1888 / 262 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Oct 1888 18:00:01 GMT) scan diff

den Vatikan sowie die St. Peterskirhe und machte sodann die Rückfahrt in demselben Wagen, in welhem Allerhöhstderselbe von der preußischen Gesandtschaft aus nach dem Vatikan ge-

fahren war.

Rom, 12. Oktober. Se. Majestät der Kaiser hatte zu dem Besuch Sr. Heiligkeit des Papstes im Vatikan Garde-du-Corps:Uniform angelegt; Se. Königliche R der Prinz Heinrich trug Marine-Uniform. Der Auffahrt Sr. Majestät nah dem Vatikan sah Jhre Königliche Hoheit die Frau Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen, welche hier weilt, von der Prima Loggia des Vatikans aus zu. Die Hofwürdenträger des Papstes wurden dem Kaiser durch den Fürsten Ruspoli, sowie durch Mgr. Macchi und Mgr. della Volpe vorgestellt. Der Staats-Minister Graf Herbert Bismarck und mehrere andere Herren des Kaiserlihen Gefolges wurden dem Papst vom Kaiser selbst vorgestellt. Der Papst richtete an jeden Einzelnen der Vorgestellten huldvolle Worte. Die Ünterdeduna, welche der Kaiser mit dem Heiligen Vater in der Sala Gialla allein hatte, währte etwa 23 Minuten. Die Verabschiedung - des Kaisers vom Papsie trug, wie der Empfang, einen sehr herzlihen Charakter. Nah dem Besuch bei dem Heiligen Vater verweilte Se. Majestät mit dem Prinzen Heinrih und dem Gefolge noch einige Zeit im Vatikan und besichtigte, unter Führung des Kardinals Rampolla die St. Peterskirhe, die s\ixtinishe Kapelle, die Museen sowie mehrere Kunsisammlungen. Es war 3 Uhr 40 Minuten, als der Kaiser und Prinz Heinrich den Vatikan verließen. ' Bei der Rücfahrt spielten die Musik- corps der Spalier bildenden Königlichen Truppen, wie bei der Auffahrt, die preußishe Volkshymne. Die dichten Menschenmassen, welche alle Pläße und Straßen anfüllten, begrüßten den Kaiser ununterbrochen mit stürmischen Zurufen. Der Kaiser und Prinz Heinrih kehrten alsbald nach dem Quirinal zurück.

Rom, 12. Oktober. Bei dem Frühstück, welches der Gesandte von Schlözer zu Ehren Sr. Majestät des Kaisers gegeben hatte, saß zur Rehten Sr. Majestät der Kardinal Rampolla, zur Linken der Kardinal Prinz

ohenlohe. Gegenüber Sr. Majestät hatte Prinz Heinrich laß genommen, zu dessen Rechten der päpsilihe Unter- Staatssekretär VMocenni und zur Linken der päpsilihe Se- kretär Agliardi. Der Staats-Minister Graf Herbert Bismarck atte seinen Play zur Rechten des Kardinals Rampolla. eßterer trank auf die Gesundheit Sr. Majestät des Kaisers, worauf Se. Majestät einen Toast auf das Wohl Sr. Heiligkeit ausbrachte. Das Glas, welches der Kaiser benutzte, gehörte ehemals dem Kaiser Karl ŸY. Dem Kardinal Rampolla Vote Majestät ein kostbares, mit Edelsteinen besetztes ektorale.

Die Straßen, welhe Se. Majestät der Kaiser auf der Fahrt nah dem Vatikan passirte, waren auf das Reichste mit Blumen, Teppichen und Fahnen in den deutschen und italie- nischen Farben ges{chmüdckt; ebenso waren die Eingänge zum Vatikan auf das Prachtvollste dekorirt. An der Engelsbrücke war eine mit Blumen und Fahnen verzierte Jnschrift an- gebracht, welche lautete: „Heil Wilhelm IL, dem Deutschen Kaiser, in Rom, der unantastbaren Hauptstadt des Königreichs Jtalien, dem erhabenen Gaste des Königs Humbert.“ Die dihtgedrängten Volksmassen, welhe hinter dem Spalier bildenden Militär standen, brachten ununterbrohene Hochrufe auf Se. Majestät den Kaiser und Se. Majestät den König Humbert aus.

Rom, 13. Oktober. Bei der gestrigen Vorstellung des Kaiserlichen Gefolges im Vatikan rihtete der Papst an dasselbe sehr freundlihe Worte (in französisher Sprache) und gab wiederholt seine Freude darüber kund, Deutsche hier begrüßen zu können, wo so viele Angehörige der deutshen Nation, na- Dae Gelehrte und Künstler, stets verdienstvol gewirkt

aben.

Rom, 13. Oktober. Kaiser Wilhelm hat gestern während des Besuches beim Papste dem Letteren eine goldene, mit Edelsteinen beseßte und mit dem Bilde des Kaisers auf dem Deckel geschmüdckte Tabatière überreiht. Desgleichen hat Se. Majestät dem Mgr. Mocenni eine reih geshmüdckte Tabatière geschenkt.

Ferner liegen über die Veranfialtungen zu Ehren Sr. Majestät des Kaisers und Königs am italienischen Hofe folgende Telegramme des „W. T. B.“ vor:

Rom, 12. Oktober, Nahts. Se. Majestät der König Humbert hat Sr. Majestät dem Kaiser Wilhelm das Großkreuz des Militär:Ordens von Savoyen, des höchsten italienischen militärischen Ordens, verliehen. Se. Majestät der Kaiser hat Se. Königliche Hoheit den Kronprinzen von Jtalien als Lieutenant à la suite des 1. Hessishen Husaren- Regiments Nr. 13 gestellt, dessen ate König Humbert is}. Der König hat dem deuts{en Botschafter, Grafen Solms, das Großkreuz des St. auritius- und Lazarus:Ordens, den General-Lieutenants von Hahnke und von Wittich, sowie dem Kabinets-Rath, Wirklihen Geheimen Rath, Dr. von Lucanus das Großkreuz des Ordens der Ztalienishen Krone verliehen, und den Botschafts-Rath von der Golg zum Großoffizier des Ordens der Jtalienischen Krone ernannt.

