1888 / 264 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Oct 1888 18:00:01 GMT) scan diff

umgeben von den Mitgliedern und den Sekretären der Handels- kammer, an der Brüstung derGalerie des Hauptsaales undhielt eine Ansprache an das Börsenpublikum, in welcher er an die Vollendung der wirthschastlihen Einheit des Deutschen Reichs durch den Zollanshluß Hamburgs und Bremens er- innerte. Die anfänglichen Besorgnisse seien zerstreut worden durch die Art und Weise, in der der Zollanshluß ftatt- gefunden habe. Der geschaffene Freihafen und die herrlichen Anlagen bildeten den Stolz Hamburgs und gereichten dem Deutschen Reih zur Ehre. Der Dank für die Erreichung dieses Zieles gebühre in erster Linie der Reichsregierung, dem Bundesrath und dem Reichstage für den Zuschuß des Reiches, alsdann aber dem Senat, der Bürgerschast, den Mitgliedern der Vollzugs- und Anschlußkommissionen, den Technikern u. st. w. Der Präsident {loß mit dem Ausdruck- der Hoff- nung und Ueberzeugung, daß Hamburgs Handel und Jn- dustrie auch unter den neuen Verhältnissen fortfahren würden u blühen und zu gedeihen, und daß Hamburg im Stande fia werde, seine Stellung im Welthandel zu behaupten zum eigenen Segen, zum Nußen und Frommen des Deutschen Reihs: „Hamburgs Handel lebe hoch!“ Mit einem drei- maligen brausenden Hoh antwortete das Börsenpublikum. Die „Hamburgische Börsenhalle“ fügt diesem Bericht hinzu: der Präsident Mestern habe in seiner Rede einer Körperschaft niht gedenfen können, nämlich der Handelskammer felbst; zweifellos werde dieser für ihre sahverständige, bestimmende Mitwirkung allseitig Dank gezollt werden.

Oesfterreih-Ungarn. Pest, 15. Oktober. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause wurden heute vom Minister- Präsidenten von Tisza die Gese gentwürfe über die Sha nk- gefälle und die Ablösung des Regalrechts ein- gebracht.

Frankreich. Paris, 15, Oktober. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat in ihrer heutigen Sizung auf Antrag des Minister-Präsidenten Floquet die Diskussion über das Budget auf nächsten Viontag fest- gesezt. Floquet brahte fodann das Verfassungs- Nevisions-Projekt unter großem Beifall der Linken ein. Der Minister-Präsident erklärte: er halte es für nothwendig, durch die Vorlage den berechtigten Wünschen des Landes zu genügen. Die Republik werde außer- alb der Diskussion bleiben, denn diese sei selbst eine orm des allgemeinen Stimmrechts, während bei der Monarghie an und für sich von demselben keine Rede sein könne. (Widerspruch auf der Rechten.) Es handle sih darum, die republikanishen Einrichtungen niht zu zerstören, sondern zu verbessern; man müsse der Republik Waffen verleihen gegen alle Versuche einer royalistishen oder diktatorishen Restauration. Nachdem der Minister-Präsident darauf unter dem Beifall der Linken den Geseßzettwurf verlesen hatte, beantragte er die Verweisung desselben an die Kommission, welche bereits mit der Prüfung ähnlicher Entwürfe betraut ewesen sei. Andrieux verlangte die Einseßung einer Spezial- Lmmisiion. Floquet erklärte sh damit einverstanden, ver-

langte jedoh, daß die Vorlage für dringlich erklärt werde.

Ein Antrag des Deputirten Andrieux, wonach die Revisions- fommission aufgefordert werden sollte, den Bericht über die

Revisionsvorlage binnen 14 Tagen vorzulegen, wurde abgelehnt. Nah längerer Berathung nahm demnächst der Minister- Präsident Floquet seinen Antrag wieder auf, daß die Revi- sionsvorlage an die bereits bestehende Kommission zur Vorberathung überwiesen werde, und stellte gleichzeitig die Vertrauensfrage. Andrieux zog nunmehr seinen Antrag auf Verweisung der Vorlage an eine Spezialkommission zurü. Der Deputirte Delmas erklärte Namens der gemäßigten Re- publikaner, daß diese aus Patriotismus für das Kabinet stimmen würden. Der Antrag Floquet's wurde darauf mit 307 gegen 181 Stimmen angenommen. Jm Laufe der Berathung hatte Ribot vom linken Centrum \sich gegen die Revision der Verfassung überhaupt ausgesprochen, da das Land eine solche in keiner Weise verlange, wodurch Floquet, wie gemeldet, ver- anlaßt wurde, die Vertrauensfrage zu stellen. Die JFnter- pellation des Deputirten für Cochinchina, Ternisien, über die Lage in Cochinchina, wurde auf vier Wochen vertagt. Der Sizung wohnte auch Boulanger bei.

Auch die Sizung des Senats verlief ohne Zwischenfall.

Die wesentlichsten Bestimmungen der Floquet'- schen Revisionsvorlage sind die folgenden: Alle 2 Jahre soll ein Drittel des Senats und der Kammer erneuer- werden. Der Senat verliert das ihm bisher zugestan- dene Recht, über die Auflösung der Kammer zu be- schließen, und es verbleibt ihm bis zu seiner par- tielen Erneuerung nur das Recht der Kontrole und des Vetos, in Finanz-Angelegenheiten aber nur das ein- fahe Recht der Vorstelung. Um der Unbeständigkeit der Ministerien vorzubeugen, soll die Ernennung der Minister künftig für einen fest bestimmten Zeitraum erfolgen, und die Kammer soll das Recht behalten, dieselben in Anklagezustand zu verseßen. Endlich soll auf Präsentation Seitens der Re- gierung von der Kammer ein Staatsrath gewählt werden, der die Gesetze vorbereitet.

16. Oktober. (W. T. B.) Die Majoriät der Kammer, welche dem Kabinet gestern das Vertrauens- votum gab, bestand aus 299 Republikanern. Unter der Minorität befanden sich152Mitglieder der Rechten, 7 Boulangisten, 8 Republikaner. Die Minister, die Unter-Staatssekretäre und 67 Republikaner, in der Mehrzahl Ferryisten, ent- hielten sich der Abstimmung. Die radikalen Blätter erbliden in dem gestrigen Votum eine Befestigung des Ministeriums, das nunmehr wahrscheinlih bis zu den Wahlen am Ruder bleiben werde. Die monarchistishen Blätter sind im Allgemeinen der nämlihen Anschauung. Die gemäßigt republikanishen Zeitungen beklagen die Schwäche des parlamentarischen Centrums und die Blindheit des Kabinets, welches in die Republik eine Bresche lege.

