1909 / 64 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Mar 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Diese Vereiabarung tritt sofort in Kraft, ud zwar hinsichtlich cller noch nit rech!skräftig entschiedener Besteuerurgsfälle mit Rück- wirkung für die Zeit seit 1. Januax 1902.

Bezlin, den 12. Februar 1909.

X. Freiherr von Schoen.

Seiner Exzellenz dem Kaiserlich und Königlich österreichisckh- ungarischen Botschafter Herrn von Szögyóny Marich.

Ministerium der öffentlihen Arbeiten.

Die im Anschluß an meinen Erlaß vom 21, November 1902 I. D. 16 459/III 19 155 im Königlichen Material- prüfungsamt zu Gr.-Lichterfelde ausgeführten Versuche haben ergeben, daß Eise nportlandzemente und Portlandzemente im allgemeinen als gleihwertig zu erachten sind.

Falls daher bei der Untersuchung nah den jeweils geltenden „Normen für die einheitliche Lieferung und Prüfung von Portlandzement“ die Eisenportlandzemente niht nur bei Wasser-, sondern auch bei Lufterhärtung befriedigende Ergeb- nisse zeigen, is gegen ihre Verwendung bei öffentlichen Bauten nichts einzuwenden.

Jn den Auss\chreibungen sind, wenn niht ganz besondere

Verhältnisse die Lieferurg von Portlaudzement geboten ersheinen lassen, Angebote für Portlandzement oder Eisen- portlandzement einzufordern, und wird es dem Ermessen Euer Tit. (der 2c.) überlassen, nah sorgfältiger Abwägung der vor- liegenden Verhältnisse das für die Verwaltung günstigste An- gebot gu wählen. Doch ist streng darauf zu halten, daß von den AÄnbietern sowohl des Portlandzemenis wie des Eisen- portlandzements eine Angabe über die Zusammenseßung und Herstellungsweise des angebotenen Zements, in zweifelhaften Fällen auch die Beibringung eines diese Angaben bestätigenden Zeugnisses des Königlichen Material- prüfungsamts zu Gr.-Lichterfelde, verlangt wird. Jh bemerke dabei, unter Eisenportlandzement ein im e A wie Portlandzement hergestellter Zement verstanden werden joll, der aus mindestens 70 Prozent Portlandzement und höchstens 30 Prozent einer geeigneten gekörnten Hochofen- s{chlacke besteht.

Berlin, den 6. März 1909.

Der Minister der öffentlihen Arbeiten. von Breitenbach.

An die Herren Oberpräsidenten in Danzig, Breslau, Magdeburg, Hannover, Koblenz und Münster i. W. (Strombau- bezw. Kanalverwaltung), die Herren Regierungsprästdenten (bei Potsdam auch Verwalt. der Märk. Wasserstraßen), den Bec Polizei- präsidenten in Berlin, den Herrn Präsidenten der Königlichen Ministerial, Militär- und BVau- kommission, die Königlichen Kanalbaudirektionen in Hannover und Essen und das Königliche Haupt- bauamt in Potsdam, ferner die Königlichen Eisen- bahndirektionen und das Königliche Eisenbahn- zentralamt.

Evangelischer Oberkirchenrat.

Der in die erste Pfarr- und Ephoralstelle zu Pillkallen zu berufende Pfarrer und Superintendent Thiel in Werden ist zum, Superintendenten der Diözese Pillkallen, Regierungs- bezirk Gumbinnen, ernannt worden.

#W «b)

Nichlamlliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 16. März.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten gestern vormittag im Neuen Palais bei Potsdam den Vortrag des Chefs des Ziovilkabinetts, Wirklihen Geheimen Rats von Valentini, Mittags in Berin einen Vortrag 1m Ministerium der öffentlichen Arbeiten und am Nachmittag, „W. T. B.“ zufolge, einen Vortrag des Reichskanzlers Fürsten von Bülow. Heute vormittag nahmen Seine Majestät der Kaiser im hiesigen Königlihen Schlosse die Vorträge des Chefs des Militärkabinetts, Generalleutnants Freiherrn von Lyncker und des Chefs des Admiralstabs der Marine, Admirals Grafen von Baudissin entgegen.

_ Der Ausschuß des Bundesrats für Handel und Verkehr hielt heute eine Sißung.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M.S. „Bremen“ am 12. März in Port Barrios (Guatemala) eingetroffen und geht heute von dort nah New Orleans in See.

S. M. S. „Loreley“ ist am 13. März vom Piräus in See gegangen, vorgestecn vor der Jnsel Santorin eingetroffen und an demselben Tage von dort nah Alcxandrien in See gegangen.

S. M. S. „Bussard“ is vorgestern in Daressalam ein- getroffen.

S. M. S. „Fürst Bis marck“ ist vorgestern in Tsingtau eingetroffen.

S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ ist gestern von Hongkong nah Canton in See gegangen.

S. M. S. „Leipzig“ ist mit dem Chef des Kreuzer- geshwaders gestern in Suva (Fidjiinseln) eingetroffen und geht heute von dort nah Apia in See.

Deutsche Kolonien.

Das „Deutsche Kolonialblatt“ veröffentliht eine Ver- orbnung des Reichskanzlers (Neichskolonialamt) vom 26. Scbruar d. J,, betreffend die Ausführung der Kaiser- lihen Verordnung über den Handel mit südwestafrika- nishen Diamanten vom 16. Januar 1909. Diese Aus- führungsverordnung bestimmt folgendes :

& 1. Nachdém der unter der Ficma Diamanten-Regie des süd- westafrikanishen Schutzgebiets errichteten deutshen Kolontalgesellschaft durch Beschluß des Bundesra!s di-e Fähigkeit beigelegt worden ist, unter threm Namen Rechte, insbesondere Eigentum und andere ding-

mächtigt, die im deutsh-südwestafrikanishen Shußzgebiete geförderten Diamanten von den Förderern zwecks Vermittlung der Verwertung entgegenzunehmen, zu verwahren uad zu versenden, die Verwertung zu bewirken und die Erlöse nah Abzug der Verwertungsgebühr 4) an die ere abzuführen.

2 ie Ermächtigung des § 1 wird der Gesellshaft zunächst sür die Zelt vom 1. Vèärz 1909 bis zum 28. Februar 1910 erteilt.

Bei ihrer Ausübung ist die Ma verpflihtet, den An- weisungen des Reichskanzlers (NReichskolonialamt) nachzukommen.

