1909 / 23 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 27 Jan 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Sm Jahre 1908/07 is der Lloyd dann an uns herangetreten und hat uns zahlenmäßig nachgewiesen, daß er mit der ihm bisher ge- währten Subvention diese Linien niht weiter aufrechterhalten könne. Die verbündeten Regierungen haben Ihnen deshalb im vorigen Jahre den Vorschlag gemacht, die Subvention auf insgesamt 770 000 „# zu erhöhen, wogegen der Norddeutshe Lloyd die Verbindung mit Sydney, die Austral-Hongkong-Linie und außerdem die Singapore- Linie und den Inseldienst unterhalten solle. Jch habe bei den Verhandlungen im vorigen Jahre im Reichstage den Eindruck ge- habt, daß die Mehrheit des Hauses die wirtschaftlichen Gründe, welche die verbündeten Regierungen zu der Vorlage veranlaßt hatten, vollauf anerkannte, daß man aber im Hinblick auf die ungünstige finanzielle Lage die Hoffnung hegte, es werde mögli sein, mit dem Aoyd ein Abkommen auf Grund einer Subvention von insgesamt 500 000 4 ju treffen, welhes den wirtschaftlihen únteressen, die wir dort zu vertreten haben, genügen würde.

Fch habe auf Grund des damaligen Beschlusses des Reichstags mit dem Lloyd verhandelt. Wie Sie aus der Vorlage wissen, hat sich der Lloyd bereit erklärt, für das laufende Rechnungsjahr die Vers bindung, abgésehen von der Singaporelinie, aufrehtzuerhalten. Aber er hat mir nunmehr den zahlenmäßigen Nachweis geliefert wir werden ja gern bereit sein, falls Sie eine Kommissionsberatung be- {ließen wollen, Ihnen die Einzelheiten dort mitzuteilen —, daß es ihm vom kaufmännishen Standpunkte aus nicht zugemutet werden kann, für die Subvention von 500 000 6 diese Linien zu unterhalten, und er hat mir nunmehr erklärt, er würde, fals ihm eine erhöhte Subvention nihcht zuteil würde, ih zurückziehen müssen auf die Linie des alten Vertrags von 1898, d. h. auf die Singaporelinie. Wir tehen also vor der Frage: können wir es verantworten, daß das Schußgebiet Neu-Guinea, welches gegenwärtig eine 26 fahe Verbindung hat, nicht nur mit dem wirts{aftilihen Mutterlande, mit Australien, sondern au mit Ost- asien, mit Hongkong und Japan, und welches außerdem einen ein- gerihteten Inseldienst hat, diese Verbindungen verliert und es zurüdck- geshraubt wird auf eine achtwöhige Verbindung mit Singapore ?

Sie werden begreifen, meine Herren, daß es bei der finanziellen Lage des Reichs den verbündeten Regierungen Ueberlegung gekostet hat, o% fie jeßt wieder mit einer Forderung, die im vorigen Jahre von Ihnen als zu hoh bemängelt wunde, vor Sie hintreten sollen. Sie haben sich troßdem entschlofsen, es zu tun. So richtig es ist, daß das Reich in allen feinen Beziehungen zur Sparsamkeit drängt, so halte ih doch dafür, daß Sparsamkeit am unrechten Fleck das Verderblihste ist, namentlich in Zeiten einer niht gehobenen Konjunktur. Wir können nit ein werbendes Glied unseres wirtschaftlihen Körpers in seiner weiteren Entwicklung dauernd zurückshrauben, ohne ihm niht einen großen Schaden zuzufügen. Daß sich Neu-Guinea gut entwickelt hat und gut weiter entwidelt, ist im vorigen Jahre hier des näheren dargelegt worden, und ih vermute, daß der Herr Staatssekretär des Neichskolonialamts, sei es hier, sei es in der Kommission, das Einzelne darüber aus3- zuführen beabsichtigt. Ih möchte nur auf einige wenige Zahlen auf- merksam machen. Bei der Beratung im Vorjahre ist angeführt worden, daß \ich der Verkehr auf den subventionierten Lloydlinien vom Jahre 1888 bis zum Jahre 1906 gehoben hat von 58 477 t auf 983 333 t und dem Werte nah von 74,5 Millionen auf 369 Millionen. Mir stehen heute, au die Zahlen des Jahres 1907 zu Gebote. Dana hat sich die Tonnenzahl vom Jahre 1908 bis 1907 von 983 000 & auf 327 000 t gehoben das sind 15,7 9/6 in einem Jahre und der Wert von 369 Millionen - auf 432 Millionen das ist in einem Jahre eine Steigerung von 17,1 9/6. Wir haben es also unzweifel- haft bei den subventionierten Linien mit einem Unternehmen zu tun, dessen wirtschaftlihe Entwiklung si in aufsteigender Tendenz bewegt. Wenn wir das Schußzgebiet in seinen Verbindungen mit dem wirt- \chafilichen Mutterlande, mit denjenigen Häfen, auf die es angewiesen ist, in seiner Produktion zurückhalten, wenn wir die Zahl seiner Ver bindungen, die nach dem neuen Fahrplan auf Grund der jeßigen Vorlage auf 33 steigen würde, auf 8 zurückshrauben, dann schaden wir nit nur der ökonomischen Entwicklung des Schußgebiets selbst, sondern wir verschieben auch die finanziellen Nerhältnifse, welche zwishen dem Schußcebiet und dem Reich bestehen. Sie wissen aus dem Etat, daß Neu-Guinea gegenwärtig einen Rei{szuschuß von rund 1 Million bedarf. Unterbinden Sie nun die im günstigen Fluß be- findlihe wirtshafilihe Entwicklung dieser Kolonie, so werden Sie nit nur diesen Reihszushuß perpetuteren, sondern ihn möglicherweise au noch steigern, und so möhte ich glauben, daß es eine richtige wirishaftlihe Maßregel ist, wenn man in diesem Falle troy der finanziellen Lage des Reichs diejenigen Mittel anwendet, um dieses in günstiger Entwicklung befindlihe Land noch weiter zu entwick-ln, sodaß es finanziell unabhängiger von Zus- \chüfsen des Reichs wird, als es bisher der Fall ift. Man wolle auch nicht einwenden, daß der Lloy® uns in eine Zwangslage verseßt. Der Lloyd arbeitet zunächst von den Grundsäßen eines guten Kaufmanns aus, und das muß er tun, denn er ist eine: Erwerbsgesellshaft, Aber er hat in seiner ganzen Tätigkeit als Inhaber von vom Reiche subventionterien Dampfer- linien gezeigt, daß er für das nationale Interesse Verständnis hat und auch mit seinem Geldbeutel zu betätigen gewillt ist. MWir werden in der Kommission Ihnen auseinander segen können, wie er an diesen Südseelinien bedeutende Verluste erlitten

investiert sind, welche für die Entwicklung des ganzen Schußgebiets von großem Vorteil sind.

