1868 / 48 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Provinz Preußen. Regierungsbezirk Gumbinnen. Talon

zur Kreis- Obligation des Darkehmer Kreises.

Der Inhaber dieses Talons empfängt gegen dessen Rückgabe zu der Obligation des Darfchmer Kreises Tie: E 1 über .….. Thaler à .… Prozent Zinsen, die .…te Serie Zins-Coupons für die fünf Jahre 18... bis 18... bei der Kreis-Kommunalkasse zu Darkehmen, sofern nicht rechtzeitig da-

gegen Widerspruch erhoben ist. i Darkehmen, den . ten 18... Die ständische Finanz - Kommission für den Chausscebau im Darkechmer Kreise.

Nichtamtliches.

Großbritannien und Irland. London, 24. Februar. In der heutigen Sißung des Oberhauses wurde die Vill wegen Suspension der Habeas - Corpus-Akte in Jrland zum zweiten Male verlesen. Russell sprach sich für Reformen der Gesetzgebung in Irland aus, namentlich in Betreff des Ver- hältnisses der Staats8kirche.

Im Unterhause erwiederte Lord Stanley auf eine Interpellation Mack innon'’s, der britische Capitain Holtard habe, um die Reorganisation der türkischen Flotte zu über- nehmen, den großbritannischen Staatsdienst verlassen.

Ueber die in diesen Tagen in Dublin zur Entscheidung gekommenen Preßprozesse schreibt die »Times«: Die irischen Preßverfolgungen verdienen aus verschiedenen Gründen ein- eite studirt zu werden. Die Verurtheilung Sullivans, des

erlegers der »Weekly New§«, und Pigotts, des Eigenthümers des »Jrishman«, war unserer Ansicht nach eine unvermeidliche olge des den Geschworenen vorgelegten Beweis8materials.

hne ihre Pflicht zu mißachten, hätten sie zu keiner anderen Schlußfolgerung, als daß die Angeklagten schuldig wären, kommen können. Ebenso sind wir der entschiedenen Mei- nung, daß die Regierung verpflichtet war , diesen Pro- zeß anzustrengen. Es war offenbar geworden, daß in Irland viel Mißvergnügen und selbst Unzufriedenheit mit der Regierung besteht. Die Regierung betrachtete die Ar- tikel der »Weekly News« und des »Jrishman« und ihre Ansicht muß, da sie von den Geschworenen bestätigt worden, als wohl begründet anerkannt worden als berechnet, dieses Mißvergnügen und diese Unzufriedenheit zu heller Flamme anzufachen. Sie hatten den ZJZweck, zum Aufruhr zu reizen und den Landfrieden zu stören. Die Regierung, welche eben erst einen, wenn auch noch im ersten Keim gebliebenen Aufstandsversuch unterdrückt hatte, und von den zur Unter- ftüßung der heimischen Rebellion im Ausland thätigen Kräften unterrichtet war, konnte solche Artikel, wie sie »Weekly New8§« und der »Jrishman« brachten, nicht ungehindert erscheinen lassen, ohne die Erfüllung einer offenbaren Pflicht zu verabsäumen.

Die Verfolgungen waren gerechtfertigt, aber es sind, wie

wir bereits sagten, viele Gründe vorhanden, sie in ihren Ein-

zelnheiten zu untersuchen und zu studiren. Preßprozesse find glücklicherweise bei uns schr selten. Wir sind außer Stande, uns das leßte Beispiel, wo in England ein Verleger wegen auf- rührerischer Libells vor Gericht gestellt wurde, ins Gedächtniß zurückzurufen, und zwanzig Jahre sind verflossen, seitdem der leßte derartige Prozeß in Jrland angestrengt wurde. Es hätte \sih wohl ereignen können, daß in einer Prozeßart, welche den meisten Mitgliedern des Bureaus praktisch fremd war, einige Seltsamkeiten und sogar einige Unsicherheit des Verfahrens vor- kam. Preßprozesse haben außerdem ihre besonderen, Verlegen- heiten erzeugende Seiten. Bekanntlich fÄlt die Beurtheilung aller in jedem Prozeßfall in Erwägung kommenden Fragen den Geschwornen anheim, aber der Richter instruirt die Ge- s{wornen nothwendigerweise in scinem Resumé, und er hat es mit cinem Vergehen zu thun, welches der Definition fast Hohn spricht. Preßprozesse sind wie StaatsKanklagen (Impcachments) fie beschuldigen den Angeklagten schwcrer Vergehen, aber sie machen dabei von einer Sprache von gefährlicher Unbestimmt- heit und Dehnbarkeit Gebrauch. Wenn jedoch der Richter nah Beispielen für Bestimmtheit des Aus8drucks in der Sprache seiner Vorgänger sucht, so kann er sich leicht zu einer Ausdrucks- weise verleiten lassen, welche den heutigen Auffassungen sicher- lih nicht entsprehen würde. Diejenigen welche, wie wir, der festen Ueberzeugung sind, daß es gercchtfertigt war, die Herren Sullivan und Pigott vor Gericht zu stellen, sind ver- pflichtet, Sorge zu tragen, daß in dem Prozeß-Verfahren gegen die Weekly-News und den Jrishman nichts was eine gefährliche Präcedenz für irgend welche Beschrän- kung der wahren Freiheit der Presse sein würde, stillshweigende Billigung findet. Erwägen wir, welches Beweisbmaterial gegen die Herren Sullivan und Pigott aufgeführt , und was daraus hergeleitet wurde. Sie hatten in der »Weekly News« und im »Jrishman« durch Artikel und Jllustrationen sich an Geist und