_ Griechenland. Athen, 14. Oktober. (Prag. Abdbl.) Die Kaiserin Elisabeth fand in Westgriehenland einen herzlihen Empfang. Jn Kawassara wurde die Ankunft Jhrer Majestät mit einer Jllumination gefeiert. Des regnerischen Wetters halber hat die Kaiserin die Abreise nah Missolunghi, woselbst sie vor der Rückkehr nah Korfu zwei Tage verweilen wird, verschoben.

_ Affien. Afghanistan. (W. D B.) Den „Daily News“ wird aus Simla gemeldet, daß, zuverlässigen Nachrichten aus Herat zufolge, Js hak Khan nah Kerki in Bokhara ge- \lüchtet sei, und die Truppen des Emirs Mazar be-

seßt hätten, wo die Ueberbleibsel der Armee Jshak-Khan's die Waffen streckten. Die Rebellion sei nun beendet und die Autorität des Emirs in ganz Afghanisch - Turkestan wieder hergestellt.

Zeitungsstimmen.

_Die in Rom erscheinende „Riforma“ empfängt den E Wilhelm mit einem Begrüßungs-Artikel, in welhem ie sagt: i

Der Willkommensgruß des italienischen Volks empfing WilhelmI1,, \{on bevor er die Grenze übershritt. i j

In dem Schmerz, welchen das Dahinscheiden der Kaiser Wilhelm urd Friedri in uns erregte, bat Keiner auh nur einen Augenblick an den Gefühlen gezweifelt, welhe unser theures Vaterland dem jungen Monarchen entgegenbringen würde, und wenn die Politik geshwiegen hätte, so würde das Herz gesprochen haben. In ihm ver- einigen sid die Adbtung, welhe wir vo: scinem Großvater hegten, und die Sympathie, welche sein Vater seit Jahren uns eingeflößt hat; der Glanz der Mat aber, verhüllt wie sie erscheint von der Trauer des bâäuélichen Unglüdcks, giebt dem Höflichkeits-Akt, welchen er unter den ersten seiner Regierung erfüllt, gleichsam einen intimen Charakter und bringt ibn unserem Gemüth noch weit näher.

Er kommt und findet ein unter seinem König ganz geeintes Volk, treu gegen seine Freunde, loyal gegen seine Feinde; ein Volk, das fi niht an der Erinnerung seiner antiken Größe berauscht, sondern n unter den neuerlihen Schicksalsschlägen mäßiat; ein Volk, das nch einen ehrlihen und ruhigen Leben8gang vorgezeihnet hat, und welches si an der Anerkennung der eigenen Rechte, der Achtung vor der eigenen Würde genügen läßt, weil es den Frieden wüns.

Er kommt und findet, daß das italienisch-deutsche Bündniß, welch{es als eine Forderung der Vernurft entstanden, heute durch die bewune Zustimmung des Gefühls in den Gemüthern Wurzel ge- faßt hat.

Niemand denkt mehr an die alten Kämpfe zurück, ohne si mit dankbarer Bewunderung dieses von der Vorsehung geleiteten Ausgangs der Ereignisse bewußt zu werden, welche dieselben zum gemein}amen Vortheil und durch gemeinsamen Willen in das innigite und wirksamste Einvernehmen verwandelt haben. Jeder hat die Ueberzeugung, daß in diesem Einvernehmen die Garantie für das Gleichgewicht Europas liegt und mit tem Gleichgewicht die Anwen- dung der internationalen Gerechtigkeit und damit die Befriedigung jeden billigen Interesses. Und als dritter, materiell wihtiger Faktor tcitt die Nationalökonomie mit ihrem Austaush von Arbeit und Erzeugnissen hinzu, welhe den Austausch der Ideen ergänzen. .

Die bistorishe Mission dieses Bündnisses, welches beute in jo beredter Weise seine Bestätigung erhält, und welck@es vom Norden bis zum Süden Europas die Geister zweier Völker vereinigt, giebt der Verbindung im Volksbewußtsein jenen Charakter der Sta- bilität, welhen weder Tod noch internationale Ereignisse zu ershüttern vermögen. Indem wir die Eegenwart feiern, fühlen wir alle, daß wir die Zukunft vorbereiten, eine Zukunft, mit der Deutshland und Italien in gleicer Weise werden zufrieden sein können, welhe Keinen bedrebt, der geneigt ift, beide in der friedlihen Entfaltung ihrer Thätigkeit ¿u achten, und welche, während die Starken sie mit Seelenruhe betrahten werden, von allen Séwaten, die noch Gerechtigkeit von der Zeit erwarten und sie zu verdienen suchen, wie die Deutschen und Italiener sie zu verdienen gewußt baben, indem sie ihrer politishen Wiederherstellung den Charakter der Dauer und Lebensfähigkeit gaben, mit Vertrauen angerufen werden kann. i

_— Die „Jtalie“ theilt Auszüge aus den Begrüßungs- artikeln italienischer e bei Gelegenheit des Besuchs Kaiser Wilhelm's in Rom mit, von welchen wir folgende anführn: :

Der in Genua erscheinende „Caffaro“ schreibt:

Das Land begrüßt das Ereigniß mit um fo größerer Genug- thuung, als der Besuch des Kaisers Wilhelm in Nom und in der feier- lihsten Form stattfindet. Italien brauht nicht feierlie Besuche zu erwarten als besondere Weihe seiner politischen Einheit mit der Hauptstadt Rom, welche ja von der civilisirten Welt anerkannt ist. Niemand denkt daran, dieselbe zu bestreiten. Iedenfakls ist der Be- such sehr bedeutsam, insofern er Bresche legt in die Gewohnheit und troß des Lärms und des Widersprus einer internationalen Reaktions- partei stattfindet. Vom Gesichtspunkte der europäischen Politik aus trägt der Besuch einen eigenartigen Charakter

Kaiser Wilhelm kommt nah Rom, um seine Verehrung und Freundschaft dem verbündeten Souverän und dem befreundeten Volke zu bezeugen. Dieser Aft krönt das mit unserer Regierung zur gegen- seitigen Vürgschaft ibrer Rehte und zur Erhaltung des europäischen Friedens geschlossene Bündniß. Kaiser Wilhelm ist, wie sein Vater war, der treue und aufrichtige Freund Italiens, Sein Besu wird niht obne Einfluß auf die zukünftigen politishen Ereignisse bleiben.

