enommen. Man ist glücklich darüber in Syrakus, wo so viele

chwerverlezte in trostlosem Zustande der Behandlung eines Chirurgen von Fach harrten, sachkundige deutse Aerzte zu haben. Dr. Colmers hat sich dort in zwei Tagen ein Ansehen geschaffen, wie es ih sonst niht in 20 Jahren shaffen ließe. Er wird mit Gesuchen und privaten Konsultationen einfach bestürmt. Die deutschen Schwestern und Pfleger unterstüßen die Aerzte mit größter Hingabe unermüdlich. Baracken, Zelte, Kleider und Geschirr werden als das Dringendste bezeichnet, hauptsählich în den abgelegenen Dörfern Calabriens8. f

In Neapel is dem Komitee die werivollste Unterstützung tur den deutshen Konsul Aselmeyer, der unermüdlih und aufopfernd tätig ist, zuteil geworden. Ebenso hat si Herr du Vinage als ftellver- tretender Delegierter ‘dem Komitee in selbstlosefter Weise zur Ver- fügung gestellt und zusammen mit einem Herrn SGraßner eine äußerst rege mg tva entfaltet. i E

Ein Waggon mit Hilfsmitteln aller Art ist am gestrigen Tage mit dem Aegyptenerpreß von Berlin abgegangen. Au München hat wiederum einen solchen unter Begleitung etnes italienisch svrehenden Sanitärs abgetanre Um weitere Spenden wird dringend gebeten. 8 Bureau des Komitees befindet ch Alsenftraße 10.

Dr. Rebajoli schildert den Eindruck, der durch die Abordnung der deutschen Hilfserpedition hervorgerufen wurde, folgendermaßen: „Gs war sofozt ein Umschwung der Stimmung zu bemerken, eine allgemeine Sympathie für unsere Kolonne, cine Erhöhung der Stincng der Patienten, die in dem Gefühl aufatmen, daß fie in guten Händen si befinden, und daß das, was die außerordentlich opferwilligen italienishen Aerite, die sie gerettet, nit leisten konnten, nämlich passende Betten, Operationsmaterial und geshulte Pfleger und Sn zu beschaffen, von der deutschen Hilfskolonne geboten wurde.

ie leßtere hat die Frauenabteilung eines großen, in einer Kaserne improvisierten Hospitals übernommen. „Dr. Colmers,* so berichtet der Vizekonsul Dr. Rebojoli weiter, „begann sofort zu operieren, und ¡war in Anwesenheit aller interessierten Aerzte. Es waren manQOmal 8 bis 10 italienische Aerzte zugegen, die Dr. Colmers in berzlibem Dankgefühl zushauten und ihre unumwundene Anerkennung und Bewunderung zollten. An Aerjiten war nämli keine große Not vorhanden , desto dringender war aber der Mangel an bederzten, kundigen Chirurgen von den dortigen Aerzten empfunden worden.“

Aus Italien meldet ,„W. T. B.* noch folgendes:

Rom, 21. Januar. Für die Provinzen Reggio di Calabria und Messinzx ift ein Königl|hes Dekret erlassen worden, das die Zahlungstermine bei Leben8- und Unfallversicherung®-

esellshaften hinausshiebt. Der Tod eines Versicherter soll auch

hinsichtlich der Zahlungsverpflihtung der Gesellschaft nach den sum- marischen Bestimmungen des Gesetzes vom 12. d. M. für erwtesen gelten. Eine Vorzeigung der Police soll nit erforderli sein, wenn das Bestehen der Verficherung durch geseßzlihe B-weikmittel bewiesen werden kann.

Gin Telegramm des Generals Tarditi an den Minifterpräfiderten Giolitti meldet, daß die Gemcinden Palmi, Seminara, Santa Gufemia, Scilla, Canitello und Bagnara wieder Beleubtung baben. Bei Palmi babe fih in der Näbe des Meeres ein Grd- \palt gebildet, aus dem heiße Shwefeldämpfe dringen, die ringsherum alle Veg:tation vernichten.

Ans-

Anfang 8 Uhr.

Sonnabend, Abends 8 Uhr: Girardi: Meister Tutti.

Zweite

Uhr.

Refidenztheater. (Direktion : Richard Alexander.)

Sornabend: Küwmumere Dich um Amelie. Shwank in 3 Akten (4 Bildern) von Georges Feydeau.

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Sönfeld.) Gaftspiel Alexander Pofse mit Gesang în 3 Akten nach F. Zell von J. Kren und Alfred S{önfeld, Musik v. V. Hellaender. Sonntag, Namittags: Narcifß.

