1888 / 260 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 Oct 1888 18:00:01 GMT) scan diff

auf eine in dieser Beziehung an die Firma gerichtete Anfrage eine wissentlich unwahre, den Anfragenden schädigende Aus- kunft ertheilt worden, so ist nah einem Urtheil des Rei hs- gerichts, I. Civilsenats, vom 21. April d. J., die Handels- esellshaft \cadenerfagpflihtig, wofür die Gesellschafter olidarish mit ihrem ganzen Vermögen haften.

Einem Arbeiter, welcher eine {hwere Augenverleßung erlitten hatte, war Seitens der zuständigen Berufsgenossen- schaft eine Rente von 75 Prozent der Rente für völlige Erwerbsunfähigkeit gewährt worden. Der Augenarzt hatte eine Rente von 50 Prozent für ausreichend erahtet. Auf Grund eines späteren Gutachtens desselben Sachverständigen, welches ergab, daß der Fall in seinen Folgen abgeschlossen war, wurde die Rente nah ungefähr Sahresfrist auf 40 Prozent herabgeseßt. Den gegen das auf erhobene Be- rufung ergangene abweisende schiedsgerichtlihe Urtheil ein- gelegten Rekurs begründete der Kläger damit, daß weder in Bezug auf seinen körperlihen Zustand, noch seine Erwerbs- verhältnisse eine „wesentlihe Veränderung“ eingetreten sei. Das Reichs-Versicherungsamt hat diesen Angriff für verfehlt erachtet, und den Rekurs mittelst Entsheidung vom 28. Mai d. J. (Nr. 583) aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Jndem die Beklagte, hinausgehend über den von dem Arzt angenommenen Grad der Erwerbszunsähigkeit, dem Kläger eine Rente von 75 Proz. der Rente für völlige Erwerbsunfähigkeit gewährte, hat sie den thatsächlihen Ver- hältnissen insofern besonders Rechnung ¿ragen wollen, als sie berücksihtigte, daß der Verleßte in der ersten Zeit nah der Verleßung in seiner Erwerbsfähigkeit verhältnißmäßig mehr beshränkt wurde, da er im Gebrauch lediglih eines Auges noch nicht hinreichend geübt war, die Entfernungen noh nicht zu schäßen vermochte, auch wohl das verbliebene Auge noch shonen mußte. Nachdem sich nun aber herausgestellt hatte, daß der Fall in seinen Folgen als abgeschlossen zu betrachten, und die Gewöhnung eingetreten war, erschien die Berufs- genossenschaft berechtigt, auf Grund erneuter Prüfung eine Minderung der Rente vorzunehmen (8. 65 des Unfallversiche- rungsgeseßes; Entscheidung 415, „Amtliche Nachrichten des R.-V.-A.“ 1887 Seite 352).

Eine Berufsgenossenschaft hatte die einem Arbeiter für den Verlust einer Hand etwa ein halbes Jahr hindurch gewährte Rente für völlige Erwerbsunfähigkeit durch neuen Bescheid um 1/4 gekürzt, da demselben inzwischen eine künst- lihe Hand beschafft sei und er sich an deren Gebrauch ge- wöhnt habe. Obschon anerkannt wurde, daß der Besiß der künstlihen Hand an sich die Arbeitsfähigkeit niht erhöhte, hat das Reihs-Versicherungs8amt doch in einer Rekurs- entsheidung vom 28. Mai d. F. (Nr. 584) die im 8. 65 des Unfallversicherungsgeseßes für den Erlaß eines neuen Be- scheides vorgesehene wesentlihe Veränderung in den für die Feststellung der Entschädigung maßgebend gewesenen Verhält- nissen als vorliegend erahtet. Abgesehen davon, daß regel- mäßig der mit einer künstlichen Hand versehene Arbeiter leihter wieder Beschästigung zu erhalten pfleat, als wenn er statt dessen nur den verstümmelten Arm zur Schau trüge, lehrt die Erfahrung, daß ein Arbeiter, welcher ein wichtiges Glied verloren hat, in der ersten Zeit nah Beendigung des Heilverfahrens meistens noch nicht im Stande ist, die ihm zurückgebliebenen Gliedmaßen in geeig- neter Weise zur Arbeit zu verwenden, hierzu vielmehr einer längeren Uebung bedarf. Es würde nun den Jnteressen der Arbeiter zuwiderlaufen, wenn man in dem Ablauf dieser Zeit beziehungsweise Uebungsperiode niht eine wesentlihe Ver- änderung im vorbezeihneten Sinne erblicken wollte, da anderenfalls die BerufsgenossensGaften gezwungen sein würden, von vornherein ohne Berücksichtigung jener Uebergangsperiode die Rente nah demjenigen geringeren Grade der Erwerbs- unfähigkeit zu bemessen, welcher nah den Umständen der Ver- legung als bleibender angenommen werden muß. Jm vor- liegenden Fall durfte aber angenommen werden, daß der Arbeiter die für seine fernere Erwerbsthätigkeit maßgebende Uebung seiner gesunden Gliedmaßen erlangt. habe.

Baden. Karlsruhe, 9. Oktober. (Karlsr. Ztg.) Der Großherzog und die Großherzogin sind heute Nacht gegen 12 Uhr in Schloß Baden eingetroffen. Heute Vor- mittag besuhten Jhre Königlichen Hoheiten die Fürstin Josephine von Hohenzollern und die Gräfin von Flandern, welhe bei der Prinzessin Marie von Baden, Herzogin von Hamilton, abgestiegen sind. Sodann wurden die Großherzoglichen Herrschasten von Jhrer Majestät der Kaiserin Augusta empfangen und begaben si hierauf nah dem Bahnhof zum Empfange Jhrer Majestät der Königin von Sachsen, welche, direkt von Dresden kom- mend, heute gegen 1 Uhr in Baden-Baden eintraf. Jhre Königlichen Hoheiten geleiteten die Königin nah Höchstihrer Wohnung bei der Herzogin von Hamilton. Danach empfingen Hölstdieselben den Besuch der Prinzen Hermann und Gustav von Sachsen- Weimar. Nachmittags begaben fsich die Großherzoglichen Sea zum Besuch bei Jhrer Majestät der Königin von

achsen.

_Oefierreih-Ungarn. Wien, 10. Oktober. (W. T. B.) Kaiser Franz Joseph, König Albert von Sachsen, Prinz Leopold von Bayern und die übrigen Theilnehmer an den Jagden in Steiermark sind heute Nachmittag 4 Uhr von Mürzzuschlag hier wieder eingetroffen.

