1889 / 14 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Jan 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Hinneigung und Freundshaft auf den Enkel übertragen zu wollen. Bewegten Herzens erhebe Ih dàs Glas: Se. Dur(hlau(ht der Fürst Lebe Hoh! Hoh!! Hoch!!!

Die vereinigten Aus\{ü}e des Bundesraths für Rechnungswesen und für Elsaß-Lothringen, die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll- und Steuerwesen, für Justiz- wesen und r Elsaß-Lothringen, sowie die vereinigten Aus- S ie für Justizwesen und für Elsaß-Lothringen hielten heute

ungen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißun M B Rages befindet sih in der Fwlten bam, Drittes eilage.

Auf der Tagesordnung der am Donnerstag, den 17. d. M., Nachmittags 1 Uhr, stattfindenden 21. Plenar- sibung des Reichstages steht die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichs- haushalts-Etats für das Etatsjahr 1889/90, und zwar folgende Spezial-Etats: a. Verwaltung der Eisenbahnen, b. Etat der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung, e. Etat der Reichs- druderei, d. Reichsamt des Jnnern, e. Reichs-Justizverwaltung, f. Verwaltung des Reichsheeres, g. Reihs-Schaßzamt.

In der heutigen (2.) Sizung des Hauses der Abgeordneten, welher der Vize-Präsident des Staats- Ministeriums, von Boetticher, der Finanz-Minister, Dr. von Scholz, und der Minister des Jnuern, Herrfurth, nebst mehreren Kommissarien beiwohnten, führte zunächst der Alters-Präsident Dr. Reichensperger den E Derselbe machte Mittheilung von der Konstituirung der Abtheilungen und den für vorläufig gültig erklärten Wahlen.

Auf der Tagesordnung stand die Wahl des Präsidenten, der beiden Vize-Präsidenten und der Schriftführer.

Auf Antrag des Abg. Stengel wurde zunächst der Abg. von Köller dur Zuruf zum Ersten Präsidenten gewählt. Derselbe nahm mit einigen Worten des Dankes die Wahl an und übernahm das Präsidium.

Auf weiteren Antrag des Abg. Stengel wurde der Abg. Dr. Freiherr von Heereman zum Ersten, der Abg. von Benda zum Zweiten Vize- Präsidenten gewählt. Dieselben nahmen gleichfalls dankend die Wahl an.

Endlich erfolgte auch auf Antrag des Abg. Stengel die Wahl der Schriftführer: der Abgg. Barth, Boh, Czwalina, M Mithoff, von Rehdiger, Sperlich und Vopelius, dur Buruf.

__ Der Präsident wird Sr. Majestät dem Ka iser und König oon der Konstituirung des Hauses die vorgeschriebene Mittheilung machen.

as Haus drückte darauf dem Alters-:Präsidenten Abg. Dr. Reichensperger den Dank für die bisherige Leitung der Geschäfte durch Erheben von den Sigen aus.

Vei Schluß des Blattes nahm der Finanz-Minister Dr. von Scholz das Wort zur Einbringung des Etats und mehrerer mit demselben zusammenhängender Vorlagen.

L 0 iner e zur heutigen Nummer des „Reichs-Anzeigers“ befindet sih eine vergleichende Ueber- sicht über die Ergebnisse der Wahlen der Mitglieder es Hauses der Abgeordneten für die 16. und 17. Legislaturperiode.

__— Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Geseßves, betreffend die Theilung des Re- E Rees Schleswig, zugegangen. Derselbe autet : l

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen, unter Zustimmung der beiden Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt :

8. 1.

“Die Kreise Oldenburg, Plôn, Stadtkreis Kiel, Landkreis Kiel, Rendsburg , Norderdithmarshen , Süderdithmarshen , Steinburg, Segeberg, Stormarn, Pinneberg, Stadtkreis Altona und Herzogthum Lauenburg werden von dem Bezirk der Regierung zu Schleswig ge- trennt. Für den diese Kreise umfassenden Bezirk tritt eine Regie- rung mit dem Sitze zu: Kiel in Br ateiE,

___ Die Regierung zu Schleswig bleibt, bis zu einem durch König- lie Verordnung zu bestimmenden Zeitpunkt, die Hinterle ungssftelle (Gesep vom 14. März 1879, Geseß-Samml. S. 249) auch für den egierungsbezirk Kiel.

8. 3.

Gegenwärtiges Geseg tritt für die Provinz Schleswig-Holstein, gleichzeitig mit dem A Über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883, in Kraft. /

In Beziehung auf die Zuständigkeit hinsihtlih der vor dem be- treffenden Zeitpunkte bereits anhängig gemachten Sachen tritt für den Regierungsbezirk Kiel die Bezirksbehörde zu Kiel an die Stelle der Bezirksbehörde zu Shleswig.

Urkundlich 2c.

Dem Ae der Abgeordneten ist der Bericht über die Ergebnisse des Betriebs der für Rechnung des preußishen Staats verwalteten Eisenbahnen im Betriebsjahr 1887/88 jugegangen. Nach demselben be- trugen in dem genannten Jahre die Einnahmen: 1) der

für Rehnung des Staats verwalteten Bahnen 732 130 427 4 39 S das ist ein Uebershuß gegenüber dem Etatsansay von 50 509 921 M6 49 S; 2) der Tag ena hnen, bei welchen der Staat betheiligt ist, 1409296 M D, i Vebershuß von 136 M 38 H; 8) die Einnahmen betrugen 88729 M 42 Z, d. i. ein Minus von 35 M 58 Z. Die Summe der Ein- nahmen beträgt 733 628 453 M4 69 Z, die der Ausgaben 492573 350 M 69 3, sodaß sich ein Uebershuß der Ein- nahmen über die Ausgaben von 251 055 103 #, gegen den Etat eine Mehreinnahme von 50 664104 #4 44 Z ergiebt. Die Bahnlänge betrug insgesammt 22 466,22 km; der Gesammtbetrag des Anlagekapitals 6 004 785601 M dies sind pro Kilometer Bahnlänge 267281 #4 Von fremden Verwaltungen sind gepahtet 337,93 km, in Mit-

__ betrieb genommen 5,32 km, Von den Gesammteinnahmen

entfielen auf den Personenverkehr 25,3 Proz., auf den “Güterverkehr 70,9 Proz. , auf die sonstigen Einnahmen

88 Proz. Die Gesammtkosten der Unterhaltung der

„Bahnanlagen (mit Ausshluß größerer Erweiterungs- und

ä uten) betrugen: ut 1 km der unterhaltenen

S 1908 6, auf 1 km Länge der unterhaltenen Geleise d /6, auf 1000 Wagenachs-Kilometer aller Art 6