Trianontheater. (Georgerftraße, nabe Bahnhof Friedrihftraße.) Sonnabend: Der Satyr. Anfang 8

K

Die Stadtverordneten hatten in ibrer gestrigen Sißun ¡unächft über die Gestaltung tes S@illerpaikes Beschluß zu fassen. Des Magistrat haite der Versamwlung den preiögekrönten Gutwurf e Annabme empfohlen und diese ibn einem Autsufse zur Vorberatun überwiesen, der nun folgende BesSlußfafsung empfahl: „Die Ver sammlung ftimmt dem ihr mittels Vorlage des Magistrats vom 29. Dezember 1908 vorgelegten Entwurfe nebst Koftenans&?az für den Schillerpark und seiner Autführung unter Mitbeteiligung deg Verfassers bei Leitung der künstlerischen Gestaltung des Parkes jy mit der Maßgabe, daß dur reihliere Randpflanzungen besonderg an der Bürgerwiese in erhöhtem Maße für das lUuftwandelnde Publikum fchattige Wege ge!&#affen werden, und ftellt die in der Stadtanleibe von 1904 für den Park vorgesehenen Mitte] zur Verfügung.“ Der Autsckußantrag wurde nach kurzer Debaike angenommen. Nah Erledigeng einer Anzahl kleinerer Vorlagen wandte \sih die Versammlung der Magistratévorlage, betreffend den Besuch des englisen Königspaares in Berlin, zu. Der Maglîstrat be, antragte folgende Beslußfassung: „Die Versammlung ist damit einver, standen, daß die bei dem Empfange des englischen Köntgäpaares in Berlin am 9. Februar 19€9 der Stadtgemeinde entstehenden Kosten bis jur Höbe von 60000 # aut dem Spezlaletat 49, Ausgabe, Extra, ordinarium 1, entnommen und daß: die für den Empfang erforder, lihen Anordnungen dun eine aus fünf Magiftratdmitgliedern und zehn Stadtverordneten bestehende gemischte Deputation getroffen werden,“ Die sozialdemokratische Fraktion erhob dur ihren Wortführer, den Stadtv. Singer, gegen die Vorlage Einspruch. Dea von ibm geäußerten Ansichten wurde von ten übrigen Rednern einmütig wider, sprozen. Der Oberbürgermeister Kirschner hab in seinem Sehlußwort hervor, daß nur die Gruppe der Sozialdemokraten aus prinilpiellen Gründen gegen die Vorlage sci, im übrigen aber alle Gruppen in dem einen Punkie einig seten, daß der Besu des englisFen Königépaares als ein erfreulihes Eretgnts begrüßt und daran die Hoffnung geknüpft wid, daß der Besu die freundlichen Be, ziehungen zwischen dea beiden großen Nationen fördern werde. Er stelle dies auch dem Auslande gegenüber fest. Die Vorlage wurde angenommen. Auf die öffentliche folgte eine geheime Sigzung.

Der „Gesin deball* des Vereins Berliner Bühnen, künftler findet morgen, Sonnabend, Abends 9F Uhr, in den Ge, samträumen des Künftlerhauses zum Besten seines Unterstüßungs, fonds tatt. Zur Belustigung der Säste werden eine Rutschbahn, Karufsell, SWhießbude und Tombola eingerihtet. Die Ballmusik wird von der Kapelle des Königin Elisabethregiments ausgeübt. Ein- tritiskarten (10 Æ) find îim Ballbureau, Künstlerhaus (Belle vue- straße 3), von 11—5 Uhr zu haben.

Altona, 21. Januar. (W. T. V.) Die ftädtishen Kol- legien bewilligten für die Erbauung etnes Stamms|\iels 3 500 000 M, und zwar mit der Herstellung ciner Abd}ischanlage in Othmarschen.

Dresden, 21. Januar. (W. T. B.) Aus Anlaß: einer heute vormittag abgehaltenen Versammlung von Arbeitslosen ver suchte wiederum eine große Menschenmenge nah dem Residenz- \Glosse zu gelargen, wurde aber durch die Polizei, welche das S@&lofß; und das Landtag?gebäude abgesperrt hielt, daran verhindert.

Paris, 22. Jaruar. (W T. B.) Im Bahnhof hon Pontarlier wurde von bisher unbekannt gebliebenen Dieben ein Saeck mit Couvons der S@wetzer Bundesbahnen im Be- trage von 400 000 Fr. gestohlen. Die Diebe warfen einen großen Teil der für fie wertlosen Coupons auf der Straße fort.

MWie mehreren Blättern aus Tetuan în Marokko vom 19. d. M. gemeldet wird, berihten aus dem etwa 50 km südli gt- legenen Gebiet der Remaras eingetroffene Eingedorene, daß infolge eines Erdbeben8 oder eines Bergrutshes mehrere große Dörfer zerstört und einige Hundert Personen getötet oder verletzt worden feien.

Konstantinopel, 21. Januar. (W. T. BY Blättermeldungen zufolge erhielt der Minister des Innern geftern abend ein Telegramm, wonach in Phokia durch ein Grdbeben 679 Häuser zerftört worden seien und Hilfe nötig sei. Der Minister habe zweihundert Pfund geschickt. In einem Salzbergwerk der Dette Publique on at Arbeiter getötet worden. Bisher fehlen weitere Ginzel- eiten.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

e

\chädigten, veranstaltet vom Verliner Sänger bunde (Dirigent: Prof. Felix Echmidt) Mitw.: Paula Simon, Kgl. Musikdirektor Theodor Grawert, Kal. Hofshauspieler Mox Winter. E E I des Garde- orps.

