1909 / 59 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Mar 1909 18:00:01 GMT) scan diff

der Kaiser die Loyalität von Winzors, der sein Ansuchen um Enthebung mit dem Umstand begründet hatte, daß er die Landessprahe nur unvollständig beherrshe, was infolge der Einführung der Verfassung zum Zweck der Fühlungnahme mit der Bevölkerung unerläßlich sei.

Jm ungarischen Abgeordnetenhause zog der Ministerpräsident Dr. Wekerle gestern die Geseßesvorlage über den Handelsvertrag mit Serbien zurück. Der Landwirt- shaftsminister Dr. Daranyi unterbreitete dem Haus eine Geseßes- vorlage über staatlihe Ansiedlungen und Parzellie- rungen. Wie das „W. T. B.“ meldet, wird zu diesem Zwecke ein Kredit von 120 Millionen Kronen in 12 Jahresraten be- ansprucht. Auch soll die Verpachtung großer Besißungen an acoed gte q Ara kleiner Landwirte vergeben werden. Ein Drittel des Grundbesißes der Gemeinden soll jedenfalls kleinen Pächtern überlassen werden. Die Parzellierungsgeschäfte er- folgen gebührenfrei. Die Parzellen sollen ferner achtjährige Steuerfreiheit genießen. i

Großbritannien und JFrland.

Im Unterhause richtete gestern der irische Nationalist Dillon an den Staatssekretär des Auswärtigen Amts Sir Edward Grey die Frage, welhe. Schritte in der Richtung auf das Zustandekommen einer europäischen Konferenz geschehen feien, die sih mit der durch die Annexion Bosniens und der Herzegowina geschaffenen Lage beschäftigen würde, und für welchen Zeitpunkt der Zusammentritt der Konferenz erwartet werden dürfe.

Wie das .W. T. B.* berichtet, erwiderte der Staatssekretär, daß beständig Mitteilungen zwischen den Mächten hin- und hergingen zu dem Zweck, die allgemeine Verständigung zu fördern. Da “Inter- effsen anderer Mächte wesentlih berührt würden, känne er gegenwärtig keine weiteren Aufshlüfse geben. Die Verhandlungen seien niht weit enug fortgeshritten, daß er sagen könnte, wann die Konferenz wahr- scheinlich zusammentreten werde.

Im weiteren Verlauf der Sißung gab der Staatssekretär Grey auf eine Anfcage über die Lage in Persien folgende Erklärung ab:

Er habe die persishe Regierung darauf aufmerksam gemacht, daß Gngland fie für jede Unbill verantwortlißh mahen würde, die dem englishen Konsulat in Täbris durch das Vorgehen der Truppen des Schahs widerfahren würde. Die Interessen der englishen Untertanen seien naturgemäß durch den anarchischen Zustand des Landes ungünstig beeinflußt, und England werde seinen Einfluß au fernerhin zugunsten folher Maßnahmen geltend machen, die zur Besserung der Lage ge- eignet erschienen.

Das Haus nahm dann nah zweitägiger Debatte, in deren Verlauf über verschiedene strategische Seagek verhandelt worden war, den Effektivbestand der Armee gemäß den von der Regierung im Budget vorgesehenen Aufstellungen an. Ein Antrag der Radikalen, die Heeresstärke um zehntausend elEN herabzuseßen, wurde mit 247 gegen 100 Stimmen ab- gelehnt.

Frankreich.

Der gestrige Ministerrat unter dem Vorsiß des Prä- fidenten Fallières besprah, wie das „W. T. B.“ meldet, die auswärtige Lage und nahm dann die Prüfung der Marinevorshläge wieder auf. Der Finanzminister Caillau x und der Marineminister Picard verhandelten, über die Marinekredite für 1909. Caillaux bot 30 Millionen e an; Picard wollte sich mit weniger als 20 Millionen

egnügen, erklärte aber, der Bedarf für 1910 belaufe sich auf 70 Millionen. Caillaux erhob dagegen Einwände. Eine endgültige Einigung wird für Donnerstag erwartet.

Die Deputiertenkammer hat gestern, obiger 'Quelle zufolge, den Geseßentwurf, betreffend die Einkommensteuer, mit 407 gegen 166 Stimmen angenommen.

Der General d’Amade ist am gestrigen Tage in Paris eingetroffen und Nachmittags vom Präsidenten Fallières empfangen worden.

Rußland.

Ueber den Schluß der vorgestrigen geheimen Sißung der Reichsduma, in der über die Forderung von 40 Millionen Rubel für Vervollständigung von Kriegsvorräten und Munition beraten wurde, liegt nachstehender Bericht des „W. T. B.“ vor:

(Kadett) das Wort und befürwortete die Verringerung des Heeres und eine gründliche Reorganisation der gesamten Armee. Ferner verlangte er Befreiung der Truppen von Dienstleistungen im Interesse der inneren Politik. Der Abg. Krupenski (gemäßigte Rechte) billigte die Ansicht Gutshkows und verlangte eine verantwortliche Persönlichkeit an der Spiße des Neichskriegsrats. Oer Kriegsminister Roediger erwähnte die eingetretenen umfassenden Personalveränderungen in den leitenden Stellen des Heeres und hob die Reformen des ÎIntendanturwesens hervor. Ferner ftellte er an- gesihts des waffenstarrenden Europas für die nächste Zeit weitere Heeresreformen in Aussicht, Der Abg. Woiloshnikow (Sozialist) verweigerte im Namen des russishen Proletariats dem gegenwärtigen Regime jeden Kopeken. Der Abg. Markow 11. (Extreme Rechte) betonte, daß die Besetzung der Führerstelen im Heere Sache des Monarchen sei und dessen Handlungen nicht kritifiert werden dürften. Er protestierte dann dagegen, daß der Kriegsminister gewisse Mißstände in der Armee kritisiert habe, wozu er nicht berechtigt jei. Der Kriegsminister Noediger verwahrte sih dagegen, Persönlichkeiten an leitender Stelle im Heere kritifiert zu haben; er habe nur gesagt, ideale Zustände seien erst all- mählih erreihbar.

Hierauf wurde die Forderung wie bereits gemeldet, genehmigt.

