bedacht gewesen, ist mißglückt, denn von den in dieser Be- ziehung benannten Zeugen haben bekundet : Sit Staats-Minister a. D., General der Jnfanterie z. D. von s : _JIm Sahre 1886 oder 1887 habe der damalige Are “zu ihm geäußert, Er könne ihm Sein Tagebuch von 1870/7 niht mittheilen, da dasselbe zu viel Persönliches enhalte; übrigens würde dasselbe auch vor einer langen
Reihe von Jahren nicht zur Veröffentlihung ge-
langen können, da darin auch zu viel Politishes
enthalten sei; 4
und der Schriftsteller Geheime Rath Dr. Freytag: In déx Zeit von 1873 bis 1876 habe cr dem Howseligen Kaiser, dem damaligen Kronprinzen, in Dessen Hauptquartier er sich während eines Theils des Krieges von 1870/71 be- funden, äuf ergangene Einladung in Potsdam seine Auf- warlung gemaht und bei dieser Gelègenhéit auf Anordnung des Kronprinzen durch den Kabinets:Sekretär von Normann ein von Kanzleihand geschriebenes Tagebuch von 1870/71 zur Lektüre übergeben erhalten. Nach beendigter Lektüre habe er dent Herrn von Nonmann und auch dem Kronprinzen gegenüber eäußert und die dringende Bilte ausgesprochen, daß eine eröffentlihung des Tagebuhs, sowie N t eine Mit- theilung desselben an Diitte, wie eine )olhe hinsichtlich früherer Tagebücher erfolgt sei, unter allen Umständen unter-- bleiben möchte. - Zu dieser Meinungsäußerung sei er haupt- sählich veranlaßt dur die in dem Tagebuch enthaltenen,
Übrigens mit den von dem Kronprinzen während des Krieges B mündlich kundgegebenen Auffassungen übereinstimmenden
Leone über die Gründung des Reichs, deren Be - kanntwerden ihm für das Wohl des leyteren, sowie für das Ansehen des Hohen Verfassers selbst als durhaus unzuträglih erschienen sei. Auf. seine
Aeußerungen habe ih auch der Kronprinz im zustimmenden
Sinne erklärt.
Die Veröffentlihung verstößt in ihrem gesammten Jnhalt gegen den 8. 92 Nr. 1 des Sikasaefeuduchs, m Einzelnen kommt hierbei Folgendes in Betracht : ie Tagebuchzauszüge enthalten Auszeihnungen über die Verhandlungen bei der Entstehung der Reichsverfassung, über die Stellung der Regierungen einzelner Bundesstaaten zu diesen Verhandlungen und über die Ahlasung, welche bei dem König und dem Kronprinzen von Preußen, dem König von Bayern und anderen Bundesfürsten über die einschlagenden Verhältnisse vorherrschte.
__ Die Auszüge enthalten auch Bemerkungen über die Be- ziehungen Deutschlands zu auswärtigen Regierungen, zur päpstlichen Kurie, zu Rußland, England, Luxemburg, Belgien und Frankreih. Die berichteten Thatsachen sind solhe, deren Geheimhaltung für das Wohl des Deutschen g erforderlih is}. Bei der Prüfung der E keit der Geheimhaltung kbmmt es nicht sowohl darauf an, ob die berichteten Lhatsaen im Einzelnen objektiv wahr sind, als vielmehr darauf, daß sie berichtet sind von dem Preußischen Kronprinzen, dem nahmaligen Deutschen Kaiser; denn ihre Autorität auf dem Gebiete politisher Erwägungen und Ent- \{hließungen erhalten die Auszeihnungen an und für ih ver- möge der Stellung des Verfassers in dex öffentlichen Meinung, insbesondere auch bei den anterèn Regierungen, unabhängig von der Frage nah ihrer Richtigkeit in Einzelheiten.
L Die Entstehung der Verfassung des Deutschen Reichs. j
Die folgenden Stellen kommen insbesondere in Betracht :
1) Seite 9 — 7. August. Jh bleibe dabei, daß wir unmöglih nach exlangtem Frieden uns mit der bloßen An- bahnung neuer Bestrebungen im deutschen Sinne begnügen können, vielmehr verpflichtet find, dem Deutschen Volk etwas Ganzes, Greisbares zu bieten, und man hierfür das Eisen der deutschen Kabinete schmieden muß, so lange es noch warm ist.
