1888 / 286 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Nov 1888 18:00:01 GMT) scan diff

Hessen. Darmstadt, 9. November. (W. T. B.) Der Exin und die Prinzessin Heinrih von Preußen nd heute Abend, von dem Großherzog sowie den Groß- herzoglichen Prinzen und Prinzessinnen nah dem Bahnhof geleitet, mittelst Sonderzuges nah Kiel abgereist.

Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 9. November. e C.) Die Großherzogin is gestern Abend, von p ces einrihau in Sélesien kommend, hier wieder ein- getroffen.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 8. November. Die „Landes - Feung für Elsaß - Lothringen“ sagt: „Das Ergebniß der vorgestern stattgehabten Wahlen zum Landesaus\chuß ift nach mehreren Richtungen hin als ein erfreuliches zu bezeihnen. Was zunächst die Stadt Metz anlangt, jo war die Wahl eines Alt- deutschen bei der Zusammenseßung des zur hl berufenen Gemeinderaths von vornherein zwar als gesichert anzusehen. Der Umstand jedoch, daß dem Gewählten auhmehrere einheimische Stimmen -zugefallen sind, muß als Anzeichen dafür, daß der Ge- meinderath seine Aufgabe mit rihtigem Verständniß und in ver- söhnlihem Sinne erfaßt hat, mit besonderer Genugthuung begrüßt werden. Jm Landkreise Met is dagegen in Hrn. Pierson eine Persönlichkeit gewählt worden, welche zur Kategorie Dexrjenigen gehört, auf die unsere neulihe Be- merkung zutrifft, daß sie an den Geschäften des Landes- ausschusses einen ersprießlihen Antheil entweder nicht nehmen wollen oder niht nehmen können. Zwar hat Hr. Pierson sich im leßten Augenblick zu einem Wahlaufruf bequemt, welcher die erstere Alternative ausschließt. Jmmerhin aber bleibt es be- dauerlich, daß zu den 66 Stimmen, welche si auf den Meliora- tions-:Bauinspektor Freiherrn von Richthofen vereinigten, nit noch einige wenige Stimmen hinzugekommen sind, um Letterem zum Siege zu verhelfen. Die große Zahl der für den eben Genannten abgegebenen Stimmen ist im Uebrigen als ein gleichfalls erfreulihes Anzeichen des sich Bahn brechenden rihtigen Verständnisses für die den Wählern zufallende Auf- abe zu begrüßen. Ein Hauptgewinn für die gute Sache bleibt die Wahl im Kreise Saarburg; denn dort ist dem Hrn. Germain, der fich im unbe-

bisherigen Vertreter, wähnte und denselben

ftrittenen Besiß des Mandats Kreis auch im Reichstage vertritt, eine eklatante Nieder- lage bereitet worden. Der Kreis Saarburg gehört zum weit überwiegenden Theile dem deutschen Spra gebiete an, und da Hr. Germain der deutshen Sprahe niht mähtig ist, so war er von den französischen Zeitungen stets mit besonderer Vorliebe als die „Personifikation des Protestes“ bezeichnet worden. Die in mehreren Kreisen mit Einstimmigkeit oder gegen eine vershwindende Minderheit erfolgte Wiederwahl von Vertretern, welche ih rüdckhaltslos auf den Boden der voll- endeten Thatsahen gestellt haben, ist um so er- freulicher, als nah den uns zugegangenen Nathrichten die beimlihen Versuche einiger Protestler, für \ich Stimmung zu maden, durh eine gründlihe Abfertigung Seitens der Wähler schon in ihren ersten Anfängen vereitelt worden sind. Jn Mülhausen-Land haben dem von Hrn. Pfarrer Winterer veröffentlihten „Appell an das Gewissen“ 70 Wähler von 85 (sechs weniger als im Jahre 1885) folgen zu müssen geglaubt. Soll diese Wahl die Bedeutung haben, daß die Wähler mit der aus dem Rechenschastsberihte des Hrn. Winterer hervorgehenden, ihren Schwerpunkt in der Negation suhenden Thätigkeit desselben einverstanden find, so würden wir dies im Jnteresse des Landes bedauern. Mehrere An- E berehtigen uns aber, diese Voraussezung in Zweifel zu ziehen.“

Oesterreih-Ungarn. Wien, 8. November. (Wien. Ztg.) Der. Ausschuß des Abgeordnetenhauses, betreffend die Regelung der Rechtsverhältnisse der Jsraeliten, nahm den §. 17 mit einer Abänderung des Herrenhaus- beshlu}sses an, nachdem der Regierungs-Vertreter im Jnteresse des Zustandekommens des Gesetzes diese Abänderung beantragt hatte, welhe nothwendig sei, um Streitigkeiten über die Gültigkeit einer vom Stellvertreter des Rabbiners vorgenom- menen Trauung vorzubeugen. Jm volkswirthschastlichen Ausschuß wurde der Abg. Bilinski zum Berichterstatter über die Vorlage, betreffend die Lagerhäu)er, gewählt. Der Verzehrungssteueraus\{chuß wählte den Abg. Dr. Menger zum Obmann anstatt des verstorbenen Abg. Smarzewsfki. Hierauf berichtete Abg. Menger Namens des Subcomités über die Statistik der Verzehrungssteuer und legte einen von dem Subcomité ausgearbeiteten Gesezgentwurf über die Reform der Verzehrungssteuer auf dem flahen Lande vor. Der- selbe beruht auf dem System der Repartition. Sektions- Chef Ritter von Baumgartner erklärt, die Regierung föônne diesem Geseßentwurf niht zustimmen, weil das Repartitionssystem auf diese Steuergattung nicht anzuwenden sei, und der Aufshwung der Steuer durh dasselbe behindert würde. Dagegen sei die Regierung zu einer Reform des Tarifs und zur Entscheidung der Diffe- renzen rüdcksihtlih der Abfindung durch Schiedsgerichte bereit. Nach einer längeren Debatte beschließt der Ausshuß, in einer späteren Sizung in die Debatte über den Gesegentwurf des Subcomités einzugehen.

Agram, 8. November. (Prag. Ztg.) Bei der heutigen Landtagswahl wurden die Kandidaten der Nationalpartei Hondl und Bothe gewählt.

