1888 / 249 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 29 Sep 1888 18:00:01 GMT) scan diff

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Königliche Akademie der Künste.

Bekanntmachung.

Die Dauer der diesjährigen akademischen Kunstausstellung wird bis zum 7. Oktober d. J. inkl. mit der Maßgabe verlängert, daß die Ausstellungsräume von Montag, den 1. Oktober ab, täglich nur von 10 Uhr Vormittags bis 5 Uhr Nachmittags dem Publikum geöffnet fein werden.

Eintrittspreis täglih, auch am Montag, 50 S.

Ausstellungsloose berehtigen, einshließlich des Montag, zum einmaligen Besuch der Ausstellung.

Berlin, den 28. September 188. L

Der Senat der Königlichen Akademie der Künste, Sektion für die bildenden Künste. C. Becker.

BekanntmaGung.

Nah Vori{rift des Geseßes vom 10, April 1872 (Gesetz- Samml. S. 357) sind bekannt gemat: c

1) der Allerhöchste Erlaß vom 9. Juli 1888, betreffend die Verleihung des Enteignungêrechts, sowie des Rechts zur Chbaufsee- gelderbebung an den Kreis Wongrowiß für den Bau einer Chaussee von der Grenze des Kreises Kolmar bei Lipin über Grünheim und Grabowo bis zur Stadt Gollantsch, durch das Amtsblatt der König- lichen Regierung zu Bromberg Nr. 35 S. 301, ausgegeben den 31, August 1888; 5

2) das Allerhêchste Privilegium vom 11. Juli 1888 wegen Aus- fertigung auf den Inbaber lzutender Kreis-Anleihesheine des Kreises Birnbaum im Betrage von 180000 durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Posen Nr. 34 S. 313, ausgegeben den 21. Augufît 1888;

3) das Allerbêchfte Privilegium vom 23. Juli 1888 wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Kreis-Anleibescheine des Kreises Schwerin a. W. im Betrage ron 180 000 Æ durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Posen Nr. 38 S. 341, ausgegeben den 18. September 1888;

4) das Allerhôchîte Privilegium vom 24. Iuli 1888 wegen Aus- fertigung auf den Irhaber lautender Anleibescheine der Stadt Eupen im Betrage von 400 000 # durch das Amtsklatt der Königlichen Regierung zu Aachen Nr. 41 S. 263, ansgegeben den 6. Sep- temter 1888; f E :

5) das Allerhöbste Privilegium vom 24. Juli 1888 wegen Aus- fertigung auf den Inhaber lautender Anleibescheine der Stadt Stral- sund im Betrage von 1 000 000 # derch das Amtsblatt der König- liden Regierung zu Stralsund Nr. 36 S. 171, ausgegeben den 6. September 1888; ;

6) das Allerhöchste Privilegium vom 30. Juli 1888 wegen Aus- fertigung auf den Inhaber lautender Kreis-Anleibeshcine des Kreises Franzburg im Betrage von 93790 # durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Stralsund Nr. 36 S. 169, ausgegeben den 6. September 1888; i

7) der Allerhöchste Erlaß vom 8. August 1888, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Stadtgemeinde Berlin zum Erwerkte der zu dim Bau dcs Hauptsammlers für das Radial- \system X der allgemcinen Kanalijations von Berlin in der Beler- mannstraße ‘erforderlihen Grundflähhen, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potédam und der Stadt Berlin Nr. 36 S. 349, ausgegeben den 7. September 1888,

Bekanntmac@tGung.

Die Immatrikulation auf hiesiger Universität für das bevor- stehende Winter-Semester 1888/89 findet am 15., 20., 27. Oktober cr.,, Vormittags 9 Uhr, und am 3. November cr., Nachmittags 3 Uhr, a Me des Universitäts-Hauptgebäudes att. Bebufs derselben haben die Studirenden, welche von einer anderen Universität kommen, ein vorschriftémäßiges Abgang8zeugniß ron jeder früber besuchten Universität nebst dem Schulzeugniß im Original, diejenigen Inländer und Angehörigen anderer deutsher Staaten, welde die Studien erst beginnen, Zeugnisse der Reife, die Auéländer wenigstens cinen Paß oder sonstige Legitimationépapiere vorzulegen. adbträgli&e Immatrikulationen bedürfen einer besonderen Be- willigung. Halle a. S., am 25. September 1888. Der Rektor der vereinten Friedri Universität Halle-Wittenberg. Lastig.

_Angefommen: Se. Excellenz der Staats-Minister und Minister der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegen- heiten, Dr. von Goßler, aus der Provinz Ostpreußen.

Personalveränderungen.

Königlih Preußische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Verseuungen, Im Beurlaubtenstande. Müncheberg, 15. September. Srhr. v. Wangenbeim II., Sec. Lt. vom Ulan. Regt. Nr. 6, déffen Kommando zur Botschaft in St. Petersburg, indem derselbe ugleih als fommandirt zum Auënärtigen Amt übertritt, um ein

abr verlängert.

Müncheberg, 18. September. Stoll, Pr. Lt. von der 4. Ingíin. Insv., vom 1. Oktober cr. ab auf ein Iahr zur Dienst- leistung bei dem Jaf. Regt. Nr. 118 kommandirt.