Rom, 12. Oktober. Der Minister-Präsident Crispi a gestern an den Reichskanzler, Fürsten Bismarck, olgende Depesche:

Inmitten des Enthusiasmus, mit welchem Ihr Erkbabener Souverän, der Freund unseres Königs und das Haupt der urserem Lande verbündeten großen Nation, in der Hauptstadt Italiens empfangen worden i}, und welcher Ihn umgiebt, wenden \ich meine Gedanken bewegt an Ew. Durch{lauht. Ih würshte, daß das Echo des Jubels, wovon Rom widerhallt, bis zu Ihnen gelangte, um Ihnen zu sagen, wie sehr das italienishe Voik Deutschland liebt und die Freundschaft dieses Landes hohch\chätt, welhes durch die Rathschläge Gw. Durchlauht zu solhem Rubm und solWer Größe gelangte. Möge unser Bündniß stets ein so herz- liches und intimes bleiben, zum Ruhm dcr beiden Völker, zum Besten des Friedens von Europa !

Fürst Bismarck antwortete mit folgendem Tele- gramm an den Minister-Präsidenten Crispi:

Ich danke Ew. Excellenz aus vollem Herzen, daß Sie in dem Augenblicke, wo Sie der Begegnung unserer Souveräne beiwohnten, welhe der feierlihe Ausdruck der kerzlihen Freundschaft der beiden großen Nationen ist, an mich gedacht haben. Das Bewußtsein, gemeinsam an der Befestigung dieser gegenseitigen Freundschaft unserer Souveräne und unserer Länder gearbeitet zu haben, und unser fester Wille, diess Freundschaft aufrecht zu

erhalten und sie immer intimer zu gestalten, bilden eine meinem erzen theuere Verbindung inmitten der glänzenden Feste, welche in om gefeiert werden, wie in dem einsamen Walde, den Ew. Excellenz vor zwei Monaten mit mir zu durhwandern die Freundlichkeit batten.

Rom, 13. ier. feld. Bei der gestrigen Galatafel im Quirinal, zu welcher 120 Cen ergangen waren, nahmen Jhre Majestäten der Kaijer Wilhelm und der König Humbert die L in der Mitte der Tafel ein. Zur Rechten des Kaisers saß _Jhre Majestät die Königin, neben Allerhöchstderselben Se. Königlihe Hoheit der Prinz Heinri; links von dem König Jhre Königliche Hoheit die Herzogin von Aosta und neben dieser Se. Königliche Hoheit der Kronprinz. Dem Kaiser und dem König gegenüber saß Se. Königliche Hoheit der Herzog von Aosta, zur Rechten desselben Jhre Königliche Hoheit die Herzogin Wittwe von Genua und Se. Königlihe Hoheit der Herzog von Genua, an der linken Seite des Herzogs von Aosta saß Jhre Königliche Hoheit die Herzogin Jsabella von Genua, neben diejer der Staats-Viinister Graf Herbert Bismark. Die von den beiden Monarchen austgebrachten (oben im Wortlaut mitgetheilten) Toaste wurden enthusiastish aufgenommen; namenrtlich wurde die Betonung des Bündnisses beider Völker und die Nothwendigkeit der Erhaltung des Friedens in der Rede Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm freudigst begrüßt. Nach der Tafel fand Cercle statt, der bis gegen 101/; Uhr dauerte. |

Etwa eine Stunde vor Beginn der Galatafel hatte Kaiser Wilhelm den Minister-Präsidenten Crispi zu sich berufen lassen und demselben eine längere Audienz ertheilt. Am Schluß der Audienz verlieh Se. Majestät dem Minister- SUNRA unter huldvollen Worten den Schwarzen Adler-

rden.

Rom, 13. Oktober. Seit dem frühen Morgen ift eine gewaltige Menschenmenge nah Centocelle hinausgeströmt, um der Parade vor dem Kaiser Wilhelm beizuwohnen. Um 91/4 Uhr fuhren Jhre Majestät die Königin sowie die Herzoginnen von Aosta und von Genua, auf dem Wege vom Publikum lebhaft begrüßt, nah dem Paradefelde. Um 91/2 Uhr folgten in einem Zweispänner, von dem be- geisterten Jubel der Bevölkerung begleitet, Jhre Majestäten der Kaiser Wilhelm und der König Humbert. Kaiser Wilhelm trug Garde-du-Corps-Uniform mit der Kette des Annunziaten:Ordens und dem großen Bande des Militär- Ordens von Savoyen, König Humbert Generolsuniform mit dem Schwarzen Adler-Orden. Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich, der Kronprinz, die Herzöge von NAosta und von Genua, der Staats-Minister Graf Bismarck und das Kaiferlihe und Königliche Gefolge begaben fih ebenfalls zu Wagen nah Centocelle. Kaiser Wilhelm und König Humbert werden dort zu Pferde steigen.

Neapel, 12. Oktober, Abends. Die aus 22 Schiffen bestehende, von dem Admiral Acton befehligte italienische Flotte, über welhe Jhre Majestäten der Kaiser Wilhelm und der König Humbert eine Revue ab: O werden, ist heute Abend in Castellamare ange- ommen.

Die „Nat.-Lib. Korr.“ schreibt: „Jm ersten Berliner Landtagswahlkreis ist jet eine Verständigung zwischen den Nationalliberalen, den Freikonservativen und der

emäßigten Gruppe der konservativen Partei zu Stande ge- ommen, wonach jede dieser drei Parteien einen Kandidaten auf- stelt. Die Namen ‘der in Aussicht genommenen Personen werden alsbald nah deren Zustimmung bekannt gemacht und ein gemeinschaftliher Wahlaufruf veröffentliht werden. Man hofft, au in den übrigen Berliner Wahlkreisen zu einer der- artigen Verständigung zu gelangen.“

Ein Wechsel „auf E (d. h. ein Wechsel, in welchem Zahlung „auf Sicht“, „bei Sicht“ versprochen ist), in welhem an einer anderen Stelle Zahlung zur Verfallzeit „Ohne vorgängige Präsentation“ versprohen worden, erzeugt nah einem Urtheil des Reichs gerichts, I. Civilsenats, vom 28, März d. J., keine wechselmäßige Verbindlichkeit.

