1909 / 102 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 01 May 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Also, meine Herren, es ist ausdrücklih ausgesprochen, daß au die Gewährung des erhöhten Wohnungsgeldzushusses mit dem 1. April 1908 beginnen soll und daß die Vorlagen auch wegen des Wohnungs- geldzushufses eine entsprechende Bestimmung enthalten sollten.

Meine Herren, es würde, glaube ih, eine tiefgehende Enttäushung in den Kcelsen der Beamten hervorrufen, wenn die in der Thronrede verheißene, vom Präsidenten des Staatsministeriums ausdrücklih be- stätigte Rückwirkung der Vorlage auch hinsi#tlich des Wohnungs- geldzushusses auf den 1. April 1998 den Beamten nun nicht zuteil werden sollte. Wie Exzellenz Hamm die Güte hatte auszuführen, halte ich es für meine Pflicht, der unberechtigten Agitation eines Teiles der Beamtenschaft nachdrücklihst entgegenzutreten. Wollen wir die aber unterbinden, meine Herren, so dürfen wir, glaube ih, den Beamten auf der anderen Seite keinen gerehtfertigten Grund zur Beschwerde geben, und ih glaube, es würde ein solher gerechtfertigter Grund vorliegen, wenn troy der Verheißung der Thronrede, troy der Erklärung der Staatsregierung den Beamten dieser Wohnungs- geldzushuß nun nicht mit rückwirkender Kraft vom 1. April 1908 ab gewährt werden würde, und ih weise nochmals darauf hin, daß die ‘Sache ja vielleiht von geringerer Bedeutung wäre, wern alle Kreise der Beamten neten dem Wohnungsgeldzushuß eine erheblihe Gehalts- aufbesserung erführen. Das ist aber bekanntli beispielsweise bei den Regierungsräten wegen der Frage der Parität gegenüber den Nichtern nit - der Fall; nur ein Drittel der Regierungsräte in gehobenen Stellungen erhalten eine Gehaltsaufbesserung; die übrigen zwet Drittel der Regierungsräte sind auf die Gewährung eines erhöhten

_ Wohnungsgeldzushusses angewiesen. Also ich glaube, man würde auch diesen Kreisen der Beamtenschaft cin bitteres Unrecht tun, wenn man thnen den Wohnungsgeldzushuß für das eine Jahr versagen würde. Und zu welchen Konsequenzen kommt man im einzelnen! Man hat auch im Beschlusse der Herrenhauskommission die rückwirkende Kraft bis zum 1. Apcil 1908 zugelassen, soweit es sich um die Berehnung der Pension handelt. Also für die pens- sionterten Beamten oll die rückwirkende Kraft eintreten; für die im Dienft befindliGhen Beamten soll keine rückwirkende Kraft gelten. Das scheint mir doch eine Regelung zu fein, die in der Tat nicht zu rechtfertigen ist. Jh glaube, hier ist ein Punkt, wo ich nahdrückl:ch und warmherzig Sie bitten muß, den Beamten das zuteil weiden zu laffen, was ihnen in Aussicht gestellt ist, und i glaube, es liegt durhaus auch im Interesse dieses Hohen Hauses, das lebhafte Wohl- wollen für die Beamten zu bekunden, daß stets in diesem Hause seinen Widerhall gefunden hat. (Lebhaftes Bravo.)

Herr von Wedel: In der Thronrede habe ih eine Zu- sicherung, daß auch der Wohnungsgeldzushuß {on vom 1. April 1908 ab erbôht werden sollte, niht finden können. Durch die Rede eines Ministers aber ist das Herrenhaus nicht gebunden, sondern in jeiner Entschließung vollkommen frei. Mit Freuden würden wir den Wohnungsgeldzushuß ab 1908 den Beamten gewähren, wenn die Mittel vorhanden wären ; aber sie sind niht vorhanden. Die Erhebung nahträgliher Steuerzuschläge für 1908 is überall, auch in unserer Kommission, abgelehnt worden; der erforderlihe Betrag würde daher eventuell auf Anleihe übernommen werden müssen. Das Pan muß tun, was es kann, daß eine solche Wirtschaft in

reußen nicht einreißt. Der Beamte erhält, wenn die Vorlagen ver- abschiedet sein werden, sechs Quartale Gehaltsaufbesserung und zwet Quartale WohnungsgeldzusWußerhöhung auf einem Brett ausgezahlt ; damit gelangt er in den Besiß einer ganz hübshen Summe.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Was zunächst die Thronrede betrifft, so weiß ih nit, ob expressis verbis vom Wohnungsgeldzuschuß die Rede ift: es kann auch ganz allgemein von der Aufbesserung der Beamten- bezüge gesprohen sein. Darüber ist aber kein Zweifel, daß für weite Kreise der Bcamten diese Verbesserung in einem erhöhten Wohnungs- geld besteht, die Wor!e des Herrn Vizepräsidenten des Staats- ministeriums haben diese ganz unzweifelhaft vorhandene Tatsache klar illustriert. Nun wies Erzellenz von Wedel darauf hin, daß keine Deckungsmittel für 1908 vorhanden sind. Jch hatte ja den Vorschlag gemacht, für 1908 einen Zuschlag zur Einkommensteuer zu erheben, aber weder das Abgeordnetenhaus, noch die Kommission des Herrenhauses haben diese Vorschläge angenommen. Also die Kommission des Herrenhauses lehnt den Zuschlag ab und dann sagt sie, wir können den Beamten nihts geben, weil keine Mittel da sind. So kann man doch nit operieren. Ih meine, die Rücksiht auf die Billigkeit gegenüber den Beamten muß entscheidend sein und der Wunsch, in den so {on sehr erregten Kreisen der Beamten nicht ein gerechtsertigtes Gefühl der Erbitterung entstehen zu lassen. Die Dinge in der Beamtenwelt sind zu ernst zu nehmen, als daß, wie ich meine, die Staatsregierung oder der Landtag dazu Anlaß geben follte, dieser ganzen unruhigen Be- wegung gerechtfertigte neue Nahrung zuzuführen, und ih darf be- merken, daß die Sache für 1909 auch nicht anders wird; denn auch für 1909 find wir bedauerliher Weise nicht in der Lage, den ganzen Bedarf für die Gehälter zu decken. Den Herren ist bekannt, wte un- günftig unsere Finanzlage infolge des Nückgangs unserer Eisenbahn- einnahmen geworden ist. Also auch für 1909 müssen wir zu Anleihen greifen, um den erhöhten Wohnungsgeldzushuß den Beamten zu ge- währen. Was für 1909 zulässig ist, sollte auh für 1908 zulässig sein. Deshalb bitte ich nochmals um Annahme des Antrages Hamm.

