1889 / 39 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 12 Feb 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Über begehen.

B Gebührenüberhebung \{uldig; diese Straf- that kann ein Rehtsanwalt nur seiner eigenen Partei gegen-

: Der Bevollmächtigte un Bundesrath, Königlich sächsishe Geheime Regierungs-Rath Vodel is hier ange- mmen.

Der hiesige chinesishe Gesandte, Hung, ist von St. Petersburg, wohin er sih gegen Mitte v. M. begeben Milte, nah Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der

esandtshaft wieder übernommen. :

Als Aerzte en sih niedergelassen die Herren : Dr. Jak. Müller, Dr. Braun, Dr. Jos. Cohn, Br. Schreiber, Dr. Schweißer und Dr. Roßmy, sämmtlich in Berlin, Dr. Riemann in Benndorf, Kreis Naumburg, Dr. Evens in Weißenborn, Dr. Piro in Trier.

S. M. Kreuzer-Fregatten „Moltke“, Kommandant

Kapitän zur See Schulze, und „Gneisenau“, Komman-.

dant Kapitän zur See Schwarzlose, sind am 10. Februar cr. in Cagliari (Jnsel Sardinien) eingetroffen und beabsichtigen, am 11. d. M. wieder in See zu gehen.

Anhalt. Dessau, 9. Februar. (Anh. St.-A.) Der Prinz Aribert ist heute Abend hier cingetroffen.

Reuß: ä. L. +Greiz, 10. Februar. Jhre Dur(hlauchten der Fürst und die Fürstin sind heute, nah mehrwöchigem Aufenthalt an dem Fürstlihen Hofe zu Bückeburg, wieder hier eingetroffen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 11. Februar. (W. T. B.) Der „Politishen Correspondenz“ zufolge begiebt sich Graf Kälnoky in diesen Tagen auf einige Zeit an das Kaiser- lihe Hoflager nah Pest.

Wie die „Presse“ meldet, hat der Minister für Landesvertheidigung die politischen Behörden benachrichtigt, daß die Hauptgestellung Konskriptions- pflihtiger des Jahres 1889 möglichst auf Grund des neuen Wehrgeseßes stattfinden solle. Da jedoch die ver- fassungsmäßige Genehmigung des Geseßes noch -ausstehe, würden die geseßzmäßigen Vorarbeiten auf Grund des bisherigen Geseßzes durchgeführt,

Pest, 11. Februar. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin sind heute Nachmittag hier eingetroffen und am Bahnhof von. dem gesammten Ministerium, den Mitgliedern der beiden parlamentarishen Häuser, zahlreichen Vertretern der Aristokratie, dem hohen Klerus sowie von den Behörden der Stadt und des Komitats empfangen worden. Beide Majestäten reihten dem Minister-Präsidenten von Tisza die Hand. Eine ungeheuere Menschenmenge hatte sich am Bahnhof und auf dem Wege nah der Gosbura versammelt und begrüßte die Majestäten mit enthusiastishen Eljenrufen.

Jn dem Monatsbericht der Oberhauptmannschaft an den Verwaltungsaus)chuß geschieht der anläßlich der Berathung des e eges stattgehabten öffentlichen Age unaen mit dem Bemerken Erwähnung, daß die Polizei, falls sich die Störungen der öffentlihen Ruhe er- neuern sollten, denselben mit der größten Strenge ent- gegentreten werde.

Frankreih. Paris, 11. Februar. (W. T. B.) Der Senat nahm heute den Antrag Lisbonne an, wonach die Vergehen wegen C durch die Presse den 8 uGtpolizeigeridten zur Aburtheilung überwiesen werden

ollen.

Bei Beginn der heutigen Sizung der Deputirten- kammer wurde für denGeseßentwurf, betreffend die D eung derBezirkswahlen, die Dringlichkeit mit 283 gegen 274Stimmen angenommen. Der Minister-Präsident Floquet erklärte, er sei ein Anhänger des Listenwahlsystems gewesen, habe den demselben gewährten Vorzug aber aufgegeben im Hinblick auf die Stimmung und die. Jnteressen des Landes, das eine große Bewegung zu Gunsten des Bezirkswahl- systems an den Tag gelegt habe. Jm Uebrigen befinde man sich auch einer Konspiration koalisirter Parteien gegenüber, man müsse dieser Wahlvershwörung so lange entgegenwirken, bis die Macht des Gesetzes die ungeseßlihe Vershwörung verhindere. (Beifall auf der Linken und im Centrum.) Die Generaldebatte wurde darauf geschlossen; die Kammer be- {loß mit 290 gegen 266 Stimmen, zur Berathung der einzelnen Artikel der Vorlage überzugehen. Jn der Spezial- debatte wurden sämmtliche Artikel der Vorlage angenommen. Ueber das ganze Geseg wurde von der Rechten namentliche Abstimmung beantragt. Diese Abstimmung ergab die An- nahme des Gesegyes mit 268 gegen 222 Stimmen. Die Kammer vertagte sih sodann auf nächsten Donnerstag.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 11. Februar. (W. T. B.) Hier Ange ingene Nachrichten aus Tschardshui (Bokhara) besagen : A A Chan habe nach seiner Ankunst in N S harif damit begonnen, gegen die An - hänger Jshak Chans Leibes- und Lebensstrafen zu verhängen und Maßregeln zu ergreifen, welche von Uebelwollen gegen Rußland zeugten. Der kommerzielle Verkehr sei verhindert, die Posten an der Grenze seien verstärkt worden. Auch seien Gerüchte von einem nahe bevorstehenden Kriege verbreitet worden. Obschon Abdurrahman Chan diese Gerüchte wahrscheinlih nur in der Absicht verbreite, die Aufmerksamkeit der Bevölkerung von den inneren Vorgängen abzulenken, habe man russischer- seits doch Vorkehrungen treffen müssen, um möglichen Feind- D ia zu begegnen und jede Störung des Friedens zu

verhindern.

