1889 / 37 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Feb 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Erledigung der Geschäfte niht ausreichten. rner sei ihm eklagt worden, daß die Kassenbeamten während ihres Sommer- Ürlaubs für ihre Stellvertreter mit ihrer Ce Es vai müßten. Darin liege eine Härte, welche die diesen mten nothwendige Erholung während des Urlaubs beein- trähtigen müsse. :

Staatssekretär von Boetticher:

-Was die erste Bitte des Herrn Vorredners anlangt, daß eine ver-

leidende Zusammenstellung der Ergebnisse der Geschäftsthätigkeit der Reichbbank in den Jahresberichten gegeben werden möge, so bin ih sehr gern bereit, zu prüfen, ob diesem Wunsche irgendwelhe Bedenken entgegen- stehen. Ich mödte auf den ersten Blick annehmen, daß solhe Be- denken nicht entgegenstehen und daß es sich also wohl wird herstellen lassen, eine solche vergleihende Uebersi(t in der Zukunft zu geben, von der i ja anerkennen kana, daß sie ein großes Interesse besißt.

'Was sodann die Ueberbürdung der Beamten der Reichsbank an- langt, und was die Klagen betrifft, die dem Herrn Vorredner von einzelnen Beamten zugegangen sind, so sind bei dem Reichsamt des Innern respektive bei dem Herrn Reichskanzler irgend welche Klagen nab dieser Richtung bisher nit erhoben. Ich möchte glauben, daß es besser wäre, wenn die Beamten, die irgend welche berechtigte Ursache zur Unzufriedenheit haben, \ich zunächst vertrauensvoll an die vorgeseßte Behörde wenden. Das scheint mir ein rihtigerer Weg zu fein, als wie der, die Herren Abgeordneten damit zu überlaufen und bier Gegenstände zur Sprache bringen zu lassen, auf die vom Regie- rungstisch Mangels jeder Vorbereitung darauf eine Antwort nicht er- theilt werden kann.

Abg. von Strombeck hält es auch seinerseits für wünschens- werth, daß die Beamten ihre Klagen direkt aussprächen, meint aber, daß auch Anregungen aus dem Reichstage heraus Ver- anlassung zur Prüfung geben könnten.

er Titel wird bewilligt.

Die Matrikularbeiträge im Betrage von 218 648 079 M werden ohne Debatte bewilligt.

Nach den Beschlüssen der dritten Lesung stellen sich nun- mehr die Gesammtausgaben des Etats auf 946 181 699 M, davon entfallen auf die fortdauernden Ausgaben 806 425340 s, auf die einmaligen Aus- gaben des ordentlihen Etats 56232477 M und auf die einmaligen Ausgaben des außerordentlichen Etats 83523882 #4 Die Einnahmen betragen ins-

esammt 946 181 699 4/16, so daß Ausgaben und Einnahmen alanciren.

Mit diesen Ziffern wird das Etatsgesetß in seinen ein- zelnen Paragraphen und dann gegen die Stimmen der beiden anwesenden Sozialdemokraten Singer und Meister und des Dänen Sohannsen im Ganzen angenommen, desgleichen auch das Anleihegeseg.

Eine Reihe von Petitionen wird als zur Erörterung im Plenum ungeeignet erachtet.

Es folgt die erste Berathung des Gesehentwurfs, be- treffend die Geschäftssprache der gerihtlihen Be- hörden in Elsaß-Lothringen.

Abg. Johannsen: Es wäre ihm lieb, wenn das Wort des Hrn. Staatssekretärs von Boetticher: „Liebet die Brüder!“ au auf die nicht deutsch redenden Brüder Anwendung fände. Jn der Legislaturperiode 1885/86 habe sein Landsmann und

eund Junggreen dargelegt, wie ungerecht es sei, einen voll- ommenen Gebrauch der Muttersprache vor Gericht für unzu- lässig zu erklären. Das Haus habe damals seinen Gesehß- entwurf, betreffend die Gleichberehtigung der dänischen und deutshen Sprache, abgelehnt, obgleich doch jedes Volk ein Recht darauf habe, daß thm in seiner eigenen Sprache Recht gesprohen werde. Es werde, wie überall, so auch in Elsaß-Lothringen zu preußish regiert. Versuche man es doch einmal, deutsch und nicht preußisch zu regieren. Es werde dann hoffentlich besser gehen. Die Begründung des n S sei überaus mangelhaft ; sie gebe zu, daß in den siebziger Jahren I Deutsch in Elsaß-Lothringen gesprochen sei, und doch glaube man, daß seitdem die Bevölkerung hinreichend Deutsch gelernt habe. Schleswig-Holstein sei aber seit längerer “Zeit deutsch und doch würden selbst Verfügungen der Landräthe an die Ge- meindevorsteher von diesen erst Ueberseßern gegeben. Er bitte, seiner Fraktion, die einstimmig den Antrag ablehne, zu oden und in Wahrheit das Wort: Liebet die Brüder! zu befolgen.

Abg. Hartmann: Der leßten Aufforderung zu folgen, sei seine Partei bereit: wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Noth uns trennen und Gefahr! Aber damit wir dies sein könnten, müßten wir uns verstehen, und damit wir uns verständen, müßten wir die Bruchtheile fremder Nationalität, welche der Ehre theilhaftig seien, dem Deutschen Reiche anzugehören, auch für die deutshe Sprache gewinnen. Da der Sckritt, der hier gethan werden solle, die Einheit der Gerichts\sprache im ganzen Reiche einzuführen, nothwendig sei und der Zeitpunkt hierfür bereits gekommen sei, bitte er, den Gesegzentwurf, ohne ihn an eine Kommission zu verweisen, anzunehmen.

Damit {ließt die Diskussion; die zweite Berathung wird im Plenum stattfinden.

Es folgt die erste Berathung des von dem Abg. Rickert eingebrahten Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung der Militär-Strafgerichtsordnung. Nah dem Ent- wurf sollen die verabschiedeten Offiziere der Militärgerichts- barkeit niht mehr unterworfen sein.

Abg. Rickert: Dieser Entwurf sei eigentlih schon seit vier Jahren geseßesreif, da bereits 1884 der Kriegs-Minister er- klärt N einen dahingehenden Antrag anzunehmen. Auch in diejer Session habe auf eine Juterpellation von ihm der Kriegs-Minister sich ähnlich ausgesprochen ; es sei aber Namens der verbündeten Regierungen, einen dahingehenden Gesezentwurf einzubringen, für nicht angebracht erklärt worden, weil erx vielleiht als nicht weit genug gehend abgelehnt werden könnte. Der Kriegs-Minister habe nur den Wuns ausgesprochen, daß die zur Disposition gestellten Offiziere niht in das Gesetz aufgenommen würden. Der Gesezentwurf betreffe deshalb nur die verabschiedeten Offiziere. Wenn vielleicht auch mit Jnaktivitätsgehalt entlassene Offiziere jest nicht mehr zu finden jein sollten, seien sie doch für alle Fälle mit in den Geseß- enu aufgenommen.

