1909 / 20 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Jan 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Kaisers und Königs und des Jahrestages König Friedriqs 11 Der Eintritt steht auch ohne besondere Ein- rei.

adung

Laut Meldung des „W. T. B.“ ift S. M. Tpdbt. „S 90“ estern in Hankau eingétroffen und wird am 29. Januar nah Miublana gehen.

Sachsen. Die Zweite Kammer hat, nah einer Meldung des „W. T. B.“, gestern unter Aufhebung ihrer Beschiüsse vom 1. und 2. Dezember 1908 d1s Wahlgesey in der von der

Ersten Kammer beschlossenen Fassung in namentlicher Abstimmung mit 72 gegen 5 Stimmen angenommen.

Oesterreich-Ungarn.

Zn der gestrigen Sißung des österreihischen Ab- geordnetenhauses wurde der Dringlichkeitsantrag Kalina, betreffend Versorgung der Witwen und Waisen von im Kriege gefallenen Soldaten, angenommen und be- shlossen, die Regierung aufzufordern, innerhalb zweier Monate eine entsprehende Geseßzesvorlage einzubringen. Das Haus trat dann in die Besprehung eines Dringlichkeitsantrags Mühlwert ein, betreffend die Vorfälle an der Universität Wien.

Zur Begründung seines Antrages erklärte der Abg. von Mühl- wert, .W. T. B.* zufolge, die italienishen Studenten hätten nit in berechtigter Notwehr gehandelt, vielmehr die italienische Unive1sität erzwingen wollen. Der Redner \prach ih alsdann entschieden gegen die Schaffung einer italienishen Fakuliät in Wien oder Triest aus. Wenn eine solche überhaupt notwendig wäre, fo könnte sie nur in Südtirol errichtet werden. Angesichts der Verwendung von Mordwaffen dur die italienishen Studenten wäre es bei allem Mitgefühl für die Opfer der Katastrophe in Süditalien befser gewesen, das dorthin gesandte Geld zur Linderung des Not- standes in Desterreih zu verwenden. (Lebhafte Zurufe der Sozial- demokraten: Shämen Sie si, solhen Standpunkt zu vertreten !)

Jn der weiteren Beratung wurde die Dringlichkeit des Antrags Mühlwert abgelehnt. Es gelangten hierauf fünf weitere Dringlichkeitsanträge, welche die Angelegenheiten Böhmens betreffen, zur Verhandlung.

Der Abg. Wolf schilderte die Vorfälle in Prag, wo man den Deutschen das Leben und die Betätigung des Deutshtums zu verekeln trahte, und erklärte, daß die Deutschen in Prag keinen Fuß breit und keinen Hauch dessen preisgeben würden, was ihnen gehöre. Wenn die Regierung niht imstande sei, die Nechte der deutschen Studenten in Prag, an der Stätte der ältesten deutschen Universität, Farben zu tragen und ihr Deutshtum zu betätigen, ju hüten, so werde sie umsowentger den nationalen Frieden schaffen önnen. Der Redner appellierte \{chließlich an die Negterung, den Deutschen den eines Kulturstaats würdigen Schuß angedeihen zu laffen. Der Abg. Fres1 (ts{chechisch- radikal) bestritt die Behaupturg des Vorredners von einer Drangsalierung der Deutschen in Prag und beklagte sih über Untecdrütung ter tshechischen Minderheiten in Nord westböhmen.

Darauf vertagte sih das Haus auf übermorgen.

Der Leiter des Handelsministeriums Dr. Mata ja hat an den Präsidenten der Prager Post- und Telegraphen- direktion einen Erlaß, betreff end die Sprachenfrage, gerichtet, durh den, „W. T. B.“ zufolge, angeordnet wird, daß bis zur Regelung des anocengeprauRg bei den Bchörden in Böhmen im inneren eschäfts? gang bei der Post- und Telegraphendirektion sowie in deren Verkehr mit anderen lan esfürstlihen Be- hörden und Aemtern bezüglich des Gebrauchs der beiden Landessprachen der Zustand maßgebend zu sein hat, wie er am 1. Januar 1907 bestand. Jm Verkehr mit den Parteien und autonomen Behörden wird für die Beamten weitestes Entgegenkommen angeordnet.

Großbritannien und Frland.

_ Anläßlich des Jahrestages des Todes der Königin Viktoria fand gestern im Mausoleum zu Frogmore eine Trauerfeier statt, welher der König beiwohnte. Der deutshe Botschafter Graf Wo!ff-Metternich legte, „W. T. B.“ jufolge, im Auftrag des Deutschen Kaisers einen Kranz in der Zruft nieder.

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Sir Edwa rd Grey hat gestern abend in Coldstream eine Nede über die politishe Lage gehalten, in der er nah dem Bericht des „W. T. B.“ ausführte:

In der autwärtigen Politik baben wir einige Monate voll düfterer Besorgnis hinter uns, die sehr lummervoll waren für alle, die mit den auswärtigen Angelegenheiten zu tun haben. Es ist nit meine Absicht, mih ausführlih über die auêwärtige Lage zu äußern, aber ich kann die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne meiner Grleihterung und Befriedigung darüber Ausdruck zu geben, daß prinzipiell zwishen Oesterreich-Ungarn und der Türkei ein Ueber- einkommen hinsihtlich eines der Hauptpunkte des Streites erzielt worden ist. E3 ginge zu weit, wollte man behaupten, daß dos Fir- mament jeßt klar ift, aber in etnem Teile desselben, wo besonders drohende Wolken hingen, bietet sich jeßt der höch\t erfreuliche Anblick blauen Hiwmels. Jh glaube zuversihtlih, daß das B i\spiel von Versöhnlichkeit, das Oesterreich sowohl wie die Türkei gegeben haben, dazu beitragen wird, die noch vorhandenen Streitpunkte zu {lichten. Auf jeden Fall hat das österreihish- türkishe Abkommen “die Auss- sichten der Konferenz wesentli verbessert. Gern sähe ih nit nur den Krieg vermieden zwishen irgendwelen der großen oder kleinen Mächte, die speziel im nahen Often interessiert sind, sondern gern würde ih auch sehen, daß das Vertrauen unter den E selbft zunimmt als eine Folge der wechselseitigen Aus- sprahe und der diplomatishen Unterhandlungen gelegentlich der Schwierigkeiten im nahen Osten. Von diesem esihtepunkte aus ift troy der vielen Besorgnisse das bisherige Ergebnis nicht ohne aewisse günstige Merkmale gewesen. In diesen den nahen Often betreffenden Fragen haben wir mit Frankreich und Rußland Unterhandlungen ge- pflogen. Sie standen im Zeichen des Vertrauens, der Freundschaft und des Friedens, wie dies hon früher der Fall gewesen ist und wie dies au weiterhin in andern Fragen der Fall sein wird. Dies und auch die Erfahruyg, daß in Lian jüngsten Sch{hwierigkeiten au Deutschland und Jtalien, Oesterreih-Ungarns Bundesgenossen, ehrlich Lr ite Frieden gearbeitet haben, haben iede Gefahr einer Reibung

eitigt.