Jn der Sißung vom 28. Mai d. J. (Nr. 586) qa! das Reichs-Versicherungsamt in einer Rekurs- ache entschieden, daß die einer Wittwe gemäß §8. 6 Ziffer 2 unter a Absay 3 des Unfallversicherungsgesetes bei Vorhandensein von mehr als zwei rentenberectigten Kindern im Falle der Wiederverheirathung zu gewährende Abfindung nicht auf das Dreifache der laut Absatz 1 a. a. O. der Wittwe eines durch einen Betriebsunfall getödteten Arbei- ters zustehenden Rente von 20 Proz. des Arbeitsverdienstes des leßteren, sondern auf das Dreifache der gemäß Absatz 2 ebendaselbst von der Wittwe zur Zeit der Wiederverheirathung thatsächlih bezogenen geringeren Rente zu bemessen ist. Aus den Gründen ist das Folgende mitzutheilen: Nach 8. 6 Ziffer 2a Absag 3 des Unfallversiherungsgeseßes erhält die Wittwe im Falle ihrer Wiederverheirathung den dreifahen Betrag „ihrer“ Jahresrente als „Abfindung“. Zwischen den Parteien ist streitig, was unter „ihrer“ Jahresrente in diesem Falle zu verstehen sei. Dem Anspruche der Rekursklägerin liegt die Auffassung zu Grunde, daß die im Absatz 1 a. a. O. festgeseßte Rente von 20 Proz. des Jakbretarbeits- verdienstes „die Rente der Wittwe“ als besan- derer geseßliher Begriff sei. Dem ist indessen nit bei- zustimmen. Zwischen diesen Abs. 1 und die den Abfindungs- anspruh begründende Bestimmung des Absatzes 3 a. a. O. ist die Bestimmung des Absazes 2 eingeshoben, wonach, wenn die nah Absay 1 ermittelten Renten der Wittwe und der Kinder zusammen sechzig Prozent des Jahresarbeitsverdienstes übersteigen, eine „Kürzung“ der Renten im entsprehenden Verhältniß der Beträge des Absatzes 1 eintritt. Es wird also nicht die entsprechende Einbehaltung der an ih unge- minderten „Rente der Witlwe“ von zwanzig Prozent ver- ordnet, sondern eine andere gekürzte Rente an ihre Stelle ge- sest. Nach richtiger Auslegung kann demgemäß „die“ Jahres- rente in Absay 3 niht mit Uebergehung des Absazes 2 aus- \hließlich nah Absay 1 a. a. O. bestimmt werden. Jm Zusammenhang des Absazes 3 a. a. O. müssen aber

die Worte: „ihrer“ Jahresrente auf die thatsäch- lich zur Zeit der Wiederverheirathung bezogene Rente gedeutet werden. Es fehlt an jedem Anlaß, die

Abfindung nach einer Rente zu berechnen, welche die Wittwe in Fällen, wie der vorliegende, niemals erhalten hat. Jm Uebrigen hätte es für den Gesetzgeber auch nahe gelegen, falls er den Standpunkt verträte, den die Klägerin einnimmt, an Stelle der gebrauchten Worte „den dreifahen Betrag ihrer Jahresrente“ zum Ausschluß allen Zweifels „sechzig Prozent des Arbeitsverdienstes“ entsprehend der in den vorhergehenden Absäßen angewendeten Ausdrucksweise zu seßen. Wenn endlich der obigen Auslegung des §. 6 Ziffer 2 a a.‘a. O. entgegen-

gehalten wird, daß nach den verschiedenartig gestalieten that: sächlichen Verhältnissen die Abfindungsrente der du einer a3 ten Ehe shreitenden Wittwe shwanke, indem sh durch den Wegfall von rentenberehtigten Kindern die Rente erhöhe, so kann zugegeben werden, daß die Rente der Wittwe sh in Folge thatsähliher Verhältnisse verändern kann (vergleiche „Amtliche Nachrichten des R.-V.-A.“ 1886 Seite 56 Ziffer 141). Allein gerade in dem Begriff der „Abfindung“ liegt, daß die Sawhlage zur Zeit der Wiederverheirathung den Ausgangs- punkt für die Abfindung bildet, ohne Rücksicht auf spätere Veränderungen der Rente, welhe unter Umständen der Wittwe zu Gute gekommen wären, wenn sie sich niht wieder- verheirathet hätte.

Ein „Reisender“ einer Fabrik für Grabdenkmäler, dessen Beschäftiguna nah seiner eigenen Angabe „lediglih im Umherreisen, größtentheils zu Fuß, um Denkmäler zu verkaufen oder Bestellungen auf solhe entgegen zu nehmen“, bestand, verunglückte auf einer solhen Ge- schäftsreise, als er aus einem Hause kam, wo er Gelder eingezogen hatte. Jn Uebereinstimmung mit den Vorinstanzen hat das Reihs-Versicherungsamt den erhobenen Rentenansprub, welher auf die Behauptung ge:

ründet war, die Thätigkeit des auf den Fußmarsch angewie- enen Klägers lasse denselben als „Arbeiter“ im Sinne des . 1 Absay 1 des Unfallversiherungsgeseßes erscheinen, in er Rekursentsheidung vom 9. Juli d. J. (Nr. 587) zurück: gewiesen. Die Thätigkeit des Klägers, bei welcher er ver- unglückte, war weder die eines „Arbeiters“ noch eines „Be- triebsbeamten“. Geseßlih sind aber nur die Arbeiter und Betriebëbeamten gegen die Folgen der bei dem Betriebe sich ereignenden Unfälle versichert.

—- Der Kaiserliche Botschafter am Königlih groß- britannishen Hofe, Staats-Minister Graf von Haßtfeldt- Wildenburg, ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nah London zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Botschaft wieder übernommen.

Der Königliche Gesandte von Kusserow ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nah Hamburg zurück- gekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder über- nommen.

Der Großherzoglih badische Gesandte am hiesigen Allerhöchsien Hofe, Freiherr von Marschall, ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandt- schaft wieder übernommen.

Der General-Jntendant der Königlichen Schauspiele, Graf Bolfo von Hochberg, hat sih zur Eröffnungs-Vor- stellung im neuen K. K. Hofburg-Theater nah Wien begeben.

Kiel, 13. Oktober. (W. T. B.) Das russische Panzershiff „Admiral Nachimofsf“ hat heute Mittag E vil is Hafen verlassen, um die Reise nah Ost-Asien for.- zusezen.

Sachsen. Dresden, 13. Oktober. (W. T. B.) Der König ist heute, von Wien kommend, in der Königlichen Villa zu Strehlen eingetroffen.

Baden. Karlsruhe, 11. Oktober. Die „Karlsruher 20 meldet: Heute Mittag ershien Jhre Majestät die aiserin Augusta in dem Palais Jhrer Großherzoglichen Hoheit der Prinzessin Marie von Baden, Herzogin von E Höchstderen Geburtstag der 11. Oktober ist. Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Groß- herzogin sowie sämmtlihe in Baden-Baden anwesenden Höchsten Herrschaften vereinigten Sich daselbst mit Jhrer Majestät der Kaiserin.