12. Februar. (W. T. B.) Nah weiteren Nach- rihten aus Tschardshui, von gestern, ist General Komaroff mit dem Chef seines Generalstabes dort ein- getroffen. Abdurrahman befindet sich gegenwärtig mit großem Gefolge in Chulm (Taschkurgan), 32 Werst vom

mu Darja entfernt.

Riga, 11. Februar. (W. T. B.) Der Kurator des Dorpater Lehrbezirks, Geheimrath, Kapustin, hat be- tres Einführung der russishen Sprache als Unter- rihtss\sprache in den tig A Schulen einen sehr strengen Erlaß veröffentlicht, demzufolge alle Lehrer der Stadt-Elementarschulen, welche unfähig sind, den Unterricht in russisher Sprache zu ertheilen, im August entlassen ' werden sollen. Diejenigen Gymnasiallehrer, welche die russische Sprache niht mehr zu erlernen fähig sind, dürfen nur noch

lishe Erzbischof Menini.

angeordnet, die deutshe Privat-Adelsshule] in Griva (Kurland) zu \chließen. : N 12. Februar. T. B.) Gégen den Munizipal- LRrE Hiller, welcher beschuldigt wird, bei Ausübung seiner unktionen den Bestimmungen über den Gebrau der russi- hen Sprache zuwiderzuhandeln , ist die Untersuchung ein- geleitet worden. :

Jtalien. Rom, 11. Februar. (W. T. B.) Jn dem eute stattgehabten geheimen Konsistorium übertrug der apst den Titel des Kämmerers des heiligen Kolle- giums von dem Kardinal Parochi auf den Kardinal Laurenzi und hielt hierbei eine Allokution in lateinischer Sprache. Die Erzbishöfe Dusmet und d'Annibale wurden zu Kardinalpriestern und Monsignore Macchi zum Kardinaldiakon ernannt. Außerdem wurden mehrere Kirchenfürsten, darunter der Bischof von Linz, präkonisirt.

12. Februar. (W. T. B.) Gestern Abend sammelten sich in dèr Emanuel-Philibertstraße wieder etwa 100 Arbeiter an, welche von den Militärposten zum Aus- einandergehen aufgefordert wurden. Hierbei kamen mehrere Verhaftungen vor. Auch bei Anbruch der Naht wurden 3 Personen verhaftet, welche den Geschästsleuten an der Piazza Spagna den Rath gaben, eiligst ihre Läden zu \{hließen, da ernste Tumulte bevorständen. Heute zeigt die Stadt überall ihr gewohntes Aussehen, jedoch bleiben die Wachtposten aus-

gestellt. s

12. Februar. W. T. B.) Jn der gestrigen Allokution erklärte der Papst: er trahte vor Allem dana gute Beziehungen zu den Mächten herzustellen, und hege au die Hoffnung, die derzeitigen Unterhandlungen mit Rußland würden erfolgreich sein; zwar seien die Bischöfe noch nicht ernannt, die Interessen der Polen würden aber ge- wahrt werden. Auf die Unruhen in der Stadt an- spielend sagte der Papst: die Verwegenheit böser Triebe wende sih gegen die Fundamente der bürgerlichen Gesell- haft, weil das Volk nit mehr die Stimme der Religion hôre. Friede sei dringend nothwendig, und alle Staaten scheuten die Schrecken des Krieges. Die großen Rüstungen seien aber nicht Vertrauen erweckend und die dadurch veranlaßten Kosten so drückend, daß man sich fragen müsse, ob nicht ein Krieg besser wäre. Der Friede müsse sih gründen auf die Pflege der Religion und den Glauben an Christus, dann nur werde er von Dauer sein.

Niederlande. Haag, 11. Februar. (W. T. B.) Das Befinden des Königs hat sih stetig gebessert, sodaß derselbe jeyt wieder arbeiten und sih leiht und bequem be- wegen kann.

Serbien. Belgrad, 11. Februar. (W. T. B.) Die zwischen dem König und der radikalen Partei ein- geleiteten Verhandlungen betreffs Bildung eines neuen Kabinets sind seit einigen Tagen eingestellt, weshalb in. maßgebenden Kreisen der baldige Antritt eines aus der radikalen Partei gebildeten Kabinets bezweifelt wird. Der Kabinetswecsel ist troßdem als bevorstehend anzusehen, da das jegige Kabinet auf Enthebung drängt.