Ich hoffe bestimmt, daß der nahe bevorstehende Besuch des Königs bei dem Deutschen Kaiser in Berlin das Vertrauen zu unseren O Absichten und unserem guten Willen fördern wird. Was Jtalien betrifft, zeigten die Poien Beziehungen aller Mächte zu diesem Lande jüngst einen einzigen großen Ausbruch der Sorge, des Mitgefühls und des guten Willens, veranlaßt durch das entsegli Unglück, das Messina und dessen Umgebung betrcffen hat. An diesen Gefühlen hat auch Eng- land teilgehabt. Gern möchte ich auh die Tatsache her-

vorheben, daß die ftarke allgemeine Sympathie in unserem

die Ne emen der Türkei ungeschwä4t fortdauert. Die

de des Großwesirs im erien Parlament trug das Ge-

tiser Mäßigung und staatsmännischer Klugheit und wird hier 1derwärts die Liebe und die Ahtung für das neue Regime in rèn. Diese Ansichten und der Zwang der Ereignisse in eine Haltung gebracht, die mit dem Vorgehen

im verflossenen Seen niht s\ympathisieren konnte. Wenn die \{chwebenden Fragen im nahen Osten beigelegt sein werden, erwarte ih siher, daß der Mangel an Sympathie wieder vers{chwinden wird. Das ist unser Wunsch. Aber in Desterreich wurden wir ungebührlich in der Oeffent- lichkeit einer entshteden böswilligen Politik beshuldigt. Jch lege diesen An keine große Bedeutung |-i. Jn der diplomatischen Atmosphäre hatte \ih eine große elektri o} Spannung angesammelt und vielleicht merkte man, daß England, dessen Grenzen mit denen der Kontinentalstaaten nicht zu)ammenstoßen, der sicherste Bligableiter sei. Jch kann jedoch nicht zulassen, daß so grobe Beschuldigungen gegen uns erhoben werden, ohne zu erklären, daß es verfehlt wo re, diese groben Beschuldigungen, deren wir bezichtigt wurden, falsche Darstellungen zu "nennen. Es sind pure Erfindungen, und der Schaden, den sie anrichten, liegt nit so schr in dem Unwillen, den fe hier hervorrufen, als in der Tatsache, daß sie, solange sie in dem

ande, wo fie entstanden find, fortaeseßt und geglaubt werden, eine Empfindung sGaffen, die eine Schranke bildet für herzlihe Be- ziehungen zwischen den beiden Ländern. Die Beseitigung dieser Schranke fteht nit in unserer Macht, sondern nur in jener ‘der Oesterreicher. Sobald fie entfernt sein wird, wird man schen, daß hier keine entsprehende Gegenschranke aufgerichtet worden ist, Soweit ich nämlich gesehen habe, bestand jeden- falls auf seiten der englisGhen weiter bekannten und gewichtigen Blätter keine Neigung, über die Grenzen einer anständigen Erörterung Hhinauszugehen und den Streit mit Oesterreih in der Balkanfrage zu verbittern. Jh würde es sehr beklagen, wenn dies jemals anders würde. Ich glaube, es liegt im Interesse unseres Landes und tatsählich auch im allgemeinen Interesse, daß wir unsere Haltung gegenüber dem Auslande von dem festen Vorsatz leiten lassen, alle Verträge und Verpflihtungen redlih zu erfüllen, unsere speziellen Freundshaften unge|chwäht zu erhalten, fle zu stärken und daran zu arbeiten, fie zu Aktivposten zu machen auf der Séite des Friedens, und \ch{licßlich die ziehungen zu allen Staaten zu fördern und zu verbessern. Eine voll- kommene auswärtige Politik in einer vollkommenen Welt würde alle diese Ziele erreichen und sie mit einander versöhnen. Wenn wir in diesen Schwierigkeiten im nahen Osten wie in allen menschlichen Dingen denn aut der nahe Osten hat seinen vollen Anteil an den menschlichen Leidenshaften fi:den, daß es unmöglih ift, Voll- kommenheit zu erreihen, fo sollen wir wenigstens nichi aufhörer, den Wunsch zu hegen, nach Vollkommenheit zu streben.

Ich stimme durchaus dafür, daß die Marine auf dem nötigen Standard erhalten werden muß, um uns vor der Gefahr einer În- vasion zu {ügen Jch vertraue darauf, daß es unter keiner Re- gierung anders (N wird, weil die Stellung des Staatssekretärs des Aeußern unhaltbar werden würde, wenn die englische Marine die Fähigkeit ve:Iôöre, unser Land vor dem Angriff jeder in den Grenzen der Wahrscheinlichkeit liegenden Kombination von Streitkräften zu {chügen. Die Armee muß innerhalb vernünfitger Grenzen gehalten werden, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf die Marine zu kon- zentrieren wünschen.

Jn Erwiderung .auf ‘eine trage, ob er Anhänger der allgemeinen Wehrpflicht sei, sagte Sir Edward Grey: Solange wir die Flotte auf ihrem gegenwärtigen Standard er-

halten, wird die allgemeine Wehrpflicht, die dem Volke eine {were Last auferlegen würde, niht nötig sein.

Frankreich. Der frühere Kammerpräsident Doumer, der in der

Marinekommission der Kammer eine leitende Stelle einnimmt, vecöffentliht im „Matin“ eine überaus scharfe Kritik der E A M der fran aden Kriegs- lotte, in er eg V. T. B.“ zufolge, hei L:

Ceis das vor kaum zehn Jahren den zweiten Rang unter en Seemächten eingenommen habe, fei jet auf die vierte, ja fünfte Stelle gesunken. Was das Personal anlange, fo müßte man angesihts der wiederholten Unfälle glauben, daß seine 2 erufsausbildung, seine see- Ine Fertigkeit und sein technisches Wissen und Können stetig ab- nähmen. von Kriegsschiffen und einzelner Leiter von Atrstnalen wahr. der ernstesten Punkte aber sei, daß in der Kriegtflotte der Zusammen- balt und das gegenseitige Vertrauen des Personals abnähwen. Die Seeleute führten bittere Klagen über die Artilleristen und In- genieure der Marine, und diese letzteren kritisierten die leute. Auch diesem Uebelstande könne man abb-lfen. Man müsse nur folgerihtig und methodisch vorgehen. So müsse man beginnen, alljährlich den Bau von 2 Gruppen von 6 oder 8 Kriegsschiffen in gle artigen Stärken in Angriff zu n- hmen. ald seinen früheren Rang als Seemacht wiedergeben.