Die Unterhaltung der Telegraphen und Signalvorrich-

tungen 2c. betrug auf 1 km Länge der unterhaltenen Strecken

d. i. ein sonstigen

beshlüsse zusammentritt und dauern

E Ee N

motiven, 13 503 Personenwagen, 3655 Gepädckwagen, 169 088 Güterwagen. Die GesammtbesGasfungskosten sämmtlicher Be- triebsmittel belaufen sih auf 1019 216 152 4 Aus dem Be- triebsfonds sind mehr beschafft als ausgeschieden: 1086 Loko- motiven, 1397 Personenwagen, 446 Gepädckwagen, 16 746 Güter- wagen. Aus3geschieden sind : 2026 Lokomotiveu, 2216 Personen- wagen, 543 Gepädckwagen, 21 647 Güterwagen; das sind in Summa für 175 424 216 # ausrangirte Fahrbetriebsmittel. Auf Grund des Unfallversiherungsgesezes sind an - ver- unglüdte Personen bezw. deren Hinterbliebene an Unfall- renten | und Krankengeldbeiträge 333 883 6, für Kosten des Heilverfahrens und der Beerdigung 40360 A. gezahlt.

Dem Hause der Abgeordneten is ferner der Nachweis über die Verwendung des in dem Etat der Eisen- bahnverwaltung für das Jahr 1887/88 unter Titel 42 der einmaligen und außerordentlichen egten vorgesehenen Dispositionsfonds von 1500000 M zugegangen.

,__— Die in einer öffentlihen Versammlung von Personen, die sonst keinen Verein unter einander bilden, gewählte Kommission, welhe zur Ausführung der Versammlungs- j l ) zusammenwirkt, ist nah einem Urtheil des Reichsgerihts, I1. Strafsenats, vom 2. November v. J., als „Verein“ im Sinne des Preußischen Vereinsgeseßes vom 11. März 1850 zu erachten. Tritt diese Kommission mit anderen politischen Vereinen zu gemeinsamen politischen Zwecken in Verbindung, so machen sih die leitenden Mitglieder dieser Kommission und der mit ihnen in Verbindung stehenden Vereine dadurch tra f- bar, und es kann auf Auflösung dieser Kommission und der Vereine erkannt werden.

- Mehrere Weingutsbesizer, welche in ihren Kellereien ausshließlih oder vorwiegend eigenes Gewächs behandeln und pflegen, bei den von Zeit zu rungen den gesammten

( 1 gejammten Bestand der Keller räumen und in der Zwischenzeit Weine nicht verkaufen, hatten gegen die Aufnahme ihrer Kellereibetriebe in die Speditions-, Speicherei- und Kel- lerei-Berufsgenossenschaft Beschwerde gesührt. Das Reichs- Versicherungsamt hat diesen Beschwerden unter dem 28. Dezember v. J. (Nr. 645) mit der Begründung statt: gegeben, daß die in e stehenden Kellereibetriebe nicht als gewerbliches Unternehmen, oder als Theil eines solchen, be- ziehungsweise als ein Weinhandel, sondern lediglih als Fort: eßung und Abschluß des Weinbaues anzusehen seien. Da iese Betriebe sih ausscließlich oder doch in der Hauptsache auf die weitere Pflege, Behandlung und Lagerung selbst: gewonnener Rohprodukte erstrecken, so unterliegen dieselben in gleicher Weise, wie der Weinbau selbst, den Bestimmungen des landwirthschaftlihen Unfallversiherungsgeseßzes vom 9. Mai 1886, und es findet auf sie das Ausdehnungsgeset vom 28. Mai 1885 keine. Anwendung.

Hefen. Darmstadt, 15. Januar. (Darmst. Ztg. Der Erbgroßherzog und der Prinz Wb 20) Hessen begeben si am 17. d. M. nach Berlin, behufs Ent- gear nas der Jnvestitur als Ritter des Schwarzen Adler-

rdens.

Sachsen - Weimar - Eisenach. Weimar, 15. Januar. (Weim. Ztg.) Der ärztlihe Bericht über das Befinden der &rbgro Ferzogin, vom 15. Januar, lautet:

Kein Fieber, Puls langsamer, kräftiger. Schlaf etwas unruhig. Wenig Husten. Engelhartt.“

Anhalt. Dessau, 14. Januar. (Anh. St.-A.) Der Fürst und die Fürstin von Shwarzburg-Sonders-

- hausen sind heute Vormittag nah Sondershausen, die Her-

zoginnen Marie und Zutta von Mecklenburg- Streliß mit Gefolge heute Mittag nah Neu-Streliz von hier abgereist.

Oesterreih-Ungarn. Pest, 14. Januar.

n der heutigen Sitzung des Abgeordne prahen Jvanka, Stefan Tisza für, Horvath gegen die Wehrvorlage. inister Fejervary legte die finanziell geringfügigen Folgen der Vor- lage dar und wies nah, daß die konstituiionellen Bedenken gegen den 8. 14 unbegründet seien; derselbe bestimme we r dasselbe, was der bezügliche Paragraph des gegenwärtigen Gejeges bestimme. Das Recht der Rekruten- und Kostenbewilligung bleibe der Legislative unverändert er- halten. Stefan Tisza polemisirte in glänzender Weise gegen die Opposition, welche, anstatt die Nation die Pflichterfüllung U lehren, nur deren Shwächen und Vorurtheilen shmeichle und ie zur Selbsiübershäßung verleite. Horvath erzielte durch die leb- hafte Bekämpfung des 8. 14, welcher der freiwilligen Auf- opferung einer wesentlichen Verfassungsgarantie gleihkomme, stürmischen Beifall der Opposition. Die Jnterpcetationszweifel der Opposition müßten mindestens dur eine klare Textirung des Paragraphen beseitigt wérden.

Großbritannien und Jrland. Lcndon, 15. Januar. (A. C.) Den bis jegt getroffenen en zufolge tritt das Parlament am Donnerstag, den 21. Februar, zusammen. Ueber die neuen Vorlagen der Session liegen shon heute cinige Angaben vor. Sir Michael Hidcks-Bea ch, der Prási- dent des Handelsamis3, erklärte in einer gestern an seine Wähler in Clifton gehaltenen Ansprache : die wichtigste Aufgabe der nächsten Session werde die sein, hinlänglihe Fürsorge für die

e: Ztg.) tenhauses oranszky, Balth und

[nationale Vertheidigung zu treffen.