Baden, 10. Oktober. Das heutige Bulletin über das Befinden der Prinzessin Marie von Baden, Herzogin von Hamilton, lautet:

„Nach einer ruhig vecrbrahten Nacht ist das Befinden heute befriedigend.“

__ Frankreich. Paris, 11. Oktober. (Köln. Ztg.) Dijon, die Vaterstadt des Präsidenten, hat Hrn. Carnot noch herz- liher empfangen als Lyon und Savoyen. Da der Präsident auch hier wieder Gelegenheit nahm, gegen den Boulangismus ¿Front zu machen, so hofft man von der Entschlossenheit des Prä- sidenten jeßt einen wirkungsvolleren Angriff auf den rebellischen General, als durch den Floquet'’shen Revisionsentwurf mög- lih ist. Bemerkt wurde hier, daß Msgr. Lecot, der Bischof von Dijon, der schon beim gestrigen Empfange der Behörden eine patriotishe Ansprahe an den Präsdenten hielt, auch

eute der Parade anwohnte. Der Kriegs-Minister de Freycinet wird am Montag den die Unteroffiziere betreffenden Geseßentwurf der Kammer vorlegen. Der Marine- Minister Kranz hat sich mit dem Budget - ausschuß§ß E geeinigt, daß von seinem Budget nur 386 308 Fr., statt der vom Ausschuß anfangs geforderten 5 Millionen Francs, gestrihen werden. Präsident Carnot ist heute Abend von seiner Reise nah dem Süden hierher zurüdgekehrt.

__— 12. Oktober. (W. T. B.) Bei dem politischen Diner, welhes gestern Abend bei dem Minister- Präsidenten Floquet stattfand, war fast ausschließ-

lih die Revision der Verfassung der Gegenstand der Unterhaltung. Wie es heißt, sprah sich die Mchrzahl der Anwesenden gegen die Revision aus. Nichtsdestoweniger soll der Minister-Präsident geäußert haben, daß er bei der Revision beharren müsse und seine Demission geben werde, wenn die Nevision abgelehnt oder durch eine Koalitions- Majorität, unter welcher sich Monarcisten befänden, votirt werden sollte, denn er könne nur das Votum einer ausscließ- lih republikanishen Majorität annehmen.

Dänemark. Kopenhagen, 11. Oktober. Jm Folke- thing fand gestern die erste Lesung des Finanzgeseßt- entwurfs für das Finanzjahr vom 1. April 1889 bis 31. März 1890 statt. Der Abg. Graf Holstein-Ledreborg leitete die Verhandlungen mit der Erklärung ein, daß die Stellung der Majorität dem Finanzgesey gegenüber sowie ihre Politik unverändert geblieben seien. Auf seinen Antrag wurde das Finanzgeseß \{ließlich einem aus 15 Mitgliedern bestehenden

usshuß überwiesen.

_— 12. Oktober. (W. T. B.) Der bisherige öster - reihishe Gesandte am hiesigen Hofe, Freiherr von E n, ist heute abgereist. Das ganze diplomatische

orps war zum Abschied am Bahnhof zugegen.

HZeitungsstimmen.

I enes Allgemeine Zeitung“ schreibt unterm 11. r: : :

Heute Nachmittag hat Kaiser Wilhelm Il. den historischen Boden der Tiberstadt betreten. Die Geschbichte von dritthalbtausend Jahren rügt ibn von den verfallenen Ruinen Roms, das einst die Weltherrschaft besaß, und das junge Italien jauhzt ihm begeistert zu als dem Bundesgenofsen seines neu aufgerihteten Königthums, seiner neubegründet:-n Einheit. Kein Zweifel, der junge Erhe der Hohenzollern wird in der Siebenbügelstadt grofe Eindrücke empfangen. Wenn fein Enuipfang in Wien ein warmer und herzlicher war, fo dürften si die Ge- füble der italienishen Bevölkerung mit südlicher Lebhaftigkeit äußern. Hat ja der Besuch des Deutschen Kaisers auch die Bedeutung der Anerkennung Roms als Hauptstadt Jtaliens Seitens eines der mäh- tigften Monarchen des Welttheils. Diese ganz spezielle Bedeutung der Römerfahrt Wilhelm'sII. hat den Enthusiasmus der Italiener für den jungen Kaiser bis zur Siedebiße gesteigert und selbst jene Stimmen zum Schweigen gebracht, welche bisher di? Allianz der lateinischen Völker gegenüber dem Bündniß Italiens mit Desterreih und Deutsch- land propagirt haben. Der berüchtigte Amilcare Cipriani, der jüngst in Marseille eine Gastrolle gab, ist noch der Einzige, der das alte Steckenpserd zu reiten wagt, und sein Ruf verhallt im Winde. Wahrlich, nichts hätte in diefen Zeiten des Friedens die ganze Bedeutung der Trivel-Allianz in Jtalien fo sehr zum Bewußtsein der Maffen bringen können, wie der Besuch Wilhelm's Il. im Quirinal. Darum die beflaggten Städte, darum die Blumenkränze und Guirlanden an aflen Häusern, darum die begeisterten Willkommrufe, welche dem jungen MonarHen auf italieaishem Boden überall mächtia wie Sturmesbrausen entgegenshallen. Mehr als alle \chrift- lichen Verträge, mebr als alle Abmachungen der Staatsmänner, mehr als alle flugean Erwägungen der Politik ift das persönlihe Erscheinen des Deutschen Kaisers in der Siebenhügelstadt geeignet, den Bund der Völker und Fürsten, welche die Friedensliga begründet haben, fefter zu knüpfen. Es war ganz ohne alle Frage von Wilkelm IL ein Entschluß von böchster, überlegener Einsiht, den Bundesgenofsen im fernen Süden in seiner Kapitale aufzusuben. Die Zukunft wird die Richtigkeit diefer Thatsache erweisen, für welde heute bereits der Jubel der Italiener bei der Ankunft Wilhelms I]. in Rom ein be- redtes Zeugniß abgiebt.

An anderer Stelle sagt dasselbe Blatt:

Der Anschluß Italiens an tie Friedentliga gab erft dieser das Uebergewicht und die dominirende Stelurg in Europa. Und diese Allianz, welhe unserem Welttbeil cine Reibe von zerfleischenden Kriegen erspart bat und boffentlih ferner ersparen wird, erhält heute gewissermaßen die Sanktion der enthusiasmirten italienishen Be- völkerung.