(Wien. Ztg.) Die für einige Zeit vertagt gewesenen Handelsvertrags-Verhandlungen mit der Shweiz sind gestern im Palais des Ministeriums des Aeußern unter dem Vorsiß des Sektions-Chefs von Szögyény wieder auf- genommen worden. Die Verhandlungen dürsten, der „P. C.“ zufolge, voraussichtlih längere Zeit in Anspru nehmen.

Großbritannien und Jrland. London, 10. Oktober. Ueber die Expedition nah den Schwarzen Bergen ua „Times“ aus Kalkutta telegraphisch Folgendes be- rigrel :

Kalkutta, 7. Oktober, Der Feldzug na" den Schwarzen Bergen kommt \chnell zum Ziel, obgleich die Stämme, unterstüßt von den Akazais und Hindu-Fanatikern, jenseits des Indus erbitterten Widerstand versuchen. m 1. d. hielt General McQueen einen Kriegsrath, zu welchem alle Abtheilungs-Befehlshaber und Regiments- Commandeure zugezogen wurden. Es wurde beschlossen, am 3. in der folgenden Weise vorzurücken, falls die Stämme das Ultimatum nicht annehmen sollten: die erste Kolonne sollte gegen den Kairkat- Ma auf Chittabut zu vormarschieren ; die zweite unter General

hanner sollte den Barachar hinauf Bampur Gali als Ziel haben und ein Regiment nah Nimla abschwenken lassen, um mit General

McQuecn Verbindung zu halten. Der Leßtere, als Befeblshaber der dritten Kolonne, wollte den Sumkalbut entlang nah File und von dort über die Berge nah Seri rücken. Den Kbyber-Jägern blieb eine von den drei Kolonnen unabhängige Aktion in der Gegend von Sejri vorbehal- ten. Die Truppen erhielten Proviant für fünf Tage und für einen Tag ekohte Rationen. Der einzige Stamm, welcher sih dem Ultimatum ügte, war der Likariwal. Dieser zablte auch wirklich die ihm auf- erlegte Geldbuße von 1009 Rupien. Die erste Kolonne nahm Mana- kadana. Eine große Masse Feinde marschierte die Berge jenseits des Indus entlang, in der Richtung, in welcher die Darband-Kolonne an- greifen follte. Die dritte Kolonne stieß auf den Feind am 5., auf einem Bergrücken oberhalb Sejri. Ses Soldaten des Susser-Regi- ments und zwei Sikhs wurden verwundet. Die vierte Kolonne beseßte Kotka nach hartnäckigem Gefecht, in welchem Kapitän Beley getödtet und Kapitän Badford vom 4. Punjat-Infanterie-Regiment und Lieutenant Cleeve von der Artillerie verwundet wurden. General McQueen hat volle Civil- und Militär-Volima#ten erhalten. Das Endziel der britishen Politik ist noch nicht endgültig festgestellt worden. Einige sind für Annexion an den Indus-Distrikt und meinen, daß nur dadurch dauernder Frieden hergestellt werden könne. Lord Dufferin will aber seine Genehmigung dazu nit ertheilen.

Dem „Reuter’shen Bureau“ wird weiter gemeldet:

Simla, 8, Oktober. General McQueen traf auf dem Rück- marsch ron dem westlihen Abhang der Schwarzen Berge gestern, vom Feinde heftig verfolgt, mit der dritten Kolonne auf dem hinter dem Gebirge liegenden Höhenrücken ein; 3 Sepoys wurden getödtet und 2 verwundet. Auf einer Rekognoszirung wurde eine neue Straße ausfindig gemacht, welche jeßt ausgebessert wird. Bei dieser Arbeit wurden 3 Soldaten getödtet und 1 verwundet, Die zweite und dritte Kolonne sind jeßt in einem Lager vereinigt.

Simla, 10, Oktober. Die Stämme des Schwarzen Gebirges \{einen sid gegen den Indus zu wenden. Der Oberbefehlshaber der kritishen Expedition, Mac Queen, wird eine beherrschende Position des Landes beseten. Derselbe benahrihtigte die Stämme: er werde, falls sie sich nicht vor dem 15. Oktober ergäben, das noch auf dem Felde stehende Getreide vernichten.

N Paris, 10, Oktober. (W. T. B.) Der Präsident Carnot ist heute Vormittag von Annecy ab- gereist und gegen 2 Uhr in Beaune eingetroffen. Das Nachtquartier wird der Präsident in Dijon nehmen und morgen Abend nah Paris zurüdckehren. .

Der „Temps“ kommt von Neuem auf den Empfang zurück, welchen der Präsident Carnot auf seiner Reise gefunden, sowie auf das von der Bevölkerung bekundete Ver- trauen, und weist mit Rüefsiht hierauf jeden Gedanken an E erfassungsrevision als verbrecherish und thöricht zurück.

11. Oktober, früh. (W. T. B.) Der Präsident Carnot ist gestern nah einem zweistündlihen Aufenhalt in Beaune in Dijon eingetroffen. Bei einem von dem Ge- neralrath ihm zu Ehren veranstalteien Banket hielt Hr. Carnot eine Rede, in welcher er zur Einigkeit und Ein- traht ermahnte, um so alle Gruppen der Franzosen zu einer Einheit zu verbinden. :

(Köln. Htg.) Der Kriegs-Minister de Freycinet hat an die Armee - Corps - Oberbefehlshaber ein Rundschreiben gerihtet, worin er die Dauer der leßten Manöver beurtheilt und tadelt, daß die Lebensmittel niht zur rechten Zeit und erst Abends in Eile ver- theilt wurden. Ueber die zukünftigen Manöver macht der Minister folgende Bemerkungen: „Die Herbstmanöver dürfen niht ausschließlich als eine Uebung für die Truppen betrachtet werden. Man muß die Truppen unter der Fahne nah und nah an- die Kriegsstrapazen gewöhnen. Was die für einige ‘Tage einberufenen Reservisten anbelangt, so ist es gut, von ihnen nicht übertriebene Anstrengungen zu ver- langen. Die Rolle des Generals, dem das Gese die Jn- tendantur unterstellt, muß den regelmäßigen Gang des Verwaltungsdienstes sihern. Dieses ist gegenwärtig einer der hauptsählihsten Theile seines Amts. Es genügt nit, Befehle zu ertheilen; er muß die Gesammtheit der Maßregeln für die Ernährung der Truppen und den guten Gang der verschiedenen Verwaltungsdienste treffen. Das Land“ {ließt das Rundschreiben —, „welches an allen militärischen Fragen ein lebhastes Jnteresse nimmt, verfolgt mit leiden- caftliher Ausmerksamkeit die verschiedenen Phasen der Manöver. Es ist nothwendig, daß die Eindrücke, welche die von der Militärbehörde für eine Uebungszeit einberufenen Soldaten erhalten, in dem Herzen eines Jeden das Gefühl des Vertrauens wie der Kraft erwecken, welhe einer Armee der mit Fürsorge und Voraussicht ausgeübte Oberbefehl giebt.“

Rußland und Polen. St. Petersburg, 10. Oktober. (W. T. B.) Die Kaiserliche Familie ist heute Vormittag in Tiflis eingetroffen. Der Botschafter am Berliner Hofe, Graf Paul Schuwaloff, ist von seinem Landgut nach St. Petersburg gekommen.