Die weiteren Bedingungen, unter welhen die Ausübung zu er- folgen hat, sind durch Vertrag mit der Gesellschaft zu regeln.

& 3, Die Förderer südwe|tafrikanischer Diamanten sind verpflichtet, ihre gesamte Förderung demjenigen Beauftragten der Gesellschaft zwecks Vermittelung der Verwertung zu übergeben, welchen der Gouverneur bezeihnet.

4. Die Gebühr für die bei der Verwertung aufzuwendende Mühewallung und die entstehenden Kosten (Verwertungsgebühr) E fünf vom Hundert des Verkaufspreises außerhalb des Schuß- gebietes.

& 5. Die Kaiserliche Verordnung, betreffend den Handel mit \südwestafrikanishen Diamanten, vom 16. Januar 1909 (Neich8geseßbl. S. 270) tritt am 1. März d. I. in Kraft. Gleichzeitig tritt diese Verordnung in Kraft.

An demselben Tage erging ferner eine Verordnung des Reichskanzlers (Reichs kolonialamt), betreffend die Kaiserliche Bergverordnung für Deutsh-Südwesstt- s E vom 8. August 1905, die folgende Bestimmungen enthaul:

__§ 1. An Stelle der in § 64 der Kaiserlißen Bergverordnung für Südwestafrika vom 8. August 1905 festgeseßten Förderungsabgabe R, Edelsteinen eine Abgabe von zehn vom Hundert des Werts erhoben.

Als Wert gilt der Verkaufspreis außerhaïb des Schußtzgebiets nach Abzug eines die Kosten der Versendung, der Versiherung und der Verkaufsvermittlung deckenden, vom Reichskanzler (Reichskolonialamt) festzusezenden Gebühr. Sollte der Wert in dieser Weise nicht er- mittelt werden können, so ist er durch vom Reichskanzler (Neichs- kfolontalamt) zu ernennende Sachverständige festzustellen.

& 2. Die in den Gebieten der Bergwe: ksgerechtsame der Deutschen Kolonialgesellshaft für Südwestafrika zur Erhebung ge- langenden Bergwerksabgaben stehen, nahdem die Gesellschaft auf eine Sonterberechtigung gemäß § 93 der Kaiserlichen Bergverordrung vom 8. August 1905 bezüglih der Erhebung verzichtet hat, in dieser Hin- sicht den fiskalishen Bergwerksabgaben gleich.

8& 3. Diese Verordnung tritt am 1. März 1909 in Kraft.

Oesterreich-Ungarn.

__ Das ósterre ihische Abgeordnetenhaus seßte gestern die erste Beratung des Nekrutenkontingents fort.

Wie das: „W. T. B.* berichtet, begrüntete der Abg Jesser das zustimmende Votum des deutsch-nationalen Verbandes für die Bewilligung des Rekrutenkontingents besonders mit Nücksi&t auf die auswärttgen Verhältnisse. Der Nedner veruxteilte sck{ärsstens das Kokeitieren der Tschechish Radikalen mit den Serben, wodurch die aggrefsive Tendenz der Serben nur noch gestä:kt werde. Der Abg. Seitz (Soz) erklärte, daß seine Partei fowohl aus prinzipteller Gegnerschaft gegen das bestehende Militärsystem als auch deshalb gegen das NRekrutenkontingent stimmen werde, weil fie die Regierung des Freiherrn von Bienerth als eine eminente Gefahr für das Parlament und den ganzen Staat betrahte. Der Abg- Graf Sternberg führte aus, daß eine praktische positive Politik eine öfterreidzishe Politik sein müßte; denn wenn man Revolution machen wolle, ' müßte man wissen, wohin man nah der Revolution fd begebe. Ec habe aber weder Lust, sich unter die russishe Knute, noch unter die preußische Pickelhaube zu begeben. Die Bewilligung des NRekrutenkontingernts geschehe nit nur im Vertrauen zu der Reglerung, sondein im Interesse des Staates. Der Abg. Dr. Try lowski b-merkte, daß während des bosnischen Feldzuges rutherishe Solbdat-n von den Oefsterreichern furchtbar mißhandelt worden seien. Der Landesverteidigung8minifter von Georgi wies die Angriffe Trylowskis entschieden zurück und erklärte, er lasse die Armee nit angreifen; die angeführten Fälle seien Ammenmärchen, derartiges sei bei östecrreihischen Soldaten unmöglich.

Großbritannien und Frland.

Im Unterhause stand gestern eine Anfrage, betreffend den Bau dér Bahnlinie Schanghai—Hangtschou Ningpo, auf der Tagesordnung.

antwortung der Anfrage aus, es sei richtig, daß geroifse tim Vertrage festgeseßte Fristen, innerhalb welcher die zur Aufnahme einec Aaleibe notwendigen Schritte unternommen werden follten, nicht innegehalten worden seten. Der engliste Gesandte in Peking sei deshalb er- mättigt, der hinesishen Regierung wegen des Bahnbaus ausdrüdlich Vorstellurgen zu machen. Er müsse darauf hinweisen, daß die Frage, ob man überhaupt China Geld leihen wolle und wenn, zu welden Bedingungen, tn erster Linie zu verleihen hätten. Die Regicrung sei aber eifrig bemüht, alles zu tun, was in ihren Kräften stehe, damit, w:nn einmal Geld geliehen worden sei, au die Bedingungea, unker welchen es geliehen worden sei, rihtig erfüllt würden. Er meine auch, es liege niht im Interesse der Geldgeber und noch weniger im Interesse China3, wenn es Geld borge und nahher vergeude, weil dzrunter sicherlich fein eizener Kredit leiden würde.

Jm weiteren Verlauf der Sißung fragte Lord Lonsdale (konservativ), ob das einstweilige Abkommen, das zwischen der chinesishen Regierung und der Deutsch- Asia- tishen Bank, in betreff des Baues der nördlichen Hälfte der Kanton—Hankou-Bahn, getroffen worden sei, der vom Vizekönig am 9. September 1905 abgegebenen Versicherung widersprehe, daß bei notwendig werdenden An- leihen im Auslande die britishen Finanzkreise zuerst an- gegangen werden würden.

Der Unterstaatssekretär Wood erwider!e, daß die Verhandlungen, beirefferd die Anleihe für diese Gisenbahn, noch niht abgeschlossen seien. Die Reglerurg halte es nichi für vorteilhaft, vor dem Abschluß der Verhandlungen Mitteilungen über ten Gegenstand zu machen.