Abg. Hartmann: Dec im Jahre 1884 vom Abg. Richter eingebrahte Geseßentwurf sei nur deshalb nicht genehmigt, weil in dem Geseßentwurf unter, verabschiedeten Osfizieren au die zur Disposition gestellten gemeint sein sollten. Jm Uebrigen sei die Stimmung dem Antrage günstig gewesen. Der Antragsteller erkläre, daß unter dem jeßt wieder ge- brauhten Ausdruck „verabschiedete Offiziere“ diesmal die zur Disposition gestellten nit einbegriffen seien. Die Konser- vativen könnten deshalb dem Gesehentwurf zustimmen, und er empfehle, die zweite Lesung im Plenum stattfinden zu I aE

Abg. Dr. Meyer eiae sei materiell mit dem Jnhalt des Gesetzentwurfs einverstanden und habe nur gegen die

s.

Formulirung des §. 1 einzuwenden, daß unter die aufzuheben- den entgegenstehenden Bestimmungen auch dieienigen der Militärgerihtsordnungen von Württemberg und Bayern fallen sollten. Er behalte sich vor, für die zweite Lesung einen Antrag einzubringen, dex diese- Abebenbell beseitige.

Die Diskussion wird geschlossen ; die zweite Lesung wird im Plenum stattfinden.

Damit ist die Tagesorduung erledigt.

Präsident von Leveßzow: Das Haus befinde sich in einem Stadium der O in dem Material für Plenar- sizungen niht mehr vorliege. Der Zeitpunkt, bis zu welchem die Kommissionen solches in genügendem Umfange für das Plenum vorbereitet haben würden, lasse sich nicht absehen. Unter diesen Umständen erbitte er sich vom Hause die Er- mächtigung, Termin und Tagesordnung der nächsten t nah eigenem Ermessen anseßzen zu dürfen. Die Kommission für das Alters- und Jnvalidenversiche- rungsgesey und für das Erwerbs- und Wirthschaftsgenossen- scastagesch, ferner die Wahlprüfungskommission und die Rechnungskommission würden fleißig zu arbeiten haben. Jm Falle des Ausscheidens eines Kommissionsmitgliedes, wozu nah der Geschäftsordnung ein Plenarbeshluß nothwendig sei, bitte er von dieser Bestimmung der Geschäftsordnung abzu- sehen und ihn zu ermächtigen, ein solhes Ausscheiden einfach zu genehmigen und das Weitere bezüglich eines Ersatzmitgliedes

veranlassen zu dürfen. Schluß 23/4 Uhr. Nächste Sizung unbestimmt.

In der gestrigen (12.) Sißung des Hauses der Abgeordneten ergriff} bei der weiteren Berathung des Gesegentwurfs, A va die Erweiterung, Ver- vollständigung und bessere AusrüstungdesStaats- eisen bahnnetes, das Wort der Minister der öffentlichen Arbeiten, von Maybach:

Wenn ich mich nicht täusche, so werden wir heute, wie in früheren Jahren, bei dem ersten Theil der Vorlage schr viel mehr sprechen hören über das, was nicht in der Vorlage steht, als über das, was darin steht. Die Zahl der Neubauprojekte, die wir Ihnen vorschlagen, ist in diesem Jahre cine geringere als früher. Die Regierung bedauert dies wie Ieder, dessen Erwartung getäuscht ist; sie hat in den Mo- tiven im allgemeinen Theil bereits angedeutet, aus welchen Gründen eine weitere Ausdehnung der Projekte jeßt nicht stattfinden kann. Jch darf diesen Gründen, die zum Theil in der tehnischen Unreife des b:- treffenden 1 zum Theil in der niht genügenden Willfährigkeit der Interessenten liegen, hinzufügen noch den anderen Grund, daß die

- Verwaltung infolge der \{chmerzlichen Ereignisse, die das vorige Jahr

uns gebracht hat, bei den großen Aufgaben, die uns die Verwüstungen durch die Elemente gebracht haben, besonders siark in Anspruch ge- nommen war, und daß neben allem Diesem es kaum mögli war, noch Allcs reif zu machen für eine Vorlage in der jeßigen Session, wie es der Wuns der Regierung gewesen wäre. Hoffen wir, meine Herren, daß die Regierung in der Lage ist, Ihnen im nächsten Winter cin etwas reihliheres Bouquet vorzulegen, als es jeßt der Fall gewesen ist.

Seien Sie überzeugt , as wir auf alle Theile des Landes un- ausgeseßt unser Augenmerk gerichtet haben, daß wir die Bedürfnisse der einzelnen Landestheile kennen, auch ohne daß sie uns besonders ans Herz gelegt werden, und daß wir bemüht sind, diefen Bedürf- nissen entgegenzukommen, sobald und soweit es nur irgend möglich ist.

_Sie werden begreifen, daß ich mich ebenso wie früher enthalte, mich über cinzelne Anregungen, wehe gegeben werden, und welche be- sonders auch der Hr. Ab. Bödikér: in einem ziemlich reihen Bouguet gegeben hat, auszusprehen. Ich bin auch nicht in der Lage, das Ma-' terial sofort zu übersehen, welches zu einer folden Beantwor- tung nothwendig ist es steht mir nicht zur Verfügung. Ich darf mir deshalb wohl heute versagen, bei dem ersten Theil der Vorlage auf diese Neubauten, ih meine die projektirten neuen Bahnen, mich im Einzelnen ausdrücklich einzulassen. Es ift von anderer Seite, vom Hrn. Abg. Dr. Hammacer, der zweite Theil der Vorlage, die Erweiterung einzelner Bahnanlagen und einzelner Bahnhöfe insoweit kritisirt worden, als er der Meinung war, cs würde besser sein, Manches in das Extraordinarium des Etats zu bringen. Damit könnte man einverstanden sein von Seiten der Eisen- bahnverwaltung, für diese ist es bekanntlih nah Lage des Garantie- geleßes von 1882 gleichgültig, ob im Extraordinarium des Etats oder

urch ein besonderes Anleihegescß die Summen bewilligt werden, welche nothwendig sind. Beide Summen wachsen dem Anlagekapital der Staatseisenbahnen zu und unterliegen denjenigen Bedingungen, welche das Garantiegeseß von 1882 in Bezug auf Verzinsung und Abschrei- bungen vorschreibt. Wir haben seither uns, das ist auch \chon früher gesagt worden, von dem Gesichtspunkt leiten lassen, daß wir in das Extra- ordinarium des Etats einstellen, was bis zu der Zeit, wo der Entwurf des Extraordinariums fertig gestellt sein muß, reif ist für eine Vorlage, aber dasjenige, was wir bis dahin nit fertig stellen konnten, in die be» sondere Kreditvorlage bringen. Jch kann also sagen, daß gewisser- maßen die Kreditvorlage in diesem Theil eine Art von Nachtrags- Etat ist zu dem Extraordinarium des Haupt- Etats. Jch wiederhole aber, daß es sür die Eisenbahnverwaltung gleichgültig ist, ob die Summe im Extraordinarium oder Anlecihegesetz steht. In beiden Fällen wachsen die Summen dem Anlagekapital zu.