Bulgarien. Phil ippopel, 11. Februar. (Pol. Corr.) Der Prinz Ferdinand und die Herzogin Clementine von Coburg sind bei. ihrer Ankunft hierselbst mit großen Ovationen empfangen woxden! Der gesammte Klerus mit dem Bischof Parthenius war zur Begrüßung auf dem Bahnhof anwesend, ebenso der griechische Bischof Joakim und der katho- Der Aufenthalt des Prinzen und seiner Mutter in Philippopel wird etwa 14 Tage dauern.

Schweden und Norwegen. Christiania, 8. Februar. Die von dem König bei der feierlihen Eröffnung des Storthing verlesene Thronrede betont im Eingange „das unverändert bestehende freundschaftliche Verhältniß zwischen den vereinigten Reichen und allen fremden Mächten.“ Dann heißt es ferner: „Der allgemeine Wunsh nah Frieden und Ein- tracht zwischen den Staaten giebt mir die Hoffnung, daß unsere internationalen Verbindungen werden aufrechterhalten und befestigt werden. Mit Gottes Beistand können wir uns ruhig der Arbeit für den Fortschritt auf dem Gebiet des Staatsleben s hingeben und das Werk weiterführen, das wir in Erbe genommen haben. Große Aufgaben liegen den Staatsbehörden ob, wenn die Jnteressen des Landes zeitgemäß wahrgenommen und die Entwickelung in die richtigen und sicheren Wege geleitet werden soll.“ Auf die Förderung ver- schiedener älterer Geseßentwürfe, betreffend die Volksschule, die Norwegische Bank, die Landverpahhtung, die Führung von Handelsregister und iu das Navigationswesen und die Errihtung einer ensionskasse für öffentlihe und fommunale Beamte, wird die besondere Aufmerksam- keit des Thinges hingelenkt. Auch die Annahme ver- schiedener neuer Geseßentwürfe, u. a. betreffend die Verbesserung der Lage der Arbeiter, das Gerichtsverfahren in Strafsachen, die Organisirung der Streitkräfte in den nörd- lichen Gegenden des Landes u. st. w., wird als sehr wünschens- | werth bezeihnet. Die vom Storthinge beshlo}ene Reorgani- sation der Armee is soweit durchgeführt, als die nöthigen Vorarbeiten und die bewilligten Mittel gestatteten. Schließlich wird auf die erfreulihe Besserung des Zustandes der Staats- finanzen hingewiesen: die Einnahmen seien im Steigen, und das vorzulegende Budget zeuge, zur großen Zufriedenheit des. Königs, von besseren Zeiten. Dadurh werde es nun auch ermögliht werden, der Hebung der Erwerbs- zweige und der Verbesserung der Kommunikationen größere Aufmerksamkeit zu \{henken. Staats-Minister J. Stang verlas alsdann den Bericht über den Zustand und die Verwaltung des Staats während des leßten Jahres. Nach dem gleidzeitig vorgelegten Budget für das Finanz- jahr 1889/90 sind die Ausgaben mit 44 750 Kronen berehnet, wovon entfallen : auf das Königliche Haus 486 182 Kronen, Storthing und Staatsrevision 415 100 Kronen, Staatsrath und Regierung 1 186 200 Kronen, Kirchendeparte- ment 4 472 365 Kronen, Justizdepartement 4546 959 Kronen, Departement des Jnnern 1 354539 Kronen, orstverwaltung 4 352 320 Kronen, Departement der öffentlihen Arbeiten 9 091 135 Kronen, Finanz- und Zolldepartement 8 127 872 Kronen, r Sgunggdepartement, Armee 7 079 500 Kronen und Flotte 28322 Kronen, äußere Angelegenheiten 667 835 Kronen und zufällige Ausgaben 147 704 Kronen. Die Einnahmen sind auf 44950000 Kronen ver- anshlagt, wovon allein 30395000 Kronen auf die ölle, 7739439 Kronen auf die Staatsbahnen 2c. und 620 000 Kronen auf die Postverwaltung entfallen. Der

442 278 im Jahre N und 215 733 (172 61 nach dem Auslande befördert und 257 385 (214 253) Tele- Die Einnahmen be- gegen 1096103 Kronen im

gramme aus dem Auslande erhalten. e 1 263 858 Kronen, a

t I

e 1887.

Zeitungsfstimmen.

Die e Mag eurglge Hettung" bemerkt :

Bei der Abstimmung über die Krondotation im Abgeordneten- hause ist am Sonnabend, wie {on vorher bekannt geworden, mitten durch die deutschfreisinnige Partei ein klaffender Riß gegangen. Gegen die Vorlage stimmten außer den beiden dänishen Mitgliedern und dem Uge des Centrums Virnih die Abgg. Richter, Langer- hans, Munckel, Parisius, Schmieder, Halberstadt, Dr. Otto Hermes, Papendieck; Virchow enthielt sich der Abstimmung; die Mehrheit der deutschfreisinnigen Partei, 16 Mitglieder, stimmten für die Vors lage, vier fehlten. Hr. Richter hatte dabei offenbar eine Kraftprobe machen wollen und ist unterlegen. In die Budget-Kommission wurde er zur Berathung dieses Gegenstandes, wie jeßt bekannt wird, auf seine eigene Forderung gegen den ursprünglich in der Fraktion egte Wunsch delegirt, und \o kam es zu der wunderbaren Erscheinung, daß die beiden deutschfreisinnigen Kom- missionsmitglieder gegen die Vorlage stimmten, hernah im Plenum aber die größere Hälfte der Fraktion für die Erhöhung. Welche Poen für die deutshfreisinnige Fraktion als solche diese Spaltung aben wird, muß man abwarten. Einstweilen fordern die extremen. Blätter der Partei die Wähler auf, strenges Gericht über die „um- gefallenen“ Abgeordneten zu halten, namentlich die Berliner. Es muß allerdings überaus \{chmerzlich für Hrn. Richter sein, daß selbst die festen Parteisäulen der Reichshauptstadt ins Wanken gerathen.