Frankreih. Paris, 15. Januar. (W. T. B.) Die Regierung hat dem Gouverneur von Obokh Ver- haltungsmaßregeln übersandt, nah welchen derselbe er- mächtigt wird, keinerlei bewaffnete Haufen landen zu lassen. Jn der heutigen Sißzung der Delegirtenkammer rihtete Baudry d'Asson an die Regierung eine An- fra je wegen der neuerlihen Unruhen bei Len Wahl- versammlungen. Der Minister - Präsident Floquet er- widerte, wenn die Monarchie früher das Versammlungs- ret gestattet hätte, so wäre das Land besser im Stande, dasselbe mit Ruhe zu handhaben. Die Regierung könne den Unordnungen nur in den von dem Gesey bestimmten Fällen steuern. Die Kammer nahm alsdann das Rekru- tirungsgesey wieder auf und nahm mehrere Artikel des- selben an. Nächste Sißung Donnerstag.

Die Einkommensteuer-Kommission verwarf en bloe den Geseyentwurf des Finanz-Ministers.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 15. Januar. W. T. B95 Ein Telegramm der „Nordischen Felogs hen-

72 Æ An Betriebsmittel n waren vorhanden 8618 Loko-

F [A 4

Agentur“ meldet: Bei

der vorgestern veröffentlihten U m -

eit stattfindenden Versteige- |

wandlung der 29 im europäischen Rußland bestehenden Schhüßzen - Bataillone und einiger Refe fanterie - Bataillone in Regimenter zu zwei Bataillonen handelt es sich nicht um eine neue- Maß - nahme, sondern vielmehr um eine solche, die bereits im Laufe dreier Jahre allmählih zur Alssührung elangt ist. Der Erlaß der bezüglichen Kaiserlihen Ordre Série t die Eintragung des Etatsbestandes der genannten Truppentheile in das Reichsbudget.

_ Moskau, 16. Januar. (W. T. B.) Auf die Ne ujahrs- wünsche der Stadt Moskau erhielt der General- Gouverneur, Lun Dolgorukow, ein Kaiserliches Reskript, in welhemes mit Bezugnahme auf den Ei S pr unfall bei Borki heißt: „Gott hat gewollt, daß in dem Entseßen über den Untergang, der uns gedroht und in der Freude über die Errettung vor uns und der ganzen Welt sich diejenigen Gefühle unbegrenzter Liebe und Ergebenheit des Volkes offenbaren, welche die Krast Rußlands bilden, indem sie den Czaren und das Volk zur Arbeit und zu Thaten begeistern. Jndem ich in das neue Jahr eintrete mit dem erneuerten Glauben an das Walten der göttlichen Vorsehung über uns und dem E Vaterlande, flehe ih zu Gott: er möge unsere Ge-

ide und Handlungen lenken zu seinem Ruhme und zum

oh¿e Rußlands.“

Niederlande. Schloß Loo, 15. Januar. (W. T. B.)

Das heute Mittag ausgegebene offizielle Bulletin über -

das Befinden des Königs lautet: „Obgleih der König nur wenig Nahrung nimmt, haben die Kräfte in den letzten 24 Stunden nicht weiter abgenommen ; das Allgomeinbefinden ist etwas weniger ungünstig.

15. Januar, Nachmittags. (W. T. B.) Der König brachte heute einige Zeit außerhalb des Bettes zu und er- ledigte einige Arbeiten.“ :

, _— 16. Januar. (W. T. B.) Das heute Vormittag er- shienene offizielle Bulletin lautet : „Das Befinden des Königs ist günstiger.“

Serbien. Belgrad, 15. Januar. Ein der „Staatencorr.“ (4 Uhr 32 Min. Nachm.) zugegangenes Telegramm meldet: König Milan konferirte heute mit dem General Gruics wegen Uebernahme der Aufgabe, ein neues Kabinet zu bilden. Tauschanovics und Franassovics hatten heute lange Konferenzen mit dem Minister des Aeußern, Mijatovics.

Amerika. New-York, 14. Januar. (A. C.) Die förmliche, verfassungsmäßige Wahl des Generals Har- rison zum Präsidenten der Vereinigten Staaten fand heute statt. Die im November gewählten Wähler traten in den Hauptstädten der verschiedenen Staaten zusammen und G thre Stimmen entweder r General Harrison oder Präsident Cleveland in Uebereinstimmung mit den Mandaten ihrer resp. Parteien ab. :

Zeitungsftimmen.

Der „Hannoversche Courier“ schreibt:

Die Cröffnung des Landtages ist unter den günstigsten Vorzeichen erfolgt. Die Thronrede, welche der Kaiser und König an die Mit- prter beider Häuser gerichtet hat, ist, eine hocherfreulihe Kundgebung,

etont sie do vor Allem, daß wir uns „der Hoffnung auf fernere Erhaltung des Friedens mit Vertrauen hingeben dürfen." In den Landtagsthronreden pflegte seit lange jeder Hinweis auf die auswärti- gen Angelegenheiten vermieden zu werden, er war den Kaiserlichen Ansprachen an den Reichstag vorbehalten. Wenn in diesem Jahre davon eine Abweichung gemacht wurde, so geschah ec in der Absilt, dem Lande eine frohe Botschaft zu bringen, Denn das Mißtrauen in die Erhaltung des Friedens hatte in den leßten Jahren bei Jedermann so tiefe Wurzeln geschlagen, daß es nur {wer auszurotten ist, Daher troß der seit dcn Kaiserreisen gesteigerten Zuversicht, daß die Ruhe Europas nicht durch kriegerishe Verwickelungen in absehbarer Zeit werde gesiört werden, doh immer wieder die Furt vor cinem plôgz- Lich ausbrehenden Kriege verschiedentlich zum Ausdruck gekommen iît. Nachdem nunmehr Se. Majestät in so bestimmter Form der Hoff- nung auf Erhaltung des Friedens Worte geliehen hat, werden boffent- lich. die Schwarzscher auf lange hinaus mit ihren trüben Andeutungen und Befürchtungen keinen Anklang mehr finden, um die Bevölkerung zu beunruhigen und Handel und Gewerbe zu s{ädigen.

