1889 / 30 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 01 Feb 1889 18:00:01 GMT) scan diff

, t. für den Verkauf von Ländereien hinzugefügt, fok f derselbe nunmehr auf über 600000 P gei G . Ungeachtet der bedeutenden militärischen Ausçaben

während des 1888 hat die Regierung die Verwaltungs- ai ren innerhalb der Las der Londoner Konvention H

dur spätere Erlaffe festg :

heil an dem Uebershuß während 1888 oder in den vorher- enden en (welchèr Uéeberschuß fich auf 160 000 Pfd. [ nit vermehrt. Diese Summe im Staatsschaßz bildet, art mil den 600 000 . egypt. im Reservefonds der esammtreserve von 760 000 Pfd.

esehten Summe gehalten und ihren

gep S egypt

lden-Tilgungskasse, eine

Zeitungsstimmen.

Die „Leipziger Zeitung“ schreibt:

Ganz Europa steht unter dem ershütternden Eindruck der Trauer- botshaft aus Wien. Kronprinz Rudolph, der vielversprehende, hoch- begabte Erbe der E En Monarcbie, ift nicht mehr. Jn der Blüthe der Jahre hat ihn der unerbittlihe Tod dahingerafft, so ras, so plößlih, so vnvorbereitet, daß au die Kältesten ihre tiefe Erschütterung nicht zu verbergen vermögen. i

Schwer gebeugt. stehen die Völkex Oesterreih-Ungarns an der Bahre des Todten, an dessen Leben sie so große Hoffnungen geknüpft hatten. Ein lauter \{chmerzlicher Klageruf durhtönt das ganze Reich vcn einem Ende kis zum anderer, und wenn Etwas nächst der gött- lihen Hülfe den heißen brennenden Schmerz der s{chwer geprüften Kaiserlichen Eltern, der bart betroffenen Gemahlin um den Früh- verblienen zu lindern vermag, fo muß es der Hinblick auf die feste, unerschÜütterlihe Anhänglichkeit an die Dynastie sein, welche sich noch nie in trübin wie frohen Zeiten verleugnet hat und auch bci diesem tieftraurigen Anlaß sich in so erhebender Weise bekundet.

Vergessen sind alle Streitigkeiten und rationalen Cifersüchteleien, der laute Kampf der Parteien, welcher noch eben die Straßen und Gassen mit lärmendem Getose erfüllt hat, ist wie mit Zauberhand verstummt; in diesem Augenblick, da bekannt wird, wel vernihtender Sälag den edlen Fürstensproß aus Habsburgs Herrscherstamm ge- troffen, beherrscht nur ein Gedanke, ein Gefühl alle Stämme des Reichs, fühlt sh Ieder, gleihviel ob Magyare oder Czeche oder Deutscher, vur als Desterreicher, als lebendiges Glied jenes großen von den Ufern der Adria bis zu den Karpathen reihenden Gemein- wesens, welhes dem Sturm der Jahrhunderte getroßt hat, weil es ih durch alle Wirrnisse und Nöthe den Glauben an sein Herrscher- haus, den lebendigen monarchishen Staat8gedanken zu bewahren wußte.

Kronprinz Rudolph war dur seine ganze geistige BLeranlagung fo recht geschaffen, diese einigende Kraft, welche der Dynaslie in Oesterreih-Ungarn beiwohnt, zu stärken und zu beleben Seine Neigungen und Fähigkeiten erstreckten sich auf die verschiedensten Lebensgebiete. Er war Militär und dabei eisriger und thüätiger Jünger der Wissenschaft und Kunst. Er beher:\chte das Polnische und Magyarische so gut wie das Deutsche. Ueberall, wo cs çgemein- nüßige Bestrebungen zu fördern galt, konnte man auf scine Mit- wirkung mit Sicherheit rechnen. Unvergessen wird der hervorragende A::theil bleiben, welchen er an der Herausgabe des großen tulturellen Werkes „Die österreihish-ungarishe Monarchie in Wort und Bild“ genommen hat.

Alle nationalen Vorurtheile blieben ihm so fern wie jedwede politische Faktions\uht. In der Einleitung zu dem oben genannten Werk, die Kronprinz Rudolph selbst Mea hat, heißt es zum Schluß: „Die literarisœen und künstlerishen Kreise aller Völker dieser Monarwie haben si zu gemein}amer Arbeit vereinigt, und dem In- und Aus- lande soll dieses Werk zeigen, welhe reite Summe an geistiger Kraft wir in allen Ländern und Völkern besißen, und wie sie sih alle ver- einigt haben zu einer \{chöônen Schöpfung, dic dem Selbst- und Macht- gefühle der allgemeinen Vaterlandsliebe dienen soll.“ j

So sutte er alle Volkskräfte in den Dienst für das gemeinsame Naterland zu stellen, dem er sich selber mit seltener Treue geweiht batte, Kein Wünder, wenn er überall im Westen wie im Osten, bei ten Ungarn wie bei den Deutschen sih derselben Beliebtheit erfreute, wenn alie Völker zu ihm mit dersclben dankbaren Verehrung und

mat, * ungari\{e Monarchie

Begeisterung emporblickten und von seiner Regierung Glück und Scgen erwarteten.

¡So ist es keine bloße Redentart, wenn man sagt: Blühende Hoffnungen, eine reie Zukunft sinken mit dem habsburgischen Fürsten- sohne ins Grab. Au wir Deutscke außerhalb der s{chwarzgelben Grezuione haben allen Anlaß, seinen frühen jähen Tod aufrichtig zu betrauern. Nicht bloß, weil er der einzige Sohn des Herrschers geweséèn, mit dem uns die innigsten Bande det Freundschaft verbinden, und dessen liebste und theuerste Hoffnungen nunmehr zu Grabe ge- tragen find, sondern au, weil Alles an dem heimgegangenen Prinzen zu der frohen Hoffnung berecktigte, daß derselbe dereinst als Herrscher in denselben politischen Bahnen gewandelt haben würde, welche sein edlex Vater in klarer Erkenntniß dessen, was den Völkern Europas heute zumeist Noth thue, eingeschlagen hat.