ZBirkns Schnmann. Sonnabend, Abend! 74 Ubr: Galavorftelung. Paet, als Kunsi radfahrer. Das boxende Käuguruh. Die Pra&t Pantomime: Golo, der Seeräuber und Mädchen- händler.

Sonntag: 2 große Vorstellungen. în beiden BVorstelluncen Ung:kürzt: Golo das boxtnde Känguruh Paet. Nachmittags hat jeder Er waGsene ein Kind frei.

(Wallnert heater.) j Konzerte.

Singakademie.

Philharmonischen Orchester. Erust Kunwald.)

Sonnabend, Abends 8 Uhr :

Prof. Arthur Nikisch.

Der

Sonnabend, ‘Lbends 8 Uhr der in Süditalieu

Anfang 8 Uhr.

Sonnabend, Abends 8 Uhr: Konzert von Louis Wolf} (Violine) mit dem

Saal Behstein. Sonnabend, Abenbs 74 Uhr: Klavierabeud von Martha Schmidt,

Becihoven-Sgal. Sonnabent, Abenbs 3 Uhr: | be 2. Liederabenud von Eleua Gerharbt.

Klindworth-Scharwenka-Sagal. Sonnabend, Abends 8 Uhr : Konzert von Heleue Practoriuës (Klavier) und Elisabeth Schumauu-Ssautag,

Blüthner-Saal. Sonnavend, Abeads §8 Uhr Konzert von Clareuce Ablerx und Autou Helliug,

Ausfstellungshalle d. Boologishea Gartens. Kougert zum VBefleu ducch Erdbbebeu

n Familiennachrichten.

Berlobt: Frl. Ella Kapuste mit Hru. Amtsridit! Dr. Emil Grotefentt (Gleiwiß). Frl. G! von Berlin mit Hrn. Ludwig Schmidt-Hederi (Fujau O-S —Stubbe bei Rieseby). ;

Bereheliht: Hr. Karl Heinrih Stever m! Frl. Margarete von Berlin (Kujau O-S ). Z

Geboren: Gin Sohn: Hrn. Oberftleutna® E-rrst von Zieten (Gnesen). ;

Gestorben: Fr. Geheime Kommerzienrat Mathil

Han, gb, Sth1dder (Hannover). Frl.

Pleonere Findau- loret vorzu S “ger

de Matzlères 1 terdje ophie

j ochterdzen p e reclentan

(Berlin-Wilmersdorf). Hin. 2E Siegíriev vou Wulffens Töchterchen Karin (Fr furt a. M,),

(Dirigent: Dr.

Mit.

E

Verantwortlicher Redakteur : Direktor Dre, Tyrol in Charlottenburs Berclag der Expevition (Heidrich) in Berl Drud vex Nociiveutlchen Buehoruckterei und Berla Anstalt Berlia §W Wilhelmstraße Nr. 32 Jieun Beilagen (einsjließlid) Börlen-Beilage).

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M 19.

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Koloniales.

Hor ber Abteilung Berlin - Charlottenburg der Deutschen Kolonialgesellshaft und vor Mitgliedern der deutshen Volfs- vertretung hielt ber Staatesekretär des Reichskolonialamts, Rirfliche Geheime Nat Dernburg gestern abend im Sizungs- saale des Reichstages einen Vortrag über seine west- frikanishe Reise.

Dem Vortrage wohnten auhdie KaiserlihenMajestäten und Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich und die Prinzessin Victoria Luise pon Preußen in der Hofloge bei, Der Vorsißende der Ab- teilung Berlin-Charlottenburg der Deutschen Kolonialgesell- haft Seine Hoheit der Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg begrüßte Jhre Viazestäten und betonte, pag bas cerstmalige Erscheinen Seiner Moazestät des Kaisers "in einer Sigung der Deulshen Kolonial- gesellschaft zeige, daß der Kaijer. den Weg, den die Kolonial- aesellshaft beschritten habe, für den rihtigen halte, und daß dies für die Abteilung Berlin-Charlottenburg ein Ansporn sein werde, auf dem beshrittenen Wege weiter zu wandeln. Der Vorsitzende begrüßte dann den Staatssekretär Dernburg, der Na mit seiner Nede begann, in der er, „W. T. B.“ zu- folge, ctwa nachstehendes auëführte:

4ch will niht verfehlen, b der ersten Gelegenheit, bei der ich mi öffentli ausspreche, den englischen und kolonialen Be- hörden für thr großes Entgegenkommen meinen warmen Dank aus- jusprehen und die Senugtuung erkennen zu geben, daß in allen den- jenigen Dingen, die ein gemeinschaftliches Intereffe der in Sudafrifka folonisierenden Bôlfer darstellen, wie dem Schuß der Grenen, Niederhaltung unrußiger Grenzbevöikerung, Kampf gegen die Lantplagen Südasfrikas, insbesondere die Heu- ickriden, Studium und Bekämpfung der den nationalen Neihtum hedrohenden Viebseuhen, Stutium und Feststellung der geeignetsten Produltionsmethoden, ein freundnahbarlih-s Verhältnis hat hergestellt werden können, von dem ih in der Lage gewesen bin, die ersten Früdte kürz,lih durch bie Presse bekannt zu geben, Dieser Dank gebührt nicht minder den englisch-n Zentralbebörden in London, als auh allen und jedem einzelnen der biitishen und folonialen Funktionäre, die uns zum Teil mit erhebliher Unb quemlihkeit für sle selbst nahezu ¡wei Monate lang mit Königlicher Gastfreundschaft ihre Ginrihtungen zur Verfügung gestellt haben