Großbritannien und Jrland. London, 9. November. (W. T. B.) Bei dem heutigen Banket des Lord- Mayors in der Guild-Hall beantwortete der Mar- quis von Salisbury den Toast auf das Ministerium mit einer Rede, in welcher er erklärte: Die Regierung sei fortan entschlossen, ihre eigene Politik fortzusezen. Der Sadckville-Zwischenfall sei mehr Wahlmanöver als diplomatische Angelegenheit. Englands Beschwerden über das Vorgehen der Staatsmänner in Washington berührten keines- wegs die Beziehungen der beiden Nationen. Das Resultat der eben stattgehabten Wahlen zeige, daß das ameri- kanische Volk keineswegs das Verhalten der amerikanischen Regierung billige. Der Aufstand in Afghanistan sei unterdrüdt; es liege keine Veranlassung vor, Mangel an Loyalität Seitens der Nachbarn zu daran: Das Reskript des Schahs von Persien betreffs des Handels auf dem einen en Strom des Landes sei ein sehr weises, weil es nicht allein eine Vergünstigung für England und für die ganze Welt, sondern auc der Beginn eines neuen vitalen nteresses für Persien sei. Die Vorgänge an-.-der ostafrik ani-

schen Küste seien weniger beahtenswerth als die in Suak im,

obwohl aut diese niht zu Befürchtungen Anlaß gäben. Eng aud Tite seine Verpflihtungen gegen une Egypten noch nit egaue, allein Zeit werde kommen, wo si Egypten auf seine eigenen Kräfte verlassen und England niht mehr gezwungen sein dasselbe zu unterstüßen. Da aber- fortgeseßt von natismus erfüllte und beim Sflavenhandel inter- essirte Elemente die Grenze bedrohen, und die Wachsamkeit der Befehlshaber erfordern, so sei es klar, daß England die Pflicht zu exfüllen habe, pas die Aufrechterhal- tung der Ordnung einzustehen und für die Sicherung der Grenze Sorge zu tragen. England selbst wünsche den Tag herbei, wo seine Verantwortlihkeit für Egypten aufhöre. Am Schluß seiner Rede hob Lord Salisbury hervor: er sei überzeugt, daß“ Alle, welche in Europa mit der Regierung betraut seien, die Erhaltung des Friedens wünschten; er hoffe, daß dieselben dabei auh beharren würden. Ein europäischer Krieg müsse zur völligen Vernichtung derjenigen führen, welche actGladen würden. Die einzige zu befürhtende Eventualität sei, daß Gefühleausbrüche des s{lecht unterrihteten Volks zur Nicht- beahtung der weisen Rathschläge der Regierenden hin- reißen könnten. Eine weitere Quelle der Sorge sei die Noth- wendigkeit, die man jährlich aufs Neue anerkannt sehe, die Rüstungen zu vermehren. Da die Rüstungen alljährlih sih steigerten und ganz ungeheure Summen für Ver- theidigungszwede auêgegeben würden, müsse man fragen, wie das enden solle. Es feien nit weniger als etwa 12 Millionen Bewaffnete, die von 5 europäishen Großmäten unterhalten würden. Diese Thatsache dürfe zwar die Friedenszuversicht nicht vermindern, es herrsche aber das Gefühl im Volk, daß inmitten solcher Vorbereitungen England nicht unvorbereitet bleiben dürfe. Es gelte, niht nur die Sicherheit der Bürger zu wahren, son- dern auch das Gefühl zu kräftigen, daß diese Sicherheit vorhanden sei. Die anderen Nationen würden die Rüstungen gleichfalls mit Besorgniß ansehen, denn obshon die Regierungen der- selben stets den Frieden begünsligten, gebe es doch einen Theil der Bevölke1ung, der den Krieg eifrig wünshe. England be- finde sich niht in einer solhen nachtheiligen Lage, denn während seine Regierung unausgeseßt vor Allem den Frieden wünsche, vertrete dieselbe in der That nur die Wünsche des Volks, dessen Anficht in dieser Beziehung eine volliändig einige und übereinstimmende sei.

_— 9. November, Abends. (W. T. B.) Jn der heuligen Sizungdes Unterhauses erklärte der erste Lord der Admiralität, Lord Hamilton: die Zahl der britischen Kriegsschiffe an der ostafrikanishen Küste werde durch das soeben dahin beorderte Panzer\chiff „Agamemnon“ auf sieben erhöht. er Unter - Staatssekretär des Auswärtigen, Fergusson, erklärte ferner: er glaube, es sei gegenwärtig beabsihtigt, daß das britishe und das deutshe Geshwader zur Unterdrückung des Sklavenhandels an der ostafrikanischen Küste getrennt vorgehen solen. Die deutshen Schiffe würden wahrscheinlich 1hre Aufmerksamkeit dem unter deutschem Einfluß stehenden Küstengebiet henken. Bei der Be- rathung des Etats für das Unterrichtswesen erklärte Hart Dyke: die Regierung werde den Bericht der Untersuchungskommission auf das Sorgfältigste prüfen und in der nage on ihre Absichten p der Empfehkungen des Borihts kundgeben. Jm Lande herrsche die starke Vermuthung, daß die Regierung beabsichtige, einen Angriff auf das gegenwärtige System des Elementar - Unterrichts auszuführen. Jhm, dem Redner, sei von einer derartigen Absicht durhaus nichts bekannt, und er würde jeglicen Versuch, den durch das Geseg von 1870 geschaffenen Zustand umzustoßen, mit der größten Besorgniß ansehen. Ein solher Versuch würde sofort die Unterrichts- frage in eine shwierige Kontroverse stürzen und die Ent- widelung des Erziehungswesens nur verzögern.

Frankreih. Paris, 9. November. (W. T. B.) Die Revisionskommission hat den Antrag Labordère's, die von der konstituirenden Versammlung auszuarbeitende Verfassung einem Volksreferendum zu unterwerfen, an- genommen.

Jtalien. Nom, 9. November. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentliht die Dekrete, durch welche die Vize-:-Admirale G. Acton, Martini und Orengo auf ihr eigenes Ansuchen zur Disposition gestellt und die Contre-Admirale Lovera und Noce zu Vize- Admiralen ernannt werden. Der Präsident des Admiralitätsraths, Vize-Admiral San Bon ist seiner Stellung enthoben und zum Chef-Kommandanten des zweiten Marine-Departements (Neapel) an Stelle des Vize- Admirals F. Acton ernannt. Legzterer ist zum Präsidenten des Admiralitätsraths berufen worden. Der Vize- Admiral Racchia istt zum Ober-Kommandanten der Escadre ernannt und der Contre-Admiral Morin mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Unter-Staatssekretärs im Marine-Ministerium beaustragt wo1den.