Jn dem „Hamburgischen Korresponden“en“ lesen wir:

Die von dem Straßburger Abg. Petri im Reichstage begonnene Erörterung über den Paßzwang ist in der vergangenen Wocbe im Landes-Ausshuß zu Straßburg fortgeseßt worden, Wie im Reichs- tage, so ist auch im Landes Ausschuß die Angelegenheit fast aus- ließli von Abgeordneten behandelt worden, welhe nach ihrer wiederholt abgegebenen Erklärung rückhaltlos auf deutscher Seite stehen, zum Theil ja auch seit einer langen Reihe von Jahren sich: des Vertrauens der deutshen Verwaltung erfreuen. Wenn daher gerade aus diesem Kreise eine Verhandlung „in \{ärfster Tonart“ für erforderlih gehalten und in einer Sprache geführt wurde, welche ehedem faum bei den Vertretern der Protestpartei üblih war, so liegen einem solchen Auftreten wohl um so mehr parteitaktische Motive zu Grunde, als in die Erörterung der Ursachen, welche zum Erlaß der Paßverordnung geführt haben, Seitens der deutschfreund- lichen Bekämpser der leßteren gar nicht eingetreten ist. Diese Ursachen führen, wie der elsaß-lothringishe Unter-Staatssekretär des Innern darlegte, auf die bekannten Vorgänge des Jahres 1887, ja noh weiter, auf das Jahr 1883 zurück, in welchem die Landesverwaltung si. bereits genötbigt sah, der französischen Spionage und der französischen Agitation ein \chärferes Augenmerk zuzuwenden. Beides die Spionage sowohl wie die Agitation hat bis zum Jahre 1887 und darüber hinaus in I Maße zugenommen, und die Landes- regierung hat einfa ihrer Pfliht gegen das Land selbst wie gegen das Reich genügt, indem sie Maßregeln traf, welche mit den bedauer- lihen Erscheinungen, wie sie von den Behörden beobachtet, zum Theil ja auch durch gerihtliche Entscheidungen konstatirt wurden, gleichen Schritt hielten.

Dieses Verfahren ist ein so natürlihes, daß, wenn die Regierung. des Reichslandes die ausreihenden Mittel zur Abwehr derartiger Be- strebungen nicht! besessen hätte, das „gegenwärtige verfassungsmäßige Verhältniß ‘Elsaß-Lothringens, zugleich im Interesse der Sicherheit: des Reichs, kaum aufrehtzuerhalten gewesen wäre. Da die jetzige deutshfreundlidze Partei des Landes \sich aus der autonomistishen Gruppe heraus entwickelt und wesentli auf dem autonomistischen Gedanken beruht, so verkennt sie ihre eigenen Prinzipien, wenn sic die Regierung in denjenigen Maßnahmen bekämpft und zu hindern suht, welche ihr im Interesse der Erhaltung der Reichs\icherheit an der Westgrenze obliegen. Sie verkennt aber auch weiter ihr eigenes Partei- Interesse, welches durch das Fernhalten der feind- lihen französischen Einflüsse nur gewinnen kann. Die Bekauptung. des Abg. Petri, daß die Paßverordnung das Erstarken der deutsch- freundlichen Partei lähme, beruht daher auf einem in der Sache selbst liegenden Widerspruch, stimmt au nit mit den gut beglaubigten Nachrichten von dem sehr vortheilhaften Eindruck überein, welchen die: entsbiedene Haltung der deutshen Verwaltung vielleicht niht auf die ew aber um so mehr auf die breiteren Schichten der Bevölkerung ausübt.