Die JInterpellationskommission der Reichs- duma hat beschlossen, eine Jnterpellation über die lang- jährigen sanitären Mißstände in St. Petersburg ein- zubringen. Der Bericht der Kommission wirft der Stadt- verwaltung, obiger Quelle zufolge, eine vollständige Untätigkeit auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege vor

des Kriegsministeriums,

Spanien.

Der König Alfons ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern | | beziehe h auf Westpreußen und Posen, wo das Schulunterhaltung8gesehß | noch nit eingeführt sei. Für Westpreußen habe die Sache nicht allzu- | viel Bedeutung, wobl aber für Posen, da dort die Hausväter die Schul- | [asten aufzubringen häiten. Die neuangestellten Beamten, die Geistlichen

aus Algeciras nach Sevilla zurücgekehrt.

Portugal.

In der Deputiertenkammer erklärte geftern, „W. T. B.“ puieige- der Marineminister auf eine Anfra baß die

E, mehrfach verbreiteten Nachrichten von einer Kbireinng

von Lourenço Marques unbegründet seien. Nicht ein fub breit Landes, noch ein Teilhen der portugiesischen ouveränität würden aufgegeben werden.

Serbien. Das Amtsblatt veröffentlicht einen Königlichen Ukas,

{ den Beamten

dur den sämtliche Militär flüchtlinge begnadigt werden. | gemaät wücben, daß! ihre

Afrika.

_ Infolge der Wendung, welche die Frage, betreffend die Minen von Uenza, genommen hat, haben sih, nah einer Meldung der „Agence Gaoas“, mehrere Notabeln, darunter der Bürgermeister von Bona, gestern abend nah Paris ein- geschifft, um mit dem Ministerpräsidenten Clemenceau und den algerischen Deputierten über die Angelegenheit der Minen von Uenza zu sprechen. Gestern wurden mittels Maueranschlags die Bürger von Bona zu einer Versammlung eingeladen, um die Aufrechterhaltung des ersten Projekts zu verlangen und zu verhindern, daß die Ausfuhr der algerishen Mineralien über Tunis erfolge.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sißung des Reichstags und der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Hauses der A bgeorE ms befinden sih in der Ersten und Zweiten

eilage. |

In der heutigen (50.) Sißung des Hau}jes der Abgeordneten, welher der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben beiwohnte, wurde zunächst ein Bericht der Geschäftsordnungskommission, betreffend die Ermächti- gung zur strafgerichilichen Verfolgung. des ver- antwortlichen Schriflleiters Nobert Größsh in Mobschaß bei Dresden wegen Beleidigung des Abgeordnetenhauses durch einen „Wahlrechts-Wirrwar“ übershriebenen Artikel der „Görlißer Volkszeitung“ vom 29. Januar 1909, erstattet. Die Geschäftsordnungskommission beantragt, die Genehmigung nicht zu erteilen.

Berichter|tatter Abg. Lusensky E, teilt mit, daß in dem Artikel stehe: „Man muß gestehen, daß fo viel Weisheit auch vor- handen sein würde, wenn man die Entscheidung statt diesem hohen Saule einer Schafherde überlassen würde“. Die Kommission war der Ansicht, daß man die strafgerichtliche Verfolgung von Beletdigungen des Hauses niht zum Prinzip erheben solle; in diesem Falle verlohne ih die Verfolgung nit ret.

Das Haus beschließt nach dem Kommissionsantrag.

Auf ein Schreiben des Rechtsanwalts Karl Kohl in München, in dem die Genehmigung zur strafgericht- lihen Verfolgung des Abg. von Hennigs-Techlin (kons.) im Privatklageverfahren wegen Beleidigung nachgesuht wird, beschließt das Haus nah dem Antrage der Geschäftsordnungs- kommission, die Genehmigung zu erteilen.

Dann folgt die erste Beratung des Geseyentwurfs, betreffend die Erweiterung des Stadtkreises Linden (Eingemeindung von Limmer, Davenstedt, Badenstedt und Bornum).

Abg. Linz (Zentr.) vermißt in der Vorlage eine Angabe darüber, wie der Landkreis Linden über die Sgr erna denke; man erfahre nur, daß er eine angemessene Kapitalabfindung erhalten solle.

Abg. Leinert (S014) hält eine Kommissionsberatung für über- flüssig, da an den Vertrêœn doch eine Aenderung nit vorgenommen werden könne. - Die EingökmeWdungen erochtet er füc notwendiF. be- streitet aber, daß der Vertrag® mit der Dorfgemeinde Limmer pon dieser einstimmig angenommen sei; es habe vielmehr erst ‘das UVebergewicht der timmen der dortigen Gummiwarenfabrik die Annahme herbeigeführt. Die Gemeinde beshwere #ich namentliq über die WVertragsbestimmungen bezüglich der Er- werbung des Bürgerrechts. Es sei eine aus der hannoverschen Neaktionsperiode stammende Vorschrift aufrecht erhalten, daß derjenige das Bürgerreht niht erwerben könne, der eine Freiheitsstrafe erlitten habe. Jn Limmer folle für die nähsten 6 Jahre eine Wertzuwachs- steuer nicht erhoben werden dürfen. Daß die Vorlage erst jeßt ge- kommen sei, sei lediglih die Schuld der Regierung; denn der letzte Vertrag sei bereits am 7. Oktober 1908 abges{lofsen worden.

Abg. Klußmann (nl.) spriht sich für die Ucberweisung der Vorlage an die Gemeindekommission aus.

Abg. Linz (Zertr.) stellt formell den Antrag, die Vorlage der verstärkten Gemeindekommission zu überweisen.

Abg. von Brandenstein (kons.) erklärt, daß seine Freunde die Ecweiterung des Stadtkreises Linden für zweckmäßig und au nicht für bedenklich hielten, da ih die Beteiligten damit einverstanden er- flärt hätten. Dem Wunsße nach Kommissionsberatung wollten feine

Nah dem Abg. Gutschkoro ergriff der General Bobianski | Freunde nit widersprechen.

Die Vorlage wird der verstärkten Gemeindekommission überwiesen.

Darauf seht das Haus die zweite Beratung des Geseß- entwurfs, betreffend die eranziehung der Beamten zur Gemeindeeinkommen|teuer, fort.