Die „Gazzetta di Torino“ richtet einen ehrfurchts- vollen Gruß an den erhabenen Gast und Verbündeten des Königs bei Gelegenheit seines feierlihen Einzugs in die Hauptstadt Jtaliens, und sagt:

Der berzlide Kuß, welchen in jenem Augenkblick König Humbert und Kaiser Wilbelm \sich gaben, sei die brüderlice Umarmung zweier Völker, welhe nach langem Sehnen, bosinnigen Mühen und heldenmüthigen Opfern die beiden höchsten Güter errungen haben: die Unabhängigkeit und die Einheit.

Der „Amico del Popolo“ hebt hervor,

in wie hohem Grade die Idee des deutsc-italienis&en Bündnisses volksthümlih und wie ungeheuer groß das Vertrauen ist, welches das rubmreihe Herrsherhaus der Hohenzollern Italien einflößt. Das Blatt sagt, der cinem Triumpbzuge gleihende Empfang in Rom sei eine großartige Manifcstation, welche das ganze Land zu Ehren des Sohnes Friedrich's 111, des treuen und uneigennüßigen Freundes Italiens darbringen will, und entbietet einen Gruß dem Kaiser und dem deutshen Volk.

Der „Commercio“, eine Genueser Zeitung, begrüßt das glückliche Ereigniß: __ Das Haupt des mättigsten Reichs der Welt kommt, um dem König Humbert die Bedeutung des Vündnisses zu bestätigen, welches den Frieden und die Ruhe Italiens und Europas sihert. Man rede niht von Anerkennung des nationalen Rehts auf Rom! Das Recht Italiens auf Rom ift unumschränkt und unbedingt.

_Der „Pungol o“ beglückwünsht sich zu dem einem Triumphzuge gleihenden Empfang des Kaisers, dessen Reise nit nur ein Ergebniß der inneren Politik ist, fondern dazu dient, aufs Neue die Bedeutung des Bündnisses hervorzuheben, welches über die Bewegung und Entwicklung der europäischen Politik, in deren Mitte Italien eine der hervorragendsten Rollen zusteht, entscheidet.

Einem Briefe des röômishen Korrespondenten des „Daily Telegr A entnehmen wir folgende Stellen : _ Die deutsche Presse hat eine ungewöhnlich große Zahl von Be- rihterstattern hierher gesandt, um den Empfang des jungen Kaisers, welcher demselben, genau gesagt, von den Händen des italienischen Volks zu Theil wurde, zu beshreiben; denn bei freudigen Gemüths- bewegungen brechen die Italiener selten in laute Hochrufe aus, sondern geben ihrer inneren Befriedigung durch ein kräftiges „battemani“ oder Hândeklatschen Auédruck. TJtalienishen Ge- mütbern ersheint der Kaiserlißhe Besuch vom nationalen Standpunkt aus so wichtig, daß beinabe jede große Provinzialftadt der Halbinsel während der Anwesenheit Wilhelm's 1]. in der Haupt- ftadt durch Spezialberichterstatter vertreten ist Ich habe ge-

funden, daß unter Jtalienern von Rang und Bildung ton Anhängern, und Widersahern des Ministeriums die Öbereinstimmende Arsiht vorherrscht, daß des Kaisers Besuch bei König Humbert von der italienischen Nation als ein Ereigniß angesehen wird, auf welches dieselbe mit unglaublicher Genngthuung binblickt als auf ein Kaiserliches Siegel, weles auf das Einverständniß zwischen diefem Lande und den mitteleuropäischen Verbündeten gedrückt ift, ein Ereigniß, welches von Europa im Allgemeinen mit tiefer Befriedigung betrachtet wird als eine deutlihe Zusiherung, daß der Friede während der nächsten Jahre nicht gestört werden wird : : :

Meine italienisben Freunde, besonders die regierungsfreundlichen, sagen: „Wir haben die weisen Rathschläge, mit welchen wir begünstigt waren, buchstäblich befolgt und sind für unsere verständige Will- fährigkeit dturch eine schäßbare Kräftigung der Bande belohnt worden, welhe bis jeßt, vom militäri/chen wie vom poli- tishen Standpunkt aus, Italien mit Deutshland ver- fnüpft haben. Für uns if des Kaisers Besuh eine offene, rüdhaltlose Anerkennung unseres Rechtes, auf das deutsche Bündniß wie auf eine feste Burg zu zählen. Wir erstreben die Er- haltung des Friedens eben so sehr wie der Deutsche Kaiser und die deutsche Nation, aber wir empfinden eine große Erleichterung in dem Bewußtsein, daß, sollten die Franzosen mit uns einen Streit vom Zaun brechen, wir positiv auf einen Rüdckbalt von solcher Stärke rechnen können, daß Frankreich es sich mindestens dreimal überlegen wird, ebe es sh entschließt, demselben Troß zu bieten. Des Kaisers Besu in unserer Hauptstadt, so bald nah seines Vaters Tode, bedeutet mehr als einen bloßen Akt der Höf- lihfkeit gegen unsern erhabenen König, welcher die italienische Nation so überaus würdig und maßvoll vertritt. Der Besuch soll dem übrigen Europa klar maten, daß unter der Regie- rung des neuen Hohenzollern Deutsbland und Italien durch Wokl und Wehe Hand in Hand geben wollen. Wir werden Sorge tragen, daß Deutschland in vermeidlihe Schwierigkeiten nicht verwickelt werde ; aber sollten wir in ungerechter und unvernünftiger Weise angegriffen werden, so baben wir das feste Zutrauen, daß es „dur Dick und Dünn* mit uns gehen wird; wir begrüßen des Kaisers Besuh mit her;liher Freude als einen endgültigen Beweis, daß unser Vertrauen in ihn und sein Volk auf festem Grunde ruht.* .…..