Nach einer NRichtigstellung des Herrn Dr. Hamm bemerkt

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Gs wird mir soeben der Wortlaut der Thronrede vorgelegt, der bestätigt, daß ausdrüdcklih von der Regelung des Wohnungsgeldzushusses die Rede ist. Es heißt darin:

Gleihwohl hält die Staaisregierung es für notwendig, in der gern betätigten Fürsorge sür ihre Beamten die durch den Staats- haushaltsetat für 1907 begonnene Aufbesserung der Beamtengehälter durchzuführen und Jhnen zugleich eine Neuregelung der Vorschriften über den Wohnungsgeldzuschuß vorzuschlagen.

(Hört! hört! links.)

Herr Körte- Königsberg: Gin Grund zu etner gerechtfertigten und tiefgehenden Erregung liegt bei den Beamten hier nicht vor ; die Beamten haben sih damit getröstet, daß die überwiegende Mehr- ¡zahl der Kommunalbeamten bis 1908 rückwärts die erhöhten Bezüge au nit erhalten. Dazu sind die Kommunen gar nicht in der Lage. Ich bitte Sie also, den Kommissionsvorschlag anzunehmen.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Gegenüber Herrn Körte nur ncch etne Bemerkung: Die Gemeinden sind fret und sie brauen aus dem Vorgehen des Staats die Kon- sequenzen nit zu ziehen, aber für die Staatsregierung ift gegenüber den Erklärungen der Thronrede und gegenüber der Grklärung des Vizepräfidenten tes Staatsministeriums eine ganz andere Situation

geschaffen. Jh glaube also nit, daß aus der Bewilligung an die staatlihen Beamten mit Notwendigkeit für die Kommunen die Pflicht erwächst, nun auh für 1908 die Konsequenzen zu ziehen.

err Schmiedin riht benfa n üidckwi

S V O I I e Be See f pireende Beamten in Zukunft besser gestellt werden.

Herr von Wedel-Piesdorf: Gegenüber dem verlesenen Text der Thronrede bin ih veranlaßt, meinen Widerspruch gegen die Ti wirkende Kraft bis 1908 zurückzuziehen.

Graf Finck von Finckenstein: Jh kann dem nicht folgen. Wollte man so argumentieren, so dürfte das Herrenhaus überhaupt gegen kein Gesey stimmen, das in der Thronrede angekündigt ist. Auch die Thronrede spricht kein Wort davon, das die Erhöhung der Wohnungsgeldzushüsse für ein bestimmtes Jahr verbürgen sollte.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Ob die Erwägungen des Herrn Vorredners vie Beamten, welche nichts bekommen, beruhigen werden, ist mir sehr zweifelhaft. Was meine Erklärung im Abgeordnetenhaus anlangt, so habe ich im An- {luß an das, was der Herr Vizepräsident des Staatsministeriums, its Aeußerungen ih bereits vorgelesen habe, erklärt hat, folgendes gesagt:

Ich habe schon erwähnt, daß die Staatsregierung die Absicht hat, die materielle Zusage der Thronrede voll und in allen Teilen aufre{cht zu erhalten, daß den Beamten die ihnen zugedahten Wohltaten aud). vom 1. April dieses Jahres an zuteil werden sollen, daß die Geseßesvorlagen also rückwirkende Kraft erhalten sollen.

Also nirgend i} ein Unterschied gemacht zwishen Gehaltsaufbefsung und Wohnungs®geldzushüssen. Zur Gehaltsaufbefserung gehört eben notwendig au die Erhöhung der Wohnungsgeldzushüfse; beides ist immer zusammen behandelt worden.

Es ist ja nun aber selbstverständlich, daß das, was ich oder ein anderer Vertreter der Staatsregierung erklärt hat, für die Stellung- nahme des Hauses gleickgültig sein kana. Minder gleihgültig aber kann seln, was in einer Thronrede steht; auch das bindet zwar die Häuser des Landtages nicht. Aber daß der Landtag auf die Erklärungen der Thronrede besonderen Wzrt legen wird, brauhe ih niht zu er- wähnen, und vor allen Dingen sind worauf es ankommt p der Thronrede Hoffnungen und Erwartungen in der Beamtenschaft erweckt worden, die zu täushen man sich sehr überlegen sollte. (Sehr rihtig!)) Herr Graf von Finckenstein hat Zweifel darüber, ob die Thronrede so aufzufassen ist. Wenn man aber bei Beginn der Session 1908 eine Thronrede erläßt, so kann doch das darin Gesagte nur für das Jahr 1908 Geltung baben; man gibt doch in der Thron- rede keine Erklärung ab, tie erst nah 20 Jahren Geltung haben soll. Wenn also in der am 6. November 1907 gehaltenen, für 1908 be- stimmten Thronrede gesagt ist:

Gleichwohl hält die Staatsregierung es für notwendig, in der gern betätigten Fürsorge für ihre Beamten die durh den Staats- haushaltsetat für 1907 begonnene Aufbefserung der Beamtengehälter durhzuführen und Jhnen zugleih eine Neuregelung der Vorschriften über den Wohnungsgeldzushuß vorzuschlagen,

so ift diese Gerklärung doch für 1908 gemeint gewesen, also kann billigerweise ein Zweifel nicht bestehen, und ih kann bei dem Ernst der Sache und zur Vermeidung einex, wie ih glaube, tiefgehenden und gerehtfertigten Mißstimmung nur dringend bitten, do auf diese Vorgänge Rücksicht zu nehmen und den Beamten die rückwirkende Kraft für 1908 nit zu versagen.