Potsdam, 23. September. v. Sack, Major vom Gren. Regt. Nr. 2, Zwenger, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 118, deren Kommanto zur Dienstleistung bei der Géewehr-Prüfungékommission bis auf Weiteres verlängert. Drews, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 76, kemmantdirt als Assistent bei der Gewehr-Prüfungskommission, bis auf Weiteres zur Dienstleistung als Mitglied zu dieser Kommission kommandirt. v. Westernhagen, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 79, kommandirt zur Dienstleistung bei der Gewehr-Prüfungsfommission, in das Kommando als Assistent zu diefer Kommission über- geren Frhr. v. Gregory, Second-Lieutenant vom Jäger-Bat.

r. 11, Piper, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 59, mit ult. d. M. von dem Kommando zur Dienstleistung bei den Gewehr- und Munitionsfabrifen entburden. Fischer, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 21, kommandirt zur Dienstleistung bei den Gewehr- und Munitionéfabriken auf ein Jahr, vom 1. Oktober cr. ab zur permanenten Dienstleistung bei den gedachten Fabriken, Wegener, Sec. Lt. vom Füs. Regt. Nr. 39, zur Dienstleistung bei der Gewehr- und Munitions- fabrik in Spandau, vom 1. Oktober cr. ab auf ein Jahr, kommandirt. Wilhelmi, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 29, zur Dienstleistung bei der Gewebr- und Munitionsfabrik in Spandau, rom 1. Oktober cr. ab auf ein Jahr, ¡Dorndorf, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 17, vom 1. November cr. ab auf ein Jahr zuc Dierstleistung bei der Séloßgarde-Comp., kommandirt. Laehn, eugePr. Lt. vom Art. Depot in Karlsrube, zum Zeug-Hauptm., S mid, Zeug-Lt. vom Art. Depot in Koblenz, zum Zeug-Pr. Lt., befördert.

Im Beurlaubtenstande. otsdam, 23. September Baumgartner, Pr. Lt. a. D., zuleßt von der Inf. des 2, Bats. Landw. Regts. Nr. 113, in der Armee, und zwar als Pr Lt. bei der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bats. Bezirks Lörrach, Krapp, Sec.

Lt. a. D,, zuleßt von der Inf. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 22, in der Armce, und zwar als Sec. Lt. bei der Irf. 2. Aufgebots des Landw. Bats. Bezirks Ratibor, wiederangestellt.

Abschiedsbewilligungen. Imaktiven Heere. Pots- dam, 23. September. Sch{midt, Zeug-Lt. vom Art. Depot in Köln, mit Pension nebst Aussicht auf Az.stelung im Civildienst und seiner bisherigen Uniform der Abschied bewilligt. v. Bongé, Hauptm. a. D., zuleßt Comp. Cbef im Inf. Regt. Nr. 30, mit seiner Pension vnd der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform des damaligen Gren. Regts. Nr. 7, behufs Verwendung als Bezirks- offizier, zur Diép. gestellt. Lischke, Sec. Lt. a. D., zuleut à la suite des Inf. Regts. Nr. 56, der Charakter als Pr. Lt. verlieben.

Im Beurlaubtenstande. Potsdam, 23. Séptember. Tonne, Hauptm. von der Fuß-Art. 1. Aufgebots des Landw. Bats. Bezirks Magdeburg, mit fein:r biéberigen Uniform der Abscied bewilligt.

Königlich Bayerische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heer. 19. September. v. Malaisé, Major und Bats. Commandeur im Inf. Leib-Regt., unter Stellung à la suite dieses Regts., zum Direktor der Kriegssck@ule ernannt.

Durch Verfügung des Kriegs-Minifteriuums. Delamotte, Pr. Lt. des 12. Inf. Regts, Stark, Pr. Lt. des 15. Inf. Regts, mit der Wirksamkeit vom 1. Oktober d. I. ron ihrem Kemmando zum Topograpbischen Burcau des Generalstabes enthoben. Sing, Sec. Lt. des 15. Inf. Regts., Arnold, Sec. Lt. dcs 18. Inf. Regts., mit der Wirksamkeit vom 1. Oktober d. I. zum Topographischen Vureau des Generalstabes kommandirt.

Abschiedsbewilligungen. Imaktiven Heere. 19. Sep- tember. Nürmberger, Oberst urd Commardeur des 14. Inf. Regts. mit Persion und mit der Erlaubriß zum Tragen der Uriform, Schenk, Major à la suite desselben Regts., Direktor der Kriegs- schule, diesem unter Verleihung des Charakters als Oberst-Lt., mit Pension und mit der Erlaubriß zum Tragen der Uriform, der Ab- \chicd bewilligt.

XIITI. (Königlich Württembergishes) Armee-Corps.

Ernennungen, Beförderungen, Verseßungen x. Im aktiven Heere. 23. September. Frhr. v. Falkenstein, Een. Major und Gereral à la suite Sr. Majestät des Königs, unter Enthebung vcn scinem Kowmando nah Preußen, zum Com- mandeur der 52. Inf. Brig. ernannt. v. Sarwey, Gen. Major, kommandirt zur vorläufigen Uebernabme der 52. Inf. Brig., unter Enthebung von diesem Verkältniß und Verseßung zu den Offizieren à la zuite dcr Armee, nah Preußen kommandirt behufs Verwendung als Commandeur der 9. Inf. Brig.

24, September. Prinz Wilbelm von Württemberg, Königlice Hobeit, Een. Lt. und Chef des Drag. Regts. Nr. 26, zum Gencral ècr Kav. mir Patent vom 19. Séiptember d. I. be- fördert.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 29. September. Wie wir heute Morgen bereits durch eine Extranummer mitgetheilt haben, ist uns in der Nacht folgende Depese aus Stuttgart, vom 28. d. M., zugegangen :

Ein glänzendes Galadiner zu Ehren Sr. Majestät des Kaisers fand heute Mittag in den prachtvollen Räumen des Residenzshlosses statt. Se. Majesfät der König von Württemberg gab in einem Trinkspruh Seinen Gefühlen lebhaftex Freude über den n e Besuch und innigster Freundsc&aft und Anhänglichkeit an Se. Majestät den Kaiser und Allerhöchstdero Haus mit warmen Worten Ausdruck. Bei dem Hoch auf den Kaiser intonirte das Musikcorps die Nationalhymne.