Es will aber auch im Uebrigen seinen, als ob die Beschwerden über die Paßverordnung und ihre Folgen ganz zu Unrecht an die Adresse der deutschen Behörden gerichtet werden. Mit der denkbar \hroffsten Behandlung Fremder, dem Spionengeseß, der Fremden- ausweisung hat es das Beispiel gegeben. Jn Folge des. Spionengesetßes ist es z. B. keinem deutshen Offizier mehr möglich, zur Befestigung der eigenen Gesundheit oder mit erkrankten Familien- mitgliedern in das füdlihe Frankrei zu gehen, da seine Cigenschaft als Offizier genügen würde, ihn allen Folgen des Spionengeseßes: auszuseßen. Jm Gegensaß dazu sind bis in die leßten Wcchen fort- geseyt \ranzösische Offiziere in Deutschland betroffen worden, die {ih mit ein- bis zweimonatlihem Urlaub, angeblih zur Erlernung der deutschen Sprache, hier aufhielten, obgleih ein solcher Urlaub nach aml:liher französischer Neun nit mehr ertheilt werden soll. Frankreich hat ferner das Beispiel einer Fremden- heße gegeben, wie sie dort selbst im Jahre 1870 nicht stattgefunden. hat. Deutsche, die seit Jahrzehnten ruhig in Frankrei lebten und ihrem Erwerbe nachgingen, find durch die unbehinderten Denuncia- tionen der französishen Heßpresse in dem leßteren, ja in ihrer Person so gefährdet worden, daß sie es vorzogen, das Land zu verlassen ;; andere sind ohne jede Veranlassung einfa ausgewiesen worden. Die französisGhen Zeitungen veröffentlichen ganze Verzeichnisse von den in Franfreich ansässigen deutschen Kaufleuten, mit Angabe der Woh- nungen, um sie den gelegentlihen Ausbrüchen des Pöbels preis-- zugeben; diejenigen französischen Firmen, welche mit deutsh:n Fa-- briken in Verbindung standen, wurden in der Oeffentlichkeit namhaft emacht, es ward an den Patriotismus der Bevölkerung app-llirt,. eine deutschen Waaren zu kaufen. Noch vor wenigen Wochen ist ein deutscher Eisenbahnschaffner, der einen russishen Großfürsten in seinem: Salonwagen dienstlich durch Frankrei zu begleiten hatte, kaum seines Lebens sicher gewesen, von anderen Vorfällen, wie von dem Angriff auf die Studenten in Belfort u. #. w., zu geschweigen,

Nachdem somit von französisher Seite in jeder Weise durch Maßnahmen der Behörden wie durch das Verhalten der Bevölkerung. dargethan worden, daß man Deutschland und den Deutschen den Ver- kehr, wie er zwischen friedlichen und civilisirten Völkern üblich ist und wie er sich auch in den ersten Jahren nah dem Kriege wieder entwickelt hatte, in und mit Frankreich nicht gestattet; erwächst für: Deutschland das Recht und die Pflicht, auch seine Interessen zu wahren. Nachdem französischerseits die denkbarste Ungastlichkeit zur Verkehrsform mit Deutschland gemacht is, mußte deutscherseits. der weitgehenden Schonung und Duldsamkeit, die hinsichtlicck des Verkehrs der Franzosen in Elsaß- Lothringen bis dahin. beobahtet worden war, ein Ende gemaht werden, Können deutshe Offiziere nicht in Frankreih reisen und erkrankte: Pau enmanes besuchen, so ist die Anwesenheit franzöfischer fiziere auf deutshem Gebiet, sei es selbst zum „zweimonatigen Sprachstudium“, nit zulässig. Kann ein deutsher Geschäftsmann in

10 Stunden in der Woche Unterricht ertheilen. Ferner wird

Budgetvoranschlag {ließt mithin mit einem berechneten Ueber- schuß von 200 000 Kronen. Die Staatstelegraphen-Verwaltung

Srankreih seinem Erwerb nit mehr nachgeher, so ist es begreiflih,. daß man deutscherseits mit der Paß- und Aufenthaltsgewährung an

hat im Jahre 1888 772078 inländische Pleara mte "(gegen elegramme

e Geschäftsleute für Elsaß-Lothringen zum Mindesten sehr fránzosse ist. Daß Schaaren her Offiziere Jagden in Elsaßz- Lothringen pachten und zu Jagdzwecken wochenlang im Lande weilen, ist aus Gründea nit mehr angänglich, die keiner weiteren Erörterung bedürfen, die aber auch im Lande des Spionengeseßes nicht weiter auffallen türfen. Ebenso war dem unbehinderten Ein- und Ausgehen der Optanten, sowie der jungen Leute, welhe zur Umgehung der deutschen Dienstpfliht nach Frankreih ausgewandert sind, ein Ziel

M segen. bem von französisher Seite die Grenzlinie gegen Deutsch{- land so scharf markirt worden ist, blieb uns Deutschen nichts weiter übrig, a1s entsprehende Gegenmaßregeln zu treffen, was bis jeßt noh mit großer Schonung geschehen ist. Frankrei hat ßch außerhalb der Geseße friedlihen und civilisirten Verkehrs gestellt. Was bleibt \ ai uns übrig? Diejenigen deuts{freundlichen Elsässer, denen an dem Verkehr mit Frankrei so sehr gelegen ift, oder die seiner für ihre Familien- und sonstigen Zwecke bedürfen, werden ihre gegen die teutshe Paßverordnung gerihteten Wünsche nit dur erregte Reden und nahweislich übertriebene Schilderungen erreihen. Zweckmäßiger würden sie ihren Einfluß auf ihre französishen Freundeskreise dahin geltend machen, zuvörderst in Frankreich selbst die Herstellung solcher Verkehrsformen für die Deutschen zu ermöglichen, wie sie für die Dauer friedlicher Verhältnisse beansprucht werden müssen. Bis dahin ist der Paßzwang eine sehr \{chonungsvolle deutshe Antwort auf die französische Herausforderung.