Jn der „Staatsbürger-Zeitung“ lesen wir über „Handelskammern und Manchesterthum“ :

Von national-volkêwirtbschaftlicher Seite konnte die durch die Reise Kaiser Wilhelm's Il. zunächst nah Wien von Neuem und in

länzendster Weise befestigte Friedenspolitik des Deutsben Reits aum cine bessere Beftätigung erfahren, als soeben in dem Jahres- beriht der Handelskammer zu Worms geschehen ist. Jm Eingang zu ten allgemeinen Bemerkungen dieses Berichts aus der ehrwürdigen Kaiserstadt beißt es:

„Seit der Wiedererrihtung des Reichs im Jahre 1871 ift die Kraft des deutshen Volkes auf politishem, nationalem und wirth- \chaftlihem Gebiete in einem Maße gestiegen, wie noch nie in einem solchen Zeitraum. Vorher ein armes Volk, das in Handel und Ge- werbe hinter den Nacwbbarstaaten zurückstand, haben wir in rashem Anlauf die Ebenbürtigkeit mit ihnen errungen. Unsere Industrie- Erzeugnisse erobern immer mebr den Weltmarkt, unsere Schiffe be- fahren alle Meere. Im Innern wird durch eigenartige Maßregeln von der größten Tragweite der Nothlage einzelner Erwerbszweige und ien vorgebeugt. Das Alles konnte nur unter dem mächtigen Schuß des Reichs und durch die weise Einsicht und den redliben Willen seiner Leiter geschehen : 2

Nachdem dann die Shwierigkeiten wie Erfolge dieser so geftal- teten „offenen und ehrlichen“ Friedenépolitik des Reihs im Verhältniß zu den auswärtigen Mächten, namentlich zu Oesterreich-Ungarn und Jtalien von der einen, zu Rußland und Frankreich von ter anderen Seite kurz gekennzeichnet worden, inébesondere auch dem leßteren gegenüber die politishe Lage unter der Regierung Kaijer Wilhelm'sII. als cine gesicherte, mit getrostem Muth zur Zukunft erfüllende be- kundet ist, beißt es: G

„Den Schlüß aber müssen wir aus den Erfahrungen der leßten Jahre ziehen, daß eine gedeiblihe Weiterentwicklung unserer Zustande au auf wirthschaftlicem Gebiet nur dann stattfinden kann, wenn das ganze Volk einmütbig zusammenhält und seine Kräfte niht durch innere Zwistigkeiten lähmt, sondern dem Dienst der Allgemeinheit, des Reichs und seines Kaisers zur Verfügung stellt.“

Wie verhält si diesen aufrihtigen nationalen Bemerkungen des Wormser Handelskammerberihts gegenüber das internationale Man- cefterthum der sogenannten Deutschfreisinnigen ? |

In Beantwortung dieser Frage haben wic zunächst darauf hin- zuweisen, daß diese Partei, wenn fie derartige Auslafsungen, wie die der Wormser Handelskammer, nit mebr zu widerlegen vermag, dieselben einfa ignorirt und au ignoriren muß, da dieselben all die dunkeln Pcophezeiungen vom Niedergange der volkswirtbschaft- lichen Verbältnifie, wodurch man die Leute irre zu führen suhte, zu- sbanden machen. Die Partei würde ja, wenn sie diese Dinge zugeben wollte, einen Selbstmord begehen, den man allerdings nit von ihr verlangen fann. Z

__ Wobl aber könnte man von ihr verlangen, daß sie, durch {limme Erfahrungen belehrt, aufhöre, ibrem Nerger durch neue Weisfagungen nah dieser Richtung hin Lust zu machen. Bismarck darf einmal nicht reht behalten, cr muß unter allen Umständen bekämpft werden, und deshalb werden alle Feinde desselben im fertshrittlichen Lager mit Freuden begrüßt. Nimmt man do sogar darauf BedacHt, den Nibiliêsmus der Sozialdemokratie überall da, wo es sich darum bandelt, den positiven Bestrebungen der Regierung entgegenzutreten, e uguas und dem ixternationalen Treiben deëzselben Vorschub zu eiten.

In Sachen der Steuerreform, kommunalen wie staatlichen, haben wir wicderholt und erst neulich wieder Angesichts der Landtags- wahlen, das politis ebenso unehrlihe wie unfruchtbare Verhalten der Herren Richter, Rickert, Meyer und Genossen gekennzeihnet. Hier vor Allem kommt es ihnen darauf an, die dur die Wirtbschafts- politik des Reichs vorbereitete, nun zur staatlihen Entscheidung, unter der Förderung der vereinigten nationalen Parteien hindrängende Reformpolitik zu bekämpfen, wobei das grundsaß- und pro- orammlose Sviel der Liebäugelei mit dem Sroßkzpital auf der einen Seite, und mit den Besißlosen auf der anderen {amlos weiter getrieben wird. “Wenn das faule Rentenfapital, gegenüber der

estenerung des produktiven Grund und Bodens, zu einer ausglei- denden Separatsteuer herangezogen , wenn zur Seite der Grundsteuer eine Kapitalrentensteuer eingeführt werden soll, so wird darin die Aus®geburt eines furchtbaren, abscheulichen Staatsfocialismus gefunden. Wenn die Getreidebörse auf eine sittlihe und ehrlihe Geschäfts- grundlage zurückgeführt werden soll, so wird dies als ein Attentat egen die „Freiheit“, das heißt in Wahrheit gegen den „Freisinn“ und êinen besten Alliirten, das Jobberthum, vershrien. Wenn nun aber vollends die Klassen- und Einkommensteuer dahin reformirt werden soll, daß die oberen und woblhabenden Klafsen durch cine befsere Einschäßung, durch Selbsteinschäßung ¿zu Gunsten der unteren Klassen mehr belastet werden, so sucht man dies, wenn man nit direkt und ofen dagegen auftreten kann, dur allerlei Winkelzüge zu bintertreiben. Die Partel weiß sehr genau, daß sie nur die Un- zufriedenen auf ihre Seite zu ziehen vermag und daß ihr die Zufrieden- Een der unteren Volksklassen einen großen Theil ihres Bodens

zieht.

