1909 / 121 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 25 May 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Ü I E T I E A E E E E R E R ETE I

verwaltung Anleihen - herausgebraßt und eine Tilgungsfrist von 30 Jahren vorgesehen, und in dem Finanzgesehß, das jeßt dem Reichs- tage vorliegt, ist für alle Anleihen werbender Art eine Tilgung binnen 30 Jahren, für alle Avleihen niht werbender Art sogar eine Tilgung von 22 Jahren vorgesehen. Ob der Neichstag dem seine Zustimmung geben wird, steht einstweilen dahin, es ist aber zu erhoffen, Wenn also wir nur 1,68 9% getilgt haben, was einer Tilgungsperiode von 60 Jahren gleihkommt, so haben wir noch lange nicht den Saß er- ‘reiht, der jeßt im Reiche zur Einführung gelangen soll, Daraus ergibt fich meiner Ansiht nach zur Evidenz, daß es unrichtig sein würde, so zu verfahren, wie es das Abgeordnetenhaus vielfach gewollt hat, das ganze Extraordinaruum auf Anleihe zu nehmen, fondern wir müfsen daran festhalten, daß das Extraordinarium aus laufenden Mitteln reihlich dotiert wird, weil das allein die notwendige Ergänzung für unzulänglihe Schuldentilgung darstellt, und ih glaube, daß ich mich in der Beziehung der Zustimmung des Herrn von Buch

werde erfreuen können.

Meine Herren, ih kann dann in einer Beziehung nur dem zu- stimmen, was Exzellenz Becker ausgeführt hat, daß man und ih habe ja Monate lang nah dieser Richtung hin gekämpft binsichtlih der Gehälter der Beamten usw. Maß halten soll. Welche Lasten aus dieser Aufbesserung der Gehälter der Lehrer, Beamten und Geist- lihen der Bevölkerung erwachsen, das ahnt die Bevölkerung garniht, weil der Steuerzettel noch nicht in ihren Händen ist. (Sehr richtig!) Wenn jeßt erft die 250/60 Zusthläge in den hübschen TFleinen Zetteln in die Hände der Zensiten gelangt sein werden und wenn, wie wir hoffen, 500 Millionen neue Steuern im Neich bewilligt sein werden, dann wird erst weite Kreise der Bevölkerung das Be- wußtsein durchdringen, welche enorm großen Opfer die breiten Schichten der Bevölkerung für die Beamten, Geistlihen und Lehrer zu bringen haben. Jh kann Exzellenz Becker auch ferner darin folgen, daß das vielleihi noch niht einmal das Bedenklicste ift, sondern noch bedenklicher ist die Rückwirkung auf die Gemeinden und auf jeden privaten Betrieb. Denn die Gemeinden können ih ja, selbst die leistung8unfähigsten, kaum dem entztehen, was das Netch und der Staat getan hat, und ebensowenig die privaten Betriebe, bei denen die Bediensteten doch vielleicht in einer Art Parallel- verhältnis zu den - unteren Angestellten des Staates stehen. Auch der private Betrieb wird ih vielfach einer Lohnerhöhung nit entziehen können. Jch freue mi, daß wir dank dem Entgegen- kFommen des Herrenhauses zu der Beendigung dieser Angelegenheit ge- kommen sind, und hoffe, daß es gelingen wird, im Reiche nicht über die Grenzen hinauszugehen, die in der Beziehung gesteckt sind ; wenigstens werde ich mich nach Kräften nach der Richtung hin be- mühen.

I glaube, meine Herren, daß ih damit im wesentlichen die ein- zelnen Ausführungen beantwortet habe, die von den Herren Vorrednern gemacht worden sind. Zch kann mich dahin rekapitulieren, daß ih dem Herrn Referenten sehr dankbar bin für seinen eingehenden und woblwollenden Vortrag und daß ich ihm und den Herren Vorrednern durchaus darin beistimmen kann, daß unsere finanzielle Situation als eine sehr ernste anzusehen ift, daß wir uns aber, wie ich glaube, von den Grundsäßen der foliden preußishen Finanzgebahrung nicht ent- fernt haben und bemüht sein werden, sie auch ferner so weit zur Geltung zu bringen, als es irgendwie in unserer Macht steht. (Bravo!)

Damit schließt die Generaldiskussion.

Jn der Spezialdiskussion kommt zunächst der Kultus- etat zur Beratung, über welchen

Herr Dr. Hillebrandt-Breslau referiert als Spezial- berihterstaiter. Es li-gt hierzu der Antrag der Herren Graf von Haeseler und Dr. Zorn vor:

„die Regierung aufzufordern, eine Gesezeëvorlage in die Wege zu leiten, durch welche der Besuch der Fortbildungsschule na der Entlassung aus der Elementarshule bis zum vollendeten 18. Lebensjahre für obligatorisch erklärt und das gesamte Fortbildungsshulwesen dem Unterrichtsministerium unterstellt werde“.

Der Referent verbreitet sich u. a. ausführlih über die Reform des böberen Mädchenschulwesens und spriht fich dabei persönlih für den einheitlihen Aufbau der Schule an Stelle der Gabelung in ver- schiedene Auébildungeanstalten aus. Sodann geht er auf den Antrag Haeseler ein, der einen guten Weg weise, das Vakuum, das zwischen dem Aufhören der Schulunterweisung und dem Eintritt in das Heer liege, zu einem großen Teil auszufüllen. In den Lehrerseminaren made fih bei einem Teil der Seminarlehrer ein Drang bemerkbar, über das Ziel des Seminars, Volkss{hullehrer auszubilden, hinaus- zugehen.