Gemüth ihrer Leser gewendet. Eine der JUustrationen stellte die von Britania unter die Füße getretene Hibernia dgx Hibernia lag mit gefesselten Händen und das Antliß im Staube auf dem Erdboden und England hielt sie mit Gewalt in dieser Lage fest. Dann wurde gesagt, die Regierung des Königreichs ruße auf zwei Pfeilern dem Kerker. meister und dem Henker. Allen, Larkin und O'Vrien wurden als Märtyrer gepriesen und dargestellt, wie fie mit Märtyrerkronen ges{hmüdckt in den Himmel aufgenommen wur: den. Vielerlei Beweismaterial dieser Art legte der irische At: torney-General den Geschworenen vor, und da dieses Material selbst nicht angefochten wurde, war die praktische Frage, welche berechtigten Schlußfolgerungen daraus gezogen werden durften.

Der Attorney-General behauptete, die Artikel der »Weekly News« |

wären Drachenzähne, mit freigebiger Hand über das Land ausgestreut, und aus ihnen würden bewaffnete Männer erx: stehen, um den Staat, Eigenthum und Leben zu vernich- ten, wenn ihrer Veröffentlichung nicht hemmend entgegen- getreten würde. Die Sprache ist etwas rhetorisch, aber was damit gesagt sein foll, ist flar. Die bezeichneten bildlichen und schriftlichen Veröffentlihungen waren geeignet, zum Aufruhr und zu gewaltthätigen Versuchen die bestehende Regierung um- zustürzen, zu reizen, und darin, neben der Absicht, ein solches Ergebniß herbeizuführen, bestand das Vergehen ; denn es muß natürlih die Rechtsregel im Auge behalten werden, daß von Jedermann vorausgeseßt werden muß, er beabsichtige dasjenige, was aus seinen Handlungen naturgemäß folgen muß. Die Geschworenen haben durch ihre Wahrsprüche gefunden, daß die