Die Abgg. Vier eck (freikons.) und Genossen beantragen die Einschaltung eines §8 1 a, nah dem in den Gemeinden, in denen noch Schulsozietätsbeiträge erhoben werden, es bis zur Einführung des Volks\shulunterhaltungsgeseßes bei den bis- herigen Vorschriften verbleiben soll, aber die Heranziehung der Beamten, Geistlichen, Elementarlehrer, unteren Kirchendiener und Beamten des Königlichen Hofes zur Kommunalsteuer und zu den Schulbeiträgen zusammen niht 125 Proz. der Staats- einkommenfsteuer überschreiten soll.

Der Abg. Dr. von Kries (kons.) beantragt für den Fall der Ablehnung des Antrags Viereck folgende Resolution :

die Regierung zu ersuchen, geeignete Maßnahmen zu treffen, damit die unbillige Mehrbelastung der unmittelbaren und mittel- baren Staatsbeamten, der Geistlihen, Glementaïrlehrer und unteren Kirchendiener sowte der Beamten des Königlichen Hofes in den- jenigen Landesteilen, in welhen noh Sozietätsshulen bestehen, möglichst bald beseitigt werde.

Abg. Viereck (freikons.) \chickt der Begründung seines Antrages die allgemeine Bemerkung voraus, daß seine Fraktion diesen Geseßentwurf nicht für durhaus befriedigend halte, weil von der Begrenzung auf 125 9/6 manthe üble Rückwirkung in den kleinen Städten zu befürchten set und weil durch die Differenzierung der alten und neuen Beamten in bezug auf das Kommunalsteuerprivileg eine Spannung zwischen zu erwarten sei, die bis jeßt noch nicht vor- handen sei, sowie weil die Gemeinden auf absehbare e keine nennenswerten Vorteile davon haben würden. Immerhin aber bedeute die Vorlage einen Fortschritt. Sein Antrag

und Lehrer würden in der Provinz Posen s{lechter gestellt sein als die Geistlichen und Lehrer in anderen Landesteilen; denn in dieser Provinz seien die Schullasten eben noch keine Kommunallasten, würden also

| nicht voa der politishen Gemeinde getragen. Man könne fie nicht auf

die Oftmarkenzulage vertrösten; denn die Ostmarkenzulage sei nicht

| gegeben, um thnen die Steuerzahlung zu erleichtern, sondern um die | Schwierigkeiten der Lebenshaltung im Often auszugleichen. Die höheren | Beamten bezôgen überhaupt keine Ostmarkenzulage, hätten also keinen | Avagleich für ihre chwierige Stellung. Es entsprech

e nun der Billigkeit, Posen nur so weit kommunalsteuverpflihtig gemadcht worden, daß ihre Belastung durch Kommunalsteuerpflicht und

Schulsozietätsbeiträge zusammen nicht mehr als 125 9% betrage. Selbst- verständlich beziehe si dies auf die Heranziehung nur des Dice kommens, nicht au des außerdienstlichen Einkommens. Der Antrag bilde keine Ausnahmemaßregel, sondern die Ausnahme liege darin, daß für Westpreußen und Posen das Schulunterhaltungsgeseß noch nicht gelte. Wenn dem Antrage niht stattgegeben würde, so würde eine unbillige Mehrbelajtung für die Oflmarken entstehen; deshalb möge das Haus für den Fall der Ablehnung seines Antrags wenigstens der Resolution des Abg. von Kries zustimmen.

Geheimer Oberregierungsrat Dr. Freund tritt dem Antrag Viereck wegen formeller und sachliher Bedenken entgegen. Durch die Kontingentierung auf 125 9% schaffe man für die Beamten in den Ge- meinden mit Schulsozietäten ein neues Privileg, und das gerade in einer Zeit, in der das Verlangen nah Beseitigung des alten sich so stark zur Geltung gebraht habe.

(Schluß des Blattes.)

Bei der vorgestrigen Stichwahl im Reichstags- wahlkreise 6 Hannover sind nah amtlichen Ermittelungen insgesamt 23694 Stimmen abgegeben worden. iervon haben der Gutsbesiger von Dannenberg Welfe 13575 Stimmen, der Präsident Dr. Heiligenstadt u) 10 119 Stimmen erhalten. Ersterer ist somit gewählt.

Statiftik und Volkswirtschaft.

Die Selbstmorde in Preußen während des Jahres 1907.

Im preußishen Staate haben 7643 Personen, 5844 Männer und 1799 Frauen, während des Jahres 1907 ihr Leben durch Selbft- mord beendet. In dem Zeitraum vom Jahre 1903 bis 1907 \{chwankte die Zahl der jährlichen Selbstmordfälle, auf 100 000 Lebende berechnet, wen 20 und 21. Bei den Männern kamen während dieser 5 Jahre je 30 bis 34 Selbstmorde auf 100 000 Lebende vor; hierbei ershienen die Jahre 1906 mit 30, 1907 mit 31, 1904 und 1905 mit 32 und 1903 mit 34 Selbstmorden, während die Selbstmorde der Frauen sihch bei gleiher Berechnung auf 9 im Berichtsjahre sowie in den vier Vorjahren belaufen. Unter 1000 Selbstmördern befinden si in jedem Jahre fast viermal mehr Männer als Frauen.

Die Häufigkeit der Selbsimorde wird von etner großen Zahl von Vorgängen beeinflußt, deren Ergründung insofern eine der \chwierigsten Aufgaben der statistishen Forshung bildet, als dies meift ein tiefes Gindringen in das fittlihe und seelishe Leben des Menschen erfordert. Unter den nah dieser Nichtung hin am sfißherften zu er- fassenden Erscheinungen steht das Alter in erster Linie. Die Unter- suhungen haben in dieser Beziehung ergeben, daß mit zu- nehmendem Alter der Hang zum Selbstmorde wächst und vom Jahre 1905 abgesehen regelmäßig nur einmal, nämlich in der Altersklasse von 25 bis 30 Jahren, die Zunahme der betreffenden Verhältniszahl bei der Gefamtbevölkerung cine Unterbrehung erfährt; wenn \sich im übrigen Abweihungen von dieser Regel hin und wieder noch in den höchsten Altersklassen zeigen, so muß dies mit auf die geringe Zabl von Fällen zurückgeführt werden, welche hierbei in Frage ommen.