Se. Majestät der Kaiser antwortete unverzüglich, von den Worten Seines Königlichen Gastgebers sihtlih er- griffen, Folgendes: G

Aus tiefbewegtem Herzen sprechße Ich Ew. Majestät Meinen irnigsten Dank aus für die gnädige Eirlatung urd den berzlichen Empfang, den Allerböcstdieselben und Ihr ganzes Voik Mir bereitet baben. Ich bitte Ew. Majestät Mir zu glauben, daß. Ih mit be- sonders watmen Empfindungen hierher gekommen bin, denn dieses reih gesegrete Land und dieses berrlide Volk, über welckes Er. Majestät regicrt, hat im Mittelalter viele der edelsten deutschcn Fürsten, wel@e die Gesbicke des Landes leiteten, kervorgebrack&t. Ganz besonders zieht Mich bierber, daß das \{wäbishe Land aub die Wiege Meines Hauses gewesen ist, au in Meinen Adern rollt schwäbishes Blut ebersogut wie in ten Adern der Herten, die kter

versammelt sind. Von fester und unverbiü&licker Anbäneli{keit an

dieses Land und scinen Herrn besielt, crkebe Ih Mein Glas und rufe: Se. Maiestät der König und Ihre Majestät die Königin von Württemberg, Sie leben hoch, bo, both!

Ferner erhielten wir heute früh noch solgende Depeschen :

Stuttgart, 29. September. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen gestern nah der Rundfahrt militärishe Meldungen entgegen und statteten darauf den hie- sigen Fürstlichkeiten Besuhe ab. Nah dem um 2 Uhr statt- findenden Galadiner wird Se. Majestät um 4 Uhr nah der Mainau abreisen.

Mainau, 29. Scptenber. Se. Majestät der Kaiser nahmen gestern Vormittag 111/, Uhr in Stuttgart militärische Meldungen entgegen, empfingen die württembergischen Staats- Minister und statteten darauf der Königlichen Familie Besuche ab. Um 2 Uhr fand Galatafel statt und demnächst um 4 Uhr die Abreise Sr. Majestät nah der Mainau, woselbst die An- kunft um 111/, Uhr Abends erfolgte. Sigmaringen begrüßten der Fürst und die Fürstin von Hohenzollern mit den Prinzen Ferdinand und Karl Anton Se. Majestät.

Aus dem „W. T. B.“ sind ferner nachstehende Telegramme über die Reise Sr. Majestät des Kaisers eingegangen :

Stuttgart, 28. Seplember. __Se. Majestät der Kaijer begab Sich gegen 4 Uhr mit Jhren Majestäten dem König und der Königin sowie sämmtlichen Mit- gliedern des Königlichen Hauses nah dem Bahnhofe, woselbst die Staats-Minister, die Generalität und die Hofwürden- träger zur Verabschiedung anwesend waren. Der Kaiser ver- abschiedete Sih auf das Herzlichste von dem König und grüßte wiederholt aus dem eher Seines Waggons. Um 4 Uhr erfolgte unter enthusiastishen Zurufen des zahlrei anwesenden Publikums die Abfahrt Sr. Majestät, worauf der A nah dem Schlosse zurüdckehrte.

_Ulm, 28. September. Se. Majestät der Kaiser traf heute Nahmittag 6 Uhr hier ein. És fand kein offizieller Empfang statt. Se. Majestät empfing den Ober-Bürgermeister Heim im Salonwagen und unterhielt Sih einige Minuten

huldvollst mit demselben. Nah dem Maschinenwechsel sett e ih der Kaiserliche azug wieder in Bewegung.

Konstanz, 28. September, Abends 10 Uhr 30 Minuten. Se. Majestät der Kaiser traf soeben hier ein und wurde am Bahnhof von Jhren Königlihen Hoheiten dem Großherzog und dem Erbgroßherzog empfangen. Nah herzliher Begrüßung und der Vorstellung der Militär- und Civilbehörden fuhren die Allerhöchsten Pas im offenen Wagen über den prachtvoll erleuhteten Bahnhofsplay nah dem Hafen. Unterweas bildeten Militär und Vereine Spalier und begrüßten Se. Majestät mit enthusiastishen Kundgebungen. Um 11 Uhr fuhr der Solondampfer, von zahlreihen Booten begleitet, nah der Mainau ab. Der See mar glänzend beleuchtet, und an den Ufern wurde fortgeseßt Feuerwerk ab- gebrannt.

An Zöllen i geme Batten Verbrau chs- steuern sowie anderen Einnahmen sind im Reich für die Zeit vom 1. April 1888 bis zum Schluß des Monats August 1888, einshließlih der kreditirten Beträge, zur Anschreibung gelangt : Zölle 111 402 963 (+5851 592 M4), Tabaditeuer 3215 708,4 (+ 31 607 M), Zudersteuer 89 654 087 M (+ 20 960 608 A6), Salzsteuer 14 392398 M (+ 219 393 S), Maischbottich- und Branntweinmaterial steuer 918 700 (— 13 138 097 M), Ver- brauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 42 079 626 M (—+ 42 079 626 C), Nachsteuer für Branntwein 51€0 M (+ 5160 M), Brausieuer 9 393 043 M (+ 401 394 M6), Uebergangsabaabe von Bier 1061 748 M (+ 116 474 M); Summe 90977 859 M (+ 56 527 757 M). Spielkarten- stempel 369 368 M (+ 15844 M), Wedhselstempelsteuer 2 786 932 (+ 24222 MÆ), Stempelsteuer für a. Werth- papiere 2 954 744 (+ 944 465 M), b. Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte 4 552 166 M (+ 1659 966 M), c. Looje zu Privatlotterien 193 042 # (— 53070 M), Staatslotterien 23977 459 M (+ 60 513 MÆ), Post- und Telegraphen - Ver- waltung 78 6920 106 (+ 4553 492 M), Reichs-Eisenbahn- Verwaltung 21 172 500 M (+ 610 500 M).