_— 11. Oktober. (W. T. B.) Die Königin von Griechenland is gestern Abend mit dem jüngst geborenen Prinzen in Begleitung ihrer Mutter, der Großfürstin Alexandra, und ihres Bruders, des Großfürsten Demetrius, nah Odessa abgereist.

__ Na einer s aus Tiflis haben der Kaiser und die Kaiserin gestern Nachmittag den außerordentlihen Gesandten des Schhahs von Persien, welcher dieselben im Namen des Schahs zu der Ankunft im Nachbargebiet will- kommen hieß, in feierliher Audienz empfangen. Die Bevöl- kerung hat dem Kaiserlihen Paare einen glänzenden Empfang bereitet; der grusinische Adel bildete die Ehrenwache. Auf die Huldigungsansprache des Adelsmarschalls erwiderte der Kaiser: er zweifle niht an der unveränderlichen Ergebenheit des heldenmüthigen grusinischen Adels.

Türkei. Konstantinopel, 9. Oktober. (Wien. Ztg.) Der den Abschluß eines Anlehens mit der Deut)chen Bank im Betrage von 1 500000 türkische Pfund sanktio- nirende Jra de ist heute erschienen.

Amerika. New-York, 9. Oktober. (A. C.) Der Oberste Gerichtshof von Utah hat in leßter Jnstanz in dem von derselben gegen die Mormonentirch e angestrengten Prozeß, welcher die Auflösung der Kirhe und Konfis- kation ihres Vermögens bezweckt, ein Erkenntniß zu Gunsten der Regierung der Vereinigten Staaten gefällt. Die Mormonen wollen gegen das A beim Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten Berufung einlegen.

__ Afffrika. Egypten. Kairo, 9. Oktober. (A. C.) Die für die Bewässerung der vom Nil nicht übershwemmten Ländereien ergriffenen Maßregeln nehmen einen befrie- digenden Fortgang, und das Defizit in Ober-Egypten wird wahrscheinlich nur 180 000 Pfund Egyptish betragen. Das egyptische Heer wird wahrsheinlih um eine Brigade ver- stärkt werden, wodurch das Ausgaben-Budget um 80 000 Pfund Egyptish erhöht werden dürfte.

9. Oktober. (Wien. Ztg.) Die Regierung ver- sendet morgen an die Mächte ein Rundschreiben, in welhem die Verlängerung der gemischten Gerichte unter ge- wissen Abänderungen, namentlich unter Ausdehnung der Kompetenz derselben in Strafsachen, verlangt wird.

Zeitungsstimmen. 7

Die „National-Zeitung“ feiert in einem vom 10. d. M. datirten Artikel den Einzug Sr. Majestät des Kaisers in Rom. Sie sagt u. A.:

Zu den denkwürdigen Tagen dieses ereignißreihen Jahres gesellt sh morgen ein neuer: von dem König des geeinigten Italiens und dem römischen Volk jubelnd empfangen, zieht der junge Deutsche Kaiser als Gast des ihm innigbefreundeten Fürstenhauses in die ewige Stadt ein, die zweimal die Herrscherin der, Kulturwelt gewesen. Zu den Zeichen der Zeit, welche den Anbruch einer neuen Epoche, einer neuen Entwickelung Europas verkündigen, gehört auch dieser einem Triumph gleiche Einzug. In die fernste Vergangenheit wie in die fernste Zukunft führt er unwillkürlich die Gedanken.

Unzertrenulich sind die Geshicke Deutschlands und Italiens \eit dem Tage verbunden geblieben, wo Cäsar die berühmte Brücke über den Rhein \{chlug und seine Legionen hinüberführte. Nichts hat sie auseinander zu reißen vermoecht. Weder die Schlabt im Teutoburger Walde noch die Reformation hat den römishen Zauber brechen und das Band sprengen können, das uns Deutscde mit den Italienern verknüpfte. Hatten Uns die Römer in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung {wer und grausam heimgesucht, ein Jahr- tausend lang haben cs ihnen die germanishen Stämme heimgezallt, Gothen, Vandalen, Longobarden und Franken haben Italien nah allen Richtungen hin verwüstet und beherrsht, mehr als einmal das doppelt heilige Rom die Stadt der Imperatoren und des heiligen Petrus gestürmt und geplündert. Auf einen deutshen BVarbarenkönig ging der Name und Titel des römischen Kaisers, der damals alles Höchste in sich \{chloß, über. Besaßen wir aber, wie der Dichter singt, den gewaltigen Willen und die unzer- brechliche Kraft, so strahlte von Italien der Zauber der S{önheit rend der Bildung aus, der, wie er die Ahnen magish lodckte, so auch heute noch die Enkel anzieht. Er war es, der die Herzen der Ottonen und der Friedrihe bald mit erhabenem Ehrgeiz erfüllte, bald mit tiefster Melancholie beshlich, der den Einen auf den sieben Hügeln das Trugbild der Weltherrshaft des Cäsar und des Augustus vorgaukelte und den Andern auf der un- geheuren Trümmerstätte des Forums und des Palatins die Vergänglichkeit des Irdischen predigte. Nicht nur der Zwang der politishen Verhältnisse, die Unmöglichkeit, die einmal, vom praktischen Gesichtspunkt aus betrachtet, zum Unheil und zum Verderben einge- gegangene Verbindung des deutschen Königthums mit der römischen Kirche zu lösen, nicht nur die Ruhmsucht und der Drang der Er- oberung führten fort und fort die deutshen Könige über die Alpen, düngten fort und fort die Gefilde Jtaliens von der Veroneser Klause bis zum Fuße des Aectna mit deutshem Blute: auch das Gemüth und die Phantasie sprachen bei diesen Romfahrten mit. Denn noch waren alle Bildungselemente in Italien bes{lossen: hier war der Siy der Kirche, der Mittelpunkt des Christenthums mit unzähligen Heiligthümern und Reliquien, hier waren die Ruinen der alten Welt und die Anfänge der Rechtswissenshaft. Neben dem sinnlichen Reize des shönen Landes war es der geistige einer uralten Kultur, der die deutshen Stämme, die Satsen im Norden so gut wie die Schwaben im Süden, unterjohte. Aber das Endresultat dieser Züge und Kämpfe konnte bei beiden Völkern zunächst nur der Haß sein. Die Italiener verabscheuten die Deutschen als die plumpen und grausamen Barbaren, die ihre Städte plünderten und zerstörten, die Deutschen shalten die Italiener, weil sie auf jede Weise ih des een Joches zu erledigen suchten, ein treuloses und heimtücisches

olf.