Niederlande. Jn einer besonderen Note, die dem Bericht der Sektionen

babei Und zuneilil

der Ersten Kammer beigefügt ist, rihtet der Senator van | Meldung des „W. T. B.“, an die Re- | gierung die Frage, ob sie etwas dagegen einzuwenden habe, |

Heedckeren, nach einer

daß an die Kabinette in Berlin und London, wenn nötig auch an andere Kabinette, die Anfrage gerichtet werde, ob diese Ne-

geringen durch das Nordseeabkommen von 1908 sih gebunden | Arbeiten Emanuel Espinosa Jara ) c i

eines drohenden Krieges die Jntegrität und Neutralität |

alten, im Falle eines europäischen Krieges oder im Falle

des niederländishen Staatsgebiets zu achten. Türkei.

Nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen: Korrespondenz- j

bureaus“ hat vorgestern in Konstantinopel eine Botschafter- zusammenkunft stattgefunden, in welcher der Antrag der Pforte, betreffend eine dreimonallihe Ge enabfertigung für die ausländishen Offiziere der iazedonif:

Nur der englishe Botschafter stimmte nicht die Genehmigung seiner Regierung ein-

Serbien.

In der Skupschtina stand gestern eine Anfrage, be- treffend die Annexion Bosniens und der Herzegowina, auf der Tagesordnung.

Wie das „W. T. B.* berichtet, erklärte der Miristerpräsident Welimirowit \{ch in Beantwortung der Anfrage, daß im Ministerrat bisher über keine Note des Ministers des Aeußern, betreffend neue serbishe Forderungen, verhandelt worden sei. Ebenso habe si der Ministerrat noch nicht damit befaßt, ob mit Rücksicht auf die Ver- bandlungen zwischen der Tü:kei und Oesterreich-Ungarn der serbische Standpunkt in der Annexionsfrage zu verändern sei. Sobald etwas Derartiges erfolgt sei, werde die Skupschtina davon verständigt werden.

Montenegro.

n der gestrigen Sißung der Skupschtina beantwortete der Ministerpräsident und Minister des Aeußern Dr. Tomano- witsch eine FJnterpellation über die bosnisch- herzegowinische Frage.

Nah dem Bericht des „W. T. B.“ hob der Ministerpräsident die natürlihen Bande hervor, die Montenegro mit diesen Ländern verbinden, nämlich vollkommene Gemeinsamkeit der Sprache und der Bestrebungen, und gab hiftorishes Bild der serbischen

genehmigt wurde. u, weil er erst Ble muß.

¡ Borwärts! freundlihen Be- |

| so lange Zeit beanspruchen werde, daß

Das fei zum mindesten betreffs einzelner Cas j iner |

See- |

Das werde Frankreich | der französishen Konsuln in A von Gomez

| wieder hergeslellt worden. Bis zum Eintre | Vertreter d i französishen Jnteressen in Venezuela wahr.

hen Gendarmerie, |

Kämpfe von 1831 und 1876 um die Unabhängigkeit Bosniens und der Herzegowina. Sodann führte der Nedner aus daß die Delegierten Oesterreih- Ungarns auf dem Berliner Kongr die Verficherung gegeben hätten, daß die Okklupation u aur geführt werden werde und daß das Mandat nur temporär el. Die troßdem nun unerwartet eingetzetene Annexion habe unter den serbischen Völkern shmerzlihe Bestürzung und Verzweiflung hervor, gerufen, und ein Kriegéfieber habe sich der Montenegriner bemähtig das der Fürst Nikolaus auf die ddie way e der Mächte hin dat seinem Einflusse habe zügeln können. „Wir Teyens, fuhr der Minister fort, „volles Vertrauen in das Ergebnis der Konferenz. da wir niht glauben können, daß die Großmächte die serbishe Nation zum Tode verurteilen können. Secbten wie Monteneg:0 baben im leßten Orientkriege ihre Existenz für diese Provinzen aufs Spiel ge, seßt, das Nationalitätsprinzip, dur dessen Kraft die Einbett Italieus und Deutschlands verwirkliht worden ist, \priht zu unsten der serbishen Staaten. Oesterreih-Ungarn kann ih für seinen Akt auf keinen Rechtstitel stüßen, weil diese Provinzen niht res nulling waren, die man durch Ofkkupation fich aneignen konnte. Die jüngsten Verhandlungen Oesterreil-Ungarns mit der Türkei über ein Arrangement durch Hingabe von Millionen dürften, so glaubèn wir, die. Mächte nicht genehmigen. Infolge der Anunexion ist das Endé der unabhängigen politisen Existenz der serbischen Staaten nur eine Frage der Zeit. Deshalb können wir keine andere Lösung zulaffen, als die Wiedervereinigung dieser Provinzen mit den serbischen Staaten oder ihre vollständige Autonomie. An diesem Standpunkt hält die Regierung energisch fest. Wenn unsere Hoff, nungen, die wir in die Konferenz seßen, uns täuschen, \o bleibt uns die Hoffnung auf uns felbst, gemeinsam mit Serbien nnd mit allen Serben, wo sie au) immer sein mögen.“

Die Skupschtina beschloß sodann einstimmig, mit folgender Resolution zur Tagesordnung überzugehen : i Die montenegrinishe Nationalversammlung billigt die Ab-ton der Regierung und spricht den Wunsch aus, daß sie gemeinsam mit Serbten mit noch größerer Energie an dem Standpunkte festhaltie, der glei zeitig den Wünschen und Interessen des Serbentums und der Würde Montenegros und seiner historishen Mission durchaus entspricht. und Gott möge uns helfen! 8 gibt keine Möglichkeit mehr, zurückzuweichen.

Norwegen.