Das deutsch-österreihis(e Bün G würde, wir dürfen es mit Zuversicht behaupten, an dem Kaiser Rudolph, wenn ihm Gott das Leben erhalten, denselben mächtigen Förderer vnd Schirmherrn ge- wonnen haben, den es heute an dem Kaiser Franz Joseph besißt ; dasür bürgt, von allèm Anderen abgesehen, auch die warme brüder- liche Zuneigung, welche er zu unserem Kaiser Wilhelm hegte, und die diesen zu einem häufig und stets gern gesehenen Gast in der Kaiser- lichen Hosqura zu Wien matte.

Alle dem ist nun dur die gestrige Trauerkunde ein Ende ge- Aber welche Folgen immer daraus für die österreichisch- 1 erwahsen mögen und wie lanze auch der Schmerz darüber in den Gemüthern haften bleiben mag, an der heutigen Gesammtlage Europas wird auch dieser Schicksalsshlag vor- auésihilich nichts Wesentlihes zu ändern vermögen. ODesterreih- Ungarn uvd Deutschland werden fortfahren, gemeinsam den Frieden zu shirmen, wie cs die Interessen dieser Under verlangen, und der

emeinsame Schmerz um den heimgegangenen Prinzen wird die reund\chaft, welche sie umschlingt, nur noch enger ketten.

Die „Magdeburgische Zeitung“ bemerkt:

__Die Entscheidung über die ostafrikanische Vorlage ift erfolgt. Die Mehrheit, mit welcher dieselbe zur Annahme gílangte, ist geradezu überwältigend. Nur die Sozialdemokraten und die Freisinnigen, und auch diefe leßteren nicht einmal geschlossen, haben Widerspru er- hoben. Wie eine reizende Episode in einem guten Lustspiel nahm es sih aus, als nah der von düsteren Vorahnungen erfüllten Rede Richter's sich zwei seiner näheren Freunde erhoben, um mit der Mehr- beit für eine Vorlage zu stimmen, die nach den Versicherungen ihres Parteiführers das Vaterland in verhängnißvolle Bahnen hinein- zutreiben béstimmt ist. Die Mehrheit unseres Volks wird gewi nit weniger ruhig jene Kassandrarufe hingenommen haben; sie ist seit Jahrzehnten daran gewöhnt, daß noch jeder S(ritt nah vorwärts von dem Widerspruch und Wehgeschrei derselben Seite begleitet war. Vnd sie wird in dieser Gelassenheit gewiß nit gestört werden durch die große Rede, mit der Herr Richter am Schluß der Verhandlungen die Grünte für tie Vorlage, wie foloniale Unternehmungen überhaupt kritish zu vernichten bemüht gewesen ift

Jn der „Hallishen Zeitung“ lesen wir:

Daß das Jahr 1888 sür * den internationalen wie deutschen G'etreidehandel cin schr bewegtes gewesen ist, wurde in gebührender Weise bereits hervorgehoben. Daësselbe unterschied fih von den früheren Jahren namentlich taturch, daß auf Grund geringer bezw. unbesriedigender Ernten in einer großen Zahl von Produktionéländern diesmal die „Nachfrage“ nach Getreide das Charakteristikum des Getreidehandels bildete, während früher Jahre lang das „Angebot“ den Grundzug des Handels in Brotfrüchten dargestelt hatte. Die Boie war, daß dem chemaligen Rückgange der Getreidepreise im Jahre 1888 endlich wieder eine Steigerung folgte, welhe- in Deutsch- land dur die Crhöhung der Getreidezölle in entsprechender Weise unterstüßt wurde. Unsere Landwirthschaft konnte in Folge dessen wieder e1was aufathmen, obwohl sie au heute noch niht auf Rosen gebettet ist, wie leider noch oft genug si herausstellt.

Die Folge des schr verschiedenartigen, wenn au vorherrschend ungünstigen Ausfalls der Ernte in den einzelnen Ländern war ein außerordentli reger Versandt von Getreide aus den Produktions- nah den Bedarféländern, sodaß sih während des leßten Jahresdrittels 1888, wie E, Meyer in seinem Jahrebberiht über den Getreide-, Oel- und Spiritushandel auch treffend hervorhebt, beständig ungefähr eine Viertelmillion Tonnen mehr für Europa auf den Meeren befand als gleichzeitig im Vorjahre.

Einen überaus lebhaften Antheil an dem Getreideversandt hat Rußland genommen, welches eine sehr günstige Ernte aufzuweisen hatte und demna berufen war, den europäischen Ländern den ihnen fehlenden Bedarf an Getreide, Deutschland vornehmlich Roggen zuzuführen. Rußlands Getreideausfuhr hat denn auch 1888 wieder erheblih zugenommen ; sein Weizenexport steigerte ch von 118,6 Mill. Pud 1887 auf 183,9 Mill. 1888 und der Roggenabsaß in derselben.

eit von 72,7 auf 99,5 Mill. Pud. Wenn man nun bedenkt, daß: m Jahre 1887 in Folge der Zollerhöhung sehr große Quantitäten von Getreide, namentlich n nah dem deutschen Zollgebiet aus Rußland eingeführt wurden, so ist es gewiß bezeihnend, daß diese Roggeneinfuhr im Jahre 1888 derjenigen des Vorjahres nur wenig nagab; blieb auch die deutshe Weizeneinfuhr aus Rußland etwas binter derjenigen des Vorjahres zurück, so wurde dafür wieder desto. mehr aus Oesterreih-Ungarn importirt. Die betreffenden Verhältnisse: stellten sich nämlich wie Blat: / Einfuhr in den ersten 11 Monaten 1887 1888 1887 1888 Roggen Weizen aus Doppel-Centner Rußland. . 3762606 3694455 2064585 1306155 Oesterreih . . , 50720 88 809 996565 1058249

Nahm nun die direkte Weizen- und Roggeneinfuhr Deutschlands aus den Vereinigten Staaten von Amerika erheblich ab, so sei her- vorgehoben, daß auh über Bremen und Hamburg die Weizeneinfuhr in das deutsche Zollgebiet beträchtlich sank, während nah Königsberg der Import von Weizen“ und Roggen aus dem Auslande bedeutend sid; ver- mehrte. Jn den ersten 11 Monaten 1887—1888 sank nämli die Weizeneinfuhr aus Bremen . in das deutsche Zollgebiet von 116 116 auf 27 625 Doppel-Ctr. und diejenige aus Hamburg von 217 480 auf 55 522 Doppel-Ctr., während nah Königsberg der Import von Weizen aus dem Auslande (Rußland) von 87 950 auf 170928 t und der Import von Roggen ebendaher von 41 068 auf 89 061 t stieg.