Diese feindselige Gesinnung verschärfte sich noch, als nach einer kurzen Trennung Italiens ron Deutschland, wo die spanishe Welt- macht die deutshe_ Hegemonie in der Herrschaft über die Halbinsel erseßte, das Haus Oesterreih im 18. Jahrhundert in der Lombardei wieder zu Vesiß und Ansehen gelangte. Wie die römische Kirche den Abfall der Protestanten bis auf den heutigen Tag nicht vershmerzt hat, so sollten auch die Italiener, wie es schien, nie den deutschen Druck und die deutshe Herrschast wverschmerzen lernen: einen Druck, den sie um so bitterer empfanden, je stärker ihr Selbstbewußtsein und ihr Freiheitegefühl erwachten, je hôher ihr Genius in ihrer wieder aufletenden Literatur und Musik seine Schwingen regte, Sie übertrugen ihren Haß gegen das österreihishe Regiment auf alle Deutschen, bis die Ent- widlung der curopäishen Dinge seit dem Jahre 1848 sie ihres Irr- thums belehrte und den Zusammenhang zwijchen den italienishen und deulshen Verhältnissen, zwischen der Stellung und der Politik Preußens und Savoyens erkennen ließ. Zur selben Zeit wie wir sind sie einig geworten, dieselben Schicksalsfügungen, die unseren Bundes- staat ufen und in Siegen befestigten, haben ihnen Venedig und Rom gegeben, ein Gefühl inniger Gemeinschaft und Zusammen- gehörigkeit ist an die Stelle der früheren Abneigung getreten, eine An- nâherung, wie sie in dieser Schäßung der gegenseitigen Vorzüge, in dieser Uchtung der gegenseitigen Selbständigkeit niemals zwichen zwei Völkern geherrstt, hat sih in diesen letzten fünfzeha Jahren zwischen Jtalienern und Deutschen vollzogen, Der Traum, ter unklar, verworren und getrübt durch die kirchlihen Vorstellungen und antife Erinnerungen, den Ottonen und ten Hohcnftaufen vor- \chwcbte, hat sih jeßt verwirklicht: in der Gemeinsamkeit ihrer Interessen und Bestrebungen, in der Gemeinsamkeit ihrer Kultur und ihrer Ideale bilden beide Völker, jeßt, unbeschadet ihrer Eigenart, die gerade ihrem Bunde die Mann1gfaltigkeit ver- leiht, eine Einheit voll Kraft, Größe und Zufkunft, die sich auf dem politishen, dem volkêswirthsc;aftlichen und dem [ünstlerishen Gebiete mit jedem Jahre stärker auéprägt. Nicht die Staatéklunst, nicht die Ereignisse allein haben eine so tief gchende Wirkung erzeugen können: es hat des Adels und der \{chônen Menschlihkeit einer wahrhaft liebenswürdigen Persönlichkeit bedurft, um so ein Fürstenhaus an das andcre, cin Volk an das andere zu binden. Niemand kann morgen unserm jungen Kaiser, wenn er den Boden Roms betritt, ein Will- kommen! zurufen, nicht der König Umberto, nicht der s{chlichteste römische Bürger, ohne seines erlauhten Vaters zu gedenken. Hier erntet voll und ganz der Sohn, was der Vater gesäet. Der deutsche Kronprinz, denn nur so wird unser Kaiser Friedri in dem Gedächtniß der Italiener fortleben, war das Sinnbild, die sichtbare Verkörperung der Freundschaft zwischen Italien und Deutschland, er hat das Bündniß, das ursprünglich die Thatsachen und die realcn Interessen allein gewoben, zu einem Bunde der Sympathie gemacht. «Ein Empfang, wie ihn Rom unserem Kaiser bereitet, ist nie einem mittelalterlihen Kaiser zu Theil geworden. Denn dem römischen Volke galten diefe eisengepanzerten Ottonen, Heinriche und Sriedriche als die barbarishen Unterdrücker seiner Freiheit, jeder Jubelruf, der si erheben wollte, wurde von Verwünschungen crftickt. Wie oft mußte der Eingang zur Peterskirhe mit Waffengewalt er- zwungen werden, wie oft folgte der feierlihen Krönung die eilige Slucht des Gefkrönten vor dem wilden Aufstand des Volkes! Jeßt sehen die Italiener in dem deutschen Kaiser ihren besten Freund, dessen Ve- su gleichsam eine feierlihe Anerkénnung ihres Rechtes auf Nom ift. Was immer die Staatékünftler denken und sagen mögen, für die einfahe Empfindung der Völker drückt der Einzug Kaiser Wilhelm's in Rom als Gast des Königs von Italien das Siegel unter die Thatsache der Eroberung Roms. Eine neue Zeit schafft sich ein neues Recht, wie- Deutschland allen Protesten und Feindscha)ten zum Troß seine Einheit, so besißt Jtalien Rom: im gewissen Sinne haben fie nur zurückgenommen, was ihr unveräußer- lihes Gut und Erbe war, Wie sollte darum dieser Tag nicht ein

unvergeßliher in dem Leben unseres Kaisers, ein bedeutsamer in der Geschichte des italienisch-deutshen Bundes sein! Ge- waltige Eindrücke fstürmen auf die Seele dcs jungen Herrschers ein, der zum ersten Male diesen welthistorischen Boden betritt und bei feinem Zuge durch die Straßen sih von einem unabsehbaren Geistergefolge umwittert fühlt, dem in cincm großartigen Momente \ich sagenumsponnene Vergangenkeit und Gegenwart, Ahnung und unmittelbare Wirklichkeit verschlingen. Aber mächtig wie dieser Eindruk wird auch die Wirkung dieses Besuches auf die Welt sein, Er sichert Europa den Frieden, er giebt Italien die Bürgschaft, daß sein Rom unantastkar ist, so _durch die Kraft und den Willen feines Volkes wie durch die Freundschaft der Deutschen, und eröffnet beiden Nationen eine Zukunft inniger Gemein- schaft, fröhlichen Gedeibens und lebendigen Gedankenaustausches, in dem si der italienisde und der germanishe Genius immer tiefer durchdringen und mit einander versckchmelzen werden.