Wenn der Hr. Abg. Hammacher der Meinung ist, daß wir bei früheren großen Bahnhofsbauten die Summe immer oder in der Regel in das Extraordinarium gebracht hatten, so muß ich ihn be- rihtigen. Er hat insbesondere dew Kölner und den Düsseldorfer Bahnhof genannt. Gerade für dicse Bahnhöfe, auch für Duisburg, sind besondere Anleihen bewilligt. Der einzige große Bau, welcher im Extraordinarium bewilligt wurde, das ist der Bahnhof Frank- furt a. M., und für diesen werden die betreffenden Summen, die aus den Veräußerungen von Grundstücken wieder gewonnen werden follen, zurückgeführt, und dem Staatékapital abgeschrieben. Jch glaube, der Herr Finanz-Minister wird das bestätigen, und vielleiht die näheren Auseinanderseßungen zu machen die Güte haben. '

Wenn dann die Meinung ausgesprochen ist, wir würden sehr er- heblihe Summen dur den Rücerlös von Grundstücken gewinnen, so ist das zum Theil richtig, aber niht in dem Maße, wie das an: gedeutet wurde. Beim Bahnhof Frankfurt darf man hoffen, von den 28 Millionen Baukapital, welche die Bahnhofsanlage bedingt, vielleicht 18 Millionen durch Rückerlös zu gewinnen. Beim L'ahnhof Köln wird das nicht annähernd so viel sein. Bei dem Bahnhof Düsseldorf scheint es etwas mehr als ein Drittel zu sein.

Ich möchte nun von dicsem Punkt übergehen auf einen anderen, der auch in anderen Kreisen große Aufmerksamkeit erregt hat, und, da er einen breiten Raum in der Vorlage einnimmt, einer besonderen Besprehung auch bedürfte, das ist die Anforderung für die Be- triebsmittel, und im Zusammenhange damit diejenige Summe, welche nothwendig ist, um Wagenschuppen, Werkstätten, Lokomotiv- \{huppen, Geleise und was dazu gehört, zu erweitern und zu vermehren. Die Frage, ob der gegenwärtige Wagenpark für den Güterverkehr ih will zunächst von diesem sprechen genüge, müssen wir nah den bisherigen Erfahrungen verneinen. Jch will das, was in der Presse und sonst wo gesagt worden ist über den Wagenmangel, aller der Vebertreibungen, die da gemacht sind aus spekulativen oder politischen Gründen, entkleiden, au das vielleiht noch abziehen, was an Ueber- bestellungen zurückzurechnen ist aus der Absiht, wenigstens das zu be- fommen, was man wirklich haben will, auch das abziehen, was erfah: rungsmäßig darauf zu rechnen ist, daß der Wagenmoangel als Vorwand benußt wird, wenn man Lieferungsverträgen mit ungünstigeren Preisen wenigstens für einige Zeit auëweichen will ; aber das Faktum, daß der Wagenpark der Mga tiserbaun für den Verkehr nicht ausgereicht hat, steht fest, und es steht ein Gleiches fest in Bezug auf den Wagenmangel