Herr Körte: Was der Minister sagte, trifft doch niht ganz zu. Der Gesezentwurf über die Beseitigung der Steuerfreiheit der

Kommunalbeamten ist auch in Thronreden wiederholt in Aussicht gestellt worden, ohne daß dieses Versprechen eingelöst worden wäre.

Der Antrag Hamm wird abgelehnt nnd die Kommissions- fassung angenommen.

In § 3a wird die von der Kommission eingeschaltete Bestimmung über die Höhe des Witwengeldes ohne Debatte angenommen.

Jn § 7 (Steuerzuschläge vom 1. April 1909 an) tritt

Herr Schustehrus für die Wiederherstellung des folgenden, von der Kommission gestrihenen Beschlusses des Abgeordneten- hauses ein: „Die Erkebung der Steuerzuschläge ist als eine vorüber- gevene Maßregel anzusehen, die nur so lange in Gültigkeit bleibt, is eine organishe Neuordnung der direkten Staatssteuern tin Preußen erfolgt sein wird. Eine entsprehende Gesetzes8vorlage ist von der Staatsregierung innerhalb dreier Jahre im Landtage einzubringen.“ Nicht nur die Ungerechtigkeit, die in der Steigerung der Zuschläge um je 5 9/0 für nahe bei einander liegende Einkommen Bestéba, fondern auch die Rücksicht auf § 8, der diese Zuschläze für die kommunalen Abgaben außer Wirksamkeit seße, bedinge eine möglichst baldige organische Nevision des neuen Cinkommensteuertarifs.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Dem Herrn Oberbürgermeister Schustehrus wie dem Herrn Grafen Mirbach bin ih dankbar für den Antrag, den § 7 nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses wiederherzustellen. Dieser § 7 ift vielleiht der am meisten umstrittene Paragraph der ganzen Vorlage gewesen. Es wird den Herren erinnerlihch sein, daß die Kommission des Abgeordnetenhauses zunächst die erhöhten Deckungs- mittel lediglich auf zwei Jahre bewilligt hatte und taß si: also nah ¿wei Jahren dann weggefallen wären. Ih hatte naâmens der Staatsregierung erklärt, daß die Staatsregierung unter keinen Umständen darauf eingehen könne und die ganze Borlage daran scheitern lassen würde. Denn wir würden dadurch in die Lage verseßt worden sein, nah zwei Jahren niht mehr die Deckungsmittel zur Verfügung zu haben, aber doch die ganze Be- lastung für die Aufbesserung der Gehälter der Beamten, Lehrer und Geistlichen dauernd zu Lasten der Staatskasse zu sehen. In fehr dankenswerter Weise is dann die Kommission des Abgeordnetenhauses von diesem Beschluß zurückgetreten und hat die Mittel in dem Sinne dauernd bewilligt, daß sie der Staatsregierung so lange zur Ver- fügung stehen, bis eine anderweite organishe Regelung des Ein- kommensteuergeseßes vorliegt, und die Kommission legte mit Recht von ihrem Standpunkt Wert darauf, daß sie diesem provisorischen Charakter in dem Geseß Ausdruck gab. JIch bin nicht imstande [gewesen, den Ausführungen des Herrn Ober- bürgermeisters in allen Beziehungen zu folgen; ih habe sie niht voll- kommen verstehen können. Soweit ich ihn aber habe verstehen können, decken sie sich durhaus mit der Auffassung der Staats- regierung. Denn, meine Herren, diese Zusage, daß wir in absehbarer Zeit eine neue Vorlage machen sollen, ist durch dringende sachliche Momente begründet. (Sehr richtig!) Eins der Momente hat der Herr Oberbürgermeister zunächst angeführt. Man kann für eine kurze Zeit eine solhe Gestaltung unseres Steuertarifs, ich will einmal sagen, tolerteren ; aber auf die Dauer ift ein solher Einkommensteuer-

tarif mit springenden Zuschlägen von 5, 10, 15, 20 und 259%/ unm

der bei der geringsten Uebershreitung der Grenzszmmen sofort Ÿ

sehr viel höhere Steuerleistung mit sich bringt. Schon da lieg

Kompelle für die Staatsregierung, dem Landtage in absehbarer Ÿ eine neue Vorlage mt einem systematisch durhgebildeten Ta unterbreiten.

Das andere Momer.t hat, soweit ih verstehen konnte, der Oberbürgermeister Schustehrus auß schon gestreift. Auf die ist es niht mögli, einen Teil des Aufkommens an staatlicher kommersteuer der kommunalen Belastung zu unterwerfen und einen L nit, wie das avgenblicklich rechtens sein würde. Also in absehl? Zeit müßten wir diese Untersheidung zwischen staatlihem Steuer! kommen, da3 zugleich der Kommunalbesteuerung unterliegt und foldî das ihr niht zugleich unterliegt, aufgeben und in dieser Beztieh? das Gesamteinkommen sowohl der staatlihen wie der kommund Besteuerung unterwerfen. Werden die Steuerleistungen so steigert, so müssen sie ferner naturgemäß auch einen Einfluß auf | Wakhlrecht ausüben, denn Wahlrecht und Steuerleistungen hängen das engste zusammen. Jch glaube, es ift sehr erfreulich, daß wir einer Aenderung des Wahlrechtes sowohl im Staate w*e in den 0 meinden durch dieses Gesey niht gedrängt worden sind. Es ift | Abgeordnetenhause ausdrücklich ausgesprochen worden, daß dj Dinge separat behandelt werden sollen. Aber auf die Dauer kön naturgemäß die Steuerleistungen bei ter Gestaltung des Wahlreà niht unberücksihtigt gelaffen werden.