2) Seite 14 — 30. September. Jch rede Se. Majestät auf die Kaisersrage an, die im Anrücken begriffen; er be- trachtet sie als gar niht in Aussicht stehend, beruft sich auf Dubois-Reymond's Aeußerung, der Jmperialismus liege ¿u Boden, sodaß es in Deutschland nux einen König von Preußen Herzog dér Deutschen geben könne. Jch zeige dagegen, da
die drei Könige uns nöthigen, den Suprémat durch den Kaiser |
zu ergreisen , daß die tausendjährige Kaiser- oder Königskrone nihts mit dem modernen Jmperialièmus zu thun habe; \{ließlich wird sein Les \{chwädher. 3) Seile 15 — 10. Oktober. Delbrück kommt, Bayern will auf die Bedingungen für Eintritt in den Norddeutschen Bund eingehen, nur Militär und Diplomatie vorbehalten. Die Minister sind unter sich uneinig und berufen sich auf widersprechende Aeußerungen des Königs, der sich mit Delbrück 11/2 Stunden über Gegenstände, die sih meist auf dessen Mis- sion nicht bezogen, unterhielt. : O : 4) 1bid. Der König von Württemberg will direkt mit än unterhandely, um niht in Bayerns Schlepptau zu er- einen. ' 5) Seite 17 — 3. November. Delbrück meint, man abe doch einen Ma wie Bayern im gegenwärtigen , Augenblicke nicht mit Gewalt zum Eintritt zwingen können ; ih aber behaupte, daß wir uns unserer Macht gar nicht be- wußt sind, folglich in dem gegenwärtig weltgeschihtlihen Augenblide das, was wir ernstlih wollen, au zweifellos tönnen, nur Gott sei's geklagt, fragt es sih, was wir wollen und wer jeyt etwas ernsilih will. L 6) Seite 18 — 11. November. Der Großherzog fa einen ganz wundervollen Brief an den Na von Bayern geschrieben, der aber unbeantwortet geblieben ist. Württemberg macht ‘untergeordnete Reservation bei der Militär - Konvention, das Recht zur Beförderung in seiner Division benachlheiligt seine genen Osfgiere. E : 7) Tbid. — 12, November. Die württembergischen Minister find plözlih' auf \{lechte Nachrichten abgereist, als fie unter- “ela wóöllten; das ist eine Jutrigue Gasser's, Succo und ___ Miltnachlht sind d. Roon und Podbielski beklagen \ih, nihts zu wissen, Bismarck is entsezt, daß solche preußischen Partikularisten überhaupt mit der Angelegenheit zu thun haben. 8) Seite 18 und 19 — 14. November. Gespräch mit Biemarck über die deutshe Frage, er will zum Abschluß kommen, entwidckelt- aber achselzuckend die Slhwierigkeiten ; was "man denn gegen die Süddeutshen thun solle? Ob ih wünsche, daß, man ihnen drohe? Jch erwidere: „Jawohl, es ist gar keine Gefahr, treten wix sest und gebietend auf, o werden Sie sehen, daß ih Re@ht hatte zu behaupten, Sie seien Sih Jhrer | t noch gar niht genügend bewußt,“ Bismarck
- A. 5
c .
amit drohen, weil das jene Staaten in Oesterreihs
‘Arme treibe. So habe er bei Uebernahme seines Amts den
festen DOTIas ehabt, Preußen zum Krieg mit Oesterrei zu
bringen, aber f wohl gehütet, damals oder zu srüh mit Sr.
Majesiät davon zu sle man bis er den Zeitpunkt für geeignet e
angesehen. So müsse man au gegenwärtig der Zeit anheim- stellen, die deutshe Frage sich entwickdeln zu sehen. J er- widerte, solhes Zaudern könne ih, der ih die Zukunst-re- ‘präsentire, nicht gleihgültig ansehen; es sei niht nöthig, Gewalt zu brauchen, man könne es ruhig darauf ankommen lassen, ob Bayern und Württemberg wagen würden, sich Oesterrei anzuschließen. Es sei nidts leichter, als von der hier verjammelten Mee der deut- {hen Fürsten niht bloß den Kaiser proklamiren, son- dern auh eine den berechtigten ann des deut- schen Volkes entsprehende Verfassung mit Oberhaupt enehmigen zu lassen, das würde eine Pression sein, der die Könige niht- widerstehen könnten. Bismarck emerkte, mit dieser Anschauung stehe ih ganz allein; um das gewollte Ziel zu erreihen, wäre es richtiger, die An- regung: aus dem Schooße des Reichstages kommen zu lassen. Auf meinen Hinweis auf die Gesinnungen von Baden, Oldenburg, Weimar, Coburg, delte er sich durch den Willen Sr. Majestät. Jch erwiderte, ih wisse schr wohl, daß sein Nichtwollen allein genüge, um eine solhe Sache au bei Sr. Majestät unmöglih zu machen. Bismark entgegnete, ih mache ihm Vorwürfe, während er ganz andere Versonert wisse, die jene verdienten. Hierbei sei die große Selbsiändig- keit des Königs in politishen Fragen zu berücksichtigen, der jede wichtige Depesche selbst durchsehe, ja korrigire. Er edauere, daß die Frage des Kaisers und Oberhauses über-
vor den Kopf gestoßen.
L Seite 20 — 17. November. Delbrück reist zur Reichs- tags-Eröffnung nah Berlin, er ist nicht entmuthigt und glaubt, daß unsere Taktik, die Bayern seit 14 Tagen zu ignoriren, ihre guten Früchte trage, da sie um Wiederaufnahme der Ver- handlungen gebeten.
10) Ibid. — 21. November. Bismarck sagt —-— beide Königreiche wollten nun eintreten, er müsse aber seine Trümpfe auch noch ausspielen. Roon drohe die Militärverhandlungen über die äußeren Abzeichen abzubrechen.
11) Seite 21 — 30. November. Ein Konzept Bismarck's sür den Brief des Königs wegen der Kaiserwürde an Se. Majestät ist nah München gegangen; der Großherzog sagt mir, man habe dort nicht die rihtige Fassung zu finden ver- mocht und sich dieselbe von hier erbeten, der - König von brin bal den Brief wahrhastig abgeschrieben und Holnstein ringt ihn! '
12) Seite 22 — 9. Dezember. Man fragt, ob dieser Bund das Resultat aller Opser sein solle, ein Werk, das nur den Männern passe, sür welhe und von denen es gemacht. Jh bin mir wohl bewußt, welche unendlihe PViühen und Be- es mir dereinst die heutigen Unterlassungssünden bringen wérden.
13) Ibid. — 12, Dezember. Es is an den König von Bayern telegra erx möge die längst in seinen Händen be- findlihen Schreiben hersenden.
14)- Seite 24 — 31. Dezember. Der König erklärt, zu morgen Feine öffentlihe Kundgebung zu wollen, weil Bayern noch nit zugestimmt — — Bismarck — — erklärt, ohne Bayerns Zutritt keine Jnaugurirung vornehmen zu können.