Die kleine Erhöhung der Kornpreise in diesem Jahre, wie {ön klang sie den Ohren der Freisinnigen, aber selbft damit haben sie

kein Glúck gehabt. Mit der großen Theuerung „wegen der Kornzölle“ ist es wieder nichts geworden und mit innerem Gram sehen si die \{hledten Propheten die amtlich-ftatistishen Zusammenftellungen an, die wir im Folgenden wiedergeben: Der Preis des vornehmsten Ge- treides auf dem Weltmarkte, des Weizens, beträgt für 1000 kg (für guten gesunden Weizen jeder Provenienz, mindestens 71,5 kg pro Hektoliter) für den Zeitraum Januar bis August in Berlin im Jahre 1889: 222,41; 1881: 213,58; 1882: 218,38; 1883: 189,00; 1884: 168,08; 1885: 165,12; 1886: 150,62 ; 1887: 169,49; 1888: 166,73. In den einzelnen Monaten dieses Jahres waren die Preise: Januar: 162,62; Februar: 161,05; März: 161,22; April: 169,87 ; Mai: 174,50; Juni : 166,53; Juli: 165,83; August: 172,17.

Unter solhen Umständen ift es mit der Kornliga, ‘von der sich der prophbetisce Blick des Berliner Ober-Bürgermeisters seinerzeit so viel versprach, wicder einmal Essig!

Centralblatt für das Deutsche Reih. Nr. 42. Inbalt: Zoll- und Steuerwesen: Namkaftmahung der Uebergangs- straßen für Branntweinsendungen aus Luxemburg; Zulassung von gemischten Privattransitlagern ohne amtlihen Mitvershluß für Ge- treide 2c. in Altona; Veränderungen in dem Stande oder den Be- fugnissen der Zell- und Steuerstellen. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Meisgebiet. :

Justiz - Ministerial - Blatt. Nr. 38. Inhalt: Er- kenntnisse des Reichsgerihts vom 9. und 12. November 1887.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 41. Inkbalt: Amtlices : Personalnahrichten. Gutachten über den Entwurf zu einem Post- und Telegrapben-Dienstgebäude in Aahen. Nickt-

amtlides: Die Wirkung der verbesserten Schneeshußanlagen bei den Swneestürmen im Winter 1887/88. Oberflähen- und Gewithts- Bestimmung der Buckelplatten. Der Neubau der Philbarmonie

in Berlin. Drebwerkstätte der Reihsdruckerei. Vermischtes : Berliner Domkbaufrage. Wiederberstelung des Domes in Breæétn. Preiébewerb..ng für den Mailänder Dom. Neue katholische

Kirche in Pforzheim. Notkthürvershluß. Uferbefestigungen an bolländishen Kanälen. Neue Patente.

Eisenbahn- Verordnungs-Blatt. Nr. 27. Inkalt: Allerhöchste Konzessions-Urkunde, betr. den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Wilfter nach der westlihen Mündung des Nord-Dstsce- Kanals durch die Swleswig-Holsteinishe Marscbabn-Gesellschaft. Vom 22. September 1888. Bekanntmabung des Reitskanzlers, betr. provisorishe Berechtigung einer Lehranstalt zur Ausstellung von Zeugnissen über die wissenshastliGe Befähigung für den tinjäbrig- freiwilligen Militärdienst. Vom 9. September 1888. („Centralbl. f. d. Deutsche Reih“ S. 879,) Nathrichten.

Statistische Nachrichten.

In den wonatliben Nachweisungen des Kaiserlichen Statiflischen Amts über Großhandelspreise finden sich Notirungen für Weizen in Berlin und Danzig, und zwar in leßterem Plaß für unverzollte Transitwaare. Die Sorten sind aller- dings nidt ganz dieselben; die Berliner Preise gelten nämli für guten, acsunden jeder Provenienz, mindestens 71,5 kg per Hektoliter, die Danziger Preise für bunten von 75 kg per Heftoliter, und wobl aus\cließlich russischen. Immerhin bietet sih hiermit Gelegenheit zu Vergleichen zwischen dem Preise von Weizen an einem BVinnen- play und ron auéländishem an der Grenze des Zollgebiets.

Die Preise für 1000 kg waren folgende für den Zeitraum Jan uar bis August: j

im

| , . . Jabre Berlin Danzig Differenz! Jahre Berlin Danzig Differenz

1880 222,41 215,04 7,37 | 1885 165,12 147,31 17,81 1881 213,58 2068,06 7,52 |} 1886 150,62 138,13 12,49 1882 218,38 8208,78 9,60 | 1887 169,49 149,37 20,12 1883 189,00 183,10 5,99 | 1888 166,73 128,98 37,75 188384 16808 166,76 1,32 |

Der Zollfag betrug für die Tonne im Jahre 1880 10 #, wourde 1885 auf 30 4, 1887 auf 50 M erhôkt. In den einzelnen Monaten des Jakres 1888 waren die entspre@ecnden Zaklen folgende :

Sanuar 162,62 124,85 37,77 | Mai 174,50 130,20 44,30

Februar 161,05 124,85 3620 | Juni 166,53 126,16 40,37 März 161,22 124,92 36,30 | Juli 165,88 128,54 37,34 April 169,87 130,78 39,09 | August 172,17 141,52 30,65

Na@ Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind bei den biesigen Standesämtern in der Woche vom 30. Septem- ber bis inkl. 6, Oktober cr. zur Anmeldung gekommen: 676 Che- \chlicßungen, 915 Lebendgeborene, 31 Todtgcborene, 531 Sterbefälle.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Deutsche Volkslieder aus Böhmen. Herausgegeben vom Deutschen Verein zur Verbreitung gemeinnügiger Kenntnisse in Praga. Redigirt von Alois Hruschka und Wendelin Toischer. Von der Sammlung der diutsh-böbmischen Volkslieder liegt die zweite Lieferung vor. Sie ift gleih der ersten räch an Gehalt und erweckt das gespannteste Interesse für das noch Folgende. Wenn man die Lieder durhfliegt, gewinnt man ein überrashendes Kulturbild aus Deutsh-Böhmen. Die Physicgnomie des Volks, seine Sitten und Gebräuche, kurz, alle secine mers@liden Regungen spiegeln id in diesen Liedern wider. Die Liebe singt in diesen Liedern in allen Tcnarten des Schmerzes und der Trauer mit. Alle Personen treten lebendig vor uns hin und zeugen ebenso für die Gemüthbstiefe des Volkes wie für die gestaltende Kraft seiner Dichter- phantasie. Die bederklibsten Dinge werden in diesen Volksliedern manchmal mit einer Keuschheit behandelt, die in Erstaunen set, und die sprahliche Naivetät in einzelnen Liedern ist voll Liebreiz, Das Unternehmen verdient die Tbeilnalme aller Deutschen. Preis der Lieferung 50 Kr., für Mitglieder 35 Kr., bei Frankozusendung 5 Kr. mebr. :

