1888 / 316 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 15 Dec 1888 18:00:01 GMT) scan diff

werden müsse. Aber in welcher Art dies gesehen solle, darüber werde l-diglich die Regierung Vorschläge zu machen in der Lage sein. Es kämen dabei ja „agen von weittragender politisher Bedeutung in Betracht, über die das Haus in keiner Weise, unterrichtet sei. Er habe dabei zu den verbündeten Regierungen und insbesondere zu dem Reichs- kanzler das Vertrauen, daß die Vorschläge derart seien, daß sie unter allen Umständen der Allgemeinheit zu Gute kämen, daß die bewilligten Gelder von den richtigen Leuten verwendet würden und daß die richtigen Personen die Entscheidung über alle Vorgänge zu treffen haben würden. Alles, was g ee werde ja nicht fofort Nugzen bringen, sondern sei ein Wech)el auf die Zukunft. Wenn man nur bewußt die nothwendigen Schritte thue, so werde man sie gegen die Wähler und gegen die Nachwelt verantworten können. Die Nach- welt werde dankend anerkennen, wenn das Reih auf diesem Wege vorgeschritten sei. Ja, vielleiht würde sie es niht begreifen können, wenn Deutschland auf dem bis- herigen Wege stehen geblieben und niht weiter gegangen wäre. - Deutschland habe in den leßten Jahren auf den über- seeishen Gebieten und in der ganzen Welt eine ganz andere Stellung eingenommen als bisher. Diez Engländer fühlten das auch. Jn dem Bericht des Gouverneurs von Lagos an die englishe Regierung werde ausgesprochen, daß Deutschland, wie in anderen Theilen der Welt, fo auch dort entschlossen sei, den Handel mit England zu theilen. Diesen Entschluß wolle das Haus auch in dem rorliegenden Fall festhalten: die Gedanken der Menschlichkeit, weiche in dem Antrag Windt- horst ausëgesprochen seien, verwirklict zu schen, und andererseits, daß Deutschland an dem Erfolg Theil habe, wenn Afrika in weitem Paß der Civilisation ershlossen sei. ;

Aba. von Helldorf: Die ganze Bewegung gegen die Sklaverei sei von katholischer Seite ausgegangen ; man werde aber daran festhalten müssen, daß dies die Gesammtaufgabe der chrift- lichen Civilisation und ein gemein}ames Vorgehen hier ge- boten sei. Der Antrag des Abg. Dr. Windthorst habe in seinem Wortlaut die Frage sehr richtig begrenzt, während der Abg. Woermann sie vom wirthschaftlichen Standpunkt behandelt habe. Der Antrag enthalte eine Ermuthigung an die Re- gierung, mit prafktishen Vorschlägen an das Haus heran- zutreten. Er möchte aber Tariveaia, daß er 1ch ungefähr die Maßregeln als Einrichtung einer Landblokade zur Unter- stüßung der Seeblokade denke. Daß es sih hier um den Schutz deutscher Jnteressen handele, werde von Allen anerkannt werden müssen, ohne daß es in dem Antrage stehe. Man könne es nicht vermeiden, die Verhältnisse der Ostafrikanischen Gesellschaft mit in die Erörterung zu ziehen; denn die bisherige Thätigkeit der Gesellschaft verbürge eben die Möglichkeit eines erfolgreichen Eingreifens von unserer Seite. Es gelte die der Gesellshaft vom Sultan übertragene Küste wiederzugewinnen und von da aus in das Jnnere vorzudringen. Man dürfe eine Unterstüßung diesex Gesellshaft nicht scheuen, weil es sih um die Subvention einer Privatgesellschaft handele. Seines Erachtens sei es ein großer Fehler des Reichstages gewesen, als er die Samoavorlage abgelehnt habe. Man stände viel besser, wenn man durch eine fleine Subvention von Privatinter:\sen dort den deutschen Handel unterstüßt hätte. Es komme eben darauf an, ob auch ein Jnteresse des Reichs bei der Sache vorhanden sei. Daß dieses gegenwärtig vorliege, glaube er nun behaupten zu müssen. Bei dem Eingreifen des Reichs handele es sih nicht um eine große militärische Aktion, sondern um den Schutz des deutschen Fnteresses und der von Deutschen erworbenen Rechte. Bei der Angelegen- heit der Ostafrikanischen Gesellschaft habe es ihn oft empört, wenn er die Kritiken der Zeitungen über die Unternehmungen unserer Landsleute im Auslande gelesen. Mit welcher Freude berihte man, wenn €s einmal einem Deutschen irgendwo \{chlecht gehe. Möchten die Dinge von der Gesellschaft richtig oder falsch angefangen sein: eins glaube er, man je denjenigen Männern, welche ihre Haut zu Markfie trügen und die mit Gefahr für Leib und Leben die deut!hen Schußtß- gebiete eröffnet hätten, Dank schuldig. Herren wie Peters U. A., die im Sonnenbrand marschirt seien und keine Gefahr gescheut hätten, daß Deutschland überhaupt dort Boden gefaßt habe, müßten die Sympathien der Nation haben. Vergesse man doch nicht, daß Deutschland Anfänçcer sei auf diesem Gebiet. Es habe fich nach dreihundertjährigem Schlafe besonnen, es sei aufgewacht. Da sei es kein Wunder,wenn sih r.0ch Leute fänden, die sih noch die Augen rieben und nicht begriffen, daß Deutsch- land nun in der Welt selbständig die Rolle übernehmen müsse, die ihm von Gottes und Rechtswegen zukomme. Er freue fih von Herzen, von Hrn. Woezmann gehört zu baben, daß sich diese Anerkennung auch in den Handelsfstädten Bahn ge- brochen habe. Es herrsche bei uns noch vielfach die kleinliche Auffassung, daß man sofoct Renten haben wolle, die ein derartiges Unternehmen bringen kföane. Durch die bestehenden Mängel dürfe sih Deutschland niht entmuthigen lafses, auf dem bis- herigen Wege, niht der Ofkupation und Eroberung, sondern des Schutzes der Handelsunternehmer, weiter fortzuschreiten. Aber eins sei dabei nöthig, daß die Unternehmer getragen seien von den Sympathien der Zustimmung des größten Theils der Nation. Der Beschluß werde nit allein die Wirkung haben, humanitäre Bestrebungen zu unterstüßen. Er werde nochch eine besondere Bedeutung haben, wenn man das Gebiet betrachte, um welches es sih handele. Die Hoffnungen für oie Zukunft im Auslande konzentrirten sich in Ost-Afrika. Darüver sei gar kein Zweifel, daß in dem Augenblick, wo man den Fuß dort zurücziehe, das Ausland dort seinen Fuß hinseze. Das Reich könne sich niht auf Unternehmungen einlassen, wie sie andere Nationen gemacht hätten er erinnere nur an die traurigen Dinge auf Madagaskar —, aber diese Unier- nehmungen dokumentirten doch die Werthshäßzung aller handeltreibenden Nationen für den fkolonialen Besiß, um dessentwillen ihnen der Preis ungezählter Millionen und Tau- sender von Menschenleben niht zu hoh gewesen sei. Der Beschluß werde dem Auslande gegenüber den Effekt haben, und darum wünsche er, daß diefer Beshluß möglichst ein- müthig gefaßt wecde, daß, wo immer Deutschland in der Welt den Fuß hingesegt habe, es unter keinen Umständen wegzu- gehen entschlossen sei.