Der diesseitige Botschafter in Wien, Graf Nigra ist heute hier angekommen.

Niederlande. Haag, 9. November. (W. T. B.) Nach amtliher Meldung erklärten die Aerzte den König von seinem Erkrankungeanfall beinahe wieder heractelit Der König hat in den leßten Tagen mehr Nahrung zu \ih genommen, wodur der Kräftezustand gehoben wurde. Wenn au das Allgemeinbefinden ziemli befriedigend ist, so bleibt die Sorge, daß sih ein chronisches Leiden beranbilden könnte, immer nochch vorhanden.

Griechenland. Athen, 9. November. (W. T. B.) Jn der türkischen Gesandtschaft fand gestern ein Ballfest statt, welhem der König, die Königin, der Kronprinz, die Prinzessin Alexandra, sowie die hier anwesenden russischen und anderen Fürstlichkeiten beiwohnten.

Amerika. New-York, 9. November. (W. T. B.) Die republikanishe Majorität im Repräsentanten- hause wird, nah den nunmehr verliegenden Wa lberichten, auf eiwa 15 Stimmen geshäßt. Ueber die kün tige Zu- sammensezung.der Legislatur von Virginia herrscht noch immer Ungewißheit ; der dortige demokratische Gou- R eur wurde mit einer Mehrheit von 900 Stimmen ge- wählt.

(A. C.) Nach den jeßt vorliegenden Berichten über das Resultat der Wahlen unterliegt es keinem Zweifel mehr, daß der Kandidat der Republikaner, General Härrison von Jndiana, räsidenten der Vereinigten Staaten für

könne werde,

zum die Jahre 188905 erwählt worden ist. Benjamin Harrifon ist der Enkel des früheren Präsidenten Harrison, in dessen

Use er im Jahre 1833 geboren wurde. Sein Urgroßvater unter- L nete die Ünabhängigkeitserklärung. General ison besuchte

Schule in Cincinnati und später die Uni von Miami im Staate Ohio. Jm Jahre 1854 zog er nah Jndiana- polis, wo er als Anwalt eine grcße Praxis erlangte. Als die Bundestruppen im Jahre 1862 eine Niederlage nah der anderen erlitten, trat er in das Heer des dens ein und brahte es in kurzer Zeit durch seine ver: wegene Tapferkeit vom Lieutenant bis zum Brigade-General. Nach Beendigung des Krieges nahm er seine Thätigkeit bei dem obersten Gerichtshof von Jndiana wieder auf und wurde im Jahre 1880 zum Gouverneur des Staats und 1881 zum Bundes-Senator erwählt. Harrison wird der 23. Präsident der Vereinigten Staaten sein.

Afrika. Egypten. (A. C.) Aus Suakim wird unter dem 8. November telegraphirt :

Heute Morgen rüdckte eine Abtheilung berittener Jnfanterie und eine Batterie reitender Artillerie aus, um eine Rekognoscirung des feindlichen rechten Flügels vorzunehmen. Der Feind zeigte sich in ziemliher Stärke und wurde von den Forts und Schiffen beftig beschossen. Die Batterie war infolge des dihten Gebüsches außer Stonde, viel zu feuern. Auf egyptisher Seite wurden 4 Viann getödtet. Der Verlust des Feindes ist unbekannt. General Grenfell i1ritt morgen an Bord des „Shebeen“ die Rüdckreise nach Alerandrien an.

Ein Telegramm des „Reuter'’shen Bureaus“ aus Tripolis, vom 9. November, meldet:

__ Nah über Benghazi eingegangenen Nachrichten fand \n dem Ge- biet des Sultans von Wadai, östlich von Darfur, ein Zusammenstoß zwischen Mahdisten und der Bevölke- rung von Wadai ftatt. Die Mabdisten sollen in einer Stärke von 70 000 Mann unter Giarub die Stadt Watai angegriffen baben und mit einem Verlust von 3000 Todten zurücgesblagen worden sein. Bei einem erneuten Angriff hätten sie jedoch Wadai siegreich eingenommen. Der Sultan babe in das Ghiri-Gebirge flücten müßen.

Zeitungsftimmen.

Ueber das Ergebniß der preußischen Abgeordnetenwahlen bemerkt die „Weimarische Zeitung“:

Das rolitis&e Momert licgt in der Vermehrung ter Sigte der Freifonservativen und der Nationalliberalen ; es zeigt, daß der Karteli- gedanke in ter Wähierschaft die treibende Kraft bildet, der Kartell- gedanke insofern, als in ihm die Abwendung der extremen Parteien zur Gelturg femmt. Man wird davon, daß die gemäßigten Parteien, wean auch in beschränktem Maße, die Sieger gewesen sind, fehr befriedigt sein können, denn im andern Falle würden sebr ernste Verbältnisse aller Wabrscheirlichkcit nach nickt zu vecr- meiden gewesen scin. Eine aus Centrum und Howkonserpativen g iibele Mekrbeit würde ebersowenig dem Charakter und den

ufgaken der Politik, die Preußen verfolgen muß, gedient baben, wie eine Mebrbeit aus Centrum und Freisinn getildet. Nun besteht allerdings nech den jeßigen Parteiverbältnissen die Möglichkeit einer doppelten Mebrbeiteb:ldung so gut wie früher, da rum und Deuts{-Konservative zusammen 230, Konservative und Mittelparteien zusammen 282 Abgeordrete zählen. Allein nah den Erfahrunger, die in neuester Zeit in Bezug auf die Pläne des Centrums gemacht worden sind, ist cs höchst unwahrsceinlich, daß die erstere Mehr- heitsbildung in wirfliGH wichtigen Fällen eine 1hatsäbliche Bedentung gewinnen könnte. Ueberdies aber verschliefien sid vorauss:htlich tie __ Deutsch - Konservativen nicht den Erfahrungen, die sie in diesen , Wablen gemacht haben, und laffen den Gedanken. fih über die Mittelparteien hinweg mit dem Centrum zu verständigen, fahren, wenn sie ihn ernstlih je ge- habt kaben außerkalb eincr kleinen Gruppe unversöhnliber Dekla- ranten. E8 s{@cint, nad den Frafkticnsorganen zu urtheilen, die Notbwendigkeit des Zu!'ammengebens mit den Mittelpartcien sehe wobl erfannt zu werden. Da auf der andern Seite der Zuwas ter Nationalliberaîcn nit so beträhtlih ist, daß sie eiren mafgebenten Einfluß beansprv@en können, so ersheint die Hoffnung wohl bc- gründet, daß die Verkältrnifse im Aboeordnetenhause ein harmonisches Und gleihmäßiges Funftioniren der Staatsmaschine verbürgen. Ta nah tem neuen ESeseß die Legislaturperiode sich auf fünf Jahre erstredt, so i alle Aussicht auf eine gedeiblice Entwickelung der irneren Verbältnisse in Preufen gegeben.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ sagt: Die im „Staats-Anzeiger“ mitgetbeilten dicsjahrigen Einnahmen