ür jedes der beiden Geshlechter ergibt fich im allgemeinen aleichfalls eine Steigerung der Selbstmordziffer mit zunehmendem Alter. Bei den Frauen tritt in den Altersklassen von 25 bis 30 und 30 bis 40 Jahren eine geringere Selbstmordziffer zutage als im Alter von 20 bis 25 Jahren sowie in allen böheren Altersstufen.

Mit Rücksiht darauf, daß nach der L O Alters der Selbstmörder bei Kindern unter 10 Jahren 1907 Selbstmord nicht vorgekommen ist, empfiehlt es sh, der Berechnung der Selbstmord- zifffer die Zahlen der Lebenden von 10 bis 15 und über 15 Jahren zugrunde zu legen. Der nachfolgenden Uebersicht nah dieser Berech- nungéart für den Staat und die Provinzen ist zu entnehmen, daß die Knaben und Mädchen in der Provtnz Sachsen öfters als in anderen Pro- vinzen Selbstmord begehen, und daß unter den Erwachsenen die Männer in der Provinz Brandenburg und die Frauen in der Provinz Sachsen am häufigsten durch Selbstmord aus dem Leben scheiden. Die Bevölkerung des Landespoltzeibezirks Berlin steht in dieser Be- ziehung noch günstiger als die der Provinzen Schleswig-Holstein und Sachsen. ; Selbstmörder im Alter von 15 Jahren über 15 Jahren w. U 1 L w. zuf,

_ 922 58 280 l 276 08 0E Q 248 860 i773 990 998 i AOL 62 293 161 42 29203 | 840 226 1066 | 03d 255 889 | 349 116 46 |

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Ostpreußen . 6 Seen . « « LandespolizeibezirkBerlin Brandenburg *) : Pommern

Posen .

Schlesien E Schleswig-Holstein . Hannover i Wejtfalen . . Hessen-Nafsau . Rheinland .

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468 133 601 260. : 24:46 330 113 443 | 641 161 802 Gobenjollem . « «= 5 1 6 i H % Q IAO T Pa

Auf 100 000 Lebende der beiden Altersgruppen kommen Selbft-

mörder von 10 bis 15 Jahren | m. w. zuf. Se: «oa a i LandespoltzeibezirkBerlin 2,93 0,95 Brandenburg*®) . . . 2,62 1,97 Dome «e 0,82 1,80

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von über 15 Jahren m. w. zus.

3580 8,45 21,42 35,22 9,89 22,16 63,75 23,06 42,29 77,10 21,82 48,01 43,54 10,87 26,62 2896 6,57 16,99 56,84 13,37 33,69 66,80 24,97 45,12 67,12 23,68 46,05 51,26 14,57 832,92 3108 870 20,30 49,03 15,61 31,71 3034 7,70 19,14 2365 4,16 13,28

1,03 1/92 92/29

0,81 2,53 5,48 1,24 133 0,24 1,88

L A s as or Sachsen. . . « 7 Schleswig-Holstein . . E i i O Hessen-Nassau . . 2,80 0,95 E 4 «A 0,58 V EER e ms M y WBtaat . Ll! 090 100 5 16,10 30,89.

An die amtlicke Statistik wird von der Wissenschaft vor allem das Verlangen g über die Beweggründe der Selbstmorde genaue und verläßlihe Angaben zu sammeln. Da es indessen über- aus \{wierig is, die Veranlassung jedes einzelnen Selbstmordes enau zu ermitteln, so blieb troy der eingehenden Sokgfalt, wel n Preußen diesem Zweige der statistishen Forshung gewidmet wird, in jedem Jahre eine Anzahl von Selbsttötungen übrig, deren Trieb- feder sich niht ergründen ließ; 1907 . war dies bei 1534 Selbst- morden, d. \. 20,1 v. Ÿ: der Gesamtzahl, der Fall. Im übrigen hat aber diese Untersuhung zu sehr beahtenswerten Ergebnissen End, en veL Baneatantl vera alt nid m e[bstmorde unzweiselhaft dur eistesfrankhe erursa ch eine größere Zahl auf [y@disve u 1

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daß auh von den anderen no Ursachen, wie Leben8überdruß, Leidenschaften, Trauer und

®) auesGleilis der Stadtkreise Charlottenburg, Rixdorf, Schôue- berg und Deutsh-Wilmersdorf.

Mende Uebungen vorgeseben: I. Allgemeine Kurse. 1 ret, Anleitung zum Studium der Geschichte überhaupt ; 2) Dr. phil.