Staatssekretär Graf von Bismarck:

Die Einbringung des Antrags, der uns heute beschäftigt, hat in weiten Kreisen vnserer Bevölkerung lebbaste Genugthuung hbervor- gerufen, und ih bin überzeugt, daß der Inbalt der heutigen Debatte dics noch in erhöhtem Maße innerhalb unseres Vaterlandes thun wird Ich darf mi persönli dahin ausspreben, daß der Gang der Debatte mih mit großer Genugthuung erfüllt hat, und am meisten, daß die kervorragendsten Mitglieder des Hauses ein sehr warmcs Interesse bekunden an der Uebernahme der großen Aufgabe, an der Unterdrückung des Sklavenhandels und an den kulturellen Anstren- gungen der deutschen Pioniere der Civilisation.

Ueber die Satcke, die uns heute beschäftigt, ift hon so viel Vor- trefflihes und Eingebende8 gesagt worden, daß mir zu sagen fast nits B L s As möchte ich die Herren bitten, mir einige Minuten r zu shenfen. s 5 eber die Lage der Dinge in Ost-Afrika selbft sind die Herren dur die im Druck ihnen vorgelegten Depeschen orientirt worden, insoweit dies gegenwärtig möglih war. Es hat si seit der Vor- lage des sogenarnten Weißbuches nichts Wesentlibes geändert, ih glaube nur insofern, als jezt auch Portugal faktisch den Blokaze- maßregeln kcigetreten ift “und \ich in dankenêwerther Weise bereit erklärt bat, mit beträctliben Krätten einen gtoßen Tbeil, 24 Breiten-

rade, nahezu 40 deuts{@e Meilen, seiner eigenen, an die Zanzibar- Küste angrenzenden Kolonie Mozambique in- Blokadezuftaud zu er- flären. c L: :

Im Uebrigen is über die Zustände in Ost-Afrika Erfreulies leider jeßt nit viel zu sagen. Was die „Gesellschaft für Ost Afrika betrifft, so hat sie ibre umfafsende Aufgabe mit an si geringen Mitteln unternommen, deren Mißverhältniß zu der vos ibr über- nommenen Kulturmissien noch gesteigert worden ist dur die Reaktion der arabischen Sklavenböndler, welhe sih in ibrem ebenso \{chmäb- lien, wie lukrativen Geschäfte und dessen Ausübung bedroht sahen durch Anbabnung geordneter Verhältnisse in Afrika. Die Chefs, wie sie ich dort nennen, der Banden, die diese schändliche Sklavenjagd betreiben, baben bisber unter der Oberberrschaft dcs Sultans von Zanzibar gestanden. Sie haten sich direkt gegen diesen empört und haben manche von unseren Reichs- augebörigen, die dort zum Theil auf Grund des Vertrags im Namen des Sultans thätig waren, an Leben und Eigenthum geschädigt. Diese Sklaveniagden, von denen ja hier fo viel gesprochen worden ist, und die aufs Eingebendste in der großen Gürzeniher Versamm- lung in Köln beleuchtet worden sind, von der die Herren wobl faft Alle Kenntniß haben, sind in ersier Linie eine grcße Sbmach für die Menschheit und für unser Jahrhundert. Ganz abgesehen von diesem Gesichtspunkt sind sie aber aub so verwerflih und beklagens- wertr, weil sie systematish zur Entvölkeruna, mitbin zur Wüstlegung Afrikas führen Sie werden ars den vielen Veröffentlichungen, die er- folgt sind, erfahren baben, daß Gegenden, die für afrikanische Verbältniffe blühend zu nennen waren man muß da einen geringen Maßitab anlegen, die Negerdörfer sind natürlih nibt_ mit anderen Dörfern zu vergleihen —, daß solde Gegenden durch Sklavenjagden verwüstet sind, indem die Eingeborenen entweder fortgeführt, verjagt oder erschlagen wurden. Dieje Sklavenjäger, die ebenso Labgierig wie gewifssenlos verfahren, gehen viele Hundert Meilen weit ins Innere und verbreiten niht nur Scchrecken und Furcht, sondern schlagen tott, was sie nicht mitnehmen können. Es sind das Zu- stände, bei denen die an sich armen und dürftigen Ansiedelungen der Neger nit kesiehen können. Diese unglückfeligen Menschen tief im Innern kennen vielfa noch keine Feuerwaffen, oder lernen fie bôhstens anr cigenen Leibe kennen, wenn die Kugel des Arabers3 sie trifft. Natürlich sind sie wekrlos gegenüber den mit weit- tragenden Präcisionswaffen versehenen Arabern. Ich komme auf diesen Punkt nacber bei der Frage der Zufubr von Munition noŸ ¡urück, und id wolite bier nur noch sagen, daß Angesichts dieser That- sachen, wie sie der Hr. Abg. Windthorst, der Antragsteller, über- ¡evgend dargelegt hat, nachdem wir dort einmal dur deutshe An- siedelungen vertreten sind, ich es als eine GEhrensache für das Reich bezeichnen ¿u dürfen glaube, diese Aufgabe weiter zu führen. Wir find dabei der Unterstüßung Englands gewiß, welches getreu seinen ehren- vollen Traditionen stets an der Spitze aller Anti!klavereibewegungen gestanden hat. Wir werden also, das glaube iv fsither jagen zu föônnen, auf rüdcktaltlose Untersi:üßung Ænglands rechnen Ffönnen Wir sind, wie die Herren aub aus den Weitbuchdepescen ersehen haben, mit der englischen Regierung in vectraulihec und eingehender Beratbung gewesen, und ih fann nur sagen, daß dieselve in dieser ganzen Zeit mit der größten Loyalität und dem donkenöwerthesten Entgegenkommen verfabren ist. Ich kabe gar keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß dies auch ferner der Fall sein wird. Diejenigen Herren, welche den Berathungen im englischen Parlament folgen, werden daraus erfeben haben, daß der Unter-Staatssekretär Ferzutson sch in ganz analogem Sinne aus- spra, insoweit Deutschland in Betract kommt. Da berrscht also vollkommenes Vertrauen und volle U-bereinstimmung. Es ist das au insofern von grozer Wichti. keit, weil wir in Folge des Ver- trags vom Herbst 1885 uns mit England dort gewissermaßen ver- beiratket baben, wenn i mib fo auédrüden dar Wir baten das gern getan, weil wir in dieser kolonialen Ebe nur profitiren können von den Etfatrurgen des anderen Theils, und wel wir Eng- land mit feinem großen Unternebmungéêgeist und gewaltigem Kapital zur Seite baben, welhes uns mit behülflic [cin wird, um den Sklaventagden nachhaltig und wirksam entgegenzutreten. E83 iït dies, wie die Herren Vorredner und aa erstec Stelle der Herr Antragsteller entwickelt baben, das nächste Objekt, was nit nur die ganze ôffent- lie Meinung, für die dies sebr chrenocll ist, sondern auch die Regierung von ibrem rrafktishen und verantwortlihen Standpunkt aus ich will die andere damit niht unpraktisch nennen ins Auge zu fassen bat. So lange tie Greuel des Sklavenhandels mit allen Nack@thbeilen, die i vorbin angedeutet habe, bestehen so lange ift es auch nit mêgli6, Afrika der Gesittung, dem 6hristentbum und der Kultur zu ersclicßen. In diese drei Biorte, glaube ic, laffcn sih au die Ziele des Herrn Antragstellers zusammenfassen, und die theilen wir aus vollem Herzen