Die Zeitungen veröffentlichen eine offizielle Note, betreffend den Abbruch der Verhandlungen über die Nenntier weidefrage durh Schweden. Nach einer historischen Darlegung der Angelegenheit wird die Grundlosigkeit der gegen die norwegischen Delegierten erhobenen Beschuldigungen im einzelnen gezeigt. Die Note schließt, „W. T. B.“ zufolge:

Aus Anlaß diejes Auftretens Schwedens besteht Grund, fest- zustellen, daß dur die im vorigen Jahre im Tromsdö-r Amt erfolgten Verhöre \{chwedisher Lappen Schweden wahrscheinlich bas wesent- lihste Bewetematerial herbeiaeshaffft habe, mit dem es seine Behauptung ftüßen wolle, daß es für diese Lappen notwendig sei, vor dem 15. Juni in Norwegen einzuwandern. Die Untersuchung in diesem Punkte, mit der Norwegen den Jrrtum der genannten Behauptung beweisen zu können glaubte, nämli die

esihtigung der s{chwedishen Weideflähen, ist nun durch den Ab- bruch der Verhandlungen unvollendet geblieben. Ferner ist seitens Schwedens als Grund für den Abbruchß der Verhandlungen angeführt worden, es befürhte, daß die genannte ÜUntersuhung St&weden die Gutscheidung der Frage durch ein Schicdtgeriht niht erhalten {unte, ehe das Verbot gegen die Uebeisfiedelung der Lappen nah Norwegen vor dem 15. Junt in Kraft trete. Schweden habe die Ms ¡lichkeit gehabt, eine weitere Hinaus\{hiebung des Verbots naczusuckchen, und habe diefe sogar als Bedingung für die weitere Teilnahme an den Untersuhungen aufstellen können. Es bestehe aller Grund zur An- nahme, daß man in Schweren die Aufmerksamkeit auf diesen Ausweg hingelenkt, troßdem aber ihn nit benußt habe.

Amerika.

Das amerikanishe Repräsentantenhaus haî, nah einer Meldung des „W. T. B.“, gestern mit 158 gegen 108 Stimmen den von der Marinekommission empfohlenen Geseßentwurf angenommen, der zwei neue Schlachtschiffe vorsicht. Die Regierung hatte vier Schiffe gefordert.

Die Budgetkommission des Repräsentanten-

| hauses hat die für Befestigungszweke in Aussicht genommenen | Voranschläge, die sih ursprünglih auf nahezu 10 Millionen

Dollars bezifferten, auf 7920111 Dollars reduziert, unter denen sich als größter Posten eine Million für Küsten- batterien auf den Philippinen befindet.

Wie das „W. T. B.“ meldet, sind die Exequaturen

: fen der französischen nimmt der brasilianishe Gesandte Lorena die

Dos neue chilenische Ministerium ist, laui Meldung des „W. T. B.“, folgendermaßen zusammengeseßt: Jnneres Eduard Charme, Aeußeres, Kultus und Koloni sation Raphael Balmaceda, Finanzen Ludwig Devoto, Justiz und öffentliher Unterricht Georg Hanneus, Krieg und Marine Dario Zanartu, Jndustrie und fentliche

Parlamentarische Nachrichten.

Die Rede, die der Staatssekretär des Jnneen Dr. von Bethmann Hollweg in der vorgestrigen Sigung des Reichstags gehalten hat, und der Schlußbericht über dic gestrige Sißung des Reichstags befinden sih in der Ersten und Zweiten Beilage.

Der Reichstag nahm in seiner heutigen (192.) Sizung, welcher der Staatssckretär des Jnnern Dr. von Bethmann ollweg beiwohnte, die Novelle zum Wechselstempel- en LIeLtE in dritter Lesung ohne Diskussion unveränder! an und trat darauf in die erste Beratung der Novelle zum Reichsgeseß von 1870, betreffend die Beseitigung der Doppelbesteuerung.

Abz. Dr. Brunstermann (Rp.): Nach der jegigen Fassung des Reichsgaeseßes wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13, Mai 1870 haben Zivilbeamte oder Militärpersonen sowte deren Hinterbliebene ihre Steuer dem Staate zu entrichten, aus dessen Kasse ihnen ihr Gehalt, ihre Penfion oder ihre sonstigen Bezüge, z. B. Warte- geld, zu zablen find. leser seit nunmehr fast 40 Jahren bestehende Grundsaß hat darin seine Begründung gefunden, daß demjenigen Staate, dem die Lasten des Gehalts auferlegt seien, auch Steuerquelle aus diesen Bezügen zustehen müsse. Üaderectoiés ift aber zu berücksihtigen, daß derjeniae Staat, in dem die Beamten oder Militärpersonen ihren Wohnsiß haben, diesen au seinen staatlichen Schuß j, B. - seinen Polizei- und Rechts\chuy gewäkct und ihnen auch seine sonftigen staatlichen Einrihlungen z. B. feine Schulen zur Verfügung telt. Aus diesem Grunde erscheint es angebraht, diesem Staate für seine hierdurch entstehenden Auslagen und Aufwendungen eine entsprehende Gats as f gewähren. Als fole soll nun nah dem Geseßentwuife künftigh das dienstliche Ginkommen tes Beamten oder der litärperson

alo Steuerquelle herangezogen werden und wird dieserhalb dur den Eutwurs, und zwar durch Streichung des § 4 des bisherigen Gesetzes, bestimmt, daß das Gehalt, die Pe: sion und das Wartegeld der Militärpersonen und der Zivilbeamten sowie deren Hinterbliebenen entsprechend dem allgemeinen Grundsaße nur von demjenigen Staate besteuert werden darf, in dem sie ihren Wohnsiß haben, ohne Rücksiht darauf, welher Staat das Gehalt zu zahlen hat. wird diese Bestimmung vor allem bezügli der zahlreichen

Praftish preußi'ch-n Gisenbahnbeamten, die in außerpreußischen Bundesstaaten ihren Wobnsiß haben. Bezüglich dieser Eisenbahnbeamten ift die in der Novelle vorgesehene Aenderung aber umsomehr gerechtfertigt, als dex preußishe Eisenbahnfislkus seine erheblihen Rein- ábershüfse zum niht geringen Teile aus dem Betriebe der Hahn în diesen außerpreußi\chen Bundesstaaten erzielt. Diese Reinübersae der preußischen Staatsbahn betcagen durh- {nittlich jährlih 150 Millionen Mark. Hiernah müßten bei Ver- teilung dieser Ueberschüsse auf den Kopf der von der preußischen Staaisbahn betroffenen Bevölkerung 3—4 # entfallen. Dieses würde beispielsweise allein für den von mir vertretenen Kleinstaat Schaumburg-Lippe 150 000—160 000 /6 ausmachen. Wenn nunmehr aach Absicht der Novelle die steuerlihe Besserst-llung der Klein- staaten gegenüber Preußen auch nur einen geringen Ausgleich gewährt gegenüber den bedeutenden Einnahmen, dke Preußen in den betreffenden Gebieten durch seinen Bahnbetrieb erzielt, so ist doch immechin anzuerkennen, daß die Novelle ein bundesfreundliches Entgegenkommen Preußens gegenüber den kleineren Bundesstaaten enthält. Und dieses scheint mir ein gutes Vorzeichen dafür zu ein, daß die im Reichstage oft, nameatléch dur unseren ver- Etbear Fraktionfreund und hervorragenden Führex von Kardorff angeregte und von den kleineren Bundesstaaten wiederholt angestrebte sogenannte Veredlung der Matrikularbeiträge, d. h Umleguna der- selben nicht nach der Kopfzahl, sondern nach der finanziellen Leistungs- fähigkeit, bald greifbare Gestalt annehmen wird. Jedenfalls möchte ch mich hiecnach der Hoffnung hingeben, daß Preußen diesem Be- ftreben mit Rücksicht auf die vielen, oft hervorgehobenen dafür prehendeu Billigkeitsgründe Schwierigkeiten nit bereiten wird. uch gegen die übrigen Bestimmungen der Novelle haben meine Freunde Ginwendungen nit zu erheben. Wir sind bereit, den ganzen Gesezentwurf auch ohne Kommissionsberatung anzunehmen.