für fast alle unsere Nahbarstaaten. Wenn Sie die Verhandlungen verfolgt haben, die in den Parlamenten in Oesterrei, Jtalien und an anderen Orten staltgefunden haben, so werden Sie gefunden haben, daß dort ein gleiher Mangel und vielleiht ein noch ftärkerer vorhanden ist. : …_ Aber worin liegt das? Wenn man behauptet: ihr habt nit für genügende Reserven gesorgt, wenn man daraus der Verwaltung einen Vorwurf machen will, so kann ich diesen Vorwurf nicht anerkennen, wenigstens niht subjektiv, denn wie stand die Sache? Als wir im vorigen Winter einem aufsteigenden Verkehr entgegengingen, haben wir uns gefragt: wird es nothwendig sein, den Wagenpark zu verstärken? Bei der Verhandlung im vorigen Winter über eine ähnlihe Nebenbahnvorlage habe ih ausdrüclih darauf hingewiesen, daß wir für den. Personenverkehr eine Summe von 8 Millionen Mark begehren, daß wir aber für den Güterverkehr neben den Summen für die betreffenden Bahnen, die wir in der Vorlage verlangten, au noŸ Kredite zur Verfügung hätten. Diese Kredite haben wir, sobald wir das Bedürfniß wac}sen sahen, realisirt. Sie finden in ‘der Anlage der Hauptvorlage ausdrüctlih mitgetheilt auï S. 8, daß cine Anschaffung stattgefunden hat bis zum 1. Oktober 1888 von 333 Lokomotiven, 898 Personenwagen und 6790 Gepä- - und Güterwagen. Von den leßteren is jeßt der größte Theil abgeliefert ; ein kleinerer ist noŸ zurück. Hätten wir bisher, was der Hr. Abg, Hammawer hervorhob und ich könnte meinerseits ja damit ein- verstanden sein einen großen Dispositionefonds für ausreichende Vermchrung von Betriebsmittela gehabt, so würden wir kaum in der Lage gewesen sein, davon Gebrau zu machen; denn was zu haben war, das haben wir beschafft, und wir würden schr#dankbar gewesen sein, wenn man uns einen Laden hätte bezeihnen können, in dem wir noch mehr Wagen zu angemessenen Preisen hätten kaufen können. Er war aber nit zu finden Es is} also in Bezug auf die Ver- mehrung des Betriebs von der Verwaltung Vorsorge getroffen, soweit es möglih war. Das hat jedo no© niht gereiht, und das liegt zum Theil darin, daß zwar niht wir so s{leck@t ausgerüstet sind, aber andere s{lechter. Wenn Sie die Reichsstatistik verfolgen, so finden Sie, daß die preußischen Staatsbahnen im Jahre 1887/88 nicht weniger als fast 524 Millionen A(skilometer auf fremden Bahnen mehr geleistet haben, als fremde . Bahnen bei uns, Das ist ein nit gering anzushlagendes Quantum, wenn Sie berüdsihtigen, daß die gesammten Wagen der württembergischen Staatébahnen 147 Millionen Achékiloméeter geleistet haben, Wir haben also mit unseren Vahren ein Defizit für andere Bahnen über- nommen und übernehmen müssen für unseren starken Export über die trockdenen Grenzen, und weil wir unseren Verkehr nicht darunter leiden lassen wollten, daß andere Verwaltungen nicht die nöthigen Betriebs- mittel bestritten. Ich habe aber auch gern Veranlassung genommen, und bin dabei auf Entgegenkommen gestoßen, das ih dankbarst anerkenne —, andere deutsche Regierungen aufmerksam zu machen, ob sie nicht auch auf eine entsprehende Vermehrung des Fuhrparks Bedacht nehmen wollten. Die Einleitungen sind, wie Sie gelesen haben werden, in Bayern und Württemberg béreits getroffen; hoffen wir, daß wir im Verein mit unseren Nachbarn in der Lage fein werden, den Verkehr auch in Zukunft so zu bewältigen, wie wir es wünschen. Nun möchte ich aber noch darauf hinweisen, daß wir in der That cine starke Reserve besaßen. Wir baben eine Einrichtung, die im Jahre 1882 getroffen war, vermöge deren wir uns auch im Frühjahr vorigen Jahres mit den hauptsächlichsten Transportinteressenten, ins- besondere mit den Industriellen darüber vernommen, welche Ver- kehrsvermehrurg wobl eiwa in Aussicht scin könnte. Das ist ge- ehen im Ruhrkohlengebiet, in Rbeiniand, Westfalen und ebenso in Oberschlesien, denn ih nehme an, daß die Gewerkschaften, Gruben- besißer, Aktiengesellshaften au ihrerfeits einen ODekonomieplan auf- stellen für ihren Haushalt; damals wurde angenommen, daß eine Mehrforderung, ein Mehrtransport etwa von 5 %/ stattfinden würde. Meine Herren, wie hat sich nun aber die Sache gestaltet? Nicht 5, nit 7, nein 129% sind etwa mehr befördert worden; Sie sehen das au an den Einnahmen. Stellenweise, zeitweise haben wir einen Mehrtrant2port und eine Mehrförderung erlebt von über 33, ja fogar 42%. Der Verkehr ist, möchte ih sagen, mit einer Sturzwelle über uns gekommen, nicht ctwa zu unserer Freude, denn cine langsamere und ruhigere Entwickelung würden wir vielleiht als gesunde bezeichnen können, aber ih freue mih nichtsdestoweniger über diese Verkehrs- entwickelung. Wir haben also nicht etwa 5 9/o, sondern mehr als 10 9/6 geleistet. Wir haiten also einc Reserve. Wenn man uns nun vorwirst : ihr habt euch nicht genügend ausgerüstet, habt diskreter jeßt gerechnet gegen früher zur Zeit der Privatbahnen, so trifft das nicht zu. Denn die Kilometervermehrung, die wir vorgenommen haben, trifft fast ausschließlich Nebenbahnen mit einem s{chwachen Verkehr. Wir können èoch niht für die Nebenbahnen mit einem \{chwachen Verkehr dieselbe Ausrüstung vorschen, wie für die Haupt- bahnen, die Arterien des Verkchrs, wie der Hr. Abg. Hammacher sie richtig ackennzeihnet hat. Der Vorwurf ist also nicht zutreffend, ebenso wenig der Vorwurf, der uns auch an einer anderen Stelle gemacht ist, wir sollten etwa 25/6 des gesammten Fuhrparks als Reserve bereit halten, damit, wenn der Bedarf plößlich eintritt, wir in der Lage wären, allen Anforderungen gerecht zu werden! 25 9/9 des Fuhr- parks mit dem, was dazu nothwendig wäre, würde eine Ausgabe von etwa 300 Millionen bedingen und diese 300 Millionen würden der Regel na rentlos, und nicht bloß das, sondern als fressendes Kapital daliegen. Das wäre mit einer wirthschaftlichen Verwaltung absolut unvereinbar und am allerwenigsten vereinbar mit den fortwährend auf- tauhhenden Forderungen nach Tarifermäßigungen für Personen- und Güterverkehr. Wenn in Oberschlesien das ist vorhin erwähnt wordea ein Mangel eingetreten ist, den ih sehr beklage, so liegt das nicht daran, weil cin Wagenamt nicht existirt; ein Wagenamt war vorhanden, cs ist inzwishen nur von Gleiwiß nach Kattowiß verlegt worden und etwas anders eingerihtet worden. Der Wagen- mangel is dort plöglich sehr stark aufgetreten und konnte viht befriedigt werden, weil ein Theil des Verkehrs, der nah Desterreich hinüber geht, von uns mit bedient werden mußte, indem die öfterreichishen Bahnen nicht dasjenige Quantum an Wagen beistellten, welches sie beistellen mußten. Dafür sind wir eben auf- ' gekommen, um den Verkehr nicht stocken zu- lassen. Wir haben ja wie die Einrichiung beschaffen ist in Bezug auf die Wagenvertheilung, erschen Sie aus den Anlagen zu dem Geschßentwurf —, wir haben vielleicht damals die Demarkationslinie für das Zuführungsgebiet in Oberschlesien zu weit nah Osten gelegt. Sie ist inzwischen weiter vach Westen gelegt worden, und ih hoffe, daß dadurch jeßt ein Wagenmangel für lange Zeit, soweit wir es überblicken können, ver- Hütet wird. . Daß Nachtheile durch den Wagenmangel eingetreten sind für die Interessenten, wer wollte das bestreiten? Wir wünschen das werden wir au in Zukunft in Anspru nehmen müssen —, daß die Interessenten uns bei der Bewältigung der großen Schwierigkeiten, die dort bestehen, möglichst belfen, daß sie, wenn es nicht zu vermeiden ist, auch eine Verkürzung der Ladefristen, die aber jeßt nur ausnahmsweise, nicht, wie früher, dec Regel nah stattfindet, und mit einer gewissen Mil- derung gehandhabt wird, nit so übel aufnehmen. Es ist der Hr. Abg. Dr. Hammacher hat bereits die Güte gehabt, das zu bemerken das Aeußerste ges{hehen, um den Umschlag der Wagen zu beschleunigen und zu verstärken; es ist Nachtdienst eingerichtet worden auf weiten Strecken, Leerzüge sind eingerichtet, lediglih um Leermaterial ra\ch zurückführen zu können; es hat eine doppelte Beseßung der Lokomo- tiven stattgefunden, um Alles rasch fortbringea zu können, u. \. w.: genug, es ist ein Umschlag, wie er früher gar nicht hätte stattfinden önnen, eingetreten, der uns eine Mehrleistung von etwa 20 9/0 ein- ebracht hat. Wie man da an anderer Stelle kat sagen können , die taatseisenbahnverwaltung habe bei dieser Gelegenheit ihre Leistungs- unfähigkeit bewiesen, ist mir unerfindlih, Der Herr, der das gesagt hat, hat jedenfalls die Verhältnisse niht genau übersehen können.