Ueber den nunmehr eingetretenen Anshluß Hamburgs und Bremens an das deutsche Zollgebiet schreiben die „Ham- burger Nachrichten“: : i e

„Daß der Zollanshluß Hamburgs, wie der später auf ähnlicher Basis bes{lossene Bremens, den Interessen der Hansestädte wie ganz Deutschlands entipriht, wird jeßt au in Hamburg allseitig anerkannt. Anfänglich jedo stand dem aus der Initiative des Senats und der Handelskammer hervorgegangenen Zollanshlußprojekt die Mehrheit der bei dem fraglichcen Wesel in erster Linie betheiligten Kaufmannschaft sehr zweifelnd, ja vielfa direkt feindlib gegenüber Mit wohlberechtigter Genugtbuung mögen Bürgermeister Versmann und seine Mitarbeiter jeßt ihren Blick über diesen neuen Freihafen schwei- fen lassen, von dessen Anlage die einst ihn so \keptisch betrahtende Kaufmannshaft, Dank dec Vortrefflihkeit der neuen Hafen- und Waarenlagerbauten, nit nur keine Benactheiligung, sondern einen neuen Ausshwung des Hamburgischen Handels erhofft. Mögen diese Hoffnungen in vollem Maße in Erfüllung gehen, und möge das neue wirthschaftlihe Band, das jeßt zwischen den Hansestädten und dem übrigen Deutschland geknüpft wird, dem Auslande ein neuer Beweis sein, daß das Reih und die Einzelstaaten nicht vor irgendwelchen Schwierigkeiten, Müden und Kosten zurückschrecken, wenn es sich um große nationale Zwecke handelt."

Die „Weser-Zeitung“ führt in einem besonderen, dem Zollanshluß gewidmeten Beiblatt u. A. aus:

„Es ist zu hoffen, daß der Wegfall der Zollshranken zwischen Bremen und dem gemeinsamen Vaterlande, insbesondere der näheren Umgegend, belebend auf den Verkehr wirken möge, und daß die Gewerbtreibenden und Ladenbesißer den vollen Vortheil finden, den sie von dem Zollanschluß erhofften. Mit Sicherheit darf man darauf rechnen, daß die Großindustrie hier fortan eine Stätte für erfolg- reihe Unternehmungen finden wird, denn sie trifft hier die in unserem Vaterlande fo seltene unmittelbare Verbindung mit dem Seeschiff an. Einige bereits entstehende Fabriken verbürgen, daß diese Aussi{t begründet ist. Ungleich freundliher würde si die Zukunft Bremens noch gestalten, wenn sih endli die Hoffnungen auf Kanalverbindungen, auf Anschluß an die wichtigen Binnenwaffer- straßen des Rheins und der Elke verwirklichen wollten. Der Zoll- anschluß fällt zusammen mit der Weserkorrektion, dem Hafenbau und der im neuen Freibezirk vor si gehenden gründlichen und zeit- gemäßen Umgestaltung des s\tädtishen Waarentransport- und Lager- wesens. Begrifflih kann man diese Folgen wohl auseinanderhalten. In der Wirklichkeit werden sie aber derart ineinanderfließen, daß man fe nur \{wierig wird trennen könnea, und namentli ift zu berüdcksichtigen, daß der so wichtige Freihafenverkehr in den Frei- bezirken Bremens und der Unterwe]erhäfen uns verblieben ist. Ueber unsere Freihafenstellung bat man im_Binrenlande in leßterer Zeit andere Ansichten gehegt, als wir Hansestädter selber. So vershwindet denn nunmehr eine Quelle von Meinungsverschiedenheiten, und wir hoffen, daß neue Herzlichkeit zwishen dem übrigen Deutschlanck und uns Plaz greife. So s\prehen wir denn am Schlusse unjere Hoff- nung, unser Vertrauen aus, daß der Zollanshluß Deutschland und Bremcn zum Segen gereihe. Möge er dazu beitragen, unserem theneren Vaterlande Nutzen zu hafen und die Zukunft unserer Uieben Vaterstadt freundlich zu gestalten.“

Das „Deutsche Tageblatt“ schreibt:

Gegenüber den tendenziösen Entstellungen unserer freisinnigen Mancheiterpresse über die „Brotoertheurer“ verweist der Nürnberger „Korrespondent“ auf ein Londoner Telegramm der „Frankfurter Zei- tung“, welches unter dem 10. Oktober folgendes meldete : „Eine Ver- sammlung der Müller- Association beschloß, den Preis des Mebls um 1 Sb. 6 P. für 18 Stein (= 114 kg) zu erhöhen, was eine Steigerung von 8 Sh. 6 P. seit acht Woten (oder nah unserem Gelde von 7 4 60 S pro 100 kg) auëma@t.“

Bei uns kostete in der ersten Woche des August Weizenmehl Nr. 1: 16 4 50 4, Ne. 4: 13 6 50 4; Anfangs Oktober Nr. 1: 17 A 50 4, Nr. 4: 14 Æ 50 S pro 59 kg. Die Preissteigerung in England ist also 7 4 60 „4 pro 109 kg, in Nürnberg 2 A pro 100 kg in der gleihen Zeit. Die zollfreien Länder sind, wie man auch hieraus sicht, nicht nur gleihfalls von einem Aufschlag der Getreidepreise betroffen, sondern zum Theil von einem weit höheren, als Deutschland. Der Zoll {üßt eben vor allzu niederen, aber au vor allzu hoben Preisen, weil die internationalen Spekulanten den Einfluß auf die mit Zoll geschüßten Länder zum Theil verlieren.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesund-° heitsamts sind in der Zeit vom 30. September bis 6. Oktober cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berehnet, als ge st o rben Get in Berlin 21,4, in Breslau 28,4, in Königsberg 30,2, in Köln

6,3, in Franffurt a. M. 20,0, in Wiesbaden 21,5, in Hannover 23,8, in Kafsel 20,9, in Magdeburg 28,0, in Stettin 26,1, in Altona 22,8, in Straßburg 27,4, in Mey 21,9, in München 31,4, in Nürnberg 33,9, tn Augsburg 18,3, in Dresden 21,1, in Leipzig 16,6, in Stuttgart 18,1, in Karlsrube 14,7, in Braunschweig 27,0, in Hamburg 21,7, in Wien 19,0, in Peft 26,0, in Prag 24,7, in Triest 20,7, in Krakau 24,5, in Amsterdam —, in Brüssel 17,8, in Paris 19,5, in Basel —, in London 16,5, in Glasgow 18,0, in Liverpool 19,7, in Dublin 23,3, in Edinburg 15,1, in Kopenhagen 21,5, in Stockholm 13,6, in Christiania 14,6, in St. Petersburg 23,8, in Warschau 35,1, in Odefsa —, in Rom 21,8, in Turin 17,3, in Venedig 15,2, Alexandria 45,1. Ferner in der Zeit vom 9. bis 15. September (k. in New-York 25,7, in Philadelphia 18,4, in Baltimore 18,4, 1? Kalkutta 19,8, in Bombay 25,9, in Madras 43,0. E