bg. von Brockhausen (dkons.): Die Vorlage ist eine Novelle zum Geseg von 1870. Die Druckfache enthält aber niht den Abdruck dieses Geseßes. In der Kommission wird bei solhen Gelegenheiten zuerst immer ein: Zusammenstellung des alten und neuen Geseßzes verlangt, und ih bitte die Regterung, bei solhen Vorlagen dies immer gleih zu tun. Namens meiner Freunde habe ih zu erklären, daß wir etne Aenderung an der Vorlage niht vornehmen wollen; aber wir sehen das Gesey doch anders an als der Vorredner. Wir {ließen uns zwar setner Stellung zur Vorlage selbs an, aber wenn er mit der Begründung meint, daß die Vorlage eine bundesfreuntlihe Be- rücksihtigung der Billigkeitsgründe zeigt, so liegen doch die Ver- hältnisse tatsächlich anders. Wenn der große preußische Staat seinerzeit niht die Bahnen erworben Halle, 10 würden die kleineren Bundesstaaten heute nicht ein so vor- ¡üglihes Gisenbahnsystem besigen, denn sie selbst könnten diese Gisenbahnen niht bauen; auch große Aktiengesellshaften könnten nit daselbe leisten, Die U-bershüsse der Eisenbahnverwaltung fommen doch nur dadur zustande, daß es ein so großes, gewaltiges Unternehmen ist, wo es nicht auf das Einzelne so ankommt wie auf das einhetitliße Ganze. Nah dem alten Geseg werden die Militärpersonen und Zivilbeamten von dem Bundesstaat besteuert, der ihnen die ung leistet. Wenn diese Bestimmung jeßt aufgehoben wird, so sehe ich das nicht als Zeichen bundesfreundliher Berück- fihtigung der Billigkeitsgründe, sondern als die Durch ührung des altpreußifhen Grundsaßes an, daß die Leistungsfähigeren die Shwächheren zu unterstüßen haben. Das geht wie ein roter Faden seit dem Bestehen des preußishen Staats durch unsere Geseßze und es ist auh noch heute der Grundsaß, nach dem die ganze Politik in Preußen geleitet wird. Wir sind damit einverstanden, daß § 4 wegfällt. Vir sind auch einverstanden mit den anderen Abänderungen. Es wird hier wieder von Preußen an Oldenburg ein Geschenk gemaht in bezug auf Wilhelmshaven. Wir glauben aber doch, daß wir zunächst einmal die ganzen finanziellen Verhältnisse, die hierbei in Be- traht Tommen, erfahren müssen, auch die Einwirkun „Be das preußishe Beamtenbefoldungsgeseß auf diese Vorlage ausüben würde. Vir sind der Ansicht, daß hierzu eine Kommifsionsberatung ftattfinden muß, und wenn man damit die Kommisson nicht betrauen will, die ch mit den Finanrzreformgeseßzen zu beschäftigen hat, so würde ih im Namen metner Freunde Ueberweisung an eine Kommission von 14 Mit- gliedern empfehlen

Abg. Quar ck (nl.): Die nationalliberale Fraktion begrüßt diese Vorlage mit Freudcn. Es ist {hon darauf hingewiesen worden, daß die Aufhebung des § 4 ein Entgegenkommen gegen die kleineren Vundesftaaten bedeutet. § 4 enthielt große Härten und Unbillig- keiten. Gr führte Ungleichheiten zwischen den kleineren und größeren Staaten herbei, deren Ausgleich bisher nicht gelungen ist. Jn den Landtagen der kleineren Bundesstaaten ift auf diese Unzuträglich- keiten wiederholt hingewiesen worden, und es ist dethalb wohl als ein bundesfreundlihes Verhalten Preußens anzusehen, wenn nun- wehr § 4 aufgehoben werden \oll. Das if au anzusehen als ein Aft ausgleichender Gerechtigkeit. Zu gleicher Zeit möchten wir die offnung autsprehen, daß dies der erste Schritt sei auf dem Wege, auch auf anderen Gebieten ein solches Entgegenkommen zu finden, } B. auf dem Gebi-:te der Veredlung: der Matrikularbeiträge. Viel- leiht wäre es am Plage, den Begriff „Wohrsig*“ klarer zu definteren. Eine Kommissionsberatung halten wir niht für nötig.

Abg. B inder (Soz): Auf allen Gebieten der Gesetzgebung versucht man Einheitlihkeit in die Gesetze selbft und in die Vollzugs- gelege zu bringen. Nur bei den Steuergesezen ift dies nicht der Fall. Am meisten leiden unter der bestchenden Ursicherheit der Be- reuerung die Grenzslädte. Es kommt aber auh nicht elten vor, daß Arbeiter an einem Orte ein kleines Gigens lum erworben haben, dann arbeitslos werden, an einem anderen Orte Arbeit suchen, die Landesgrenze überschiciten und in dem betreffenden Orte fih ein Zimmer mleten. U \alls ¡zur Steuer herangezogen. Ein Einspruch nüßt ihnen vorerst uts, Schließlih finden fie auch ihr Recht, aber darüber vergeht lange Zeit. Diese Fâlle find nicht vereinze!t, und es empfi-hlt sich d'shalb, in das Gesey einen entsprechenden Paragraphen aufzunehmen.

onft können wir uns im großen ganzen mit dem Gesetz einverstanden ren,

(Schluß des Blattes.)

Bei der gestrigen Reichstags ersaßstihwahl im

Wahlkreise (ufolge, für Vogel (nl.) Chrijtl.-sozial) 15 699 Stimmen abgegeben werden.

it somit gewählt.