Bei den Berathungen, die wir mit England gepflegen baben, bat d ergeben, daß das erste anwendbare Mittel die Seeblokade war, um die Ausfuhr der Sklaven und die Einfuhr der Waffen zu hemmen. In der kurzen Zeit ließ sich etwas Anderes gar nicht finden z wir können vns nicht auf Lzndunternebmungen einlasien aus Gründen, die fich den Herren von fseibît aufdrängen werden. Wir batten vier unserer besten Sd iffe dort und die sind jet noch du:ch zwei ver- stärkt worden, Ergland hat ètcren fünf dort, Italien hat, glaube i, jeßt auch ein zweit.8 Schiff bingeshickt, und Portugal verfügt dort über mektrere ch!fe, fo daß immer eine beträtliche Summe von Stiffen und Swiff2mannschaften vereinigt ist Die Veréffentliungen über die Engagements unserer Marine baben auh ergeben, daß dieselbe, wie sie dies überall zu thun gewöhnt i, mit Umsi®t, Tapferkeit und Ent- \{lofsenbeit die Flazge und die Interessen Deutsclands bocbkbält. Wir können nit genug rühmen die Umsicht vnd Klarheit, die beson- ders unser vorzüglicher Admiral Deinhard dort an den Tag legt. Er bat das Glü gehabt, vers&iedene Sklavenswbiffe aufgreifen zu können. Wir habtea noch nit gehört, ob Schiffe anderer Nationen au so glüclih gewcsen sind. Es wird sih daran die Erwägung sch{licßen, was nit den Sklaven später anzufangen ist; ich claube, daß man sie am besten als freie Arbeiter wird verwenden können, vielleiht den dort bestehenden Missionen überweisen Zurück- schbiden kann man sie rit, die uzglüdliden Leute finden niht nach Hause und würden cinfach von den Arabern wieder aufge- fangen werden. Ich will noch weiterhin eingeben auf den Punkt, wo ih ven dén verschiedenen Mätten spra, was der Herr Antragsteller meinte. Der Herr vermißt eine Andeutung über Frankreih8s Stellung. In dem Weißbuch ift darüber allerdings ziemli wenig enthalten, ih glaube in der Hauptsache nur ein Telegramm unseres Botschafters in Paris über eine Unterredung wit Hrn. Goblet, Diese war aber immerhin sehr befciedigend. Der französishe Herr Auswärtige Minister hat \sih dort entgegenkommend geäußert, und c8 wird für alie anwesenden Herren ersreulih sein, ¿u vernebmen, daß cer ein so aroßes Gewict legt auf die alten Traditionen Frankreibs. Nun ift Frankrei, wie die Herren wissen, dem Vaitrag vom Jabre 1841, den die damal:gen vier anderen Großmätte abges{lecssen zur Unterdrückung des Sklavenbandels, leider niht beigetreten. Es war ein prinzipielles Bedenken, das die Franzosen davon abbielt, ten Vertrag. den sie \{on abgeschlossen hatten, zu ratifiziren. Sie glaubten nämli, r es mit der Würde der französisen Flagge nit verträglih wäre, da Schiffe, die fie führen, von engli\hen Kreuzern untersudt würden, selbst wenn diese Schiffe von Arabern geführt werden und Sklaven an Vord haben. Das ift eine prinzipielle Frage, die auch wohl einen

3

—_ -—

politishen Hirtergrund haben wird, den ih nicht weiter untersuckben will. Von allen vier Großmäcßten, Egland, Rußland, Preußen und Oesterrei, war es nur England, das Kreuzer in. fernen Meeren balten foonte, sodaß England auch die einzige Maht war, die scit dem Jahre 1841 dem Sklavenbandel entgegengetreten ist, insoweit diefer nicht unter franösis&er Flagge fuhr. Die französi'he Regierung hat jeyt also zugesagt, ihre oftafri- fanisde Station wesentli zu verstärken, und si®, fest- haltend an ibrem alten Standpunkt, ausbedungen, daß diejenigen Stiffe, wel(e, obglei sie Arabern gehören, ihre Heima iere in. Obok oder Madagaskar genontmen haben und die sranzÿsishe Flagge fübren, dem nästen französishen Konsulat oder dem. nähsten franzö- fischen Kriegs\chif überwiesen werden. Die. französishen Geseße gegen Sklaverei sind fehr streng, und sie würden nah denselben bestraft werden, sodaß ih boffe, daß der Herr Antragsteller biermit be- friedigt sein wird. Wir werden au, wie es in der Thronrede bereits angekündigt. ist, mit den übrigen Mäctea weiter zu verhandeln uns angelegen sein laffen, zumal nahdem wir die Ermutbigung dazu aus E bisherigen erwünschten Verlauf der beutigen Debatte gewonnen aben. i