Graf von Haeseler: Die Gesetzgebung der leßten Jahre hat sehr ergiebig auf die Volkéshule gewirkt. Das Schulunter- haïtungs- und das Lehrerbesoldungsgeseß stellen sehr große An- forderungen an die Gemeinden; da müssen auch höhere Leistungen von den Lehrern und von der Volkss{ule verlangt werden. Nach dem jeßigen Stande der Gesetzgebung sind die Schulentlafsenen vom 14. Iahre ab bis zum Eintritt in das H:er völlig h‘rrenlos, dem sittlichen Untergange und der Verrobung ausgeseßt und dem Vaterlande entfremdet. Frühere Reformbestrebungen der Geseßtz- gebung in dieser Richtung find von dem Kultuêministerium wohl- wollend aufgenommen worden. Aker durhgreifende Schritte sind noch nicht möglih gewesen, weil das ard ip mit anderen Arbeiten über- lastet war. Die betreffenden Bestrebungen haben \sich zu dem Ihnen vorgelegten Antrage verdihtet. Der materiellen Aufbesserung foll der ideelle Aufs{wung zum Besten unserer Jugend folgen. Die Staats- regierung roird um eine Vorlage ersucht, mit dem Ziel der obligato- rischen Fortbildungsshule; dann foll die gesamte Fortbildungéschule dem Kultusminister unterftelt werden, Unüberwindlihe Shwierig- Feiten werden sich dem nicht enlgegenftellen; geseßliche Schranken gegen die Erweiterung des Schulunterrihts sind nicht vorhanden. Der Abschluß des Sculunterrihts erfolgt jeyt mit dem 14. Lebens- jahre; diese Bestimmung ift weniger diktiert von der Vorstellung, daß die Erziehung mit diesem Zeitpunkte vollendet ift, als yon der Absicht, das Kind möglichst fcüh dem Erwerbe zuzuführen. Die obli- gatorische Forttildungs schule sou in Würdigung dieser Motive vor- nehmlih eine Winterschule sein. Die heranwachsende Jugend wird dann vielleiht weniger Zeit haben, in Kneipen zu liegen. Im Sommer wird jedenfalls eine erheblihe Verminderung der Stunden- zahl eintreten müssen, anderseits der Sonntagnahmittag für Aus- fluge usw. in Anspruch zu nehmen sein; eine Sonntagsentheiligung dürfte darin niht gefunden werden können. Aber avch in der Woche wird der eine oder andere Abend zu fkörperlihen Uebungen, SFugendspielen usw. verwendet werden müssen. Auch bei den Fach- schulen würde eine Erweiterung des Lehrplanes sehr notwendig sein. Gs dürfen au die ungelernten Arbeiter und Knechte nicht beiseite geschoben werden; die Erziehung soll allen zu gute kommen, und e diese Kategorien sind ihrer yielleiht am meisten bedürftig.

eber den Lehrplan habe ich mich {ot im vor!gen Jahre geäußert. Ich stelle in den Vordergrund den nationalen Gedaafen, die Ein- wirkung auf Herz und Gemütk. Gottesfurht und Köntigstreue sollen gehegt, das nationale Bewußtsein gehoben werden. Im übrigen müssen die Unterrichtsgegenstände dem praktischen Bedürfnis angepaßt

eingehenden Ermitilungen feststellen lassen, die die Regierung be- schaffen muß.

Ministerialdirektor D. Schwarßkopff: Die Unterrihtsverwaltung ist dem Vorredner außerordentlich dankbar für das warme Interesse, das er diesem Gegenstande entgegenbringt. Bekanntlich steht die preußishe Gesetzgebung bisher auf dem Standpunkte, mit Rücksicht auf die Kosten von der obligatorischen Einführung des Fortbildungs- \{ulunterrihts abzusehen. Es ist zu erwägen, ob wir in dieser Be- ziehung niht weiterzugehen haben. Die Unterrichtsverwaltung ist in dieser Frage nicht zuständig. Seit 1885 steht das Fortbildungsschul- wesen zum Teil unter dem Handelsmtnisterium, zum Teil untec dem Landwirtshaf1sministeruum. Ich kann mich deshalb über die Ueber- tragung der Fortbildungsshule auf die Unterrihtsverwaltung namens der Unterrihtsverwaltung nicht aussprehen. Sollte das hohe Haus diesem Antrage zustimmen, so werden wir der Frage nähertreten.

Herr Dr. Oehler-Crefeld: Die Förderung des Fortbildungsshul- wesens auch in staatsbürgerliher Beziehung is ein Verdtenst des preußischen Handelsministers. Sind wir damit zufrieden, so haben wir keinen Anlaß, eine Aenderung der Organisation zu wünschen.

Ministerialdirektor Dr. Foerster: Die finanzielle Tragweite der Annahme des Antrages wäre eine ungeheuer große. Mein Ressort ist für eine allmählihe Entwicklung auf diesem Gebiete, die bisherigeEntwicklung wollen wir ruhig weitergehen lassen. Wir können die ganze Organisa- tion niht mit einem Schlage ändern. 1885 i} die jeßige Regelung getroffen, weil man wünschte, das Fortbildungsshulwesen immer den praktishen Bedürfnissen anzupassen. Wollen wic hiervon abgehen, fo muß die Sache vorher sehr eingehend geprüft werden.

Herr Dr. Struckmann- Hildesheim: Jh habe von vornherein darauf aufmerksam gemacht, daß es niht angängig sei, das gesamte Fortbildungssulwelen dem Unterrichtsministeruum zu untersielléen. Wir haben den Antrag nur unterschrieben, um unserer prinzipiellen Zustimmung zu dem Grundgedanken desselben Ausdruck zu geben. Bielle'cht wäre es richtiger, die geseßliche Möglichkeit zu geben, daß durch Ortsstatut die Sache geregelt wird. Wir wünschen dringend, daß das gewerbliche Schulwesen bei dem Handelsministerium, wo es jeßt ist, bleibt, weil tas Handelsministerlum die rechte Be- hôrde ist, um die Sache richtig zu ordnen. Das Unterrichts ministerium ist {on so belastet, daß ihm eher Teile abgenommen werden könnten. Jch beantrage, den Antiag der Unterrihtskommission zu überweisen.

Herr Dr. von Studt: Die Unterrichtékommission hat sih mit dieser Frage beschäftigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die Verhältnisse etwas verwickelt sind. Jh glaube, daß es notwendig ist, von hier aus einen Antrieb zu geben, damit die Staatsregierung ihrerseits vorwärts schreitet. Die Finanzfrage zu regeln, ist ihre Sache. Was die Ressortfrage betrifft, so enthält der Antrag ja kein Mitß- trauensvotum weder gegen das Landwirtschaftsministertum, noch gegen das Handelsministerium. Es ist aber unbestreitbar, daß das U: ter- rihtsministerium die rihtige Stelle ist, um die ganze Frage zu fördern. In den Fortbildurgs\chulen tritt das fachlihe Moment zu schr in den Bordergrund. Jch bitte, dem Antrage einftweilen stattzugeben und alle Bedenken, insbesondere über die Ressortverhältnifse, fallen zu laffen. Jh bitte Sie, den Antrag ohne Kommissionsberatung an- zunehmen.

Herr Dr. Wil ms- Posen: Ein Teil meiner Freunde wird gegen den Antrag stimmen, weil wir glauben, daß das gewerbliche Fortbildungts{ul- wesen auch in den Händen des Handeisministers am beiten aufgehoben ift. Bis zum 18. Jahre das Fortbildunoesshulwesen auszudehnen, bedarf doch einer sehr genauen Prüfung. Die Existenzfrage unserer Be- völkerung ist doch dabei nit zu übersehen. Vielfach ist einem doch das Hemd näher als der Nock, und auf dem Lande ist die Durch- führung bes Antrags doch sehr s{chwierig. Es wäre bedenklih, auch den Sonntagnahmittag zum Unterricht zu benußen. In den Städten ist man nach und nah von dieser früheren Idee abgekommen. Gegen die Unterstellung der Fortbildungsschulen unter das Kultusministerium, wie dies Herr von Studt betonte, möchte ih mi entschieden aussprechen.