Und fo möhte ih die Herren dringend bitten: gewähren Sie uns |

diejenigen Summen, die wir in der Vorlage jeyt von Ihnen fordern. Auch von dem Standpunkt des guten Haushalters, den wir im Neiche einnehmen müssen, wird diese Summe gut angelegt sein,

Abg. Dr. Semler (nl.): Die Situation ist heute dieselbe wie | im April 1908; damals wie heute forderte die Vorlage die Erhöhung | | man es auch den anderen gegenüber tun.

der Subvention um # Million. Die Vorlage ging damals an die Budgetkommission, die fie mit 16 gegen

zur Annahme empfahl. Im Plenum wurde aber hauptsächlich mit

Rücksicht auf die ungünstige Finanzlage der Antrag Lattmann an- | herabseßzte |

genommen, der die Subventionserhöhung auf 230 000 und damit zu der jeßigen Situation geführt hat. Ich habe hon damals ausge!ührt, daß wir damit zu rechnen hätten, daß der Nord- deutsch2 Lloyd fich nunmehr auf seine ursprüngliche Berpflichtung zurückiehen würde, denn auch eine subventionierte Gesellshaft kann \chließlich nicht auf einer Linie jährli eine halbe Mikion Unterbilanz machen. Was damals nur angedeutet wurde, kann heute mit größter Sicherheit gesagt werden, daß inzwischen die deutsche

n 1 hat. Î

Wir werden Ihnen nohmals vorführen können, wie große Kapitalien

| einer ArbeiterversiHerung billiger arbeiten kann,

12 Stimmen dem Plenum | ahr! | und tüchtigen Mannschaften.

Reederei sehr {weren Zeiten entgegengegangen ist. Der Norddeutsche Lloyd hat eine große nzahl feller awpfer A in Bremerhaven anbinden müssen, wie wir uns selbst davon haben über- zeugen können; noch heute ist nit übersehbar, wann darin ein Wandel eintreten wird. Der Norddeutsche Lloyd hat alle Veranlassung, dank- bar zu sein, wenn ihm jeßt durch die Vorlage die Möglichkeit ge- geben wird, seine Dampfer irgendwo wieder in Betrieb zu sehen; anderseits wird man auch dafür dankbar sein können, daß es der Ne- gierung gelungen ist, bisher wenigstens den Betrieb der Publi: aufrecht zu erhalten. In erfreulicher Weise ist diesmal die |hriftlihe Begründung sehr viel Ia niger, namentlich in den Einzelheiten, ausgefallen. Was geschieht, wenn der Norddeutshe Lloyd sih nun auf seine Verpflichtung aus dem Vertrage von 1898 zurüzieht ? Das Ergebnis würde sein, daß die Verbindung Sydney —Jap— Hongtors in Wegfall kommt. Sydney und Hongkong sind Welt- tapelpläße; ohne Verkehr mit „ihnen führt unsere Kolonie in der Südsee ein Stilleben, Außerdem is hervorzuheben, daß, wenn diese deutshe Verbindung niht vorläge, nur eine englische und japanishe Konkurrenzlinie vorliegen würde, eine Linie, die niht die deutsche Kolonie, sondern das englische Neugutinea in den Vordergrund stellen würde, ein für uns immerhin un- erwünshter Zustand. Für unsere deutschen Fabrikanten ist es auch niht gleichgültig, wie sich der Kopra-Preis bei englischen Fracht- kosten stellt. eber allen Einzelheiten steht die Frage: Wollen wir es verantworten, daß jeßt der Verkehr, wle er sich in der Südsee unter der deutshen Flagge entwickelt hat, zurückgeht, wollen wir, daß die deutsche L mehr oder weniger aus der Südsee wieder vershwindet? Ich verkenne keineswegs die finanzielle Tragweite. 270 000 4 jährli auf 5 Jahre sind keine Kleinigkeit ; aber gerade gegenwärtig ist niht der Zeitpunkt, es offenkundig werden zu lassen, daß finanzielle Nücksichten uns nötigen, die Flagge, die dort in Ehren gezeigt wurde, niht mehr zu zeigen. Sie zu zetgen, war nur mögli mit Hilfe der Subvention. Im allgemeinen dürfen wir mit Stolz betonen, daß die deutsche Reederei dank ihrer Intelligenz überhaupt keine Subvention in Anspruch nimmt, _ unterschiedlih von England, Frankreich und den Vereinigten Staaten. Hier handelt es sich au nicht sowohl um eine Subvention für ein bilfsbedürftiges Gewerbe als um einen Ausgleich dafür, daß die Schiffe des Norddeutschen Lloyd große tote Strecken durch- fahren müssen, um überhaupt auf dieses Inselgebiet zu gelangen. Wir wollen hoffen, daß es der deutshen Neederet troß der |{chlechten Zeiten gelingen wird, auch weiter von einer Subvention abzusehen, daß das Neich s\einerseits Veranlassung nehmen wird, alles zu ver- meiden, was für die Reederei eine Vexation, eine unnötige Gr- \{werung ist. Diese Subvention ist in der Tat eine folhe, welche unsere deutshe Flagge hochzuhalten geeignet ist und außerdem den Ecfolg hat, daß die Insel Jap angelaufen werden kann. Die weitere Erörterung der Vorlage beantrage ih der Budgetkommission zu über- lassen, die hoffentlih mözlichst einhellig zu einem für die weitere Sthiffahrt des Norddeutschen Llcyd nüßlichen Resultat gelangen wird.