15) bid, — 1, Januar. Der König begrüßt mich ernst und freundlih bewegt mit dem Wunsche, daß es mir dereinst vergönat sein. möge, die Friedenssaat der jeßigen Arbeit zu erleben. Er- könne si freilih niht denken, daß die dauern Einigung Deutschlands bestehen bleiben werde, da leider die wenigsten Fürsten so handelten und gesonnen seien, wie es zu wünschen wäre und denen der Großherzog ein so edles Beispiel gebe. / A | Die hier berichteten Thatsachen sind in doppelter Richtung
den anderen Bundesstaaten und zum Reich, dann für die Regn8 der ausländishen Regierungen zum Deutscher. eit,
A. Von dem Verhältniß Preußens zu den anderen Bundesfiaaten hängt das Wohl des Deutschen Reichs Es ab. Das Wohl des Reichs beruht in erster Linie auf der Einigkeit der dasselbe bildenden Glieder. Diese Einigkeit wird erschüttert, wenn einzelnen Gliedern des Reichs Nachrichten mitgetheilt werden, welche bei ihnen Miß- trauen gegen den sührenden Bundesstaat und den Träger der mit Preußen verbundenen Kaiserkrone zu erregen geeignet sino. u solhen, das Mißtrauen er- weckenden Nathrihten gehört dasjenige, was übcr die Auffassung des preußishen Thronerben in Bezug auf die Stellung der Reichsgewalt zu den einzelnen Bundes- gliedern, insbesondere über die Absiht desselben mitgetheilt wird (S. 17, 19), die süddeutschen Staaten zu einer Ent- äußerung ihrer vertragsmäßigen Selbständigkeit und ihrer wesentlihsten Hoheitsrehte zu Gunsien des Kaisers zu zwingen. Die Kenntniß von dieser Absiht kann bei ein- Gu Bundesgenossen die Befürchtung erregen, es könne
ie gleihe Absicht, wenn sie einmal nahe daran war, sich
auf dem preußishen Throne zu oerwirklihen, auch ein zweites Mal zur Gnu s gelangen, und diese Befürch- tung kann der Erwägung Raum geben, ob nicht durch recht- zeitigen O mit anderen Mächten die Zukunft sicher zu stellen sei.
Diese Betrachtung findet ihre Bestätigung in dem, was die Pren Gen Gesandten an den deutshen Höfen über den Eindruck berihten, welhen die Veröffentlihung des Tagebuchs gemaht hat. Juhalis derselben hatte, nah der berihteten Aeußerung des Ministers, Freiherrn von Luy, die Pouerge Regierung den Eindruck gewonnen, die Anschauung des damaligen Kronprinzen sei im Jahre 1870 dahin gegangen, das durch die Verträge Erreichte sei nur deshalb annehmbar, weil s{ch zur 1 niht mehr: erreichen lasse. Der sächsijche Minister-Präsident und die Minister des Jnnern und des Kultus erklärten, daß die Veröffent- lihung das monarchishe Prinzip s{hädige, und die bei der Errichtung des Deutschen O betheiligten Souve- xäne verleßze. Der Bericht aus Stuttgart charakterisirt die bereits eingetretene ädigung des Reichs, weil die Publikation neuen Unfrieden gestiftet und die Beda [ave gefördert habe. Aehnlih der Bericht aus Baden, und ie’ Berichte aus London und Wien kon aliren ausdrüdcklih ‘die Gefahr sür ‘die inneren: Beziehungen des Deutschen
huellen äußersten Maßregeln dürse man am wenigsten *
haupt diskutirt sei, da man Bayern und Württemberg dadurch
von Bedeutung, einmal für das Verhältniß Preußens zu ;
B. Die Stellung der R Regie- Logen zum Deutschen Reih wird dur die Tagebuch- Publikationen insofern beeinflußt, als jene Regierungen aus den Veröffentlitungen die Auffassung entnehmen können, als ob im Falle eines Krieges niht guf den Widerstand des - gesammten Deutschen Reichs mit Nothwendigkeit gerehnet werden müsse, und als ob ein Zezrfall desselben eine ‘niht auszuschließende Möglichkeit sei. Die Gtfährdung des Deutschen Reichs ist eine doppelte: Stärkung der kriegerishen Neigun derjenigen Mächte, welhe einen Kampf mit Deutschlan innerhalb der Ziele ihrer Politik erahten und Shwächung des Zutrauens der Bundesgenossen zur Gen dei des Deutschen Reihs. — Die Thatsachen, die hi traht kommen, sind namentlih die Aeußerungen des Königs von Preußen über die Einigung Deu!schlands, die . Vor- gänge bei Abfassung des Briefcs Königs Ludwig, die Wei- terungen und die nur mühsam zu überwindenden Schwierig- keiten, die sich den gehegten Plänen entgegenstellten, sowie der Tadel, den dieselben von Haupt-Juteressenten ihrer an- geblihen Unvollkommenheiten wegen ersuhren. ne GREE daß in dem Bekanntwerden dieser That- sahen eine Gefährdung des Deutschen Reichs liege, wird au hier durch die Gesandtschastsberichte bestätigt. Der Bericht aus St. Petersburg konstatirt den Ausdruck unver- kennbarer Schadenfrcude auf Seiten der Feinde Deutsch- lands und deren Befriedigung über die Wahrnehmung, daß das neu erstandene Deutsche Reih seine sehr verwundbaren Stellen habe und daß die mit Sc&wierigkciten, wie sie im Tagebuche geschildert werden, zu Stande gekommene deutsche Einigkeit nur eine formelle sei und daher leiht einmal wieder in die Brüche gerathen könnte. Derselbe Bericht weist na, daß die panslavistishe Presse auf Grund der Tagebuch- Auszüge die Leitung der deutschen Politik von Neuem zu verdächtigen und die Feindshast gegen Deutschland zu nähren suht. Jn dem Pariser Beriht werden die, die einflußreihe öffentlihe Meinung- vertretenden Aeuße- rungen der Presse zusammengestellt, aus denen ih ergiebt, daß man aus den „Réyvélations précieuses“ er- kenne „le pied d’argile du colosse‘“, daß man Freude hat an dem nachgewiesenen Mangel an Festigkeit des Reichs, der dasselbe dnißunfähig mache und den kleineren deuts{en Staaten den Gedanken nahe lege, das preußische Joch zu gelegener Zeit abzuschütteln. - II, Die Beziehungen zur Kurie.