Gbe wir uns mit weiteren Mafregeln befafsen, werten wir noch die Einziehung von Erkundigungen fortjeyen bei orts- und sakundigen Leuten. An erster Stelle haben wir in dieser Beziebung die Ver-

günstigurg, daß der von den Herren Vorrednern auch schon genannte

und so rühmlichst bekannte verehrte Hr. Wifmznn, der heute unter uns weilt, uns mit seinem Rath momentan zur Verfügung steht. Gerade aus verschiedenen Unterhaltungen, die ich mit diesem Herrn ge- babt babe, habe i die erste Ermuthigung, an Ausarbeitung einer Vorlage zu denken. Nach den Angaben dieses Herrn, wie auch er- fabrener urd viel gereister Kaufleute, die Beziehungen mit Afrika baben, würde e8 garni{t einmal nêthig sein, sehr bedeutende Kräfte in Bewegung zu seßen, um den Sklaverjägern und Menschenmördern das Handwerk zu legen; wir baben bisher zwar nur WViaterial ge- sammeit und als streng konstitutionelle Leute an eine Ausarbeitung der Vorlage nit geben können; wir wollen vor Allem die nötbige Basis baben, das beißt die Ermotbigung und Unterstützung des Reic8- tages, welche wir jeßt wobl erboffen dürfen. Ih will einstweilen nur andeuten, daß nach dem, was diefe Herren sagen, es K nur um einige bundert Polizeisoldaten in den einzelnen Stationen handeln würde, Polizeisoidaten, welche vielleibt im Namen der Gesellschaft, die dort die Oberbobeit von dem Sultan übertragen erbalten hat, oder auf irgend eine andere Weise angeworben werden könnten. Ich ftreife dieses bier nur und bemerke, daß wir uns alle Ents(lüfse vorbehalten, bis wir die Vorlage einbringen. Wir werden sebr dankbar fein, wenn uns aus der Witte des Hauses, da die Herren ja zum Theil intime Beziehungen mit Ost-Afrikareitenden baben, Winke und Ratbichläge zugeben, während wir an der Autarbeitung der Vorlage sind. Ih möchte auch ? en Punkt mir durchaus ancignen, den der Herr Antrag- steller rerübrte, nämli, daß wir möglichst einig nah Außen ersch{ei- nen, wie wir es innerli vollkommen sind. Es handelt sich wobl böchitens um verschiedene Semen, I% bin aber überzeugt, daß die Diskussion alles beizubringende Material so wei hämmern wird, daß wir dasselbe in die ricbtige Form bringen können, und bei der Diskussion, die uns in einigen Wochen, denke ib, bevorsiebt, eine volle Einigkeit in der Beziebung nah Außen errcicen werdcn. Wir werden uns genau in den Grenzen halten, die der Reichâtag uns dann ziehen wird, wie wir uns bi2her das ift heute auch von der Tribüne zu meiner Befriedigurg anerkarnt worden genau an die Grenzen gehalten haben. welche durch die seiner Zeit Tundgegebenen Fes über die Stellung des Reichs zu den kolcnialen Be- trebungen seiner Angehörigen gezogen sind.

Mein verehrter Herr Vorredner kat davon geproen, die Marine zu ertlasten, und ich glaube in der That, daß das angezeigt sein würde, denn die Marine hat eire sehr s{wierige und weite ufgabe: sie foll eine Küste von ca. 8 Breitengradten bewachen; es wird oft rit mögli scin, in den dunklen Tropennächten, in denen ein Sflaven- {if ohne Lichter bei den dort ziemli regelmäßig wehenden Winden in fürf Stunden na der Insel Zanzibar von dem Festlande binüber- fährt, desfelben habhaft zu werden. &8 wird sih also im Sinne des Herrn Vortedners empfehlen, daß wir den von Hrn. von Helldorf angewandten Ausdruck in die Praxis übersegen und an eine Land- blokade denken. Ich nehme diesen Autdruck aktsihtli% bier auf, weil er ein umfassender ift und sich alles Mögliche darunter verstehen läßt. Mir ift gcíagt worden, daß 7—900 Schwarze mit etwa 39 weißen Führern eirs{ließlih einer Reserv2 in Zanzibar genügen würden wenn 4 Purkte gehalten werden follen. Das Minimum für jeden Punkt würde 100 Schwarze mit einigen weißen Fükbre-rn sein. Das fübre id nur informator!sch an, wie ich es selbst nur als Information bekommen habe: ih kann eine Garantie dafür nit übernehmen.

Daß der Sklavenbandel seit dem Auftreten der Engländer im Jabre 1873 \&on wesertlich abäenommen hat, ift Thatsave. Wenn die Herren gestalten, darf ich vielleicht cinen ganz kurzen Au2:ug aus einer Schrift citiren von Dr. Fischer: „Nehr Licht im dunkeln Welt- theil“, Hamburg 1885. Da it gesagt: eDer Sultan von Zanzibar batte vor dem Jahre 1870 59000 Sklavey, jeßt hat er nur noch aede M also innerhalb 15 Jahren ift die Zahl auf ein Fünftel gt?untien.

Aus. dem im Jahre 1872 erschienenen Buch von Burton über Zanzibar ergiebt sich (Voiumen I. Pag. 463 und 465), daß die Sfklavenverfsorgung der Insel Zanzibar eine Anzahl erforderie, welhe nah den Scâätungen zwischen 1700 und 6000 s{wankte, während für den Exvori noch 12000 bis 16 009 verblieben. Den hö&îten Import ktatte das Jahr 1860/61 mit 19 060 Sklaven aufzuweifen. Œ&8s werden von den Inseln viele von diefen unglückseligen Sklaven beiderlei Ges&lechts nach Maskat und Persien gebracht, viele fem- men um. Die Anzabl der Umkowmmenden überschreitet nah meiner Aasitt die weitgeheadsten Sbäßungen. Ich habe von einem der Herren Borredrer gehört, daß Afrika jährlich um zwei Miliionen Seelen ent1völlert werde. Man mrß noch in Ars(&iag bringen, daß eine Menge junger Leute und Kinder ersch{lagen werden, weil sie den Marsch der Karawanen ni&t mitmacen körren, es wird dadurh deren Wachstbum, felbständige Ertwickelung und Hauéstardgrüntung verhindert. Ich glaube, daß bi:r mit der Keim- erstickung nod schr viel mebr zerstört wird als die genannte Zabl, und ih wuntere mich, daß ein großec Tbeil Afrikaë nicht noch mebr ertvölfert ist, als es durch die‘es Ungeziefer von Arabern, welchcs si dort eingenistet hat, biéher gescheben ist. :