Hterauf gab der Staatsstfretär eine Darstellung der Bevyölkerungs- verk ältniffe und wirt\chaftlihen Lage des Karovgebiets der Kapkolonie, das an unser Südwestshußgebiet grenzt, und fuhr fort:

Bon unseren Kolonien ist der Keetmanshooper Bezirk am dünnsten besiedelt, Von 110 abgesteckten Farmen sind nur etwa 60 be- wirt'chaftet, Je weiter man nach Norden kommt, deslo dichter wird auch im sogenannten Südbezirk die Besiedlung und desto weiter vorgeshritten i auch die Entwicklung. Im Gibeoner Bez! waren im WJahre 1907 von 93 Farmen 35 be- wirtshaftet, inzwischen hat sich allerdings auch hier eine Wandlung zum Befssern gezeigt. Im Bezirk Maltahöhe sämtlihe 25 Farmen im Jahre 1957 in Bewirtschaftung, und gerade da sind in bezug auf die Wollschafzuht die größten Fortschritte gemaht. Die Rinderzuht im Süden des Schuygebiets is wegen der Begetation weniger aussihtsreih, obshon natürlich fast jeder Haushalt sein Großvieh besigt. Nah und nah, mehr nah Norden hin, tritt der für die Schafjuucht geeignete Boden z¡urück. Vermischt sind beide Wirtschaftsarten im Gibeoner und Maltahöher Distrikt. Die unter Mitwirkung hervorragender deutscher Landwirte ins Leben gerufene Deutsche Farmgesell- schast, der die Erfahrungen der Liebig-Gesellshaft in Uruguay und Arzertinien zur Seite stehen, und die über ein Kapital von 10 Millionen Mark verfügt, hat teils vom Fiskus, teils von der Deutschen Kolonialgesellshaft vor über Jahresfrist sh Kaufrehte ein- räumen lassen auf insgesamt 350 009 ha und 300 000 ha des angestellten Laydes fest gekauft und bezahlt, worauf sie mit großen Mitteln an die Er- hauung von Gebäuden, Einführung von geeignetem Zuchtvieh, Einstellung von weißen urd farbigen Hilfskräften vorgegangen ift. ein Beweis dafür, daß Leute, denen die Grfahrungen der ganzen Welt zur Verfügung gestanden haben, für die Fortsegung und Aus- dehnurg ihrer Geschäfte niht etwa Argentinien und Südamerika, sondern Deutsh-Südwestafrika gewählt haben, in der Ueberzeugung, daß sie dort mindestens so gut und billig produzieren und fabrizieren können, wie in jenen Ländery. Die Gesellschaft rehnet mit einer Jahres- [teferung von etwa 20 000 Stück Rindvieh, die, wie man annehmen darf, in dret oder vier Jahren regelmäßig erreiht werden dürfte. Freilih erwartet die Farmershaft von der Heimat die Beseitigung gewisser Beschränkungen der Fleischeinfuhr, die ohne Gefahr für den heimishen Viehstand und ohne Verlegung der Zollverträge ent- behrt werden können. Ein ähnliches Fleishunternehmen für den Norden im geringeren Umfange hat die South-West-Africa-Co. in die Hand genommen, das noch dadurch besonders begünstigt wird, daß im Grootfonteiner Bezirk Mais in großen Quantitäten be- reits jegt gezogen wird und als Kraftfutter verfügbar ist. Gute Fortschritte maht auch die Pferdezuht, besonders die der Privaten. Was die Ausmaße für den Betrieb einer Familienfarm antelangt, kann ich die im Schutgebtet herrschende Meinung nur unterschreiben, daß vorläufig im Groots- fonteiner Gebiet Farmen etwa 3000 ha, im mittleren Nocden mehr nach Gibeon hin 5000 bis 10 000 ha u1d im Süden 20 (00 ha umfassen sollen. Auf diesen Farmen kann bei einem Anlagekapital bon 35 000 bis 55000 # etne gute mittlere Farmwirtschaft ent» widelt werden, die eine Verzinsung der Anlage und dem Besiger ein Leben gestattet, ähnlich dem, wie es sih Leute gleihen Kapitals in der Heimat zu leisten vermögen. :