Dasselbe Blatt schreibt : :

Die Veröffentlihung des Tagebuhs Kaiser Friedrih's hat nah einer Seite hin urstreitbar eine günstige Wirkung gehabt ; ein Theil derz russishen Presse, voran „Now. Wrem.“ und „Grashdanin“, hat aus derselben entnommen, daß keineëwegs Fürst Bismarck als der Mittelpunkt der Feindschaft gegen Rußland zu betrachten sei, daß vielmehr gerade er es war, welher dem gegen Rußland gerichteten englishen eus extgegentrat. Das dorbin zuleßt erwähnte Blatt

reibt u. A. : / C

is So lange Fürst Bismarck seinen jeßigen wichtigen Posten ein- nehmen wird, läßt sich dreist behaupten, daß es zwischen Rußland urd Deutschland niht zum Kriege kommen wird. Wir behaupten sogar, daß die Mißverständnisse zwisch(en Deutschland und Rußland ihre Gristenz gerade der Politik Englands verdanken, und daß die Saat dieser Zwietracht, die so große Früchte zeitigie, bereits vom verstorbenen Beaconsfield gestreut worden ist zur Zeit des Ber- liner Kongresses, Gewöhnlih wird die ganze Schuld dem Fürsten Bismarck zugeschoben; aber warum vergißt man Englands, dessen Intriguen doch wobl bekannt genug sein dürften; man braucht bloß der leßten Jahre des Battenberg'shen Regimcs in Bulgarien zu gedenken. Allerdings hat Fürst Bismarck das Bündniß mit Oesterreich zu Stande gebracht, das gegen Rußland gerichtet ift aber blieb ihm ctwas Anderes zu thun übrig angesichts des Grolls, der nah dem Berliner Kongreß gegen ihn in Rußland zu Tage trat ? Es wäre vom Standpunkt der Interessen beider Nachbarstaaten äußerst wünschenswerth, daß dieses Ercigniß (die Veröffentlichung aus dem Tagebuche), das so viel Lärm in Europa gemacht hat, zum Pfand einer weiteren Annäherung zwischen Rußland und Deutschland würde.

Ueber die Kaiserreisen äußert sich das „Journal de St, Pétersbourg“ wie folgt:

Die uns zugehenden Zeitungen bringen niht nur zablreihe Einzel- heiten über den Aufenthalt des Deutschen Kaisers in Wien, sondern sie knüpfen daran, jede von ihrem Standpunkt aus, auch politische Betrachtungen jeglicher Art. Einige darunter stellen die Reise des Deutschen Herrschers wie eine Art Abschluß zu seinem Besu) in Peterhof dar und meinen, daß Se. Majestät Verpflihtungen nach@zu- kommen beabsichtigt, die er Rußland gegenüber in Hinsicht auf die bulgarischen Angelegenheiten eingegangen ist Eine derartige Ver- muthung erscheint uns doch sche kühn. Na Allem, was in den offiziellen Blättern über die Besuhe Kaiser Wilhelm's 11. an den fremden Höfen gesagt ist, ist es erlaubt, hinzuzufügen, daß der Zweck dieser Besudbe gewesen iît: einerseits auf feierlihe Art die guten Be- ziehungen Sr. Majestät mit den betreffenden Höten, anderer- seits die friedlihen Absichten des neuen Regiments zu kon- statiren. Es können also Verhandlungen irgendwelher Ait über spezielle Fragen garniht in Frage kommen. Während feines Auf- enthalts in Peterhof hat Kaiser Wilbelm sicherlich die Ueberzeugung von den friedlichen Absichten des russishen Hofes gewonnen und Se. Majestät wird ih angelegen sein lassen, von dieser Ueberzeugung au den Wiener Hof durchdringen zu lassen, und wird, wenn er es für nôthig hält, dies in gleiher Weise in Rom thun. In keinem Fall aber wird dies das Resultat irgendwelcher Verpflichtung sein.

Deutsches Handels-Arcchiv. ODktoberheft. Inkbalt : Erster Theil. Gesetgebung und Statistik, Gesezgebung. Deutsches Reich: Zollregulativ für die Unterweser. Normativbestimmungen für die Hafenregulative. Bestimmungen über den Tabalproben- verkehr. Zollregulativ für Reisschälmühlen. Regulativ, be- treffend die Ausfuhrvergütung für Tabak. Bekanntmachung, be: treffend die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegeständen des Gartenbaues. Anleitung zur Prüfung von Lavendelöl und Ros- marinôl, welche als Zusay zum allgemeinen Branntwein-Denatu-

rirungêmittel verwendet werden, Türkei und Serbien: Handels- fonvention zwischen beiden Ländern. Schweiz: Bundes8geseß, be- treffend die Erfindungêpatente. Einfuhr ausländischen Älklohols zum Zweck der Denaturirung. Tarifen! \{eidungen des eid-

genössiscen Zolltepartements im Monat August 1888. Spanien: Zeitweiliger Shuß der Erfindungen, Fabrik- und Handels- marken 2. auf spanisden Auéstellungen. Erhebung eines Zuslags zur Autfuhrabgaake im Hafen von Bilbao. Zollbchandlung von Pfeffer bei der Einfuhr aus europäischen Ündern. Errichtung önotchnisher Stationen zur Unterstüßung und Förderung des spanishen Weinhandels, Bedingungen zur Erlangung des Markens@ußtes. Gesundheitliche Beobachtuvg des eingeführten Viehs. Zolltarif-Entjheidungen. Niederlande : Zollbehandlung verschiedener Gegenstände. Portugal: Einfuhrzoll auf Cigarren und verarbeitete Tabacke für Madeira und die Azoren. Verbot der Einfuhr von Saccharin. Reglement für die Fabrifations\teuer auf Kunstbutter. Portugal und China: Freund- \hafts- und Handelsvertrag zwisden beiden Ländern. Rußland: Außercoursseßung der polnischen Fünf- und Zebngroschenstücke. Zollfreie Einfuhr gewisser Waaren nach den Jenissei- und Ob- Mündungen. Ermäßigung des finnishen Eingangtzolls auf Salz und Wein bei der Einfuhr aus Rußland. Rußland und Spanien: Zufaßprotokoll zum Handels- und Schiffahrlsvertrage zwischen beiden Ländern, betreffend die Zollbehandlung finnischen Alkohols bei der Einfuhr nah Spanien. Vereinigte Staaten von Amerika: Zolltarif- Entscheidungen. Frankrcich : Zulassung von Medizinal-Erzeugnissen. aratür schwere Oele und Petroleumtheer in Petroleumfässern. Zoll- behandlung von Weinmost mit Zusaß von Alkohol. Costa Rica : Zölle und Abgaben für das Gebiet von Talamanca Tunis: Aufhebung des Ausêfuhrzolles auf Wolle. Südafrikanische Republik : Zoltarif- änderungen, Italien: Zuschlagsteuer von dem bei der Herstellung des Anatherinwassers, des Chloralhydrats und des Sassaparilla- Syrups verwendeten Alkobel. Ürsprungézeugnisse für Kolonial- waaren aus öffentlihen Niederlagen in Triest. Ursprungszeugnisse für Postsendungen nah Italien. HZollbebandlung der Salacchini (kleine Heringe). Zollbebandlung von Majolika- und Porzellan» waaren nah dem Vertrage mit Oesterreih-Ungarn. Autführungb- vorshriften zu dem Geseß, betreffend die Spiritus-Verkaufs- abgabe. Festseßung der natürlichen Alkoholstärke der zur Ausfuhr gelangenden Rothweine für die Rückvergütung der Steuer. Zolbehandlung wollener Shawls und Tücher mit Seidenstickerei und Seidenfransen. HZollbebandlung von Guipure. Aenderungen des amtlicen Waarenverzeichnisses zum olltarif. Italien und Griechenland : Kündigung des Handels- und