Die zur Reichskasse gelangte Jst-Einnahme ab- züglih der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten be- trägt bei den nachbezeihneten Einnahmen bis Ende August 1888: Zölle 96 415 665 „J (— 635 206 S), Tabacksteuer 2 825 209 M (+ 206 242 M6), Zudersteucr 15460 986 M (+ 1 711 741 M), Salzsteuer 14 781 941 M (+ 283 859 M), Maischbottih- und Branntweinmaterialsteuer 5025237 (— 10 386 091 M), Verbrauheabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 26 7E5 297 M (+ 26 765 297 M), Nath- teuer für Branntwein 9278 312 M (+ 9278312 M), Brau- steuer und Uebergangsabgabe von Bier 8875102 (+ 443 186 M); Summe 179 427 749 M (+ 27 667 340 M). Spielkartenstempel 437 093 # (—+ 14 055 M).

Hinsichtlih der Privatbeförderung von Briefen in Postpacketen zwishen Orten mit Postanstalten, wie solche in den leßten Jahren von Jnhabern von sog. Privat- Postinstituten betrieben worden, hat das Reichsgericht, I, Strafsenat, durch Urtheil vom 2. Juli d. J. folgenden Rechtssaß ausgesprohen: Uebernimmt Femand einzelne nah einem anderen Ort gerichtete Briefe als solhe von den Ab- sendern gegen Entgelt zur Beförderung und übersendet er sodann das dur Vereinigung der Briefe gebildete Paet, gleihviel ob durch die Post oder durch eine andere Fahr- gelegenheit, an seine Privatanstalt im Bestimmungsort behufs Vertheilung der einzelnen Briefe an die Adressaten, so ist er wegen Portodefraudation zu bestrafen, und zwar gilt als defraudirtes Porto das Porto jedes einzelnen in dem Packet enthaitenen Briefes. Dagegen ist die Versendung einer Mehr- zahl eigener Briefe als Paket durch die Post nach einer Privatanstalt des Bestimmungsorts, von wo aus dieselben den verschiedenen Adressaten zugestellt werden, statthaft. „. . . Jn der Entscheidung des Reichsgerichts vom 7./14. Februar 1887 handelte es sich zunächst um die Frage, ob es einem Absender untersagt sei, seine eigenen Briefe in größerer Anzahl, in einem Packet vereinigt, durch die Post zu vershicken. Diese Frage wurde verneint und hieraus weiter geschlossen, daß derselbe Absender, wenn erx ein solhes Packet mit Briefen, welhes er durch die Post ‘versenden durste, „auf andere Weise“ verschicke, hierdurch nur das Pacetporto, nicht das Postporto für die ein- zelnen Briefe defraudirt habe. Der Absender, welcher nah der Ans&auung jenes reichsgerihtlihen Urtheils seine eigenen Briefe zu einem Packete vereinigen durfte, fehlte also nur darin, daß er diejes Packet der Beförderung dur die Post entzog. Der Dritte (dort die Eisenbahn), welcher (und zwar unbewußt) die in ein Paket verpackten Briefe gegen Bezah- lung beförderte, erhielt von vornherein nur dieses Packet; es war also in der That der Post nur ein Packet entzogen und gegen Bezahlung von einem Dritten befördert. Gegebenen- falls ging aber die Anklage gegen den Angcklagten K. dahin, daß er als Jnhaber eines Privat-Postinstituis am 18. Mai 318 Briefe und am 2., 6., 9., 10. 2c. Mai einen oder mehrere vershlossene Briefe gegen Entgelt von Elberfeld nah Barmen befördert habe und die thatsählihe Unterlage dieser Anklage, welche der zweite Richter im Wesentlichen als richtig feststellt, geht dahin, daß Angeklagter die einzelnen nach Barmen adresfirten Briefe als solhe von den Absendern in Elberfeld gegen Ent- gelt zur Beförderung übernommen und dieselben erst seiner- jeits in größerer oder geringerer Anzahl vereinigt an seine Privat-Postanstalt in Barmen gesendet hat, um sie durch diese an die ein:elnen Adressaten bestellen zu lassen. Auch die größere Gesammtzahl von 318 Briefen, welche ihm ein einziger Absender übergab, erhielt er nit etwa in einem Poaet, sondern als einzelne Briefe. Hier „verschickten“ also die Absender ihre Briefe gegen Be- zahlung dur einen Dritten, den Angeklagten, nicht durch die Post: denn mit der Post hatten die Absender überhaupt nihts zu thun. Der Privatunternehmer, welcher die Briefe, meist verschiedener Absender, behufs Beförderung an einen entfernten Ort gegen Bezahlung übernimmt und thatsächlich bewirkt, entzieht also hon mit der Uebernahme zu diesem geseßwidkigen Zweck die Briefe als folche der Post, welcher sie ohne sein Dazwischentreten vom einzelnen Absender häiten übergeben werden müssen oder wenigstena präsumtive übergeben worden wären. Daß er dann in wei- terer Ausführung seiner von Anbeginn geseßwidrigen Thätigkeit die behufs Umgehung der gejeßlichen postalishen Beförderung zur entgeltlihen Privatbeförderung einzeln über- nommenen und damit der Post bereits entzogenen Briefe zu Padcketen vereinigte, ist völlig gleihgültig, und ebenso ist es gleihgültig, ob er die Packdete demnächst durch die Post oder

auf anderem Wege traneportiren ließ. Denn das der Post durch seine Einmischung in die Briefbeförderung QLEE Objekt sind he E und Sai bat er sie dadur, daß er fie gegen Dezahtung zur Beförderung übernahm ünd bier- mit den §. 1 des Postgeseßzes. verlezte.“ Ó Y