Abg. Dr. Hahn (dkons.): Wirsind mit der Kommissionsberatung ein- verstanden. Zu dem großen Grundgedanken der Subvention haben wir {on 1898 Stellung genommen. Solange die Engländer und die Franzosen die große übersceishe Fahrt subventionteren, solange die P. and O. und die Messageries maritimes Subvention beziehen, müssen wir au die deutsche große Schiffahrt unterstüßen, um ihr die Konkurrenz mit den Engländern und Franzosen auf allen M eren zu ermöglichen. Für die Fahrt über den Atlantishen Ozean haben die deutshen Firmen noch nie an Subvention gedaht. Anders liegt es bei dec ostasiatishen und bei der australishen Fahrt. Faßt man nur die Verhältnisse des letzten Jahres ins Auge, könnte man wohl pessimistisch über die Zukunftsäussihten werden; im Moment liegen die Dinge wirklich ungünstig. Geht man aber nur wenige Jahre zurück, so sieht man eine ganz andere Gestaltung der Dinge, und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft erscheint berechtigt. Nach dem „Nautilus" wurden 1906 die Verhältnisse der Schiffahrt in jenen Gewässern als gühstige konstatiert und etne weitere glüdliche Entwicklung in Aussicht gestellt. In Simpsonhafen hat der Nord- deutsche Lloyd mit großen Kosten, mit einem Aufwande von 650 000 4 bedeutende Pieranlagen geschaffen. Wenn erst die allgemeine Welt- depression thr Ende erreicht haben wird, werden sich die Dinge auch hier wieder günstiger gestalten, und das aufzubringende Geld wird wieder hereinzubringen sein. Nachdem wir angefangen haben, Kolonial- und Ueberseepolitik auf allen Meeren zu treib:n, gibt es fein Zurück mehr; das gebietet die nationale Ehre und der nationale Vorteil. Ohne große Politik treiben zu wollen, ohne ein böses Wort gegen England zu fagen, darf ih doh erklären: es ift natürli und liegt nate, daß die Bewohner Australiens die deutsche Entwicklung dort nit nur mit angenehmen Empfindungen betrahtén; rihten wir diese Linie nicht ein, so wird sie von Australien eingerichtet werden. Die Entwicklung unserer Kolonie verlangt, daß wir thr. diese Ver- bindung, und zwar mit einem möglichst häufigen Dienst, zuführen. Die Entwicklungsmöglichkeit der Kolonie ist etne ret erhebliche. Es würde cine übel angebrahte Sparsamkeit und eine nicht wieder gut zu machende Versäumnis sein, wollten wir, troßdem wir dem Wunsche des Reichskanzlers, Sparsamkeit zu üben, gern Folge geben, diese Mehrausgabe niht ruhig risfieren. Würde es sih um eine Ausgabe ohre Gegenwert, eiñe Luxusauszabe handeln, wte diejenige zur Einweihung des Nordosiseekanals, wofür wir zwei Millionen ver- pulvert haben, würden meine politischen Freunde sih sehr hefinnen. Hier aber handelt es \si{ch um Anlagen zu werbenden Zwecken. Cs ist der Gedanke ausgesprochen worden, man dürfe den überseeischen RBerkehr auf den großen Linien nicht allzu sehr entwickeln, weil der Landwirtschaft dadurch eine zu große Konkurrenz erwachsen fönnte; den Kampf gegen die Konkurrenz der Landwirtschaft soll man beim Zolltarif und Handelsverträgen führen, aber nicht dadurch, daß man einer Schiffahrtsgesellshaft Schwierigkeiten bereitet. Die aleihe Fürsorge, die die Regierung der Großschiffahrt zuwendet, können wir leider für die Kleinshiffahrt nicht entdecken. Mit meiner Anregung, die ausländishe Küstenschiffahrt ein- zushränken, habe ih keine Gegenliebe gefunden. Es sind aber Gründe vorkanden, die Küstenschiffahrt der Holländer mindestens zu erschweren. Ih will niht so weit gehen, daß man den Holländern Zahlungen auferlegen oder ihnen gar das Necht der Küstenschiffahrt nehmen soll, aber wo es sich um MRegierungsfrachten handelt, follte man die deutsche Sciffahri einzig und allein berücksichtigen. Ih weiß sehr wohl, daß die Reichsregierung den Unternehmern derartige Winke gegeben hat, aber es fehlt der Zwang. Gine große Zahl der holländishen Schiffe hat in den leßten Wochen zur Zeit der Wind- stille Frachten verdient, die den deutshen Schiffern .in Ostfriesland, Oldenburg usw. zu \{hwersten Klagen Anlaß gegeben haben. Der Reichskanzler hat mir zugesagt, daß er die ihm nachgeordneten In- stanzen darauf aufmerksam machen würde, daß in Zukunft keine Ve- gierungsfrahten mehr den Holländern zugewendet würden. Für den Fall, daß der Reichskanzler diese Zusage vergessen haben sollte, möchte ih sie hier den anwesenden Regierungsmitgliedern wieder- holen in der Hoffaung, daß in den Verträgen mit den Unternehmern keine Klausel enthalten sein wird, durch die sie sih doch der bolländishen Schiffahrt, die natürli {on wegen des Mangels bedienen können. Die Notlage der Kleinschiffahrt, ebenso der Hochseeschiffahrt und der Heringéfischerei ist ebenso groß wie die der großen Needereten, Wenn man leßteren zu Hilfe kommt, was ih begrüße, so möge Aus diesem Teile des Shiffahrtsbetriebes entnehmen wir unsere sceerfahrenen wetterfesten Die Lage Bremens ist Hamburg gegen- üker von Jahr zu Jahr ungü-stiger geworden, namentlich dur den Nordostscekanal ist die Ueberlegenheit Hamburgs ständig gewachsen. Fh bedaure, daß damals Hamburg nicht mit einem einzigen Pfennig zu den Kosten des Kanals herangezogen ist, daß Preußen neben den Ausgaben des Reichs noch 50 Millionen aufgewendet hat. Der ganze Vorteil isl niht Stettin oder Kiel oder Bremen, sondern lediglich Hamburg zugefallen. Jh bedaure, daß E wo wir den Kanal verbreitern müssen, niht der Versuch gemacht ist, Hamburg zu den enormen Kostea mit heranzuziehen. 7Der Umstand, daß Bremen

mit Hamburg nicht gleichen Schritt halten kann, weil ihm auch die Wasserläufe im Hinterlande fehlen, ist ies mich ein Grund mehr, für die Subvention zu stimmen, um den Nor deutschen Lloyd zu kräftigen, Bei früheren Gelegenheiten ergriff regelmäßig nah mir unser verstorbener Kollege Frese das Wort; das is mir eine angenehme Erinnerung, und ih möchte heute nicht unterlassen, unserer Anerkennung und Verehrung für den Verstorbenen Ausdruck zu geben. Sein Wort, daß die deutschen Schiffer, Kaufleute und Reeder hart arbeiten müssen, um den Engländern an die Seite zu rücken, mögen wir auch heute beherzigen. In der Tat arbeitet niemand härter; deshalb möge se aber auh die Regierung unterstüßen in ihrem {weren Kampfe mit der Konkurrenz des Auslandes, wozu ih gerade bei dieser Vor- lage Gelegenheit bietet. Meine Freunde sind mit wenigen Ausnahmen n Q Gedanken einverstanden und werden in der Kommission mit- arbeiten.