Frankreich. Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus Paris haben gestern vormittag im Haupttelegraphenamt ziemli ernste Nuhestörungen und lärmende Kundgebungen bei Gelegenheit des Schichtwechsels stattgefunden. Die antretende Schicht verweigerte die Arbeit und warf der abgehenden Schicht lebhaft vor, daß sie im Laufe der Nacht alle De- peschen erledigt hätte. Der Unterstaatssekretäc Sim yan begab sich infolge des Lärms in den betreffenden Saal, begleitet von dem Polizeipräfekten, und forderte die Telegraphisten auf, den Saal zu verlassen oder sich an die Arbeit zu begeben. Nur 12 bis 15 Beamte verließen den Saal, alle anderen nahmen die Arbeit in normaler Weise wieder auf. Die Beamten, welhe die Aufnahme der Arbeit verweigert hatten, wurden suspendiert. Am Nachmittag schien in den Bureaus des Haupttelegraphenamts die Ruhe wieder eingekehrt zu sein, aber infolge von Störungen, die durch Witterungs-

liche Rechte an Grundstückcn, zu erwerben, Verbindlichkeiten einzu- gehen, vor Geriht zu klagen und verklagt zu werden, wird fie er-

Nah dem Bericht führte der Unterstaatssekretär Wood in Be- j

Sache derjenigen sei, die Geld |

Alle von den ausständigen Beamten verursachten Zerstörun an den Telegraphenapparaten sind behoben. S E

Die Angestellten der Hauptpost veranstalteten gestern nachmittag, als sie die Verurteilung mehrerer Postbeamten zu je sechs Tagen Gefängnis erfuhren, neuerdings Kund gebungen gegen die Verwaltung. Daraufhin erschienen der Unterstaatssekretär Simyan und der Polizeipräfekt pine mit fünfzig Gardisten, die die Kundgebungen vor dem Haupt- postamt unterdrückten und vier Beamte verhafteten. Nachher begab sich Lépine zum Ministerpräsidenten Clemenceau zu einer Konferenz.

Jn der vergangenen Naht wurde von 6000 Post- und Telegraphenbeamten in der Tivolihalle eine Versammlung ab: gehalten, in der verschiedene Redner und Rednerinnen überaus hestige Angriffe gegen den Unterstaatssekretär Simyan, ' gegen die Regierung und den P richteten, wel lezterer der Versammlung beiwohnte. Schließlich wurde eine Resolution einstimmig angenommen, durch die der sofortige all: gemeine Ausstand proklamiert wurde. Mehrere weibliche Beamte versprachen, daß die Telegraphistinnen und Telepho- nistinnen sih dem Streik anschließen werden.

Nußland.

Der Kalser hat gestern W. D. B zurolge: deu Präsidenten der Reihsduma Chomjakow in Zarskoje-Sselo in Weis Audienz empfangen.

Fn ihrer gestrigen Abendsißung verhandelte die Rei ch s- duma über den Etat des N in elums __ Im Laufe der Debatte brachte der Vertreter des Polenklubs Dymscha, laut Berit des ,W. T. B.*, eine Uebergangs8formel ein, in der der Wunsch au*gespro@en wird, daß die Polen zur BVe- fleidung der Friede-érichterämter in polnischen Gouvernements zuge- lassen würden. -— Dec Justtzminister Sh tscheglowitow erwiderte, Dymscha habe wohl vom t1heoretishen, nicht aber vom praktischen Standpunkte aus recht. Aus\scchließlih aus einheimischen [Polen zu sammengeseßte Gerichte wären im Jahre 1905 nicht auf der Höhe der Situation geblieben, da thre Tätigkeit den separatistishen polnischen Tendenzen rachgegeben und sie die Justiz n‘cht in ihren Händen be- haltea hätten. Jeyt werde gewünscht, daß sogar allgemeine Serichts- institutionen in diese Hände übergehen, E3 wäre yom praktischen Standpunkte aus ein großer Fehler, die Türen des Gerichts im gegen- wärtigen AHugenblick Personen poluisher Herkunft in den polnischen Gouvernements zu öffnen.

Die St. Petersburger Polizei hat, obiger Quelle zu- folge, vorgestern ein geheimes Waffenlager der Revo: lutionäre entdeckt und 40 Revolver und 3000 Patronen be- {lagnahmt. Zwei Personen sind verhaftet worden. Außer- dem ist vorgestern dur 50 Geheimpolizisten im psyhoneuro- logishen Jnstitut in St. Petersburg eine Haussuhung vor: genommen worden, wohei mehrere Personen verhaftet wurden,

Niederlande.

Das Amtsblatt veröffeniliht eine Entschließung der Königin, wonah die Mitglieder der Generalstaaten für Freitag, den 19. d. M., zu einer Versammlung eingeladen werden, in der hnen ein Gesezentwurf, betreffend die Regentschaft während der Minderjährigkeit dcs eventuellen Thronerben, vorgelegt wecden soll.

Türkei. Die Ernennung Nazim Paschas zum Jusli;minister ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern amtlih bekannt gemacht worden.

Serbien.