Also, es liegen in der Sache selbst dringende unabweish, Momente, die uns dazu führen werden, in absehbarer Zeit ein neuen Entwurf des Einkommensteuergeseßes unter Beseitigung d jeßigen Mängel dem hohen Hause vorzulegen. Wenn das der Fi ist und andererseits vom Abgeordnetenhaus mit Ret Wert dara gelegt wird, daß dieser provisorishe Charakter im Gesetze selber au gesprohen wird, so kann ich im Interesse der Verabschiedung d! Gefeßes nur dringend bitten, den Anträgen Schuslehrus und Gr: von Mirbach zuzustimmen.

Generaldirektor der direlten Steuern Walla ch äußert {h übe die Frage der Erhöhung der Zuschläge von Gesellschaften mit b: \{hränkter Haftung.

Herr Ehlers: Auh wir sind für die baldige Beseiti gung des Provisoriums, aber dagegen, daß solche allgemeine Be trahtungen in das Geseß aufgenommen werden. Wenn nun die Re gierung niht binnen drei Jahren die hier erwähnte Vorlage einbringt was dann? Es ift niht nötig, in ein Gesetz eine so selbstverständ. lihe Behauptung aufzunehmen, daß es bei dem bisherigen Zustande verbleibt, bis eine organishe Regelung eintritt.

__ Graf Botho zu Eulenburg: Da der Graf Mirbach ver- hindert ist, so möchte ih an seiner Stelle den von ihm und dem Ober, bürgermeister Schustehrus gestellten Antrag empfehlen. Streng ge- nommen halte ih den leßten Absatz des § 7 für überflüssig. Aber es ist doch in diesem Paragraphen durchaus erwünscht, den Say noh ausdrüdlich hervorzuheben. Die 25 9/9 Zuschläge können auf die Dauer nit aufrehterbalten werden ohne die allergrößten Unzuträg- lichkeiten. Es ift also recht wünschenswert, daß sie nicht zu lange bestehen bleiben. Auch nah der Meinung des Vorredners kann dieser Zusay des § 7 in keinem Falle schaden; im anderen Hause wird aber auf diesen Zusatz gerade ein außerordentliher Wert gelegt.

Graf von Zieten-Schwer in: Ich möchte in Vertretung des ver- binderten Grafen Mirbach gegen die Bemerkung des Herrr Schustehrus Einspruch erheben, daß Graf Mirbah, der ebenfalls die Wiederber- stellung dieses Pafjus beantragt hat, dies hauptsächlid deshalb wünschte, weil nah seiner Meinung die besser fituierten * Klassen {on jeßt steuerlih zu hoch belastet wären.

Herr Struckmann- Hildesheim: Wir brauchen diesen leßten Absaß im Gese auch mit Rücksiht darauf, daß die Schwierig- keiten, die den Kommunen durch das doppelte Veranlagung3geschäft erwachsen, baldigst wieder beseitigt werden.

Nachdem noch Herr Dr. Rive- Halle die Annahme des Antrags Schustehrus empfohlen, stellt das Haus mit großer Mehrheit diesem Antrage gemäß den leßten Absaß des 8 7 wieder her.

Bei § 8 ersucht

Herr Körte die Regierung, bei der Reorganisation der Steuer- geseßgebung auch auf die Eröffnung neuer Steuerquellen für die Kommunen Bedacht zu nehmen.

Herr Dr. Lenye- Magdeburg: Ih möchte nur Verwahrung gegen die Auffassung einlegen, daß es durchaus richtig sei, die Gemeinden von den Nückgriffen auf diese Zuschläge auszuschließen.

__S§ 8 wird angenommen, ebenso der Rest des Gesezes und die notwendig gewordenen redaktionellen Aenderungen, welchen der Unterstaatssekretär von Dombois zustimmt.

Das Geseÿß im ganzen sowie das Geseß, betreffend die a von Wohnungsgeldzuschüssen, werden hierauf ge- nehmigt.

Die Petitionen werden durch die gefaßten Beschlüsse für erledigt erklärt.

i on dem Lehrerbesoldungsgeseß waren gestern die S8 17 bis 19 (Mietsentschädigungen), 54 und 68 bis zur Erledigung der E der Wohnungsgeldzuschüsse zurückgestellt worden. Die Annahme des Antrags von Wedel und die Ablehnung des Antrags' Hamm ergibt die Notwendigkeit einer veränderten Fassung dieser Paragraphen.

Herr Dr. De hler- Crefeld beantragt demgemäß, auÿ die erhöhten Mietsentshädigungen erst vom 1. April 1909 an gelten zu lassen, hierbei jedoch hinsihtlich der in der Zeit vom 1. April 1908 bis 31. März 1909 pensionierten oder gestorbenen Lehrkräfte für die Berechnung des Ruhegehalts und der Versorgungsansprüche der Hinterbliebenen den neuen Durhschnitts\aß zu Grunde zu legen, wenn er für den Lehrer oder seine Hinterbliebenen zu einem günstigeren Er-

gebnis führt.

err Dr. Hamm spriht sich gegen diese Differenzierung hinfichtlih der Lehrer aus, die Staatsmietsgeld, die Wohnungsgeld- zushüfse erhalten hätten.

Herr Dr. Bender- Breslau tritt für den Antkag Oehler ein.

Die Anträge Oehler werden mit großer Mehrheit an- genommen.

Auch das Lehrerbesoldungsgeseß wird hierauf im ganzen mit großer Mehrheit genehmigt.

Auf Antrag des Freiherrn von der Golß überweist das Haus die Vorlage, betreffend die Umzugskosten der Geistlichen der evangelishen Landeskirhen der älteren Provinzen, der Finanzkommission.