der preußishen Staatsbabnen zeugen von einer Verkehrsentwickelune, wie sie in sol@en Proportionen bis dabin ohne Vorgang. Während sckon der September 1887 eine Mebr-Einnahme von rund 4991 000 4 gegen den gleicen Monat des Vorjahres ergab, weist der September des laufenden Jahres wiederum cine VMehr- Einnabme von 4753000 4 gegen September 1887 na, so daß sät 1. April d. J. dem gleihen Zeitraum des Vorjabrs gegenüber eine Mehr - Einnabme von 28 544 000 zu verzeichnen ist, und dies, obwrobl das Jahr 1887 gegen die gleiwe Periode in 1886 bereits eine Mehr-Einnahme von 21580 C00 Æ aufwies. Die Gesammteinnahme der Staatsbahnen für das erste Semester des laufenden Recuungtjahres (vom 1. Aptil ab) beläuft sich dcmgemäß auf rund 394 974 C60. Von dieser Einnahme entfallen 2€5 (91 000 #4, und von jener Mebr Einnakme pro September bon 28 544 000 A nit weniger als 22 854 000 Æ auf den Gütecverfehr, bei vielfach ermäßigten Tarifen ! Zu dem außerordentliben Ver- kebrscufsckwung gesellen sich in diesem Jahre noch die besonders starken Bedürfnisse für große Bauten im Intercsse dcr Landesverthei- digung, wie zur Reparatur der durch die elecmentaren Ereignisse des leßten Winters verursahten S&äden in weiten Landestheilen. Die Verkehrézunabme übertrifft alierdings alle Erwartungen, sie beträgt nah unseren Inforwationen etwa das Vierfache der bei Beginn dieses Jahres in forgfältiger Shätung argerommenen Steigerung; und übersteigt ebenso dic unter Zuziebung von Delegirten ter Montar- industrie angesielite Schäxung der vorautsihtli@en Bedürfnisse dieser Induftrie. Die Staatébahnverwaltung bat übrigens dim rapide wachsenden Verkehr gegenüber die Hände nit in den Schooß gelegt. Sie hat, wie wir erfabren dahin zu wirkcn ge- uht, tas die an den Tranépoiten betbeiligten fremden abnen sid zu entsprebender Wagenbeistelung heebeilassen möcten, wobei wir bcmerken wollen. daß die Leistungen der preußischen Wagen auf fremden Bahnen die der fremden Wagen auf preußishen Babnen erheblich überwiegen; sie hat ferner neben der vorgesehenen Erneuerung rechtzeitig faft 7600 neue Güterwogen zur Vermehrung des Fuhrparks in Bestellurg ge“ geben, welhe nach und nah zur Ablieferung gélangen ; sie bat ferner aus dem Auslande gegen 1500 Wagen von Leibanstalten ge miethet; sie 1äßt zur Beschlcunigung des Wagenumschlages in zablreiten Sonderzügen beladene und leere Wagen befördern; je hat auf weite Strecken, lediglich zur rasheren Beförderung, kostipieligen Nadttdienst eingeritet ; sie 1äßt in den Werkstätten die Reparaturen auf das Aeußerste beschleunigen; sie übt sckarfe Kontrole über ten unaubgefeßten Lauf der Wagcn, welcher übrigens seit Jahren nicht mehr an Direktionsbezirke gebunden, sondern, da der Führpark der Staatébahnerein einheitlicher, auch einbeitli organisirt ift, sie bat tie Rangir- und Aufstellungsgeleise vermehren lasten u. \: w. dur weiteren Verstärkung des Fuhrparks der Staatsbahnen ift die erwendung einer Summe von nit weniger als 45 000 000 4 in Auesiht, für welhe besondere Kredit-Gesezvorlage in Aussicht ge- nommen ist. Wir glauben hierna, daß die Staatsbahnverwaltung den Vorwurf eines Mangels an Vorauésiht und Regsamkeit mit Fug zurückweisen kann, wenn sie auÿ und sie gewiß nicht am

wenigfien bedauert, daß sie nicht allen Anforderungen tes Ver- kehrs, so wie sie felbst es wünscht genügen kann.

Vebrigèns ift Klage über genmangel auf den Eisenbahnen nicht etwa eine Besonderbeit für Eren: wir hören sie vielmehr auch in unferen Nahhbarländern, fo nawentlih neuerdings noh be- sonders lebhaft in Belgien. Daß die Traneéportleiftungen der preußischen Bahnen in der That ganz erstaunlie find, beweisen doh auch, wie wir meinen sollten, die enormen Einnabmen. Für alle Anforderungen und zu allen Zeiten können die Einribtungen unmög- Ilich ausreihen, will man nit die Grerzen der unerläßlihen Wirth- \caftlihkeit zum Schaden des Lankes überschreiten.