_— Ein in einer Spritfabrik beshäftigter Arbeiter hatte versehentlih, statt aus einer für den Gebrau der Arbeiter bestimmten Kanne mit Wasser, aus einer daneben stehenden, äußerlich ganz ähnlichen Kanne ein größeres Quantum fast reinen Alkohols getrunken und war in Folge des Eindringens von Sprit in die Lungen an einer Lungenentzündung gestorben. Die betreffende Kanne mit Sprit hatten \sich die Arbeiter ohne Wissen und Willen der Fabrikleitung aus den Fabrikvorräthen bei Seite geschafft, um sh aus dem Jnhalt desselben dur Mischung mit Wasser Trinkbranntwein zum Zweck des eicenen Genusscs zu bereiten. Das Reichs - Versiherungsamt hat in der Rekursentsheidung vom 25. Juni 1888 (Nr. 567) das Vorliegen eines Betricbsunfales verneint, da das auf die vorbezeihnete Weise von dem Fabrikprodukte abgesonderte Spritquantum nit mehr als integrirender Theil des ersteren und daher auch nicht als Theil * einer Einrichtung des Betriebes betrachtet werden kann. Dasselbe isst vielmehr ganz ebenso anzusehen wie ein Genußmittel, we!hes ch die Ar- beiter von außerhalb für ihren persönlichen Bedarf in die Betriebsräume mitgebraht baben. Ein Vergreifen in diesen Genußmitteln kann aber außerhalb der Betriebsräume genau in der gleicen Weise, wie innerhalb derselten vor si gehen: es steht in keiner Beziehung zu den Gefahren des Betriebes, gegen - welhe das Unfallversiherungëgeses die Arbeiter schügen will. -

Dur Allerhöchste Ordre vom 17. September d. J. i dem Kreise Grottkau, welcher den Vau einer Chaussee von Lindenau über Laßwiy nah Lobedan beschlossen hat, das Ent- eignungsrecht für die zu dieser Chaussee erforderlichen Grundstücke, sowie gegen Uebernahme der künftigen chaussee- mäßigen Unterhaltung der Straße das Recht zur Erhebung des Chausseegeldes nah den Bestimmungen des Chaussee- geld-Tarifs vom 29. Februar 1840 (G.-S. S. 94 f.) einshließlih der in demselben enthaltenen Bestimmungen über die Befreiungen, sowie der sonstigen, die Erhebung betreffenden usäßglihen Vorschriften vorbehaltlich der Abänderung der L immtlichen voraufgeführten Bestimmungen verliehen worden. Auch sollen die dem Chausseegeld-Tarife vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee-Polize i- vergehen auf die gedahte Straße zur Anwendung kommen.

Im Sigzungssaal des Ober-Landeskul urgerits voll- z0g si gestern eine seltene Feier. Das älteste und lang- jährige Mitglied des genannten Gerichtshofs, Herr Geheimer Dber-Justiz-Rath Chales de Beaulieu, tritt am leßten d. M. nach beinahe 55 jahrigem Staatsdienst in den erbetenen Ruhestand. Der Genannte vermag bei seinem Scheiden aus dem Staats- dienste, in welhem er niht weniger als 49 Jahre der land- wirthschafilihen Verwaltung angehörte, auf eine an Erfolgen und Ehren reihe Laufbahn zurückzublicken. Jn der gestrigen feierlihen Sizung überreihte der Präsident des Ober-Landeëkulturgerihts dem Scheidenden nach einer dessen Verdieuste in warmen Worten hervorhebenten Ansprache den von des Königs Majestät mit dem Allerhöchsten Abschiede verliehenen Stern zum Rothen Adler-Orden zweiter Klasse mit Eichenlaub.

Der Königliche Gesandte, Graf zu Rangzau, ist auf seinen Posten nah München zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Archiv-Assistent Wilhelm Kirshbaum vom Staats-Archiv zu Wiesbaden ist am 10. September d. J. ge- storben. Der Archiv-Hülfsarbeiter Dr. phil. Paul Karge ist von Breslau an das Staats Archiv in Koblenz versett worden.

Der Gouverneur von Met, General der Jnfanterie von Oppeln-Bronikowski, hat sih nah Abstattung persön- Pi Meldungen bezw. beendetem Urlaub nach Met zurück-

egeben.

Vayern. München, 28. September. (W. T. B.) Der Prinz-Regent ist von der Reise durch die Pfalz heute Abend 7 Uhr hierher zurückgekehrt. Bei der Ankunft auf dem Bahn- hofe, wo eine Ehren-Compagnie aufgestellt war, wurde Se. Königliche Hoheit von den Mitgliedern des Königlichen Hauses, den Vin'stern, der Generalität, den beiden vollzählig erschienenen Stadtkollegien und dem Polizei-Präsidenten begrüßt. Der Bürgermeister Wiedenmayr hielt eine Ansprache, welche er mit einem Hoh auf den Prinz-Regenten s{loß. Der Prinz- Regent dankte für den ihm bereiteten Empfang und begab sih sodann unter den enthusiastishen Jubelrufen der Bevölke- rung durch die prächtig erleuhteten Straßen, in welchen die Vercine Spalier bildeten, nah dem Residenzschlo§ß.

Sachsen. Dresden, 28. September. (Dr. J.) Die Königin hat sih heute Mittag nah dem Jagdhause Rehe - feld begeben.

Vaden. Dem „Schwäbischen Merkur“ wird aus Karl s- ruhe vom 27. September geschrieben: „Die Presse begrüßt mit hoher Genugthuung die bevorstehende erste Anwesenheit des jungen Kaisers in unserem Lande und freut sih der innigen Sympathie, die ihn mit unserem Fürstenhause, die verwandschaft- lihen Bande verstärkend, verbindet. Die Bevölkerung be- wundert die unermüdliche Arbeitskraft und die eiserne Energie des jungen Monarchen, den allerdings noch nit der Glorien- schein weltbedeutender Siege umgiebt, der aber die Volkskraft zur äußersten militärishen Vollendung anspannt, um durch diese Kraft und durch machtvolle Bündnisse der Welt das segensvollste Gut, den Frieden zu erhalten.“

Sachsen-Weimar-Eisenah. Weimar, 28. September. (Th. C.) Der Großherzog ist heute Morgen nah der JZnjel Mainau gereist, um dort am Geburtstage Jhrer Majestät der Kaiserin anwesend zu sein. Von dort begiebt sh Se. Königliche Hoheit nah Venedig. Der Erbgro§ß- herzog ist von der Wartburg nah Ettersburg zurück- gekehrt. Die indirekten Wahlen zum Landtage nähern sich ihrem Ende. Jn den meisten Wahlbezirken, in denen bis jezgt Wahlen stattgefunden haben, sind die früheren Abgeordneten wiedergewählt worden. Eine bemerkenswerthe Ausnahme macht der Wahlkreis Eisenach Land, woselbst der frühere Abgeordnete Jungheinrih, von politish ziemli radi- kaler Färbung, von 27 Stimmen nur 6 erhielt.