__ Wir müssen, meine Herren, in der Lage sein, und deshalb sind die Anforderungen in diesem Fall so hoh gegriffen, uns für unseren Verkehr vollständig leistungsfähig zu halten, Wenn wir auf der einen

dazu übergehen und ih hoffe, daß wir das weiter können —, Sei orterleichterungen eintreten zu lassen, so müssen wir auch in der Lage sein, den Verkehr fördern zu können; denn wenn wir jeßt dazu Üübergingen, große Verkehrserleihterungen einzuführen und hinterher den Verkehr nicht befördern könnten, so würde man mit Ret sagen: das ist ein \{lechter Fuhrherr, der Bestellungen an- nimmt, die er binterher niht ausführen kann. Wir müssen darauf Röcksicht nehmen, daß unser Export ih meine nicht den Über die Wässer, sondern den über die trodene Grenze sih mehrt und ver- stärkt. Das bedingt aber, daß unsere Wagen sehr viel weiter laufen,. als es bisher ter Fall war. Unsere Wagen gehen bis an die äußerste Spitze von Italien ; sie werden auch in die Balkanstaaten übergehen, *eshalb müssen wir mehr Güter- und Gepädwagen haben, und ebenso mehr Lokomotiven ; aber wir müssen au noch mehr Personenwagen haben: wir wollen auch in Bezug auf den Personenverkehr bessere Einrichtungen treffen. Es werden, hie und da Swnellzüge vermißt. Wir wollen au in dieser Beziehang den wirklichen Be- dürfnissen nah Möglichkeit entgegenkommen und die Staatseisen- bahnverwaltung so leistungsfähig machen, wie wir es erwarteten, als wir mit Ihrer Zustimmung das Staatsbahnsystem einführten.

Finanz-Minister Dr. von Scholz:

Nur weil ich ausdrücklich von verschiedenen Seiten dazu auf- gefordert bin, möchte ih im E an das, was der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten schon ausgeführt, über den einen Punkt, den der Hr. Abg. Dr. Hammacher zunächst in Betracht gezogen hat, kurz mich äußern, ns über die Frage, ob niht ein Theil der Aus- gaben, welche na dem vorliegenden Geseßentwurf auf An- leihe zu nehmen vorgeshlagen wird, richtiger in das Extraordinarium des Staatshaushalts - Ctats zu bringen ist. Jch kann dem, was von dem Herrn Minister der öffent- lien Arbeiten in dieser Beziehung gesagt worden ijt, für die Ver- gangenheit nur hinzufügen, daß" in all den Jahren, wo der Staats- haushalts- Etat mit einem Defizit abs{chloß, mit einer Anleihe nur zu balanciren war, es au für die Finanzverwaltung ganz gleihgültig war, ob eine Ausgabe der hier in Rede stehenden Art in das Erxtra- ordinarium des Etats, oder ob sie in das Anleihegeseß kam, denn in dem einen wie in dem anderen Falle vermehrte sih eben die Summe, die dur eine Anleihe aufgebraht werden mußte. Jch kann also au zugeben, daß in den Jahren, wo vorauszusehen war, daß der Abschluß des Etats nur mit Anleihe zu machen war, unter besonderen Umständen, vielleicht auch aus sonstigen sachlihea Rücksichten, mal eine Ausgabe, die ihrer Natur nah in das Naa gehört hätte, in das Extraordinarium genommen ift oder umgekehrt, weil eben ein finanzielles Interesse dabei nicht im Spiel war. Abgesehen aber von diesen Jahren und abgesehen von folchen besonderen Fällen, ist das Frinzip immer gewesen, daß in das Extraordinarium des Staatshaushalts- Etats bei der Staatsbahnverwaltung folhe Ausgaben trateu, welche auch bei der Privat-Eisenbahnverwaltung aus den laufenden Ein- nahmen zu bestreiten scin würden, daß dagegen in eine besondere Kreditvorlage diejenigen Ausgaben aufzunehmen seien, welhe auch bei einer Priva1verwaltung zum Gegenstand einer besonderen Kapital- beshaffung gemacht werden würden. : :

In diesem Sinne ist, wie ih sagte, mit gewissen Ausnahmen, seit Jahren verfahren worden, innerhalb der Finanzverwaltnng au prinzipiell immer thunlichst dahin eingewirkt worden, in diesem Sinne zu verfahren. Und, meine Herren, ich glaube, es ist au richtig, daß wir weiterhin so verfahren, weil wir sonst das Bild, wie si die Verhältnisse der Staats-Eisenbahnverwaltung gestalten, wiederum ver- dunkeln würden, und den Verglei gegen früher wesentlih alteriren würden.

Wenn ih nun aber die weiteren finanziellen Ausführungen des Abg. Hammacher noch mit ein paar Worten berühren darf i will glei vorweg bemerken, daß es nicht meine Absicht ist, heute bei dieser Gelegenheit die Frage zu retardiren, zumal der Herr Abgeord- nete selbst \ih vorbchalten hat, künftighin die Sache noch einmal bei einer anderen Gelegenheit ausführlih zur Sprache zu bringen —, so kann ih ja hervorheben, daß, wie er. selbst anerkennen wird, die Staatöregierung in voller Uebereinstimmung der Tendenz mit ihm si befindet, immer befunden hat, und daß aus dieser Uebereinstimmung \chon mehrere praktische Folgerungen auch für unseren Etat gezogen worden sind. Ich bin au Überzeugt, daß der Herr Abgeordnete nicht zweifeln wird, daß die neue Etatsvorlage von diesem überein- stimmenden Bestreben ein beredtes Zeugniß abgelegt hat, indem sich die Staatsregierung, sobald die Möglichkeit geboten ist, nichts drin- gender angelegen sein läßt, als auch zu effffektiver Staatsschulden- tilgung die Mittel bereit zu stellen. Aber ih möchte nun auch ihn bitten, andererseits niht von der Meinung auszugehen, daß die hervorgeho- benen Ueberschüsse der Staats-Eisenbahnen lediglich für den Staatsdienst, für die Staatsbedürfnisse in Anspruch genommen würden, soweit sie niht zur Schuldentilgung verwendet werden. Meine Herren, die Vebershüsse der Eisenbahnverwaltung sind ja mit das Mittel, was uns in den Stand seßt, Steuererleihterungen im Lande, Erleichte- rungen der Volks\chullasten herbeizuführen. Das ift doch nirgendwo gesagt, daß die Eisenbahnübershüsse gerade auf dem Gebiet des Eisen- bahnverkehrs den Interefsenten zur Erleichterung gereichen müssen, Wenn wir die Ueberzeugung gewinnen, daß in einem noch allgemeineren Wege noch viel besser dem Volk geholfen werden kann, so wird man doch niht sagen: die Eisenbahnüberschüsse finden keine angemessene Verwendung; das Voll wird auf dem Gebiet der Schullasten und der Gemeindelasten entlastet, aber wo bleiben die Verkehrsbeziehungen ? Ich muß doch sagen, das, was wir in dem Etat zur Erleichterung des Volks allgemein in der Richtung, wie sie hier immer am dring- lichsten bezeihnet worden ist, vorschlagen, das ist mit a conto der besten Verwendung der Eisenbahnüberschüsse zu buchen.