Der Minister des Aeußern Milowanowitsch hat nah einer Meldung des „K-K. Telegraphen-Korrespondenzbureaus“ der serbishen Gesandtschaft in Wien vorgestern ein Telegramm gesandt, in dem er sie ersucht, der Kaiserlihen und Königlichen Regierung auf die Mitteilung der ósterreichish-ungarischen Gesandtschaft in Belgrad, die ihm die legtere im Auftrage der Kaiserlihen und Königlichen Regierung am 6. d. M. gema hat, folgende Antwort übermitteln zu wollen: | “On der serbischen Zirkulardepeshe vom 10. d. M., die auÿ der Kaiserlichen und Königlichen Negterung, wie den Regterungen aller | übrigen Signatarmächte des Berliner Vertrag-s überreiht wurde, hat die serbisde Regierung ihren Standpurkt in der bos8nis{- | Herzegowinischen Frage dargelegt und dabei festgestellt, daß Serbien von .der Anschauung autgeht, daß die re&tlihen Beziehungen | zwischen R n L: Ungarn unverändert geblieben sind, sowte daß fie die Ausübung der nachhbarlihen Pflichten und die Pflege der Beziehungen, die 20 n Sia materiellen íInteressen entspringen, auf Grund der Gegenseitigkeit mit dec Nachbarmonarchie fortzuseßen wünscht. Auf Grund dessen ift die j Königliche Regierung der Ansicht, daß sowohl den materiellen Inter- | essen beiderseits als auch der Lage, die dur den im Vorjahr ab- | geshlossenen Vertrag, der in Serbien bereits Gesezetkraft erlang! vat, geshaffen wurde, am besten entsprohen wüz:de, wenn die Negierungen ODesterreichs und Ungarns dcn Parlamenten in Wien und Budapest diesen Handelsvertrag zur Annahme | unterbreiten würden, obgleich der vorgeschene Termin für dessen | Ratifikation abgelaufen ist. Durch die Annahme dieses Vertrages in | den Parlamenten würde auch etne Unterbrehung in den Vertrags- beziehungen am sichecsten vermieden werden. Durch Verwerfung die)es Vertrages würde entweder ein verläßliher Au?gangspunkt für ever tuelle | neue Handelsvertrag8verhandlungen erlangt werden oder man würde sch im Gegenteil auf Grund der Dispositionen der Parlamente und deren agrarischen Strömungen überzeugen, daß man die Idee des Abschlusses eines Tarify?rtrages zroischen Serbien und Oeskerreih-Ungarn überhaupt aufgeben müsse. Für den Fall, daß Desterrei@Ungarn wegen der Kürze der Zeit oder wegen seiner parlamentarischen Berhältnisse den abgeschlossenen Handels- vertrag in den Parlamenten bis zum 31. März nicht erledigen könnte, ifi die Königliche Regierung bereit, dem Äntrag zuzustimmen, daß die Gültigkeit dieses Vertrages provisorisch bis zum 31. Dezember des laufenden Jahres verlängert werde.

Wie amtlich gemeldet wird, hat der Minister des Aeußern Milowanowitsh den serbishen Gesandten in Konstantinopel beauftragt, aufs allerentshiedenste bei der Pforte das dort verbreitete Gerücht zu widerlegen, Serbien beabsich tige, den Sandschak zu besegen; denn Serbien denke gar nich! an ein derartiges Abenteuer.

- Die Skupschtina hat gestern den Geseßentwurf über den Minimaltarif in erster Lesung angenommen.

In der Debatte führte der Finanzmini)ter Protit\ch, „W T. B.“ zufolge, aus, der Geseßentrourf wolle eine Schädigung der serbishen Kaufleute verhindern. Die Skupschtina habe den im vorigen Jahre abgeschloss-nzn österreichi - serbisden Handelt- vertrag angenommen, die Parlamente O. sterreich- Ungarns hätten das bisher niht getan obwohl das Provisorium am 31 d. M. ablaufe. Der Jungradikale Simitsch billigte das Vorgehen der Regierung. Der Nationalist Rivynitsch erklärte, die Skupschtina würde niemals etne Regterung unterstützen, die versuhe, für wirt- softlihe Borteile die nationalen Intereffen zu verkaufen für die alle Serben Hab und Gut, ja selbst ihr Leben opfern würden. Der Forischrittler Paw lowitf ch betonte, Desterreih-Ungarn wolle wirt- \chaftlihe Fragen mit politishen verquicken, aber kein Serbe werde

cinflüsse hervorgerufen sind, ist die telegraphishe Verbindung besonders mit Deutshland, Dänemark und England schwierig.

tue momentane wirtischaftlihe Vorteile nationale Interessen preib- geben,

Amerika.

Die außerordentliche Session des amerika- nischen Kongresses hat, „W. T. B.“ zufolge, gestera mittag

nen.

M Asien.

Mie den „Daily News“ unter dem gestrigen Datum aus Tähris gemeldet wird, ist Dschulfa von den Anhängern des Shahs genommen worden. Die Einwohner haben sih über den Aras geflüchtet. : Einer Meldung der „Morning Post“ aus Schanghai zufolge ist die chinesishe Regierung bemüht, sih die Rückgabe von Weihaiwei gu sihern, um dort eine Flottenbasis zu chaffen. Es wird beabsichtigt, den Hafen für einen offenen zu erklären.

Afrika.

Nach einer Meldung des „NReuterschen Bureaus“ hat die verstärkte Mahallah Mulay Hafids die Truppen des Prätendenten bei der Kasbah der Aid Jussi geschlagen und viele Gefangene nach der Stadt gebracht. “Die Nachricht von dem Sieg erregte im Machsen große Befriedigung.

Australien.

Die gemeinsame deutsh-englishe Expedition auf Neu-Guinea hat, nah einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“, ergeben, daß im Jahre 1908 Eingeborene sih grober Gemwalttaten shuldig gemacht haben.

Parlamentarische Nachrichten.

Das Haus der Abgeordneten seßte in der heutigen (54.) Sigung, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach beiwohnte, die zweite Beratung des Ent- wurfs des Staatshaushaltsetats für das Rech- nungsjahr 1909 bei dem Spezialetat der Bauverwal- tung fort. / S

Nach kurzer Geschäftsordnungsdebatte einigt fich das Haus darüber, daß bei den Einnahmen zunächst die Frage der Schiffahrtsabgaben besprochen werden soll, und daß bei den dauernden Ausgaben in der allgemeinen Debatte zu dem Titel „Gehalt des Ministers“ in besonderen Diskussionen die Fragen des Wasserstraßenbeirats, des Sclepp- monopols, der Mosel- und Saarkanalisierung sowie der Antrag der Abgg. Borgmann (Soz) und Genossen, betreffend die Anstellung von Arbeiterbaukontrolleuren, behandelt werden sollen.

Unter den Einnahmen sind die Verkehrsabgaben (Brücken-, Fähr- und Hafengelder, Strom- und Kanalgefälle) in Höhe von 9900000 M, d. \. 400 000 /( mehr als im Vorjahr, eingestellt worden. im Extraordinarium sih findende Forderung von 200 000 M als 17. Rate zur Nachregulierung der größeren Stróme zur Beratung gestellt.