Die Sterblichkeit blieb au in dieser Berichtêwoe in den meisten Großstädten Europas eine günstige, wenn au in einer größeren Zahl derselben die Sterblichkeits;iffern etwas böher als in der BVor- wobe waren. Einer sehr geringen Sterblichkeit (bis 15,0 pr M. u. J.) erfreuten si Barmen, Karlsruhe, Bremen, Lübeck, Stockholm, Christiaria. Günstig (bis 20,0 pr. M. u. I.) war sie in Leipzig, Augsburg, Frankfurt a. M., Stuttgart, Elberfeld, “Wien, Brüfsel,

aris, London, Glaëgow, Lioerpool, Edinburg, Turin, Venedig u. a. Hud in Berlin, Dresden, Hamburg, Kassel, Wiesbaden, Mey, Kopenhagen, Triest u. a. war die Sterbli&keit eine mäßig bobe. Hohe Sterblichkeitsziffern (über 35,0 pr. M.) werten aus keiner deutshen Stadt gemeldet. Ziemlitz-allgemein erfuhren Todesfälle an Darmfkatarrhen und Bre&durchfällen der Kinder eine weitere Ab- nahme, obwohl in Berlin, Hamburg, Breélau, Dresden, Köln, Danzig, Nürnberg, Altona, Düsseldorf, Elberfeld, Braunschweig, Wien, Paris, London, Kopenhagen, Warschau dle Zahl der durch diese Krankheitsformen veranlaßten Sterbefälle - noh immer eine böbere als gewöhnlid, in München, Königsberg, Straßburg, Magdeburg, Pest, St. Petersburg sogar eine größere als in der Vorwohe war. Der Antheil des Säuglingéalters an der Sterblichkeit war im Allgemeinen ein kleinerer, in München ein größerer als in der Vorwoce. Von 10 006 Lebenden starben aufs Jahr berechnet in Berlin 92, in München 147 Säuglinge. Das Vorkommen von akuten Entzündungen der Athmungsorgane war 1m Allgemeinen ein etwas häufigercs ais in der vorangegangenen Woche. Von den Infektionékrankheiten baben Todesfälle an Masern, Diphtherie und Pocken zugenommen, wäßrend von Scharlach und ron tyvbösen Fiebern weniger Sterbefälle mitgetheilt wurden. So waren Todesfälle an Masern in Berlin und London etwas bäufiger, in Paris, St. Peterêburg seltener. Neue Erkrankungen kamen jedo aus Len meisten Orten, aus tenen Berichte vorliegen, bäufiger zur Mel- dung. namentlih haten Masern in den Regierungsbezirken Hildesheim und Séleswig größere Verbreitung gcfurden. Das ScharlachŸ- fieber verlief in Berlin, Paris, St. Petersburg und Warschan milder, in Danzig Élieb die Zabl der Todeéfälle die glei hohe wie in der Vorwoche (10), in London kat sie abgenommen. Neue Erkrankungen wurdcn nur aus Berlin und Kopenhagen etwas seltener als in der Vorwoche ¿ur Anzeige gebracht. Die Sterbli{keit an Diphtherie und Croup war viel- fach gesteigert, wie in Berlin, Hamburg, Breslau, München, Dresden, Königsberg, Stettin, Braunschweig, Wien und seinen Vor- orten, Pest, Prag, Paris, London, St. Petersburg, Warschau u. a. O. Auch neue Erkrankungen wurden aus Berlin, Breslau, Hamburg und St. Peteréburg in grözerer Zabl mitgetheilt. Dagegen waren Todes- fälle an typböôsen Fiebern in Berlin, London, Paris, St. Peter3- burg seltener, in Pist und Warschau ein wenig bäufiger. Neue Er- franfungen kamen aus Hamkurg, Pest und St. Pctcrsburg in ge- steigerter Zabl zur Anzeige. AnFliecktyph u s wurde aus London 1 Todes- fall, an epidemischer Genickstarre aus Berlin und Nürnberg je 1 Erfrankung zur Meldung gebraht. Rosenartige Ent- zündungen dcs Zellgewebes der Haut kamen in keiner größeren Stadt in nenncnéswerther Zahl als Todeëursaen zum Vorschein. Der Keuchhusten hat in Berlin und London weniger, in Dublin etwas mehr Todesfälle hervorgerufen; neue Erfrarkungen wurden in E: und Kopenbagen seltener beobachtet. Todesfälle an Pocken amen aus Paris 2, aus Lemberg und Warschau je 3, aus Triest 7, aus Prag 9 zur Berichterstattung; neue Erkcankungen aus Wien 4, aus St. Petersburg 2. E

Der Gesundbeitszustard in Berlin war auch in dieser Woe ein günstiger und die Sterblichkeit eine geringere als in der vorhber- gegangenen Wolde. Inébesondere erfrhren Darmkatarrbe und Brech- durhfälle der Kinder einen weiteren Rückgang; die Zaël der Todes fâlle sank auf 103 (von 132 ter Vorwocte), war jedcch noch immer erbeblih Léber als sovst um diefe Jahretzeit. Auch die Theilnahme des Säuglingéalters an der Sterblichkeit war eine etwas kleinere als in der Vorwote. Häâäufiger als in dir Vorwoche kamen jedoch akute Entzündungen der Atbmungsorgane zum Vorschein, bis jeßt jedoch mit äberwiegend miltem Verlauf. Von den Infektionskrankheiten wurden Erkrankungen an Ma*ern (besonders in der Schöneberger Vorftadt) und an Diphtherie (im Schöneberger und jenseitigen Louisenftädtishen Bezirk am zahlreichsten) zur Anzeige gebra@t, während Erkrankungen an typbôsen Fiebern und Scharlah (leßtere in der Friedrichstadt am häufigsten) gegen die Vorwode in verminderter Zahl zur Meldung famen. Erkrankungen im Wochenbett, sowie an rosenartigen Ent- zündungen des Zellgewebes der Haut zeigten keine wesentliche Ver- änderung in ihrem Vorkommen. Erkrankungen und Sterbefälle an Keuchhusten wurden seltener, während rheumatishe Beschwerden aller Art kbâufiger zur ärztlichen Beobachtung gelangten.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

In Müncen ist, der „Allg. Zta.“ zufolge, am 11. d. M. der bekannte Historien- und Landschaftsmaler Profefior Wilhelm Riefstabl ‘nah shwerem Leiden gestorben. Seine künstlerische Eigenart bestand in der Verbindung landschaftliher Szenerie mit Figurenkowpositionen. Auf diesem Gebiet hat er ganz Hervorragendes geleistet. Für sein von der National-Galerie angekauftes Gemälde „Feldandaht Passeverer Hirten“ erhielt er die goldene Medaille und die Mitgliedschaft der Berliner Akademie.