Abg. Erzberger (Zentr.): Früher haben die Konservativen derartige Subventionen aus finanziellen Gründeit ba heute ist die Finanzlage noch schlechter. Der Nei hsshaßsekretär hat als ersten Grundsay seiner ganzen Amtsführung aus- gesprochen : keine neuen Ausgaben ohne Schaffung neuer Einnahmen. Meine politishen Freunde haben immer denselbzn Standpunkt ver- treten und sind in der glücklihen Lage, sih auf die neulihen Aus- führungen des Reichskanz!ers im Abgeordnetenhause berufen zu Éönnen, der denselben Grundsaß proklamiert hat. Liegen nun in diesem Falle zwingende Gründe vor, um von diesem Grundsay abzugehen? Wir stehen noch heute auf dem Standpunkt, daß Subventionen privater Unternehmungen abzulehnen sind. Jeder andere Zweig unserer íFndustrie usw. könnte mit demselben Anspruch an das Reich treten. Hier kann es sich nur darum handeln, daß das Reih mit einem Unternehmen in Verbindung tritt, um für Leistung Gegenleistung zu mahen. Steht die Ausgabe des Neichs für den LUoyd im richtigen Verhältnis zu den Leistungen des Uoyd? Es scheidet der Begriff Subvention oder Unterstüßung bet der Entscheidung der Frage aus. Was denkt nun der Reichskanzler zu tun, um 1914 die Lasten des Reichs abzustoßen oder zu ver- mindern? Hat das Reih Schritte getan, um eine Ermäßigung der Ausgaben für den Lloyd im Jahre 1914 herbeizuführen ? Es handelt si doch um eine jährliche Ausgabe von 6 Millionen. Wir werden über die Sale in der Kommijsion nähere Auskunft fordern müssen. Wie denkt man \sch überhaupt die weitere Entwicklung? Ich wundere mich, daß in der Uebersicht über ‘die künftige Ent- wicklung der Finanzen diese Mehrausgabe niht berüdsichtigt ist; auch eine halbe Million fällt dabei ins Gewicht. Man spricht von nationalen Rücksichten. Der Abg. Semler ging doch zu weit, wenn er sazte, daß, wenn die Vorlage abgelehnt würde, die deutsche Flagge in der Südsee verschwinden würde. In Frage gestellt wird anr die Linie von Australien nah Hongkong. Es gibt außerdem dorthin noch ein ganzes Neß von St.iffahrtslinten. Warum rentieren si dort andere Linien? Eine englische Linie hat eine Dividende von 12 9/6 verteilt. Da liegt die Frage nabe, ob nit dem Lloyd dadurch entgegengeklommen werden kann, daß man ihm einige Verpflichtungen, die er übernommen hat, abnimmt. Der Lloyd hat allerdings früher troy der Subvention des Neichs bis 1893 mit Verluft gearbeitet. Seitdem hat sch aber das Bild zu seinen Gunsten verändert. Jh will nicht auf alle Gutschreibungen usw. eingehen, die er gemaht hat. Der Gewinn an den ost- afrikanishen Linien s{wankte in den Jahren von 1893 zwischen 9 bis 4 Millionen. Die deutshe Schokoladenindustrie beschwert {ih darüber, daß eine deutsch - französische Schokoladenindustrie ein Monopol beim Lloyd hat. Auf den subventionierten Dampfern wird auch in der Hauptsache australishes Obst geführt. Was gedenkt der Reichskanzler gegenüber dieser Konkurrenz zu tun? Wäre es nicht mögli, eine Ersparnis dadurch herbeizuführen, daß unsere Re- giecungs\chife an den Lloyd verpatet und ein gemeinsamer Betrieb eingerihtet würde? Aus der Zunahme des Verkehrs mit Neuguinea könnte man höchstens schließen, daß eine geringere Subvention notwendig wäre. Man hat nun die Vorlage mit dem neuen Zolltarif motiviert. Die deutshen Farmer würden lieber auf diesen Zolltarif verzichten, denn die Ausführung dieses Zolltarifes ist nah der „Kölnischen Zeitung“ einer sehr sharfen Kritik unterzogen worden. Für den Liter Obstwein wird ein Zoll von 60 3, für eine Flashe Bier ein Zoll von 40 - erhoben! Das ist doch ein übertriebener Fiskalismus. Der Ausfuhr- zoll für Kopra beträgt 10 (A. Wie verträgt sich das mit der Begünstigung dieses Handels durch geringere Frachten ? Die Vorlage hat geschickt alles zusammengetragen, was man für fie anführen kann ; insofern ist sie geshickter als die erstere. Es ist zu prüfen, ob Neu - Guinea eine 26 malige Verbindung wirkli nötig hat. Die Pieranlagen des Uoyd in Simpsfonhafen sind Sade des Lloyd, sie kommen für uns niht in Betracht. Könnte man nit von dem Etat für Neu-Guinea erheblihe Summen abstreihen? 69 Beamte scheinen * mir denn doch dort des Guten etwas zu viel zu sein gegenüber der Zahl der Ansiedler, die dort vorhanden find. Man hat dort mit Bauten experimentiert, die viel Geld gekostet haben und gar nicht vollendet worden find. Wir verschließen uns niht der Bedeutung eines \solhen Verkehrs, aber die finanziellen Gesichtspunkte sind derart, daß wir nit leichten Herzens einer Vorlage zustimmen können, die das Neich fo hoch be- lastet. Zum mindesten müßte erwogen werden, ob nicht dur ander- weite Ersparnisse, wenn die Notwendigkeit der Verbindung nach- gewiesen ist, die Miitel dafür zu beschaffen find. j

Abg. Hormann (fr. Volksp.): Ich wäre dem Abg. Dr. Hahn dankbar gewesen, wenn er etwas mehr auf die Vorlage eingegangen wäre. Der Z sammenhang d:r leßteren mit der Holhseefischerei ist rir 1roß seiner Rede niht klar geworden ; man hätte die heutige Verhandlung damit nicht zu beschweren brauhen. Woher kommt es, daß die Holländer uns unterb!eten können? Sie haben eben billigere Lebensbedingungen, sz haben nicht den hohen deutshen Zoll- tarif. Hawburg und Bremen stehen in einem sehr freundschaft- lichen, nahbarlihen Verhältnis zu einander; wir Bremer miß- gönnen Hamburg die Vorteile des Nord-Ost]ee-Kanals nit, und der Senator Frese wäre der Leßte gewesen, der die Frage der Konkurcenz di-ser beiden Siädte hier in die Debatte geworfen hätte. Es wird uns nun auh heute gesagt: Sparen! und immer wieder sparen! Gewiß haben auch wir dafür volles Verständnis. Hier aber handelt es sh noch um mehr; bier handelt es sich darum, etwas Gewordenes zu erhalten. Wir Linkslibera"en sind weit ent- fernt davon, Kolontialshwärmer zu sein; aber wir hoffen, daß diese hier zu investierenden Kapitalien sich noch einmal für das Reich rentizren werden. Die Vorlage muß selbstverständlich in der Kom- mission genau geprüft werden, ebenso wie dec neue Zolltarif füc Deutsch-Neuguinea. Den Gedanken einer Subventionierung einer einzelnen Firma weisen wir mit Entschiedenheit zurück; für uns fommt nur das allgemeine Reichsinteresse in Frage. Wird dies verneint, so lehne man ruhig die Vorlage ab. Wir wünschen auh nichts fehn- licher, als daß die Subventionierung herabgeseßt werden und daß man damit im Jahre 1914 beginnen könnte; aber heute kann die Re- gierung uns noch nicht bindende Auskunft geben, denn in den fünf Fahren können sich die Verhältnisse von Grund aus ändern. Der Lloyck hat an sich kein Interesse an der Vorlage, ohne diese \chneidet er günstiger ab. Der Abg. Erzberger irrt sih durchaus, wenn er glaubt, daß der Lloyd bei den subventionterten Linien einen großen Profit herauss{chlägt. Der Aktg. Dr. Semler hat sehr zutreffend dargetan, daß, wenn wir hier die Flagge streihen, dann die deutsche Flagge aus der Südsee überhaupt verschwinden würde; die kleinen Linien haben gar keine Bedzutung ohne die Hauptlinie, Wollen wir unsere Kapitalien in der Südsee nußbringend anwenden, so müssen wir eben die Hauptlinie in Händen haben. England oder Japan würde sich binnen kurzem diefer Hauptlinie bemächtigen, wenn wir sie aufgeben. Die Japaner geben ganz außerordentli hohe Schifffahrtsp-ämiéèn aus und umspannen hon heute den größten Teil des Erdballs, sie unterhalten sogar \chon eine evropäishe Linie nah England, und sehr lebhaft ist ihr Verkehr nach Australien, der uns schon heute sharfe Konkurrenz macht. Daß nicht ein Interesse der Schifffahrtsgesellshaften vorwiegk, ergibt sich auch daraus, daß es gar nicht ber Lloyd war, der zuerst auf die Not-