Diese Angaben mögen genügen, um den Kampf unserer heimischen Produktion gegen die Einfuhr vom Auslande und zwar in erster Linie von Rußland klar zu stellen.

Kunst, Wiffenschaft und Literatur.

_Die von Brachvogel und Ransft hierselbst verlegte „Ges \chichte der Stadt Berlin“, von Oscar Schwebel, ist mit der soeben ausgegebenen 14. Lieferung zum Abschluß gekommen. Der Verfasser hat, wie er selbst betont, in seiner Darstellung das Haupt- gewicht auf die innere Geschichte Berlins, auf die Geschichte des bürgerlihen Geistes gelegt, wie sie sich im Wechsel der Zeiten eigen- artig gestaltet hat; dadurch unterscheidet sih sein Werk von allen anderen ähnlichen. Er wollte das städtische Gemeinwesen in seiner allmählichen Entwickelung schildern und glaubte deshalb das Streben und Leben der Bürgerschaft allein zum Vorwurf wählen zu müssen, um die Kenntniß und das Verständniß der Geshlehter vor uns in weiteren Kreisen zu verbreiten.

Unter dem Titel „Reichslands-Lieder" hat Hans B. Hohenfeld eine Sammlung von patriotischen Dichtungen ver- anstaltet, welche Elsaß und Lothringen und die Kämpfe für ihre Wiedergewinnung zum Vorwurf haben. Der Reingewinn des Heftchens (Pr. 80 4), welhes im Verlage von C. A. Vomhoff in Straß- burg i. E. erschienen, ist zum Besten des Kaiser Friedrih-Denkmals bei Wörth bestimmt.

Das uns zugegangene 1. Heft X. Bandes der „Mitthei- lungen der Geshicts- und Alterthumsforschenden Ge- sellschaft des Osterlandes“ (Altenburg, Druck von Oskar Boade) ist zugleih als Fest\chrift zur Feier des v0jährigen Be- stehens der Gesell®hast besttmmt. Das bs enthält die von Dr. F. und dem verstorbenen Dr. Max Löbe aus den Archiven zusammengestellten Anualen der Stadt Altenburg, beginnend mit dem Jahre 980 und endcnd mit dem Jahre 1496. Kirchenrath Dr. Löbe hat sodann aus alten Rechnungen, wie \solche von landes- herrlihen und. stadträthlihen Behörden geführt worden und noch erhalten find, man(herlei biographish und fkulturgeschibtlich Inter- effsantes für Stadt- und Landesgeschichte ausgezogen.

(Theater, Musik und Mannigfaltiges befinden sich in der Zweiten Beilage.) ;

C S I C

Wetterbericht vom 1. Februar 1889 8 Uhr Morgens.

haus. Wetter.

Stationen. Wind.

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeres\p. red. in Millim Temperatur in 9 Celfius 50C. = 40 R.

bededckt bedeckt Regen wolkenlos beiter bedect wolkig Shnee

bedeckt Regen wolkig woltig bedecki1) bedeckt2) Regens) bedeckt4) bededckt Regen bedeckt bedectt§) wolkig®) wolkig?) bedeckt Regen

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Mullagémore SW Aberdcen ..| 747 S Christiansund | 743 |SW Kopenhagen . |- 743 |NNW Stocktholm .| 737 |\NW Haparanda . | 734 |NO St Petersburg) 733 |SSO Moskau . …. | 741 |SO

Cork, Queens-

town . ..| 756 Cherbourg . | 760 Helder. . .. | 755 Sylt .…...| 748 Hamburg ee RAO Swinemünde | 743 Neufahrwasser| 732 Memel ... |_ 731 Münster. .. | 755 Karlsruhe . . | 760 Wiesbäden . | 757 München .. | 758 Chemnitz .. | 751 Berlin ... | 746 Wien .… .. | 750 Breslau . .. | 742

Triest .… .. | 760

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1) Geftern Abend starker Regen und stürmisch. DagN 2) Nachts stürmisch und Regen. ?) Nachts Regen. 4) Nachts Schnee. 5) Nachts Regen. #*) Nactts \türmi\{h und Regen. ?) Abends und Nah18 Sturm und Regen.

Uebersicht der Witterung.

Vegkeitet von stürmifhen rechtsdrehenden Winden im deutschen Küstengebiet, ist ein tiefes Minimum

wiederholt :

Klaus.

Westrußland fortgeschritten, ein neues Minimum nabt nordwestlich von Schottland. Ueber Deutsch- land wehen noch vielfach stürmische südwestlide bis nördlihe Winde bei warmer, veränderlicher Witte- rung mit Regenfällen; die Temperatur liegt 3 bis 10¿ d über der normalen. În fast ganz Nord-

und Mittel-Europa sind Niederschläge gefallen. Deutsche Seewarte.

Voß. Hof-Theater.)

Theater - Anzeigen.

| Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern-

31. Vorstellung. Dou Juan. 2 Akten mit Tanz von Mozart. Anfang 7 Uhr.

Scauspielhäus. 33. Vorstellung. Zum 1 Male: Waeltuntergang. h Paul Heyse. In Scene geseßt vom Direktor Anno;

Beseßung: Dr. Cornelius, ein Arzt, Hr. Kahle. | N Gotthold Osiander, lutherischer Pfarrer, Hr. Reicher. | Kopf. Der katholische Stadtpfarrer, Hr. Sauer. Osiander's Sohn, Osiander's Schwester, Wittwe, Fr. Scebach. Amrey, ihre Tochter, Fr. v. Hochenburger. Leuthold. Cornet, verabschiedet, Hr. Keßler. des E Hr. Link.