Oesfterreih-Ungarn. Wien, 29. September. (W. T. B.) Das „Fremdenblatt“ berichtigt die Gerüchte über den Verlauf der gestrigen Artillerie-Uebungen auf dem Steinfelde bei Felirdorf, nah welhem der Kaiser von einer {weren Gefahr bedroht gewesen wäre, folgender- maßen: Gegen 2 Uhr *Nahmittags ließ der Kaiser das Signal zum Abblajen geben, welches jedoch von dem widrigen Winde vertragen wurde, sodaß eine ca. 1000 m rüdckwärts auf- gestellte Batterie dasselbe überhörte und noch einen Schuß abgab, obgleih der Kaiser mit seinem Gefolge, allerdings in einer Mulde gedeckt, zu der Besichtigung des Angriffsobjekts vorritt. Der Schuß traf die Schanze, hätte aber keinesfalls den Kaiser und sein Gefolge erreichen könnnen, da ih die- selben niht in der Schußlinie befanden. Der weitere Ver- lauf der Uebung wurde nicht gestört, nahdem die betreffende Batterie, durch das wiederholte Signal und dur eine Ordonnanz avisirt, alsbald außer Aktion trat.

__ Prag, 27. September. „Narodni Listy“ theilen mit, daß bei der theoretishen Reserve - Offiziers - Prüfung der intervenirende General erklärte, daß diejenigen, welche niht gründlih deutsch können, gleih zurüdcktreten sollen, da ein österreichisher Offizier deutsch können müße. Von 38 Kandidaten traten hierauf 21 zurück. Der Prüfung unterwarfen sich sonach 17 Freiwillige, darunter 3 Czechen.

Großbritannien und Jrland. London, 29. September. (W. T. B.) Der Unter-Staatssekretär des Aus- wärtigen, Fergusson, äußerte sih in einer gestern in Manchester gehaltenen Rede über die politishe Weltlage dahin: Es habe innerhalb der letzten drei Jahre keinen Zeitpunkt gegeben, in welchem die auswärtigen Angelegenheiten einen so friedlihen An- strih gehabt hätten wie gegenwärtig, und in welhem so wenig Besorgniß wegen einer Unterbrehung des Weltfriedens und demzufolge so wenig Furcht vor einer Störung des friedlihen Fortschritts von Handel und Jndustrie geherrscht habe wie jeßt.

Frankreih. Paris, 28. September. (W. T. B.) Jn dem heute Vormittag abgehaltenen Ministerrath wurde die Einberufung der Kammer auf den 15. Oktober festgeseßt. Der Marine-Minister Kranz erklärte, daß er jede weitere Herabseßung des Marinebudgets ablehnen werde. Der Ackerbau-Minister Viette theilte mit, daß die Weizen- ernte dieses Jahres in Frankreich nur 96 Millionen Hekto- liter ergeben habe, während der jährlihe Durhschnitt 108 Millionen Hektoliter betrage. Der Ministerrath shritt sodann zur Prüfung der Frage: ob den Kammern bei ihrem Zu- sammentritt der Entwurf zur Verfassungs-Revision vorzulegen sei. Ein endgültiger Beschluß wurde noch nicht gefaßt.

Rufß:land und Polen. St. Petersburag, 29. September. (W. T. B.) Der „Regierungsbote“ veröffentlicht folgen- des Communiqué: Jn der St. Petersburger „Börsen- zeitung“ erscheinen ab und zu Artikel, welche die Thätigkeit des Finanz - Ministeriums vollständig verkehrt aus- legen und demselben sogar eigenmättig verschiedene Ab- sihten und häufig in einem derartigen Tone zuschreiben, welcher annehmen läßt, als ob die Zeitung ihre Jnfor- mationen aus fompetenter Quelle schöpfte. Die „Börfen- zeitung“ war vom Finanz-Ministerium nie zu Eröffnungen in dessen Namen ermächtigt und erhält von demselben keine Mit- theilungen; dies muß ins Auge gefaßt werden. Denn wenn einige Personen sich in ihren Handlungen auf die falschen Nathrihten der erwähnten Zeitung stüßen würden, so müßten sie dann ihre Voreiligkeit bereuen. Der „Regierungs- bote“ fügt hinzu: die „Börsenzeitung“ sei gestern dur das Verbot des Verkaufs von Einzelnummern in Strafe genommen, weil sie die falshe Nachricht von einer bevorstehenden neuen russischen Anleihe verbreitet hatte.

Portugal. Lissabon, 21. September. (Pol. Corr.) Die Rückkehr des Königs und der Königin wird gegen den 18. Oftober erwartet. Derzeitig befinden sich König Dom Luiz und die Königin Maria Pia noch in Monza bei dem nahe verwandten und verschwägerten titalienishen Hof. Von dort werden sich die Majestäten wahrscheinlih über Genua zur See nah Barcelona begeben, wo die Ausstelung besichtigt werden joll; sodann werden dieselben, in Erfüllung eines {hon vor längerer Zeit gegebenen Versprechens, der Königin- Regentin Marie Christine, falls die hohe Frau schon in Madrid weilen sollte, dortselbst, eventuell in San Sebastian, einen Besuch abstatten.