Laud- und Forstwirthschaft.

Nachtrag zu den „Mittheilungen über den Ausfall der dies- jährigen Ernte in der preußishen Monarchie“.

(S. Nr. 259 des „Reichs-Anz.“)

Provinz Westpreußen. : _ Reg.-Bez. Danzig: Die Getreideernte hat_in Soine der steten Nässe, welche das Reifen hinderte, erst spät begonnen werden können. Beim Roggen entspriht der Körnerertrag niht den gehegten Erwartungen, der Strohertrag ist gering. Bezüglich des Weizens hofft man auf einen 0A Erdrusch. Der Hafer stand gut, hat jedoch ungleihmä g gereift und hat zum Theil grün gemäht werden müßen. Hêu und Klee sind in Folge der ununterbrochenen Regengüsse zum größten Theile unbrauhbar geworden. Der zweite Schnitt hat theil- weise gut eingebraht werden können. Die Kartoffeln haben sh meist sehr \chlecht entwickelt und hat vielfah ein Faulen derselben stattgefunden. Die Ernte der Zuckerrüben ist gering. Die vorstehend dargestellten Uan Verhältnisse treten in den übershwemmten Theilen der Kreise Marienburg und Elbing doppelt hervor, weil eine eigentliche Frühjahrsbestellung, die in vielen Ortschaften der Niederung vorwiegt, in den meisten Ortschaften am retsseitigen Nogalufer hat unter- bleiben müssen, so daß dort die Getreideernte entweder ganz ausgefallen ist, oder nur vershwindend kleine Erträge geliefert hat. Die Herbstbestellung ist in Folge der verspäteten Ernte noch sehr im Rückstande. Provinz Pommern. i i

_ Reg.-Bez. Köslin: Der Roggen hat hinsihtlih des Körnerertrages eine Mittelernte ¿eliéiett, während der Stroh- ertrag fast durchweg hinter einer solhen wesentlich zurück- eblieben ist. Die Weizenernte ist befriedigend ausgefallen. afer und Gerste haben sich gut entwidelt und geben einen reihlihen Ertrag. Erbsen, Wien und Mengkorn sind fast überall niht zur vollen Reife gelangt, geben aber reiches Futter. Der erste Klee- und Heuschnitt hat in Folge der ungünstigen Witterung gelitten, wogegen der Nahschnitt gut eingekommen

ist, und quantitativ und qualitativ einen guten Ertrag geliefert hat. Der Stand der Kartoffeln is, je nah der Beschaffenheit des Bodens, verschieden, läßt indeß im Allgemeinen eine Hoffnung auf eine befriedigende Ernte nicht zu. Futterrüben versprehen nur geringen Ertrag. Obst giebt es nur ftellen- weise und auch da nur in kaum mittlerem Ertrage. Die Winterbestellung hat ih sehr verzögert.

z Provinz SŸlesien.

1) Reg.-Bez. Breslau: Die Quantität des Roggens ist gering und bleibt hinter einer Mittelernte erheblih zurüdck, die Qualität der Körner dagegen ist gut. Der Ausfall der Weizen- ernte ist gut; Gerste und Hafer haben nur mittelmäßige Er- träge geliefert. Raps muß als mißrathen bezeihnet wer- den. Bezüglih der Aussicht der Kartoffelernte läßt sih für jeßt im Allgemeinen ein Urtheil noch nicht abgeben. Zuckerrüben sind fast durhweg reihlih bestanden. Die Heu- und Klee- ernte ist je nah der Lage der Ländereien sehr verschieden aus- gefallen. Der Ertrag der Hülsenfrüchte war ein sehr mäßiger. Vom Obst sind Aepfel und Pflaumen wenig, Birnen reihlich vorhanden.

2) Reg.-Bez. Liegniß: Sämmtlihe Halmfrüchte haben eine geringe Menge von Stroh und einen weit hinter einer Mittelernte zurücgebliebenen, zumeist auch qualitativ geringen Körner-Ertrag geliefer. Am sch{lechtesten fiel überall die Roggenernte aus, Gerste und Hafer brachten an Körnern stellenweise einen mittleren Ertrag, verhältniß- mäßig am Günstigsten sind die Resultate der Weizenernte, \fowohl im Stroh wie im Korn. Die Kartoffeln haben dur die anhaltende nasse Witterung schr gelitten, die Frühkartoffeln wurden vielfah durch Fäulniß vernichtet. Die Zuckerrüben zeigen zwar dur{scnittlich eine sehr reihe Blattentwicelung, doch steht mit derselben die Größe der Wurzel in keinem Verhältniß. Die Verspätung der Ernte und die große Nässe der Felder wirkt auf die Herbstbestelung überall verzögernd und ershwerend ein.

Rheinprovinz.

Reg.-Bez. Trier : Der Ertrag an Stroh, wie an Körnern bei Roggen und Weizen kann nur als mäßig bezeihnet werden, etwa einer halben Mittelernte gleihkommend. Besser war der Stand des Sommergetreides, von welhem Gerste durchgängig gut gerath-n i|, während Hafer, mit dessen Ab- erntung stellenweise ers kürzli} hat begonnen werden können, eine Mittelernte in Aussicht stellt. Das Re- sultat der Kartoffelernte scheint wenig befriedigend zu werden. Flachs und Hanf find gut gerathen, während Taback unter der Ungunst der Witterung gelitten hat. Der Stand aller Gemüsearten ist ein vorzüglicher zu nennen. Der Ertrag der Heuernte ift höchst mäßig ausgefallen, wogegen die Grummeternte sowie der zweite Schnitt bei Klee und Futter- gewäthsen als vorzüglih zu bezeichnen sind. Birnen find allenthalben gut gerathen, Aepfel giebt es nur wenig. Be- züglih des Weines kann auf einen einigermaßen guten Herbst nicht mehr gerechnet werden. Die Arbeiten der Herbstbestellung haben zwar erst später als gewöhnlich begonnen werden können, gehen aber gut von ftatten.

Provinz Hannover.