„silbernen Hecht“, Hr. Vollmer. rentia, Schenkwirthin zur „goldenen Kanne“, C Grant. Kahle. Frieder, ihr kleiner Kellner, Frl. Hod. : alter Bauer, Bn Plaschke.

er Gelbgießer, Hr. Krause. Der Hr. Hellmuth-Bräm. Bornemann, Ein junger Bürger, Hr. Hartmann. Bârbe, eine alte blinde Bettlerin, Frl. Bergmann. Lisbeth, ihr Enkelkind, H Trepplin. dritter Bürger, Hr. Berthold, Hr. Winter, Hr. Be- Grste, zweite, Anders, Frl. Golmid, Frl. Abih, Eine Hölerin, c. Ein Steinmeßgeselle, Hr. Dehnidke. | ¿Um 98. Male Srster, zweiter, dritter Schulknabe, Frl, Kierschner,_ Sculmädchen, Frl. Pfaffenberg, E. Lippold.

Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 32. Vorstellung. Mar- Oper in d Akten von Gounod. Dichtung von Jules Barbier und M. Carré nah Ballet von P. Taglioni. Schauspielhaus. Weltuntergang.

Frl. Zademadck.

5 Atten von Paul Heyse. Deutsches Theater.

Sonntag: König Heinrich der Vierte. Montag: König Heinrich der Vierte. um 3. Male: Der

von Nords\chottland ostwärts über Südschweden nah o L Sas mb am Tis ben

9. Februar, statt.

Berliner Theater. Sonnabend: Demetrins,

Sonntag: Cornelius Voß. Montag: Minna von Barnhelm.

Tessing-Theater. Sonnabend: Zum 1. Male: | Leuchtkugelu. Alexandra. Schauspiel in 4 Akten von Richard | Mannstädt. (Alexandra: Clara Heese, vom Münchener | 74 Uh

Sonntag: Alexandra. Montag: 4 Akten von Paul Heyse.

Oper in | Anfang 7 Usr.

eumann. Vorher :

Florian,

Hr. Purschian. _ Frau Sabine, | 74 Ubr. Judith, Amrey's é Rodi, sGmedisher| Aegidius, Sohn Tobias, Schenkwirth Frau Lau- | Zum 118, Male:

Der dritte Kopf.

in 12 Bildern von

Der Steinmetz, Hr. | Musik von C. A. Raida.

Der Lehrer, Hr. | Kapitän Grant. In Vorbereitung: Erster, zweiter,

dritte Bürgersfrau, Fr.

rl. Conrad, Mikado, oder: Ein Tag in

von A. Sulivan. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Der Mikado.

; Anfang 7 Uhr.

34. Mp euung, am 1. Male | Wallner. Vorher: o

Anfang 7 Uhr. Brandt.

Doctor

Anfang 73 Uhr.

Sonnabend ;

spiel der Münchener, unter bayerishen Hofschauspielers Hrn.

Wider-

Hans Neuert. Musik von F. W. 74 Uhr

Herrgottschnitzer.

Musik von

Prinzessin Sascha.

Wallner=-Theater. Sonnabend: Zum 115. M. :

Volksschaufpiel in d Akten von | Madame Bouivard. Schwank in 3 Akten von Alex BVissoa und Antonie Mars. Deuts von Emil Zum 115. Male: Der dritte | i Pofse in 1 Akt. Mit theilweiser Benußung einer engliswen Jdee von Franz Wallner.

Sonntag und folgende Tage: Madame Boni-

Pictoria-Theater. Sonnabend: Halbe Preise.

Die Kinder des Kapitäu Ausstattungsstück mit großem Ballet in

"Ennery und Jules Anfang 7 Uhr. Sonntag und folgende Tage: Die Kinder des

l Germania. stattungsstück von Ernst Scherenberg.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Sonnabend: Mit neuer glänzender Ausstattung, (in E Curate)e Der

pu. Erstes, zweites | Operette in 2 Akten von W. S. Gilbert.

g | Residenz-Theater. Sonnabend u. folgende Tage: | Eine Goethe's | Nervöse Frauen. Lustspiel in 3 Akten von Ernest

Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: 10.Gast- Leitun

Herrgottschnizer von

mmergau. Oberbayerisches Volksstück mit Gesan und Tanz in 4 Aufzügen von Budwig as

*Sonntag: 11. Gastspiel der Münchener.

Central-Theater. Sonnabend: Zum41. Male:

Gesangsposse in 4 Akten von W. „Steffens.

x. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72. Sonnabend: Zum 10. Male: Die junge Garde. Gesangsposse in 4 Akten von Ed. Jacobson und Leop. Ely. Die Gesangstexte theilweise von Gust. Görß. Musik von Fr. Roth. Anfang 73 Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Lustspiel in

Concert-Haus, Leipzigeritr. 48 (früher Bilse).

Sonnabend, Abends 7 Uhr: IV. Componisten-Abend unter gütiger Mitwirkung des dänischen Componisten Herrn Emil Hartmann aus Kopenhagen, Concert des Kapellmeisters Hrn. Karl Mexder mit seinem aus 75 Künstlern (12 Solisten) bestehenden Orchester.

Sonntag: Gesellshaf18-Abend. Anfang 6 Uhr.

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Else Kranold mit Hrn. Prem.- Lieut. Udo von Selchow (Breslau). Frl, Emmy Ohning mit Hrn. Dr. George Carel (Berlin). Frl. Marie Becke mit Hrn. Prem,-Lieut. Paul Klatten (Jauer). Frl, Elsbeth Heyneck mit Hrn. Edmund Voigt (Magdeburg). Frl. Mar- garethe Seeliger mit Hrn. Fabrikbesißer Oskar Küttner (Giersdorf—Bunzlau). Frl. Alma Seringhaus mit Hrn. August Lohmann (Rheydt— Düsseldorf). Frl. Bertha Neuberg mit Hrn. Karl Ranschoff (Hannover— Magdeburg).