Artikel und JUustrationen mitder von uns bezeichneten Absicht |

veröffentlicht worden sind, und daß sie geeignet waren, diese Absicht zu fördern. Das is unserer Ansicht nach die Aus dehnung und die Grenze, wenn nicht eine ausschließliche Defini- tion des Vergehens ; und im Interesse der Preßfreiheit müssen wir gegen andere im Verlauf der Verhandlungen unvorsichtiger- weise laut gewordene Anschauungen protestiren. Wenn angedeutet wird, daß eine Veröffentlichung aufrührerisch ist, welche geeignet ist, Mißtrauen und Verachtung gegen Jhrer Majestät Regierung zu erzeugen, daß kein Schriftsteller von seinem Privilegium Gebrauch machen darf, um Unzufriedenheit und Abneigung zu erzeugen oder die Anwendung der Geseßze in Mißachtung zu bringen, so sind wir verpflichtet, die Berehtigung einer Aus: drucksweise in Zweifel zu ziehen, die von so gefährlicher Unbe- stimmtheit ist, daß damit nicht nur unschuldige, sondern sogar loben8werthe Handlungen bezeichnet werden können. Publizisten haben in der Gegenwart oft Veranlassung, auf Fehler und Unterlassungssünden der Regierung hinzuweisen, und ein ge- wisses Gefühl der Geringschäßung unfähiger Beamten is} die nothwendige Folge der M A, O Fehler. Jeder, der vor vierzig Jahren über die Rechtlosigkeit der Katholiken geklagt, muß selbst bei dem lebhaftesten Verlangen, dem Uebel- stand durch die freie verfassungsmäßige Wirksamkeit des Parla- ments abgeholfen zu sehen, Mißvergnügen und Unzufriedenheit erregt haben. Jeder, der die E des Kanzleigerichts- Prozesses oder die Mißbräuche im Prozeß-Verfahren vor den Gericht8höfen des gemeinen Rechts gerügt hat, muß, so weit dies reicht, die Justizverwaltung in Mißachtung gebracht haben. Nach einigen der in Dublin aufgestellten Gesichtspunkten beur- theilt , würden diese Schriftsteller sich eines aufrührerischen Libell8 schuldig gemacht haben, wir erkennen sie aber als nüh- liche Kritiker des öffentlihen Wesens an. Es ist um so noth wendiger, gegen cine solche Lehre Einspruch zu erheben , als sie zur Erlangung des Wahrspruchs überflüssig war. Bei der Be- urtheilung des vor die Geschworenen gebrachten Beweismaterials war, um das Vergehen unter den Begriff des aufrührerischen Libells zu bringen, weiter nichts nothwendig, als der Nachweis einer Tendenz zu gewaltsamen Umsturzversuchen und einer Ab- sicht der Autoren, solche Versuche herbeizuführen.

Wir bezweifeln nicht, daß bei früheren Gelegenheiten oft |

ähnliche Ausdrücke gehört worden sind, wie diejenigen, gegen deren

Gebrauch in Dublin wir Einspruch erhoben haben. Der Lehr:

saÿ vom aufrührerischen Libell ist immer dehnbar gewesen, und hat von Zeit zu Zeit mit den zu seiner Auslegung berufenen Richtern ein anderes Gesicht angenommen. Aber die Zeit is gekommen, wo er strenger definirt werden kann und die offen baren Gefahren einer Unbestimmtheit in der Definition eines politischen Deng ehen, machen eine größere Bestimmtheit wün \chenswerth. ir finden z. B, schon als Entschuldigung für Preßverfolgungen angeführt, daß keine Regierung ihre Existenz durch Druck und Schrift angreifen lassen darf. Wenn das heißen soll, daß Niemandem gestattet sein darf, eint Arbeit zu veröffentlichen, welche cine vollständige Umgestaltung unserer Verfassung empfiehlt, so würde eine solhe Auffassung die Preßfreiheit in Grenzen einschränken, die kein Minister auf rechtzuerhalten versuchen würde. Wir würden die staatêmän- nische Weis8heit des Verfassers ungünstig beurtheilen, aber g“

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wiß ist es, daß der Erste Beste für dic Abschaffung eines der beiden Qweige der geseßgebenden Gewalt sprechen können muß, ohne dadur n Gefahr zu gerathen. Das Wesen des Ver- chens aufrührerischer Libells liegtin der Ameizung zu Gewaltthat und Tumult. Es könnte vielleicht angeführt werden, daß die ein- zigen Schriften, die in Gefahr kommen, als aufrührerischer Libell an- geklagt zu werden, Hochverrath provoziren müssen, indem sie einen zum Hochverrath bereiten Geist erzeugen, und daß die Absicht bei dem Verfasser vorhanden sein muß. Es is jedoch nicht unsere Sache, eine erschöpfende Definition des Begriffs »auf- rührerisches Libell« zu geben. Es Le für unsern Zweck, daß er, im engsten Sinne ausgelegt, olche Artikel, wie die- jenigen, wegen denen Sullivan und Pigott verurtheilt worden sind, in sich schließen muß und wir begnügen uns, gegen Über- flüssige Und gefährliche Auslegungen zu protestiren.

zraufrcich. Paris, 24. Februar. Jn der heutigen

Sizung des geseßgebenden Körpers wurde die Berathung des Preßgeseßes fortgeseßt. Jur Berathung lagen zwei Amende- ments von Janzé und Richard vor, welche beantragen, daß die Strafbestimmungen, welche durch zwel enatus- fonsulte für Preß - Vergehen festgeseßt ind, reduzirt werden. Nogent St. Laurent verlangte, daß Über diesen Gegenstand, für welchen die Kompetenz des geseßgebenden Körpers zweifelhaft erscheine, zunächst die Vorsrage gestellt werde. Janzé und Lanjuinais führen aus, daß der Senat durch den Erlaß der gedachten Bestimmungen seine Kompekenz überschritten habe. Der Staatsminister Rouher verlangte, daß zunächst die Vorfrage gestellt werde. :