entstanden. Es ist allerdings bei Gelegenheit eines tropishen Regens hundert Leute, die in Neu puinea sind, ein Interesse des Reiches für

wendigkeit der erder Tung von Neugutnea—Singapore hinwies, soydern es nd gerade die Ansiedler, die Pflanzer und die Unter- nehmergesellf aften, die die Wiederaufnahme urgiert haben. Der loyd hatte die Linie seinerzeit aufgegeben weil er glaubte, die Linte Singapore—Hongkon würde besser rentieren. Die Missionsgesellschaften hatten sich nah der Einstellung des Be- hlebes an eine holländishe Schifffahntsgesellshaft gewendet,

Versuh machte, diese Linie zu betreiben, nach wenigen Monaten wieder aufgegeben hat. in Aufgeben der Austral-Japan-Linie wird von allen Sachkundigen als unzweckmäßig bezeichnet. Die Japaner würden sofort diese Linte für si aufnehmen. Ueber den großen wirtschaftlichen Wert, der n der Vermehrung der Verbindungen von 6 auf 28 im Jahr liegt, hrauht man keine Erörterungen anzustellen. Unsere Kolonien haben s zweifellos gut entwidckelt. Wir sind“ in einer verhältnismäßtg in

je auch den fe aber

instigen Position Australien gegenüber, das eine nach unserer Meinung ganz verkehrte engherzige Einwanderungspolitik treibt, un sih die Konkurrenz ausländischer Arbeiter vom Halse zu halten, ohne die die Gntwicklung des australishen Kontinents gar nicht möglich i. Deshalb sollten wir die Gelegenheit doppelt wahr- jehmen, daraus für uns bei dieser Gelegenheit Nußen zu ziehen. Der Lloyd hat ganz erhebliche Mehrleistungen durch die Erhöhung ver Subvention, shon allein durch die Häufigkeit der Verbindungen. Er hat in den leßten acht Jahren aus diesem Teile seines Geschäfts 6 719 000 Berlust gehabt, abzüglih der Subvention von 2 160 000 6 für diese aht Jahre einen Verlust von 4559 000 M6. (s kommt also absolut niht lediglih sein Interesse in Frage. Der Lloyd würde der Sache \{chließlich keine Träne nachweinen. Für das Risiko bei derartigen Unternehmungen ist der Verdienst gering. Den Grundsaß der Sparsamkeit halten auch wir in Ehren, hier aber fragt es sich, ob die Vorlage im Interesse des Reiches liegt, und daß dies t Fall ist, davon werden sich hoffentlich alle in der Kommission überzeugen.

Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg :

Meine Herren! Vom Standpunkte der Kolontalverwaltung kann {h mi nur über die Aeußerungen, welche von den vershiedenen Vor- rednern zu der Vorlage getan worden sind, durhaus freuen. Die Interessen, welche mit dieser Vorlage für Neuguinea und für das Jnselgebiet verknüpft sind, sind so s{chwerwiegender Natur, daß es ¡weifellos nicht nur ein Innehalten in der Entwicklung, sondern auch mit Sicherheit ein Zusammenbruch der großen dort engagierten deutshen Interessen bedeuten würde, wenn dieselben ein für allemal yom Weltverkehr abgeshnitten oder auf eine a htwöhentlihe Verbindung, alle 2 Monate einmal, bes{chränkt werden würden.

Die Produkte, welche Neugutinea anfängt in größerem Maße zu exportieren, sind Produkte des Weltmarktes, und eine große Pro-

Ì duktion von Kopra und anderen Weltmarktprodukten, abgeschnitten

vom Markt und auf etne sehr langsame und seltene Ver- bindung angewiesen, oder aber, was noch s{chlimmer i}, der Villkür der Tarife fremder Sch|ffahrtsgesellschaften preisgegeben, fann nit prosperieren. Aus diesem Gesihtspunkte heraus freue ih mi der Stellungnahme, welche die Herren Vorredner eingenommen haben.

Der Etat von Neuguinea ist im ganzen nur 1800000 4, und darin sind noch eine ganze Anzahl einmaliger Ausgaben enthalten. Sie werden mir zugeben, daß es da doch ziemlich {wer sein wird, 270 000 6 zu ersparen. Nun i} im vorigen Jahre die Vorlage in der von der Regierung gewünschten Form abgelehnt worden, und zwar aus zwei Gründen. Der erste Grund: Mangel an entsprechender Deckung; der zweite Grund: Hoffnung, daß mit dem Norddeutschen Uoyd auf éiner billigeren Basis ein permanenter Vertrag würde ab- geschlofsen werden können. Die zweite Hoffnung das wissen wir alle ist zunihte geworden. Nun habe ich selbstverständlih den Versu zu machen gehabt, wie für das von mir vertretene Ressort, das ja hauptsächlich dur diese Vorlage begünstigt werden soll, die Deckung herbeigeschafft werden kann. Da hat si denn die Zollvorlage, die ja von verschiedenen Herren angegriffen worden ift, als ein geetg- netes Mittel erwiesen, und ich werde in der Kommission nachweisen, daß sie erstens nit so s{chlimm ift, wie behauptet wird, zweitens aber aud und das ist der Hauptpunkt gar nicht so eingeführt werden foll, wie die Herren in Neuguinea meinen diese Zollvorlage haben wir hier ausgearbeitet, und dabei haben wir nahezu alles das freigelassen, dessen Belastung hier bemängelt worden ist, und haben sehr viel niedrigere Sätze für Lebensmittel und Apfelwein usw. eingeseßt. Wir haben aber dem Herrn Gouverneur gesagt: bitte, sieh dir die Sache an und sieh, ob diese Vorlage den Bedürfnissen des Shußgebiets entspriht. Das hat der Herr Gouverneur als eine Aufforderung angesehen, fiskalisher zu sein und päpstliher als der Papst zu sein, und er hat die Säße noch erhöht. Das ist aber niht die Absicht des Neichskolonialamts gewesen, und die entsprehenden Anweisungen sind längst binauscegangen. Was eigentli verzollt wird, steht ja im Etat. Nun kommen aber auf dieser reduzierten Basis mehr als 600000 6 zusammen, wobei im wesentlihen alle die für de Verpfl-gung der Arbeiter notwendigen Nahrungsmittel freibleiben follen. Davon entfallen 362000 #& auf Neu- quinea, Im Interesse der Entwicklung des Jnselgebiets sind diese Zölle absolut notwendig. Denn an der Verwaltung läßt ih nur sehr wenig sparen. Es handelt sich um mehr als tausend Inseln, die unter der Neichskontrolle stehen, und da kann man natürlich nit mit einem kleinen Personal auskommen.