Schweiz. Bern, 28. September. (W. T. B.) Der Bundesrath ernannte heute zu Bevollmächtigten für die Handelsvertrags-Verhandlungen mit Deuts ch- land den National-Rath Cramer-Frey in Zürih und den Landammann Blumer in Shwanden.

Griechenland. Athen, 27. September. (Wien. Ztg.) Die zwischen der griechischen Postdirektion und dem österreihish-ungarishen Lloyd vereinbarte Post- konvention wurde gestern unterzeihnet. Danach werden die Lloyd-Schiffe wie die Schiffe aller anderen Gesellschaften nur die Hälfte der geseßlihen Hafen- und Quaigebühren zu ent- rihten haben und nach allen griehishen Häfen, in welchen sie landen, unentgeltlih die Postpackete und Postfelleisen befördern. Die Konvention is für die Dauer eines Jahres gültig, wird aber erneuert werden können.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 28. Sep- tember. (W. T. B.) Der General-Zolldirektor Benni ch und der Justiz-Minister Bergström haben demissio- nirt. Zum General-Zolldirektor wurde Staatsrath Lönegren, zum Justiz-Minister Justiz-Rath Oerbom ernannt. Der Expeditions-Vorsteher Freiherr von Akerjelm wurde zum konsultativen Staatsrath ernannt. É ragte 5

Amerika. Philadelphia, 26. September. (A. C.) Der Senatsausshuß für auswärtige Angelegen-

heiten hat über den Sherman'schen Antrag: eine Kom-

mission einzuseßen, um die Beziehungen zwishen Canada und den Vereinigten Staaten zu prüfen, günstig berichtet. Der Ausschuß hat bisher noch keine Schritte bezüglih der Repressalien: Bill gethan ; dieselbe dürfte daher durchfallen.

HZeitung®sftimmen.

In der „Kölnischen Zeitung“ lesen wir: Der in Deutschland entbrannte Streit um das Tagebuch des Kaisers Fricdrih findet au im Auélande allgemeine Beobahtung

und verführt vielfaH zu einer düftern Beurtheilung unserer innern Verbältnifse. Man weiß im Ausélande eben niht, daß bier eine ver- sinkende Partei in krampfhafter Verzweiflung nah einem Strob- balm greift; man weiß nicht, daß binter dem Korvbanten- lârm der deuts{freisinnigen Presse nitt eine s{lagfertige Armee, sondern nur eine Handvoll von Streiern steht. Die Freunde unseres Volksthums besorgen, die Gegner des Deutsch- thums boffen, daß es dizeëmal doch endli den Deutschfre:sinnigen gelingen werde, dem blinden Hödur den verderbenbringenden, reich8- feindlihen Pfeil in die Hand zu drückden. Wir theilen diese Besorg- nifse niht und wir läbeln über diese Hoffnungen, denn es ift uns sebr genau bekannt, wie es um die Kraft und Gesundheit der deut'h- freisirnigen Partei bestellt ist; immerbin ist es interessant zu beob- achten, wie der neueste Wabls{windel dieser Partei in der Auffassung des Auslandes widerspiegelt. In dieser Beziehung ist folgender Artikel der Wiener „Presse“ sehr lebrreih:

„So wenig es unseres Erachtens Aufgabe der Publizistik fein kann, an den Parteikfämpfen in fremden Staaten tbeilzunebmen, so mag do eine orientirende Darlegung der Verbältniffe die seltsame Er- \cheinung. welche dieser Parteibader dem Welitheil bietet, zu erklären su@en. Seltsam ist es in der That, daß im Jabre 1888 die Legende von der Gröndurg des Deutschen Reihs und des deutschen Kaiser- thums dur Deutsche angetastet und zu zerstören gesucht wird. Seltsam ist es, daß für jenes Unterfangen die Autorität des damaltaen vreu- isen Kronprinzen, des zweiten Deutschen Kaisers, in die Wagschale gelegt werden kann. Seltsam ift es, taß in Preußen, welchem die fübrende Stellung im Deutschen Reich zufiel, die Verfaffung dieses Reis auf ihren politisen und nationalen Werth beute in Frage gestellt wird, nachdem achtzebn Fabre bindturch diese Verfassung als das nationale Palladium tingestellt wurde. Seltsaun ift cs, daß auch dafür die Autorität des verstorbenen Kaisers Friedri anges rufen wird, des Kaisers, dessen Regierungäproklamation gerade durch die feierlide Promu!lgirung ter verfafsunasfreundlihen und nationalen Gesinnungen des Monarwen fo bz:geisterte Zustimmung im deutschen Volke gefunden bat. Seltsam iît es endliv, daß be- bauptet werden kann, und zwar obne ein Dementi, Kaiser Friedrich bare an politishe Persönlichkeiten seine Tagebüer, welhe in ihrer Tendenz die Errungenschaften der Jahre 1870—71 in Frage stellen, bei feinen Lebzeiten vertheilt und babe jene Persönlichkeiten zu Mit- wissern von Ansidten und Gesinnungen gemadt, die nar durch eine radikale Umwälzung der in Preußen und Dcutschland bestebenden Verhältniffe bâätten verwirkliht werden können. Ein politisches Testa- ment sellen jene Tagebücher sein, und Freisinnige, Centruin und sonstige Gegner des besteßenden Systems melden sich bei den Wählern als Teïamentsvollstrecker. Freilih kennt man biéher nur den negativen Inhalt der politishen Wikllens8meinung Friedrichs III., aber diese Negationen genügen, um alle Gegner des Deutscten Reis zu einigen und zum Ansturm gegen tie bestehenden, von Kaiser Friedrich, als er noch Kronprinz war, so abfâllig beurthilten Verbältniffe anzueifern. Für den Augenblick sehen alle Gegner der Friedenéliga mit ¡roher* Erwartung nach Preußen und baben ibre Freude an einem Streit, der das Bestebende gefäbrdet, der die ver- meintlide Einigung des deuts@en Volkes fompvromittirt, der den gefürhteten deutiwen Rei&sfan;ler mit dem Ostracizmus bedroßt. Aus diesen Thatsachen \{höépfen jene Politiker an der Newa und an der Seine, welcte an die Konsolidirung des Deutschen Neichs nit glauben wollen, neue Hoffaungen. Und das ist der eigentliche sa{live Jubalt des Streites um eine Hypotbese, der ebestens von den preußischen Landtagëwähblern zum Austrag gebracht werden sou.“