Unter der Ueberschrift „Englands Wehrkraft“ sagt das „Deutsche Tageblatt“: l: j

Die Nothwendigkeit einer ansehnlichen Verstärkung der englischen Seestreitkräfte wurde bisher nur unter den Autoritäten vom Fah ebenso rückhaltslos anerkannt als dringlichst befürn ortet. Zahlreiche Preßstimmen von Gewicht hielten mit ihrem zustimmenden Verdikt zwar ebenfalls niht hinter dem Berge, aber das englische Publikum im Großen und Ganzen, desgleidyen auch das - Parlament und be- dingungäweise selbst die, auf |tetes Handinhandgehen mit der Majorität angewiesene Regierung seßte dem Andrängen der Fahmänner eine Haltung entgegen, die, wénn auch nicht gerade ablehnend, so doch nicht ge- rade entgegenkommend genannt werden konnte. Der englische Durchschnitts- wähler legte und legt gewohnheitsmäßig den Schwerpunkt seines Ver- trauens zu dem gerade am Ruder befindlihen Ministerium in dessen finanzielle Kapazitäten; er ist aeneigt, demjenigen Regierungssystem die Palme zuzuerkennen, welches unter den geringsten Anforderungen an den Beutel der Steuerzahler das budgetäre Gleichgewicht her- stellt. So lange dieser Gedanke die öffentlihe Meinung beherrscht, fann man es dem jeweiligen Scaytkanzler natürlich nit verargen, wenn gerade er sich nit sonderlich übereilt, den Anstoß zu finanzielien Mehrbelastungen zu geben, möchten sie in ihrer Art noch so ein- wandsfrei begründet erscheinen. Daher kam es denn, daß die Frage ciner nahhaltigen außerordentlihenFlottenverstärkung ihren akademischen Charakter jahraus,jabrein beibehielt, weil Jedermann Anstand nahm, mit dürrenWorten demSteuerzahlec eine erhebliheMehrbelastung desBudgets anzukündigen Jetzt scheint nun das Eis definitiv gebrochen, die öffent- lie Meinung ju entgegenkommenderen Arschauungen bekehrt worden zu sein, aber, und das ift das Bemerkenswerthe, niht durch die Argu- mente der Marine- Autoritäten, sondern durch eine Kundgebung aus den Kreisen des Landheeres, nämli dur Lord Wolseley's begeisterte Anpreisung der allgemeinen Wehrpflicht. Es treibt, sozusagen, ein Keil den andern. Den Engländer dünkt, mit wenigen vorurtheils- freien Ausnahmen, der gezwungene Dienst im Heere das Schredcklichste der Schrecken; sein vorwiegend dem bürgerlichen Geschäft zugewandter Sinn läßt ibn in der Hingabe einiger Lekensjahre an den Waffendiecnst beinahe ein Attentat auf die vitalsten Existenzbedingungen der wirthschaftlihen Prosperität des Reichs er- bliden; dazu kommt die durch den Nimbus jahrhundertealter Tradition gehciligte Vorstellung, daß das Werbesystem die eigentlihe Säule aller nationalen englishen Wehrkraft bilde, und wohl auch eine sehr entsGiedene Abneigung gegen den Geist strenger Unterordnung und \{chweigenden Gehorsams, als unverträglih. mit dem Grundsaße alt- englisher „Freiheit“. Allein der Engländer is praktis genug, um einzusehen, daß mit den gegenwärtigen Einrichtungen des Heeres England einem feindlichen Einbrud niht gewachsen ist; will man daher von der Einführung der allgemeinen Wehr- pfliht mögli lange verschont bleiben, so muß man Sorge tragen, daß England zur See so stark werde, um jeden feindlichen Landungs- versuch im Vorhinein autsihtslos zu machen. Das ist der wahre Grund, weéhalb neuerdings die öffentlihe Meinung ihren Widerstand gegen die Wünsche der Flottenvermehrer plößlih hat fallen lassen und nan auf einmal anfängt, ihrerseits mit der bezüglichen Initiative voranzugeben. Zwischen die beiden Uebel einer nachhaltigen finan- ziellen Anstrengung für die Flotte und den Ausblick auf Einführung der allgemeinen Wehrpflicht gestellt, entscheidet sich die große Masse des englishen Volks unbedenklih zu Gunsten der Flottenvermehrung, als des in ihren Augen „kleineren Uebels“.

Centralblatt für das Deutsche Rei ch. Nr. 7, Inhalt: Zoll- und Steuerwesen: Bundesrathsbeschluß, betreffend nahträgliche Genehmigung der aus Anlaß des deutsch-\cweizerishen Zusahy- Handelsvertrags erlassenen Auéführunesvorschristen 2c. Erläuterung und Akänderung der Anweisung zur Untersuhung von Syrup und raffinosebaltigem festen Zuker. Ausscheiden der Stadt Hadersleben aus der Reihe der Orte, an welchen gemischte Privat-Transitlager für Getreide 2c. zugelassen sind. Veränderungen in dem Stande oder den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen. RKonsulatwesen: Exequatur. Ertheilrngen. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Neichsgebiet.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 6. Inhalt: Amtliches: Personal-Nachrichten. Nichtamtliches : Ueber Eisen- bahn: Schneeshutz- Anlagen. (Schluß.) Der Baumeister des Fried- rihstaues vom Heidelberger Schlosse. (Schluß.) Entwurf zu einem oberrheinishen Schiffahrtskanal. (S{luß.) Erweiterung des preußishen Staattbahnnezes und Anlage neuer Eisenbahnen unter- geordneter Bedeutung. Vermischtes: Louis Boissonnet-Stiftung. Preiébewerbung um eine evangelische Kirche nebst Pfarrhaus in Dorimund. Ausstellung im Lichthofe des Berliner Kunstgewerbe- Museums. Getreideausfuhr in Rußland.