Die folgenden beiden Stellen kommen in BetraŸt :
1) Seite 16 — 24. Oktober. Bismarck erzählt meinem Schwager, daß er nah Beendigung des Krieges gegen die Unfehlbarkeit vorgehen wolle.
Seite 18 — 12. November. Ledochowsky erkundigt s, ob der Papst Aufnahme in Preußen finden werde. Bigs- marck würde das Verlassen Roms für einen ungeheuren Fehler Pio Nono's halten, aber sein Aufenthalt in Deutsch- land könne gut wirken, weil die Anshauung der römischen Priesterwirthschaft die Deutschen kuriren werde. i Die Niederschrist der ersteren Notiz findet ihre Er- klärung darin, daß der Kronprinz wiederholt darüber inter- pellirt hatte, ob gegen die Jnfallibilität nichts gesehen werde; die Absicht, diese Frage geschäftlih aufzunehmen, la der damaligen Regierung absolut fern, und man versuchte wei- teren, dem Thronerben gegenüber s{wierigen Erörterungen einer unbequemen Frage dilatorish dur das praktsche A1 gu- ment ein Ziel zu seßen-: vor der Hand sei der Kriegzu führen und der angeregten Frage könne man erst nah -dem Kriege näher treten. Die Absicht, ider zu Pat war garnicht vorhanden. Die Kronprinzlihe Aufzeihnung wird aber immerhin zu dem Vorwande benußt werden können, die Regierung habe feindselige Hintergedanken gehabt und werde bei anderen Gelegenheiten bemüht sein, dieselben zu verwirklichen. Die Aueinüna war daher zum Wehle des Deutschen Reichs cebeim zu halten. Dasselbe gilt von der Aufzeihnung unter Nr. 2. Diese Annahme wird auch bestätigt dur den Bericht des Gesandten am Päpstlichen Stuhl, in welhem nachgewiesen wird, daß die römischen Jntransigenten mit besonderem Nachdruck daran erinnern, wie oft und wie dringend sie den Papst vor der „Ketzer-Regierung““ in Berlin ewarnt hätten; die Berechtigung ihrer Mahnungen ergebe f aus den Tagebuch-Aufzeihnungen, welche auf eine tief- gehende feindselige Gesinnung abseiten der. deutschen Regierung gegenüber der Kurie hindeuteten. Gleiche Meinungen sind in der Presse zum Ausdruck gekommen, und das ultramontane Wiencr „Vaterland“ läkt “deutlich die Anno durchblicken, daß die Beziehungen zwischen Preußen und dem Vatikan getrübt werden und der Centrums- paxtei neue Waffen gegen die Regierung in die Hände ge- drüdt werden könnten. ;
ITI, i Die Beziehungen zu Rußland.
Die folgenden Stellen: 1) Seite 18 — 14. November. Die russishe Lossagung bestätigt sih; es wird erzählt, Palmerston habe Brunnow bei Unterzeichnung. des Vertrages von 1856 ‘gesagt, derselbe werde nicht 10 Jahre dauern. General Annenkow bringt einen Brief des Kaisers Alexander, Reuß erhielt erst bei Abgang desselben Nachricht davon mit dem Bemerken, er möge nicht eher e t als bis der König den Brief erhalten. ir telegraphiren, den Schritt zu verschieben, aber erhalten. die Antwort, cs sei zu spät, es seien gleichzeitig Mittheilungen nach. London und Wien gegangen. : i — 16. November. Unsere Vertreter sollen passiv bleiben, der König ist sehr betroffen und sagt mir, diese Ueberraschung l außer allem Spaß, in England wird dies Age als éine ahe für die Waffénausfuhr angenommen. . Vi stellt edes Mitwissen in Abrede.
) Seite 20 — 19. November. Bismarck soll bei Gort- E Note gerufen haben : *„Die dummen Kerls háben vier ocher zu früh begonnen.“ ; beziéhen sh auf die Lossagung Rußlands von der Konven- tion in Betreff des Schwarzen Meeres. Die Aufzeihnungen über die pen wohlwollende Haltung des damaligen Königs von Preußen, der gegenüber ee orgehen Rußlands nach ns Registrirung die Kündigung des Vertrages hinaus: ieben wollte, sind Matin welche geeignet sind, der russishen Regierung gegenüber das Wohl des Reichs zu ge- fährden, und welhe deshalb dieser gegenüber hätten geheim gehalten werden müssen. Der oben ad 1. B erwähnte
ismardck aber
__Ma / wies die Drohung weit ab und sagte, bei even-
fn
E E É L A B ai M Ar E G D
Reichs, welche durch die Publikation entstehen könne.