Die Tâuferbewegung in der Grafschaft Olden- burg, Delmenhorst und der Herrschaft Jever zur Zeit der Reformation, eine kirchengeshictlidbe Studie von L. Schauen- burg, Palor in Golzwarden im Großh. Oldenburg (Oldenburg, Gerhard Stalling, 1888; Pr. 1 4). Der Wuns, den Ranke in seiner e Deutschen Gescichte im Zeitalter der Reformation“ au2gesprochen hat : es möôdbte die Täuferbewegung monographisch behandelt werden, Lat die vorliegende Arbeit hervorgerufen, in welcher auf Grund von Nawbforshungen in den Archiven von Bremen, Hannover. Wolfen- büttel, Oldenburg, Münster, Emden urd in der Jevershen Gymnasial- Bibliothek nachgewiesen wird, wie ernste Gefahren auch in jenen Gegen- den dem rubigen Fortgang der Reformation durch das Täufertzum

bereitet worden sind. ;

Heinrih W. I. Thiersh's Briefe an einen evangelishen Geistlihen. Zum Besten seiner Amtsbrüder herausgegeben von Friedri Oehninger, Pfarrer. Augsburg. Verlag von Richard Preyß. 1888, (Ladenpreis 1 46) Der Lrrers geber, welBecr beinahe zwanzig Jahre lang mit Professor Heinrich 2. I. Tbiers% in Verkehr gestanden hat, übergiebt in dem vor- liegenden Büchelden die Briefe, welche der Verewigte als väterlicher Freund, als Theolog? und Gelehrter an ihn gerichtet hat. Er ist der guten Zuversicht, „daß die hier gebotenen Briefe föstlih durH den Reihthum an Gedanken und geistliher Erfah- rung, sowie durch Kraft und Klarheit und klassishen Stil —, welche ohne alle Absicht auf Andere, obne jeden Gedanken an Veröffentlißung in vertrautem, unmittelbarem Vezkehr mit mir geshricben worden sind, ein beredtes Zeugniß des Geistes und Lebens aus Gott sein und ihre \segen8volle Wirkung auf Redlihe und nah Wahrheit Suchende nit verfehlen werden ;

Von der literarisch werthvollen „Sammlung französischer Neudrudcke“; (Herausgeber Karl Vollmöler Heilbronn, Gebr. Hen-

ninger), ershienen neuerdinas: Heft 7. Louis Meigret, Le tretté de la grammere françoeze. Nach der einzigen Pariser Ausgabe (1550) neu herausgegeben von Wendelin Foerster. Geh. 3,80 46 Heft 8. Jean de Mairet. Sophonisbe mit Einleitung und Anmerkungen her- ausgegeben von Karl Vollmöller. Geh. 2 A Heft 9. J. A. de Baïfs Psaultier. Metrishe Bearbeitung der Pfalmen, mit Ein- leitung, Anmerkungen und einem Wörterverzeihniß ¿um ersten Mal herauëgegeben von Dr. Ernft Job. Groth. Geb. 2 4 Zunächst follen fi anschließen: Jean de Mairet, Die übrigen Werke. Jean de Rotrou, Au2gewähltie Dramen. Grammaire de P. de la Ramee, lecteur du Roy, en l’Université de Paris (1572). Jacobi Sylyvii Ambiani in linguam gallicam Izagwge (1531) 2c.

In R. von Decker’'s Verlag (G. SHenck) zu Berlin ift eine englishe Ueberseßzung der Schrift der deutschen Aerzte von Bergmann, Gerhardt u. A. über die Krankheit des Kaisers Friedrich ershienen. Die- selbe führt ten Titel: „The Illness of the Emperor Frede- rick the Third. An authentic record etc. Berlin. R. v. Decker's publishing house, G. Schenck, Royal publisher.“

Der „Preußische Terminkalender für Verwaltungs- beamtezum Gebrau der Beamten der allgemeinen Verwaltung und der Verwaltung des Innern“ ift auf das Jahr 1889 in Friedr. Schulze's Verlag (Berlin, Wilhelmstraße 1 a) ershienen. Wie die früheren Jahrgänge enthält arch der vorliegende außer dem Kalendarium die Genealogie des Königlichen Hauses, die gebräucbliben Eide, allerlei im geschäft- lichen Verkehr brauchbare Tabellen u. dgl., das Register der in den leßten zehn Jahren abgedruckten Geseze und Verordnungen, ferner die AUlerböwsten Erlasse über den Rang der Ober-Präsidial- Râthe und Ober-Präsidenten, und, was das Widthtigste ist, das bis Anfang September ergänzte Verzeichniß der Be- bôrden und Beamten der allgemeinen Verwaltung fowie der Verwaltung des Innern einschließli der Referendarien, der Bürger- meister 2c. Diese Verzeinifse, zu denen aub ein Namenregister ge- bört, sind zuverlässig, ta fie nah offfziellen Quellen von Beamten des Ministeriums des Innern bearbeitet sind, und um so willkommener, als das Staats-Handbub, welHes nur einen Theil des in dem Kalender mitgetheilten Personenmaterials entbält, erst in cinigen Wochen ersceinen wird. Auf die Ausftattung des Kalenders ist die gleihe Sorgfalt verwendet worden wie früher. Der Preis beträgt 2,90 MÆ, für ein mit Papier durch\chGofsenes Er:mplar 3

Sanitäts-, Veterinär- und Quarautänewesen.

i Defierreih-Ungarn.

Die Königli® ungarishe Seebehörde zu Fiume bat in Folge des Grlöfbens der Maul- und Klauenseu@e unter dem Rindvieh in Egppten die gegen die Viebeinfuhr aus Egypten angeordneten Vor- sihtemaßrezeln (, Reichs-Anzeiger“ Nr. 205 vom 11. August 1888) wieder aufgehoben.

Gewerbe und Handel.