r Die „Berliner Politishen Nachrihten“ Endlich baben si die städtisGen Bebörden Berlins entshlofsen, die Befreiung der ganz kleinen Wohnungen, bis 300 4 FJahretmiethe, von der Mietbsfteuer und der untersten Stufe der Klassensteuer von Kommunalzushlägen zunächft für das Etatsjahr 1889/90 in Aussicht zu nehmen. Allerdings handelt es sich wiederum nur um eine halbe Maßregel, und zwar sowobl darin, taß die Steuerbefreiung lediglich auf Zeit in Ausficht genommen ift, als in der Beziebung, daß sie hinter dem erforderliden Maß weit zurückbleibt und insbesondere noh immer von den Einkommen von 660—900,4, welche bei den hauptftädtishen Ver- hältnissen und Preisen doch nohh als recht Zte zu bezeihnen sind, Kommunalsteuern erhoben werden. Immerhin ift es ein Anfang der Erkenntniß, der erfte Schritt auf der rihtigen Bahn, welchem weitere Sctitte folgen werden. Zugleich liegt in dem Vorgehen der städtischen BehördenBerlins ein wenn au verspätetes, so do gerade angesichts des heftigen Widerstandes der freisinnigen Partei gegen die von dem N Biêmarck vertretene Steuerpolitik besonders bemerkenswerthes nerkenntnis der Richtigkeit und Notbwendigkeit der von demselben erhobenen Forderung der Befreiung der breiten Scidtena der Bevölkerung ron direkten Abgaben im Allgemeinen, wie insbesondere der weiteren daran geknüpften Forderung, daß die _ Befreiung von direkten Abgaben \ich nicht auf dea Staat zu beschränken babe, fordern, daß die Befreiung von Koemmrnalabgaben ergänzend hinzu- treten müsse, um das Uebel des Erekutors für diese breiten Sichten der Bevölkervng zu befeitigen. Endlich erhellt daraus auch auf das Unzweideutigste, daß gerade auf dem Wege der Entlastung der Ge- meinden durch Ueberweisung der Reichssteuern und Uebernahme von Gemeindelasten auf den Staat, wie sie in Preußen segen die Stimmen der freifinnigen Partei in den Jahren 1885 und 1888 durch die lex Vuene und das Volkéfullastengeseß erfolat iît, bei rihtiger Behand- lung die wirksamste Erleichterung der ärmeren Schichten der Bevöl- kerung sich berbcifüßren läßt.

Jn einem der „Kölnischen Zeit ung“ aus Mel- bourne zugegangenen Schreiben heißt es:

Deutscze Waaren kommen in niht unbedeutender Menge nah Australien, aber größtentheils über England. Auch nur annähernd den Gesammtmwerth des deutsch-australischen Handels zu bestimmen, ist ganz unmöalich.. Nur fo viel kann man behaupten, daß ih seit den Ausstellungen von 1879 und 1880 der deuts{-australische Handel vervielfaht bat. Auch spriht die allergrößte Wahr- scheinlihkeit dafür, daß die weiteren Fortschritte des deutschen Handels eher ein besleunigtes Tempo denn ein langsameres als das bisLecige einshlagen werden. Die meisten deutschen Waaren finden in der Weise ihren Weg rah Auftralien, daß sie in London durch englis@e Ausfubrbäuser oder die Vertreter biesiger Einfubrbäuser çgekaust und entweder über England oder direkt von Deuts{land aus hierher verschifft werden. Abgesehen von den Reichépostdampfern is auch der sonstige direkte Schiffs- verkehr zwischen Deutschland und Australien nit canz unbedeutend. 1887 beispielsweise sind in Port Melbourzxe zehn von Ham- burg kommende Segelschiffe mit einem Sehalt von 10821 Tons (gegenüber den 27 956 Tons der 13 Reich8poftdampfer) und im Hafen von Sydney sieben Hamburger Segler mit -4128 Tons eingelaufen. Auch Süd-Auftralien, Queensland und Neu-Seeland erbielten einen Tbeil ibrer Waaren auf diesem dirckten Wege, sodaß \ich cine E MaA Ee Hrachtdampferlinie ganz gut bezahlt ma@en

unte.

Einerseits die großartige Entwicklung Australiens, seit das 1851 beginnende Goldfieber größere Einwanderershaaren ins Land getraht, anderseits der unleugbare Aufshwung des seit den Aus- stellungen von 1879 und 1880 um tas Vielface gefteigerten deutsh- auftralishen Handels rechtfertigen es, wenn wir bei genügender Vorsicht auch fernerhin diesem entwickelungtfäbigen und vielver- sprechenden Erwerbsfelde unsere volle Aufmerksamkeit zuwenden. Die fchn¿lle Umgestaltung der ausftralishen Verhältnifse hat für den im Glauben an die nicht zu verwiscende Ueberlegenbeit Europas Auf- gewahsenen etwas Erschreckendes. Es ist eine neue Welt für sich, die sich hier mit fast unheimlicher Geschwindigkeit beranbildet, und da es

urs gelungen ift, neben den Gngländern und troß der Engländer einen-

beahten8werthen Bruchtheil des auftralishen Handels an uns zu reißen, da wir in dieser Hinsicht die Franzosen und überbaupt außer den Engländern alle andern Nationen Europas weit überflügelt baben, so wäre cs beinabe leichtfertig, wenn wir ni@t fortführen, unsere Be- ziehungen zu Australien zu kräftigen und zu erweitern.

tef Jn der „Rheinish-Wesifälishen Zeitung“ elen wir:

Gin Kölniscbes Blatt, das sich wiederholt über die Verbältniffe der rbeinish-westfälishen Eisenindustrie als ungenau unterrichtet er- wiesen hat, glaubt neuerdings, daß eine Ueberproduktion in Eisen eintreten fönnte, und bebt dabei hervor , daß auf einem Hochofenwerk ein Ofen ausgeblasen und Arbeiter entlassen worden. Demgegen- über ist festzustellen, daß auf keinem rbeinish-westfälishen Eisen- werke Vorrätbe vorhanden sind, die das gewöhnliche Maß übersteigen. Die Aufgabe der verschiedenen Verbände, der Robeisen- wie der Walzwerksverbände, befteht in erfter Linie darin, die Proèuktion dem Bedarf anzupassen, und die Lösung dieser Aufgabe ift bisher als gelungen zu bezeihnen. Es ist deshalb auch in allen Branden, in deren Verbände bestehen, von einem dringenden Angebot, das sih bei einer Ueberproduktion sofort bemerkbar macht, nihts zu verspüren. Daß von Zeit zu Zeit der eine oder andere Hochofen wegen Reparatur oder Umbau ausgeblasen wird, kommt in allen Distrikten vor und bat nic;ts Avffälliges. So sind z. B. in S{lcsien augerblicklih mebrere Hochöfen in Umbau und Reparatur. Und was die bei solhen Gelegen- beiten vorkommenden Arbeiterentlassungen betrifft, so find dieselben ohne alle Bedeutung, da bei einem Hochofen nur etwa 20 big 30 Arbeiter besbâftigt sind. Ein Ueberfluß von Arbeitern ist aber im rheinish- westfälishen Judustriebezirk nirgends vorhanden, vielmehr mat sich überall ein Mangel an Arbeitern bemerkbar, sodaß solche vielfach aus weiter Ferne einwandern und leiht Arbeit finden. Gisenerze sind gesut und die Preise steigen, ebenso Kohlen und Koks, sodaß man in Roheisen fteigende Tendenz erwartet und infolgedessen mit An- fiellungen zurückbält. Und alle anderen Anzeichen spre{hen dafür, daß die Cisen- und Stablwerke im laufenden Geschäftösjabre noh wesentlih bessere Betriebéresultate erzielen werden als im Vorjahre, besonders aber diejenigen, die selbst Eisenerze, Roheisen, Kohlen und Koks produziren.