Abg. von Pappenheim (kons.): Es wird Ihnen bekannt sein, deß in diesen Tagen ein Antrog Preußens beim Bundesrat ein- gegangen ist, dec einen Geseßentwuif wegen der S@iffahrteabgakten beir.ffti. Preußen ersckeint es als erwürscht, lie, sondern au die organifatorischGe Seite Schiffahrtsabgaben bei dieser Gelegenheit von Bundesrat und Reichstag geregelt werde, die rcchtlihe Seite auch in- sofern, als es zweiselbast ift, ob nach Artikel 54 der Reicksverfassung dieje Schiffehrisabgaben auf ¿ffentlihen Strömen zu erheben seien cder nicht. Es muß also bet der Gelegenheit au die vcrfassungsrechtliche Seite erledigt werden. Es handelt sich bei der organisatorishen Frage, wie wir von vornherein gewür. {t haben, nicht darum, Steuern und Finanzquellen für die Einzelstaaten zu schaffen, sondern lediglih darum, die nötigen Mittel heranzuziehen, um auf öffentlihen Strömen die Fahrstraßen für die Schiffahrt weiter auszu- hauen. Das, was also bisher die Einzelstaaten für sih gelöst haben, wenn au in gegenseitigem Vertragsverhältnis, soll künftig ia einheitlihem Stil weiter verfolgt werden, und es sollen Kassen geschaffen werden, entweder innerbalb rer staatlichen Stromgebiete oder au mit andern Staaten gemeinschaftlih. Also nur Ueb:lwollen kann von der Grshließung neuer Finaniquellen sprechen.

Frage der

Der

anzusehen ist für den Ausbau und Betrieb der Kanäle, und da ist es wunderbar, daß noch immer Schwiertgkeiten sich zeigen, besonders ein gewisses Widerstreben bei den Einzelstaaten, die zum Teil wenig materiell an der Lösung dieser Frage interessiert sind.

kann es ruhig anerkennen, wenn Lage ift, eine Kopfstation in Ludwigshafen und Mannheim zu haben, mit Widerstreben daran denkt, daß ihm hier etwas gegen den weiteren Ausbau des Rheins vielleiht bis zum Bodensee ein gewisses Widerstreben zeigt. Man kann ich auch wohl denken, daß Sachsen vitale Interessen bei diefer Gelegenheit verteidigt und es vicht wünscht, in seiner Position auf der Glbe irgendwie einge\chränkt zu sein. Aber man kann es nicht verstehen,

Einzelstaaten noch immer in thren Landtagen und ibren Staat3vertretungen der Lösung dieser Frage widerstreben. Dies is um so unverständlicher, als Preußen in seiner Gisenbahn- politik die Interessen dieser Einzelstaaten tatsählich zu den seinigen gemacht hat. Es würde rotwendig sein, dieses unser Verhältnis zu den Cinzelstaaten in manchen Beziehungen zu revidieren, wenn dieses Widerstreben fortdaueit. Wenn ih bedenke, welche großen Bors teile z. B. die thücingishen Staaten aus der Nei volllommnung unseres Gisenbabnbctriebes, aus dem Ausbau unseres Eisenbahunnetes gehabt haben, so erscheint es mir ganz unbegreiflich, wie von den Einzelstaaten Schwierigkeiten entslehen können. Dies gilt namentli auch vom

Man

Großherzogtum Hessen. Vor der Betriebsgemeinshaft mit Preußen j einer Zubuße |

{loß der Eisenbahnetat in Hessen mit einem Minus, von 120000 A4 jährliÞ ab. Feyt hat er ein Plus von 44 Millionen Maik. Das sind doch Zahlen, die richt fo ohne weiteres ignoriert werden soll!en, wie es der hessis@e Landtag getan hat. Die Einzelstaaten sollten in Bogen nicht zu straf anspannen; man könnte dadur leiht zu der Erwägung geführt werden, welhe Vorteile Preußen voz der Ge- meinschaft mit Hessen hat, und ob dieser Vertrag, der doch nlicht un- lêslich ist, im finanziellen Interesse Preußer 8 gelöst werden Ich hoffe nicht, daß es dazu kommt, ich wünsche es ntt, aber \hließlich müssen wir doch erwarten, daß Hessen eb:nso loyal verfährt, wie es Preußen getan hat. Es erscheint mic als unzweifelhaft, daß, wenn die extraordinären Titel, die hiec mit zur Diskussion stehen, erschöpft sind, es für Preußen außerordentlich {wer sein wird, weitere Mittel für wviese Zwecke disponibel zu machen. Preußen bat au gar ketnen Zweifel darüber gelassen, daß es ni@t in der Lage ist, sür diese einseitigen Verkehrsinteresscn cllgemeine Staatsmittel dauernd bereitzustelen. Es kann kein Zweifel scin, daß die preußische Staatsregierung in Zukunft richt mehr aus allgemeinen Mitteln Zuschüsse zur Erhaltung und BVer- bisserung dieser Wosserstraßen aufbringen wird. Die Stellung meiner Freunde zu dieser Frage ist so klar und seit zwei Dezennien mit solher Konsequenz verfolgt worden, daß ich darüber nichts weiter zu sagen brauche. Es liegt deshalb nicht nur im woh!yerstandenen preußt- \{en Interesse, sondern auch im Interesse der Einzelstaaten, die Frage der Schiffahrtsabgaben möglichst bald threr Klärung entgegenzuführen. Wenn auch für Baden die Sache wegen der besonderen Interessen von