Wittgenstein-Siegen: Biedenkopf sind, „W. T. B.“ 17924, für den Lic. Mumm Ersterer

Dem Hause der Abgeordneten is ein Staats- erirag zwishen Preußen und Hamburg vom 14. No- dember 1908, betreffend die Le Mag erung des Fahr- vassers der Elbe und andere Maßnahmen zur För- derung der Seeschiffahrt nah Hamburg, Altona und

arburg, mit einemdazu ehörigen Schlußprotokoll und Begrüns

dung sowie der Entwurf zu einem Gesetze über die Aen-

derung der Landesgrenze gegen die Freie und

an estadt Hamburg im Landkreise Harburg nebst ndung zugegangen.

Sie werden nun in diesem Orte ebens

Kunst und Wissenschaft.

Das Königliche Institut für Meeresk unde (Georgenstraße 34—36) veranstaltet in der kommenden Woche, Abends 8 Uhr, folgende Bffentlihe, Herren und Damen zugänglihe Vorträge: Am Dienstag spricht Herr Spethmann-Lübeck über: „Die englishe Riviera“ (mit Lichtbildern); am Donnerstag Dr. von Zahn- Berlin Ler: «Die außereuropäishen Nebenmeere des Atlantishen Ozeans (Ameri- kantisches Mittelmeer, Nördliches Eismeer) und das Meer der Anta1ktis* (mit Licbtbildern); am Freitag der Kapitän Wittmer - Berlin über: „Die Torpedowaffe“ (mit Lichtbildern); am Sonnabend der Professor Krainer-Berlin über „Die Entwicklung der Schiffs» maschine“ (mit Lichtbildern). Einlaßkarten find von 12 bis 2 Uhr Mittags und an den Vortragsabenden selbst von 6 Uhr ab zum Preise von 25 4 in der Geschäftsstelle des Instituts zu haben.

Eine ernste Gefahr für unsere Bibliotheken. Bereits in feinem Bericht über die Tätigkeit im Betriebsjahr 1906 bätte das Königliche Material p: üfungsamt (Groß-Lichterfelde-West) darauf hingewiesen, in welch bedenklichem Zustande ih viele Bücher infolge der Verwendung ungeeigneten Papters befinden. Inzwischen wurde eine größere Anzahl von Büchern und Zeitschriften einer ein-, gehenden Pcüfung unterzogen. Das Ergebnis war sehr betrübend. Bon 101 abgeshlofsenen Werken und 334 Zeitshristen waren nur sehr wenige auf Papter gédruckt, das als ausreihend angesehen werden konnte. In der Mehrzahl war Papier verwendet, das weder in der Stoffzusammensezung noch in der Festigkeit berechtigten Ansprüchen genügte. Das Ergebnis dieser Prüfung if in zwei aus- führlihen, in den „Mitteilungen“ des Königlihen Material- prüfungsamts (Heft 3, 1908) wveröffentlihten Arbeiten : „Schuß unseren Geistesdenkmälern“ von Professor W. Herzberg, „Etne ernsie Gefahr für unsere Bibliotheken“ von Dr. J. Franke, Direktor der Königlichen Universitätsbibliothek in Berlin, besprochen worden. Das Könfglichhe Materialprüfungsamt sagt in seinem letzten Jahresbericht: „Die durh diese Prüfung ausgedeckten Zustände nd derart besorgniserregend, daß alle beteiligten Kreise mit größtem Ernft an ihrer Beseitigung arbeiten follten. Œs ersheint dringend not- wendig, daß zunächst eine Kommission von Vertretern aller beteiligten Kreise eaen wird, die die Frage dauernd im Auge behält und Mittel zur Abhilfe sucht.“ O

Von Leibl-Fälshungen erzählt Julius Mayr im Januar- heft von „Kunst und Künstler“. Die Fälshungen werden dadur bes ünstigt, daß der Meister eine ganze Reihe seiner Bilder nit signiert

Vat so ¿. B. das wundervolle Porträt „Tochter der Frau Klessing*. Auch das bekannte Bauernbild „Der Dorfpolitiker" bezeichnete ex erst ¡wei Jahre vor seinem Tode auf Drängen des Besitzers. Unter Dußenden von Bildern, die Johann Sperl nah Leibls Tode zur Prüfung auf ihre Echtheit zugeshickt wurden, waren keine fünf wirk- lihe Leibl. Nicht nur der Handel, sondern sogar Ausstellungen sind bereits Mißgeshicken ausgeseßt: Jn der Jahrhundertausstellung von Berlin befanden sich ursprünglich zwei, später wieder entfernte unehte Bilder des Meisters. Das eine war die Skizze „Leibl im Kreise seiner Freunde" unter einem Baum am See, das andere „Mäochen im Strohhut®*. In der Berliner Sezession waren im vorigen Jahre drei Fälshungen sogar unausgemerzt geblieben : die Nr. 107 des Katalogs, die „Grisette*, Studienkopf zur „Kokotte“, und die Nr. 129, das „Tischgebet*. Dieses Bild war usprünglich eine kleine, kaum begonnene, nur angedeutete Skizze, die Leibl bei einem Besuhe in Aibling dem Frank- furter Maler Bär auf dessen eindrin lihe Bitten geschenkt und mit einer kurzen Widmung versehen hat. Bär hat dann das ganze Bild übermalt, sodaß heute nichts mehr von Leibl ist, als ein ganz s{hmaler, kaum 1 cm breiter Streifen am unteren Rande. Die dritte Fälschung war Nr. 138 „Mädchenkopf (Fragment)". Dieses Bild ift so \hlecht, daß man nicht begreift, wie es in die Ausstellung kommen konnte. Mayr rät dringend, bei künftigen Leibl-Ausstellungen nur gute Werke zu wählen; gerade in dem Zuvtel liege die Gefahr, daß auch Fälshungen unterlaufen.