Herr Ehlers: Ih schließhe mich diesem Widerspruch an. Die Sache läßt sich doch nicht so kurzerhand ohne Kom- missionsberatung abtun, wie-es der frühere Kultusminister von Studt wollte. Die beiden Ressortminister des Handels und der Land- wirtschaft haben sich hier über die Sache auß noch gar nicht ge- äußert. Die dringende Neuregelung des Fortbildungss{hulwesens auf gewerblitgem Gebiete würde auch aufgehalten werden durch Annahme des Antrags. Vorher mahnte Herr v. Buch zur Spa! samkeit. Billig wäre die Durchführung des Antrags nicht, und ob wir das Geld dazu haben, weiß ich nicht. Man sollte wirklich sch die Sache Schritt vor Schritt entwickeln lassen. Ich bin bisher der Meinung gewesen, daß die Anpassung des Untercichts an die Bedürfnisse des praktischen Lebens für den ganzen Unterricht von der größten Be- deutung ist; der Fortbildung8unterriht soll doch nicht eine Fotfeßung des Volkss{ulunterrichts sein, sondern die jungen Leute für das praktishe Leben vorbereiten. Ich verstehe darum nicht, weshalb ih Herr v. Studt gegen die Fachdildung ausgesproh:n hat. Sehr be-

jahre. Der Antrag müßte zweckw äßig zuerst der Ünterrichtskommission übergeben werden, wo er eine Fassung finden könnte, ter wir unbedenk- lih zustimmen könnten.

Herr Dr. Str uckmann: Herr von Studt hat ausdrücklich bean- tragt, daß heute über den Antrag Haeseler abgestimmt wird, während ih Kommissionsberatung beantragt habe. Jch mate darauf aufmerksam, daß der Antrag nicht auf der Tagesordnung steht, wir also über ihn nicht abstimmen können. Ich keantrage, die Verhandlung des An- trags von der Tagesordnung abzuseßen, falls Kommissionsberaiung nicht beschlossen wird.

Der Antrag Haeseler wird nah dem Antrage Struck- mann an die Unterrichiskommission verwiesen.

außerordentlicen Professoren wegen Beteiligung an der Selbstverwaltung der Universitäten usw. an die Unterrichtêverwaltung geilchtet haben. Nur folle jede Uniformierung und Schemalisierung von oben vermieden werden. Der Minister möge dem Antrage mit Wohl- wollen entgegenkommen. Die Neureglung der E für die anferordentlihen Prof soren sei immer noch recht wenig befriedigend. Mit 4800 4 Höcbstgehalt ständen fie um nit weniger als 1200 #4 hinter den Oberlehrern zuuück. Die Regierung sehe die außerordent- lihe Professur als ein Durchgangsitadium an; aber ein erheb- liher Teil der Extraordinarien erreich?e das Ziel der ordentlichen Professur niemals. Den älteren Extraortinarien follte der Minister aus dem Diépositionsfonds ihr Gehalt so weit erhöhen, daß sie den Oberlehrern gleihkommen. Insbesondere sollte bie Regterung auch die „persönlihen Ordinarien“ berüdsfichtigen.

Geheimer Oberregierungsrat Dr. Elster: Im wesentlichen sind doh auch in der Praxis die Extrao:tinariate Durhgangsstadien. Ein großer Teil der Wünsche der Herren geht zu weit, und es kann ihnen niht entsprochen werden. An den mittlerea und kleineren Universitätsslädten wird es sih

empfehlen, ihnen das Recht zu geben, den Rektor mit zu wählen, und

in den Fällen, wo sie Ocdinarien vertreten, auch Anteil an den Ge-

shäften der betreffenden Fakultät zu gewähren. Die älteren Extra-

ordinarien mit nicht mehr als 4800 „6 durch ein höheres Gehalt

aufzubessern, wird die Verwaltung sich stets angelegen fein lassen. Ob eine Aenderung in der Stellung der „persönlihen Ordinarien“ tunlih ift, möchte ich bezweifeln; es kann sich da immer nur um Aus- nahmefälle handeln.

Dr. Freiherr von der Gol: Jedes Jahr wiederholt si die

Kloge über die NELRNNE, Nielschrciberel und Gesemacherei. Die Bureaukratie, die

Tisch tritt besonters grell in dem Ressort des Kultusministeriums hervor, und das führt \chließlich dazu, die Verwaltung, insbesondere die Kirhen- und Schul- wie die Medizinalabteilungen der Regierungen, bei der Beoölkerung unbeliebt zu machen. baltungs„eseß hat dazu ein gut Teil beiget: agen. Namentlich hat die Behelligung mit Formularen, deren Ausfüllung seitens der Sanitäts- verwaltung verlangt wird, geradezu den Charakter des Unfugs an-

ielschreib-rei, das Befserwissen vom grünen

Das neue Schulunter-

weiden. Ob das angebahnte Werk ausführbar ist, wird sich erst nach

genommen.

denklich ift mir die Au: dehrung de-s Unte: richts bis zum 18. Lebens- |

Herr Dr. Reinke- Kiel tritt für die Forderung ein, wclche die }

_ Ministerialdirektor D. Shwarhkopff: Der Vorredner hat die Güte gehabt, uns an der Ministerbank während des größten Teils seiner Rede A Nückseite „zuzuwenden. Ih muß dahec den \teno- graphishen Bericht abwarten, um auf alle Beschwerden antworten zu kônnen. Schon jeßt erkläre ich aber, daß die Beschwerden gegen die Kirchen- und chulábteilungen doch zum Teil nicht zu- treffen. S@Äuletats aufzustcllen, kann nur im Interesse der beteiliaten Gemeinden und Schulverbände liegen. Wie weit die Verwaltung bei Verseßung von Lehrern im Interesse des Dienstes zu gehen hat, wird durch das Geseg bestimmt, welches doch auch die Zustimmung des Herrenhauses gefunden hat. Eine bureaukcatische Behandlung der Schulbauten wünscht auch die Regierung nit. Mit Entschiedenheit muß ih der Behauptung widersprechen, daß die Schulabteilungen ih bei der Bevölkerung un- beltebt gemaht haben. Richtig ist, daß sie sehr undankbare Aufgaben zu erfüllen haben, und die Männer an ihrer Spiße tun in hervor- ragendem Maße thre Pflicht.

Graf yon Oppersdor ff: Die Verleihung des Profefsortitels, wle er vom Kultusministerium an Mediziner, die nicht der Universität angehören, verliehen wird, nimmt neuerdings großen Umfang an, und das ist geeignet, den Wert des Sanitätsratstitels in Mißkredit zu bringen. Für die Universitätêprofessoren sollte eine Altersgrenze ein- e werden, wie in Oesterreih. Die wissenshaftlihe Deputation ür das Medizinalwesen bedarf des Ausbaues.