Verehelicht: Hr. Karl Wahlen mit Frl. Dora Tillmann (Köln).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Dr. med. Chr. Dormagen (Köln). Hrn. Wilhelm Priem (Magdeburg). Hrn. Major Vogt (Berlin).

ine Tochter: Hrn. Max Bohnstedt S: rn, Adolf Korytowski (Berlin). Hrn. General-

Anfang

Verne.

Großes Aus-

Burleske Musik

Blum und Raoul S D von Franz Miaior von Stülpnagel (Brandenburg a. H.). En oir. ge AIBIEE in | Scherz in 1 Aufzuge von Franz Wallner und Th.

Dramaátischer rn. Lieut. Baath (Trier), Hrn. Dr. Severin

Brackwede). Hrn. Kreis-Wundarzt Dr. Bey (S(hönau a. Kahbach). Heinri, geb. Daege

Gestorben: eau Bet i E Frl. Elise Rode (Swinemünde). r.

Georg Ludwi oppelbaum (Rinteln).

E P Friederike Ofterrobk, geb. Cremat (Stral- s und). Frl. D. Huthmann (Linden). Hr. Rechnungsrath Eugen Leyke arie (Qa Frau

Ganghofer und | Anna Maria Siebold, geb. Varela (Hannover). restele. Anfang

Der Redacteur: J. V.: Siemenroth.

Berlin: Verlag der Expedition (S{olz).

Druck der Norddeutschen BuGdrukerei und Verlags- Anstalt, Berlin §SW., Wilhelmstraße Nr. 32,

Sieben Beilagen (einschließli@ Börsen-Beilage).

Anfang

Erste Beilage

4,

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

„Wi 30,

Nichkamlílicßes.

Preußen. Berlin, 1. Februar. Jm weiteren Verlauf der gestrigen (31.) Sißung des Reichstages bemerkte bei der ersten Berathung des von den Abgg. Lieber und Hiße eingebrachten Geseßentwurfs, betreffend Aenderung und Ergänzung der Gewerbeordnung (Sonntags- arbeit), der stellvertretende Bevollmächtigte, Geheime Dber- Regierungs-Rath Lohmann: Die Gründe, welche die ver- bündeten Deren veranlaßt hätten, dem vom Reichstage in der vorigen Session beschlossenen Geseßentwurf ihre Fus stimmung nicht zu ertheilen, seien diese: Die verbündeten Re- S hätten aus den angestellten Erhebungen nicht die

eberzeugung gewinnen können, daß die Sonntagsarbeit bei uns ein Maß erreicht habe, welches ein Einschreiten der Reichsgeseßgebung als ein dringendes Bedürfniß er- cheinen lasse, Namentli*ß gäben diese Erhebungen keinen Anhalt für die Annahme, daß die Sonntagsatbeit im Steigen begriffen sei. Die Regelung der Sonntags- arbeit, welhe unter keinen Umständen aur ein völliges Verbot hinausführen könnte, könne in befriedigender Weise nicht durch allgemeine für alle verschiedenen Gewerbszweige gleihmäßig geltende Vorschriften erfolgen. Das habe au der Reichstag dur die Gestalt, welhe er seinem Beschlusse gegeben habe, anerkannt. Der Gesetzentwurf enthalte im Wesentlichen nur die Grundzüge, so zu sagen den Rahmen, dessen Ausführung in den wihtigsten Punkten er dem Bundesrath überlassen habe. Diese Aufgabe glaube aber der Bundesrath nit über- E zu können, weil bei der Frage, inwieweit tehnische und wirthschastlihe Verhältnisse die Zulassung von Sonntags- arbeit nöthig machten, eine Fülle von Verhältnissen in Betracht komme, welche niht nur für die verschiedenen Erwerbszweige, sondern auch innerhalb derselben Erwerbszweige in den ver- schiedenen Gegenden des Reichs eine verschiedene Behandlung erfordern würde. Hur ausreichenden Feststellung dieser Ver- hältnisse genügten die Ergebnisse der gemachten Erhebungen troy ihres großen Umfanges nicht. Eine Ergänzung derselben dur eine Reihe von besonderen Untersuhungen würde man niht mit der Hoffnung einleiten können, eine Grundlage für die Vorschriften zu gewinnen, welhe allgemein für alle Er- werbszweige und namentlich für alle verschiedenen Gegenden des Reichs den thatsächlihen Bedürfnissen genügen würden. Jede Regelung aber, welche diesen Bedürsnissen nicht entspreche, würde die Gefahr in sich schließen, niht nur die Existenz- bedingungen einzelner Jndustriezweige, sei es im ganzen Rei, sei es in einzelnen Gegenden, zu erschüttern, sondern würde au für weite Kreise der Arbeiter eine Schädigung ihres bis- herigen Erwerbslebens bewirken. Diese Gefahr herbeizuführen, könnten sih die verbündeten Regierungen nicht entschließen. Sie ‘hätten daher dem beschlossenen Gesegentwurf um so weniger ihre Zustimmung ertheilen können, als die Gesezgebung der verschiedenen Bundesstaaten ausreichende Handhaben gebe, den vorhandenen Auswüchsen der Sonntags- arbeit entgegenzutreten. Die verbündeten Regierungen glaubten daher, die weitere Durhführung der Sonntagsruhe, soweit sie niht durch die Sitte Ea rt werde, der- landesgeseßlichen und örtlichen Regelung überlassen zu können, welche ungleich besser als eine allgemeine, von Reichswegen erfolgende Rege- lung im Stande sein werde, die Gefahren zu vermeiden, welche mit einem zu weit gehenden Verbot der Sonntagzsarbeit es die Jndustrie und das Erwerbsleben der Arbeiter unverkennbar verbunden sein würden. Die verbündeten Regierungen seien keineswegs Gegner einer ausgiebigen Sonntagsruhe und -Heiligung. Jm Gegentheil, sie freuten sih jedes Fortschritts, welcher auf diesem Gebiet erzielt werde. Sie könnten sih aber nit entschließen, der Einführung eines Zwanges zuzustimmen, welcher zu den angedeuteten Konsequenzen führen würde.