„Nowosti“:Artikel bestätigt dies,
S Ia A E E E t A2 V I Cen P E O X M Q E B E D O EON I E E R H VRG O Ly M Trib aal ers die Us r er F E G O E O E E d R L R A e A H area e sere ierb 5568 Gf A M Mr ard d po M A M 1 t P Ei Pg v B A Vice f Arp S R E A r 21 10A le R C D A
ierbei in Be- -
IV. - Die Beziehungen zu England. |
1) Die Stelle Seite 16:
L entdecke, daß man Uebles gegen England im Schilde führte, das ist vorüber, aber ob die Vorliebe für Rußland und Amerika nih: doch einmal dem Haß gegen England Lust macht, kann kein Mensh wissen“ —
‘enthält eine Ana des damaligen Kronprinzen und mußte
der englishen Regierung gegenüber deshalb geheim gehalten neter, e sie Veiont, daß eine England feindliche Strö- mung als ein in der Politik zu beahtender Faktor gilt und weil sie geeignet ist, in England Mißtrauen hervorzurufen. 2) Die Stelle Seite 10 — 23. August: i „Benedetti's Projekt shadet uns in England, er hätte sih bne Bismardä's Ermuthigung keine folhe Sprache erlaubt.“ — in welcher unrichtig unterstellt wird, daß das Projekt, der Preisgabe Belgiens an Frankreich, niht ohne Ermuthigung des Reichskanzlers entstanden sei, enthält eine Nachricht, welche, weil von dem Kronprinzen von Preußen vertreten, dur anderweite Argumente niemals ganz beseitigt werden kann und welche, weil sie geeignet ist, der englishen Re- gierung gegenüber die Möglichkeit einer solhen Transaktion au für die Zukunft hervortreten zu lassen, dieser Regierung, wie niht minder der belgishen gegenüber zum Wohle des Deutschen Reichs geheim zu halten war.
V
Die Beziehungen zum GroßherzogthumLuxemburg und zu den Garantiemächten. Die Nachricht, welche Seite 30 — 25. Februar — auf-
gezeihnet ist:
„Thiers wollte auf Bismarck's Verlangen, - uns Luxemburg
zu verschaffen, niht eingehen, worauf dann die Alter-
native Meß oder Belsort gestellt ward,“ E E war gegenüber der luxemburgischen und französischen Regie- rung zum Wohl des Deutschen Reichs geheim zu halten ; denn sie is geeignet, die Mächte, welche die Neutralität Luxemburgs garantirt haben und die Großherzogliche Regierung selbst mit Mißtrauen gegen die Zuverlässigkeit der deutschen Politik zu erfüllen, und sie verseßt, da sie mit der Autorität des Kron- prinzlihen Tagebuhs ausgestattet ist, die französische Regie- rung in die Lage, bei der luxemburgishen Regierung Deutsch: land gegenüber Vortheile zu ziehen, zumal bei der zu er- wartenden Eröffnung der Succession für den Herzog von Nassau. - t
Die Beziehungen zu Belgien und Frankreich.
Hier kommen die folgenden Stellen in Betracht: *,
1) Seite 14 — 6. Oktober. fir regt den Gedanken an, König Leopold auf den französishen Thron zu bringen, was Bismaxck für todtgeboren hält.
2) Seite 23 — 28. Dezember. Brief des Königs der Belgier, voll Sympathie für Kaiser und Reich und voll großer Erwartungen von denselben; er sieht darin Wiederherstellung der Ordnung und des Rechtsbewußtseins in Europa und nennt die denselben zu stellenden Aufgaben „wahrhaft herrliche“. Er sei eifrig bestrebt, seine Pflichten als Neutraler vertragsmäßig zu erfüllen, aber die Vortheile einer solhen Stellung seien nicht ohne empfindliche Lasten und Schwierigkeiten. Er wirft den frem- den Literaten vor, - die belgische sroleit gegen uns zu mißbrauchen ; Frankreih häuft Beschwerden gegen : Belgien, weil dieses deutshe Verwundete und Lebensmittel durchlasse,
_ während den flüchtigen Franzosen die Rückkehr nah Frank-
reih verwehrt werde und sie internirt werden.
3) Seite 24 — 28. Dezember. Bismarck äußert si sehr anerkennend über Leopold's Brief und bittet in meiner Ant- wort auf die Bürgschaft zu verweisen, welhe Belgien dur ein starkes Deutshland gewinne, von dem es nie etwas zu
ürchten habe, und so lange dieses stark, auch nichts von.