er Kirchengeshihte Deutschlands,

rüdckzuführen ist. So wurden im Berichtsjahre Selbst- e L Lebensüberdruß im allgemeinen von 443, infolge von t ichen Leiden von 750, Nervenkrankheit von 386, Geisteskrankheit O Geistes\chwäe von 89, Alkoholismus von 744, Leidenschaften 75, Laster, Aus\chweifung von 33, Trauer und Kummer von 737, and Scham, Gewissentbifsen von 535, Aerger und Streit von aus anderweitigen und unbekannten Beweggründen von 1595, haupt von 7643 Personen begangen. Enuch in bezug auf die Veranlassung zum Selbstmorde tritt esfrankheit als Selbstmordursache bei dem weiblihen Geschlechte R tlich häufiger als bei dem männlihen auf; ebenso legen die en wegen Förperliher Leiden, Nervenkcankheit, Geistesschwäche und aften, besonders wegen leßterer, öfter Hand an ih als die ner. Bei diesen hingegen bilden Lebensüberdruß, Lafter usw., er und Kummer bervorragende Beweggründe zur Selbsttötung. E Nah den Aufzeihnungen für das Jahr 1907 endeten von je Selbstmördern durch Lebensüberdruß im allgemeinen 6,3 m., o, förperlihe Leiden 10,2 bezw. 8,4, Nervenkrankheit 3,9 9/0, Geisteskrankheit 21,8 bezw. 36,4, Geistesshwähe 1,0 bezw. Ylfoholiómus 12,1 bezw. 2,1, Leidenschaften 2,6 bezw. 6,9, Laster, chweifung, liederliches Leben 0,5 bezw. 0,3, Trauer und Kummer bezw. 7,1, Reue, Scham, Gewissensbisse 7,5 bezw. 5,3, Aerger Streit 1,7 t 1,6, durch anderweitige und unbekannte Beweg- 0 bezw. 17,0. eye Art und Weise betrifft, in der die Ausführung des bítmordes erfolgt, fo ist sie im allgemeinen eine sehr mannig- ge; do sind es hauptsächlich 12 Mittel, die seitens der Lebens- len zur Grreihung thres Borhabens in Anwendung kommen, lich in der Reibenfolge der Häufigkeit ihrer Anwendung: Er- ven, Ertränken, Grschießen, Einnehmen von Gift, Ueberfahrenlafsen E rie Eisenbahn, Sturz aus der Hôhe, Schnitt in den Hals, Gin- n gifstiger Gase, Deffnen der Adecn, Erstechen, Erdrofsseln oder pürgen und Aufschneiden des Baues. î Da die Art der Selbsttôtung vornehmlich von der sozialen lung und dem Geshlechte des Selbstmörders abhängig ift, so n d in dieser Hinsicht von Jahr zu Jahr nur geringe Ver- erungen. Von den männlichen Selbstmördern scheiden alljährlich efähr zwei Dritteile durch Erhängen aus dem Leben, während von Frauen nahezu die Hälfte diese Todesart wählt; von leßteren sucht ferner etwa ein Drittel den Tod im Wasser, von männlichen Selbstmördern dagegen nur etwa ein Achtel. In fast licher Gleihmäßigkeit bewegen ih die Zahlen bei dem Erschießen hr bei Männern), Vergiften (mehr bei Frauen), Erstechen, Ueber- enlassen dur die Eisenbahn und Sturz aus der Höhe. Auf die igen Todesarten: Ecdrofseln oder Erwürgen, Schnitt in den Hals, Fnen der Adern, Aufshneiden des Baues und durch Anwendung erer Mittel entfällt nur ein geringer Anteil, der 1,3 v. H. aller Ibsimorde niht übersteigt. : / Mas die Jahreszeit betrifft, in der die Selbstmorde verübt reden, so ergibt die Berehnung für 1907, daß von 100 männ- n Selbstmördern die größte Zahl den Monat Juli (10,82), die ste den Februar (5,59) zu threr Tat gewählt hat, während bei huen die meisten Selbstmorde im Mai (10,23 v. H.), die wenigsten bei den Männern im Februar (6,45 v. H.) vorgekommen sind. s Frühjahr weist bei Männern und Frauen mit 29,66 und 23,40 H, die größte Zahl von Selbsimorden auf; dann folgen das mmervierteljahr mit 27,60 und 26,68 v. H. und der Herbst mit 09 und 2257 v. H; im Wintervierteljahr ereigneten sich die igten Selbstmorde, nämlih 20,36 v. H. bei Männern und 21,79 H, bei Frauen. (Stat. Korr.)

Zur Arbeiterbewegung.

Aus London wird dem „W. T. B.* telegraphiert: Dem Ver- hmen nach ist heute vom Arbeitgeberverbande und den ewerk\chaftsvertretern des Schiffsbaugewerbes in dinburgh cin Abkommen angenommen und unterzeichnet brden, das die Frage der ArbeitsunterbreWung und die Lohnfrage pelt.

Kunst und Wissenschaft.

In Münten ift der Konservator und Wiederhbersteller alter Ge- ¿lde Professor Aloys Hauser im 79. Lebentjahre gestorben. Er ar seit 35 Jahren an der alten Pinakothek tätig.

Das neue Institut für Kultur- und Universalgeshichte

i dec Universität Leipzig nimmt zusammen mit dem Seminar für inde? geshihte und Stiedelungskunde die drei oberen Stockwerke es ganzen Hauses ein, des ehemaligen Breiikopfschen Familien-

uses, in dem auch Gottshed seinerzeit wohnte und Goethe viel rkchit hat. Die Räume in allen drei Geschossen sind hell und } ihren Einrichtungen allen Anforderungen entfprehend aus- stattet. Die Lehrmittel des Instituts bestehen, wie die „Köln. Ztg.“ itteilt, in einer Bücherei im Weite von etwa 130 000 H, in einer ammlung von mehreren tausend kulturgeshichtlihen Anshauungs- ättern, von ungefähr 140 000 Blatt Kinderzeihnungen usw. Vie ahl der in dem Institute stattfindenden Uebungen ist beträhtlih, und ese Uebungen gehen au inbaltlih weit über die Ziele anderer histo- {her Seminarien hinaus. Für das Somtmerhalbjahr 1909 sind fol- 1) Prof. Dr. Lam-

Biermann, Uebungen zur Sozialgeshihte des 19. Jahrhunderts; ) Dr. phil. Köhler: Glementare Uebungen im Gebiete der deutschen ulturgeshichte. 11. Spezjielle Kurse. A. Entwicklungépsychologie.

M) Dr. phil. Kreyshmar: Psychogenetishe Uebungen an Kinderzeich-

ungen; 2) Dr. phil. Krueger: Uebungen zur Psyhologie des Wirt- hastslebens. B. Singuläre Kulturgeschihte. 1) Prof. Dr. phil.

ogk: Volkskundische Uebungen auf Grund deutscher Kirchenvisitations- ften; 2) Dr. phil. Goldfriedrih: Uebungen zur deutschen Kultur- eshihte des 17. und 18. Jahrhunderts; 3) Lektor G. Monod: lebungen zur französishen Kulturgeschichte; 4) Prof. Dr. phil. Conrady: lebungen zur chinesishen Geschichte. C. Vergleichende Kulturgesichte. Prof. Dr. Lamprecht: Uebungen zur vergleihhenden Geshhichte höherer Rulturen. Im Seminar für Landesgeshihte und Siedelungskunde: prof. Dr. phil. Kößschke: Einführung in das historische Ver ständnis es Stedelunyswesens Deutschlands und seiner Nachbarländer.