Seit Jahren haben die Abgeordneten niht so freudig an ihre dem Wobl des Landes gewidmeten Arbeiten gehen lônnen, wie jeßt bei der Eröffnung der ersten fünf Jahre umfassenden Legislatur- periode; denn sie schen sich Aufgaben gegenüber, deren Lösung zwar an ihre Einsicht und Arbeitskraft erheblihe Anforderungen stellt, deren Bewältigung aber um so freudiger von Statten gehen wird, als die Gesammtlage des Landes es ermöglicht, über reiche Mittel zur Bestreitung der engen wie der wünschenéwerthen Aus: gaben zu verfügen. Mit großer Genugthuung muß allgemein die Mittheilung von der fortschreitenden Hebung der wirthschaftlichen Lage der Industrie und der arbeitenden Klassen erfüllen, welche unwider- leglih bewiesen wird durch die erheblihe Zunahme der Sparkassen- einlagen, die sich im Laufe des lehten Jahrzehnts mehr als verdoppelt haben, indem sie auf etwa 2700 Millionen Mark, im leßten Jahre allein um 200 Millionen, gestiegen sind. Das “sind Zahlen, die am besten die Klagen der Sozialdemokraten über den Rückgang iu den Verhältnissen der Arbeiter und gewerbtreibenden Klassen widerlegen, sie beweisen aber auch die Grundlosigkeit der meisten von der Reçieruñgsgegnerschaft wider die seit 1879 befolgte Wirthschaftspolitik erhobenen Anschuldigungen. Wäre ‘tiefe Politik cine verfehlte, wie die Herren immer behaupten, so würde dec Volks- woblstand im Rückgang sich befinden, daß er aber einen so erfreulichen Aufschwung genommen kat, ist sicherlih niht zum geringen Theil der Wendung iu der Wirthschaftspolitik zuzuschreiben.

Bei der Hebung des allgemeinen Wohlstandes ist erklärli, daß auch die Finanzlage des Staats eine so günstige geworden ist, um endli eine weitere Steuererleihterung und die Befriedigung drin- gender Bedürfnisse in Angriff nehmen zu können. Die „mit Vorsicht veranschlagten Staatscinnahmen“ gestatten Auswendungen im Intere} von Kunst und Wissenschaft, welbe in Rücksicht auf die anderen Er- fordernisse tes Staats oft haben zurücktreten müssen, wenn auch nicht geleugnet werden kann, daß in den leßten Jahren für diese Zwecke erhebliche Summen bewilligt worden sind. Die Ankündigung, daß die Pfarr- aeloungen für die Geistlichen aller Bekenntnisse derart erhöht werden sollen, daß sie den heutigen Lebeuöverhältnissen entsprehen, wird alle Kreise der Bevölkerung, welche éin Verständniß dafür haben, daß der Szelsorger frei sein muß von dem Kampfe um des Lebens Nothdörft, mit hoher Befriedigung erfüllen, in erhöhtem Maße ist dies aber der Fall bei der Eröffnurg der Thronrede über die zu bewilligende erhöhte Beitragéleistung des Staats zu den Besoldungen der Volksshullehrer, welhe auch- von den bisherigen geseßlihen Beiträgen zur Versorgung ihrer Hinter- bliebeñen befreit werden ues und außerdem stehen Muen auch treich- licher bemessene Alterszulagen in Ausficht. So werden endlich lang- {idrige Wünsche und Forderungen der Vertreter dieses für die Ge-

ttung und Bildung des Volks so wichtigen Standes erfüllt, und es steht somit zu hoffen, daß die Klagen über die {chlechte wirthschaft- liche Lage der Volksschullehrer, welche Jahrzehnte hindurch die Spalten der Zeitungen füllten und zu so vielen gebässigen Angriffen gegen die Regierung Anlaß gaben, nun verstummen werden.

Sehr gespannt darf man sein auf den Entwurf eines Einkommen- steuergeschen welcher an die {on 1883/84 versuhte Reform an- Fnüpfen toll. Das Gesey ift dazu beflimmt, die bisherige Mae und klassifizirte Einkommensteuer in eine einheitlihe Eintommenlteuer umzugestalten, die den minder Begüterten bereits gewährten Erleich- terungen zu erweitern, die Mittel zu rer gerechten Veranlagung des fteuerpflihtigen Einkommens durch Einführung einer Deklarations- pflicht zu verstärken, und fernere Reformen auf dem Gebiet „der direkten Steuern vorzubereiten. Für die Bedürfnisse des ‘Eisenbahnverkehrs wird eine besondere Vorlage angekündigt, welche die Bereitstelung außerordentliher Mittel fordert, sowohl für die weitere Ausdehnung des Eisenbahnnegzes, als auch für die Er- weiterung der Leistungsfähigkeit der baulihen Anlagen und des Fuhr: parks. Der König hebt mit besonderem Nahdruck hervor, daß seine Regierung ih angelegen fein lassen wird, das bisher bei der Neu-

estaltung des CEisenbahnwesens erfolgreih Geschaffene in stetem

ortschritt zeit- und zweckgemäß- auszubilden und zu verbessern, und

ju eid die wirths{aftlihe Entwidelung des Landes mit gerechter und ester

ter Hand unter pflihtmäßiger Wahrung der finanziellen Interessen des Staats umsichtig und sorgsam zu pflegen. Die Thronrede kündigt weiter einen Rechenschaftsberiht über die Verwendung der zur Bewâältigung des durch die Ueber\sd wemmungen im vorigen Frühjahr herbeigeführten Nothstandes gewährten Gelder, sowie einen Geseßz- entwu!:f an, dur welchen die Ausdehnung des durch das Geseß vom - 13. Mai v. J. bewilligten Kredits auch für die durch das Hochwasser im Sommer des Sahres 1888 herbeigeführten Verheerungen ermögliht wird. Auch wird dem Landtage ein Geseßentwurf zu- _ gehen, betreffend eine Neugestaltung der Staatsverwaltung in der Provinz Posen, durh welhe der Weg géebnet werden soll zur Re- gelung der Kreis- und Provinzialverfassung dieser Provinz.

Damit hat die Thronrede den Kreis der Aufgaben umsrieben, welche dem Landtage bevorstehen. Bei ihrer Abfassung hat eine sehr glülihe Hand gewaltet ; ‘die ganze Kundgebung athmet einen Geist Bober ans und sroher Zuversicht, der auch auf die weiten Schichten des Volks seine Wirkung nicht verfehlen wird. Möge dies von guter Vorbedeutung sein für den ganzen Verlauf der Legiélatur- periode.