Abg. Kalle: Er A au über diesen Antrag nur eine kurze Erklärung im Namen der Mehrheit seinex politischen Freunde abzugeben. Sie hätten gegen einzelne Bestimmungen dieses Geseßentwurfs, insbesondere gegen die Heranziehung der handwerksmäßigen Betriebe, noch dieselben Bedenken, wie im vorigen Jahre. Sie verzichteten aber darauf, diese Be- denken zu detailliren. Er konftatire, daß vom Bundesraths- tish nihts gesagt worden sei, was nicht bereits früher gesagt gewesen sei. Er wiederhole deshalb einfach die Erklärung, daß die Nationalliberalen wie im vorigen Jahre, so auch in diesem, den Gesetzentwurf acceptiren würden.

Abg. Schrader: Die Erklärung der verbündeten Regie- rungen müsse allerdings, wenn sie aufrecht erhalten werde, jede Hoffnung rauben, daß aus den Berathungen des Hauses ein Gesetz hervorgehen werde. Man könne deshalb auf eine Detailberathung des Geseßentwurfs verzihten und nur durch \{leunige Beschlußfassung der Ueberzeugung einen möglichst prägnanten Ausdruck geben. Wenn auf irgend einem Gebiet der Bundesrath die Verantwortung und Meinung des Reichs- tages für eine entsheidendere halten könnte als seine eigene, so sei es in dieser Frage. Niemand werde vèrkennen, welche hohe Einsicht dem Bundesrath als hoher politisher Be-

hörde beiwohne, und daß die Entscheidung, welche soeben )

mitgetheilt worden sei, getroffen sei nah reifliher Erwägung. Aber diese Erwägungen beruhten auf Berichten anderer Per- sonen. Jm Bundesrath säßen wenige Personen, welche über- haupt aus eigener Anschauung mit den Verhältnissen vertraut seien, welche bei der Sonntagsruhe in Betracht kämen, wäh- rend hier alle Diejenigen vereinigt seien, welche si ein eigenes Urtheil in dieser Frage zutrauen könnten. Man habe hier [rbeitgeber aus allen Jndustrien, großen und kleinen, die ländlihe Jndustrie sei vertreten, das Groß- und Kleingewerbe, man habe im Hause eine Anzahl von Arbeitern. Manches in diesem Gesegentwurf hätte man l und geshickter machen können, wenn dem Hause diejenige ssistenz zu Theil geworden wäre, welhe man von der Reichsregierung hätte er- warten können, statt daß sie nun nahträglich ihre Bedenken geltend mache. Er wünschte, daß die Re- erun en sich jeßt noch O wenn auch nit hren Widers tus aufzugeben, den fie so feierlih mitgetheilt, 0 doch in die Berathung mit dem Hause einzutreten. Für iesen Fall würde er allerdings vorschlagen, den S einer Kommission zu überweisen. Die verbündeten Regierungen

Berlin, Freitag, den 1. Februar

möchten sich indessen versichert halten, daß ihre völlig ab- lehnende Haltung im Lande keinen guten Eindruck®" gemacht habe und machen werde. Selbst Hr. von Bennigsen habe es als eine Hauptaufgabe dieser Session bezeichnet, die Arbeiter- \chußgeseßgebung zu Stande zu bringen in richtiger Erkenntniß der Stimmung, welche nicht bloß bei den Sozialdemokraten, sondern ganz allgemein unter den Arbeitern rege geworden sei. Die Regierung sollte mit dèm Hause versuchen, ein Geseß zu Stande zu bringen, das einen guten Schritt weiter der Lösung der sozialen eor entgegenbringen könnte. :

Abg. von Kleist-Regow: So willkommen den Konservativen gerade von der linken Seite die Zustimmung zu diesem geseb- geberishen Gedanken sei, so sei doch bei der gegenwärtigen Situation s{hwerlih etwas zu ‘hoffen und deshalb bleibe dem Hause in der That nichts übrig, als einfa seine Pflicht zu thun und abzuwarten, ob nit auf der anderen Seite doch eine bessere Ueberzeugung sich Bahn breche. Er habe sich ge- wundert, daß der Bundesrath gerade diesen Gesezentwurf ver- worjen habe, bei dem es sih doch eigentlich nur um die Her- stellung einer Gottesordnung handele. Der erste und wichtigste Punkt der ganzen Arbeitershubgesezgebung sei gerade die Ruhe des siebenten Tages in der Woche, welcher die Ver- bindung mit Gott und die Vorbereitung für die übrigen Tage der Woche ermögliche. Jn dieser Sache habe der ganze Reichs- tag sih vereinigt. Jm ersten Stadium der Verhandlungen habe der Bundesrath widersprohen, weil es erst zur Orientirung einer Enquete bedürfe. Nun sei fie veranstaltet und vollständig zu Gunsten des Hauses ausgefallen, und jeßt verweise man dasselbe auf die Lande3- geseße und Polizeiverordnungen ; aber gerade die Verschieden- artigkfeit dieser Verordnungen in den einzelnen Ländern mache ja eine reihsgeseßlihe Regelung nothwendig! Gerade die Kaiser- liche November-Botschast habe dem Hause die Handhabe zu e Geseßentwurf gegeben. Es müsse der Ausbeutung und Be S des Arbeiters durch Herstellung der Sonntagsruhe nach Möglichkeit ein Riegel vorgeshoben werden. Mache man kein Reichsgeseß, so könnten in diesem oder jenem Lande Un- gleihmäßigkeiten und dadurh Schädigungen einzelner Fabri- kanten zu Tage treten. Die Regierung nehme in dieser Frage, er möchte sagen, einen manchesterlihen Standpunkt ein; fie überseche ganz, daß die Sonntagsruhe geradezu durch ein Naturgesey bedingt werde. Was sei die Folge, wenn der Sonntag nicht inne gehalten werde? Am Sonntag Abend all- gemeiner Soff und dann blauer Montag. Man werde nicht eher ein glückseliges Deutschland haben, als bis die Sonntags- ruhe allgemein durhgeführt sei. Er bitte reht dringend, noch- mals einstimmig diese Meinung zum Ausdruck zu bringen.