Das ift auch der Grund, weshalb die Reichsregierung der An- tegung des Herrn Abg. Erzberger, den „Seestern“ zu verpahten, nicht hat nakommen können. Der Dampfer is notwendig und muß in Bereitschaft gehalten werden, um den Regierungsdienst zwischen allen diesen Inseln zu versehen. Dieser Regierungsdienft kann nicht etwa in regelmäßigem Turnus geshehen. Wenn wie jeßt in Ponape etwas geschieht, wenn Leute aufständisch werden, oder wenn ein Polizeipoften oder ein Verbrecher abgeholt werden muß, so muß das Schiff dahin fahren. Das kann man nit in regelmäßigem Dienst einrichten. Darauf können si aber die Kaufleute nit verlassen.

Vorhin hat der Herr Abg. Erzberger gemeint, wir machten in Neugutnea einige kostspielige Experimente und sollten das vielleicht in Zukunft besser unterlassen. Nun, was die Ansiedlung der Bauern auf der Baininghalbinsel betrifft, so zahlt nit das Reich die Kosten, sondern die werden aus der Wohlfahrtslotterie bestzitten.

Was den anderen Punkt betrifft, so is da eine etwas tropische Phantasie dem Herrn zu Hilfe gekommen, der den Herrn Abg. Erz- berger unterrihtet hat. Dieser Paß, den er erwähnt hat, ist die notwendige Verbindung von Simsonhafen mit dem Hinterlande. Er

ist ausgeschachtet worden und es ist ein Tunnel gebaut worden. Das |

is dur Frohnarbeiter gesehen, die Arbetter haben nur Essen und Tabak bekommen, und erhebliche bare Auslagen sind dabei gar nickt

tin Teil des Tunnels wieder eingeslürzt, und der is dann auf dieselbe | Weise wiederhergestellt worden. :

Jh brauze mich wohl nicht darüber auszulafsen, wie vollständig die Angaben in dem Buche des Herrn Neubauer über Neuguinea sind. Ich glaube, Herr Erzberger weiß sehr viel mehr über Deutsch- Neuguinea als Herr Neubauer in seinem Buche \{reibt,

Ueber eins habe ich mich aber gerwoundert, nämlihch darüber, daß meine freundliche Haltung gegenüber den Missionen von dem Herrn Abgeordneten Erzberger angegriffen worden i. Jch meine, das habe ih nit verdient, und ich werde mir das merken. (Heiterkeit.)

Tatsächlih kann ih die Ziffern durhaus bestätigen, welhe Herr Hormann über das finanzielle Erträgnis für den Lloyd aus den Linien angegeben hat. Diese finanziellen Erträgnisse können in der Kom- mission im einzelnen dargelegt werden. Es wird fich daraus ergeben, daß der Betrieb dieser Linien bisher allerdings kein Vergnügen gewesen ist.

Aber über eins möhte ich hier noch zwei Worte sagen, nämli die Frage: soll man diese Vorlage mit einer prinzipkellen è Erörterung der Frage verquicken: was wird im Jahre 1914? Ich halte das in hohem Grade für unzweckmäßig. Der Herr Abg. Erz- berger und andere Herren Vorredner haben sich auf den Standpunkt gestellt, dem ih beitrete: keine Subvention! Leistung für Gegen- leistung! (Sehr gut !)) Aber Sie werden unmöglih im Jahre 1909 sagen können, welde Leistung Sie im Jahre 1914 verlangen und welche Gegenleistung Sie geben können. Gerade bei der Schiffahrt und auf dem Weltmarkt sind die Peripetien so stark, daß selbst i, der ich doch in kaufmännischen Dingen Erfahrung habe, es nicht risfieren würde, irgendwelche Festlegung zu versuhen oder dies jemand anders zuzumuten. Wenn das nun au niht möglich sein wird, die 270 000 4 1u ersparen, und wenn es notwendig sein wird, diese Last von 500 000 4 eine Reihe von Jahren, ohne daß sie voll von dem Inselgebiet getragen werden, auf dem Neichsetat zu haben- so ist doch auf der anderen Seite der Gesihtspunkt von Wichtigkeit, die deutshe Schiffahrt aus diesen Meeren nick@t verschwinden zu lassen, und da möchte ich noch zwei oder drei Worte hin- zufügen. Die Schiffahrt besteht doch niht ausschließlich aus den paar Dampfern, sondern da gehören die Piers dazu, die unterhalten werden müssen, ferner die Agenturen, die Magazine, eine große Anzahl von Handelsbeziehungen für die Verproviantierung, die im wesentlihen deutsGen Häusern zugute kommen. Es würde also nicht nur der Norddeutsche Lloyd Schaden leiden, sondern es würde eine Anzahl Geschäfte deutscher Häuser ges{chädigt werden. Deshalb halie ih es doch für nicht absolut gleihgültig, ob“ {nelle und infolgedefsen kostspielige und viel konsumierende Schiffe verkehren oder langsame Frachtdampfer. Im Indishen Dzean gehen merk- würdige Dinge vor. Während der Zeit, wo der Subventionsvertrag läuft, haben fi dort ganz veue Faktoren in großem Umfange gezeigt. Damal9 hat man von einer japanischen Schiffahrt noch nicht ge- \prochen. Damals hat man in Australien noch nicht daran gedacht, nah dieser selben Inselwelt subventionterte Linien zu s{chicken. Alle unsere Konkurrenten halten diese Inselwelt sehr wohl der Mühe wert, um mit großen Ausgaben Schiffe dorthin auszurüsten, nah einem Gebiete, das uns Deutschen gehört. Wir haben deshalb wahr- haftig Grund, uns von den anderen nicht beschämen zu lassen, und keine \{chlechtere Anficht zu haben als unsere Konkurrenten. (Bravo! redte.)