Herr Dr. Wilms- Posen: Für die Pflege der körperlichen Uebungen kann bei der Jugend noch mehr geshehen. Volks- und Jugendspiele werden ja in dankenswerter Weise seitens vieler Gemeinden bet den gewerblihen Fortbildungss{hulen gefördert ; die bezüglichen Bestrebungen zu unterstüßen, hat sich namentlich die Deutshe Turnershaft zum Ziele geseht. Aber au der Staat muß hier anregend und fördernd wirken; au die Spitze der Schule, der Nektor, muß mit Verständnis und Jateresse dafür erfüllt werden. Die vorh1ndenen vielfachen Be- strebungen müßten in wissenshaftlicher Hinsicht bei der Universität in einer Spitze zusammengezogen werden, wenn auch nicht sofort în etner besonderen Professur.

Herr von der Osten: Die Beschwerden des Freiherrn von der Goly waren durchaus gut gemeint und im Interesse der Steuerzahler erhoben. Meine Wünsche bewegen sich in ähnlih:r Richtung. Mit der Durchführung des Volkss{ulunterhaltungsgesetzes hat es viel- fah schr gehapert; tnsb-sondere hat aub die Forderung der Auf- stellung von besonderen Schuletats viel Arbeit und böses Blut ge- macht. Den Schulpatronen sollte von besonderen Schulrevisionen yorher Mitteilung gemacht werden; jeßt bekommen si? die betreffenden Berichte mit mehr oder wenizer zahlreihen Ausstellungen an dem Aeußeren der Shule. Aus den Ausstellungen geht oft hervor, da die revidierenden Pädagogen voa Schulbauten nichts verstehen. Fragli ilt, ob es geseßlih ift, daß die Gemeinden zum Halten des Schul- blattes verpflihtet sind. Auf die 2 4 Abonnement kommt es ja E an, aber wir bitten do, s{üßen Sie uns vor folchen Ueber- griffen. Ministezialdirektor D. Schwarbhkopff: Ih wäre dem Vorredner sehr dankbar, wenn er der Verwaltung die Gravamina der Schuhz- patrone genauer mitteilte; wir werden dann die Einzelheiten prüfen und eventuell Abhilfe s{hafen. j

Herr Dr. Bender- Breslau: Der Minifterialdirektor hat die Beschwerden des Freiherrn yon der Gol zu \{harf aufg: faßt. Es ist Sache der Zentralverwaltung, einen vereinfahten Geschäftsgang einzuführen. Wir erlicgen fast dem Schxeitwerk, das vielfah pro nihilo gemaht wird. Was insbesondere die Kreisärzte betrifft, so sollte in der Instruktion an sie darauf hingewiesen werden, daß fie nur Polizeiorgane und nicht noch nebenbei Berater der Schulgemeinde find. Der Kreisarzt revidiert bei uns in den Schulen Breéêlaus sogar die Brausebäder und erteilt seine Ratshläge in bezug auf besseres Pflaster der Schulen. Das ijt doch niht seine Aufgabe. Der Kreisarzt sollte etwas mehr Rücksicht auf den eigenen Verstand der Kommunalleitung nehmen. Die Bildung von Zweigschul- verbänden auf dem Lande, die man im konfessionellen Interesse vor- nimmt, halte ih doch für sehr bedenklich.

Ministerialdirektor D. Shwarhkopff: Die Schulverbände werden nach den örtlichen Bedürfnissen gebildet; die Entscheidung hierüber haben in erster Linie die öctlihen Instanzen, in leßter Linie der Provinzialrat. Wir haben nur die allgemeine Anweisung gegeben, daß mes gut täte, möglichst weniz an den bestehenden Verhältnissen zu ändern.

Herr Dr. Lentze- Magdeburg kann einer geseßlichen Negelun des Meittelshulwesens nur dann das Wort reden, wenn dadur den Gemeinden keine neue Lasten auferlegt werden.

Ministertaldirektor D. Shwartßkopff: Ich möchte darauf auf- merksam machen, daß im anderen Hause ein Antrag eingebracht ift, wonach die Gemeinden ihre Mittel\{ullehrerstellen bet der Alters- zulagekasse versihern k[önnen. Das ist aber nur fakultativ gedacht.

Herr Dr. Lentze: Was wird mit den Gemeinden, die si dieser Kasse nicht anschließen ?

Ministerialdirekteor D. Schwarhklopff: Es besteht schon seit 1900 ein Ministerialerlaß, wona Mittelshullehrer einen gewissen Prozentsaß mehr erhalten sollen, als Volks\{ullehrer. Ein Zwangs- mittel besteht für die Regierung nur in der Auflösung der betreffenden Schule ; sie hat aber davon bisher keinen Gebrauch gemaht. Wie die Gehaltëfrage bei ter späteren geseßlichen Regelung gelöst werden wird, kann ich natürl:ch nit sagen. Der Zweck des dem Abgeordneten- hause vorliegenden Antrages bedeutet nicht eine neue Belastung, sondern eine Unterstüßung der Gemeinde.

Zu dem Kapitel „Universitäten“ wünscht

Herr Dr. Kle in-Göttingen die Einstellung crößerer Mittel für die Unive: sitätsbibliotheken und beshwet sih darüber, daß nach cinem neuen Erlaß der Unterrichtsve: waltung auch solche Vamen rits immatrikuliert werden dürfen, welche das Oberlehrerinnenexamen machen wollen, aber niht die Vorbedingung der regulären Absolvierung eines dem gymnasial-n, realgymnasialen odec einer Oberrealshule eut- sprechenden Bildungsganges erfüllen.

Ministerialdireftor D Shwarbßkopff: Der neue Erlaß enthtelt nis Neues, worüber die Universitäten hätten gehört werden müssen; die Universitäten sind gehört worden und haben ihre Zustimmung er- klärt. Der Minister hat entschieden, daß die jungen Mädchen, die ihr Mädchenschulexamen gemacht und zwei Jahre praktisch tätig waren, auch immatrikuliert werden können. Der Minister hat nur die Konsequenzen seines bisherigen Standpunktes gezogen. Die Frage, ob es ratjam ist, den jungen Damen die Möglichkeit zu geben, zu studieren und das Examen pro facultats docendi abzulegen, hat der Minister bejaht. Die Unterrihtsverwaltung hofft, daß dies dazu beitragen wird, den Damen einen Weh zu eröffnen, der fie leiter zum Ziele führt, als wenn sie eine Studienanstalt benugen,

Graf von Hutten-Czapski empfiehlt die Begründung eines radiologishen Instituts, wie es schon der verstorbene Ministerialdirektor Althoff in Aussicht genommen hatte, und zwar namentlih zur Be- kämpfung der Krebskrankheit. In Heidelberg sei bereits ein solches Institut begründet worden, und in Wien und London seten solche Institute in Ausficht genommen.