: s

-— Die „Leipziger Zeitung“ sagt:

Die Thronrede, mit welcher der preußishe Landtag eröffnet wurde, findet durchweg eine freundlihe Aufnahme, sowohl bei den Abgeordneten, welche die Verlesung derselben durch Se. Majestät ven Kaiser oft mit lautem Beifall unterbrachen, als auch bei der Presse, selbst ter deutschfreisinnigen, welche einen friedlihen und- verhältniß- mäßig kurzen Verlauf der Session in Aussicht stellt. :

Am meisten zu der günstigen Kritik haben ohne Zweifel die Ein- gangêworte der Thronrede beigetragen, welhe der auswärtigen Lage in fo beruhigender, Vertrauen erweckender Wise gedenken. Es hat das um \o freudiger überrascht, als man nah lldeten Erfahrungen auf eine besondere Erwähnung der auswärtigen Lage in einer preu- Hischen Thronrede durchaus nicht mit Sicherheit rechnen konnte. Jn ‘der Regel war dieser Punkt den Thronteden zur Eröffnung des Deut- hen Reichstages vorbehalten geblieben. s “Kaiser Wilhelm i} von dieser Gewohnheit abgewichen, und Kreise ein . besonde-

gerade im jeßigen Augenblick, wo gewisse res Vergnügen daran zu haben seinen, dem deutshen Vater- [ande namentlich im Hinblick auf die kolonialpolitishe Lage eine möglichst düstere Zukunft in Aussicht zu stellen, wird man eine Versicherung aus Kaiserlihem Munde, daß {ich das Land der Hoffnung auf Erhaltung des Friedens mit Vertrauen hingeben dürfe, doppelt cerne hören. Treffender konnte Hr. Cugen Ritter nicht wohl abgeführt werden, der soeben auf einec - großen arteiversammlung in Breslau mit der selbst für deutschfreisinnige hren überrashenden Entdeckung debütirt hatte, daß nun wohl der ‘Augenblick gekommen sein dürfte, wo das deutshe Volk, das dem ürsten Bismarck in der inneren Politik ja \{chon längst mißtraut abe, auch bezüglich dessen auswärtiger Politik in seinem bisherigen : Vertraven zu s{chwanken beginne. | i

Dex Ernst und das Pathos, mit. welchem der deutschfreisinnige Führer diese Enthüllung vortrug, lassen sich Angesichts der Thron- rede kaum aufrecht erhalten, und verwundert. fragt man, womit denn der deutshe Kanzler das. Vertrauen seiner Landsleute verscherzt haben soll, wenn doch seine auswärtige Politik nach wie ‘vor so Überaus befriedigende Ergebnisse auf;uweisen hat! Wie viele Minister wären denn in ähnlicher Lage, wie sich Deutscbland Heute befindet, im Stande, so zuversichtlich ihrem Lande den Frieden in Aussicht stellen zu können? An Frankreih und Rußland darf man dabei natürli niht denken, denn, da Niemand daran denkt, sie anzugreifen, „ist es allerdings leiht, dort von Erhal- tung des Friedens zu reden. Aber sehen wir doch nach England, ein Land, das seiner ganzen geographischen Lage nah so viel günstiger als Deutschland gestellt ist, dem dabei gerade so gut wie Deutschland Niemand kriegerische Pläne naciaae und dessen leitende Staats- Me troßdem nicht aufhören, bange Besorgniß wegen der Zukunft zu äußern.

Ueberall sehen sie drohende Symptome. Als Kaiser Wilhelm beim Jahreswechsel die Glückwünsche der hohen Behörden entgegen- nahm, ohne von der auswärtigen Politik etwas zu sagen, da hieß es flugs: Wieder ein bedenklihes Zeichen der Zeit. Hr. von Tisza und König Humbert äußern sich friedlich, aber was kann das viel besagen, wenn der mäctigste unter den drei Garanten des europäischen Friedens, wenn der Deutsche Kaiser sich in Schweigen hüllt! Ist damit nicht indirekt zu verstehen gegeben, daß die deutsche Politik den Optimismus ihrer Verbündeten. nit theilt, und muß diese Ecfahrung nicht doppelt ernst stimmen ?

Nun, heute hat der Deutsche Kaiser gesprohen und nicht ohne Neid mag man in London und anderswo auf dieses Deutschland \fchauen, das auf beiden Seiten in eine Wolke von Kriegslärm und Waffengeklirre gehüllt ist, und das dennoch im ruhigsten Tone, ver- trauend auf seine Stärke und die Freundschaft, welche es mit Oester- xeih-Ungarn und Italien verbindet, seiner Freude über die friedliche

: Lage der Dinge Auódruck giebt! :

Man könnte nun einwenden: das [e nur Verstellung, Deutsch- land glaube im Grunde so wenig wie irgend ein englisher Staats- mann an den Frieden, aber der Haß, die Empfindlichkeit seiner Nach- barn zwinge es, den Schein zu erwecken, als traue es deren friedlichen Versicherungen. Dem ‘ist gegenüber zu halten einmal die Thatsache, daß Deutschland in scinem Rüstungseifer noch keinen Augenblick nawhgelassen hat, demgemäß auch von einer falschen Ver- trauensseligkeit keine Rede sein kann; und zum Andern die wahrlich niht minder bezeihnende Thatsache, daß Deutschland wirth- \caftlich prosperirt. Wenn Deutschland fortwährend von geheimer Kriegsfurcht gequält würde und dem, was neuerdings in der preußi- hen Thronrede von seinen Beziehungen zu den ausländischen

ächten gesaat wird und im Grunde nur die Ver- erungen früherer Thronreden - bestätigt, niht Vertrauen Menkte, so wüide -es mit der wirthshaftlihen Lage seiner Industrie und seiner arbeitenden Klassen kaum so günstig bestellt sein, als es thatsählich der Fall ist, Die preußische Thronrede berust sich zum Beweise für die Richtigkeit dieser Annahme auf die stetige erhebliche Punahime der Sparkasseneinlagen, sie könnte mit demselben Rehte au auf die ganz gewaltige Zunahme des Cisen- bahnverkehrs hinweisen, we che immer größere Ansprüche an die Leistungsfähigkeit unserer Bahnen stellt und die Regierungen zwingt, in itamer umfassenderer Weise für die Vermehrung des vorhandenen Fuhrparks Vorsorge zu treffen

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 2A. Jnhalt: Nichtamtliches: Die Architektur der Renaissance in Toscana. Der

Seeschiffahrts-Kanal nah Manwhester (Schluß). Vermischtes : Statistik der Technischen Do beut t erl L Besuch E

; \ Y Ó nischen Hochschulen des Deutshen Reichs. Preisbewerbung in Frankfurt a. M. j