hiffabrtévertrages zwischen beiden Ländern. Statistik. Deutsches Reich : Produktion der Bergwerke, Salinen und Hütten des preußi- hen Staats im Jahre 1887. Großbritannien: Der auswärtige Handel im Jahre 1887. Schiffeverkehr und Handel der australi- \hen Kolonien im Jahre 1887, verglichen mit den Vorjahren. Oesterreih-Ungarn : Der Waarenverkehr Ungarns im Jahre 1887. Peru : Auéfubr von Gold und Silber in der Zeit vom 1, Juli 1887

bis Ende Juni 1888. Münzpräquns in der Zeit vom 1, Juli 1887 bis Ende Juni 1888. Italien: Der auswärtige Handel im Jahre 1887, insbesondere der Verkehr mit Deutshland. Schweden und Norwegen : Handel und Schiffahrt Schwedens im Jahre 1886.— Egypten : Handelsbewegung im Jabre 1887. Schweiz: Waarenverkehr mit dem Auslande im Iahre 1887. Literatur. Verzeichniß der Kaiserlich deutschen Konsulate. Zweiter Theil. Berichte über das Ausland. Europa. Galay: Handelsberiht für das Jahr 1887 und Bericht über den Verkehr in den unteren Donaubäfen in dem nämlichen Jahre. Konstantinovel : Schiffsrerkehr im Jahre 1887. Han- delóberickte für das Iahr 1887 aus Kreta, Bilbao. Schweden und Norwegen: Die wirthschaftliden Verhältnisse Schwedens im Jahre 1887 und bezw 1886, Stoclholm: Waaren- und Sciffs- verkebr im Jahre 1887, Bordeaux: Ein- und Ausfuhr von Wein vnd Spirituosen, sowie Schiffsverkehr im Jahre 1887, Asien. Handelsberihte für das Jahr 1887 aus Shanghai, Samos. Smyrna: Die Lage des Luckermarktes. Calcutta: Das Indigo- Frahtgeschäft. Verkehr deutsher Schiffe in den Häfen von Calcutta und Chittagong im Jahre 1887. Canton: Handels- übersihten für das Jahr 1887. Die Lage des Seidenmarkts. Afrika. Tunis: Handelsberit für das zweite Halbjahr 1887. Handelsberihte für das Iahr 1887 aus: Mozambique, Tripolis. Kap|itadt: Der Handel der Kapkolonie im Jahre 1887. Amerika. Vereinigte Staaten von Amerika:_Die wirthscaftlihen Verhältnisse und die Produktion der Staaten Ohio, Michigan, Indiana, Kentucky und West-Virginia im Jahre 1887. Kolumbien : Geldverbältnisse und Wechselccurse. Handelsberihte für das Jahr 1887 aus: Port of Spain, Matanzas, Georgetown (Britisch-Guayana). Guate- mala: Zuckerausfuhr aus Central-Amerika nah Kalifornien im ersten Halbjahr 1888. Bolivien: Fortführung der Eisenbahn ron Anto- fagasta in der Rihtung nah Bolivien.

Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheits- amts. Nr. 41. Inhalt: Gesundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswoche. Volkskrankheiten und Sterblichkeit im August 1888, Sterbefälle in deutshen Städten von 40 000 und mehr Cin- wohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkran- kungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Cholera in Ostindien. Witterung. YZeit- weilige Maßregeln 2c. Thierscuben in der Schweiz, März und April 1888, Thierseuhen in Egypten. Veterinärpolizeiliche Maßregeln. Medizinal-Geseßgebung 2c. (Preußen.) Viehtransport nah den Nordseehäfen. (Berlin.) Mineralwafscr-Fabriken. (Braun- \{chweig.) Anwesenheit der Lehrer bei den Impfterminen. (Schwarz- burg-Rudolstadt.) Cocaïn in Apotk eken. Mikroskopishe Untersuhung des Schweinefleishes. (Hamburg.) Auswandererwesen. Recht- sprehung. (Reichegericht.) WVerzeicknisse der verpflichteten Fleisch- beshauer in Oberbayern. Kongresse, Verhandlungen von geseß- gebenden Körperschaften, Vereinen 2c. (XVI. Deutscher Aerztetag.) Geheimmittelwesen. (Frankreich.) Gypsen der Weine. Verwen- dung des Sacwarins bei Nahrunaëmitteln. Vermischtes. Preis- aus\&reiben des Niederrheinishen Vereins für öffentliche Gesundheits- pflege. Niederösterreiishe Landes-Gebär- und Findelanstalt. Sterbefälle in deutscken Orten mit 15000 und mehr Einwohnern für E August 1888. Desgl. in größeren Städten des Aus- andes.

Statistische Nachrichten.

Ueber die Steigerung der Preise von Weizen und Roggen im Laufe dieses Jahres geben die Tabellen des Kaiserlichen Sta- tistishen Amts, welchs bekanntli seit 1879 monatlihe Nach- weisungen über Großhandelspreise wibtiger Waaren von einer Anzahl deutscer Pläte für bestimmte Mustersorten veröffentlicht, solgende Auskunft. Es kosteten 1000 kg Mark; /

im Januar im August mithin ketrug die 1888

1888 Preiésteigerung /0 a. Weizen. Berl 1 06262 172,17 5,87 Breslau... , 19200 166,00 9,21 Dana. 12489 142 13,35 Franksurt a. M... 179,60 185,90 3,51 Dea So. 198/00 172,10 8,92 K 172,37 183,90 6,69 Königsberg. .. . 152,00 172,00 13,16 La a 160,78 179,92 7,24 Lindau... 186,50 209,50 12,33 Magdeburg. . .,. 165,00 176,94 7,24 Mannheim. . . 196,20 210,00 7,03 München . ., ,. 186,00 202,50 8,87 S 153,30 172,20 12,33 Stem 167,23 177,72 6,27 Stuttgart . e 20000 215,00 7,50 *) Transitwaare; unverzollt. b. Roggen. Berlin c e 18/00 138,83 17,60 Bredlau. .. . . 113,00 142.00 25,66 Da 6 102,19 124,26 21,60 Frankfurt a. M... . 137,90 146,55 6,27 Halle C 122,30 141,95 16,07 Wn LoG2 140,70 6,90 Königsberg. . 99,50 125,00 25,63 Ua 123,2 147,31 19,07 La 163,50 168,50 3,06 Hut 120,00 142,00 18,35 Magdeburg. . .. 122,88 138,88 13,02 Mannheim . . 144,70 153,30 5,94 Münhen . ... 1395,90 160,00 18,08 D e e DO200 122,50 19,86 Stän... 110833 136,94 18,74 Stutt. 155,00 165,00 6,45