Namens der verstärkten Agrarkommission berichtet Dr. Graf von Wedel-Gödens über die Novelle zum Geseß von 1874, betreffend das Höferecht in der Provinz Hannover. Die Kommisfion hat die Vorlage unverändert angenommen, nur will sie den Termin für das Jnkrafttreten vom 1. s 1909 auf den 1. Oktober 1909 hinausschieben. Die Vorlage ändert, zum Teil mit Rücksicht auf das B. G.-B., eine Reihe von Vorschriften, besonders über das Erbrecht und die Ermittlung des Wertes der Höfe ab.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

* wägungen.

| fehnung dieselben Gründe. © Streitigkeiten führen können, wenn jedesmal festgeftellt werden soll,

¿ 102.

Zwette Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußishen Staatsanzeiger.

1909.

Berlin, Sonnabend, den 1. Mai

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aat

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Der Referent bemerkt, daß das Geseß sich durhaus bewährt hat und die beabsihtigten Aenderungen durhweg den Beifall der Be-

teiligten finden.

Justizminister Dr. Beseler:

Ih möchte mir nur erlauben, den Geseßentwurf von seiten der Regierung einzuführen, indem ich noch einige kurze Bemerkungen denen des Herrn Berichterstatters hinzufüge. Es sind ja alle Gesicht3- punkte, die ® im allgemeinen in Betraht kommen, von dem Herrn Berichterstatter bereits ausgiebig und nach meiner Ueberzeugung durchaus zutreffend dargelegt worden. Ih möchte also nur darauf hinweisen, daß die Höfegesezzebung in der Provinz Hannover bekanntlich aus den Wünschen der Bevölkerung selbst hervorgegangen ist und daß es nach längeren Bestrebungen im Jahre 1874 gelungen ift, das jeyt geltende Geseß zustande zu bringen. Dieses Hat ih im Laufe der Jahre etwas veraltet gezeigt in diesen und jenen Punkten, und es hat sih alsbald wiederum in der Bevölkerung der Wunsch gezeigt, diesen Mangel zu beseitigen und das, was man als fehlsam erkannt hatte, fortzushaffen. Aber der Hauptantrieb für die jeßige Gesetzgebung ist der gewesen, daß man die Bestimmungen des geltenden Höferehts mit denen der neuen Zivilgesezgebung in Ein- lang bringen wollte, und da handelt es sich namentlich um das Erb- recht der Frau und um den Fall, wenn Gütergemeinschaft vereinbart wird und infolgedessen die Verhältnisse des Hofes mit berührt werden. Da ist nah dem Bürgerlichen Gesezbuch!eine gewisse Gefahr, daß die Höfe yerschwinden können, wenn die Regeln der Gütergemeinschaft des Bürger- lichen Gesegbuhs gelten sollten, und zu diesem Zwecke ist jet dieser

Gesetzentwurf abgefaßt, zu diesem Zweck und den anderen, die der |

Herr Berichterstatter hon erwähnt hat. Es ist eine sehr gründliche Arbeit, die in dem Provinziallandtag geleistet worden ist, und ih glaube, daß den Wünschen der Bevölkerung in einer folchen Weise Rechnung getragen wird durch den Entwurf, wte er vorliegt. Jh glaube, daß es die beste Empfehlung für ein Geseß sein muß, wenn es von den Kreisen, für die es gedacht ist, einer solhen gründlichen Bearbeitung unterzogen worden ist und voll ihren Wünschen ent- \priht. Wenn ih recht unterrihtet bin, ift es eigentlich nur ein Punkt gewesen, in dem die Regierung bisher abgewichen ift hon dem, was im Provinziallandtag vorgeshlagen war, und zwar von der großen Mehrheit des Provinziallandtags. Dieser eine Punkt wird später erörtert werden; ich erwähne das nur, um zu illustrieren, wie die Vorlage im Einklang f\teht mit dem, was das Land Hannover wünsht. Jh glaube, daß das Gesey außerordentli heilsam wirken wird, ebenso wie bekanntlih in Han- nover das Höfegesez selbst die vortrefflihste Wirkung gehabt. hat. Es ift interessant, zu erfahren, daß in dem in Rede stehenden Bezirk etwa 73 000 Höfe bereits eingetragen sind, das ift die große Mehrheit der vorhandenen. Dieses Höfereht zu erhalten und zu fördern, is der Zweck dieses Gesetzes, und ih glaube es den Herren warm empfehlen zu können. (Bravo!)

Herr Dr. Struckmann- Hildesheim: Die Kommission hat leider

feinen sriftlichen Bericht erstattet, sodaß ih genötigt bin, zu dieser späten Stunde das Haus noch mit einer Reihe von

Amendements zu behelligen. T t # Bauerngüter, sondern auch auf große und Rittergüter. Meine An-

träge sollen in der Hauptsache die ursprüngliche Regierungsvorlage, wie sie der Provinziallandtag erhielt , wiederherstellen ; denn in der Gestalt, wie sie ‘aus diesem hervorgegangen ist, halte ich se für eine Gefahr. Den Abkömmlingen außer dem Anerben werden zu große Opfer zugemutet; es wird und muß Unzufriedenheit erregen, wenn die Abfindungen allzu ungünstig bemessen werden. Die Novelle trägt lediglich den theoretischen Wünschen der Landwirt-

\chaftskammern Rehnung und {afi Unzufriedenheit. Ein Regierungsvertreter, der den Verhandlungen des

hannovershen Provinziallandtags beigewohnt hat, widerspricht der Auffassung, daß auf ihm nur die Interessen der Hofbesißer und Anerben

vertreten worden wären. A Graf von der Schulenburg-Wolfsburg {ließt sih den

Ausführungen des Referentenan. Damit \chließt die Generaldiskussion.

S 12 fixiert den Begriff des Hofinhabers.