Gentralblattfür das Deutsche Rei ch. Nr. 46. Inhalt: Marine und Swiffahrt: Erscheinen eines weiteren Heftes der Ent- sceidungen des Okber-Seeamts und der Seeämter. Konsulatwesen : Ernernung. Maß- und Gewibtswesen : Bestimmungen für die Sruivs und Beglaubigung von Thermcmetern. Polizeiwesen :

uêweijung von Ausländern avs dem Reichégebiet. papa - Ministerial « Blatt. Nr. 42. Inhalt: All- gemeine Verfügung vom 1. Novemker 1888, betreffend die Geschäfts- ergebnifse der Sus izbebörden aus dem Jahre 1887. A lia D att DeT e E Le S E milihes: Personal-Nachrichten. Nicttamtliches: Feier er Trauerstraße „Unter den Linden®“ am 16. März 1888. (Fortseßung.)

ant. Arbeitägerüft beim Bau des

Mogsguito-Leuhtthurmes in ida. Die Meßbildkunst und das

Denkmäler-Arhiv. V tes: Weichen- und Signalftellwerk für

eine Pferdebahn. Tabellen zur Baugesbichte. Aluminium als as fe anderen Metallen. Koblenftoffgehalt des Flußeisens. üchershau.

Naphtha-Gewerbe in R

Statistishe Nachrichten.

¿Die Preise von Weizen und Roggen ftellten sich nah den

monatlihen Veröffentlihungen des Kaiferlihen Statistishen Amts

über die Durchschnittspreise widtiger Waaren im Großhandel für

den Monat September der Jahre 1880—1888 in den Städten

Königsberg, Danzig, Berlin, Köln und Lindau folgendermaßen : Dabei bezieht sih die Notiz auf Waare i

Kilogramm per Hektoliter wiegend eon Nooen

ig . 75 T1,5 Bei. e TE3 65,9 E 00 70

Lindan. . 2 « 78—79 73—74 kg; und zwar in Danzig für Weizen unverzollte Transitwaare. Jn Berlin ift für 1888 das Qualitätsgewiht bei Weizen 71,5,

Roggen 66,8. :

Monat Septbr. Königs- der Jahre berg

1888 180,00 1887 141,00 1886 148,00 1885 152,00 1884 149,00 1883 183,00 1882 175,00 1881 224,00 1880 188,00

1888 141,75 1887 93,25 1886 112,25 1885 125,00 1884 125,25 1883 140,00 1882 125,00 176,00 1881 176,25 176,88 189,00 215,00 :

1880 180,00 186,23 19325 200,50 220,00.

Nas Mittbeilung des Statiftishen Amts der Stadt Berlin sind bei den biesigen Standesämtern in der Woche vom 28. Okto- ber bis infl. 3. November cr. zur Anmeldung gekommen: 414 Ghe- \chließungen, 996 Lebendgeborene, 24 Teodtgeborene, 510 Sterbefälle.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Die erften Hefte der in Kürze ersheinenden „Annalen des Deutschen Rei chs“ pro 1889 werden eine neue Bearbeitung der großen Abkbandlung des Hrn. Dr. Carl von Stengel, Professors der Rechte in Breslau, über „DeutschesKolonialstaatsrecht, mit Berücksißtigung des internationalen Kolconialre{ts und des Ko- lonialfstaatêrechts anderer europâäischer Staaten* bringen. ;

Handbu des Finanzherold 1888—1889. Ein Nah- \Élagewerk über sämmtliche Aktiengesellhaften in Frankfurt a. M., der Provinz Hessen-Nafsau, dem Sroßherzogthum Heffen, Baden, Elsaß-Lothringen und Luxemburg. Soeben erfien unter diesem Titel im Verlage der Expedition des „Finanzberold®“ in Frankfurt a. M. cin von der Redaktion dieses Blattes berausgegebenes Werk, welches einem Bedürfniß entspricht. Jn Anbetracht des Umstandes, daß gerade in der leßten Zeit eine ganz erbeblihe Anzabl Aktienunternehmen ent- fanden sind, und bisher keine Mögli@keit bestand, si über die Ver- bältnifse jeder einzelnen Gesellschaft in dem von den Heraus- gebern behandelten Bezirke genügend zu oriextiren, entspricht das ErscLeinen des Buches einem Beoürfniß. Das Handbuch enthält alle wünschenswertben Mittheilungen über die in Betracht kommenden Banken, Versicherungsgelellsbaften, Transportanftalten, Bau- und JImmokiliengesellschaften, Baumaterialgesellschaften, chemishe Fabriken, Druck- und Verlagsanstalten, Gaswerke, Mascinenfabriken, Papierfabriken, Spinnereien und Webereien, Brauereien, Bäder, Hotels 2. . Der Werth des Bu®es wird dadur erböbt, taß selbst die bis in die erften Tage des November erschienenen Bilanzen vershiedener Gesellschaften no Berücksichtigung fandea, wie überhaupt der Redaktionsshluß fast mit dem Tage des Erscheinens zusammenfällt. Das Buch ist in elegantem Einband zum Preise von 3 #zzu beziehen. :

Die gegenwärtige Kommunalbesteuerung im preußischen Staat. Unter Berüccksictigung des Kommunaliteuer- Nctbgesezes und im Anschluß an ein „Normal-Regulativ für die Gemeinde-Einkommensteuer“ durch Anmerkungen und praktishe Bei- spiele erläutert von George Zimmer. Berlin 1888. R. von Decker's Verlag, G. Schenck in Berlin. (Pr. kart. 50 4.) Die verichiedenartige Handhabung des Gemeindeabgabewesens hat manche nibt unwesentliße Nachtheile für die Gemeinden, wie für die Steuer- pflichtigen. Es ist u A. dur das sog. Nothgeset dahin gewirkt worden, einzelne Punkte n Bret der Erhebung direkter Gemeindeabgaben zu

in Königsberg

Danzig Berlin Ksöln Lindau

a. 1000 kg Weizen: 151,65 183,54 125,08 147,50 136,62 151,75 136,46 152,50 137,35 147,70 179,04 185,70 171,92 172,75 226.40 233,50 187,31 204,25

b. 1000 kg Roggen: 145,68 157,10

97,04 109,55 113,08 128 50 123 85 133,75 124,27 137,25 145,56 149,20 126,27 137,00

210,00 188,50 208,00 193,25 202,50 232 60 228,09 264,00 255,00

171,50 170,00 168,33 178,70 179,33 185,00

183,25 158,00 160,70 166,50 162,50 200,00 195,00 250,00 215,50

144,37 122,25 136,90 145,00 145,12 155,00 153,75

regeln; demselben Zweck foll das „Ncrmal-Reguiativ“ dienen. Auf Grund desfelben hat nun der Verfasser alle dieserhalb ergangenen speziellen Verordnungen an betreffender Stelle oneinandergereiht und so ein Handétü(hlein geschaffen, das Vürgermeistern, Gemeindebeamten, sowie dem fteuerpflihtigen Publikum von Nutzen sein wird.