Im Uebrigen möcbte ih nur noch die Frage bezügli der großen Einkünfte von Grundstücksveräußerungen kurz berühren.

Daß wir in Frankfurt a. M. aus den Verkäufen der Bahnhofs- terrains einige erheblihe Einnahmen haben würden, ist niht etwas, was si erst neuerdings herausgestellt hat, das ist z. B. in der Denk- \hrift, die dem Etat von 1879/80 besonders beigelegt worden ist, \{hon mit Ziffern vorgeführt worden. Es ist damals berechnet worden, daß sih eia Ergebniß von 19 500 090 4 etwa für die betheiligten drei Bahnen bei dem Verkauf der Frankfurter Bahnhöfe herausstellen würde. Es is mir im Augenblick nicht mit Sicherheit bekannt, ob über diese Einnahme und deren Verrechnung irgendwo schon eine be- sondere Bestimmung gegeben ist: ih werde danach nachsehen, es wäre nit unmöglich. Ich erinnere z. daran, daß wir eine U Bestimmung haben bezügli aller Veräuße- rungen der Berliner Stadtbahnparzellen, daß wir in Folge dessen sogar eben erst wegen 60000 oder 70000 H eine besondere Vorlage zu machen die Ehre gehabt haben, um deren Verwendung nachzuweisen. Ich kann im Augenblick also niht sagen, ob bezüglich jener voraus- usehenden Einnahme irgend eine solche bindende Vorschrift son be- steht, oder wie es sonst mit ihr zu halten sein würde. In Bezug auf die Tendenz der Behandlung solher Einnahmen, die auf Schulden gemahten Ausgaben gegenüberstehen, bin ih mit dem Herrn Ab- geordneten ganz einverstanden, daß, wenn es irgend möglih und zu- lässig ist, wir nihts Dringenderes zu thun haben, als die Einnahmen niht bloß abzuschreiben, sondern sie auch effektiv zur Tilgung von Swulden zu verwenden. Ich behalte mir vor, auf diesen Punkt dem- nächst wieder zurückzukommen.

Abg. Graf Strahwiß empfahl die Bewilligung der für die Neue hating von Betriebsmitteln geforderten 50 Millionen Mark, weil Oberschlesien nicht versorgt werden können und au gegenüber dem O L worden sei, so daß sogar für die obers{h esischen Gruben Verluste entstanden seien, weil wegen der Unmöglich- 2 zu liefern vielfah Bestellungen zurückgenommen worden wären. :

Abg. Wirth \prach seine Freude darüber aus, daß die Bahn Wiesbaden —Langenshwalbach in Angriff genommen sei und bat um deren Fortführung das Lahnthal abwärts na

enügend mit Wagen habe

dem Zollhaus. Ferner wünschte er eine Bahn zum Aufschluß des hohen Taunus, um für die Bewohner der um das Dasein fämpfenden armen Gebirgsdörfer eine Verbindung nah Frank- furt a. M. hin zu schaffen. : i : Abg. Ludowieg dankte dem Minister für die in Aussicht genommene neue Bahnhofsanlage in Harburg. Abg. Dr. Lotichius trat ebenfalls für die Linie Langen- s{hwalbach—Zollhaus ein. \ | E Abg. Dr. Grimm empfahl die Erschließung des östlichen Oberwesterwaldes, damit die dortigen Eisenstein-, Kalk- und Braunkohlengruben nußbar gemacht würden. Abg. Halberstadt spra seine Verwunderung darüber aus, daß die va Altdamm—Gollnow—Wollin—Kammin, zu deren Bau die Freiburg-Schweidnißer Bahn als Privatbahn ih verpflichtet gehabt habe, noch immer nit in Angriff genommen sei. Außerdem bitte er um Fortführung der Bahn von Gold- gee bag den Schönauer Kreis zum Anschluß an die Ge- irgsbahn.

Abg. vom Heede {loß sih den Ausführungen des Abg. Dr. Hammacher an, weil es nicht gleihgüllig sei, ob die Bauten im Extraordinarium oder in der Anleihe ständen; denn durch Uebernahme auf die Anleihe stiegen die Ueber- hüsse, und damit stiege die Verleitung zur Bewilligung für allgemeine Ausgaben aus den Eisenbahnüberschüssen. ;

Abg. Gold)hmidt: Er bedauere, daß die Forderung für die Betriebsmittel erst jeßt komme; die Fndustrie habe shwer darunter gelitten, daß ihr die Kohlen nicht rechtzeitig genug geliefert worden seien und daß neue Güterwagen erst bestellt worden seien, als das Feuer bereits auf den Nägeln gebrannt habe. Er sei niemals ein Freund der Staatsbahnen ewesen, und es sei begreiflih, daß er es auch jegt nos nicht sei. Er habe in den Staatsbahnen stets" eine U für die Auen erkannt, und noch mehr eine Gefahr für unsere

inanzen ; denn die großen Ueberschüsse könnten leiht shwinden

und einmal ebenso großen Fehlbeträgen Plaß machen. Er erkenne an, daß die Befürhtung nicht erfüllt sei, daß nämlich die Wasserstraßen vernachlässigt würden; auch für den Per- sonenverkehr sei gesorgt worden, aber in Bezug auf den Güter- verkehr hätten die Verwaltungen sih niht genügend über die Bedürfnisse der Jndustrie informirt. ie Steigerung des Verkehrs sei auch niht so unerwartet tag wie aus den Berichten der Handelskammern zu ersehen; entsprehend der Zunahme des Verkehrs habe man niht genügend an Neu- beschaffungen für den Wagenpark gedacht. Auffallen müsse, daß im Ruhrgebiet ein Ueberfluß an Wagen gewesen sei, während in Oberschlesien Mangel geherrscht habe. Es solle das kein Vorwurf gegen den Minister sein, an dessen gutem Willen nicht zu zweifeln sei, aber eine so umfangreihe Ver- waltung sei niht im Stande, allen örtlihen Bedürfnissen ge- recht zu werden. Der nächste Herbst werde wahrscheinlich, troß der Vermehrung der Gepäck- und Güterwagen, dieselbe Nothlage zeigen, die man im verflossenen Herbst erlebt habe.