Sven von Hedin hielt geftern abend in Stockholm auf Ein, ladung der Anthropologish-Geographishen Gesellshaft einen zwei einhalbstündigen Vortrag über seine Forshungsreise in Tibet, dem der König und fast sämtlihe Mitglieder der Königlichen Familie beiwohnten, Der Präsident der Gesellshaft, Montelius, teilte, wie „W,. T. B,* berichtet, zunächst mit, daß dem Forscher die Wahlbergmdaille verliehen und ein Fonds von vorläufig zehn- taufend Kronen gestiftet worden sei, der Hedins Namen führen und für die geographische Forschung verwendet werden solle. Jn dem nun folgenden Vortrage hob Hedin als wihtigstes Ergebnis seiner leßten Reise hervor, daß er die Quellen des G rdus entdeckt und etne genaue Karte dieser Gegend aufgenommen habe. Ferner habe er nordwestlich von Schigatse den Transhimalaya überschritten und sei bis zu den heiligen Seen von Manfarova vorgedrungen, wo er mehrere bisher unbekannte Gebirge und einen großen See, den größten des ganzen Systems, entdeckte. Gr habe ferner den wirllichen Lauf der Quellen des Brahmaputra festgestellt und dargelegt, daß der Flußarm, der bisher als Quelle angesehen worden sei, nur ein Nebenfluß sei End- lih habe er sowohl den östlihen wie den westlichen Teil des Tran s- himalaya erforsht, deren Zusammenhang bisher völltg unbekannt war. Es sei ihm gelungen, eine genaue Kenntnis dieses Gebirgs- eme zu erwerben, das in seinem Charakter sehr vom Himalaya abwelche.

Vauwesen.

Am 25. d, M. wird im Architektenveretn in Berlin der Bau- gewerkss{uldirektor Julius Kempf aus Passau über niederbayerische Klofterkirhen, ein Beitrag zur Geschihte des XVIII, Jahrhunderts (mit Lichtbildern), syrehen. Durch Mitglieder eingeführte Gäste, auch Damen, sind wilikommen.

Theater und Musik.

Lessingtheater.

Das Lessingtheater, das im Zeitraum von etwa zwei Jahren die gesamten Bühnenwerke Jbsens unter Ausschaltung der älteren, gesicht- lihe Stoffe behandelnden Dramen neueinstudiert hat, kann nun an die Erfüllung seines bedeutung8vollen Versprecen9, einen Ibjen- Zyklus zu bieten, gehen. Da die einzelnen Stücke sich in der Zeii- folge ihrer Entstehung aneinanderreihen werden, so wird dadur Gelegenheit geg:ben, das reihe Lebeniwerk des nordischen Dichters in seiner Eatwicklung zu übershauen. Der gestrige erfte Abend des Zyklus brachte Ibsens einziges Lustsptel „Der Bund der Jugend“, jene politishe Satire, deren Uraufführung im Jahre 1869 in Christiania, weil man in ihr eine Ve:höhnung im Miiiel- punkt des öffentlichen Lebens stehender Persönlichkeiten erblickte, einen Sturm der Entrüstung hervorrief. Heute sind ihre grellen Farben zwar verblafit, geblieben ist nur ein harm os heiteres Intrigenspiel, geblieben sind aber auch all die Züge, die sich bei dem literarischen Charakterkopf des reiferen Ibsen so arf ausprägen follten. Man könnte ohne Mühe die Verwandtschaft fast aller handelnden Personen dieses Lustspiels mit denen der späteren Werke des Dichters nahweisen. Daß die Aufführung zu den besten des Lessingtheaters gehört, is gelegentlih der Neueinstudierung hier ausgesprohen worden. Die Neubesezung einzelner Rollen bat an dem gesdlossenen Gesamteindruck des Bildes nichts zu ändern ver- mot. Albert Bassermanns durch feine geistige Beweglich- keit und naive Selbstübershäßung köftlicher Streber Sten8gard, Oskar Sauers ritterliher, dünkelhaft beschränkter Kammerherr, Gmanuel Reicher als s{lauer und s{weigsamer Lundestad, Paula Gberty als heiratslustige Madame Rundholm, Karl Foreft als dem Alkohol

ben druckder Aslaksen, sie alle standen am alten Playe. Wien H d Herr Bat ars Monsen, Herr Stieler als Fjeldbo und Herr Marx als Hejre sowie die Damen Crufius und Orloff würdig an. |

Neues Theater.

um Besten der durch das Erdbeben in Süditalien a A S wurde geslern im Neuen Theater zum ersten Male „Die fremde Frau“ (La fomms X .. , .), ein Schauspiel in vier Akten des bisher nur als Schwankdi(hter bekannten Alexandre Btsson (Deutsch von Max Epstein), aufgeführt. _Es ist im all- gemeinen über diess Stück ähnliches zu sagen wie über das kürzlich an gleiher Stelle gegebene, ebenfalls aus Frankceich fstam- mende Schauspiel von Bernstein, Die Handlung ist _zu Gunsten der Entwicklung shroffer Gegensäße und starker Augenblicks8- wirkungen manchmal unwahr übertrieben; daneben finden fh auh geradezu Entgleisungen in der Charaktersilderung ; -aber dafür erzeugt eine große Vertrautheit mit den szenis{chen Mitteln eine Theater- wirkung, die das Publikum Sthriit für Schritt mehr erregt und \chließlich willenlos mit \ich fortreißt. Die im Mittelpunkt stehende Gestalt der Jacqueline, der Frau des Staatsanwalts Fleuriot, entbehrt nicht der echten Tragik. Sie ist {wer \{huldig, weil sie ibren Gatten betrogen und verlaffen hat. Im Grunde aber ist sie niht {lecht, sondern handelte so, weil sie von dem allzu korrekten und strengen, hauptsählich der Arbeit lebenden Manne nit ver- standen wurde. Als sie erfährt, daß ihr heißgeliebtes Kind {wer er- krankt ift, lehrt fie zurück, um es zu sehen, und fleht den Gatten um Verzeihung an, wird aber von ihm hinausgejagt. Von Allen verlassen, ist sle jeßt der Verzweiflung und dem Elend preis- gegeben und finkt immer tiefer. Nach zwanzig Jahren sieht man sie als Genossin eines verklommenen Menschen wieder, der von dem ehemaligen Gatten Jacquelines Geld erprefsen will, Um zu verhindern, daß ihr Sohn dun dieses Unternehmen über die Schande seiner Mutter aufgeklärt wird, tôtet sie in der Erregung den Erpresser. Der letzte Akt spielt vor Gericht. Es trifft ih, daß der junge Rechtsanwalt Raymond Fleuriot, thr Sohn, die Ver- teidigung der des Mordes Angeklagten übernimmt, ohne daß die beiden sich gegenseitig kennen. Aeußerst wirksam wird hier das Mitgefühl für die Unglückliche allmählih gesteigert. Um nicht erkannt zu werden, {chweigt sie hartnäckig, als ihr Sohn durh eine glänzende Nede ihre Freisprehung erzielt; dann aber werden doch die Beziehungen AIOaN und führen zu etner ershütternden Szene, in der Jacqueline zuleßt sterbend jusammen- briht. Rosa Bertens hob diese Mutterrolle dur ihre reiche künstlerishe Persönlichkeit und vollendete Darstellung weit über die Sphäre des Stückes hinaus. Für Anast und Reue, Qual und Verzroeiflung und zuleßt für den kurzen Glücksraush fand sie über- zeugenden, tlef ergreifenden Au9druck. Neben ihr behaupteten sih mit Geshick die Herren Neuß und Schroth als Vater und Sohn Fleuziot, Auch die Herren Andrefen, Schmidthäßler, Schindler, die Damen Levermann, Jäger u. a. waren am reten Plate. Für den starken Beifall dankte der Direktor Shmieden, der das Stück au mit Beschmack in Sjzene geseyt hatte, im Namen des Verfassers, der der Aufführung tm Zuschauerraum beiwohnte.