Berlin, 12. Oktober. Amtliche Preisfeststellung für Butter, Käse und S{mal}z. Butter. Hof- und Genofsen- \chaftébutter Ia. 113—118 Æ, Ila, 108—112 S, IIIa.102—107 h, do. abfallende 90—100.,4, Land-, Preußisbe 90—95 4. Neßbrücher 88—93 M, Pommersche 78—83 Æ, Polnise 78—83 M, Baye-ische Sennbutter K, do. Landbutter #, Shlesisde 85—80 Æ, Galizisde 4M Margarine 45—70 Æ —- Käse: Sweizer, Emmenthaler 85—90 4, Bayerischer 60—70 Æ, do. Ost- und West- preußüicher Ta. 69—70 , do. Ila. 45—55 Æ, Holländer 80—90 Æ, Limburger 32—38 #, Quadratmagertäse 15—22 # Schmalz: Pri-na Western 17% Ta. 59,00 Æ, reines, in Deutsd)- land raffinirt 61—62 #4. Berlinec Bratensbmalz 63,00—65,00 #6 Fett, in Amerika rafñnirt 55,00 Æ, in Deutis&land raffinirt 59— 61 4 Tendenz: Butter. Unveränderte Preise bei ruhigem Geschäft ; Landbutter etwas weibend. Schmalz. Billigere amerikanische Offerten verursahten auch hier einen Preisrückaang bei rubigem Geschäft.

_— Vom oberschlesishen Eisen- und Metallmarkt berichtet die „Schlef. Ztg.“ Zu den 28 im Betriebe stekenden Hob- ôfen des Reviers ift auf der Friedenshütte mit dem Anfeuern des neuen Hobofens (Nr. 3) begonnen worden, sodaß diefer Tage das Beschicken desselben mit S{melzmaterial anbeben soll. Die daselbst errihteten drei Winderbizung8apparate (nach dem System Cowper mit Steinfüllung versehen) werden dem- nähst um zwei weitere solche Apparate vermehrt werden. In der Haltung des Roheisenmarkts sind Vorgänge von Bedeutung niht zu vermerken. Für den Verbrauch von Gußeisen sowie von Schhmiedecisen und Stablfabrikaten wirken im nätften Bereich des Hüttenreviers eine Reihe verschiedener Ursahen zusammen, die denfelber. auf längere Dauer ziemlih nahhaltig gestalten dürften. Der Neubau von Separationsanlagen auf mehreren Gruben, von Förderthürmen und überdeckten Arbeitshallen, die Erweiterung von Kefsselanlagen, die Errichtung des Zinkwalzwerks auf Hobenloßbe- hütte, der Ausbau von Kokerei-, Tbeer- und Ammoniakanlagen, sowie dazu gebörige Einrichtongen, als Geleise mit Schiebebübnen und kleineren Hülfêmascinen n. #. w., baben auf den Eisengießereien und Mascinenwerkstätten einen solhezn Bedarf in Profil- und sonsti- gem Fertigeisen hervoraerufen, welchem si die Anforderungen aus dem Aus/ande zugesellt haben, daß tie Walzwerke wie Giekereien aufs äußerste beschäftigt sind; die Eisenblechstreken arbeiten mit voller Kraft. Es erscheint daher naturgemäß, daß Ab- \chlüfe für das ganze laufende Quartal bis in das näbste Jahr binein bestehen Die Dringli®bkeit der. Ablieferungen wurde in vielen Fällen? dur den Mangel an Eisenbahnfahrzeugen erhoht. Der Eisen- markt {eint demna ersihtlich einer besseren Zukunft entgegen gehen ¿u wollen, und erfährt die bereits gebefserte Lage der Eisenindustrie durch die Rehnungsabs{lüsse, wie sie in den jüngsten Iabresbericbten einer Anzabl von größeren Hütten-Aktiengesell;chaften vorliegen, ihre befriedigende Erläuterung. Preise: Walzeifen im näberen Bereich 14—14,25 Æ(Grundpreis), Profileiscn 16—16,50 4, Gisenbleche 16,50— 17,90, wäbrend für besondere Sorten böbere Preise bedungen und willig gewährt wurden. Auf dem Metallmarkt war Robzink theil- weise ganz auêverkauft, sodaß neue Lieferung8abs{lüsse weniger verfekt wurden. Kaufblei war bei örtlih autem Absatz fertiger Metall- fabrifate chwach auf Lager. Die Preise bebielten daber ibre stcigende Richtung bei. W. H. von Gieshe's Erben galt von 38,50 Æ an, Raffinat anderer Marken 37,20—37,50 4; Blockblei Ia mit 28 bis 30 6 ceinfeßtzend,

Zudckerberiht der Magdeburger Börse, vom 12. Okto- ber, Mittags. Robzucker. Nachdem in den ersten Tagen dieser Wotbe feine, hochpolarisirende Qualitäten in Folge ungenügenden Begebrs ca. 30 ß verlocen hatten, sind nennen8werthe Schwankungen in den Werthen der verichiedenen Robzuckergattungen niht weiter vorgekommen. Bei durchschnittlih rubiger und fester Stimmung fand das ansehrlihe Angebot sowohl von Seiten unserer beimischen Raf- finerien als des Exports willige Aufnabme, so daß die ur Ausfubr passenden Sorten sogar 15—20 H gewinnen konnten uxd der Ge- fsammtumfaß ca. 2750/0 Ctr. ecreihte. Raffinirte ZudckZer hatten auch während dieser Wohe den in unferem lctßten Bericht gemeldeten rubigen Markt. Dos noch kleine Angebot von effektiver Waare genüg'e zur Deckung des laufenden Bedarfs und blieben daher die Umsâte in daseiendem Zucker unbedeutend, dabingegen wurden größere Postea gemahlener Raffinade und Melis auf Lieferung Okto- bder—Dezember begeben. Ab Stationen: Granulatedzuckter, inkl. 26,85 # , Kryftallzucker. I., über 989% 27,00 Æ, do. IL, über 98 9% 26,00 Æ, Kornzuder, exfl., 92 Gd. Rendem. 17,10—17,30 4 do. exkl. 88 Gd. Rendem. 16,50—16,73 #4, Nachprodukte, crkl. 75 Gd. Rendem. 13,00—14,00 4 tur ov kg. Die Preise für Robzucker ver- \tehen fih einschließlich Materialsteuer und aus\cließlich Ver- braussteuer. Bei Poften aus erster Hand: Raffinade, fein, ohne Faß 29,00 , do. fein, ohne Faß —,— #4, Melis, fein, ohne Faß —,— Æ, Würfelzucker, 1., mit Kiste —,— #, do. TI., mit Kiste 29—29,50 4, Gem. Raffinade, I., mit Sack 4, do. L, mit Sack 27,75 #, Gemahlener Melis, I, mit Sack