Neg.-Bez. Stade: Die Ernte ist in diesem Jahre dur anhaltende und unzeitige Niederschläge stark beeinträchtigt worden. Die Roggenernte ist im Stroh wie im Körner- ertrage eine recht geringe, auch kann die Qualität des Roggens nur als schr mangelhaft bezeihnet werden. Der Weizen ist gleichfalls von shlechter Qualität, die Ernte bleibt unter Mittel. Der Hafer, welher im Frühjahr theilweise dur Frost gelitten, hat sh später sehr erholt, und ist im Stroh ret gut geworden, wegegen das Korn die zur Ent- widckelung erforderlihe Wärme nicht erhalten hat und größten- theils nur leiht ist. Erbsen haben eine gute Ernte ergeben, Bohnen dagegen werden nur sehr geringen Köcnerertrag liefern. Buchweizen wird durchschnittlich eine Mittelernte, Raps und Rübsen etwa ?/z einer Mittelernte ergeben. Die Kartoffeln bleiben im Ertrage gegen die leßten Jahre um reihlih die Hälfte zurück. Besonders mangelhaft ist die Heu- ernte ausgefallen. Der erste Schnitt hat durch Regen derart S daß das Heu zum großen Theil zum Füttern un-

rauchbar geworden ist. Der zweite Schnitt hat wegen Ver- spätung der ersten Ernte nur geringen Ertrag ergeben. Der Ertrag der Obsternte ist ein sehr geringer.

Der Minister für Landwirthschaft 2c. bat den Regierungen ein Erxemplor der ron dem Forst-Afsessor Shumacher verfaßten Schrift: „Die Buchennußholz-Verwerthung in Preußen mit besonderer Berücksichtigung des ceigentlichen Bucengebiets im Westen der Monarchie“ mit dem Auftrag übergeben, dasselbe bei den Forstmeistern uad Oberförstern des dortigen Bezirks circuliren zu laffen und demnä&st der Bibliothek einzuver:eiben.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen.

Spanien.

Laut einer von dem Königlich fpanisben General-Dircktor des Gesundheitswesens in der „Gaceta de Madrid“ vom 7. Oktober 1888 veröffentlibten Verfügung sind die Provenienzen von den Philippi- nischen Inseln einer Quarantäne zu unterwerfen.

Gewerbe und Haudel.

Berlin, 14, Oktober. (Wollbericht des „Centralbl. f. d. Text.-Ind.*) Das Geschäft verlief in den leßten aht Tagen ohne Anregung. An Fabrikanten wurden mehrere hundert Centner und für den Kamm mehrere Partien feine preußishe und pommershe Wollen abgesezt. Der günstige Verlauf der Londoner Auktion hat nicht ver- mot, die Preise für deutsche Wollen nach oben zu beeinflufsen; ernst- hafte Käufer können vom hiesigen Play jo billig kaufen, wie vor der Auktion, und finden bei den Eignern großes Entgegenkommen.

De Sn gaeour s für die hier zahlbaren Oester - reihishen Silber-Coupons ift auf 168,25 4 für 109 Fl. Oesterreiisch Silber erhöht worden. :

In der ordentlicen Generalversammlung der Görlitzer Maschinenbau-Anstalt und Eisengießerei zu Görlig wurde die vorgeschlagene Dividende von 8 9/6 genehmigt. Auf das frühere Fabrifgrundftück wurden neuerdings 29 500 Æ abgeschrieben, wodur die Dividende des vergangenen Jahres becinträhtigt worden ist. Ferner wurde beschlossen, das Aktienkapital durch Neuausgabe von 285 000 Æ Aktien zu erhöhen und die hierfür vorliegende Offerte eines Dresdner Bankhauses zur Uebernahme derselben à 120 °%/% ge* nehmigt. Die Aktien werden demnächst den Aktionären zum Course von 125 9% derart zur Verfügung gestellt, daß auf je 3000 4 alte Aktien 1000 4 neue Aktien kommen. :

Köln, 15. Oktober. (W. T. B.) Die „Köln. Ztg." meldet aus dem Geschäftsberiht des Hörder Hüttenvereins, daß 427 000 A Koften für Neubauten dem Betriebe unmittelbar belastet sind, dagegen weitere Bauten noch ganz bedeutende Kapitalaufwen- dungen erfordert haben. Die gegenwärtigen Aufträge betragen 60 000 To. gegenüber 48 000 To. im Vorjahre, der Reingewinn beträgt 700 000 M gegen 475 000 G im Vorjahre.

Die Nr. 42 (1888) des „Gewerbeblatts aus Württem- ber g“, herausgegeben von der Königlichen Centralftelle für Gewerbe und Handel, hat folgenden Inhalt: Deutsch-nationale Kunstgewerbe-Aus- stellung Münchea 1888. Waarenverkehr nach Italien. Das Kunstgewerbe im Orient. Verschiedene Mittheilungen. Ent- \cheidung des Reih8gerichts. Thätigkeit des chemischen Laboratoriu:n8. Frequenz der Sammlungen der K. Centralstelle. Reihs-Patente von Erfindern aus Württemberg. Für Zinngießer.

Wien, 16. Oktober. (W. T. B.) Gestern fand bier, wie die „Presse“ meldet, eine mehrstündicge Sißung der Rothschild- aruppe statt, welher außer dem Präsidenten der Kreditanstalt, Weiß, und den Direktoren derselben, ‘auch der Baron Albert von Rotbschild, Herr von Hansemann und der Direktor Tauszig von der Bodenkreditanstalt, sowie Markgraf Pallavicini von der ungarischen Kreditbank beiwohnten. Die Berathunger, welche dem ungaris- hen Konversionsprojekt und der Regalienanleiße gewidmet waren, dürften heute zum Abs{luß kommen.

London, 15. Oktober. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizen- ladungen angeboten. Das Kupfersyndikat verkauft Chili- kFupfer zu 787 chne Vorbehalt und kauft zu 78.

Glasgow, 15. Oktober. (W.T. B.) Die Ver sViffungen von Robeisen betrugen in der vorigen Woche 8600 gegen 9400 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 15. Oktober. (W. T. B.) Wolle fest, na- eus feine Botanywolle, Garne fest, rubig, Stoffe unver- ändert.