Abg. Noske (Soz.): Der Abg. Dr. Hahn sprach von der nationalen Ehre, die die Vorlage anzunehmen gebiete. Da die Annahme au nach unserer Meinung sehr wahrscheinlich ist, müssen hier vor allem die dort in Frage kommenden Arbeiterinteressen erörtert werden. Der Norddeutsche Lloyd mißachtet in der frivolsten Weise die Gesetze, die von dem Reichstage beschlossen sind, soweit es seine Arbeiter angeht. Der Norddeut]{e Lloyd läßt die Scemannsordnung in dieser Be- ziehung unbeachtet, er nimmt den Seeleuten das Koalitiousrecht, er nôötigt das Maschinenpersonal, einen Vertrag zu unter- zeichnen, wonach der Betreffende sich verpflihten muß, dem deutshen Seemannsverbande niht beizutreten; das ist ein ganz grober Verstoß gegen die guten Sitten und gz2gen das bestehende Geseßg. Der Norddeutsche Lloyd läßt nur Mitglieder der gelben Vereine, der Streikbrecherorganisationen, auf seinen Schiffen fahren. In den Statuten dieser gelben Vereine steht, daß die Mit- glieder dem deutshen Seemannsverbande niht angehören dürfen ; au in den abgeschlossenen Verträgen is dieses Verbot enthalten. Das ist ein feiger Raub des Koclition8rehtes; dagegen muß der Reichstag entschieden protestieren. Der Norddeutsche Lloyd bekümmert sich auch um andere Vorschriften der Seemannsordnung nicht; er zwingt seine Leute, sih mit jeder Verseßung von einem Dampfer auf den anderen einverstanden zu erklären. Der Norddeutsche Lloyd be- schäftigt auch zu einem großen Teile auf seinen Schiffen farbige Mannschasten, und zwar zu dem Zweck, Ersparnisse zu machen, die Lebenshaltung der deutshen Arbeiter herunterzudrücken. 1906 hat der große Patriot Woermann gedroht, Neger einzustellen! Die Zahl der Farbigen auf den deutschen Schiffen nimmt ständig zu; in neuerer Zeit find fogar farbige Deckmannschaften eingestellt, zurzeit ist jeder neunte Mann auf den Schiffen ein Farbiger! Wir haben im Frühjahr hier bei der damaligen Debatte über denselben Gegenstand eine Resolution beantragt, wonach der Lloyd wenigstens bei der Ausfahrt seiner Schiffe nur weiße Schiffsleute aufnimmt. Der Reichatag hat dies abgelehnt, und das hat in den Kreisen der deutschen Sciffs'eute ein großes Befremden erregt, denn es gibt deutsche Sch |ffsmannschaften genug. Die mit deutshem Eelde ausgebildeten Schiffsjungen finden auf deutshen Schiffen niht Plaß und müssen sich an fremde Schiffe wenden. Es gibt eine große Zahl arbeitsloser deutsder Schiffsleute, die in erster Linie auf den deutschen Schiffen Beschäftigung finden müßten, statt dessen werden in wachfendem j Maße Chinesen und Malalen eingestellt. Die Arbeit vor dem | Feuer in den Tropen ist gewiß sehr s{wer, aber sie läßt sich durch angemessene Ventilation und eine angemessene, den Tropen angepaßte Kost erleichtern; die Kost ist durchaus ungeeignet für das Tropenklima. Uebrigens wird der Farbige noch viel mehr bei der Kessclarbeit vom Hißschlag betroffen als der Weiße, Es ist durchaus nicht richtig, daß man aus Wohlwollen für die deutshen Arbeiter die deutschen Arbeiter nicht zu solchen Arbeiten heranzieht. Der Farbige ist nicht leistungsfähiger, wohl aber billiger als der deutshe Arbeiter. Will man die deutshe nationale Arbeit \chüßen, so is es noh dringliher, die deutschen Arbeiter ggen die Lohndrückeret der Farbigen zu {ügen. Wir werden Shnen durch einen erneuten Antrag beim Etat des Reichsamts des Innern Gelegenheit geben, den Schuh der nationalen Arbeiter zu betätigen; oder sollen nur die deutschen Seeleute von diesem Shuß ausgenommen werden? Was die Vorlage selbs betrifft, so zeigt au sie, daß Beharrlichkeit \{ließlid zum Ziele führt. Im Frühjahr haben die Parteien ch nur \{chweren Herzens für die 230 000 F entschieden; nur die reisinnige Partei, die endlich ihr kolontalfreundlihes Herz entdeckt hat, war begeistert. Eine wesentlihe Aenderung in den Verhältnissen, die eine veränderte Stellung des Reichstags bedingen müßten, ist seit dem Frühjahr niht eingetreten. Die Finanzläge des Reiches ist noch |schlechter geworden. Neue Gründe hat die Regierung in ihrer sehr ausführlihen Denkschrift nicht bei-

gebracht. Für den Reichstag kommt es darauf an, ob die paar

der Lloyd hat einmal zugeseßt, dann aber wieder mehr verdient; seine Anterefsen müssen im ganzen betrachtet werden. Im Sommer hat, nah einem Bericht der R der Direktor Dr. Wiegand ih dahin geäußert, in der {lechten Konjunktur liege kein Moment der Beunrxuhigunz für die Aktionäre; die Kurve der Ent- wicklung könne wieder in die Höhe gehen. Ich glaube allerdings, daß der Lloyd kein großes Gewiht auf diefe Vorlage legt; die Vorlage trägt ja auch einen rein fkolonialen Charakter. Auf Neuguiîinea gibt es eigentlich nur kleine deutshe Farmen; eine Ausnahme macht nur die Neuguinea-Company. Neuguinea ist tat- \ählih zum größten Teile Neuguinea- Company. An dem Handel ist diese Company auch in erster Linie interessiert. Die Vorlage follte deshalb eo en Vorlage für die Neugu!nea-Company genannt werden. ewiß ist Neuguinea ein entwicklungsfähiges Land, aber seine Interessensphäre gravitiert politisch wie wirtschastlich -lediglich nah Australien. Die deutshe Warenausfußr nah * Neuguinea ist eine minimale; deutshe Handelsinteressen werden hier also au gar nicht geschüßt. Es ift kein erhebender Gedanke für die deutshen Steuerzahler, daß sie “mit ihrem Geld die Werbung billiger Malaten unterstüßen sollen. Die (Thineseneinfuhr nach dem deutschen Schutzgebilete i äußerst bedenklich, vielleiht wird es au hier einmal heißen: die Geister, die ih rief, werd? ich nun nit los. Wenn die australischen Arbeiter sich gegen die Einfuhr chinesisher Arbeiter wehren, so geschieht das aus dem natürl‘chen Gr-unde, daß sie die chinesischen Arbeiter als Lohndrüter fernhalten wollen. Außer den Chinesen soll auch billiger Reis auf den fubventionierten Dampfern für die Kulis eingeführt werden. Der Abg. Erzberger rügte es, daß dem deutshen Obstbau durch den Import von Obst Konkurrenz gemacht werde. Wie stimmt das zu dem Artikel des Vertrags mit dem Lloyd von 1898, wona der Reichskanzler befugt ist, landwirtschaftlihe Erzeugnisse, die mit in der deutschen Landwirtschaft konkurrieren, bon der Einfuhr nah deutschen usw. Häfen auszuschließen? Wir sind also im finanziellen und im Interesse der deutschen Arbeiter gegen diese Vorlage.