Statistische Nachrichten.

Die Bevölkerungs- und Wohnungs- Aufnahme vom 1. Dezember 1880 in der Stadt Berlin. Im Auf- trage der Städtischen Deputation für Statistik bearbeitet von Richard Böch, Direktor des Statistischen Amts der Stadt Berlin (Berlin, Kommissionéverlag von Leonhard Simion. 1868). Nah der vor Kurzem erschienenen zweiten Abtheilung (B) des dritten Hefts betrug am 1. Dezember 1880, was die Differenz der beiden Geschlechter innerüalb der einzelnen Civilstandéklassen betrifft, das Verhältniß zwischen den ledigen männlihen und den ledigen weiblihen Personen für ganz Berlin 100 : 95. - Relativ am höchsten für das weibliche Geshleht stand mee Verhältniß in der unteren Friedrihs-Vorstadt, wo es 100 : 282 beträgt, dann im Thiergarten mit 100 : 208, in der oberen Friedrihs-Vorstadt mit 1C0 ; 184, in der Schöneberger Vor- stadt mit 100 : 170, in der Friedri{stadt mit 100 : 117. Es folgte

" die Rosenthaler Vorstadt, wo die Anzahl der ledigen männlihen zu

der der ledigen weiblihen Erwachsenen sich wie 100 : 109 verhielt, dann das Königsviertel (100 : 104) und die diesseitige Luisenstadt (100 : 101). Auf dem Durchschnitt der Stadt stand Neu-Kölln. In Alt-Kölln betrug das Verhältniß 100 : 93, im Stadttheil Berlin R in der Vorotheenstadt 100 : 80, Es folgten der Wedding, Friedrihs- werder, die jenseitige Luisenstadt, die Friedrih-Wilhelmstadt und Moabit, in denen das Verhältniß 100 ; 79 bezw. 78, i E V ots 7s den Ln fanden A tarke Differenzen. n ganz Berlin waren n

Übefrcuen als Ehemänner, Ein erheblicher Uebershuß von

4

anwesenden Ehemännern fand \sich nur im Staditheil Berlin, wo sih die genten ns zur Zahl der anwesenden Ehefrauen wie 100 : 94 verhielt, in der Friedrih-Wilhelmstadt, wo das Verhältniß 100: 95 und in Moabit, wo es 100: 96 betrug; in den meisten der übrigen Stadttheile waren relativ mehr Ehefrauen als Ehemänner an- wesend. Bei den Verwittweten überwiegen in allen Staditheilen die Wittwen; so waren in Friedrihswerder 5,5, in der Schöne- berger Vorstadt 5,4, in der oberen Friedrihs-Vorstadt 5,3 und in der Dorotheenstadt 5 mal so viel Wittwen als Wittwer. Die Fahl der Wittwen im Verhältniß zur Zahl der Ehefrauen ergab das

aximum in der oberen Friedrichs-Vorstavt, wo auf 100 Ehe- frauen 43 Wittwen kamen. In der unteren Friedrihs-Vorstadt betru das Verhältniß nur 39 9/0, in der Friedrih-Wilhelmstadt 38 9/9 un im Spandauer Viertel 35 %/. Am niedrigften war das Verhältniß in Moabit mit 20%, auf dem Wedding mit 21/0 und in der jen- seitigen Luisenstadt mit 22 9/0, also in den ärmeren Gegenden der Stadt. Bei den Geschiedenen überwog gleihfalls durchgehends ‘das weiblihe Geschleht ; die größte Annäherung wiesen die Zahlen in Moabit auf ; am weitesten gingen sie in Neu-Kölln auseinander, wo die Zahl der geschiedenen Frauen mehr als das Dreifache der Zahl der geschiedenen Männer betrug.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Akademie zu Brüssel, Abtheilung für s{öne Künste, hat, wie die „Kunst für Alle“ mittbeilt, den Direktor Bode in Berlin und Kupfersteher /Raab in München zu Mitgliedern ernannt. Demselben Blatt zufolge ist die vorjährige Akademische Kunst-Ausstellung in Berlin troy der ungünstigen Ver- hältnisse, mit denen sie wegen der vielen Konkurrenz-Aus- stellungen zu kämpfen hatte, für die Veranstalter äußerst günstig ver- laufen, denn es konnte ein Ueberschuß von über 40000 4 dem be- kanntlich zu Unterstüßungen nothleidender Künstler, welche sich an den Ausstellungen der Akademie betheiligt haben und deren Hinterbliebenen be- stimmten Fonds überwiesen werden, Au diese Ausstellung erfreute sich wie ihre Vorgängerinnen der lebhaften Betheiligung Seitens der ausstellenden Künstler, welche im Ganzen 1455 Kunstwerke (gegen 1324 im Jahre 1887) eingesandt hatten, und zwar 899 Oelgemälde, 339 Nummern Aqua- relle und Zeichnungen, unter denen sih schr umfangreiche cykliscche Darstellungen befanden, ferner 71 Werke der graphishen Künste, 134 Skulpturen und endlih 12 architektonishe Zeichnungen. VBesucht wurde die Ausftellung, abgesehen von etwa 4000 Inhabern perma- nenter Saisonkarten, von 298 174 TageLeintrittsgeld zahlenden Per- sonen. Von den ausgestellten Werken wurden verkauft: 125 VDel- gemälde, 73 Aquarelle und Zeichnungen, 19 Bildwerke und 6 Werke der graphishen Künste, also. 223 Kunstwerke für 185 807 A Nicht gerehnet find die zahlreihen Stiche und Bildweike, welche zum Zweck der Verloosung von der Akademie direkt angekauft wurden.