New- York, 5. Oktober. (New - Yorker Hdls. - Ztg.) Das legitime Geschäft hat in dieser Berichtswoche einen durchaus befrie- digenden Verlauf genommen; mit besonderem Vergnügen baben wir eine Zunahme im Erport zu konstatiren Zu befürchten iît nur, daß die Weizenshwänze in Chicago, deren Dimensionen - geradezu ungeheuerliG, und welwe selbstverständlich auch unseren Plaß in Mitleidenshaft gezogen bat, sich leiht von verderblihem Einfluß auf die Weiterentwicklung des bisher durhaus gesunden und normalen Verkehrs erweisen kann. Sind doch die Preise für Weizen, und in Verbindung damit auch die der meisten anderen Cerealien, Seitens einer den Markt dominirenden Spekulations- Cligue derartig in die Höbe gesetzt worden daß Europa, bisher auf unser Land angewiesen, seinea Bedarj an Getreide aus anderen Län- dern, wie beispieléweise Rußland und Indien, wo es billiger an- kommen fann, zu befricdigen suchen wird. Ein Beweis übrigens, wie gesund heutzutage der legitime Handel bier zu Lande liegt, ist darin zu finden, daß, bei dea folofsalen Preis- \{wankungen in Getreide, hauvtsählih des Weizens, die Zahl der bisher vorgekommenen Fallimente sowol am Chicago'er als auh am biesigen Plaß eine ganz unbedeutende ift. Am Waaren- und Produftenmarkt war, ganz abgeseben von den enormen Umsätzen in Weizen, das Volumen des Geschäfts ein ret befriedigendes, und weist wieder eine erbebliße Zunahme des Exrorts auf. Was nun die Transaktionen in Weizen betrifft, fo er- reiten dieselben während der leßten 6 Tage die außerordentliche Höhe ron 106 Millionen Busbels, wovon auf Mittwoch allein 40 Millionen kommen. Alle übrigen Bretstoffe, hauptsächlih natürlih Meizenmehl, wurden in den wilden Strudel hineingezogen. Der Sdcluß war ctwas rubiger; Preise zeigen, obwohl etwas niedriger, ziemlihe Festigkeit. Von den anderen Artikeln erfreute sich Baum- wolle wiederum eines ret guten Bedarfsgeshäfts, Preise gehen in- defsen langsam berunter, da der Rusfall der Ernte den gegen- wärtigen boben Stand nit zu rechifertigen {eint. Von Kaffee hatten Brasilsorten bei lebhaftem Geschäft den vorwöbentlihen Rüd- gang cingebolt, während milde Sorten ziemli begehrt und sebr fest im Preise waren. Am Metallmarkt war Blei zwar höher, aber till, Eisen unverändert und fest, Kupfer weidend, Zinn in loko ziemlih unrerändert, in Termirien dagegen niedriger und Zink, bei mäßigem Geschäft, sehr fest im Preis. Provisionen verfolgten, in Sympathie mit der Bewegung in Weizen, durhweg eine steigende Rictung, nur NRindfleish, obwohl lebhaft gehandelt, zeigt feine wesentlihe Veränderung im Preis. Raffinirtes Petroleum rubig und fest; Pipe line Certificates stetia, jedoch s{chmäwer am Swluß, 932 C. In Wolle fanden recht bübsche Umsäße ftatt; Preise sehr fest und zum Höbergeben geneigt. Am Zuckermarkt war die Stimmung sowohl für Robzucker als auch für raff. Waare eine sehr gedtrüdckte; ersterer konnte si ziemlich balten, leßterer verlor jedech von }—+# C. per Pfund. In einheimiscken und fremden Manufakturwaaren ist es zwar diese Woche still gewesen, doch wird die allgemeine Geschäftslage als eine zufriedenstellende betradtet. Der Import fremder Webstoffe betiug für die am 29. Sep- tember beendete Woche 2792 104 Dell. gegen 2464110 Doll. in der Paralleliroche des Vorjahres.

Submisfionen im Auslande.

Rumänien.

31, Oktober : Permanentes Comité des Distriktes Putna. Bau von Kasernen mit Zubehör. Voranschlag: 6009000 Fr. Kaution vorl. 5, endg. 10 9/.

Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs - Anstalten.

London, 15. Oktober. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer „Drummond Caftle* hat heute auf der Ausreise Lissabon pasfirt.

Theater und Musik.

Vietoria-Theater. „Münwhausen“, die s{chon seit einem Jahre in Dekorationen, _ Kostümen und Requisiten vorbereitete große burleske Ausstattungspofse mit Gesang und Ballet geht nun am Sonntag, den 20. Oktober, in Scene. Die Operette „Die Dragoner der al mit Fr. Ziemaier wird daher nur noch an 4 Abenden gegeben.

Friedrich - Wilbelmstädtishes Theater. Die neue Aufführung ron Offenbah's „Prinzessin von Trapezunt“ ift auf nächsten Freitag angeseßt. Da dieses übermüthig lustige und musikalisch reizende erk vor nahezu zwei Dezennien hier zuerst in Scene ging, so darf es heute fast die Bedeutung einer Novität be- anspruhen. :

Adolph-Ernft-Theater Hr. Direkticr Adolph Ernft bat den wohlbekannten Komiker Hrn. Carl Weiß, der ibm schon in früheren Jahren eine Stüye des Repertoires gewesen, neuerdings für sein Theafer auf die Dauer von sechs Jahren verpflibtet. Die flott eingespielte Posse „Die drei Grazicn® erzielt inzwischen fortgesetzt volle Häuser.

Das erfte dietjährige philharmonische Concert unter Dr. Hans von Bülow's Leitung hatte gestern den neu und prächtig auêgestatteten Saal der Philharmonie bis auf den l.ßten Play gefüllt, und wie s{chcn am Sonntag in der Gencralprobe, fo wurde auch gestern der verehrte Dirigent bei seincm Erscheinen aufs Wärmste vom Publikum begrüßt. Wagner's „Kaisermarsh* eröffnete den Abend; hieran reihte sich Mojzart's Ouvertüre zur „Zauberflöte“. Im darauf folgenden G-dur-Concert von Beethoven hatte Hr. Eugen d'’Albert das Klaviersolo übernommen. Gleicher Meister in der Technik wie in der Vortragsweise, bot der Künstler dur die Wiedergabe diefes geistvollen Tonstückes viel Fesselndes, Die brillanten Pafsagen und Cadenzen des AlUegro moderato und des Rondo gelangen auftdruckévoll und flar. Das Forte bielt die Grenzen des Schönen inne, und beim Melodiespiel brachte der Künstler mit festem Druck auf die Tasten auf dem Beh- stein’shen Flügel herrlihe, sanfte, gesangreihe Tône hervor. Thalberg verlangt in seinem „L'Art du Chant“ für Cantabile- stellen eine „main désossée“; diese bringt Hr. d’Albert zur Anwen- dung, und rauschender Beifall lohnte seinem Spiel. Es folgtea noch zwei orchestrale Vorträge :4 Variationen von Brahms über eine Hymne an den heiligen Antonius von Haydn und Schubert's große C-dur- Sinfonie, zwei interessante Werke voller Leben. Das Thema der Variatio-