Sees Or. Struckmann befürwortet dazu zwei Anträge, welche die ursprünglihe Regierungsvorlage wieder aufnehmen und eine zu große Begünstigung des Anerben verhindern sollen.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Arnim:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat anerkannt, daß als Fortschritt anzusehen ist, daß das Hofinventar in Zukunft als Pertinenz des Gutes zu betraten if und nit besonders eingeschäßt wtrd. Was seine Anträge anbetrifft, so läßt sh für dieselben ja manches anführen. Die Königlihe Staatsregierung ist den Wünschen des Provinzial- landtages von Hannover nahgekommen aus rein praktischen Er- Wir sind zu der Ueberzeugung gekommen, daß die aus der praktishen Erfahrung im Provinziallandtag hevorgegangenen Aende- rungsanträge wirklih ¡weckmäßig sind und daß die Schädigungen für

| die Miterben, von denen der Herr Vorredner \priht, kaum oder

uur in den allerseltensten Fällen eintreten werden. Was den erften Antrag anlangt, so gibt die Vorlage eine ganz klare Definition, was als Inventar anzusehen ist, nämlich das, was für die Bewirtschaftung

Î worhanden ist, also bisher für die Bewirtshaftung benußt worden ift, | während der Antrag Struckmann das für die Bewirtschaftung er

forderliße Inventar als dem Anerben zufallend ansehen will. Nah

| diesem Vorschlage würde sich die Notwendigkeit einer. Beurteilung Ï ergeben, was als für die Bewirtschaftung erforderlich anzusehen ist,

vind daraus können die unzähligsten Streitigkeiten entstehen, Nahteile,

Ï bie mit dem geringen Vorteil, der unter gewissen selten vorkommenden * Perhältnissen

Ï Feinem praktischen © bitte ich Sie, den ersten Antrag des Herrn Dr. Struckmann

Ÿ abzulehnen.

werden könnte, in diesem Grunde

zuteil Aus

dem Miterben dabet Verhältnis steht.

Was den zweiten Antrag anbelangt, so sprehen für die Ab- Auch hier würde es zu unzähligen

Das Gesetz erstreckt sich nicht nur auf |

|

| werde.

wie viel der vorhandenen Vorräte zur Bewirtshaftung des Hofes bis zur nähsten Ernte notwendig i. Im übrigen übernimmt auh jetzt der Anerbe die Gefahr, daß unter Umständen der Erblasser vor . seinem Tode zu viel von seinen Vorräten verkauft hat und er aïso mit den Vorräten nicht langt. Wenn Sie gerecht sein und den Anregungen des Herrn Dr. Siruckmann folgen wollten, müßte in solhen Fällen den Miterben aufgegeben werden, die fehlenden Vorräte zu erseßen. Sie sehen, daß der Antrag zu ungewünshten Konsequenzen führen würde. Ich bitte Sie also, aus rein praktishen Gründen die Anträge des Herrn Dr. Struckmann

abzulehnen. Die Anträge werden abgelehnt.

Auch die zu § 15 (Ermittelung des Wertes des Hofes) von Herrn Dr. Struckmann gestellten Anträge werden gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt, nahdem der Justizminister Dr. Beseler erklärt hat:

Ich habe seitens der Staatsregierung den Anträgen des Herrn Oberbürgermeisters zu widerspreher. Jch berufe mih zur Begründung dieses Widerspruchs auf alles, was der Herr Berichterstatter vorge- tragen hat. Jch glaube, daß diese Fragen na jeder Richtung hin reiflich geprüft find, “und die Staatsregierung {ließt sich der Be- gründung an.

Nach 8 16a der Vorlage gebührt dem Anerben ein Drittel als Voraus ; bei mehr als vier Kindern soll ihm aber der halbe Hof zustehen. Diese leßtere Bestimmung wird von Herrn Dr.Struckmann als eine besonders große Ungerechtigkeit gegen die Geschwister carakterisiert und die Streihung be- antragt.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Arnim: Die Interessen des Grundbesizes müssen hier auch von Staats wegen gegenüber den Privatinterefsen ter Miterben in den Vordergrund gestellt werden.

Der Antrag wird abgelehnt.

Nach einer weiteren Bestimmung des Entwurfs soll der übezlebende Ehegatte in Ansehung des Hofes bis zu seinem Tode die rehtlihe Stellung eines Vorerben haben; die Ab- kfömmlinge des verstorbenen Ehegatten haben die rechtlihe

Stellung von Nacherben. | Herr Dr. Struckmann will auch die Abkömmlinge des über-

lebenden Chegatten als Nacherben gelten lassen, da sonst möglich wäre, daß der leiblihe Sohn eines der beiden Ehegatten vollständig

leer aus8ginge. : - j Bon einem Regierungsvertreter wird erklärt, die Staats-

regierung be¡weifle, ob eine derartige Bestimmung mit dem Reichs- reht vereinbar wäre.

Der Antrag wird abgelehnt, die Vorlage unverändert angenommen, der Termin für das Jnkrafttreten des Gesehes auf den 1. Oktober 1909 festgeseßt.

Schluß 6 Uhr. Nächste Sißung unbestimmt, um den 20. Mai.

Haus der Abgeordneten. 75. Sißgung vom 30. April 1909, Mittags 12 Uhr. (Beriht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Der Präsident von Krö cher erbittet und erhält zunächst die Ermächtigung, Seiner Kaiserlihen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen die Glückwünsche des Hauses zum Geburts- tage zu übermitteln, worauf das Haus die Beratung des Etats des Ministeriums der geistlihen, Unterrichts - und Medizinalangelegenheiten in dem Kapitel „Medizinalwesen““ fortseßt.