Wenn ich zum Scluß komme, so darf ich nur wiederholen, daß wir es urs angelegen lafien sein werden, aub die anderen seccfahrenten Nationen zu gewinnen, daß sie uns wirksam unterstüßen. Wir sind au, wie aus dem Weiztuch bervorgebt, mit dem Congoftaat, der uns bereitwillig entgegengekommen ist, tarüber in Vert“andlung, wir werden mit der nietecländishen Regierung Verbandlunçen anbabnen. Die Niederlande haben teibit keinen Besi in Afrika, es balten aber Holländer dort Faktoreien, die mit Waffen bandeln, im Congostaat und in französishen oder portugiesishen Kolonien West-Afrikas ihre Niederlassungen haben. Von dort geht es den Congo binauf, bis tief in das Innere. Man weiß niht, wie die Leute die Waffen be- kommen, aber sie haben ibre Stationen vorgeschoben bis zu den

roßen afrifanishen Binyenseen; ih glaube, beinabe 209 deutsche

teilen von der Küste. Die Endpunkte der Karawanenstraßen sind diejenigen, auf welche wir unser Augenmerk rihten müssen. Wir halten zunächst Bagamoyo; der zweite Hafen Dar- es - Salaam ist, glaube id, als Endpunkt ciner Karawanenfiraße nicht von Wichtigkeit. Ein dritter Punkt von Bedeutung beißt Paggani, und diesen würden wir wieder nehmen müssen. uh nah der Angale des Hrn. , Wißmann würde das nicht mit besonderez Schwierigkeiten verbunden fein, sobald man nur eine Anzahl von einigen Hundert schwarzen Polizeisoldaten angeworben und gedrillt hat; an Muth feblt es diesen Leuten nicht, shließlih würden sie ja au für ihr eigenes Leben, ihre Exiftenz und Freiheit und die ihrer vielen, von den Sklavenhändlern bedrohten Landsleute im Innern Afcikas zu fehten haben. Also würde es im doppelten Sinne nüglich und zu rechtfertigen sein, daß man die Eingeborenen

Soldaten verwendet. Welche Rasse derselben den Vo i ieh von Rathschlägen abhängen, welche wir von Sacverständigea und folchen Reiscnden erwarten, die dort ihre Erfahrungen gesammelt haben.

Meine Herren, i bin {on bierber ackcmmen in ter Hoffnurg, daß wir tie vöôtbige Ermutbigung finden würden, um an diesem roßen vnd kehren Werke nit nur mitzuwirken, sondern, wie die Herren Vcerredner gejagt, baben, die führende Rolle, welhz die Kaiser- liche Regictung jezt überrommen kat, und welche dur die Thron- rede sanftionirt ijt, beizubehalten suchen. An rötbiger Lust zur Arbeit, um diese Linie cinzubalteo, wird es uns rit feblen. Wir wetden uns dieser Aufgabe mit noch mebr Freudigkeit widmen, wenn wir die Mitwirkung des Reichêtag-s in dem Umfange erkalten, wie es beute den Anscein bat, und ich boffe, doß wir, wenn wir nah einigen Wecben wieder zusammentreffen werden, mit mögli all- seitiger Zustimmung des Hauses zu einer Vorlage, die Nuten bringen und der Deutschen Regierung und dem Deutschen Keichetage einen Ebrennamen für alle Zeiten fiGern wird, gelangen werden.