Auf eine Anfrage des

Herrn Dr. Struckmann wird seitens eines Regierungs- k'ommissars erwidert, daß durch die Erhöhung des Zuschusses aus dem hannoverschen Klosterfonds an die Universität Göttingen die Zuwendung für die andere aus diesem Fonds zu fubventionierende Einrichtung ntcht verkürzt werde.

Bei den Ausgaben für „Kunst und Wissenschaft“ be- fürwortet

Herr Dr. Fuß- Kiel die Hergabe von Staatsmitteln zur Grrichtun eines Museums für die Unterbringung der von Professor Fischer-Ki in Ostasien g- sammelten wertvollen Kunstwerke, damit verhindert werde, vaß dicse Werke nah Amerika gehen.

Auf eine Anregung des Herrn Dr. Struckmann erklärt etn Negierungskommisjar, daß die Fortführung der vom kunst- historischen Institut in Florenz veranstalteten kunsthistorishen Kurse

Milte daher um

Y

entlich ia bisheriger Weise gesehen und auch den deutschen Ober- hrern wie bisher zugute kommen wird.

Herr von Bruchhausen - Trier bittet um Auskunft über g künftige Schicksal des römischen Amphitheaters in Trier, das 4 in sehr traurigem Zustande befinde. Es handele sich um 14 bedeutendste 1ômishe Bauwerk auf deutschem Boden; zur- { liege es gänzlih verwahrlost da. Der d Fiskus habe tfädlich nichts zu seiner Erhaltung getan. Der kleinere Teil des anzen und gerade der interessanteste, der die unterirdisGen Gänge orge, stehe noch immer in Privateigentum. Die Verwaltung solle aigstens die Mittel zur Beendigung der Untersuchung bewilligen, m wenigstens die Arena fretzulegen und das Bauwerk in seinem ollen Werte wirken lassen zu können.

MBirklicher Geheimer Oberregierungsrat von Bremen gibt die

cflärung ab, daß die Erwerbung des noch im Privatbesit befindlichen

einerzeit an den zu hohen Forderungen der Besißer gescheitert l die Angelegenheit aber im Auge behalten wird. E ' Herr Dr. Struckmann fordert ein kräftigeres Eingreifen des ztaaies mit seinen Mittela für die Denkmalspflege überhaupt, Die \rovinziallonservatoren seien überbürdet. Gin Leil dec Museums- häße Berlins könnte an die Provinzialinstitute abgegeben werden ; 1s ganze Land habe doch Anspruch auf die mit teuerem Gelde er- orbenen Sachen. Man solle fie nicht in Berlin unbenußt im Nagazin liegen lassen.

Bei den Ausgaben für das Medizinalwesen mißbilligt Graf von Roon die große und für die Gemeinden sehr kost- jjelige Revisionslust der Medizinalbeamten auf dem Lande, ins- esondere der Kreisärzte. Der Gedanke der Selbstverwaltung komme qbei zu kurz; immerfort werde von oben reglementiert, revidiert und yrobiert. Gine bezügliche Resolution einzubringen, behält sich der

Medner vor.

Geheimer Obermedizinalrat Dr. Kirchner verweist auf die Um- estaltung der Medizinalgeseßgebung, die in den legten Jahrzehnten r sich gegangen ist. Die öffentliche Gesundheitépflege habe ungeahnte ortshritte gemaht. Das Krelsarztgeseß sei ja noch keine zehn Jahre [t, Auf die Finanzen der Gemeinden werde jede tunlihste Rücksicht

ommen.

: Herr Dr. Bender - Breslau beanstandet nochmals die den Kreis- rzten erteilte Instruktion, welhe niht sharf genug erkennen laffe, der Kreisarzt lediglih ein Polizeibeamter, aber kein Berater der

Wemeindeverwaltungen sei.

Graf von Roon verwahrt sich dagegen, seinerseits die Kreisärzte

I. ihrer amtlichen Tätigkeit irgendwie beanstandet zu haben; aber

venn fie mit staatlichen Austrägen kämen, sollten sie auch vom

Staate bezahlt werden.

Damit ist der Kultusetat erledigt. Nach 6 Uhr wird die Fortsezung der Etatsberatung auf

WDienstag 12 Uhr vertagt (vorher kleinere Vorlagen).

Haus der Abgeordneten. 94. Sißung vom 24. Mai 1909, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) ¿Ueber den ersten Teil der Verhandlungen in dieser

¡igung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Das Haus seht die zweite Beratung der Novelle um Stempelsteuergeseß und zwar die am Sonnabend

bgebrochene Spezialdebatte über den Stempeltarif auf

rund des Berichts der XY. Kommission fort. L

Die Kommission hat eine neue Tarifstelle 11a für utomaten und Musikwerke eingefügt. Die Erlaubniskarte îr jeden öffentlih aufgestellten Musikz, Verkaufs- oder Wage- uiomaten sowie jeden Automaten, der zur Unterhaltung des dublikums dient, einshließlich der Stereoskopen, sowie für Fraftmesser soll jährlich 10 A Stempelsteuer tragen. Für jróßere oder besonders kostspielige Jnstrumente kann die Ab- habe bis auf den zweifahen Betrag erhöht werden. Befreit leiben die Automaten der öffentlihen Behörden und die zum utomatischen Restaurationsbetrieb dienenden. :

Die Abgg. Wolff-Lissa (fr. Vgg.) und Reinbacher fr. Volksp.) beantragen, die ganze Tarifstelle zu streichen.

Ein Kompromißantrag der Abgg. Fleuster (Zentr.), üdicke (freikons.), Dr. Lohmann (nl.) und Dr. von Kries kons.) \{hlägt vor, den Stempel nah dem Rohertrag, bei Warenautomaten abzüglih des Selbstkostenpreises der Ware, tbzustufen und für die Ertragsstufen bis 20, 50, 100, 250,

00 und über 500 1 zu erheben 1, 3, 5, 7,50, 10 und 20 6. Befreit sollen sein die Automaten zu Betriebszwecken öffent-

iher Behörden und zum Betriebe von automatischen Restau- ationen sowie die Gasautomaten und Elektrizitätsautomaten u hauswirtschaftlichen Zwecken. Zu den Musikautomaten ollen au die mechanishen Musikwerke gerechnet werden.