j Ludn igshafen und Mannheim \@wierig ist, so_wird es ih doch nit

de: Frage verschließen können, wie weit die Schiffahrt auch auf dem Oberrbein zu ermöglichen sein wird, wo sich schon jegt große Interessen geltend machen, und es ist eine mächtige Bewegung îm Gange, die Schiffahrlsverhältnifse auf dem Nhein bis zur Schweiz und zum Bodensee zu fördern, um auch dort der Wokhltaten einer sicheren und zuverlässigen Wasserstraße teil- haftig zu werden. Baden kann niht im einseitigen Interesse eines fleinen Verkeh:szentrums die großen internationalen Interessen arien. Ebenso wird hoffentlich auh Holland, das loyal bes strebt ist, die Wasserstraßen in seinen Grenzen der Rheinschiff- fahrtsakte anzupassen, diesen Verbesserungen nicht im Wege stehen. E232 licgt im eigensten Interesse Hollands, auf dem Rhein die idealsten Shiffahrtsverhältnisse zu schaffen. Hoffents lich werden sch die Herren überzeugen, daß nur dtese Verbesserungen erreiht werden sollen, und werden #ich nicht, in Vor- urteilen befangen, durch die Ang\t beeinflussen lassen, daß hier andere Zwecke erreiht werden sollen als die loyalsten Zwecke der Dienstbar- machung des Verkehrs. Und wenn auch die Verhandlungen mit Sachsen noch keine Klärung gebraht haben, so wird doch auch Sachsen fi klar werden, daß man nit wegen seiner Interessen allein diese aroße Frage ungelöst lafen kann; wir können niht für die Elbe andere Verhältnisse hafen als für andere Strôme, und wenn Sachsen sich nicht davon überzeugen könnte, daß es selbst Vorteile von den Schiffahris8abgaben auf der Elbe haben würde, so wird es fh doch den allgemeinen Inter- essen Deutschlands fügen müssen. Wenn es sehen wird, in welcher loyalen Weise dieses Sey ausgeführt werden wird, so wird es sich au mit den Schiffahrt8abgaben besreunden und einsehen, daß es füc Sawlsen, wenn au etne dira necessitas, so doch eine necessitas ift, h den allgemeinen Bedürfnissen zu fügen. Ich hoffe, daß es gelingen wird, diesen Widerstand zu brechen, und daß wir in bundesfreundlicher * Eintracht diese notwendigen Abgaben einführen, um dauernd den modernen Ansprüchen des Verkehrs an große Siffahris\traßen gerecht werden zu können.

(Schluß des Blattes.)

Statiftik und Volkswirtschaft.

Zunahme der Geisteskranken in Preußen.

Die Volkszählungen haben in gewissen Zeiträumen auch die An- wesenheit von Gebrechlihen, d. h. an Körper- und Geistesmängeln leidenden Personen in der Bevölkerung festgestellt. Da seit 1871 dur fünf Volkszählungen nah derselben Methode die Erhebung der

Jn Verbindung damit wird die }

Nachrichten und die Gewinnung der Ergebnisse im Königlichen Statistischen Landesamte stattgefunden haben, so konnte, wie aus den in der „Zeitschrift des Königlich preußischen Statistischen Landesamts3“ | veröffentlichten Aufsäßen des Geheimen Medizinalrats, Professors Dr. Guttstadt hervorgeht, auch die Frage beantwortet werden, ob die Gebrechlichen in Preußen zu- oder aögenommen haben.

So find bei der legten Volkszählung am 1. Dezember 1905 33567 (18096 männlihe und 15 471 weiblidje) Taubstumme = 9,0 (98 m., 8,2 w.) auf 10 000 Ginwohner im preußishen Staate ermittelt worden. Gîine Zunahme der Verhältniszahl der Tauh- tummen ist nicht eingetreten, vielmehr eine Verminderung derselben nachgewiesen, und zwar sowohl für die männlichen wie für die weib» lihen Taubstummen. Dabei muß man si vergegenwärtigen, wie sehr im Laufe der Jahre die Bevölkerung gewachsen ist. Leßtere bat sich von 1850 bis 1905, also in 25 Jahren um 10014213 = 06 0. Einwohner vermehrt, während die absolute Zahl der Taubstummen um 5773 = 20,7 v. H. in derselben Zeit zugenommen bat. Auf

daß richt nur die recht- j

Nun ist ja die Lösung dieser Frage für ! Preußen von ganz besonderer Bedeutung, weil fie als eine Vorbedingung |

sehr | Baden, das jeßt in der glücklichen |

entgeht, daß man j

wie andere | auh in |

ihren Forterungen den }

soll. !

10 000 Einwohner wurden 1880 noch 10,2 (11,3 m., 9,1 w.) Taub- stumme gezählt, 1905 dagegen nur 9,0 (9,8 m., 8,2 w.). Auch dem Alter nach ist die Abnahme festgestellt. Das Kindesalter erregt aus naheliegenden Gründen besonders das öffentlide Interesse. Die taub- stummen Kinder bis zu 15 Jahren erreichten 1905 nur die Zahl von 6865 = 20,4 v H. (3752 = 20,7.v. H. Knaben, 3113 = 20.1 V, O. Mädchen), während 1880 bedeutend mehr Taubstumme, nämlich 8492 = 30,5 v. H. (4773 = 31,4 v. H. Knaben, 3719 = 29,4 v. H. Mädchen), im Kindesalter standen.

Auch für die nahme hbervorjuheben. Im (10 979 m.. 10040 w.) = 5,6 wohner im Staate ermittelt, während ih diese Verhältniszahl vor einem Vierteljahrhundert (1880) auf 8,3 (8,5 m., 82 wo.) stellte. Im Alter bis zu 15 Jahren wurden 1905 1755 Blinde, vor 25 Jahren dagegen 2145 = 94 b. H. gezählt.

Zu einem nicht so erfreulichen Ergebnis hat die Feststellung der Zahl der Geisteskranken geführt. Nach der Volkezählung don 1905 waren deren 139 182 (73491 m, 65691 I 900

Fahre 1905 wurden ihrer

handen, 32,036 w.); die gleichen Verhältaisza (25,6 m., 23,1 w.). Gegenüber der t um 36,7 v. H. in dem Zeitraume von 25 Jahren erscheint die Zunahme der G-eisteskranken um 110 (114 m, 1C5 w.) v. H. sehr beträchtlich. Allerdings ist bei der Ermittelung von 1905 der Begriff „Geiste krankheit“ vom „wirtschaftlihen“ Standpunkt aus ge!aßt worden, während bei den vorhergehenden Volkszählungen mehr der medizinis{ch-wissenschaftlihe Gesihtspunkt Play griff. Früher wurde gefragt, ob die Geisteskrankheit angeboren oder später erworben sei, in dec Absicht, auf diese Weise Vererbung der Bebre@en zu Staaté- und die Provinzialverwaltung dieser Fragestellung, da die Heilbarkeit bezw. die

vor 25 Fahren (1880) ae nur 66345 (34 309 m., len betrugen also damals 243 Vermehrung der Einwohnerzabl

gewinnen. Außerdem hatten die

Ausbildungsfähigkeit

Gebrechlicher dadurch wesentlich bedingt sein kann, ob ein Gebrech- | | dauernd festgehalten zu werden, denn in wenigen Generationen werden