„Straßburg“. Historis&es Schauspiel in 5 Akten. Von RudolfHermann. Verlag von Friedrih Luckhardt. (Pr. 1,50.46). Das Drama, welches unter Benußung des Romans „Der Raub Straßburg3* von Heribert Rau den Verrath Straßburgs dur die Fame en im Jahre 1681 schildert, ersccint als ein zeit- gemäßer Mahnrvf an die Bewohner ron Elsaß-Lothringen, ihre deutshe Abkunft nicht zu vergessen, und als ein Mahnruf an alle Deutschen, eingedenk zu sein der langen, \chmavollen Erniedrigung Deutsch{lands unter fremdes Joh. Der interessante Stoff, welcher dur den Verfasser der „Braut von Alsen“ eine ebenso patriotische wie poetish s{chöône Gestaltung gefunden kat, wird dem Schauspiel in den gebildeten, gutgesinnten Kreisen des deutshen Volks eine sym- pathische Aufnahme sichern.“

Land- und Forftwirthschaft.

Ein Rundblick auf die diesjährige Welternte in Weizen. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß ni@t nur Guropa in Folge der ganz abnormen Witterung einen bedeutenden Ernteausfall aufzuweisen hat, sondern daß auch der gleihe Fall be- züglih Amerikas, des bisherigen Hauptversorgers Europas, zutrifft. Ebenso schen sih auch alle jene überfeeishen Länder, deren angeblih enorm wachsende Weizenproduktion {on seit Jahren die Furt dec europäisden Landwirthe gewesen ist, außer Stande, nennenêwerthe Quantitäten zur Verschiffung zu bringen. Diesem Mangel gegenüber waren aber cinige Länder Europas in der glücklihen Lage, für das fehlende übersceishe Quantum mit ibren umfangreichen Beständen aus der vorjährigen Ernte voll und ganz einzutreten, und es standen in dieser Beziehung Rußland, Ungarn und die Donaufürstenthümer in erster Reihe. Für diese Restquantitäten entwickelte sich, ebenfo wie für das neue Ernteprodukt, seit Mitte des laufenden Jahres eine leb- hafte Nachfrage für England, Frankrei, Italien, tschland und die verschiedensten anderen Konsumländer Guropas, wel{e mit einem Sélage jene bis dabin zurüdckgedrängten Exportlänter zu Herren der Situation machte.

Bemerkenëêwerth will es erscheinen, daß alle Schäßungen, welche binsihtlih der Campagne 1888/89 von den verschiedensten dazu be- rufenen Inftanzen theils hier, theils in Frankreih, England, Oesfter- rei oder Amerika gemacht wurden, zu dem Resultat gelangen, daß das im Jahre 1888 gewachsene Getreide für den Weltbedarf nicht au8reiht und daß eine DeSung desselben eben nur dur die angesammelten alten Beftände ermögliht werden kann. Während von einigen Statistikern das Defizit des erforderlihen Weizens auf 113 Millionen Hektoliter angegeben wird, haben andere ein sclches von über 26 Millionen, von ca. 23 Millionen und von ca. 233 Millionen Hektoliter herausgere{net. Jn den Ver- einigten Staaten war man von vornberein \sich darüber einig, daß r Winterweizen einen wesentlihen Ausfall gegen andere Jahre ergeben würde, wäbrend man für den Sommerweizen auf einen ver- bältnißmäßig guten Ertrag noch tis Mitte des Jahres zählte. Um so empfindlicer berührte es, als dur den sehr ungünftigen Sommer au bierin ein Feblschlag eintraf, der das gesammte Minus der amerifanishen Weizenernte gegenüber derjenigen des Vorjahres zu einem ungewöhnlih boben geftaltete. Vollständig unabhängig ven den Lndern diesfeits der Felsengebirge sind betreffs des Getreidehandels die amerifani- schen Staaten am Stillen Ozean, welche eine verbältniß- mäßig gute Ecnte gemachbt und sih in den leßten Monaten die Sprödiakeit ihrer amerikanishen Brüder im Weizenverkauf durch sebr ftarke Abladungen nach Europa zu Nute gemacht haben. Hierbei mag erwähnt werden, daß au die Ernten Chilis und der Argen- tinishen Republik im Ganzen etwas geriager als im vorigen Jahre ausgefallen sind.

Was Ausftralien anbelangt, welches in den Befürhtungen der europäisden Interessenten vor einer UÜebershwemmung m aus- wäriiges Getreide gewöhrlich auch eine Rolle spielt, so ift zu bererfen, daß die Ernte allerdings eine verbältnißmäßig gute gewesen, daß sie aber als Nachfolgerin eines schr \{hleckchten Erntejaßhres zunächst zur Füllung der Läger wieder mitzuwirken hatte, sodaß die ursprünglih auf 13 Millionen Busbel Weizen ges{chätte _Erportfäbigkeit um fo weniger erreiht wurde, als in der Hauptver)chifungszeit die europäis{hen Preise wenig veclockend waren, weshalb die Eigner der Waare es vor- zogen, größere Posten ihrer Uebers{üf}e gar nit zu Markt zu bringen. Erft als im August der cnglise Markt ftark à la hausse tendirte, kamen größere Abschlüfse zu Stande, denen aber au bald ein Ziel gefeßt war, als si die Aussichten für die auftralische 1889er Ernte ungünstig gestalteten. i

Auch in Indien zeigte si bei Eintritt der neuen Ernte die Erscheinung einer totalen Ershöpfung der alten Beftände, die zunächst einer Ergänzung bedurften, und eine erbebli geringere Ausfubr ge- statteten, als man ursprünglich angenommen hatte.