Im Königlichen Opernhause wird morgen, Sonntag, als dritter Tag des Bühnenfestspiels , Der Ring des Nibelungen“ „Götter- dämmerung“ gegeben. (Anfang 6f Uhr.) Die Brünnhilde singt die K. u. K. Kamme sängertn Fräulein Edoith Walker, Mitglied des Hamburger Stadttheaters, als Gast, den Siegfried Herr Kraus, den Hagen Herr Giiswold, den Gunther Herr Bronegeest, den Alberih Herr Krasa, die Gutrune Fräulein Ekeblad, die Waltraute Frau Goetze, Nornen und Rheintöchter: die Damen Herzog, Ober, Nothauser, von Scheele- Müller. Dirigent i} der Generalmusikdirektor Dr. Muck. An Montag wird „Mignon“, mit Fräulein Salvatini in dec Titelrolle, wiederholt, Im übrigen lautet die Besegung: Wilhelm Meister: Herr Philipp; Philine: Fräulein Dietrich; Lothario : Herr Bachmann ; Lasrtes: Herr Dahn; Friedrich: Herr Alma; Jarno: Herr Mödlinger. Dirigent is der Kapellmeisler von Strauß. Die Erstaufführung von „Elektra“ ist für Sonnabend, den 6. Februar, in Ausficht ge- nommen, i

Im Köntglihen Schauspielhause wird morgen das Lust- spiel von W. Somerset Maugham „Mrs. Dot* in der bisherigen Beseßung wiederholt, Am Montag wird „Der S{lagbaum“, Volkslustsptel von Heinrich Lee, mit den Herren Vollmer, Krausneck, Zeisler, Zimmerer, Eggeling, Boettcher, Vallentin, Eichholz, Mann- städt, Platen und den Damen Buße, May, Abih, Eshborn, S{ramm und Hausner in den Hauptrollen, aufgeführt. i

Im Neuen Köntglihen Operntheater wird morgen Goethes „Faust“ in folgender Besetzung gegeben: Faust: Herr Zimmerer; Mephistopheles: Herr Pohi ; Margarete: Fräulein May; Wagner: Herr Eggeling ; Schüler: Herr Vallentin; Valentin: Herr Werrack; Marthe: Frau Shramm ; Böser Geist: Fräulein von Arnauld. Die Vorstellung beginnt um 7 Uhr.

Der Splelplan des Deutschen Theaters bringt am Freitag die Erstaufführung von Alexander Brodys Schauspiel „Die Lehrerin“, eine Wiederholung dieser Neuheit findet Sonntag, den 31. d. M. ftatt. An allen übrigen Tagen der nächsten Woche wird Nestroys Posse „Nevo- [lution in Krähwinkel*" gegeben. Jn den Kammer])pielen des Deutschen Theaters erfährt das Gastspiel von Frau Eleonora Duse eine Verlängerung, und zwar wird am Dienstag „La Gioconda“ wieder- holt. Am Montag triit die Künftlerin in „La donna del mare* auf. Am Donnerôtag findet eine Aufführung von Hofmannsthals «Glektra“ statt, an den übrigen Tagen, und zwar morgen und am nächsten Sonntag sowie am Mittwoch wird Schmidtbonns Schau- |piel „Der Graf von Gleichen“, Freitag und Sonnabend: Shaws Komödie „Der Arzt am Schheideweg" wiederholt.

ImNeuen Schauspielhause seßt Joseph Kainz sein Gast- \ptel morgen als Marc Anton in „Julius Caesar“, am Dienstag (75 Uhr) als Mephistopheles in „Faust", am Mittwoch als Orestes in „Iphigenie auf Tauris“, fort. Am Freitag (74 Uhr) wird zum ersten Male „Hamlet“, mit Joseph Kainz in der Titelrolle aufgeführt und wird am Sonntag wiederholt. Am Montag geht das Lustspiel „Die Sünde, Donnerstag die Komödie „Rabagas*“ in Szene, die am Sonnabend, mit Harry Walden în der Titelrolle, zum 25. Male ge- geben wird.

Das Lessfingtheater hat für die nähste Woche folgenden Spielplan aufgestellt : morgen abend: „Der König“ ; Montag (Ibsens- Zyfklus, 2. Vorftellung): „Die Siüten der Gesellschaft“; _Dienttag, PVèittwoh. Donnerstag: „Der König“; Freitag (Ibsen-Zyklus, 3. Vorstellung): „Nora“; Sonnabend und nächstfolgenden Soantag- abend: „Der König“; nächfifolgenden Montag (Ibsen-Zyklus, 4. Vor- stellung): „Gespenster“. Als Nachmittagsvorstellung ift für morgen: „Der Raub der Sabinerinnen“, für nähstfolgenden Sonntag: „Rosen- montag“ angeseßt.

Im Berliner Theater wird die Posse „Einer von unsere Leut’* morgen und am kommenden Sonntag fowie am Montag Dienstag, Donnerstag und Sonnabend gufgeführt. Mittwoch findet die Grftaufführung von Freiherrn von Leveßows Tragödie „Der Bogen des Philoktet* ftatt, die am Freitag wiederbolt wird. Als Nachmittagsvorstellung if für morgen Balzacs „Mercadet“, für nächsten Sonntag Langmanns dreiaktices Drama „Bartel Turaser* angeseßt.

s S Sghillertheater O0. (Wallnertheater) wird morgen und nähsten Sonntag, Nachmittags, „Ein Volksfeind®*, morgen abend eCharley3 Tante* gegeben. Montag, Dienstag und Donnerstag wird «Komtefse Guckerl* wiederholt. Am Mittwoch geht zum ersten Male „Das kleine Heim® in Szene, das auch am Freitag, Sonnabend und nächsten Sonntagabend wiederholt wird.

Das Sthillertheater Charlottenburg bringt U und nächsten Sonntagnahmittag „Julius Caesar“, morgen abend onna Vanna®. Montag und Donnerstag wird „Charleys Tante“, Dienstag

„Gin Volksfeind“, Mittwoh „Komtefse Guckerl“ gegeben. Am Frei»