Dies leitet über auf die Frage der möglihen Gesamt- besiedlung des Schutzgebiets. Vorläufig i anzunehmen, daß etwa 100 000 Weiße in dem für besiedlungsfähig gehaltenen Teil des Atti gebiets ihr gutes Fortkommen finden können. Diese Zahl {ließt nalürlich die Handwerker und Professionistenbevölkerung ein. Nun rechnet man aber noch mit einer erheblihen Ausdehnung des Berg- baues, Es i ohne weiteres einzusehen, daß, felbst wenn Deutsh-Südwestafrika eine ähnliche Menschenmenge aufnehmen könnte wie die K ykolonie, wir in dem Schupgebtet kein Siedlungsland besigen, das einer größeren Abwanderung aus Deutschland, wie wir sie vor 15 und 20 Jahren gesehen haben, Raum geben würde, Jch komme nun zur Frage der Kleinsiedlung. Auch bier ist das Kapital meistens unzureihend. Für den Absay von Garten- produkten sind weder binreihende Verkehröwege, noH eine zahlreiche weiße konsumkräftige Bevölkerung vorhanden. Die Betriebe sind des- alb zum großen Teil kümmerlih. Sie würden vielleicht ausfihtslos sein, wenn es niht gelungen wäre, in dem Tabakbau eine gute Kultur zu finden. Da der Tabak im Lande viel konsumiert wird und auh bei gleichmäßiger Qualität und niht zu kleinem Quantum eine gute Aufnahme auf dem Weltmarkt findet, so braucht erfreulicher- else das letzte Wort über die Kleinsiedlungen in Südwestafrika noch niht gesprockten werden, Es ist aber möd4lih, daß eine Anzahl der jeßt angeseßten kleinbäuerlichen Betriebe aufgegeben werden muß. Aber

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Erste Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

1909.

Berlin, Freitag, den 22. Januar

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es kann ebenso angenommen werden, daß für eine niht zu große An- ¿abI, wenn sie wie in Klein - Windhuk oder am Ert S der Nähe der Städte oder wie in Bethanien in bequemer Bahnnähe liegen, gesunde Vorbedingungen bestehen. Ueber die Be- siedlung?fähigkeit des tropishen Okawangogebiets sind Er-, fahrungen noch nicht gemadht. _Schon in Grootfontein ist die Malaria ein ziemlich häufiger Saft, und es werden deshalb dort antere Wirtschaftsmethoden wohl Play (reifen müssen, bei denen besonders die Arbeiterfrage ein Hindernis bilden kann. Das Dvamboland kommt für europäische Besiedlung aus politischen Gründen zunächst nicht in Frage. Es ift aber auch ein Land, das in klimatisher Beziehung Éxtremen unterliegt. Ueber das Kaokofeld und die Namib!änder ist gleichfalls Genaues noch n'cht bekannt. Im Grootfonteiner Bezirk gedeihen alle europäischen Brotfrühte, Weizen ebenso wie Mais, und der Wert gerade dieses Landes, das die South- West-Africa-Co. dur etne Eisenbahn erschlofsen hat, zeigt sich in dem außerordentlich gestiegenen Farmenpre18.

Bon Arfang an hat man erhebliche Grwartungen auf die berg - baulihe Gntwidklung des Schußzgebietes geseyzt, besonders mit Rocksiht auf die reihen in dem Nachbargebiete Südafrikas vor- fommenden Mineralschäte. So ift tenn das Land wiederholt berg- männish unte:sucht worden, und diese Untersuhung hatauch zur Eröffaung einiger Betriebe geführt. Neben diesen bestehen noh zahllose andere Fundstellen, die aber alle, wenigstens bis jeyt, nicht als genügend umfangreich angesprochen werden föônnen, um etnen Abbau zu lohnen. Es ift aber zu bemerken, daß entgegen der allgemeiiëen Ann3hme sehr große Teile des Schußzgebiets überhaupt uner- forscht und von Weißen nicht betreten sind. Zur berg- männishen Ausbeutung gelangen in Südwest augenblicklich Kupfer, verbunden mit lei, Eisen im wesentlihen als Zus {lag zu dem Kupfer und Diamanten. Die Wahrscheinlich» keit, im Schutzgebiet Kohlen zu finden, ift in der leyten Zeit ge- wachsen. Die Entdeckung brauhbarer Kohle würde einen außer- ordentlichen Fortschritt für das Schußzgebiet bedeuten. Dedbhalb hat auch die South-West-Af1ica-Co.,, die von allen im Schuygebiet ansässigen Gesellshaften die größte Nührigfeit entfaltet und die Auf- wendung von Mitteln niht {heut wie die Erbauung der Bahn Otavi. Sroolfontein aus eigenen Mitteln beweist nunmehr unter Leitung eines englishen Geologen größere Bohrversuhe auf Kohle ange\et, nahdem gute äußere Indikationen gefunden waren.