rankrei. ; :
Die in diesen Stellen vorkommenden Nachrichten mußten sowohl der französishen wie der belgischen Regierung gegen- über zum Wohl des Reihs geheim gehalten werden. Der ersteren kann die Veröffentlichung den berehtigten Anlaß
bieten, gegen das Jnteresse und das Wohl des Deutschen
Reichs bei Belgien zu wirken. Die belgishe Regierun
aber kann durch den Eindruck, welchen die Veröffent--
lihung in der öffentlichen Meinung des Landes hervor- gerufen hat, als wenn nämlich der König Deutschland zu offen begünstige, in die Lage kommen, in ihrer Deutschland gegenüber zu beobachtenden Haltung vorsichtiger oder ablehnender zu fe Die Stimmung der öffentlichen Meinung in Belgien s{ildern eingehend die Berichte des Gesandten in Brüssel dahin, daß der König und das Mi- nislerium sehr unliebsamen Angriffen mit der Unterstellung ausgesezt find, das Tagebuch beweise, daß Diejenigen Recht haben, welche eine der Neutralität wider- sprechende Abhängigkeit Belgiens von Deutschland be- haupten. Der Umstand, daß der König der Belgier, weil er den Brief geschrieben hat, {hon vorher Kenntniß lei von der im Kronprinzlihen Tagebuche enthaltenen achriht, ändert an der Sachlage nichts; denn daß der König Kenntniß hatte, bedingt nit, daß dieselbe Kenntniß auch der dur das jeweilige Ministerium repräsentirten Re- gierung béiwohnte. Jedenfalls ist die That)ache der Kron- prinzlichen Registratur zur Kenntniß des Königs erst dur die vom Angeschuldigten veranlaßte Publikation der Tage- _buhs-Auszüge gelangt. i f Der Angeschuldigte bestreitet, daß die Veröffentlichung Staatsgeheimnisse oder geheime Nachrichten im Sinne des . 92 Nr. 1 des Strafgeseßbuchs enthalte. Seine bezüglichen n- und Ausführungen erscheinen jedoch als verfehlt, ins- besondere gilt dies von dem Sab, daß der Papst kein Souverüän und die päpstliche Kurie keine Regierung im Sinne des §. 92 cit, mehr sei. Die volle Souveränität des Papstes, als deren Ausflü}sse ih f B. das aktive und passive Gesandishaftsreht und die Be- ugniß zum Abschluß völkerrehtliher Verträge (Kon- ordate) ergeben, ist durch das internationale Recht Europas anerkannt und hat durch die Aenderung der territorialen Ver- ältnisse keinen Abbruch erlitten. Der Angeschuldigte giebt in einer Note zu §. 40 des von n herausgegebenen Heffter' schen Völkerrechts (Ausgabe 8 S. 100) selbst zu, daß der Papst in vielen Beziehungen als Souverän behandelt wird und hin- as p anderer Staaten unstreitig Regierungs- und Ge- ehgebungsrechte ausübt. i Der Angeschuldigte bestreitet ferner das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit der Veröffentlihung. Er will sich nicht be-
, Oberg und der Dr. Wolff, sein Schwäger, für die Nothwendig--
wußt gewesen sein, daß die leßtere Nachrichten enthalten ‘habe, deren Geheimhaltung anderen Regierungen gegenüber für das Wohl des Deutschen Reichs erforderlih Dee
\priht zunächst Pebee hi 7 :
Der Anges uldigte hat die Rechte studirt, ist, nahdem er 1853 zum Dr. jur. promovirt, 1854 zum Legationssekretär, 1856 zum Hamburgishen Geschäftsträger in Berlin und 1859 zum Minister-Residenten der Hansestädte ebendaselbst ernannt worden. Jn dieser Stellung, in welcher er mehrere ge zuglei die Stelle eines oldenburgischen Minister-Residenten bekleidete, ist er bis zum August 1866 verblieben, wo er in gleicher Eigenschaft nah London verseßt wurde. 1868 nahm er seinen Abschied, weil, wie er angiebt, durch die Errichtung einer Botschaft des Norddeutschen Bundes ihm die wichtigsten Geschäfte seines Amts- entzogen worden seien und es n widerstrebt habe, für die bedeutend ver- ringerten Geschäfte des leßteren ein gleih hohes Gehalt zu beziehen. Von 1869 an bekleidete er in Hamburg das Amt eines Syndikus des Senats, als welcher er die aus- wärtigen Angelegenheiten zu bearbeiten hatte, bis er 1872 den Ruf zu einer Professur des öffentlihen Rechts und der Staatswissenshasten an der Universität Straß- burg erhielt. Jm Frühjahr 1882 — in dem leßten Jahre war er auch Mitglied des Elsaß-Lothringishen Staatsraths gewesen — exbat er seinen Abschied, welcher ihm unter Be- willigung einer Pension von jährlih 7500 F und unter Verleihung des Charakters als Geheimer E e gewährt wurde. Seit 1883 lebte er in jeiner Vaterstadt Hamburg. Obgleich seitdem ohne amtliche Stellung, hat er sich bis zu seiner Verhaftung fortgeseyt mit Politik beschäftigt und auf die Politik des Deutschen Reichs Einfluß zu gewinnen gesucht, wie sich dies aus seiner als Anlage beigefügten umfangreichen Corresponden mit dem Großherzoglih badishen Wirklichen Geheimen Rat Freiherrn von Roggenbach ergiebt. Fast alle Fragen der äußeren und inneren Politik des Deutschen Reichs sind darin zum Gegen- stand einer — oft sehr abfälligen — Kritik gemacht worden. Auch mit anderen Personen von hervorragender politischer Bedeutung, so z. B. mit dem Stgats - Minister a. D. Pr, Windthorst, pa! er sich über politishe Fragen in Verbindung
esezt. Zugleich hat er bis zuleßt eine überaus rege Thätig- eit als politisher Schriftsteller entfaltet. Von seinen zahlreichen Schriften mögen hier folgende Erwähnung finden: „Reform der preußishen- Verfassung“ 1870, „Staat und Kirche“ 1875 (sehr umfangreich), „Der zweite Zuni und die Reichstagswahlen“ 1878, „Die auswärtige Politik
eutschlands““ im 7. Heft der „Deutschen Rundschau“ 1883/84 — anonym „Deutsche Kolonialpolitik“ ebendort Heft 1 1884, „Die völkerrechtlihe Stellung des Papstes“ in von Holßen- dorfff’s Handbuch des Völkerrehts 1887, „HZeitgenössisches Leben und Denken in Deutschland“ im Aprilheft der Contem- porary Review 1887, „Politishe Federzeihnungen“ 1888 und die Ausgaben von Hefster's Völkerrecht.