Gegenüber den genannten überseeishen Produktionsgebieten bietet Rußland, welckcs dem europäishen Kontinent angchört, ein wesent- li anderes Bild. In geradezu Staunen erregender Weise bat ih die Auéfuhr des russishen Reis entwickelt, indem vom 1. Januar bis 9. Oktokter 1888 an Getreide aller Art 371 176 794 Pud über die Haupt-Zollämter ins Auéland geführt wurden, gegen 240 246 237 Pud in derselben Zeit des Vorjabres und 177 542 448 Pud des be- treffenden Zeitraums im Jahre 1886, Das diesjährige Ernteergebniß Rußlands berechnet ih für Winterweizen auf circa 16 Millionen Tschetwert, für Frübjahrsweizen auf 257 Millionen, im Ganzen also auf 414 Mikionen Tschetwert. Da die ru!sis{e Regierung durch Erleichterung und Verbilligung des inneren Babnverkehrs, dur Gewährung von Vorsbüffer, wie dur freie Einlassung von Getreide- säden für den wafserwärts geshehenden Versandt das Möglichste zur Begünstigung des Exports aus russi\chen Häfen that, so darf es nicht Wunder nebmen, daß derselbe in leßter Zeit einzn so großen Auf- \chwung genommen bat. Allem Ansckein nach wird au im weiteren Verlauf des Jakbres auf ftarke russische Leistungsfäbigkeit zu renen sein, wobei allerdings die bereits eingetretene strenge Witterung sowie der S6{luß der Swiffabrt ins Gewicht fällt.

In Oesterreih-Ungarn war die diesjährige Ernte zwar etwas geringer als die vorjährige, doch zeigte fich au bier dieselbe

Erscheinung wie in Rußland, daß nämlich die vorjährige Ernte noch große Vorräthe zurückgelafsen batte.

Die Donauländer erfreuten sich eines schr guten Ernte- ergebnisses, für welches ibnen naturgemäß in diesem Jahre die Ver- wendung nit {wer fiel. : 5

Im Rundblick auf diejenigen Länder, welhe regelmäßig eines Zuschusses vom Auslande bedürfen, seben wir wie gewöhnlich in erster Reibe Großbritannien und Irland, deren dieëjährige Ernte dur die ungünstigen Witterungs8einflüfse nur ein sehr \{lehtes Resultat ergaben, sodaß abzüglih der Saat für den Kon'um des ver- einigten Königreichs nur etwa 84 Millionen Quarters Weizen eigner Ernte verbleiben, wäbrend ca. 264 Millionen Quarters den jäbr- lien Verzebr des Landes bilden und fonah ein auswärtiger Zuschuß pon 18 Willionen Quarters für England erforderli wird.

Frankrei, welckes si aus einem früheren Exportland all- mäblich in ein immer stärker bedürftiges Gebiet verwandelt bat, dürfte in diesem Jabre ganz ungewöhnliche Ansprüche tellen. Seine Ernte war unzweifelhaft s{chlecht und von einer ursp:ünglichen Stâßzung von etwa 95 Millioren ging die letztere na und nah bis auf 90, in einzelnen Begutahtungen auf 85, ja sogar auf 80 Mil- lionen Hektoliter zurück. Wenn regierungsseitige Erhebungen die Weizenernte Frankreihs zuleßt auf circa 964 Millionen Hektoliter schâßten, fo steht es fest, daß bei dieser Shäßung das geringe Gewicht und die s{hlechte Beschaffenheit des diesjährigen französishen Weizens nit genügend in Betract gezogen wurden.

Belgien und Holland bedürfen wie alljährlih au diesmal eines größeren Imports ; mehr aber noch als diese stellen die Häfen des Mittelmeeres von Jahr zu Jahr wacsende Ansprücbe, sodaß besonders Jtalien und neben Süd- Frankreich auch Spanien einen großen Theil der passirenden füdrussishen und indishen Ver- ladungen in Ansrruh nebmen, fodaß dem englishen Markt ein erbeblihes Quantum derselben verloren geht. E

Deutschland bedarf besonders in seinen südlichen und west- lichen Gegenden für Weizen eines lebhaften Zuschusses, der zumeifït von Ungarn, soweit die Produktion des nördlichen Deutschlands nicht auéreiht, bezogen wird; doh findet auh Weizen andecer Herkunft diesmal in größeren Posten Verwendung. ¿

Bezüglich der Roggenernte sei no% kurz erwähnt, daß das einzige Land, weltes in ftärfercm Maße zu expoetirrn vermag, Rußland ift, zu dessen Abnehmern in erster Reibe Deutschland, dann Skandinavien, Holland, Böhmen und in neuerer Zeit au Frankreich gehören. Rußland hat aus alter wie aus neuer Ernte enorme Mengen ¡zum Export verfügbar, welhe zunächst eine in Deuts{land sebr ungünstig ausgefallene E:nte zu ergänzen baben werden. im Uebrigen aber au nah den anderen genannten Ländera große Quantitäten abstoßen können. : z

Aus dem Vorstehenden geht bervor, daß der für den Bedarf nothwendige Vorrath sowohl an Weizen wie an Roggen, mit Zar- pulseutne alter Bestände unserer Nachbarländer, unzweifelhaft vor-

anden ift.

Theater und Musik.

Seit dem gestrigen Abend bat \ih ein neuer Dialekt auf unserer kflassishen Bübne das Heimathsrecht erworben ;. die mittel- und \üd- deutshen Mundarten hatten sib \{on früber ecingebürgert. Mit kübnem Griff hat Ernft von Wildenbruh bei der gestrigen ersten Aufführung der „Quißows“ im Königlichen Opernhause das echt Berlinische Jdiom in die gleichen Rechte eingeführt. Wilden- bruch nennt sein Werk ein vaterländisGes Drama, und das ist es zuglei im engsten und weitesten Sinne des Worts. Der Stauplaß des Stüdckes liegt in dem alten Berlin und in der Mak Brandenburg, und die Handlung spielt in der rauben und geseglosen Zeit, welcher die starke Hand und der edle milde Sinn des erften Markgrafen aus dem Geshlecht der Hohenzollern ein Ende machte. Die eigenmächtige Willkür, das robe Faustreht erbcbt in Dietrich von Quizow, als dem leyten großen Repräsentanten einer vershwindenden ge]hichtlihen Epohe, mächtig und mit wildem Troye ihr Haupt. Als Vermittler zwischen dieser alten