Groß s Aufsehen haben die bei Lüderißbuht gefundenen Diamanten verursacht, wethalb ih hierbei etwas ausführlicher ver- weilen will. Nachforshungen haben ergeben, daß auf der Oberfläche in einem grobkörnigen Sande, vermischt mit kleinen Achaten und anderen Halbedelfteinen, Diamanten vo:kommen, die zwischen /; und } Karoat schwanken und im Durchschnitt nicht über j Karat {wer sind. Die Steine sind ziemlich voUkommene Oktaevder von gutem Wasser. Der Streifen, welher sich halbmondförmig um Lüderißbuht herumlegt, beginnt südlich unterhalb der Elisabethbay und jeyt sh nörèelich bis an das Meer in die Nähe von Anichab fort. Ueber den Umfang des Gesamtvorkommens wird man erst dann ein Bild haben, wenn eine genaue Vermessung stattgefunden hat. Heute kann man nur von einem sehr erhebliten Vorkommen \prehen. Die Aus- beute hat erft mit einiger Regelmäßigkeit mit dem Vonat September eingesetzt; vorher sind im ganzen nur 2720 Karat geföcdert worden. Seit 1. September ift die Ausbeute, wie folgt, gestiegen: September 6644 Marai; Oktober 8621 Karat; November 10 228 Karat; Dezember 11 549 Karat; zusammen 39 762 Karat, rund also 40000 Karat mit einem WVerkaufswert von etwa 1100 000 4 Die von der Verwaltung eingeleiteten Maßregeln gehen dahin: 1) Dem Fiskus von Südwestafrika eine Beteiligung von etwa der Hälfte des Reingewinns, welcher bei der Diamant- förderung entsteht, zu sichern. 2) Den südwestafrikanishen Stetnen eine angemessene WVerwertungsmözlihkeit im Weltmarkt zu sichern, und die Entwertung der im Verkehr befindlihen Diamanten zu verhindern. 3) Den Abbau in geordnete, regelmäßige Bahnen zu leiten und Vorsorge dagegen zu treffen, daß etwa aus Nücksiht auf andere Interessen dieser Abbau unterbleibt oder unnôöttg eingeshränkt wird. 4) Dem deutshen Kapital die Ausbeutung diefer Steine im wesentlihen zu reservieren und den. in der heimishen Schleifindustrie beschäftigten Personen eine er- böhte Verdienstmöglichkeit zu geben, Nivymt man an, daß auf den Karat 1oher Diamanten mindestens 15 #4 Schleif- lohn kommt, so würde die Produktion auch nur eines Monats schon eiwa 180 (00 A Schleiflohn sür die deutshe Industrie bedeuten, sodaß, eine Fortseßung in der gegenwärtigen Höhe;vorausgeseßt, hie:aus eine Berdienslm®ö„zlichkeit für deutshe Arbeiter von über 2 Millionen Mark im Jahre entstehen könnte. Schließlich möchte ih noch be- merken, daß es selbstverständlih auch das Bestreben der Verwaltung gewesen ist, die Deutsche Kolontalgesellshaft zu einer erhöhten Abgabe heranzuzieher, und die Verwaltung glaubt, daß alle diese vorerwähnten Absichten durh ihre Maßrahmen und Abreden in angestrebtem Um- fange erreicht wocden find.

Man wird nit feblgehen, wenn man die Ausfuhr von Berg- bauproduktion aus Südwestasrika {hon für die nächste Zukunft auf 8 bis 10 Millionen Mark annimmt, eine Summe, die auch ftark gespannte Erwartungen jedenfalls niht unbefrtedigend finden können. Welche Nücckwirkungen hierdurch auf den Etat des Schutzgebietes ent- ftehen, werde ih an einer anderen Stelle dieses Vortrags aus- einandersetzen.

Abhängiz is die Entwicklung sowohl tes Bergbaues als auch der Farmwirtshaft im weseutlihen von der Arbeiterversorgungs- frage. Dies bringt mich auf die au im südwestafrikanishen Schußz- gebiet überaus \chwierige und große Vorsiht und Umsicht erfordernde Eingeborenenfrage. Mit Autnahme des Ovambolandes und des Caprivfzipfels ¿ab es im Jahre 1907 im Schutgebiet noch nit 60 000 Eingeborene, je ein Drittel Männer, Weiber und Kinder, nah den Siämmen: Männer 4800 Herero, 4900 Bergdamara, 4900 Hotten- totten, 4400 Buschleute, 200) Bastards, 1700 Ovambos, der Rest vershiedenen Stammes, zusammen 19904 Männer. Das ist ein sehr geringer Bestand, eine böse Folge einer der Eigenart des Landes vielfach niht angepaßt gewesenen Kriegführung. Von diesen Eingeborenen sit zudem noch mindestens ein gu'es Drittel als Diener, Gesinde, Truppen und Gouvernementsangehörige bei den großen Städten, und es is ohne weiteres einzusehen, daß eine solhe Bevölkerung zur Leistung der körperlichen Arbeit in einem Gebiet von der Größe des Deutschen Reiches ungewöhnlich knapp ist, besonders da ja die Mischlinge und ein Teil der Nama, besonders also die Berseba- leute, heute noch in gewissen fstaatlihen Gemeinschaften unter sich sind. Abgesehen von diesen, gibt es nur sehr wenige selbständige Eingeborene, di- anderen befinden sih bei den Minen und auf den Farmen. Ihre Lage ist niht günstig, Die alten Institutionen, unter denen sie gelebt haben, sind durch gleihwertige neue nicht erseßt. Die Unmöglichkeit, wieder zu eigenem Besiy und damit zu größerer Selbstbestimmung zu kommen, hat über die Leute eine tiefe Depression gebracht, die im Süden si zu etner direkt feindseltgen Haltung verstärkt. An regelmäßige Arbeit nicht gewöhnt, teilweise entkräftet, is ihre Veidienstmöglihkeit nicht groß, und die Farmerbevölkerung au ni@t in der Lage, besonders erhebliche Löhne zu zahlen. Da selbstverständlich nur der leistende Mann Lohn be- kommt und sein Verdienst zum Unterhalt seiner gesamten Familie ausreichen muß, bedeutet jedes neu geborene Kind einen nicht er- wünschten Zuwachs, ein neues hungriges Maul in der Familie. ‘Da-