Als Diplomat und Staats- und Völkerrehtslehrer von solcher Vergangenheit konnte der Angeschuldigte, mag er auth, wie cr behauptet, den §. 92 des Strafgeseßbuchs seinem Wortlaute nah nicht gekannt haben, über den wahren Charakter der in der Veröffentlihung enthaltenen politischen Nachrichten L in Zweifel sein, da Tei denn, daß er zur Zeit der That geisteskrank gewesen wäre. Leßteres wird aller- dings von seiner Familie geltend gemacht, und ist auf deren Betreiben bei dem Amtsgericht zu Hamburg ein Entmündi- pünneeeriahren gegen ihn eingeleitet worden, in dessen Ver-
auf si bereits zwei Hamburger Aerzte, sein Hausarzt Dr.
en sei. Hiergegen
keit der Entmündigung ausgesprochen haben, indem sie seine Krankheit für „cinkuläres Frrsein“ erklären. Allein sein ganzes Verhalten vorx und nah der Veröffentlichung spricht ‘überzeugend gegen die Annahme einer krankhaften Störung der Geistesthätigkeit zur Zeit der That, wie diese Störung denn auch von dem gerichtlihen Stadtphysikus, Geheimen Medizinal-Rath Dr. Wolff zu Berlin auf Grund einer län- eren Beobachtung des Angeschuldigten, - welcher übrigens elbst seine Zurechnungsfähigkeit niht anzweifelt, Und auf Grund einer größeren Anzahl ärztlicher | Atteste unter eingehender Begründung und gleich eiger Bejahung feiner Verhandlungs fähigkeit verneint worden h undzwar mit dem gleihzeitigen Ausspruh, daß der Angeschuldigte an lang- jähriger Hypochondrie leide, welhe niht für gewöhnlich, wohl aber periodisch durch Hinzutritt von Anfällen unmotivirter n p und Verwirrtheit seine freie Willensbestimmung aufhebe.
Wenn sich der Angeschuldigte zum Erweise seiner Gut- gläubigkeit auf die wegen der Veröffentlihung mit dem Her- ausgeber der „Deutshen Rundschau“ Dr. Rodenberg geführte Correspondenz beruft, so ergiebt sih aus derselben Folgendes :
In dem Schreiben vom 6. August 1888, mittels dessen er dem Rodenberg das Manuskript zum Dru übersendet und in welchem er als Motiv zur Publikation den Wunsch angiebt, der Welt zu - zeigen, was sie an dem Hochseligen Kaiser Friedrich verloren habe, heißt es: A
„Jedenfalls muß ih bitten, darüber strenges Geheimniß zu wahren, daß Jhnen diese Auszüge durch mich mit- getheilt find, außer Jhnen dürfte es nur Paetel wissen, denn, wie Sie denken können, wird die. Veröffentlihung großes zusehen machen.“ ; ;
Am 8. desselben Monats schreibt er, daß er bei der Nie- derschrift schon Vieles weggelassen habe, ‘was sehr interessant gewesen, aber noch mehr Anstoß gegeben hätte, s{härst nochmals Verschwiegenheit ein und hebt. hervor, daß es noch mehr ablenken würde, wenn ein von ihm für die Rundschau be- stimmter und von ihm mit seinem Namen gezeichneter Artikel „Die Reform des énglischen E in demselben Hefte zum Abdruck gelangte, da man niht annehmen würde, daß in ein und demselben Hefte zwei Artikel desselben Verfassers ent-
alten wären. Der leßtere Artikel ist denn auch noch in dem ktober-Heft zum Abdruck gelangt. i i
Auf die von Rodenberg gegen die egte der Publi- kation n Bedenken ues er diejelben in dem Schreiben vom 10, August 1888 zu beseitigen, indem er geltend mat, daß {on früher Auszüge aus den Tagebüchern des HoWseligen Kaisers fe von 1 über den Feldzug von 1866 und über die
Orientreise von 1869 anstandslos veröffentlicht worden seien und dáß die Konfiskation doch nur von der Kaiserin Friedrich als der Eigenthümerin des Tagebuchs von 1870/71 veranlaßt werden könnte, diese jedo mit Rücksiht auf den Jnhalt der Publikation gar keinen Grund dazu hätte.
Am 30. desselben \{hreibt er im Hinblick auf die nun- mehr gesiherte Publikation: „Nun s la galère !“
8. August 1888 zu seinem Sohne, dem Studenten Geffcken, uf dessen Zeugniß sih die Ver1h digung einem andern Punkte berufen batte, nämlich dahin: die. Publikation werde großen Skandal : : Die Briefe des Dr. Rodenberg an ihn sind bei der Durch- suhung seiner Wohnung nicht vorgefunden worden. Er hatte sie bei seiner Abreise t Helgoland am 25. September 1888, als die Veröffentlihung bereits erfolgt, seine Autorschaft aber noch unbekannt. war, sammt dem uan aus dem Tagebuch - verbrannt, angeblih um Unannehmlichkeiten aus dem Wege zu gehen, welche daraus hätten entstehen können, daß man in der Veröffentlihung Beleidigungen erblicke.