Abg. Geisler (Zentr.) tritt prinzipiell für die Durhführung der | Nahrungsmittelkontrolle auf dem Lande ein; fie dürfe aber nicht zu | daß sie den-Be- | i

| allen Beamten, die zur Schulauffiht bestimmt find, wird erwartet,

rigoros gehandhabt werden und nicht so erfolgen teiligten allzugroße Kosten auferlege. : : |

Geheimer Medizinalrat Dr. Abel gibt zu, daß bei den neu ein- gerihteten Aemtern noch mancherlei Uebelstände und Mängel abzu- stellen seien, an der Nahrungsmittelkontrolle müsse aber festgehalten werden, denn die Nahrungsmittelfälschungen hätten in Preußen, wie nachgewiesen sei, eine außerordentlihe Höhe erreiht. Die von dem Abg. Geis!er gegebenen Anregungen follten wohlwollend geprüft und

die Mängel bei den Untersuchungtämtern nah Möglichkeit beseitigt |

werden. 2 A i ; n Abg. Marx (Zentr.) hält die Nahrungsmittelkontrolle im Interesse

der Volksgesundheit für durhaus notwendig, sie müsse in Stadt und Land durhgefüh1t werden. Das Land habe besonders darunter zu leiden, daß der Kolonialwarenschund aus der Stadt dorthin abgestoßen

Nbg. Dr. Müller -Berlin (fr. Volksp.) findet die Antwork des Negierungsvertreters bezügli der Nahrungsmittelkontrolle etwas aus- weihend und meint, daß dur die Einrichtung der Nahrungsmittel- untersuhungsämter die privaten Chemiker und die städtishen Aemter

ahteiligt würden. Vroolien der Tierärzte. Bisher könne nur in Gießen der Titel Or. med. vet. erworben werden; aber auch die tierärztlihen Hoch \hulen follten das Recht dazu erhalten, diesen Grad zu verlethen, was bisher leider noch nit der Fall si. :

Geheimer Medizinalrat Dr. Abel erwidert, daß die leßtere Frage niht Sache der Medizinalabteilung sei, und daß die Einrichtung der Nahrungsmitteluntersuchungsämter durch die steigenden Bedürfnisse erxforderlich geworden set, daß aber die privaten Chemiker nicht ge-

ädigt werden sollten. / Geis Abg. Dr. Deista (Zentr.) unterstüßt die Wünsche des Abg. Müller- Berlin, wonach die tierärztlihen Hochshulen die facultas bekommen

, die Tierärzte zu promovteren. 4 ia Dr. Müller- Berlin bedauert, daß die Kommissare nicht

anwesend seien, welhe die Sache der Promotion der Tierärzte angehe. Zu den Besoldungen der Kreisärzte liegt eine Petition von |

itätsrat Dr. Brennecke u. Gen. in Magdeburg - Sudenburg vor, MnD Son übrue der Geschäfte des Gefängnis8arztes tin Quedlin- burg durch den Kreisarzt daselbst.

Berichterstatter Abg. von der Osten (kons.) beantragt namens der Budgetkommission, über die Petition zur Tagesordnung über- i Dr. Nöchling (nl.) beantragt dagegen, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen, und erhebt den Vorwurf, daß der Regierungépräsident in diefer Sache nicht richtig ver-

en sei.

0 AG imt Oberregierungsrat Freiherr von Zedliß und Neu- kir erwidert, daß die Budgetkommission eingehend geprüft habe, ob der Regierungspräsident falsch gehandelt habe. Der Kreisarzt

habe selbst den Vertrag mit der Justizverwaltung gekündigt und thn nur fortsegen wollen, wenn ihm ein Pauschale von 600 # be- willigt würde. Die Justizverwaltung jei dann in Verlegenheit gekommen weil sie keinen Gefängnisarzt gehabt habe. ¡Der Regtes rungspräfident habe darauf mit Recht eingegriffen.

Abg. Kuh n- Ahrweiler (Zentr.) erklärt, daß seine Freunde gegen den Antrag Röhling stimmen werden. i

Abg. Lüdicke (freikons.): Die vorliegende Frage ist so kompliziect, daß wir bedauern, keinen \chriftlihen Bericht darüber zu haben. Die Angelegenheit if des persönlihen Charakters dadur entkleidet, daß der Kreisarzt längst in den Ruhestand getreten ist. Die Form der Petition, in der kein bestimmter Antrag gestellt ist, und nur eine Nachprüfung der Umstände verlangt wird, läßt es als fraglich erscheinen, ob wir dazu überhaupt Stellung nehmen können. Ih beantrage, die Petition an die Budgetkommission zurückzuverweisen, damit uns ein [hriftliher Bericht über die Angelegenheit erstattet wird.

Abg. Rosenow (fr. Volksp.) {ließt fh diesem Antrage an.

Abg. Freiherr von Erffa (kons.): Jch bitte Sie, weder dem An- trage auf Berücksichtigung, noch dem Antrage Lüdicke zuzustimmen. Die Petition ist in der Budgetkommission 24 Stunden lang besprochen und dort mit großer Majorität abgelehnt worden. Neue Tatsachen können jeßt auch niht mehr beigebracht werden.

Bei der Abstimmung wird mit einer schwahen Mehrheit die Zurüoerweisung der Angelegenheit an die Budget- kommission zwecks \chriftliher Berichterstattung beschlossen.

Abg. Dr. Heisig (Zentr.) teilt bezüglich der Wasserreinigung mit, daß man neuerdings an der Emscher mit einem viel billigeren System auszukommen hoffe, als es das System der Klär- oder Rieselanlagen darstelle. Wenn dieses System an der Emscher sich bewährt habe, so möge man es auch anderwärts einführen ; es würden dadur den Gemeinden große Kosten erspart.

Bei den Ausgaben für das Hygienische Jnstitut in Posen biitet

Abg. Kindler (fr. Volkép.) die Regierung dringend um den Neubau dieses Instituts, dessen Notwendigkeit sie bereits vor fieben Jahren anerkannt habe, und weist auf einen geeigneten Bauplaß hin,

Ein Regierungékommisfar erklärt, der Neubau fei allerdings dringend notwendig, da der Vertrag mit der Stadt, die bei Gründung des Instituts ein Gebäude zur Verfügung gestellt habe, im Jahre 1913 ablaufe. Es seien mit der Stadt bezüglih des. Neubaues Verhand- [ungen im Gange, die bald zum Abschluß kommen würden.