bei ziehen die zahlreichen Minenbetriebe Südafrikas, wo {ih einzelne Häuptlinge aufhalten, beständig noch Menschen aus dem Lande. Andererseits ist bei der weißen Bevölkerung stellenweise {hon ein erhebliher Arbeitermangel eingetreten. Je mehr die Besiedlung zunimmt, desto intensfiver wird fie. Der Mangel an weißen Frauen nôtigt besonders die in den Minen beschäftizte Bevölkerung zum Zusammenhaushalten und -leben mit \{chwarzen Frauen. Die unerfreulihe Folge ist eine große Anzahl man spriht von etwa 1000 Bastardkinder, deren Eindruck direkt s{chmerz;lich ist. Es liegt deshalb im eigensten Interesse des Schutzgebtets, ungesäumt an die Hebung der eingeborenen Bevölkerung zu gehen und dafür weder Mittel noch Anstrengungen zu sparen. Andererseits tif die wirt- schaftliche Lage sehr vieler Ansiedler für eine Reihe von Jahren noch eine derartig prekäre, daß irgendwelhe Maßnahmen, die mit rauhßer Hand in das Arbeits- und Bewohnerverhältnis eingreifen würden, cin im Interesse des Schußzgebietes sehr gefähr- lihes Experiment darstellen würden. Da im Gegensaß zu anderen Kolcnien die Siedler Südwestafrikas in dem Lande ihre dauernde Heimat und eine Wohnstätte für Kinder uyd Kindeskinder suchen, demnach für die Ausgleichung der Einzelinterefsen mit den Juterefsen der Entwicklung des Schutzgebtetes als Ganzem Sinn haben, so wird troy alledem eine forgfältige Behandlung dieser \{chwterigsten T Fragen sicherlich mit der Zeit zu etner befriedigenden Lösung führen.

Ich gehe jeßt auf die weiße Bevölkerung und ihre Wünsche ein. Bet ihrer Beurteilung wird man sich vor Auzen halten müssen, daß der Deutsche, der nah Südwestafrika zieht, vielerlei aufgibt, was in der Heimat als ein selbstverständlihes Gut angesehen wird. Vielfach fehlt die Familie. Der Zuzug weißer Frauen ist im äußersten Maße erwünscht, aber r och nur da möglich, wo eine ertsprechende Existenz- basis vorhanden ift. Gesinnungsgenossen und Freunde sind selten. Was in der Heimat e:frischt und belebt, ein geistiger Verkehr, Bildungs- anstalten, wie Theater und Konzerte, Erbauungsmöglichkeiten, eine regelmäßige Seelsorge, fehlt dort ganz, und der einzige Ort, in dem ein Austaush der Interessen und Empfindungen statisinden kann, ist oft nur das Wirtshaus. Für diese Dinge bietet die Freiheit der Bewegung, das Recht und die Möglichkeit größerer Selbftändigkeit, das Leben in der Natur einen gewissen, aber niht vollwertigen Ersa. Aus diesem Zustande erklärt sich auch der starke Wunsch nach Anteilnaßme an den öffentlihen Geschäften. Die Ver- waltung wZ2nscht dem, soweit das nah Reichsverfassung und der be- stehenden Rechtsordnung möglich, RNehnuna zu tragen. Die An- fänge einer Selbstverwaltung, die aus Wahlen hervorgeht, find durch Verordnungen eingeführt. Kommunale Verbände sind überall vorgesehen: und städtishe Verwaltungen werden demnächst an vielen Plägen etnseßen. Bei der Gestaltung der Schule ist den An- siedlern ein gewihtiges Wort gesichert. Handelskammern für die größeren Pläye, ebenso wie Landwirtschaf!skammern werden einges- führt. Das genossenshaftlihe Leben ist im erfreulihen Aufblühen. Bereine existieren in jeder Form und werden gefördert. Freilich das roichtigste, die Bestimmung über die zu tragenden Lasten, also etn ausshlaggebender Einfluß auf den Etat, kann nicht gewährt werden; er ist zu eng verknüpft mit den Reichtfinanzen. Aber -es wird richtig sein, die Bevölkerung mehr als bisher beratend heran- zuziehen und vor allem bei allen Dingen öffentlichen Wohls, wie Hafen- anlagen und Bahren, besonders wo die Verzinsung späterhin dem Schuhtzgebiet aufliegen wird, nichts ohne die Zustimmung der Landes- vertretung zu unternehmen und deren Jnitiative einen breiten Raum zu lassen. Schließlich aber wird die Heimat gut tun, der Ansiedlung von Leuten der gebildeteren Klassen möglichst die Wege zu öffnen, also insbesondere das Verbot für Beamte, sich Grundbesiß zu erwerben und demnach im neuen Lande heimisch und mit der Bevölkerung durch gemeinsame Interessen verwachsen zu werden, aufzuheben, dem Mangel an höôheren Lehranfialten, Universitäten usw. durch Beihilfe an solche, im Schutzgebiet geborene sungen Leute abzuhelfen, die dafür dem Staat oder der Selbstverwaltung eine gewisse Zeit ihre Dienste leiben. Der aus Deutschland kommende Beamte ist teorer und mangels hin- reihender Erfahrung mindestens im Anfang nicht sehr leiftungsfähtg. Fe stärker Selbstverwaltungsorgane geschaffen werden, desto wohl- feiler wird die Verwaltung, desto geringer die finanzielle Belastung des Neichs.