licher mit Sinnesmängeln geboren ift oder sie erst später erworben hat. Mit dieser Art der Feststellung hängt für die Provinzialverwaltungen die Größe des Bedürfnisses nah Anstalten für diese Unglücklichen eng zusammen. Leider sind die Fragen nach der angeführten Unter- {eidung der Geisteskranken bei den früheren Volks¡ählungen nicht vollständig genug beantwortet worden, gabe dieser Unterscheidung als geistesTrank bezethneten Personen ver- bältntsmäßig so groß war, daß das Ergebnis für den bezeichneten Zweck rächt zu verwenden war. Im Jahre 1805 hat der Stand- punkt des Bürgerlichen Weseßbuhs bei der Fragestelung Plaß | gegriffen, der im § 6 in folgender Weise ausge)prochen ist : „Ent- mündigt kann werden: 1) wer infolge von Geisteskrankheit oder von Seistes\chwäche seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag“. Bei den Beratungen über diese Bestimmung wurde die Notwendigkeit anerkannt, die „Geistesschwähe“ von der „Geistes- krankheit* zu unterscheiden und neben letzterer als Entmündigungs- grund aufzustellen, und zwar deshalb, weil es Zustände der geistigen Unvellkommenheit gebe, die nah der gewöhnlichen Auffassung nicht unter den Begriff der Geisteskrankheit fallen, troßdem aber dem Geistes\{chwachen die Besorgung seiner Angelegenheiten Un meg machen und aus diesem Grunde dessen Entmündigung rehtfertigen. Der Unterschied, der im praktishen Leben ¡wischen der Geisteskrank- heit und der Geistess{chwäche gemacht werde, genüge, um den Menschen zum Gegenstand zweier verschiedener Gntmündigungsfälle zu machen. Nach dieser Anshauung ift die statiftishe Untersheidungsfrage 1905 gestellt und beantwortet worden. Auffallende Antworten sind durch Nüdkfragen rihtiggestellt worden, angaben ersheinen: 8 1-aren bei der leßten Volkszählung (am 1, Dezember 1905) 68 991 (35 699 m., 33 292 w.) Geisteskranke = 18,5 (19,4 m., 17,6 w.) und 70 191 (37 792 m., 32399 w.) Geistes- \chwahe = 18,8 (20,5 m., 17,1 w.) auf 10000 Einwohner im preußischen. Staate vorhanden.

Getsieskranke = 15,2 (16,0 m., 14,5 w.) und 19173 (10 244 m., 8929 w.) Geistess{@wahe = %,1 (5,6 m,, 4,7 w ) au]

wohner. Insgesamt waren am leßten Volkszählungstage in den

Blinden ist die erfreulihe Tatsace ihrer E | jondern über einen großen Raum verteilt. 21 019 f

6,0 m, 5,3 w.) auf 10 000 Ein- |} empfangen. nÞ] D

= §3 v. H. |

(39,9 m., 34,8 w.) auf 10 000 Einwohner im preußishen Staate vor- |

Anstalten 75 890 Geistetkranke und Geistesschwache = 54,53 v. H.; 1895 stellten {ih diese Zahlen auf 43 791 = 52,8, 1880 auf 18 894 = 28,5 und 1871 auf 11760 = 21,4 v. H. sämtlicher Geisteskranken. (Stat. Korr.)

Kunst und Wisseuschaft.

A. P. Die Berliner Gesell\chaft für Anthropologie hatte zu ihrer jüngßen Sihung auh Damen eingeladen, die gern und in großer Zahl der Einladung zu einem Vorirage folgten, der ihnen bereits im Frühjahr vorigen Jahres in nahe Ausficht gestellt worden war. Es handelte sich damals um eine Wiederholung des Vortrages, den der als Gaft anwesende Herr Walter ge Clintodck aus Pittsburg über die Schwarzfußindianer in Ctontana und Canada in der Gesellsaft gehalten hatte und der bald nachher zum ¡weiten Male gehalten worden wäre, hätte Herr Mac Clintock nicht nah Amerikazurückkehrenmüssen. Er ist in Erinnerung an sein Versprechen jet nach Berlin zurückgekehrt und hat den Sommer benußt, seinen indianischen Freunden in den Rocky mountains einen neuen Besuch abzustatten und ihr Sommerfest, das in die Tage des höhsten Sonnenstandes fällt, mitzufeiern. Um die Erfahrungen und Gindrüdcke dieses ganz eigenartigen Festes hat er seine Schilderungen und n E sammlung bereichert, die photographishen Diapositive aber zu genauerer Wiedergabe der Wirklichkeit von sehr geschickter Hand sorgfältig kolorieren laffen. Es is an dieser Stelle über den erften Vortrag in Nr. 111 vom 11. Mai 1908 ausführlih berihtet worden. Wie damals, hatte sich auch diesmal der Vorsißende, Professor Dr. Kail von den Steinen bereit gefunden, dem des Deutschen nicht mächtigen Hercn Mac Clintock als Dolmetscher zu dienen, wos- gegen leßterec wie im Mai vorigen Jahres durch mit {ner Bariton- {timme vorgetragene indianische Gesänge erfreute, die wieder mit großem Beifall aufgenommen wurden, da sie in ihrer Art einzig sind. War somit dieser ¡weite Vortrag, besonders in seinem erften Teil, eine Wiederholung des Frühergehörten, die als Borbereitung auf die neuen Schilderungen aber so erwünscht als nôtig war, so brachte der zweite Teil so viel Neues und führte so eingehend in das Tun und Treiben, das Leben und die Bräuche dieser Indtaner ein, daß sich in dieser Vervollständigung das Bild aufs gelungenste ab- rundete. Zwei Schilderungen waren es besonders, die fesselten: die Symbolik der von den Indianern errichteten kegelförmigen Zelte und das mebrtägige Sommerfest. Es gehört ein besonderes S'udium dazu, die anscheinend regellose bunte Bemalung der Zelte zu ent- rätseln. Hat man aber die Lösung erst gefunden, dann liest man aus der Bemalung die besondere Lebensauffafsung dez Bewohners, seine Beschäftigung, selbst seine Liebhabereten heraus. Am Boden befindet sich zumeist ein breiter brauner Streifen, die mütterliche Erde darstellend. Kegelförmige Erhöhungen darauf veranschaulichen die Berge, die Vegetationskraft des Bodens aber wird übereinstimmend auf eine hôchst seltsame Art versinnbildlicht, nämlich durch rohe Zeichnungen von dem Staubpilz oder Bovist, den wir au, wenn auhch în kleineren Spezies, in unserer Pilzflora kennen. Warum gerade dieser Pilz für die reihe Vegetation der Prärie, in der er in Mengen vorkommt, als Symbol gewählt is, wird dur den Aberglauben erklärt, daß “er als Meteor vom Himmel falle; denn die Fortpflanzung des Pilzes durch seine nach der Neiffe als häßliher, olivfarbiger Staub vom Winde wver- breiteten Sporen hat die Naturbeoba#tung der íFndianer noch nicht ergründet. Die Spitze des Zeltes ist fast immer \chwarz bemalt, sie stellt den Himmel dar, zu dem natürlih das rote Bild der Sonne, das weiße des Mondes und der vor allem verehrte, zackig dargestellte Morgenstern gehören. Die breite Mitte des Zeltes ift für jene Sonderdarstellungen bestimmt, die charakteristish für den Bewohner find. Hinweise auf die Jagd sind besonders ftark ver- treten, Bilder der sogenannten „Sghußtiere“, nach denen die Zelte benannt werden, als das Dtterzeli, das Biberzelt, das Büffelzelt, das Krähenzelt 2c. Doch gibt es auch ein Sternen- zelt für den Medizinmann und andere kennzeichnende Bemalungen. Der Höhepunkt des indianischen Lebens ist das Fest der Sonne in der Zeit des Jahres, wo es in diesen hohen Breiten kaum Nacht wird. Groß find die Vorbereitungen; benn es wird jedes Jahr an einem anderen, durch die Nähe von Wasser geeigneten Play der Prärie gefeiert, der vorher allen Mitgliedern des Stammes kund- gegeben wird. Dann erheben sich \hnell die Zelte, nicht eng benahbart, | Es werden Deputationen die Geschenke bringen und solche