Das auf die Beschuldigungen des Deputirten Kerveguen usammengetretene Ehrengericht hat ein Urtheil gefällt , des nhalts, daß durchaus kein Beweis für die Annahme vorliege, daß die Redacteure Gueroult und Havin von irgend welcher Seite Geld empfangen hätten. Kerveguen habe Unrecht gehabt, indem erx von der Tribune herab cine derartige unerwiesene

Anklage gegen seine Kollegen schleuderte.

talien. Florenz, 24. Februar. Das von der DepuU- tirtenkamm er bewilligte Ausgabebudget beträgt 998 Millionen und nicht 918 Millionen. | ; ;

Die päpstliche Regierung hat in Belgien eine Anleihe von 50 Millionen Fres. abgeschlossen.

Nußsland und Polen. St. Petersburg, 20. Februar. Auf Befehl des Kaisers ist im ganzen Reiche eine Subscription eröffnet worden, um der durch die Hungersnoth heimgesuchten Bevölkerung zu Hülfe zu kommen. Eine Unterstüßungs-Kom- mission i} hierselb gebildet , um die dargebrachten Gaben zu empfangen und zu vertheilen. Der Großfürst Thronfolger 1st um EChren-Präsidenten dieser Kommission ernannk. Die Sub- e UDA der Beiträge am 8. Februar ergab die Summe von 90,733 Rubel (darunter 20,000 Rubel vom Kaiser), welche am folgenden Tage (9.) auf 176,822 Rubel stieg. Ununterbrochen chen neue Beiträge ein. Eir. großer Ball mit einer Tombola- Aoiiezie , dessen Ertrag gleichfalls zur Unterstühung der Noth- leidenden bestimmt ist, wird nächstens Statt finden.

Amerika. New-York, 11. Februar. Das Haus der Repräsentanten hat eine Resolution angenommen , durch welche angeordnet wird, daß die Beweiserhebung bei Anklagen, die durch den richterlichen Ausschuß erhoben werden, dem Re- constructions-Comité übertragen werden solle. Der höchste Gerichtshof hat einstimmig die Gesuche aus Georgia und Mis- sissippi um Ertheilung von Vorschriften gegen die Ausführung der Reconstructionsacte zurückgewiesen, weil dieses eine Ange- legenheit der Politik und nicht der Justiz sei, also auch nicht zur Jurisdiction des Gericht8hofes gehöre.

Washington, 12. Februar, Präsident Johnson hat dem R e- präsentantenhauseweitere Mittheilung aus der Korrespondenz über die Wiedereinseßung Stantons als Kriegsminister zugehen lassen. Sie umfaßt ein Schreiben Johnsons vom 10. d. M, Grants Antwort, sowie mehrere Briefe Sewards, Welles, M'Cullohs, Brownings und General-Postmeister Randalls. Dieselben bestätigen Johnsons Version über seine Unterredung mil Grant bezüglich derStanton'’schen Angelegenheit in Gegenwart des ganzen Kabinets. Johnsons Schreiben beschuldigt Grant der Insub- ordination mit dem Zusage, daß derselbe das Kriegsbportefeuille nur im Interesse Stanton’s acceptirte , um dem Präsidenten ent- gegenzuwirken. Grant's Antwort legt den Ton darauf , die Umstände hätten ihn dazu berechtigt, vom Präsidenten zu be- gehren, daß ihm der Befehl zum Ungehorsam gegen Stanton s Ordres »schriftlich« ausgefertigt werde. Er weist den Vorwurf der Insubordination, sowie jede Absicht von sich ab, »bestimmf« abgefaßten Ordres des Präsidenten den Gehorsam verweigern

zu wollen. i | 22. Februar. Die republikanishe Convention von

Indiana beshloß Grants Präsidentur und Bondszahlung in Papier.

Das Londoner »General Telegram Office« meldet aus Washington, 24. Februar: Der Präsident hat den höchsten Gerichtshof aufgefordert, den Vollzugsbefehl zur Amtsentfernung Stanton's zu erlassen. Stanton be- harrt in seiner Weigerung, seine Functionen niederzulegen.