Der Plan einer Germania sacra, der in den Vorträgen bon P. Kehr und A. Brackmann auf dem interrationalen Kongreß ür historishe Wissenschaften zu Berlin unter allgemeiner Zustimmung utwickelt worden ist, soll, wie die. genannten Gelehrten in der „Histo- tischen Zeitschrift" mitteilen, jeßt als Material dem Kartell der Alademien in Berlin, Wien, München und den Gelehrten Gesell- haften in Leipzig und Göttingen überwiesen werden, damit deren Sachverständige ihn prüfen und das Unternehmen in die Wege iten möhten. Es handelt sich um eine systematische Bearbeitung geordnet nach Kirchenprovinzen, Distümern Kirchen, Klöstern und den sonstigen geistlihen Instituten. Cin derartiges Werk kann kein einzelner Gelehrter in Angriff nehmen, vielmehr werden ih mehrere, unterstüßt von Hilfsarbeitern, in die Bearbeitung der Didzesen und Provinzen teilen müssen, das erfordert ine eigene Organisation mit besonderer Oberleitung. Die beiden Gelehrten glauben, daß die geeignete Stelle dafür das Kartell der

deutshen Akademien wäre.

Wie die „Sw. Bauztg.“ berichtet, droht dem Dom von iacenza, einem {dônen Werke der Frührenaifsance von Bernardo offellino, infolge einer Bodensenkung die Gefahr des Einsturzes.

Die Kirche, die apst Pius 11., der ehemalige Aeneas Sylvius, in seiner gg hat erbauen lafsen, zeigt im Innern eine dreishiffige allenform, offenbar eine Reminiszenz an deutsche Vorbilder, während

die Fafsade eine echt italienische Gliederung des Giebelbaues aufweift, Die italienishe Regierung trifft Vorkehrungen, um das Bauwerk vor der Zerstörung zu bewahren.

Literatur.

Beiträge zur Geschichte und Genealogie der Familie Henckel von Donnersmarck. Von Auguft von Doerx. 1908. FKommissionsverlag von C. A. Starke, Kiniatiwer Hoflieferant. Görliß. 36 S. Der Verfasser hat sich die Aufgabe gestellt, zu untersuchen, welche gesellschaftlihe Stellung die Henckel von Donners- marck vor Begründung ihres großen Reichtums genofsen haben, und in welher Weise sich ihre Standeserhöhungen aneinander anreihen. Die s waren nach der vorliegenden Untersuchung seit dem 17. Jahrhundert in Ungarn ansässig. Als der ungarishe Graf Michael Thurzo 1637 vine männliche Erben Mae, war von der

amilie der Hendels, die eine gemeinsame Abstammung mit den hurzos für fich in Anspru nimmt, der Kaiserliche Nat Lazarus I1. Henckel von Donnersmarck bereits Freiherr und dank seinem bedeutenden Bermögen ein mächtiger Mann. 1651 wurde er in den Grafenstand erhoben. Urkundlih erwähnt wird der Name Henckel (Henchlin) hon in einer [lateinishen Urkunde vom Jahre 1364, die auf dem Königlichen Staatsarhiv in Budapest aufbewahrt ift. Weiter werden in den Matrikeln der Wiener Universität, aber auch der Universitäten Krakau und Wittenberg, seit 1427 wiederholt Träger dieses Namens aufgeführt. Ein Johann Hendel, der mit Erasmus von Rotterdam, Melanchthon und Luther im Verkehr stand, starb 1539 als Domherr zu Breslau. Lazarus, der jüngere, wurde 1636 Freiherr und später Graf, aber nicht Reichsgraf. Als also der ungarishe Graf Michael Thurzo 1637 ohne männliche Erken starb, war die Familie der Henckels, die wegen einer Wappen- gleihheit gemeinsamen Ursprungs mit den Thurzos zu sein behauptet, jedenfalls hon adlig und sehr vermögend und angesehen, Von den drei Söhnen des Lazarus des jüngeren hinterließen der älteste, Elias, und der dritte, Georg Friedri, eine zahlreize Nachkommenschaft. H'er {ließt die Untersuhung, denn dem Verfasser kam es nur darauf an, an der Hand arcivalischen Materials über die Anfänge der Fürst- liden Familie Licht zu verbreiten.

Furxrze Anzetgen neu ershienener Shriften, deren Besprechung vorbehalten bleibt. Einsendungen sind nur an die Redaktion, Wilhelmstraße 32, zu rihten. Rücksendung findet in keinem Falle statt. Ein

Die Reichsbank bei einer nationalen Krisis. Mahnwort an den deutshen Sparer. Von Heinrich Graf

Schchlieffen. 1 4. Leipzig, Dieterichsche Verlag8buchh, Theodor Weicher.

Geschichte der Nationalökonomie. Eine erste Einführung von Adolf Damaschke. 3. Aufl. 3,20 4; gebdn. 4 4. Jena, Gustav Fischer.

D iePraxis des englishenHandelsverkehrs. Herausgeg. von Dettl off Mueller. Gebdn. 3,50 4. Leipzig, B. G. Teubner.

Ein- und Auswanderung.

Jn Mexiko is ein Einwanderungsgeseß erlassen worden, das am 1. d. M. in Kraft getreten ist. Das Geseß enthält im wesentlichen folgende Bestimmungen: I. Allgemeines.

Ausländer dürfen das Staatsgebiet nur beireten: 1) in den für den überseeishen Verkehr bestimmten Häfen, 2) in den dem inter- nationalen Verkehr dienenden oder in den von der Regierung be- sonders bezeichneten Greniorten (Art. 1). :

Ausländer, die das Land betreten wollen, haben si einer Unter- suchung zu unterwerfen, damit festgeftelt wird, ob- ihre Zulaffung nah dem Geseh statthaft ist (Art. 2).

Das Staat3gebiet dürfen nicht hetreten : 4

1) Personen, die mit Bubonenpest, Cholera, gelbem Fieber, Genickstarre, Unterleib8typhus, exantematishem Typhus, Wundrofe, Masern, Scharlachfieber, Blattern, Diphtherie oder mit irgend einer anderen ansteckenden akuten Krankheit behaftet find;

2) Personen, die an Tuberkulose, Aussaß, Beri-Beri, Trahoma, ägyptischer Kräge oder einer anderen ansteFenden chronischen Krankheit leiden;

3) Epileptise und Geisteskranke; / :

4) Greise, Rhachitishe, Verwahsene, Hinkende, Einarmige, Budcklige, Paralytishe, Blinde usw. ; ferner Personen, die infolge von physisden oder geistigen Gebrehen zur Arbeit untauglih find und voraussictlich der Allgemeinheit zur Last fallen werden; i

5) Kinder unter 16 Jahren, die weder unter der Obhut eines anderen Pafsagiers stehen, noch sich auf dem Wege zu einer im Lande wohnenden Person befinden, die ih ihrer anzunehmen bat;

6) Personen, die sich durch die Fluht den Gerichten entzogen baben oder wegen eines Verbrechens verurteilt worden sind, das nah den mexikanishen Geseßen mit Freiheittstrafe von mehr als zwei Jahren bedroht ist, es sei denn, daß es sih um politische oder rein militärishe Verbrechen handelt ; 4

7) Personen, die anaristischen Gesellshaften angehören, oder Anhänger oder Förderer revolutionärer Lehren sind;

8) Bettler und Personen, die in irgend einer Weise von der öffentlihen Wohltätigkeit leben; i .