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

In einem Oberlitsaal des obersten Stockwerkes der hiesigen National - Galerie haben seit Kurzem die aus der Casa Bartholdy in Rom hierher überführten Wandgemälde von Peter von Cornelius, Friedri Overbeck, Wilhelm von Schadow und Philipp Veit Aufstellung gefunden und er- regen das Interesse aller Kunstfreunde. Es sind im Ganzen acht Fresken, in denen bekanntlichG Darstellungen aus der alt- testamentlihen Geshihte die Schicksale Joseph's , - geboten werden. Prof. Dr. Lionel von Donop äußert sich in - einer Monographie folgendermaßen über dieselben: Aus der Jugendzeit der neueren deutshen Kunst sind die für die Cafa Bartholdy auf dem Monte Pincio in Rom gemalten Me die hervorragendsten Erstlingswerke mehrerer dur Freundschaft verbundener Meister. Die Gesinnung, welche von Seiten -der Künfller wie des Auftraggebers jene Schöpfungen ins Leben gerufen, verleiht ihnen ein Anrecht, als Kleinode vaterländisher Kunst betrachtet zu werden. Sie reden die Sprache des deutshen Gemüthes unck zeugen von innerlichfter Ver- tiefung in die Aufgabe, während thr boher Stil den Ernst und die pr Pid der Monumentalkunst beglaubigt. Selbst inmitten der Kunstshäße Roms haben die Gemälde als ein ehrendes Denkmal deutsher Kraft und deutschen Charakters gegolten. Die Gegenwart zwar hat der Kunst Bahnen angewiesen, welche naturgemäß ein abweihendes Ziel von jenen früheren Bestrebungen verfolgen. Wie schr aber auch der absolute Werth der Bartholdy-Fresken dem \{chwankenden Urtheil unterliegen mag, ihre historis@e Bedeutung bleibt sicherlih unansechtbar, welhen Standpunkt der Betrahtung man au wählen mag. Seit der ersten Würdigung, welche ihnen Niebuhr zu Theil werden ließ, ist die Kunst- literatur einstimmiggeweseninihrer Bewunderung, so daß sie als ein für das ganze deutsche Volk aleichmäßig werthvolles und bedeutsames Besißthum gelten müssen. Die Geschichte dieser Fresken ist niht ohne Interesse. ie Cornelius unter dem Eindruck der Begeisterung, welche die Freiheits- kriege im deutschen Volk hervorgerufen, empfand es als cine Noth- wendigkeit, daß aub die Kunsi an. der wiedererstandenen Größe des deutschen Volkes Antheil haben müsse. Jn einem Schreiben an I. Görres vom 3. November 1814 meldet er, daß eine Anzahl deut- {her Künstler, von der Hoheit ihrer Kunst durhdrungen, angefangen habe, die verwahsene Bahn zu ihrem heiligen Tempel zu reinigen. Dieses Häuflein harre auf eine würdige Ver- anlassúng und brenne vor Begierdê, der Welt zu zeigen, daß die Kunst jeßt wie einst herrlich ins Leben zu treten vermöge. Die jungen

änner waren unter dem zwingenden Eindruck der Werke italienischer Renaissance und ihrer Vorläufer zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Wiedereinführung der Freskomalerei eine Bedingung des kTünst- lerishen Aufschwunges sei, angemessen dem großen Zeitalter und dem Geiste der Nation. Cornelius selbst begrüßte jubelnd diesen Ge- danken als ein „Flammenzeihen auf den Bergen zu einem neuen edlen Aufruhr in der Kunst“. Man sagte sich, daß die italienishe Malerei seit den Zeiten Giotto's bis auf Raffael reif geworden sei an der Freskotehnik und daß dieses Darstellungsmittel am geeignetsten sei, den monumen- talen Stil zu entfalten und heranzubilden. Wäre in diesem. Sinne einmal wieder ein Anfang gegeben, meinte Cornelius, würden in Kurzem Kräfte \ich entfalten, „so daß von den Wänden der hohen Dome, der stillen Kapellen und einsamen Klöster, der Rathshäuser und Hallen herab alie befreundete Gestalten in neu erstandener frisher Lebensfülle, in holder Farbensprahe auch unserem Ge- \chlechte sagten, daß der alte Glaube, die alte Liebe und mit ihnen die alte Krast der Väter wieder er- wacht sei.“ Solche eindringliGhe Worte und Wünsche fanden nur ausnahmsweise ein opferwilliges Gehör, Die deutschen Künstler in Rom, damals wie heute noch ohne ein Heimathshaus in der Fremde, blieben fast gänzlih auf kleinere Bestellungen von Privat- personen angewiesen. Rühmend ist zu erwähnen. daß die diplomati- {hen Vertreter Preußens ihnen sowohl Verftändniß: für ihre Leistungen entgegenbrachten, als auch die bestmögliche Prderung ihrer Interessen zu Theil werden ließen. W. von Humboldt, auch Niebuhr und Bunsen späterhin, traten mit dem Vollgewiht ihrer Stimmen für die deutsch-rômischen Künstler ein, niemand indeß thatkräftiger als Jakob Salomon Bartholdy, ein Verwandter des Mendels|sohn'schen Pauses ; er weilte scit 1815 als preußischer Generalkonsul für Jtalien in Rom und wurde nah dem Aachener Kongreß zum Geschäftsträger am Toskanischen Hof un» zum Geheimen Legations-Rath ernannt. Seine Wohnung in Rom lag im zweiten Stock der palastähnlichcn Casa Zuccari, welhe am Auéëgange der Via Sistina, nahe der Piazza della Trinità de’ Monti gelegen und später meist nah ihm benannt war. Bei richtiger Erkenntniß der damaligen Kunstverhältnisse hielt es Bartholdy für seine Pflicht, mit Energie troß seiner bemessenen Mittel die besten deutshen Kräfte in Rom zur Daa ng ihres Talentes anzuregen, Er hegte den - leb- haften Wunsch, einen für gesellschaftlide Zwecke bestimmten Raum „feiner Wobnung mit großen geshihtlihen Darstellungen a fresco aus\chmüdcken zu lassen. Droß der Unsicherheit der Miethswohnung traf Bartholdy mit Cornelius, der das Unternehmen leiten sollte, ein Uebereinkommen, demzufolge er nah einem klar dar- gelegten Plane in Verbindung mit seinen Freunden s Over- bed, W. Schadow und Ph. Veit die Aufgabe übernehmen sollte. Die Wahl des Stoffes fiel auf Darstellungen aus der Ge- \{ihte Joseph's nah dem crsten Bu Mosis, Kap. 37—45, und mit freudigem Eifer maten si die Künstler troy des geringen materiellen Vortheils an die Arbeit, welche für sie um so \chwieriger war, da sie mit der Technik der Freskomalerei wenig vertraut waren. Auf mühsam empirishem Wege gingen Ie jeßt tastend vor. Dem Maler Karl Eggers aus N V, gebührt das Verdienst, unter Benußung literari/ der Nachrichten und l r 1 alter Fresken in Rom die ursprüngliche Behandlungsweise wieder entdeckt zu haben. Ph. Veit ließ s|ch von Eggers belehren und es gelang ihm, angeregt von Overbeck's und Cornelius ermunterndem Zuspxuh, unter Beistand eines alten Maurers, der noch bei Raphael Mengs die Queis der Mal- flähe erlernt hatte, den ersten wohlgelungenen Kopf «a fresco zu malen. Dieser praktische Erfolg ermuthigte die übrigen Genossen zur eifrigen Nachfolge. Dur wechselseitigen Austausch der während der Arbeit gemahten Erfahrungen gefördert und von ungewöhnlicher R und Ausdauer beseelt, wurden sie allmählich der Technik