Abg. Dr. Heisig (Zentr.) wünscht die Aufstellung eines genauen Verzeichnisses aller Arzneimittel, welhe außerhalb der Apotheken ver- kauft werden dürfen, und bemängelt die Höhe der Hebammengebühren, die für die ärmeren Klassen zu hoch seten.

Der Rest des Kapitels des Medizinalwesens wird

ohne Debatte bewilligt.

Beim Kapitel der Provinzialschulkollegien bemerkt

Abg. Dr. von Campe (nl.): In Hildesheim besteht eine evangeli]|che höhere Tôöchtershule mit Seminar und in Duderstadt ein katholishes Lehrerinnenseminar, das von den Ursulinerinnen ge- [leitet wird. Zur Prüfung der Abiturientinnen ift unter Aufsicht des Provinzialschulkollegiums in Hannover eine Prüfungskommission aus den Lehrkörpern der beiden Anstalten gebildet, die paritätish sein soll. Der Zahl nach sind glei viel evangelische und katholishe Craminatoren be- rufen, das Resultat ift aber das gewesen, daß die dret Fächer Pädagogik, Deutsch und Geschichte mit katholischen Eraminatoren beseßt worden sind. Gegen die wissenschaftliche oder pädagogishe Qualität dieser Eramina- toren ist durhaus nihts- einzuwenden, sie haben auch die Prüfung der evangelischen jungen Damen stets mit besonderem Takt vorgenommen. Dennoch hat s\ich weiter Kreise in Hildesheim eine gewisse Erregung bemächtigt. Sämtliche Geistlihe 1nd sämtlihe Kirenvorstände haben

| h über die Zusammensetzung der Prüfurgskommission beshwert. Jst

es rihtig, daß eine Oberin in der Ordenstracht evangelishe Kinder im Deutschen prüft ? Man denke, wie der Einfluß der Reformation auf die deutsche Literatur behandelt werden soll! Und nun gar die Be- handlung der Neformationszeit in der Geschichte! Anscheinend hat auch das Provinzialshulkollegium ein gewisses Bewußtsein dieser eigen-

| höheren Schulwesen mit, daß an einer katholishen höheren

| artigen Maßnahme gehabt, denn es hat verfügt, daß in den drei ge- | nannten Fächern die ganze Prüfungskommission zugegen sein soll.

Geheimer Regierungsrat Meyer: Da die Zöglinge der Hildes- heimer Anstalt zur Prüfung nah Hannover gehen mußten, so hegten die Eltern den Wunsch, diese Prüfung zu erleihtern. Deshalb erfolgte die Anordnung der gemeinsamen Prüfurg zusammen mit Duderstadt. Von

völlige Unparteilichkeit in konfessionellen Fragen Wo bleibt der Gedanke der Die Regierung konnte erblidcken. Sache ge- annover

daß man ihnen zutrauen darf und zutrauen muß. Parität, den der Vorredner fonst betont ? gie keine Verleßung desselben in der Bildung der Kommission Es ist cine Beshwerde an das Ministerium in dieser langt, aber zunächst muß das Provinzialshulkollegium in gehört werden. i M / _ Abg. Dr. Dittrich (Zentr.) teilt aus seinen Erfabrungen im : Máädchen- \chule seit 30 Jahren evangelische Eraminatoren tätig gewe}en eten und nie eine Beschwerde erfolgt sei. Der Abg. Dr. von Campe follte

| do bedenken, daß es fih um Prüfungen handele und niht unr den

uAaßtine VoNnttbe

Unterricht; bei den Prüfungen handele es sih nur darum, Kenntnisse festzustellen. F L Abg. von Strombeck (Zentr.): Da der Abg. Dr. Campe selbst von

| dem besonderen Takt der katholishen Examinatoren gesprochen bat, so : | | rihtet fich -Sodann bespriht Redner die Frage der | 1 | Be'hwerde, die geradezu unerhört ift.

evangelische

lediglich dagegen, daß Das

seine Beschwerde : gepruft werden.

Zöglinge von fkatbolischen Lehrern ift eine

Abg. Dr. Bell (Zentrc.): Ich bin dem Abg. Dr. von Campe dankbar für seine Beschwerde, denn er wird nun au uns unterstüzen, wenn wir einmal mit kleinen Beshwerden kommen. In Konsequenz feiner Ausführungen hätte er nun für die konfessionelle Schule und für kfonfessionelle Prüfungskommissionen eintreten müssen. |

Abg. Dr. von Campe: Ich bin niemals für Simultanschulen eingetreten. Wie kann das also gegen mi sprechen ? Ich habe mich gar niht gegen paritätishe Prüfungskommissionen gewandt, sondern nur die Erwartung ausgesprochen, daß die Prüfungs- kommissionen dann auch wirklich der Parität entsprehen.

Abg. Dr. Bell (Zentr.): Ih bin damit durchaus einverstanden

| und bitte den Herrn Minister, ein statistishes Material über die Zu-

sammenseßzung fämtliher Prüfungskommissionen vorzulegen. s

In der Forderung für Geschäftsbedürfnisse der Probinz tali C altolleaion von 98 4568 #6 find 5000 H ent- halten, die im Etat folgendermaßen begründet find: „Das in dem Hause Kleine Jägerstraße 1 in Berlin angemietete dienstliche Üoiibigequartier des Oberpräsidenten in Potsdam ist auf- gegeben worden. Dieser benußt bei dienstlicher Angetagen zet in Berlin Räume des Hotels „Der Fürstenhof““. An ergütung sind hierfür einschließlich der Nebenkosten 6000 # zu zahlen.

Die Budgeikommission hat diese 5000 #_ estrihen, und das Haus beschließt nah kurzem Referat des Berichterstatters Abg. Dr. Wol ff-Gorki (kons) ohne weitere Debatte nah dem

Kommisfionsantrage.