Abg. von Tilly (kons.) begründet den Kompromißantrag und emerkt: Ein Stempel von 10 4 wird unter Umständen den reellen Warenumsatz shädigen können. Die Reineinnahme darf nicht immer us\hlaggebend sein für die Beurteilung der Bedeutung und des Nuyens, den ein Automat sür den Besiger hat. Die Neklamezwecken dienenden Mutomaten und in ähnlicher Weise die Spielautomaten, durch deren piel Gäste angelockt weiden, bieten den Besigern unter Umständen inen wett aipren Gewinn, als die Reincinnahme beträgt. Ich Annahme unseres Antrages. :

Aba. Wald stein (fr. Vgg.): Das Anbieten von Leistungen uf automatishem Wege an si ist durchaus als ein Kulturfortschritt u bezeihnen. Allerdings gebören die auf automatishem Wege an- jebotenen Leistungen manchmal nicht zu den erfreulichen ; das findet Ÿ aber auch im anderen Handelsverkehr, und es liegt deshalb kein Grund vor, gerade den automatishen Verkehr exzeptionell zu be-

handeln. Man mag gegen die unsittlihen Bilder kämpfen, aber nicht

Jegen die Automaten. Es is au ein höchst bedenklicher Grundsaß, le deswegen {ärfer zu besteuern, also einen Nußen daraus zu chlagen, veil sie unsittlich sind. Die Automatenstempelsteuer würde ferner ne ‘ungerehtfèrtigte Beschränkung der Gewerbefreiheit bedeuten und ub niht ganz im Sinne des Kompromisses liegen, nah welchem der Rest der fehlenden Steuern aus einer Vermehrung der Stempel- bgaben aufgebra&t werden sollte. Was hier vorgeschlagen ist, ist ormell eine Stempelsteuer, aber materiell hat sie gar nichts damit u tun, es ist eine besondere Gewerbesteuer. Aus diesem Grunde erden wir uns ablehnend gegen die Steuer verhalten, und ih bitte Sie, unserem Antrag auf Streichung der Automatensteuer zuzu- mmen.

Abg. Dr. Lohmann (ul.) spriht sich für den Kompromiß- ntrag aus und ah an, p "us die Untergrundbahnverwaltung ls dfentlihe Behörde im Sinne dieses Gesetzes anzusehen set.

Wirklicher Geheimer Oberfinanzrat Hummel: Die Regterung M N in der Lage, auf diese Steuer verzihten zu können. Diese Automatensteuer hat in leyter Stunde in den Tarif ingefügt werden müssen, weil dur die Heraufsepung der Be-

Jteiungsgrenze bei Mieten vbn 8300 auf 400 #4 ein Ausfall

nistanden is. Will man die Automatensteuer streichen, dann wird man die Befretungsgrenze wieder auf 300 4 herabseßen müssen, Die Mehrheit des Hauses wird aber niht im Zweifel sein, daß es virtshaftlih wichtiger und zweckmäßiger ist, die Mieten so- zu be- afen ind fait dessen die Automaten mit einer, a Ua T egen, te rechtlihen Bedenken, die gegen diese

nd, sind durdat U, Das Reichsgericht hat sich bereits n einem Falle über diese Frage des Erlaubnisstempels \{lüssig

Machen müssen und hat damals zu Gunsten des Fiskus entschieden,

age, ob die Erhebung dieses Stempels an fich rechtegültig ift

oder nit, ist dabei allerdings nit näher erörtert worden, aber au in Hessen besteht diese Stempelsteuer bereits seit 1903 und ist 1907 sogar noch erweitert worden. Der zur Zahlung Verpflichtete kann nur der Eigentümer des Automaten sein, denn ein großer Teil der Automaten wird ja auf öffentlichen Pläßen aufgestellt, und da müßten sonst die Gemeinden zu dieser Steuer herangezogen werden. Die Untergrundbahn kann nicht als öffeutlihe Behörde im Sinne dieses Gesetzes angesehen werden, sie wird aber an der Erhebung dieser Steuer sicher niht zu Grunde gehen.

Ein Schlußantrag wird mit großer Mehrheit angenommen. Der Antrag Fleuster wird angenommen.

Nach Tarifstelle 22 soll für Erlaubniserteilung für Pfand- leiher, Pfandvermittler, Gesindevermieter oder Stellenvermittler folgender Stempel gezahlt werden: für die gewerbesteuerfreie Klasse 50 46, für Gewerbesteuerklasse IV 100 6, Klasse III 200 46, Klasse II 350 1, Klasse T 500 4; für die Gesinde- vermieter in der gewerbesteuerfreien Klasse kann bei nach- gewiesener Bedürftigkeit der Stempel von 50 6 bis auf die Hälfte ermäßigt werden. Für die Stellenvermittlung und die Ärbeitsnachweise der Kommunalverbände, der Landwirtschafts-, Handels- 2c. Kammern, der Berufsvereine 2c. sollen 20 4 ge- zahlt werden.

Diese Bestimmungen werden ohne Debatte angenommen. Für die Errichtung von Familienstiftungen und Fidei- fommißstiftungen sollen nach Tarifstelle 24 wie nah dem bis- herigen Tarif 3 Proz. des Wertes gezahlt werden.

Die Abgg. Wolff-Lissa und Reinbacher (fr. Volksp.) beantragen die Erhöhung auf 5 Proz. 4 Abg. Wald stein (fr. Vgg.) begründet diesen Antrag hauptsählih mit dem Hinweis darauf, daß die Fideikommisse schr wohl in der Lage seten, diese Erhöhung zu tragen. Ï

Abg. Freiherr von Richthofen-Mertschüg (kons.): Daß wir keine einseitigen Beshützer der Familiengüter sind, geht {on daraus hervor, daß meine konservativen Freunde in der Finanz- kommission des Reichstages bei der RNeihswertzuwachssteuer eine be- sondere Besteuerung der Familienstiftungen verlangt haben. Man kann den Fideikommißstempel au niht mit dem Stempel auf Miets- verträge in Verglei bringen, denn wenn z. B. ein Fideikommiß ver- pathtiet wird, wird der Mietastempel besonders erhoben. Wir haben uns dahin geeinigt, daß wir bei. dieser Gelegenheit die Frage der Fideikommißgeseßgeburg überhaupt nicht ausfechten wollen, zu- mal wir erfahren haben, daß die Regierung ihre Vorarbeiten für eine solche Geseßgebung nahezu beendet hat. Wir werden daher den Antrag ablehnen. : / L

Nachdem auch noch die Abgg. Dippe (nl.), Lüdicke (freikons.) und Dr. König- Crefeld (Zentr.) erklärt haben, ebenfalls auf die Frage der Fideikommisse jeßt niht einzu- gehen, weil die Vorlage eines Gesezes darüber bald zu er- warten sei, wird der freisinnige Antrag abgelehnt, es bleibt also bei den 3 Proz. E

Die Tarifstelle 25, die den Stempel für die Gesellschafts- verträge (Aktiengesellshaften, G. m. b. H., offene Handels- esellshaften, Vereine) festsegt, wird ohne Debaite in der Fommissionsfassung angenommen. : ; i