befreundetec Stämme empfangen, gen N g ur das große,

Sie tragen a. a. häufiz Baumaterial errihtende Festzelt zu, bestehend in hölzernen Die Festlichkeiten beginnen mit der Elnführung der „heiligen“ Frau, ter für die Dauer des Festes besondere Verehrung gezolit wird. Man wählt fie unter den jungen makellosen Ehefrauen. Sie muß sihch guter Hoffnung erfreuen. Die ersten 3 Tage gelten den Opfern an die Sonne und verschiedenen Zeremonten, unter denen NRundgänge und fefllihe Aufzüge etne hervor- ragende Rolle spielen. Als wichtigste Spende galten früher Büffel- zungen, heute begnügt man \ih bei dem Seltenwerden der Büffel bescheiden mit NRinderzungen. Inzwischen hat auch die heilige Frau inmitten anderer Frauen ein besonderes Zelt bezogen. Es folgen Tänze, Kampf- und Ninaspiele, wobei zuweilen von den Jünglingen Proben im Ertragen von Schmerzen durch Selbst- peinigung abgelegt werden. Der vierte Tag ist der Errichtung

am 4. Tage zu Pfosten und Querhölzern.

| des sehr großen, mit grünen Reisern durchflohtenen Festzeltes geweiht.

in den nächsten Tagen Festgelage statt, bei denen es durch die Alten sehr gemessen und würdevoll zugeht. Dazu legen Männer und Frauen ihre buntesten Festgewänder und

Hier finden dann unter Ueberwachung

Unterlagen für die Feststellung der | ein lebhaftes Interesse an |

: bhübshe Indianerin, die im

sodaß die Zahl der ohne An- j

| w!ssenschaftlich. Einer ihrer

zum großen Teil wunderlihen Puß an. Ein prächtiges Bild zeigte am S&luß das ausgedehnte Zeltlager in der been Junimondnacht, wobei das in den Zelten gebrannte Licht diese halbdurchfidtig er- scheinen ließ. Es ift Herrn Mac Clintock sicher darin recht zu geben: alle Bilder dieses Indianerlebens sind es wert, für die Gcinnerung

fie überhaupt nur noch in der Erinnerung leben, dieser „Tolle Wolf“,

dieser „Rote Fuh3", auch diese als „Die kleine Feder“ bezeichnete Bilde vorgeführt rourden.

Königlichen Akademie der Wifsen-

Dank der Freigebigkeit der e Lasten, der Gesellschaft Naturforshender Freunde und etner großen

Anzahl von GSönnern der Wissenschaft konnte das Geologi|@-

| paläontologishe Institut und Museum der Universität Berlin eine

Expedition vorerst auf zehn Monate nah Deutsh-Ostafrika aussenden. Sie foll die fossilen Saurier aus graben, die dort von Professor G. Fraas in den Sthichten der Kreideformation ent- deckt worden sind. Die ostafrikanishen Saurier liefern, wie der „Köln. Ztg." mitgeteilt wird, den Bewels, daß noch in jungjurassisher Zeit Nordamerika mit Afrikz in irgead einem Zusammenhange gestanden hat. Dieselbe Gruppe von Sauriern, die ch in der Kreidezeit in

¡ Afrika findet, hat ja auch {on in jungjurassisher Zeit in Nord-

amerika gelebt. Da es aber Landtiere waren, wenn auch wohl mit amphibisher Lebensweise, so können sie nur auf dem Landwege von Nordamerika nach Afrika oder umgekehrt gelangt fein. Die Annahme, fe seien hier und dort unabhängig von einander entstanden, if un- Rertreter, ein Diplodokus von 5 m Höhe und 25 m Unge, ist als Geschenk Carnegies im Gipsabgusse im Berliner Museum für Naturkunde zu schen. Der Leiter der in diesen

sodaß als Grgebnis folgende Zahlen- } | Expedition Ingenieur Wilhelm Herrmann mitgehen.

Fn den Anstalten befanden ih 56717 (29 361 m., 27 356 w.) ; 10 000 Ein- |

Tagen abgegangenen Expedition ist der Kustos am geologis-paläon- tologishen Institut Dr. Janensh. Ihn begleitet Dr. Hennig, Assistent des Instituts. Ursprünglich sollte als zweiter Leiter der Große kolonis \satorishe Aufgaben haben thn indessen im leßten Augenblike nah Südamerika gerufen. Die Deutsch - Ostafrikanishe Gesellschaft bat einen ihrer Beamten, den Bergingenteur Sattler, auf vier MWothen beurlaubt, damit er shon vor dem Eintreffen der Expedition | in Lindi die nötigen Neger anwerbe und die Erpedition an Ort und Stelle bringe. Ingenieur Sattler ist der Entdecker dieser Lager- ! stätte, die gleiY einem riesigen Kirchhof dicht besät ist mit den aus