Ueber die im Jahre 1887 im Großherzogthum Hessen stattgehabten Geburten, Sterbefälle, Ehbeschließungen und Chescheidungen berihtit die Nr. 419 der Mittheilungen der Großherzoglich bessischen Centralstelle für die Landesstatiflik : In der Provinz Starkenburg betrug die Zahl der Geborenen im Ganzen 13743; davon waren chelich geboren lebend 6345 männliche, und 5835 weibliche, chelich todt 283 männlihe und 203 weibliche, unehelid lebend 542 männliche, 491 weiblihe, unekbelich todt 31 männli@e, 13 weiblihe. Zwilling8geburten gab es 154, Drillingsgeburten 1. Die Zahl der Gestorbenen einslicßlich der Todtgeborenen betrug im Ganzen 9191, davon waren männlih 4772, weiblich 4419. Die Zahl der Ebeschließungen belief si auf 3073; Ghescheidungen kamen vor 25. In der Provinz Oberhessen stellte si die Zahl der Geborcnen im Ganzen auf 7762; davon waren ehelich geboren und zwar lebend 3483 männliche, 3445 weib- liche, ebelih todt 121 männlice, 103 weibliche; unehelich lebend 316 männlice, 274 weibliche; ehelich todt 9 männlice, 11 weibliche. Zwillings8geburten gab es 107, Drillingsgeburten 1. Die Zahl der Ge- storbenen cinsließlih der Todtgeborenen belief sih auf 2974 männ- lihe, 2939 weiblihe, im Ganzen 5913. Die Zahl der Ebe- [liegungen stellt sih auf 1836, die der Ehescheidungen auf 14. In Rheinhessen belief sib die Zabl der Geborenen auf insgesammt 9881; davon waren ehelich und lebend geboren 4574 männliche und 4263 weibliche, todt 195 männlihe und 172 weibliche, unehelich lebend 322 männliche, 314 weiblihe. Zwillingsgeburten kamen vor im Ganzen 124, während si die Zahl der Drillingsgeburten auf 4 belief. Die Zahl der Gestorbenen cins{ließlich der Todtgeborenen beläuft sch Alles in Allem auf 6972; davon waren 3661 männliche und 3311 weibliche; die Zahl der R stellt sih auf 2268, die der Ehescheidungen auf 40. Zicht man das Resultat für das gesammte

Großkberzogthum, so ergiebt die Summe aller Geburten, Sterbefälle, Eheschließungen und Ehescheidungen in den drei Provinzen Folgendes: Die Zahl der Gekorenen stellt sich Alles in Allem für 1887 auf 31 386. Ebelih und zwar lebend geboren sind davon 14 402 männ- lihen, und 13543 weiblichen Geshlechts; todt geboren sind 599 männlihen und 478 weiblihen Geshlechts. Unehelih geboren wurden lebend 1180 männliche und 1079 weibliche, todt 58 männlihe und 47 weiblide. Zwillingsgeburten gab es 385 Drillingsgeburten 6. Die Zahl der Gestorbenen einschließlich der Todtgeborenen beläuft sich insgesammt auf 22076; männliche 11407, weiblihe 10 669. Ebeschließungen gab es Alles in Allem 7177, Ehescheidungen 79.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

In der Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals Friedrib Bruckmann in München, erscheint vom 1. Oktober ab: „Klassischer Bilderschah“", herausgegeben von Franz von Reber und Ad. Bayersdorfer. Dieser Sammeltitel soll für die Kunst dieselbe Bedeutung haben, wie „Reclam's Universal- biblicthek“ oder „Meyer's Volksbücher für die Weltliteratur®, denn die Herausgeber beabsichtigen, unter diesem Namen die sämmtlichen Meister- werke der bildenden Kunst aller Zeiten und aller Kulturwerke nah und nah in vollständig gleichartigec Ausstattung, zu dem niedrigen Preife von 84 auf das einzelne Blatt berechnet, zu vereinen ; alle Zeiten, alle Kultur- völfer sollen gleihmäßig berücksichtigt werden, denn das einzige Requisit für die Fähigkeit zur Aufnahme in den „Klassishen Bildershaßy“ soll sein: künstlerishe Bedeutung. Ueber diese zu entscheiden wird Sache der Herausgeber: des Direktors der Königlichen Pinakothek älterer Meister in München, Professor Franz voa Neber, und des Konser- vators derselken Galerie, Dr. Adolf Vayersdorfer, sein. Der „Klassise Bilderschatz“ erscheint in Halbmonatsheften zu 50 „5. Jedes Heft enthält 6 Blätter in Folio auf starkem Karton. Papiergröße 23 : 31 cm. Bildgröße 17 : 25 ecm. Man kann auf Jahres-Serien von je 24 Heften abonniren. Einzelne Hefte und Blätter werden niht abgegeben. ,

Deutscher Kalender 1889, 34 Zeichnungen von Emil Doepler d. J. Mit Beiträgen v-n Felix Dahn. 24 Bogen fünf- farbig auf Büttenpapier. (Berlin, Verlag von Reinbold Kühn Hof- buhhandlung, Leipzigerstraße 115/116) (Pr. 1 46) Zum vierten Male erscheint der „Deutsche Kalender“ für seinen mit jedem Jahre wachsenden Freun- eskreis, und in glücklicher Uebereinstimmung haben Dichter und Künstler dazu beigetragen, den Jahrgang 1889 einen würdigen Genossen seiner Vorgänger werden zu lassen. Julius Wolff und Ernst von Wildenbruch finden ihren Nachfolger in Felix Dahn, dessen prächtige Verse den Deutschen Kalender 1889 einführen und ihm ein völlig neues Gewand geben. Die reizenden Gaben Dahn's hat die Kunst Emil Doepler's d. I. mit originellen Umrahmungen ge\{chmüdckt. In sinnigster Weise wird der Lauf des Jahres durch das Leben des Weibes illustrirt. Das Kalendarium zeigt in gewohnter Weise 12 Allegorien, welche die Kaiserbäuser des Deutschen Reichs versinn- bildlihen und seltene ältere Ansichten von 12 deutschen Städten bringen. Daran {ließt sch ein Panorama vom Niederwald über der Regententafel, gegenüber der „Stammbaum“ des Deutschen Reichs, und beschlossen wird das Werken durch Meister Guttenberg an der Presse. Obgleich der Umfarg des Kalenders wiederum ver- mehrt ist, wurde der billige Preis von 1 4 beibehalten.