Minister der öffentlichen Arbeiten, von Mayb ach:

Den Herrn Vorredner zu einem Anhänger des Staatseisenbahn- \systems zu machen, darauf muß ih wohl verzichten, ih glaube nicht, daß mir das gelingt; aber ih kann doch Einzelnes aus seinen Aus- führungen niht unwidersprochen hingehen lassen.

Insbesondere sagt er, seit zwei Jahren sei Seitens der Handels- kammern in ihren Berichten darauf aufmerksam gemaht worden, daß ein starker Verkehr kommen werde, man- möge sih darauf ein- rihten. Nun, die Handelskammerberihte werden in meinem Ministerium auch gelesen ; aber seit zwei Jahren bin ih einer solhen Aufforderung nit begegnet; wohl aber kann ih gegen diese Be- hauptung einen Auszug aus dem Jahresberihte der Handelskammer zu Saarbrücken für 1887, der erst 1888 ausgegeben ist, mittheilen. Es heißt dort: O /

Wie wir bereits in unserem vorjährigen Berichte feststellen konnten, trat in den beiden leßten Monaten des Jahres 1886 eine Besserung in der Eisenindustrie sowobl hinsichtlih des Absatzes, wie auch in Bezug auf die Verkaufspreise ein.

och im Frühjahr 1887 war nicht zu übersehen,

ob die eingetretene Besserung nur ein S Auf-

flackdern, eine Ergänzung des allernothwendigsten Bedarfs fei, oder ob sie eine längere Dauer annehmen und den Beginn eines allgemeinen wirthschaftlichen Aufshwungs bezeichnen werde.

Die unverhüllten Bestrebungen der deutshen Regierungen, Alles an die Erhaltung des Friedens daranzusezen, die Bereit- willigkeit des Deutschen Reichstages, der Regierung die hierzu erforderlihen Mittel in die Hand zu geben, hoben die Friedens- aussihten vnd stärkten das Vertrauen der Ges äftswelt auf eine andauernde Besserung der wirthschaftlichen Lage. Insbesondere die vom Reichstage genehmigte Ausführung der s. g. strategishen Eisenbahnen verschaffen den Eisenhütten eine erhöhte Thätigkeit. ;

Also, meine Herren, erst die Friedenszuversiht war es, die den Verkehr neuerdings gehoben hat. : L

Jch habe schon darauf hingewiesen, daß man selbst in den nächst betheiligten Kreisen niht der Ansicht gewesen sei, es würde eine folche Verkehrs\teigerung eintreten, wie es thatsählih der A gewesen ist.

Noch ‘ein anderes Zeugniß könnte ih dafür anführen, von dessen Feinfühligkeit Sie wohl überzeugt sein werden. Betrahten Sie ein- mal. den Courszettel der Börse, vergleihen Sie die Course im ersten Quartal des vorigen Jahres mit denen am Schluß desselben und jeyt, und dann werden Sie unmögli annehmen können, daf man Seitens der Interessenten damals {hon eine so bedeutende Verkehrssteigerung in Aussicht nahm; im Gegentheil, es sheint damals noch starker Zweifel geherrscht zu haben. Ich erlaube mir einige Zahlen vorzulesen.

Der Cours der Bismarckhütte betrug im ersten Quartal 1888 128,50, der neueste Cours beträgt 185,25; Bochumer Gußstahl 135,40, jeßt 202; Bonifacius 60,25, jeßt 108,50; konsolidirte Redenhütte Stammprioritäten 79,50, jeßt 142; Donnersmarckhütte 45,25, jeßt 73; Königs- und Laurahütte 90,50, jeßt 144,60; Dortmunder Union Litt. A. 66,90, jeßt 102,70; Gelsenkirhener Bergwerke 118,40, jeßt 149,50; Harpener Bergwerke 73, jeßt 150; Hibernia 89,50, jest 152, Ich könnte dieses Register noch fortsetzen, meine U Ih glaube, daß, wenn die Verwaltungen dieser Werke, die doch auch in die Zukunft sehen, keine bessere An cht über die Entwickelung des Verkehrs hatten, man der Eisenbahn- verwaltung, welche diese Werke wesentlich zu bedienen hat, nit was jun E machen kann, daß sie nicht weiter sah als die

nteressenten selbt.

Wenn dann weiter die Besorgniß gehegt wird, wir würden im Herbst, wo hoffentlih eine Steigerung des Verkehrs kommen werde namentlich der Verkehr der Industrie und der Landwirthschaft i steigern werde, nicht in der Lage sein, diesen Verkehr zu ewältigen, so, glaube ich, werden wir diese Besorgniß Lügen strafen. ir haben uns darauf eingerihtet, auch einen stärkeren Verkehr bewältigen zu Ffönnen, als wir ihn bisher gehabt haben, und ih glaube dann gerade dem Herrn Abgeordneten den Beo weis liefern zu können, daß die Staatseisenbahnverwaltung etwas ganz Anderes leisten kann, als die kleinen in vereinzelten Be- \trebungen {ih verzettelnden Privatbahnen.

Es ist noch ein Punkt, der mich bewegt, das Wort hier zu er- greifen. Der Hr. Abg. vom Heede hat vorhin auf die Bemerkung des Hrn. . Abg. Dr. Hammaher die Frage der Schmalspurbahnen

über meine Stellung zu den Shmalspurbahnea und gesazt, daß ih kein prinzipieller Gegner derselben sei, daß aber die Frage, ob el Schmalspurbahn oder eine Normalspurbahn am Orte, fih nicht: im Allgemeinen entscheiden läßt, sondern nach dem fon- kreten Fall ents{Wieden werden muß. Neben verschievenen anderen Interessen, die dabei zu berücksichtigen sind, sind es au die militärishen, für welche wihtige Rülksihten in Betraht kommen. Die Schmalspurbahn hat für die Militärverwaltung bekanntlih nun einen geringen, in vielen Fällen vielleiht gar keinen Werth, für die Industrie aber mitunter einen schr hohen. Daß wir einer solchen Einrichtung nicht grundsäglid abgeneigt sind, beweist das Exempel, welches Hr. vom Heede die Güte hatte anzuführen, wonahch wir für die Kreis Altenaer Schmalspurbahn nicht allein unser Wohlwollen, fondern auch eine ganze Menge Geld hingegeben haben, und ich meine, in Zukunft werden wir die Saße wiedecum so behandeln, praktis, nach der Beschaffenheit des cinzelnen Falles und unter Berücsiich- tigung aller übrigen Interessen, welhe zur Sprache kommen. Daß eine Normalspurbahn, wenn sie überhaupt ausführbar ift, Aaere Dienste leisten wird als eine Schmalspurbahn, glaube id im Allgemeinen sagen zu können. Ih will hinzufügen, daß diese Bahnen dritter Ordnung als solhe könnte ih sie ja wohl bezeihnen bisher nicht nah festen Grundsäßen behandelt worden sind, die Staatsregierung aber der Meinung ist, daß in dieser Beziehung Wandel geschaffen werden müsse. Es ist unsere Absicht, mit einem Gesetzentwurf hervorzutreten, der für diese Bahnen und Unter- nebmungen eine feste Basis schaff}t. Bei einem solhen Entwurf ist indeß eine Menge von Interessen zu berücksichtigen, auch Reichs- interessen kommen zur Sprache neben den Interessen der vershiedenci: Ressorts. Diese Erwägungen sind ziemlich zu Ende geführt, es müssen noch die Provinzialbehörden gehört werden, und dann hoffe ih, daß wenn irgend möglich wir Ihnen im nächsten Winter eine Vorlage machen können über die grundsäßlihe Behandlung derartiger Bahnen, damit das Willlücliche, was vielleiht bisher in denselben darin gelegen hat, künftig entfällt.