Abg. Harm: Die heutige Erklärung vom Bundesraths- tisch wirke wie ein kalter Wasserstrahl auf Diejenigen, die mit Hoffnungen für den Arbeiter hergekommen seien. Da der Entwurf bisher bereits in 19. Kommissionssigungen be- handelt sei, werde Neues s{wer hinzuzufügen sein. Es werfe aber ein besonderes Licht auf die vielgerühmte Arbeiter- freundlichkeit dec Regierungen und ihre Sozialreform, wenn hier die bescheidensten, elementarsten Forderungen des Arbeiters abgeshlagen würden. Daß Arbeiter, die den Sonntag frei hätten, auch den Montag „blau“ machten, komme leider vor, meistens thäten das leßtere aber gerade Diejenigen, die Sonn- tags gearbeitet hätten, und hierdurch erlitten sie dann eine Einbuße an ihrem Lohn, die sie bei Einführung einer gescß- lihen Sonntagsruhe in Folge einer Lohnsteigerung niht er- leiden würden. Wenn man sich auf die Stimmung in Arbeiterkreisen gegen die geseßlihe Sonntagsruhe berufe, hätte man diese auch in Bezug auf die Brotvertheuerung er- Es habe sich aber selbst ein großer Theil der Arbeitgeber entschieden für die Sontagsruhe aus- gesprohen, so z. B, die Mannheimer Handels- kammer. Auch gegen die Einführung der allgemeinen Schul- pfliht habe man sich mit Gründen der Konkurrenzfähigkeit der Jndustrie gewendet. Für die Sonntagsruhe aber sprächen selbst Männer wie Macaulay, der behaupte, daß England ohne die Sonntagsfeier heute ein weit ärmeres und weniger civilisirtes Land sein würde. Jeder Arbeiter vermöge in der Woche fleißiger und anhaltender zu arbeiten, wenn er Sonn- tags seine Ruhe gehabt habe, ganz abgesehen von dem moralischen Werth, wie er aus einer erweiterten Möglichkeit der Kindererziehung erhelle. Die Arbeitershußgescßgebung ergänze nur die Unfallgeseßgebung und die Alters- und Jnvalidenversicherung. uh ärztliche Autoritäten, wie Nie- meyer und Andere, sprächen si entschieden für die Sonntags- ruhe aus. Jn Fabrikdistrikten würden die jungen Leute immer zahlreicher zum Militärdienst unbrauhbar. Hier könnte do eine wirklihe Staatshülfe recht segensreih wirken, da ja eine solhe bei der ostafrikanishen Vorlage in keiner Weise als \chädlih bezeichnet worden sei. Er sei mit der Fassung des Gesezentwurfs bis auf die Bestimmung einverstanden, daß der Bundesrath ermächtigt sein solle, gewisse Gewerbe, die zur Einhaltung der Sonntagsruhe verpflichtet sein sollen, zu be- stimmen. Hier wären an Stelle des Bundesraths technisch gebildete Jastanzen am Plaß.

Abg. Nobbe: Er freue si, daß die Parteifreunde des Vorredners jeßt für den Entwurf stimmen würden, während im vergangenen Jahre das Wort „thunlichst“ sie veranlaßt habe, dagegen zu stimmen. Die Alters- und Jnvalidenversor- gung wie die Unfallgeseßgebung machten keineswegs den weiteren Ausbau dieser Gejeßgebung unnöthig. So habe seine Zu auch einer Vermehrung der Fabrikinspektoren zuge- timmt, weil sie auch eine gewisse Ueberwachung der Haus- industrie für nothwendig erahtete. Seine Partei bezeihne die Sonntagsruhe als den Grundpfeiler der Gesittung, der sozialen Ordnung und des sozialen Friedens; sie sei nicht allein von allen religiösen Sekten, sondern auch von allen Volkswirthen für nothwendig erachtet worden. Wenn er auch allen Konsequenzen des englishen Sonntags nicht beistimmen könne, so halte er andererseits ihn niht nur aus materiellen, sondern auch aus ethishen Gründen für erforderlih. Da eine Sonntagsruhe {hon in vielen Bezirken bestehe, so würde dur die Vorlage nur eine Divergenz in den einzelnen Landestheilen "grniat werden. Es empfehle sich {hon vom wirthschastlihen Stan punkt, daß die ganze Jndustrie gleihmäßig gestellt werde und

forshen sollen.

1889,

die Enquete habe keinen Beweis erbraht, daß die großen Grundlinien, welhe die Anträge entwürfen, für das ganze Reich shädlih wirken würden. Wenn der vorliegende Entwurf auch vollständig geseßesreif sei, würde es ihm doch lieber sein, wenn die Regierung Veranlassung nehmen wollte, ihrerseits eine Vorlage zu machen. Er lege aber Werth darauf, daß heute das ganze Haus seiner Anschauung dahin Ausdru gebe, daß es eine Verschleppung dieser Gesebgeuung, die auch aus politishen Gründen wünschenswerth sei, beklage.