Abg. Dr. Bamberger: Als er heute Morgen von seinen Freunden den Auftrag erhalten habe, in dieser Angelegenheit zu sprechen, sei er in einigem Zweifel darüber gewesen, wie er sih zu dem Antrage Windthorst stellen sollte, weil seine Partei den Grundgedanken desselben,- wie ja Niemand zweifeln könne, durchaus billige, weil sie aber wegen der Durhführung des Grundgedankens und namentlih der ungewöhnlichen Form desselben Anstand nehme, ihm au formell ihre Zustimmung zu geben. Niemand könne zweifeln, daß unter allen Parteien Deutschlands wie in der ganzen Bevölkerung die innigste Sympathie mit den Bestrebungen existire, gegen den Sklaven- handel und die Sklaverei in Afrika vorzugehen. Die Frage sei nur die, ob es noch nothwendig sei gegen- über allen den Manifestationen, die bereits is Land gegangen seien, noch einen besondern Beschluß des Reichstages zu extrahiren. Die Freisinnigen häiten {hon deshalb thr Bedenken dagegen, weil die Erfahrung gelehrt habe, daß Zusicherungen, die unter Mitwirkung des Reichstages in un- bestimmter Weise der Regierung gegenüber ertheilt worden seien, zu Konsequenzen führen könnten, die der eine Theil niht ins Auge gefaßt habe. Bei diesem s{hwierigen Gebiet sei Vorsicht um so gebotener. Die Regierungen hätten auch gar feinen Grund daran zu zweifeln, daß alles, was sie in der von Windthorst angedeuteten Richtung thun würden, auf den vollen Beifall in Deutschland zählen könne, und zwar datire dies nicht erst von heute. Die deutsche Nation habe sich von jeher ferngehalten von jeder Sympathisirung mit der Sklaverei und dem Sklavenhandel. Zur Ehre der deut- schen Nation dürfe er daran erinnern, daß Deutschland die einzige große Nation gewesen, die im amerikanisthen Sezessions- kriege offen auf Seiten des Nordens gesianden. Selbst Eng- land habe mit dem Süden, allerdings wohl aus politischen Gründen, sympathisirt. Männer wie Kapp und Karl Schurz hätten sih um die Befreiung der Stlaven Verdienste erworben. Gegen- über solchen Thatsachen erscheine es {hon an und für sich gänzlih überflüssig, daß seine Partei dem Antrag Windthorst noch ausdrüdcklih ihre Zustimmung geben sollte. Hr. Windt- horst sage allerdings, es sei etwas Ungewöhnlih:s3, aber es sei doc gerade nicht unzulässig. Nein, unzulässig sei es allerdings nicht, aber seine Partei habe feinen Grund, von ihrem bisherigen Standpunkt abzuweichen, zumal wenn so vielfahe Auslegungen möglich seien. Deshalb könne sie dem Antrage Windthorst, wenn er selbst so intakt und keush geblieben wäre, wie es im Munde Windthorsi's laute, ihre Zusiimmung zu ihrem Bedauern nicht ertheilen. Er wisse niht, wie der Abg. Windthorst selbst jezt über seinen Antrag denke, ob er noch glaub®, daß es sh hier um eine rein philant6ropisch? Thätigkeit zur Befreiung der afrikanischen Neger handele, oder ob dieser Antrag, wie vielfach vorausgeseh-n würde, nur als Vorspann und Vor- wand zu andern Zwecken dienen solle. Er (Redner) bedauere, daß eine so edle und hochherzige Sache, wie das Eintreten für die Befreiung der Neger, jeßt verquickt werde mit andern Motiven. Wenn heute - zu seiner Freude der Staatssekretär Graf Bismarck gerühmt habe, wie großherzig, wie entschlossen und freundschaftlich England mit Deutshland im Bunde für diesen Dienst der Menschheit eintreten wolle, dann dürfe er wozl daran erinnern, daß oft gesagt worden sci: ja, die ganze englische Sklavenbefreiung sei bloß ein gemeines kaufmännishes Juteresse, das England habe, um Amerika Konkurrenz zu machen, um Fndien zu heben gegen den südlichen amerikanischen Markt, der mit Negern arbeite. Die Verdächtigungen gegen die humanitären Bestrebungen Englands hätten einen sehr großen Play noch in den Streitfragen über die neuesten deutschen kolonialen Untecnehmungen eingenommen. Er erinnere an die berühmt gewordene Rede des Grafen Pfeil, welher ehemals an der Spige der Ost- asrikanishen Gesellschaft gestanden, in welcher derselbe in verblümten Worten gesagt habe, man brauche die Zwangs- arbeit der Neger. Er fürchte also, der Windthorst'’s{e Antrag werde. denselben Mißdeutungen ausgeseßt sein, wie viele Jahre hindur die englischen Bestrebungen. Er bedauere, daß die Devatte einen Lauf genommen habe, der den Grundgedanken des Antrags des Abg. Windthorst in den Hintergrund treten lasse. Zu diesem Bedauern habe ihm allerdings die Aus- einandersezung des Staatssekretärs keine Veranlassung ge- geben. Derselbe habe si rein auf das Gebiet der Sklavenjagd beshränkt, abgesehen von einigen ganz s{chwach schattirten An- deutungen über fkriegerishe Operationen, die vielleiht an- geordnet werden müßten. Aber die Abgg. Woermann und von Felldorff hätten einen anderen Standpunkt verfolgt. So müsse er ganz offen, aus seiner Ueberzeugung heraus, über die Sache sprehen. Es handele sich ganz einfach darum, ob das Reih das Programm unserer Kolonialpolitik, das im Juli 1884 der Reichskanzler als das seinige ver- kündet habe, verlassen solle oder niht. Die Absichten der Hrrn. Loermann und von Helldorff gingen dahin, der Regierung einen Weg zu ebnen, damit sie später sagen könne, fie habe niht proprio motu die Grenzen der 1884 vereinbarten Kolonialpolitik überschritten, sondern die Nation selbst habe durch den Mund ihrer Vertreter erklärt, sie wolle über diese Grenzen hinausgeführt sein, sie wolle niht jene englische Kolonialpolitik, wie sie der Reichskanzler 1884 geschildert habe, sondern jene, die er als die französishe bezeichnet habe. Wenn der Antrag Windthorst so ausgelegt werde, würde \ich die Regierung dem niht entziehen können, einen le anderen Weg für die Kolonialpolitik vorzu- lagen. Der Abg. Woermann habe allgemein eine Lobs T auf die Kolonialpolitik gehalten, unter An- knüpfung an jene merkwürdigen Worte -des Abg. von ennigsen bei Etatsberathung. Vor der Rede des Hrn. von Bennigsen habe man allgemein gemeint, daß die Regie- tung allen weiteren Schritten in kolonialen Dingen abhold sei, aber als Hr. von Bennigsen die Reichsregierung zu einer

weiteren Begünstigung der Ostafrikanishen Gesellschaft auf- gefordert habe, habe er (Redner) sich gesaat, daß ‘ein ‘Mann von der parlamentarishen Stellung des Abg. von Bennigsen eine solhe Aeußerung in einem solchen Moment nicht thun würde, wenn er sih nicht im Voraus des Einverständnisses der Reichsregierung versichert hätte. Daß er (Redner) fich darin nit geirrt habe, bestätige sh. Jn dem Programm von 1884 sei nur das Versprechen gegeben worden, gewisse faufmännishe Unternehmungen zu schüßen. Um den Wider- spruch zwischen den heutigen Reden der Hrrn. Woermann und von Helldorff und dem ursprünglihen Kolonialprogramm zu zeigen, müßte er die ganzen Reden des Reichskanzlers vom Juli 1884 vorführen. Er sei aus einem persönlichen Grunde besonders bei der Sache interessirt, weil Wort für Wort die Dinge so ge- gangen seien, wie er sie damals vorhergesagt habe, allerdings eine Sünde, die ihm sehr shwer verziehen werde. Der Reichs- kanzler habe damals gesagt, cs sei niht. entfernt die Absicht, die Verantwortlichkeit für die materielle Entwikelung der Kolonien Seitens des Reichs zu übernehmen, und über den Schuß der Unternehmungen der seefahrenden und handel- treibenden Mitbürger ‘hinauszugehen. Es solle nur ein Schutz in Form von Gewährung von Schußbriefen nach Art der englishen royal charters gewährt werden: „Jm Uebrigen hoffen wir, daß der Baum der Thätigkeit, den wir pflanzen, auch im Ganzen gedeihen wird, und wenn er es nicht thut, so ist die Pflanzung einfach verfehlt, so trifft die Schuld nicht das Reich.“ Die Freisinnigen seien damals auch gegen dieses Programm gewesen, weil sie sich sagten, daß, wenn man einma! A gesagt habe, man das ganze ABC werde durdsprehen müssen bis zu dem Punkte, auf dem Frankreich und Jtalien jegt ständen. Aber den Thatsahen gegenüber hätten die Freisinnigen dann au die Korisequenzen gezogen und hätten deshalb auch z. B. für den Gouverneur von Herero- land die Kosten für die nöthigen Einrichtungen für denselben bewilligt. Man halte ihnen die englishen und niederländi- {en Kolonieen Jndien und Java vor, aber welcher Unter- schicd sei zwischen jenen, von einer fkultivirten Bevölkerung be- wohnten Gegenden und den Gegendon in Afrika? Seit 600 Jahren ständen die seefahrenden Nationen mit Afrika in Ver- bindung, man habe es aber bis zuleßt liegen laffen weil das tropische Afrika niht tauge für europäi}che Unternehmungen. Auch die Franzosen hätten diese Erfahrung gemacht, sobald sie von Algier weiter nah Süden hätten vordringen wollen. Jn Afrika gebe es entweder Gegenden mit Wasser, und da sei Fieber, oder ohne Wasser, und da sei keine Vegetation. Die Klâne von Kultivirung und dergleihen mehr matten \ih auf dem Papier recht hön, ebenso die Schilderungen der Reisenden, wenn fie durch blühende Gegenden gekommen seien. Die holländische Kolonie, die übershuldet gewesen, habe 1795 nur durh Uebernahme Seitens des Staats gerettet werden können. Von dem berauschenden Eindruck, den soltze Stilde- rungen machten, bis zur Reatität sei ein ungeheuer weiter Weg. Denseiben Fehler habe die Ostafrikanische Gesellschaft gemacht. Sie sei hervorgegangen aus doktrinären und romantischen Jdeen. Der Staats}ekretär habe mit Recht das Lob der kühnen Pioniere gesungen, die si allen Mühjselig- keiten tropisher Wanderungen ausjsegßten. Allen Respekt vor ihrem Muth und ihrer Ausdauer. Aber es sei etwas ganz Anderes, ein tapferer Soldat zu sein, der, weil er im Frieden niht beschäftigt sei, hinausgehe auf Entdeckungen, und ein guter Kaufmann und Kolonisator zu sein. Bei der Samoa-Vorlage habe er