In Tarifstelle 31 wird der Stempel für Jahresjagdscheine von 7,50 M, für Tagesjagdscheine von 1,50 46 ohne Debatte angenommen. i

Nach Tarifstelle 32 sollen die Kauf- und Tausch- verträge einjhließlih der gerihtlihen Zwangsversteige- rungen einen Stempel von 1 Proz. des Werts tragen. Bei gerichtlichen Zwangsversteigerungen wird der Stempel nah dem Ertrage des Meistgebots, zu dem der Zu- schlag erteilt wird, berehnet; erreiht das Meistgebot nicht den Wert des Gegenstands, so tritt dieser an die Stelle des Gebots. Wenn der Ersteher zur Zeit der Einleitung der Zwangs- versteigerung Hypothe en- und Grundschuldgläubiger ist, so tritt an die Stelle des Meistgebots, falls dieses hinter dem Gesamtertrag der Hypotheken- oder Grundschuldforderungen des Erstehers und der diesen vorgehenden Forderungen zurück- bleibt, dieser Gesamtbetrag, sofern er niht den Wert des Gegenstandes übersteigt. A

Die Abgg. M olff-Lissa und RNeinbacher beantragen folgende Aenderungen: Erreicht das Meistgebot niht zwei Drittel des Wertes des Gegenstandes, so treten diese zwei Drittel an die Stelle des Gebotes mit der sich aus dem Gerichtskostengeseß ergebenden Maßgabe.

Nach der Vorlage sollen ferner Beurkundungen von Ver- äußerungen beweglicher Sachen dem Stempel dieser Tarifstelle auch dann unterliegen, wenn sie nur von einem der Vertrag- \hließenden unterzeihnet und dem anderen Vertragschließenden ausgehändigt sind. :

Die Abgg. Pa und Neinbacher beantragen, diese Bestimmung zu streichen. :

Abg. Dr. G oehel (Zentr.) weist darauf bin, daß in den Fällen, in denen ein Hypothekengläubiger ein Grundstück erwerben müsse, um mas selbst Verluste zu erleiden, die Besteuerung eine möglichft milde ein musse. | mbe Woslff- Lissa befürwort-t den freisinnigen Antrag, der die Besteuerung der einseitig unterschriebenen Beurkundungen bei Ver- fäufen bewegliher Sachen ausschließen will. Er macht geltend, daß diese Bestimmung zu dehnbar sei, man würde sogar eizen Stempel erheben können, wenn ein Reisender sih cine einfahe Koramissionsnote unterzeihnen lasse.

Nachdem ein Regierungskommissar und Abg. Dr. von Kries enl auf die ausführlihen Verhandlungen in der Kommission und Subkommission gerade über diese Nummer des Tarifs hingewiesen haben, wird die Tarifstelle 32 unter Ablehnung der freisinnigen Anträge unverändert angenommen.

Nach Tarifstelle 42 sind für Genehmigungen zur Aenderung des Familiennamens 100 6 zu zahlen, und sofern damit eine Namensvermehrung verbunden i 200 M1; bei nachgewiesener N oder aus Billigkeitsgründen kann der Stempel bis auf 5 46 ermäßigt werden.

Abg. Dr. von Kries (kons.) fragt an, ob die Fälle, in denen bäuer- lihe Besißer nah der Landessitte einen Beinamen nah ihrem Hofe ch beilegen, als solche anzusehen seien, in denen aus Billigkeitsgründen die Ermäßigung stattfinden müsse.

Wirklicher Geheimer Oberfinanzrat Hummel erwidert, daß in diesen Fällen Billigkeitsgründe anzuerkennen seien.

Die Tarifstelle 42 wird angenommen.

Die Tarifstelle 48 enthält die Bestimmung über die Pacht- und Mietverträge. Die Stempelpflicht soll be- ginnen bei einem jährlihen Pacht- oder Mietzins von 400 6 mit einem Stempel von 8/19 Proz. des Zinses und in 12 Stufen bis auf 15/19 Proz. bei einem Zins von mehr als 12000 6 steigen. Bei für gewerbliche oder berufliche Zwede emieteten Räumen sollen bei einem Mietzins bis Mh 0 roz. dieses Stempels, bis 6000 M 30 Proz., bis 10 000 4 20 Proz. unerhoben bleiben.

Die 139% Freiherr von Rhe Gel Dr. Loh- mann (nl.), Dr. König (Zentr.) und Lüdicke enl) bes antragen, über 12 000 #46 noch einige weitere Stufen zu-

zufügen und bis auf 2 Proz. Stempel bei einem Mietzins

über 22000 M zu gehen und ferner für Ae oder be- e e eza allgemein 50 Proz. des Stempels nicht zu erhében. Die Abgg. Wol ff-Lissa und Reinbachex beantragen a and, für diese Räume allgemein 50 Proz, niht zu erheben. Die Abgg. Dietrich -Thorn (fr. Volksp.) und Genossen beantragen, für die gewerblichen oder beruflihen Räume einen Stempel festzusezen von 1/4 Proz. bei Mieten bis 3000 M, 2/10 Proz. bis 30000 # und 2/19 Proz. über E 2) Va Saatindi hlug die Regierungs- ür die Jagdpachtverträge ug die Regierungs- vorlage einheitlich einen Stempel von 10 Proz. des Pacht- preises vor; die Kommission hat dagegen folgende Abstufung und Ermäßigung beschlossen: bei einem Pachtzins von 300 bis 1000 4 1/2 Proz., bis 2000 #6 1 Proz., bis 3000 46 2 Proz., bis 4000 4/6 3 Proz., bis 5000 /(6 4 Proz. und über 5000 #4

5 Proz. ; ¿s

Die Abgg. Wolff- Lissa und Reinbacher beantragen die M der Regierungsvorlage.

Die Abgg. Freiherr von Richthofen, Dr. Lohmann, Dr. König und Lüdicke beantragen folgende Abstufung : bei einem Pachtzins von 300 bis 700 # 1/3 M, bis 1000 4 1 Proz., bis 2000 ( 2 Proz., bis 3000 46 3 Proz., bis 6 P Á( 4 Proz., bis 5000 #6 5 Proz. und über 5000 # 6 Proz.

Die Verpachtung von gemeinschaftlichen Jagdbezirken soll, ohne Rücksicht auf die Höhe des Pachtzinses, einen Stempel von 1/19 Proz. tragen, wenn als Pächter ausschließlih solche Jnländer auftreten, welche im Gemeindebezirk wohnen und zu den Jagdgenossen des Jagdbezirks gehören.

Die Abgg. Wolff- Lissa und Reinbacher beantragen diese Bestimmung ganz zu streichen. ; i

Der E der Abgg. Freiherr von Rich t- hofen, Dr. Lohmann, Dr. König und Lüdicke will diese Bestimmung nur gelten lassen, wenn der Pachtzins 1500 # nicht übersteigt.