__ Abg. Raab (wirtsch. Vgg.) : Dem Vorredner stimme ich hin- sihtlih der Verwendung farbiger Arbeiter auf deutshen Schiffen, sowie hinfihtlich des Koalitionsrehtes der Seeleute durhaus zu. An Bord ruht das Koalitionsrecht ohnehin; wenn aber der Seemann am Lande ist, hat ihm niemand vorzuschreiben, welher Verbindung oder Vereinigung er nicht angehören soll. Auch den Kapitänen, Offizteren und dem technischen Personal haben die großen Reedereien das Koalitions- reht genommen, und gegen die ersteren wird man doch wohl nicht die sozialdemokratishe Gefahr aus\pielen können. Aber alle diese Fragen bleiben verständigerweise bei Besprechung dieser Vorlage beiseite. Auch wir sind von der Wiederkehr der Vorlage nicht freudig überrascht worden. Es gibt anscheinend einen Männerstolz auch gegenüber den Parlamenten, und davon sollen wir wohl eine kleine Probe zu kosten bekommen. In der jeßigen Vorlage ist von der Finanznot überhaupt -nicht die Rede ; sie existiert da einfah nicht. Und in der Finan;kommission sind wir der Lösung des großen Problems bis jeßt noch keinen einzigen Schritt näher gekommen. Jett hat man uns eine Vorlage gemacht, die {hon am 1. April 1909 in Kraft treten soll; so spät fie uns gemaht wird, so gründlich muß sie geprüft werden, noch gründlicher als 1908, und zwar im Anschluß an den Kolonial- etat, in den fie ganz und gar hineingehört. Was hat sih denn seit Mai 1908 verändert? Der Staatssekretär Dernburg follte sich, wie in Afrika, so au in unserem Kolonialgebiet im Stillen Dzean erst genau informieren; sein Grundsatz ist doch, daß für neue Ausgaben in feinem Ressort entweder Deckung vorhanden oder die Rentabilität gesichert ist. Allerdings ist die Großschiffahrt heute niht fehr gut daran, aber haben die großen Schiffsgesellschaften niht auch einige Schuld daran, daß man sich in der Schäßung der Dauer des wirtschaftlihen Aufschwunzes geirrt, daß man die Ausgaben für Vermehrung des Schiff8materials überspannt hat ? Die Hamburg-Amerika Linie leidet wie der Norddeutsche Lloyd. Der Norddeutshe Lloyd rechnet sich auf der Linie nah Neuguinea etnen bedeutenden Verlust heraus; es ist aber zu beachten, daß die einzelnen Unterbilanzen in der Begründung der heutigen Vorlage nicht aufgeführt sind. Es läßt fich gewiß leiht ein Verlust herausrechnen, wenn man auch nur das Schema zugrunde legt, wozu der Vertrag den Lloyd berechtigt. Der leytere kann nah dem Vertrage ganz erheblihe Abschreibungen machen, nach meiner Rechnung 16} 9/0, darunter 4 09/9 für Versicherungsprämie und Beträge für den Reserve- und für den Erneuerungsfonds! 16} °/9 Abschreibung erseßen in 6 Jahren das ganze Schiff, das ist eine viel zu hohe Abschreibung; in geshäftliher Beziehung s{heinen die Herren vom Lloyd den Herren von der Reicheregierung erheblih über- legen zu sein. Es fahren da 3 Schiffe mit 235 Mann Besaßung. Der Lloyd erhält jegt 230 000 /(6 Subvention, womit der ganze Gage- und Verpflegungsetat der drei Schiffe gedeckt wird. Ein folcher Verlust, wie er in der früheren Vo:lage entstanden war, konnte danach nicht entstehen und ist auch nit entstanden, sondern man hat eben nah einem Modus gerechnet, der solche Verluste zu errechnen erlaubt, die aber nicht tatsählich eingetreten sind. In der Kommission wird hier gründlih nachgerehnet werden müssen; es muß uns auch die innere Richtigkeit der gegebenen. Ziffern dargetan werden. Daß das Geschäft niht so s{lecht gewesen sein kann, ergeben die vor- jährigen Mitteilungen des Abg. Hormann, wonach ein Reingewinn von nur 2,55 9% herausgekommen fei, also ein Reingewinn k Welche Bedeutung hat nun das Schutzgebiet - für Deutschland ? 647 Weiße wohnen dort ; der Gesamthandel betrug 1907 5,4 Millionen Mark. Die ganze Subvention geht dafür darauf. Von dem Handel geht noch etwa die Hälfte nah Hongkong und nah Sydney. In der Hauptsache dient auch die Subvention nur dazu, den Handel von Hongkong nah Sydney zu verbilligen und zu erleichtern; haben wir dazu Veranlassung? Was würden die beteiligten Unternehmer sagen, wenn man ihnen zumutete, die Subvention ganz oder teilweise auf sih zu nehmen? Damit würden wir wohl glänzend abfallen. Auch auf die Geschichte der Petitionen, die uns von dort zugekommen sind, wird noch näher einzugehen sein. Die Petitionen sind bestellt worden, fie find unterschrieben worden von den Beamten im Schußz- gebiete und find un3 mit einer unerhörten Fixigkeit zugänglih gemacht worden. Der Lloyd wird sich tausendmal überlegen, die Linte Hongkong— Sydney aufzugeben; mat er seine Drohung wahr, so sparen wir

die 500000 A und gewinnen die Vorteile des alten Ver- trages zurücks, der die Beförderung von Arbeitern nach Neuguinea eher als die jeßige Linie ermöglihte. Die Missions- interessen {äße auch ich nicht gering ein; aber mit der Gntwicklung von Handels- und Schiffahrtsunternehmungen hat die Mission oft gar nihts zu tun, oft hat sie fogar alle Ursache, mit Mißvergnügen das Auftreten großer Handels- und Ausbeutungs- gesellshaften in ihrem Gebiete zu betrahten. Es sind ja auch {hon zahlreihe andere Gesellschaften dort tätig, ich nenne nur die Jaluit- gesellschaft, die keine Subvention bekommt; die Straße dorthin ist also hon heute sehr stark befahren. Man sollte erwägen, ob nicht andere Gesellschaften heranzuziehen wären. Die Verbindung von Neus- guinea nach Hongkong ist im deutschen Interesse verhältnismäßig wertlos. Wir lehnen die Vorlage nicht grundsäßlih ab; wir werden sehen, welhen Verlauf die Kommissionsberatung nehmen wird. Zu bedauern ift die späte Einbringung der Vorlage, namentlich deshalb, weil zur Prüfung der Frage, ob eine andere Gesellshaft zur Auf- nahme des Betriebes- bereit wäre, nur noch wenig Zeit bleibt. Ander- seits wäre zu erwägen, ob nicht für die subventionierte Linie die Mit- wirkung eines Reichsbeamten fichergestellt werden müßte.

Abg. von Dirksen (Rp.): Der Vorredner hätte si einen großen Teil seiner Rede ersparen können, wenn er mit den entgegen- kommmenden Worten begonnen hätte, mit denen er geshlossea hat. Die Regierung hat sih unsere damaligen Monita zu nuße gemacht, indem sle die Vorlage früher an das Haus gebracht hat. arin muß ih allerdings den Vorrednern recht geben, daß eine derartige Vorlage niht vom Reichsamt des Janern, sondern direkt vom Retchskolontal-

vermehrt- Verkehrsmittel bedingen. Eine einzige Linie kann bet der | Beurteilung des finanziellen Effekts niht herausgegriffen werden, denn *

amt ausgearbeitet werden sollte, weil sie fo mehr im Zusammenhange mit den Einnahmen und Ausgaben, mit der ganzen Finanzgebarun einer Kolonie gewürdigt werden kann. Hier handelt cs ih elgentlt