ehe, Tomme mit zerrissenen Sohlen wieder heraus. Bei olchen Unternehmungen dürfe man nicht die Dilettanten, die Reisenden, um ihr Urtheil fragen, Leute, die mit ihrem Vermögen für das solher Unternehmungen einträten. Er man über seine Hamburger sprehend urtbeile, weil sie für Dinge nicht zu haben seien. welhen ein anerkennendes mehr als die RNealität Hamburger hätten ganz

Landsleute so ab-

solche

Wörthen von ihrer Recht, wenn sie

Vaterland dabei niht wohl fahren. Es sei wohl empfehlens- werth, wenn unsere Konsuln zur Vorbereitung für ihren Beruf bei Kaufleuten in die Schule gingen, aber nicht, daß unsere Kaufleute bei Offizieren in. die Schule gingen. Der _Reichékanzler habe ja selbst anerkannt, daß die Ostafrikanishe Gesellshaft nicht mit der nöthigen Vorsicht vorgegangen sei. Ob es gereht gewesen, dieser Geselischaft einen Shutbrief zu geben und den Konsul des Deut)chen Reihs im Namen der Gesellshafi dort auf- treten zu lassen, wolle er nick&t untersuhen; nah den Ferien könne man sih damit beschäftigen. Das Vorgehen der Gesell- {haft komme eben daher, daß man nit mit eigenen Kapi- talien und im eigenen Jnteresse wirthschafte, sondern von einigen Enthusiasten die Mittel erhebe, die unter der patriotishen Schraube, die man jegt so gern anwende, wenn die Freiwilligkeit nicht vorhanden sei, S'oegebai würden. Was nun geschehen solle, wijje er nicht. Es gehe über die Aufgabe des Hauses hinaus, irgend welche Vorschläge über eine weitere Kriegführung zu machen. Darin lasse er der Regierung vollständig die Jnitiative. Es verstoße gegen das parlamentarishe Herkommen, wenn er solhe Andeutungen unterschreiben sollte, wie sie heute gemacht seien, inwiefern der Krieg zu Wasser und zu Lande weitergeführt werden solle. Er verwahre sich dagegen, daß das Programm unserer Kolonialpolitik von 1884 zu Gunsten der Abschaffung der Sklaverei verlassen werde. Er verwahre si dagegen, daß es die Meinung des deutshen Volkes sei, daß die Kolonial- gesellschaft, welhe unvorsihtig vorgegangen sei, aus Mitteln der Steuerzahler unterstüßt werde, daß das Reich Kolonial- politik nach Art derer von Tongking und Massovah treibe. Pen würde seine Partei ein klares und entschiedenes Nein een.

Abg. von Kardorff: Er könne dem Abg. Windthorst nit verdenken, daß er, nahdem ein so hohgestelter Mann wie der Kardinal Lavigerie si in so hinreißender Weise über diese Sache ausgesprochen, so eilig diesen Antrag hier eingebracht habe. Er (Redner) möhte hier zunächst an einen Heros in der .Kolonialgeshihte erinnern, an den General Gordon. Es werde eins der dunkelsten Blätter in der Ge- \{hihte des englishen Volkes sein, wie es diesen Mann ohne Unterstüßung gelassen habe. Der Antrag habe eine durch und durch internationale Natur und seine Partei habe des- halb Abstand genommen, die Nr. 4 der in der Versammlung

im Gürzeni efaßten Beschlüsse hinzuzufügen. Sie sei überzeugt, ag die verbündeten Regierungen dieser Pflicht Mel

. hältnisse werde überzeugt

(Redner) schon gesagt: wer mit Musik ins Geschäft hinein- |

sondern die | Gelingen bedauere, daß !

abenteuerlihen ! Sie seien eben nit so wie die, | oben viel | Hoffnungen sei. Die | E sich nickt von | kühnen Offizieren zu Handelsunternehmungen führen ließen. | Wenn die Kaufleute mit ihrem Kapital so wirthschafteten, | wie die kühnen Reisenden diesen vorshlügen, so würde unser |

die deu!schen Jnteressen sich immer bewußt sein würden. Es komme auf eine internationale Kundgebung an, und deshalb gehöre ein speziell nationaler Punkt niht herein. Wenn das Deutsche Reich die Sache in die Hand nchme, werde sie zu einem guten Ende kommen. England und Portugal stän- den Deutschiand vei, und auch Frankreich werde hoffentlich helfen. Welche präftishen Konsequenzen der Antrag haben werde, könne man allerdings noch nicht übersehen. Mit der Küstenblo!ade werde aber nicht viel zu machen sein, sondern der Feldzug werde in das Janere hinein verlegt werden müssen. Jeder Kenner der Ver- [ i t jem, daß nur mit größter Energie und bitterem Ernst etwas erreihti werden fönnz. Daß die Deutschen wie die Engländer mit ihren. civilisatorischen Bestrebungen des Egoismus verdächtigt werden könnten, fürchte er nicht. Man verlasse mit dem Antrag niht das Pro- gramm der Kolonialpolitik von 1884; denn es handle sih nur darum, die Rechte und Janteressen unserer Mitbürger im Auslande zu {hüßen. Jndien bringe Eng!and, Java und Sumatra Holland sehr viel ein troß der großen Kosten, welche sle ihnen verursahten. Die Andeutungen des Abg. von Helldorf über die weiteren Mafregeln blieben durchaus im Kahmen unseres folonialen Programms. Die Ostafrikanish: Gesell- schaft, mit der er übrigens niht in Verbindung stche, wende sh keineswegs an das Reich, weil ihr die Mittel ausgegangen jeien. Seitens des Sultans sei die erste Bedingung des Ver- trags zwischen diesem und der Ostafrikanishen Gesellschaft, die Gewährleistung der Besizergreifung des Gebiets durch die Gesellschaft, nit erfüllt worden. Hier könne man doch von einem verleßzten Recht der Gesellschaft sprechen, das Seitens des Reichs zu {ügen sei. Von einem Bankerott der Gesellschaft könne man niht sprehen, denn wenn der Aufstand niht gewesen wäre, hätte sie aus den ihr zur Verfügung stehenden Zöllen genügend Einnahmen gehabt. Wenn man Ost-Afrika immer als jo geringwerthig hinstelle, so liege darin

„ein ganzer Wulst von Unwahrheiten und tendenziösen Lügen.