Seine Frau hatte ihn, wie er zugiebt, vor der Veröffent- lihung eindringlih gewarnt. Von Helgoland schrieb er ihr; „Die Sache errege ihn zu sehr, er könnte vor Angst nicht {hlafen. Wäre er doch nur ihrem richtigen Gefühl gefolgt; nun müs}se er suchen, sich ruhig und klug zu verhalten. Seine Absicht sei die reinste gewesen, aber er habe sih nicht überlegt, welchen Sturm er entfesseln würde.“ :
Zu seiner Entlastung hat Angeschuldigter \sich ferner darauf berufen, daß er bei Anfertigung des Druckmanuskripts diejenigen Stellen wegagelassen habe, welche Aeußerungen des - Kronprinzlihen Verfassers über hochgestellte Personen ent- N hätten und die ihm ihrer Schärfe wegen als
edenklich und sahlich ohne erhebliche Wichtigkeit er- schienen wären. Die Vertheidigung hatte hieran den . Antrag auf Vorlegung und Vergleihung des Tage- buchs behufs Feststellung der gestrihenen Stellen geknüpft. Diesem Antrage ist bisher nicht entsprochen worden und er- scheint derselbe auch als gegenstandslos, denn, wie bereits oben näher dargelegt worden, ist das von dem Angeschul- digten excerpirte Tagebuchexemplar nicht zu ermitteln gewesen. Abgesehen hiervon würde es, da dem Angeschuldigten nach seiner es bei Anfer- tigung des Auszuges im Jahre 1873 die Absicht einer späteren Veröffentlihung ganz fern gelegen hat, überhaupt nicht auf eine Vergleihung des Drulmanuskripts mit dem excerpirten Tagebuche, sondern lediglich auf eine Vergleichung des exsteren mit dem Tagebuchauszuge ankommen. Diese Vergleihung hat aber der Angeschuldigte durch die Vernihtung des Aus- zuges selbst unmöglich gemacht. Sein Sohn Heinrih hat zwar bestätigt, daß von der Streihung einzelner besonders arer Stellen über bestimmte hohgestellte Personen die Rede gewesen sei, jedoch etwas Näheres hierüber niht anzugeben vermoht. Wenn, wie dies allerdings der Fall ist, vor dem Druck eine ganze Anzahl sehr bedenklicher Stellen gestrihen worden Ind, jo ist dies mwesent- li das Verdienst des Herausgebers und des Ver-- legers, indem diese ohne Anregung bez. Zustimmung des Angeschuldigten jene von ihm nicht beanständeten Stellen in dem Manuskript, bez. dem Korrekturabzuge selbst gestrichen aben. Daß er auch selbst einige Streihungen vorgenommen, eziehungsweise dazu angeregt hat, ist zuzugeben.
Anlangend endlich die Beweggründe, welhe den An- geshuldigten zu der Veröffentlichung veranlaßt haben, und die Endzwecke, welche er damit verfolgt hat, so können die von ihm hierüber gemachten, bereits oben erwähnten Angaben, welche sich auch in seinen Briefen an Dr. nden, nit für stihhaltig erahtet werden.
Seine Angabe, daß es ihm bei der Veröffentlichung ledig- lih darum zu thun gewesen sei, das Andenken des von ihm hochverehrten und aufrichtig geliebten Hochseligen Kaisers Friedrich, dem er großen Dank geschuldet habe, zu ehren und dessen Verdienste um die s des Deutschen Reichs in das rechte Licht zu stellen, steht mit seinen höchst abfälligen Urtheilen über den Hohen Herrn in seinen Briefen an den
reiherrn von Roggenbah — so schreibt er z. B. in dem riefe vom 22. Februar 1887 :
„Dieser (der Kronprinz) aber, weil Tein Streben nicht auf Macht, sondern auf den Schein derselben geht, wird S E daß er Gefangener der kanzlerischen Viajo- tat Ut
sowie damit in Widerspru, daß er die in dem Tagebuch a Pläne und Vorschläge des Hochseligen Kaisers über die Gestaltung des Reichs als zu weit gehend und un- prafkftish nicht gebilligt haben will.
Daß für die Publikation das Honorar nicht mitbestimmend gewesen, kann zugegeben werden, wennschon seine Angabe, daß er ein solhes überhaupt nicht zu beanspruchen gehabt habe, mit der Aussage des Verlegers Paetel, wonach ex kontrakt- mäßig für den Druckbogen seiner Aufsäße 200 46 zu erhalten hatte und für den vorliegenden Fall niht Anderes verabredet war, in Widerspruch E
Die Motive und Endzwele der Veröffentlihung liegen auf ganz anderen Gebieten. :
Der Angeschuldigte zählt \sich zur E N S Partei mit streng kirhlicher Richtung, was ihn jedoh nicht abgehalten hat, in seinen Briefen an den Freiherrn von Roggenbah auch über diese Partei höchst abfällig zu urtheilen und sie in dem Briefe vom 4. August 1880, unter rüh- mender Anerkennung des Verhaltens des Centrums ¡und der Fortschrittspartei, denjenigen Parteien beizugesellen, „bei denen die Versumpfung unter der Fuchtel und Korruption des Bismarlck'’shen Regiments bereits so weit vorgeschritten sei, daß man nur von einer Reaktion in den Wählerschaften Ee erwarten könne.“ Zu der sogenannten Großdeutshen Partei will er nie in Be Ra gestanden und, abgesehen davon, daß er in der Schleswig-
odenberg
von Augustenburg eingetreten sei, was ihm Anfangs 1 eine von ihm zurückgewiesene Dankadresse s{hleswig-holstein- \cher Vereine eingetragen habe, auch keinen partikularistischen tandpunkt eingenommen haben. Wenner sich aber weiter als einen Anhänger der von dem Reichskanzler geleitèten Volitik“ des Deutschen Reichs bekennt und ih pn Erweise dessen “auf seine Schriften, insbesondere auf den bereits oben erwähnten anonym erschienenen Aufsaß „Die auswärtige olitik Deutschlands“ in dem Januar-Heft der „Deutschen ndshau“ von 1883/84 beruft, so ist es e riótig, daß in dem leßteren, von ihm verfaßten Artikel die auswärtige Politik des Reichskanzlers alle Anerkennung findet, allein dies beweist nichts für seine derzeitige Stel- lung zur Politik des Deutschen Reichs, denn hierüber iebt, ohne daß es auf seine späteren Schriften noch ankäme, seine Correspondenz mit dem Freiherrn von Roggenbah die zuverlässigste Auskunft und zwar dahin, daß er i Pee | und zwar nicht bloß der inneren, dieser aber auf fast allen Gebieten, und zugleih der Person des Reichskänzlers auf das
Ueber die a e Wirkung Publikation äußerte er sich in ähnliher Weije, wie in den Briefen vom 6. und
eindseligste gegenübersteht. Die - Briefe sprehen für B Ne late Die persönliche Feindseligkeit iß übrigens ir
Holsteinshen Frage seiner Zeit für die Kandidatur des Herzogs