9) Prostituierte und Individuen, die Prostituierte zu gewinn- süchtigen Zwecken in das Land einführen wollen (Art. 3).

Den unter Ziffer 2—4 des Arlikel 3 bezeihneten Personen kann mit besonderer Erlaubnis der Regierung der Aufenthalt im Lande gestattet werden, wenn sie ausreihende Sicherheit dafür bestellen, daß fle sich auf eigene Kosten heilen lassen und der öffentlihen Armen- pflege nicht zur Last fallen werden (Art. 4). j;

Wenn ein Ausländer, der in Mexiko ansässig ist und seine Naturalisierung als Mexikaner in der vorgeshriebenea Form beantragt hat, seine Ehefrau, Eltern oder unmündigen Kinder nachkommen Läßt, so kann diesen Personen der Gintritt in das Land von der Regierung unter gewissen Bedingungen geftattet werden, auch wenn sie an einer a in Ziffer 2 und 3 des Artikels 4 aufgeführten Krankheiten leiden (Art. 5).

Ausländer, die diesem Gesetz entgeçen das Land betreten und si noch nit drei Jahre lang darin aufgehalten haben, können zwangs- weise nah dem Lande, von dem sie hergekommen sind, zurückgeschickt werden. Die Zurücksendung soll auf Kosten der Schiffahrts- oder Eisenbabngesellshaft erfolgen, welche die Einwanderer ins Land ge- bracht hat (A1t. 7).

Die Schiffahrts- und Einwanderungsgesellshaften haften mit ibrem Vermögen für die von thren Angestellten und Agenten be- gangenen Verleßungen des Geseyzes (Art. 9).

II. Eintritt von Passagieren in den Hafenpläßen.

Bei der Ankunft eines Schiffes, das Pafsagiere an Bord hat, gelten die nahstehenden Bestimmungen:

1) Der Führer des Schiffes hat dem Einwanderungsinspektor in doppelter Ausfertigung Listen von allen Passagieren auszubändigen. Die Listen müssen enthalten: Die Ordnungsnummer, die ngare des Vor- und Zunamens, Geschlehts, Alters, Beruf oder der Beschäfti-

ung, des Bildungsgrads, des leßten Wohnortes im Auslande, des usretsehafens und des Se in Mexiko.

2) Die Listen müssen genaue Angaben darüber enthalten, welche Passagiere krank sind und an welchen Krankheiten fie leiden.

5) Jeder Passagier muß zum Zwecke der Feststellung seiner Identität im Besitz einer Karte sein, die ihm der Führer des Schiffes zu geben hat, und auf der der vollständige Name des Passagters und die Nummer stehen, die er in der betreffenden Uste führt,

4) Der Schiffsführer muß in den Listen auch sonst über die Verhältnisse der Passagiere jede Auskunft geben, die für die Ent-

{eidung über die uta ung von Wichtigkeit ift. 5) Jeder Passagier wird einer ärztlichen Untersuchung unter-

worfen, um festzustellen, ob er krank ist oder ob ein Umstand bei ihm vorliegt, der seine Zurückweisung erforderlich mat. Sciffsführer und Schiffsärzte, die den vorstehenden Be- stimmungen zuwiderhandeln, werden bestraft (Art. 12).

Die Ausschiffung der Passagiere darf nur an dem Orte und zu e Pee erfolgen, die der Einwanderungsinspektor hierfür fest» ge]eßt hat.

Jede Aus\chifung, die sch anderweitig vollzieht, ist gesewidrig. Die gelandeten Pafsagiere werden in diesem Falle unverzüglih wieder an Bord gebracht; der Schiffsführer wird bestraft (Art. 13).

Wenn die Räumlis&keiten der Sanitätsstation es gestatten, er- folgt die Untersuhung der Passagiere in der Sanitätsstation, andern- falls an Bord des Schiffes.

Passagiere, die nit zugelafsen werden, sind sofort wieder einzu- \{iffen (Art. 14).

Pesagiere, die bei threr Ankunft an einer der in Artikel 3 Ziff. 1 aufgeführten ansteckenden Krankheiten leiden, werden bis zu“ threr Ge- nesung in dem Hafenlazarett isoliert. Die entstehenden Kosten trägt der Kranke und, wenn er mittellos sein sollte, die Gesellschaft, die ihn befördert hat (Art. 15). :

Ausländer, die bei ihrer Ankunft an einer der in Artikel 3 Ziff. 2 aufgeführten ansteckenden Krankheiten leiden, dürfen nicht an Land gehen, wenn sie nicht die in Artikel 4 vorgesehene besondere Regierungs- erlaubnis hierzu erhalten haben (Art. 16).

Personen, denen es entgegen dem Verbote des Artikel 3 Ziff. 2 bis 9 gelingen sollte, an Land zu gehen, \ind sofort wieder an Bord zu bringen oder mit dem nähsten Schiffe der betreffenden Gesellschaft oder nöôtigenfalls mit einer sonft si bietenden Gelegenheit in die Heimat zurückzubefördern.

Passagiere, die wieder einzuschiffen sind, sollen unter Bewahung in der Sanitätsstation oder an einem anderen, von tem Einwanderungs- inspektor bestimmten Orte auf Rechnung der Gesellschaft, die fie nah Mexiko gebracht hat, verbleiben (Art. 18).

ITI. Von den fog. „Arbeitereinwanderern“ und den Einwanderungs8gesellschaften.