Aus Lima sind mit dem Dampfer »Lafayette« fol- frag Nachrichten in St. Nazaire eingetroffen: Nachdem der

räsident P rado auf cinem amerikanishen Schiff nach Chile genen war, hat Canseco die Regierung übernommen. Jn ima waren keine Ruhestörungen weiter vorgekommen. Im nördlichen Peru ist Oberst Balta als Prätendent für die Präsidentschaft aufgetreten. Die Bezichungen zwishen Peru und Chile sind in Folge der von leßterem dem Präsidenten Prado gewährten Aufnahme einigermaßen gespannt.

Asien. Nach Berichten aus Singapore vom 22. Ja- nuar war eine portugiesische Gesandtschaft in Siam eingetroffen. In Cochinchina dauerten die aufständishen Bewegungen gegen die Franzosen fort.

_— Der »Moniteur de l'Armée« meldet, daß der Mandarin Li, der die Nienfei in Schang-Tung geschlagen hat, unterm 21. Dezember an den Hof von Peking einen langen Brief eingesandt hat, in welchem er die Nothwendigkeit, die Kaiser- lichen Truppen nach europäischer Art zu organisiren, nachweist. Er erklärt in diesem Dokumente, daß die besondere Geschicklich- keit der chinesischen Soldaten für regelmäßige Manöver diese Organisation einfach und leiht macht.

Telegraphische Depeschen aus dem Wolff’ schen Telegraphen - Büreau.

Lon don, Dienstag, 25. Februar, Morgens. Das »Gencral Telegram Office« meldet aus Washington vom 24. d. Abends: Das Repräsentantenhaus hat den Antrag, betref- fend die Verseßung des Präsidenten in den Anklagezustand, ge- nehmigt. Die einzelnen Parteien stimmten geschlossen.

Landtags - Angelegenheiten.

Berlin, 25. Februar. Jn der gestrigen Sizung des Abgeordnetenhauses leitete der Minister für Handel, Ge- werbe und öffentliche Arbeiten, Graf von Jhenpliß, die De- batte Über den Bericht der vereinigten Kommissionen für Handel und Gewerbe und Finanzen und Zölle über den Geseßentwurf, betreffend die Bewilligung einer bedingten Zinsgarantie für das Anlage - Kapital einer Eisenbahn von Posen nah Thorn und Bromberg, mit folgender Rede ein:

Meine Herren! Jch ergreife sonst nie das Wort vor dem Referenten oder gleich zu Anfang der Debatte, heute aber scheint mir dieses geboten, und deshalb habe ich den Herrn Präsidenten gebeten, mir das Wort zu ertheilen. :

Aus meinen Aeußerungen von vorgestern werden Sie ent- nommen haben, daß ich es mit einer Zinsgarantie nicht leicht nehme, und daß, wenn mir auch nur äußerlich etwas bekannt wird, was auf die Sache einwirken könnte, ih es für meine

flicht halte, so viel als thunlich es zu erörtern. Jch habe die S aistbeuit benußt, um mich über diese mir damals äußerlich zugekommenen Gerüchte näher zu informiren. ; :

Das Resultat ist ein solches, daß ih um damit gleich anzufangen das Haus nur bitten kann, heute in die Er- örterung der Nr. 2 der Tages - Ordnung einzutreten und die Garantie zu bewilligen. Es is nämlich das, was ih habe ermitteln können, durchaus nicht der Art, daß es auch nur zu berechtigten Hoffnungen Veranlassung gäbe. Es sind da Pläne, es sind da Anerbietungen, Über die noch Monate lang zu verhandeln wäre und welche dann doch sehr möglicher Weise zu einem unbefriedigenden Resultate führen würden. Außerdem is} zu beachten, meine Herren, daß wir mit der Oberschlesishen Eisenbahn einen Vertrag, vorbehaltlich Ihrer Genehmigung, geschlossen haben, und daß nur schr erheb- liche, klar vorliegende und leiht zu überschende Gründe uns veranlassen könnten, davon abzugehen. Solche übersehbare, flar vorliegende Gründe sind aber, nah Allem, was ich habe ermitteln können, noch nit vorhanden. Abgesehen davon, ist den Herren bekannt, daß ih auf eine Zins8garantie nur ungern eingehe und nur dann, wenn bestimmte ründe vorliegen, es zu thun. Solche Gründe liegen hier vor und zwar zwei: Es ist den Herren bekannt, daß die Bahn von Thorn, inkl. Brücke bis Insterburg, als Staatsbahn gesichert ist. Es ist den Herren bekannt, daß die Gesellschaftsbahn von Frankfurt a. O. nach Posen

konzessionirt und im Bau begriffen ist. Es liegt hier also eine

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