Acht Tage sind verflofsen, scit die verbängnißvolle Nummer der „Deutschen Rundschau“ in die Welt binauëtflog; mit vernichtender (Sewalt sollte der Slag auf die Häupter des Kaisers Wiißelm I., des Fürsten Biêmarck und der Kartellparteien niedersausen. Die rubmreiden Begründer des Deutschen Reis sollten mit einer leihten Handbewegung lei Seite geschoten, dafür Kaiser Friedrich in den Mittelpunkt der nationalen Verehrung gerückt und zugleih in aller Form zum Scuzßbeiligen der deutsfrei- sfinnigen Partei erklärt werden. . . Auch die Laber dackte man auf seine Seite zu brinzen; aber wenn der alte Herr, den man verspottit, zufällig der Monar ift, der uns nach Iabrbunderten der Zerrifsenheit und Shmah auf französishen Schlactfeldern die deutshe Einteit zusammengehämmert bat, und wenn sich in seiner „langweiligen“ Umgebung Männer von der Geistcesmadt des Fürsten Biêmarck befinden, fo prallen diese Pfeile auf die Bank der Svyôtter z¡zuuück. Die Einiellung der Ausgabe des Oftober - Heftes der e Deutshen Rundschau“ kann die Pistolenkugei, die einmal den Lauf verlassen bat, nit wieder einfangen, fie fann das Unbeil, w:lches das Tagebuch angerihtet bat, niht wieder gut maden, sie kann lediglich die Aufmerkiamkeit stärker auf alle diese Dinge binlenken. Wer es auÿ fei, der sich dieses Unfugs \ch{uldig gemacht bat, er ift dem deutschen Volk moralish dafür verantwortlich, daß in den Partei- kampf, der nur mit blanfen, ritterlihen Waffen ausgefochten werden sollte, ein unehrlihes. vergiftendes Element eingeführt wurde. . Wir sind bei diesen Ausführungen von der Ansicht ausgegangen, daß wir ein bergerichtetes und überarbeitetes Werk vor uns baben, welches auf Autbenticität keinen Anspru machen kann, dessen Unter- lage jedo echt ist. Wesentlichß anders würde ch die Sache ge- stalten, wenn eine Fälshung im strengen Sinne des Wortes vor- lâge. In diesem Fall hätte die Regierung nicht nur das Recht, son- dern au die Pflicht, alle ibr zu Gebot stehenden Mittel anzuwenden, um das Andenken des zweiten Deutschen Kaisers gegen berostratische und verbreherishe Hände sicherzustellen. . Der Ritter, welcher diesen Zankapfel unter die Parteien des deutshen Volkes geschleudert und damit den Hader der Bürger aufs neue entfacht hat, wird uur- mehr sein Visir wobl aufs{lagen müssen. In den Gerichten wird der strenge, unerbittliche Redbtsfinn unabhängiger und gesetzesfkundiger Männer seinen Wahrspruch abgeben, und es wäre voreilig, demselben vorzugreifen. . ...

Der „Hannoversche Courier“ schreibt :

_ Fürst Bismarck's Immediatberiht an den Kaiser ist ein Schrift- stück von packender Wirkung, es sind wieder die markigen dur- shlagenden Sâte, welche allen Auélafsungen des Reichskanzlers ein fo carafteristisches Gepräge geben. Keine Ums&weife, feine funstvolle Redewendungen, dafür aber eine zwingende Beweisführung, welche des Erfolges sier ist. NoH immer haben Diejenigen, welhe den Fursten dur ibre Indiskretionen zwangen, aus seiner Zurück- jaltung berauszutreten, den Kürzeren gezogen. Graf Harry Arnim hâtte allen Feinden und Neidern des Kanzlers als warnendes Beispiel dienen sollen. Aber die Versuhung muß für die verkfannten Staatsmänner doch zu groß sein; sie können dem Drange niht widersteben, an dem großen Kanzler, der sie so vollkommen in den Schatten stellt, ibr Müthhen zu kühlen. Wie #ch nunmehr zur Evidenz ergiebt, ift die Veröffentlibung der Auszüge aus dem Tagebuch er es auch nur in der bâmischen Absicht erfolgt, den Füriten Bismarck zu erniedrigen gegenüber dem staats- männischen Swarfblick und dec politishen Einsicht des Kronprinzen Friedrich Wilbelm. Die Nugbarmabung der Aufzeihnungen des Sohnes Kaiser Wilhelm's I. zu Gunsten der deuts{freisinnigen Partei läßt auch nicht den geringsten Zweifel darüber, daß die Veröffentlihung nicht erfolgt ist zur Verberrlihung des edlen Kaisers, sondern zur Verdunkelung der staatsmänni- hen Größe des Reichékanzlers,. Nun, das Gegentßeil haben die Veranstalter dèr Publikation erreiht. Heute muß Jeder, der sehen will, erkennen, wie gewaltig si der klarblickende, das erreihbare Ziel ins Auge; fassende Kaiser Wilhelm und sein erster Minister, welcher flug abwägend und, wo es Noth thut, rücksihtslos dur{- greifend, das Staats\hif lenkt, erheben über die Gefübl8politiker, die in der Umgebung des damaligen Kronprinzen so zahlreich vertreten waren und das Urtheil des Königssohnes beeinflußten. . . .. Na

dieser Enthüllung verlieren die Aufzeihnungen des Kronprinzlichen Tagebuhs, soweit sie niht Selbsterlebtes berichten, erheblih an ge- schihtlihem Werth.