err.

m Streben nach möglichst gleichmäßiger Durchführun trugen sie allerdings kein Bedenken, der Farbe in gausgiebigem Ma mit Tempera nacbzuhelfen. So kamen denn die aht Fresken zu Stande. Naw dem am 27. Juli 1825 zu Rom erfolgten Tode Bartholdy's waren die Fresken einem ungewissen Schidsal Preiogegeben, Die ein- zelnen Stockwerke des Hauses wurden mit Einschluß des Fresko- Zimmers wechselnd an Fremde, die sich vorübergehend in Rom auf- hielten, vermiethet. Wie der Perkehr in bewohnten Räumen es mit sich bringt, waren die Gemälde naturgemäß jeder Verleßung aus- gelegt oder sie blieben zum Mindesten der Pflege und dem guten

illen der jeweiligen Miether überlassen. Der Genuß Ult aue das Verständniß der neueren deutschen Kunst Gee Werke hing vorwiegend vom Belieben der Inhaber der ohnung ab, so daß sie oft längcce Zeit hindur der allgemeinen Betrachtung gänzlich entzogen blieben oder in nur beschränkter Weise zugänglich waren. Ca e Zustand mußte ebenso sehr die Ehre der eutshen Kun mit arthtet Uneigennüzigkeit ein Denkmal ihrer Kunst gestiftet atten. Der künstlerische erth der Fresken bestimmte nunmehr den ochseligen König - Friedrich Wilhelm 1V. von Preußen, den nkauf und die Abnahme der Bilder ins Auge zu fassen. Es wurde versuchsweise ein Gemälde, Ph. Veit's Darstellung „Joseph

und Potiphar's Weib* von der Wand abgelöst, jedoch“mit mangel-

fremder

Aeußerung des Bilderrestaurators Pietro

ur eingehende wemische I

t als das Gedächtniß der Meister verleßen, welche hier

haftem Erfolge. Die schwere Beschädigung, welche das auf Leinwand I O and Diitil Fi dle mter Frvoy in die Wand ein-

gelassene Bild erlitten hat, war die Folge einer Ablösungsmethode

mit der unzulässigen Anwendung von Leim und Wasser. Dem Ver- fabren einer vermeintlich unumgänglihen Imprägnirung vermochte die Beschaffenheit der Malerei nicht genügenden Widerstand zu leisten. Nah dieser \{limmen Grjabeuñg mit dem Veit'shen Fresko wurde damals die Absicht, die Malereien zu erwerben und abzulösen, aufgegeben. Die Gefahr und Ungewißheit, welche den Bildern drohte, {ien sich mittlerweile zu steigern, seitdem die Eigenthümer den Verkauf derselben ernstlich betrieben. Es stand zu befürchten, daß ein Käufer in noch erhöhtem Maße als es bisher geschehen, jene Gemälde der öffentlihen Betrachtung und dem Studium entziehen könnte, Dem Erstlingswerke deutscher Monumentalkunst drohte sogar, ungeachtet der obwaltenden Bedenken gegen ihre Ab- lösung, die Entfübrung in die Fremde. Somit erschien es geradezu als eine Ghrenfache der- deutshen Nation, jene Schöpfungen zu sichern. 1874 und 75 trat man abermals Seitens der preußishen Regierung dem Plane. der Erwerbung näher, ohne aber, da nah der gutachtlichen rincipvi die Beschaffenheit der Wände und Gemälde: welche nur theilweise in sogenanntem buon fresco, theilweise in tempera ausgeführt seien, der Herabnahme un- gewöhnlihe Schwierigkeiten entgegenstellte, nur einen Schritt weiter zu kommen. 1877 traf- der Direktor der National-Galerie, Dr. Jordan, in diefer Angelegenheit in Rom ein. Mit seiner Ankunft gewann ein {on lanagehegter Wunsh Leben und Gestalt. Die deutsche Künstlershaft in Rom sehnte sich nach_ einem eigenen Heim, ein Verlangen, das namentlich in dem Kaiserli deutsben Botschafter von Keudell einen lebhaften Vertreter fand. Die alte Casa Zuccari, welhe im 16. Jahrhundert von Federigo und Taddeo -- Zuccari mit Deckenmalereien in den eingewölbten Parterreräumen

und im Stiegenhause ges{chmückt war und in einer der gesundesten

Gegenden Roms inmitten des Fremdenvierlels und des Künstler-

quartiers lag, war dazu wie geschaffen. Behufs Verwirklichung des

vielseitig gehegten Wunsches wurden alsbald der Reichsregierung . mehrface Vorsläge zur Erwerbung des Hauses mit den Fresken

unterbreitet. Der Reihstags-Abgeordnete von Stauffenberg befürwortete

die Angelegenheit in der Reichstagssißung vom 11. April 1878 auf's

Wärmste. Auch der Reichskanzler unterstüßte den Plan, den Ankauf der

Casa Zuccari von Reichs8wegen zu bewirken Darnah wurde zur Erwer-

bung und zum Ausbau des Hauses behufs Begründung eines dauernden

Mittelpunktes für die Studien und artistischen Interessen der deutschen

Künstler in Rom die Summe von 325 000 Æ in den Reichshaushalts-

Etat von 1879/80 aufgenommen. Die Erwerbung scheiterte jedoch,

da sih im leßtea Augenblick die Bedingungen des Verkaufes ver-

ändert hatten. Als nun 1885 die Familie Zuccari einen Umbau des

Hauses und Veräußerung ber Gemälde für nöthig erachtete, kam der

Kaufvertrag Seitens der preußischen Regierung mit der Fr. Molinari,

verw. Zuccari, am 10. April 1886 zu Stande; der Kaufpreis betrug

48 500 Lire. Der Florentiner Kunsthändler Stefano Bardini übernahm

es, dieselben von der Wand zu lösen und vollführte dies auf eine

geniale Weise, welche die im Großen und Ganzen glücklich

vollzogene Ueberführung der Gemälde ermöglihte. Am 2. Oktober

1887 wurden die Fresken in einem direkt von Rom nach Berlin laufenden sogenannten Equipagen-Wagen abgeshickt und erreichten ohne jede Störung ihren Bestimmungsort, wo sie, wie hon erwähnt, jeßt im dritten Geshoß der National-Galerie aufgestellt sind.