Abg. Schmidt-Elberfeld: Die Enquete über die Sonntags- ruhe sei nur ein Theilergebniß, weil bedeutende Bezirke, wie der Regierungsbezirk Düsseldorf, nicht vertreten seien. Auch die Art und eise, wie man bei uns Enqueten mache, sei durchaus anfehtbar. Man sollte sie, wie in England, durch protofollarishe Vernehmungen von Unternehmern und Ar- beitern zu Stande bringen, nicht durch niedere oder höhere Verwaltungsbehörden. Auch schienen ihm vorhandene Miß- stände in der Enquete übertüncht zu sein; aber dennoch hätten sih zwei Drittel der Unternehmer für eine geseßliche Regelung der Sonntagsruhe ausgesprohen. Er fürhte auch, daß der Bundesrath die in dem Entwurf ihm überwiesenen Be- stimm"ngen niht werde ausführen können. Ein Lohn- rüdckgan : könnte nur dann eintreten, wenn wirklich eme Minder -cistung des Arbeiters vorläge; es werde aber mit der vermeh1 -n Arbeitsgelegenheit auch nothwendig eine Steigerung des Loh s eintreten. Auch sei bekannt, daß die englischen Arbeiter weit leistungsfähiger seien als die französischen. Eine frühzeiti;, Abnußung der Kräfte und eine geringere Leiftungs- fähigkeit der gar Siehthum seien überall die Folge einer über- großen Anstrengung. Jn den Bezirken, wo die Sonntags- arbeit üblich sei, sei auch die Zahl der Krankheiten und Un- glüdefälle weit größer. Die Gesundheit sei aber ein weit größeres Kapital, als der geringe Lohnverlust bei einer 4A lichen Sonntagsruhe betragen würde. Er hoffe also, daß der Reichstag die Sonntagsarbeit so weit als irgend möglich beschränke. : , E

Abg. Dr. Windthorst: Daß alle Parteien völlig ein- verstanden mit diesem Antrage seien, müsse doch für die Regie- rung {wer ins Gewicht fallen. Die Regierung erkenne das Bedürfniß zur Beschränkung der Sonntagsarbeit nicht an, aber diesem einmüthigen Zeugniß des Reichstages gegenüber sollte sih die Regierung die Sache nohmals überlegen. Deu Einzelstaaten könne die Sache niht überlassen werden, denn die Gewerbeordnung gelte für das ganze Reih. Der Einwand der Verminderung der Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Auslande bleibe auch bei einer Regelung durch die Einzelstaaten bestehen, ja könnte noch auf die Hon rang S der Einzel- staaten unter einander ausgedehnt werden. Die Angelegenheit müsse international geregelt werden. Auch auswärtige Regie- rungen machten {hon Anstrengungen in dieser Beziehung; die Schweiz sei damit vorangegangen, reihe man alo dieser die Hand. Die Sonntagsheiligung sei ein Gebot Gottes. Sei der Sonntag bisher niht genügend geheiligt worden, müsse man die Hindetnisse beseitigen. Unser Beispiel würde maß- gebend in der Welt sein.

Die Diskussion wird geschlossen.

Im Scchlußwort bemerkte der Abg. Stößel: Seit Langem ertöône der Nothruf des Arbeiters nah Schuß, und das Haus komme in Folge der Stellung des Bundesraths nicht weiter. Der Zustand der Arbeiterfamilien sei niht mehr menschen- würdig, wenn der Familienvater niht nur während der ganzen Woche, sondern auch des Sonntags seiner Familie fern ge- R werde. Die Bedenken gegen den Antrag seien alle ängst widerlegt. Mit dem früheren Antrag auf Vermehrun der Fabrikinspektoren habe die Regierung das Centrum au an die Einzelstaaten gewiesen, es habe aber im preußischen Landtage damit s{hlechte Erfahrungen gemacht. Die Forderung entspreche der Gerechtigkeit, dem Naturgeseß und dem Gebot des höchsten S Man müsse die Geseze mit diesen drei S in Einklang bringen. i

a ein Antrag au aa nicht gestellt st, wird die zweite Lesung im Plenum stattfinden.

Es folgt nun die erste Berathung des von den Abgg. Schumacher und Singer eingebrahten Gesezentwurfs über die Abänderung des Zolltarifgeseßes (Auf- hebung der Getreidezölle). |

Abg. Bebel: Der eben behandelte Gegenstand betreffe die Verbesserung der Lage des Arbeiters in moralischer Beziehung. Der Antrag sei für die materielle Lage desselben von der größten Wichtigkeit. Durh das Zolltarifgeseß wie dur andere Gesetze sei die Lage des Arbeiters seit 10 Jahren ver- schlehtert. Jn der gegnerischen Presse bezeichne man diesen Antrag als ledigli agitatorish. Das alterire seine Partei nicht, die Thätigkeit der Sozialdemokraten hier im Hause sei überhaupt wesentli eine agitatorishe. Mit dem eben behandelten Gegenstande wollten die Antragsteller ja auch nur für ihre Jdeen nah Außen hin Propaganda machen. Die Agitation sei ja gerade von den Herren auf der Rechten aus- gegangen, welche die Getreidezölle gee hätten, und sie wirkten damit nur zu Gunsten einer Minderheit, während die Sozialdemokraten mit ihrem Antrage für die große mittellose Masse der Bevölkerung wirken wollten. Durh die Ver- handlungen des Jahres 1887 sei unser Getreidezoll der höchste in ganz Europa geworden ; es sei hon damals klar gewesen, daß einmal die Zeit der Beseitigung dieses Zolles kommen würde. Hr. von Bennigsen habe es im Jahre 1879 für unmöglich gehalten, für die Dauer einen solchen Zoll einzu- führen, der eine ganz erheblihe Vertheuerung der Lebens- mittel zur Folge U würde. Ein solcher Zoll würde bei irgend. einer politishen Komplikation den Todesstoß er- halten. Dieser Zeitpunkt sei jeßt schr nahe gekommen. Daß die Zölle überhaupt auf die Preise einwirkten, könne Ange- Bote der Thatsache, daß bis in den äußersten Winkel des

eihs das Brot wesentlih theurer geworden sei, Niemand mehr bestreiten. Natürlich müßte irgend ein Umstand ein- treten, um diese Vertheuerung der Masse fühlbar zu machen. Die deutsche Zollpolitik hàbe das Glü ge abt, da erhöhung in eine Zeit gefallen sei, wo die reise der Produkte in ständigem Sinken begriffen gewesen. cht bloß von den Getreidepreisen gelte dies, sondern auch von den Petroleum-