Ich komme jeßt auf die Verkehrswege und mache gern das Geständnis, daß ih mich hinsihtlih der für Swakopmund notwendigen Anlage im Vorjahre getäusht habe. Der Verkehr ift kei: edwegs derartig, daß ein so kostspieliger Bau, wie ihn eine s\ch zum Hafen auéwachsende Mole gebildet hätte, erforderlih wäre, und die aufzuwen- denden Lasten würden jedenfalls die Kräfte des Schußgebietes überstiegen haben, sodaß mit dem Bau einer soliden eisernen Brücke dem Verkehrs8- bedürfnis auf Jahre hinaus genüat werden kann. Die Gisenbahnen ent- widelnsih gut. Wegender Nord-Südbahn habe ih ausführliche Konferenzen gehabt. Die Kosten stehen außer Verhältnis mit der im militärischen Interesse erwünschten Bewegungöfreihelt und den zu machenden Er- sparnissen; die aus thr entstehende Belastung würde das Schutzgebiet \hwer diücken. Jch habe demnah die Idee dieses Bahnbaues vorläufig fallen gelassen, und es wird erwogen, den in Kamerun jeyt niht not- wendigen Dampfer „Nachtigal*" nah Lüderißbucht zu dirigieren, um etroaige Trupp: nbewegungen aus dem Norden mit Hilfe der Bahn Karibib—Windhuk und Otavi Swakopmund und der Linie Lüderig- buht— Keetmanshoop—Kalkfontein durführen zu können, was nur eine Verzögerung von wentgen Tagen bedeuten würde. Dagegen {eint der Norden nah und nah für ver|hiedene Stichbahnen reif zu werden, oe Pot die Initiative allerdings aus der Bevölkerung wird kommen müssen.

Jch wende mih nunmehr der militärischen Lage des Schuhz- gebiets zu. Wenn man von der durch den Krieg dem Schuygebiet auferlegten Versorgungsolast absieht, betragen die Militärausgaden des Reichs immerhin noch nach dem Etat für 1909 12} Millionen Mark. Die intelligenten Hottentotten gewöhnen sich an regelmäßige Arbeit. Das wirt\aftliche Leben des Südens und damit die Kontrolle der Eingeborenen erstarkt. Aber immerhin is große Vorsiht geboten, und die jeßt im Schuygebtet anwesenden 2500 Mann, von denen die Mehrzahl auf den Sütea kommt, sind für den Schuß eines Gebiets von ter Größe von Deutschland gewiß keine aroße Anzahl. Einer weiteren Verminderung würde demnach jegt nicht zugestimmt werden können. Andererseits i unter Berücksichtigung der dünnen Besiedlung und der großen Anzahl der waffenfähigen Weißen im Schutzgebi:t meine Ansicht wohl auch niht unbegründet, daß weiterhin doch noch eine erheblihe Truppenverminderung möglich scin wird, sobald erst die immer noch niht beendete Uebergangszeit abgeschloffen werden kann. Setnerzeit wurde etne Polizeitruppe von 750 Polizisten zur Entlastung der Truppenmaht beschloffen. Bither sind noch nit 600 Leute eingestellt. Um die Differenz ist also die Shußmacht geringer, als allgemein angenommen wird. Diese Poltzeitruppe ift aber für Shußz- und Expeditionszwecke nit verfügbar, und ih komme hiermit auf eine andere, niht erfreulihe Seite des Ee Lebens. Ich meine die übermäßige Beschäftigung der Gerichte infolge von Prozeßsucht und leihtfertigem Kreditgeben.

Werfen wir nun noch zuleßt einen Blik auf den Etat. Jn der lezten Gouvernementsratssigung hat zur Entlastung des Reichs die Einwohnerschaft sich zur Uebernahme neuer erhöhter Lasten bereit erklärt. Der Etat der Zivilverwaltung verlangt ‘n einen Zuschuß von 2050000 4. Das is an urd für stl niht viel. Ich nehme an, daß eine Verbesserung infolge