Die Reform der direkten Steuern, insbesondere die Einführung der Selbsteinshägung in Preußen. Cin Mahnwort an die preußischen Landtagswähler von L. Henrich, Notar zu Völklingen a. d. Saar, ftellvertretendem Vorsitzenden des « Vereins gegen Wucher im Saar-Gebiete*. Berlin, Carl Heymann's Verlag, 1888. (Ladenpreis 1 4) Die vorliegende Schrift soll cin Mahnwort an die Wähler zum nähsten preußischen Land- tage scia, welches die Einen über die Richtung der noth- wendigen Reformen der direkfen Steuern aufzuklären und sie durch Hinweis auf die große soziale Bedeutung dieser rege in ihrem eigenen Interesse zur eifrigen und niht durch deutsh- reisinniges Phrasengeklingel beeinflußten Erfüllung ihrer Wahlpflicht anzuspornen, die anderen, die besißenden Klassen, daran zu mahnen bezweckt, „daß sie freiwillig auf unbedingte und kurzsichtige Pflege ihrer egoistischen Interessen verzichten, daß sie ihren Einfluß verwenden, um ibr Steuerprivilegium zu vermindern, daß sie gern mehr leisten, daß sie, wie {hon Schäffle sagt, nah dem Grundsaße „noblesse oblige“ handeln und so cine Frage allgemein befriedigend zu löscn helfen, welhe kein unbestreitbares Naturrecht zu ent- scheiden im Stande ist.“ Damit aber dieses Mahnwort nah beiden Seiten das Gewiht hat, welches zu einem Erfolge nothwendig ist, hat der Verfasser, soweit es die Darstellung der Art der Verwirklichung der Reform und deren Begründung betrifft, auf jede eigene Auétführung verzi@tet und giebt in dieser Beziehung nur, zum Theil unter wörtliher Anführung, dasjenige wieder, was hervorragende Volkswirth\chaftslehrer gelehrt, nambaste Schriftsteller geschrieben und angesehene Parlamentarier gesprohen haben. Der- selbe hat seine Thätigkeit daher nur darauf beschränkt, das, was er bedeutenden Gewährêmännern entnommen hat, zusammenzustellen und einzelnes Thatfäcßlie ergänzend einzufügen.

(A. Wolet's wis. Corr.) Allgemein wurde beklagt, daß Gustav Nacchtigal’s Werk über seine in ten Jahren 1868 bis 1874 ausgeführte bedeutung8volle Afrikareise in Folge des frühzeitigen Todes des Forsers unvolle-det geblieben ist, da nur der erste und zweite Band erschienen. Dasfelbe führt den Titel: „Sahärä und Sudan“ Ergebnisse sechsjähriger Reisen in Asrika (Berlin 1880 bis 1881). Um so erfreulicher wird den zahlreichen Freunden des kühnen Reisenden und den weitesten Kreisen des deutschen Publikums die Nagricht scia, daß es nach Ordnung der nachgelassenen Aufzeichnungen endlich gelungen ist, das Werk der Vollendung zuzuführen, soweit dies nah dem Tode des Verfassers überhaupt möglich war. Der dritte Band, die Reise durch Wadaï und Dar-For shildernd, wird demnäcbst im Verlage von F. A. Lrodckhaus erscheinen. Die in diesem Bande zur Veröffentlihung gelangenden Reijeschilderungen Dr. Nahtigal's beanspruchen gerade in der Gegenwart um so höberes Interesse, als sie dicjenigen Länder des östlihen Sudan betreFen, von denen die Mahbdi-Bewegung der lehten Jahre ihren Ausgang genommen. Durch ein Gesammtregister über alle drei Bände wird das Werk zu einem vollen Abschluß gelangen, und dieser dritte Band wird dasselbe zu einem würdigen Denkmal des großen Reisenden abrunden.

Geschichte desrômishenKaiserreichs vonder Shlacht bei Actium und der Eroberung Egyptens bis zum Einbruch der Barbaren, von Victor Duruy. Ueberseßt von Profesjor Dr. Gustav Hertßberg. Mit ca. 2000 Illujtrationen. Verlag von Schmidt u. Günther in Leipzig. 81. bis 83. Heft. (Preis je 80 s.) In diesen neuesten 3 Lieferungen des Werks wird die römische Kaisergeshichte dur folgende Abschnitte weitergeführt, welhe zugleih den Inkalt kennzeichnen: LTacitus, Probus und Carus; Carinus und Numerianus ; Diocletian und Maximian oder die Zweikaiserherrshaft (284 bis 293); Die Vierkaiserberrschaft; Neugestaltung der Verwal- tung; Gesetzgeberishe Thätigkeit Diocletian's. Von den 57 Text- illustrationen und Vollbiltern ¿rwähnen wir folgende als die bemerkentwerthesten: MRuinen des Sonnentempels in Pal- myra. Der Träger des Drachenbanners, Ruinen des Palastes der Zenobia, Bildniß der Zenobia, An einen Wagen gespannte Elephanten, die einen Thurm tragen, Gladiatoren zu Roß, Gemälde aus Pompcji, der Sonnengott. Cin in Paris gefundenes ringförmiges Gefäß mit Inschrift, Büste Dioclctian's auf dem Kapitol, Kolofsales Sitbild des Jupiter, Eine zu Trier gefundene Trinkschale aus Glas, auf welcher der große Circus bei dieser Stadt dargestellt ist, Ruinen der Bäder in einer rômischen Villa, 1811 zu Bignor in Sußex ent- deckt, Die 16 antiken Säulen der Kirche San Lorenzo in Mailand, Die Pompecjussäule in Alexandria, Ein Panzerreiter, Der Perser- könig Narses, Münzen des Trajan, auf deren Kehrseite der Phönix mit dem Heiligenschein auftritt 2c. 2c.

Die am 13. Oktober d. J. erscheinende Nr. 2363 der „Illustrirten Zeitung“ enthält u. A. folgende Abbildungen : Die Nordfaçcade des wiederbergestellten Rathhauses in Lindau.

Kaiser Wilhelm 11. in München; Der Einzug am Abend des

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