Abg. Mooren bat um einen besseren Anschluß der preußishen Bahnen an die belgischen; bie bisher vorhandene einzige Linie Aahen—Herbesthal—Lüttih genüge den Verkehrs- bedürfnissen nicht; es empfehle sich die Linie Schipperke— Namur—Lüttich. L

Abg. Dr. Avenarius vermißte in der Vorlage eine Linie von Goldberg nah Löwenberg und wünschte eine Erweiterung de Bahnhofs in Greiffenberg, die dringend nothwendig sei.

Abg. von Below-Saleske meinte, daß Diejenigen, die kein Vertrauen zu der Regierung hätten, aus staatspolitischen Gründen gegen die Verstaatlihung der Eisenbahnen sein könnten; unbegreiflich aber sci es Angesichts der Thätigkeit der preußishen Staatsbahnverwaltung, aus technishen Rückfsihten Bedenken gegen die Staatsbahnen zu haben. Es sei doch höchst zweifelhaft, ob die Privatbahnen so gesteigerten Verkehrsbedürfnissen Überhaupt hätten gereht wer- den fönnen. Daß die Vertheilung der Wagen keine gleich- mäßige gewesen sei, müsse man zugeben; ein Theil der Schuld falle auf diejenigen Jndustriellen, die auf die Anfrage des Ministeriums ihren Bedarf zu hoch angegeben hätten; diese Herren sollten künftig weniger „vorshlagen“. Jn Bezug auf die Nebenbahnen sei zu wünschen, daß die Rentabilitäts- frage nicht eine zu große Rolle spiele. Die Bahn- hofsbauten sollten möglichst zweckentsprehend und ein- fach hergestellt werden; man könne in dieser Beziehung von England lernen, wo die betreffenden Bauten zwar nicht den Schönheitssinn stärkten, aber überaus praktisch seien. Endlich sei zu empfehlen, bei der Forderung für Ersaßmaterial -in dem Etat hon der Steigerung des Verkehrs Rehnung zu tragen und Mittel für die Erweiterung des Materials zu verlangen. Das würde auch die Folge haben, daß der Eisenbahn-Etat weniger günstig aussehen und die Begehrlichkeit, an dem Gewinn der Bahnen Theil zu haben, nicht so stark hervor- treten werde. :

Abg. von Christen bemerkte, daß die Provinz Hessen in der Vorlage zu wenig berücksichtigt sei; insbesondere sei ein Anschluß der Bahn Eshwede—Wanfried—Treffurt an Brokerode, Kreis Schmalkalden, nothwendig. | :

Abg. Bork bat um eine Verbindung zwischen dem nassauishen Westerwald und Westfalen.

Abg. Broemel betonte, daß die Gegner des Staatsbahn- \ystems sih nunmehr auf den Boden der Thatsachen stellen müßten und ihre Aufgabe nur darin bestehen könne, ehr- lich mitzuarbeiten , hervortretende Schäden zu beseitigen. Der Courzszettel könne niht beweisen, daß der Ver- kehrsaufshwung von keiner Seite habe U Mag a werden können; bei den betreffenden Coursen müsse der Faktor der Spekulation mit in Betracht gezogen werden; außerdem wirke auf den Coursstand der Preis des Fabrikats mehr ein, als die Ausdehnung der Produktion. Jn dem Bestreben, den Wagenpark möglichst auszunugzen, sei für die Ausdehnung desselben nicht genügend Sorge getragen. Jn Oberschlesien sei die Gestellung der Güterwagen 1888 sogar erheblih zurückgeblieben hinter der von 1887; täglih seien nahezu Wagen 1888 weniger gestellt worden als 1887 ; da die Anforderungen der Jndustriellen aber noch viel höher gewesen, sei zuweilen ein Manco von 1200 Waggons pro Tag eingetreten. Einen großen Reservepark von etwa 25 Proz. des gesammten Materials zu halten, wäre unwirthschaftlich. Die starke Ausnugzung des Parks verlange indessen, mehr als bisher nothwendig gewesen, den Reservepark zu verstärken. Eine Folge davon würde freilih sein, daß die Ausnußung der einzelnen Güterwaggons, auf welhe die Staatsregierung heute so stolz sei, wieder etwas herabgedrückt werde; aber

egenüber diesen finanziellen Nachtheil der Staatsverwaltung tehe der Vortheil für unsere gejammte Produktion. Die Herstellung der Wagen könne dann auch gleihmäßiger auf die verschiedenen Jahre vertheilt werden ; es würde sonst ein Aufshwung in die Wagenbau-Jndustrie hineingetragen, der auf die Dauer nicht zu halten P Bei Personenwagen sei gegenwärtig das Reserveverhältniß stärker als bei den Güter- wagen. G Aua m Geheimer Ober - Regierungs - Rath leck wies darauf hin, daß der Zuführungsrayon in bershlesien im vergangenen A erweitert worden sei. Die Zahlen des Abg. Broemel seien niht zutèeffend; “nur in einem Monat sei die Gestellung der Wagen 1888 H 1887 zurüdgeblieben; im Ganzen sei sie 1888 um 3,2 Proz. stärker gewesen als 1887. Nur dadurch, daß die Anforderungen sprungweise in exorbitanter Weise lite A seien, habe sich der Wagenmangel so schwer fühlbar emacht. y Abg. Berger (Witten) bemerkte, daß die Behauptung des Abg. von Below, die Privatbahnen wären überhaupt nit im Stande gewesen, so viel Güter zu befördern, wie die Staats- verwaltung thatsächlih befördert habe, der Begründung ent- behre. Wenn man gereht sein wolle, müsse man sagen, die Staatsbahnen wie die Privatbahnen fochten beide mit Wass

estreift. Es ist gesagt worden, es bestehe die Meinung, es wäre cis ein Vorurtheil gegen S'bmalipuebahnen vorhanden. 2A habe mich in diesem hohen Hause hon früher einmal ausgesprochen

ihre Mittel seien dieselben. Bezüglich der Vorlage möchte er be-