Man meine, was habe denn die Ostafrikanishe Gesell- schaft weiter geleistet, als einige kleine Pflanzgär:chen angelegt ? Es sei in Lewa in der Kolonisation aber jo weit gekommen, daß die Neger sich vollkommen in die Verhältnisse eingelebt haben und einen Tagelohn von 45 À verdienten. Es lohnte sih schon, wöchentlih einen Markt abzuhalten, weil auf den großen Plantagen bereits reihlich Taback gepflanzt werde, dessen Qualität allerdings noch nicht bekannt sei, aber von Vielen für werthvoll gehalten werde. Das seien Thatsahen, die den Namen Pflanzgärten niht mehr rectfertigten. Die Gesellschaft habe alles ge- leistet, was man vernünftiger Weise von ihr habe erwarten können. Wie in den Kolonialsahen Unwahrheiten verbreitet würden, zeige eine Notiz in der heutigen „Freisinnigen Zei- tung“. Darnach solle sh der Ort Dunda so ungesund be- wiesen haben, daß mehrere Weiße und 12 Fellahs binnen Kurzem gestorben und shließlich noch 3 Chinesen erkrankt jein sollen. Es befänden sih Chinesen überhaupt nicht in der Ostafrikanischen Gesellshaft; damn seien niht 12 Fellahs, jondern nur 7 gestorben, und zwar an zwei anderen Orten, nicht bloß in Dunda. Das sei die Zuverlässigkeit der tachrichten, mit denen ein Theil der Presse sih bemühe, über die Ostafrikanische Gesellschaft herzufallen und sie zu diskreditiren. Die Thatsache, daß der Vertreter der Ostafrikanischen Gesellschaft der nationalliberalen Partei angehöre und sich erkühnt habe, für dieselbe zu kandidiren, sei der Grund, weshalb man gegen ihn und die ganze Ostafrikanische Gesellschaft vorgehe. Zu seiner Freude habe Hr. von Helldorf in rühmliher Weise des Dr. Peters gedaht. Wenn Peters ohne Vorbereitung, ohne Waffen in dieses Land gehe, und es ihm glücke, dieses ganze Land zu erwerben und die V-:rhältnisse zu regeln, so sei das ein Ruhm sür ihn, der ihm ewig bleiben werde. Den Ansprüchen der Gesellschaft in Betreff der ganzen Verwaltung möge er viel- leiht niht genügen, aber seinen sonstigen Ruhm kfônne ihm Niemand streitig machen. Vergesse man niht, daß es si um ein Gebiet handele, welches drei Mal so groß sei wie Deutshland, und das nach der Meinung von Kaufleuten, Missionären, ethnographishen Es und Jägern im Gegensag zu der Ansicht des Abg. amberger als das einzige Gebiet des tropishen Afrikas be- zeichnet werde, in dem eine Ansiedlung auch für Europäer möglich sei. Stanley habe gesagt, daß bei der Reise durch das Vorland des Kilimandscharo er das wundervolle Gebiet mit der festen Ueberzeugung angesehen habe, daß nur kurzeZeit vorüber- gehen werde, bis viele Tausende englischer Familien hier ein glück- liches Heim gefunden haben würden. Das sagten auch andere Männer, die dort gewesen scien; nur die Herren vom Frceisinn, von denen gewiß Niemand dort gewesen, wüßten es beser. Charakteristisch sei auch die Thatsahe, daß die Eng- länder sich den Zugang zu dea großen Seen für ibre Zwede zu sihern verstanden hätten. Darum sei Deutschland auch darauf angewiesen, Hand in Hand zu gehen mit England zur Bekämpfung des Sfklaven- hande!s, der sich England ebenso wenig entziehe, wie Deutschland. Die Aufgabe sei auch nit so gewaltig, wie sie von vielen Seiten dargestellt werde. Es seien nur wenige hundert Sklavenjäger, die bald für immer beseitigt werden könnten. Er begreife vollständig, daß die Herren, die immer der Kolonialpolitik feindlih gegenüber gestanden hätten, alle Anstrengungen maten, diesen werthvollsten deutschen Kolonial- besiß in Ost-:Afrika zum Aufgeben zu bringen. Wenn ihnen dies gelänge, wäre es vielleiht mit der deutshen Kolonial- politik für immer vorbei. Dazu werde sih der Reichstag jeßt niht mehr entschließen, nahdem die Zeiten sih wesentli ge- ändert haben. Auch das deutshe Volk stehe in über- wiegender Majorität den kolonialen Bestrebungen freundlich gegenüber, die auh schon in Rücksiht auf unsere junge Flotte wünschenswerth feien. Diese könne und müsse noch größer werden, - und koloniale Bestrebungen könnten ihr nur förderlih sein. Er hoffe, daß das heutige Votum des Reichstages den Gräueln in Afrika ein Ende machen werde, wenn au endgültige Ordnung der dortigen Verhältnisse niht in nähster Zeit zu erwarten sei. Er \chließe mit der ße- rung des Hrn. Fabri auf der Gürzenih-Versammlung in Köln, daß solchem Vorgehen der Segen Gottes nicht versagt E une :

g. Grad: Er erkläre kurz seine Zustimmung zu den Anträgen und hoffe, seine Worte E, auh jenseits der Vogesen bei seinen ehemaligen Mitbürgern Widerhall finden ; Frankrei werde zur Mitwirkung nit abgeneigt sein.

Abg. Singer: Wenn der Antrag Windthorst einfa vor- läge, würde ine Partei sich mit demselben ei cTlären können. Er werde aber benußt werden, um der Re- gierung carte blanehe für folonialpolitishe Abenteuer zu