Gewerbe und Handel.

Die hiesige Bankfirma Siegfried Brann hat wie in früheren Jahren auch für 1889 einen „Allgemeinen Verloosungs- Kalender“ erscheinen lassen, der in übersichtliher Anordnung alles für die Besißer von Prämien-Anleihen Wissenswerthe zusammenstellt. Man findet in dem hübsch ausgestatteten Büchlein sämmtliche Ver- [loosungspläne für 1889 nebst Anmerkungen über Gewinnabzüge, Auszahlungs- und Zinsterwmine ; diesen Plänen, welche 84 Loosanleihen umfassen, geht ein alphabetisher unb ein chronologischer Ziehungs- Kalender in Tabellenform voraus, während eine alphabetisce Tafel, welche die größten und kleinsten Treffer, die leßten Ziehungen, die Verjährungsfristen und den ungefähren Courswerth der ein- zelnen Papiere aufführt, sowie ferner eine nah dem Zeitpunkt ihres Erlöschens geordnete Tabelle der Prämien-Anleihen ihnen folgt. Sehr nüßlich wird sich auch eine Zusammenîtellung der Papiere erweisen, deren Coupons und ausgelooste Stücke zu russishen Zollzahlungen verwendbar sind, wie auch eine Zusammenstellung solcher an der Berliner Börse gehandelten Werthpapiere, deren Coupons Steuern oder anderen Abzügen ae In der Vorrede des vom Heraus- geber kostenlos zu beziehenden Büchleins wird das Wesen der Prämien- Anleihen und die Ns gegen durch Verloosung und Amerti- fation eutstehende Coursverluste besprochen.

Der Aufsichtsrath des hiesigen Börsen- Handels-Vereins hat nah Vorlegung der Bilanz für das verflossene Jahr beschlossen, vom Buchwerth, des Coursberihts weitere # 10 000 abzuschreiben, den neu zu creirenden zweiten Reservefonds mit 5 %/ vom Gesammt- N zu dotiren und der zum 9. Februar cr. zu berufenden

as die Vertheilung einer Dividende von 10# 2% vorzuschlagen.

Vom rheinisch-westfälischen Kohlenmarkt wird der „Köln, Volks-Ztg.* unterm 14. Januar Folgendes berihtet : Wäh- rend der Kohleamarkt sonst am Anfang des Jahres wenig belebt zu sein pfleate, herrsht diesmal regste taten auf demselben. Der Grund für diese ErsGeinung ist lediglih in dem Umstand zu suchen, daß die Händler und Verbraucher in der Befürchtung weiterer Preis- erhôöhungen si veranlaßt gesehen haben, früher, als sonst üblich, mit den e auf längere Zeit abzuschließen. Die Zechen stehen in Folge dessen in flottester Förderung, und sind vielfah genöthigt, naträglich eingehende Bestellungen zurückzuweisen. Droy der milden Witterung ist der Begehr in alo randrollen sterig stei- gend. In Industriekohlen herrs{cht gleichfalls starke Nachfrage ; indeß M die Steigerung der Preise mäßig. Ein besonders flottes Geschäft herrsht in Koks unb Kokskohlen, und da auh die Preise hierfür noch anziehen, so befinden sh die Koks herstellenden Zehen in bevorzugter Lage. Schon seit längerer Zeit macht sis in einigen Bezirken ein Mangel an Arbeitskräften in empfindlicher Weise geltend, ein Uebelstand, welcher bei der kurz bevorstehenden Jnangriffnahme des Kanalbäutes Dortmund—Emshäfen sh noch weiter steigern wird. Wie verlautet, beabsihtigen die Zehen, um ih einen festen Stamm von Arbeitern zu sihern, eine mee Lohnerhöhung unter ent- prechenden Bedingungen eintreten zu lassen. Eine Verpflichtung dec rbeiter auf längere Zeit, wie solhe von den Eisenwerken beabsichtigt “wird, dürfte nah den bestehenden berggeseplihen O welche eine gegenseitige vierzehntägige Kündigung vorschreiben, beim Kohlenbergkau nicht angängig sein. Bei der gegenwärtigen günstigen Lage des Kohlengewerbes wäre es gewiß zu be- dauern," wenn dasselbe durch | einen - größeren Arbeitermangel ungünstig beeinflußt würde. Was den Versandt anbelangt, so nada derselbe auf den Eisenbahnen seinen “inden Verlauf und: erfuhr

namentlich nach Thüringen und Süddeutschland eine merkli Steigerung. Der Kohlenverkehr auf dem Rhein dagegen war durch Treibeis eine Zeit lang unterbrochen; in Folde dessen haben \ih die Kohlenmagazine in den Rheinhäfen gefüllt, Cine weitere Steigerung des Kohlenverkehrs dürfte, sofern niht kältere Witterung eintritt, so bald nicht zu erwarten sein, ebénso wen als zur Zeit Grand zur - Befürchtung eines Rückganges desselben vorliegt.

London, 15. Januar. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizens- ladungen angeboten. : i

Manchester, 15. Januar. (W.T. B.) 12r Water Taylor 7, 30r Water Taylor 9, 20r Wäter Leigh 8, 30r Water Clayton S4, i 32r Mock Brooke 84, 40r Mayoll 9, 40r Medio Wilkinson 10, 32r Warpcops Lees 84, 36r Warpcops Rowland 85, 40r Double Weston 9#§, 60r Double courante Qualität 123, 32° 116 yds 16 ck16 grey Printers aus 32r/46 169. Anziehend. A O

ntwerpen, 15. Januar. E T. B.) Wollauktion.

Angeboten waren 1212 Ballen La Plata-Wollen, 2500 B. australishe,