Abg. Neinbacher (fr. Volksp.) empfiehlt seine Anträge, speziell die Wiederherstellung der Regierungsvorlage hirfichtlih der Jagdpacht- verträge, mit Nücksicht auf die Steigerung des Wertes des Grund und Bodens ; die Jagd werde doch zumeist als Sport betrieben. :

Abg. Freiherr v on Nichthofen-Mert\chü h (kons.): Wir sind geneigt, bezüglih der Schonung der gewerblichen Mietszwecken dienenden Näume etwas entgegenzukommen, und wollen jeßt durchweg deu Abzug mit 50 9/c gestatten. Man könnte zweifelhaft sein, ob man nit vielleiht den gewerblihen Mittelstand hier etwas günstiger stellen sollte als den gewerblihen Großbetrieb. Aber wenn jemand 30 000 4 Ladenmiete bezahlt, ‘so braucht er deswegen bei den ungeheuren Ladenmieten noch kein großer Gewerbetreibender zu sein. Für dieses Entgegenkommen wollea wir bei dem Stempel für die Wohnung9miete bis auf 29%/% gehen. Auch bezüglih der a pachhtverträge sind wir entgegeng!kommen, aber so weit wie die Regierungsvorlage können wir nicht gehen. Man hat uns vor- geworfen, aus unserem Vorgehen blicke der Pferdefuß des Großgrund- besitzes hervor. Diesen Vorwurf muß ih auf das entschiedenste zurückweilen; wir haben lediglich das Interesse des kleinen und mittleren Grundbesißes, des Bauernstandes im Auge gehabt, bei dem es ih nicht um Sport, sondern um eine Nebennußung der Landwirt- \{aft, zum Teil sogar um wichtige Lebensinteressen, handelt. Ich bitte um dite Annahme unserer Anträge.

Abg. Dippe (nl.): Das Entgegenkommen von der Rechten er- kennen wir an, für unsere Zustimmung zu vem Kompromißantrage ist entsheidend gewesen der grundsäßlihe Abstrich von 509/69 bei den Mieten für gewerbliße Räume. i

Abg. Wolff- Lissa (fr. Vgg.): Wenn man diesen Kompromiß- antrag ohne unsere Partei gestellt hat, so ist man wohl dazu be- rechtigt; aber höflih ist es niht, und man braucht dann nicht noch sein Bedauern darüber au2zusprehen, daß die Freisinnigen sich diesem Kompromiß nicht angeschlossen haben. Dieser Antrag ist über unseren Kopf hinweg gestellt worden. E

Abg. Lüdicke (freikons.): Bei den Kommissionsverhandlungen am Sonnabend lag der Kompromißantrag bereits seinem ganzen Inhalt nach vor, und es wurde mit den Herren Freisinnigen nur darüber verhandelt, welche Konzessionen sie etwa noch haben wollten, damit eine Verständigung darüber herbeigeführt werden könnte. Daß diese Verstäadigung nicht erfolgt ist, lag an den zu hoh ges{raubten Forderungen der Freisinnigen. Wir werden dem Kompromißantrage vollinhalilich zustimmen, troßdem wir gern eine Abstufung bezüglich der gewerblihen Mietöräume gesehen hätten. ; :

Abg. Dr. von Kries (konf.): Ih muß den Vorwurf der Jlloyalität, den der Abg. Wolff-Lissa uns gemacht hat, zurükweisen. Die Konser- vativen, Freikonservaiiven und das Zentrum hatten sih am Sonn- abend nahmittag {hon während der Sißzung mit den National- liberalen geeinigt. Nah S@&luß der Plenarsißung traten wir noch- inals zu einer Sißung zusammen, an der sh auch der Abg. Wolff- Lissa beteiligte, und es wurden da die Grundlagen festgestellt, auf denen #ch ein Kompromiß mit den Freisinnigen erzielen ließe. Am Schlusse der Sitzung erklärte der Abg. Wolff-Lissa achselzuckend, er könnte nah keiner Richtung hin für seine Partei eine zustimmende Erklärung abgeben. QDaraufhin haben wir die Anträge, die bereits gedruckt waren, bis beute mitiag 12 Uhr zurückgehalten.

Abg. Wolf f- Lissa (fr. Vag.): Der Kompromißantrag der Konser- vativen, Freikonfervativen, des Zentrums und der Nationalliberalen, wie er hier erwähnt ist, hat mir nicht vorgelegen, er war bereits zur Ver- vielfältiguung auf das Bureau gegeben. Den Inhalt dieses Kompromißantrages kannte ih nur in ganz weitem Umriß. Der Abg. von Kries vershweiat, daß au die Vertreter aller anderen Par- teien die Achseln gezuckt haben. Ih habe fogar bis nach 12 Uhr gewartet, aber keine Anträge geslellt, und kann nur nochmals sagen, daß man es nicht nôtig gehabt hätte, zu bedauern, daß die Fret- finnigen sich dem Kou. promiß nicht angeschlossen haben.

Abg. Dr. Lohmann (nl.): Man kann wirklich darüber streiten, ob bei dem Abg. Wolff-Lifsa oder bei dem Abg, von Kries die Voraussetzung für ein gemeinsames Vorgehen nicht eingetreten sei; ein einseitiger Vorwurf war jedenfalls niht berechtigt.

Jn der Abstimmung wird der Mietsstempel nah dem Kompromißantrag von Richthofen mit der Steigerung bis auf 2 Proz. angenommen. : Ï i

Für die gewerblihen und beruflihen Räume wird nah den übereinstimmenden Anträgen von Richthofen und Wolff- Lissa der Abzug auf 50 Proz. allgemein festgeseßt.

Die Bestimmungen über die Jagdpachtverträge werden unter Ablehnung des freisinnigen Antrags nah dem Kompromiß- antrage von Richthofen und Genossen beschlossen.

Ja Tarifstelle 55 hat die Kommission den Stempel Fr Nadfahrkarten in die Vorlage neu eingefügt; die Karte oll für das Kalenderjahr 50 „Z Stempel tragen.

Die Abgg. Freiherr von Richthofen und Dr. von Kri es (kons.) beantragen folgende Fassung:

„Radfahrsteuerkarten 50 3 für jedes Rad und jedes Jahr ihrer Gültigkeit oder einen Bruchteil eines Jahres. Der Antrag auf Erteilung der Steuerkarte ist im Januar jeden Kalenderjahres bei der Gemeinde- oder Zollbehörde unter Einzablung des Stempels zu stellen.“

Die Abgg. Wolff-Lissa und Reinbacher beantragen die Streihung der ganzen Bestimmung.

Abg. Waldstein (fr. Vgg.) wendet ih energisch gegen jede Besteuerung der Fahrradkarten ; dieser Stempel werde einen außer«

ordentli antisozialen Charakter verraten.