Fm Sinne dieses Gesetzes sind als Arbeitereinwanderer Auéländer anzusehen, die nah Mexiko kommen, um vorübergehend oder dauernd dort körperlihe Arbeit zu leisten (Art. 20).

Arbeitereinwanderern, die in einer größeren Anzabl als jebhn mit demselben Schiff ankommen, ist der Eintritt nur in den hierfür besonders bestimmten Häfen erlaubt (Art. 21). _ : j

Die Schiffahrt3gesellshaften, deren Schiffe auss{lieslich zur Beförderung von Arbeitereinwanderern bestimmt find, oder die gewöhnlich mehr als zehn solcher Einwanderer auf jeder Fabrt be- fördern, sind verpflichtet :

1) ihre Schiffe mit den nôtigen Desinfektionseinrihtungen zu versehen ; :

9) dafür zu sorgen, daß \sih ftets ein Schiffsarit an Bord befindet ;

3) in den Häfen, nah denen sie Auswanderer befördern, und in denen die Regierung keine Sanitätsanfstälten mit genügend großen Räumli@hkeiten besißt, Stationen zur Isolierung und Beobachtung der Einwanderer und zur Behandlung der Kranken zu unterhalten;

4) die Einwanderer, die sie befördert haben, auf ihre Kosten fo- lange zu unterhalten, als sie in den Lazaretten und Beobachtungê- stationen bleiber ;

5) die von ihnen beförderten Einwanderer, die auf Grund des Gesetzes nicht zugelassen oder wegen ungeseßmäßigen Eintritts wieder ausgewiesen worden sind, mit ihren Schiffen und auf ihre Koften wieder zurückzushaffen; L s

6) in der Stadt Mexiko und in jedem Hafen, nah welchem fie Einwanderer befördern, einen gehörig bevollmächtigten Vertreter zu bestellen ; S 2

7) genügende Sicherheit dafür zu [eiften, das fe den Z tungen, die dieses Gese ihnen auferlegt, nadtommen werden (Ar

Wern ein Schif eire größere Anzabl Ein et als die Sanitäteftation der Regierung on der bet Gesellshaft unterhaliene Station aufnehmen nzen, io dür mz

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Wenn ein Schiff einer Schiff2gesellsGaft ankommen sotr, die keine Sanitätsstation besißt oder nit in der Lage ift, die einer anderen Gesellschaft gehörige Station zu benugen, und wenn ferner keine Regierungs\tation vorhanden sein sollte oder diese nicht verfügbar ist, so haben die Einwanderer an Bord zu verbleiben und Ab dort der Untersuhung und gegebenenfalls dem Beobachtungs- und Heilungs- verfahren zu unterziehen (Art. 24).

Für Schiffe, die Einwanderer in größerer Anzakl bringen, wel{he unter Vertrag für den Dienst bei Minen-, Industrie- oder Ackerbau- gesellshaften angeworben sind, kann die Ausschiffung in Häfen gestattet werden, in denen der Eintritt von Einwanderern in der Regel nit stattfinden soll (Art. 25). : ] .

Wenn \ich unter den Einwanderern keine an einer anfteckenden Krankheit leidenden Personen befinden oder während der leßten zehn Tage der Ueberfahrt befunden haben, ferner, wenn das Schiff einen seuhenverdähtigen oder verseuhten Hafen nicht berührt hat, fo können die Einwanderer ungehindert das Land betreten und fich in das Innere begeben, sobald die Untersuhung beendet ift (Art. 28).

Die Arbeitereinwanderer können einer Beobahtung bis zu einer

Dauer von zehn Tagen unterworfen werden, wenn sich unter ihnen Leute befinden oder während der Ueberfahrt befunden haben, die krank find oder im Verdatht stehen, an einer ansteckenden Krankheit zu leiden Art. 29). ( Bera während der Beobahtung Einwanderer ermittelt werden, denen aus einem der in Artikel 3 aufgeführten Gründe die Zulaffung zu verweigern ift, so finden auf diese die Bestimmungen des Artikel 18 Anwendung (Art. 30). / A E

Einwanderer, die nicht geimpft find, find in der Sanitätsftation zu impfen (Art. 31). S

Die Sanitätsstationen der Einwanderungsgesellshaften j darin beshäftigte Personal unterstehen den Anordnungen und der Auf- iht des Sanitätsdelegierten des Hafens (Art. 32)._

Die Kosten für den Unterhalt der Sanitätsftationen der Ein- wanderungsgesellsGaften, für die Reparaturen, für Möbel, Gerät- {aften und Vorräte, für die Ernährung der Einwanderer, für Arznei- mittel, Gehälter der Aerzte und des notwendigen Personals find von der betreffenden Gesellschaft zu tragen (Art. 33).

1V. Eintritt von Reisenden auf dem Landwerge

1) Die in Artikel 2 vorges{hriebene Untersu(ung ift in den Eiscn- babnzügen vorzunehmen.

9) Der Einwanderungsöinspektor hat mittels Formulars von jedem Reisenden die erforderlihen Personalangaben aufzunehmen (vergl. Artikel 12 Fil 1), :

3) Um die Fisenbahrzüge niht zu lange aufzuhalten, sollen Agenten entgegengesandt werden, welche die Reisenden in den Zügen zu untersuhen und si von ihnen die erforderlihen Angaben machen zu lassen haben. " ;

4) Reisende, die niht mit der Eisenbahn ankommen, können an den Ankunftsorten so lange zurückgehalten werden, als nötig ift, um fe zu untersuhen und die in Artikel 12 Ziffer 1 vorgeschriebenen

eststellungen zu machen. |

5) An einer ansteckenden Krarkheit leidende Ausländer werden

lot R oder nur gegen Sicherheitsleiftung (vergl. Artikel 4) ugelaffen. T 6) Ausländer, bei denen der Verdadht o daß fie an ciner ansteckenden Krankheit leiden, können auf ihren Antrag an dem Ein- trittsort isoliert und beoda@tet werden, vorausgeseßt, daß fie die Be- zahlung ibres Unterhalts rítellen.

7) Reisende, die falsde Erklärungen abgeben, sollen auf administrativem Wege mit Geldstrafen von 5 bis 25 Pesos oder mit

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Arrest von 3 dis 15 Tagen bestraft werden (Art. 34).