Kleines Urkundenbuch zur neueren Verfassungs- geshichte. Zunächst für den Handgebrauch seiner Zuhörer zusammen- gestelt von Dr. J. Jastrow, Dozent der Geschihte an der Uni- versität Berlin. Verlin 1889; R. Gärtner's Verlagsbuchhandlung, Hermann Heyfelder (8W. Schönebergerstraße 26). Der Verfasser hat seinen Vorlesungen und Uebungen über deutshe Verfassungs- geschichte in den leßten Jahren regelmäßig eine Anzahl Textstellen aus Gefeßen. .Staatsverträgen und Denkschriften zu Grunde gelegt. Die Unzuträglichkeiten, die erfahrungsgemäß mit dem Diktiren oder Abschreiben verbunden sind, ließen eine Drucklegung rathsam erscheinen. Dem Zweck derselben entspraŸH die Beibehaltung der Schreibweise der Sammlung, aus welcher der Auszug genommen ist. Den so zusammen- gestellten Auszügen sind die heutigen Verfassungsurkunden des Reichs und Preußens in ihrem vollen Wortlaut beigegeben.

„Unsere Todten“. Deutsche Lieder und Romanzen. Nebst einem Anhange; Gesänge für vaterländishe Gedenktage. Von Gustav Weeck. Paderborn, Verlag ‘von Ferdinand Schöningh, 1889. In vorliegenden Gedichten bietet der Verfasser eine poctishe Ueber- sicht über die gewaltigen' politishen Ereignisse in Deutschland während des Jahres 1888. Den Manen der beiden Hochseligen Kaiser Wilhelms T. und Friedrichs T1. sind diese Lieder gewidmet und ihr \{wungvoller Inhalt wird dem hohen Gegen- stande, den sie behandeln, vollauf gerecht. Formvollendet und gedankenreich vermögen sie den Leser in weihevolle Stimmung zu versegen und werden allen patriotisch gesinnten Deutschen will- ‘kommen sein. In der Reihe derjenigen Werke, welche die neueste vaterländishe Geschichte behandeln, dürfte dasjenige von G. Weck einen perp glab einnehmen. Der Preis des ungebundenen Buches tellt sh auf 2 M

2 Aus dem Verlage von Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung hierselbft (Kochstraße 68—70), sind uns folgende neue Publikationen zugegangen : e

Die gesetßlihen Bestimmungen über das Militär- Versorgungswesen. Sonderabdruck aus „Die Militärgeseze des Deutschen Reichs“, herausgegeben auf Veranlassung des Königlich preußishen Kriegs-Ministeriums. Neue Ausgabe, mit Nachträgen bis 1. Oktober 18288 (Pr. 7 4) :

Allgemeine Regeln für die Verwendung der drei Waffen im Gefecht. Herausgegeben vom Königlich italienischen A nes von Y s ü S ruchhausen, Premier-Lieutenant. Mit 4 Tafeln. r. 1M ;

Die Kontrolversammlung. Nach der Wehr- und Heer- ordnung vom 22, November 1888, bearbeitet von Transfeldt, Oberst-Lieutenant und etatêsmäßigec Stabsoffizier im Infanterie- Regiment Nr. 129. Dritte Auflage. (Pr. 70 4.)

Der Dienst bei den Kontrolversammlungen. Nach der Wehr- und Heerordnung vom 22. November 1888 neu bearbeitet von W. von Jahn, Oberst-Lieutenant und etatsmäßiger Stabsoffizier im Slesishen Füsilier-Regiment Nr. 38. Zweite, neubearbeitete Auflage. (Pr. 70 4.) :

Unterweisung für das Verhalten des Infanteristen im Gefecht von A. von Boguslawski, General-Major und Commandeur e O Jnfanteric-Brigade. Fünfte, neu bearbeitete Auflage. (Pr. 20 . ,

Die neueste Nummer (19) der Zeitschrift „Von Haus zu Haus * (Adolf Mahn's Verlag, Leipzig) bringt unter dem Titel e Prinz Goldig“ ein lieblihes Märchen für unsere Kleinen. Eben dadur, daß das genannte Blatt die Interessen aller Familien- mitglieder berücksichtigt, der alten wie der jungen, ist es eine so be- liebte Wochenschrift geworden. Ferner enthält die vorliegende Nummer : „Dennoch“, Novelle von Lis Blanc, und „Aus vergessenen Tagen“ von Anna Conwentz (Fortseßung), dann das Ergebniß eines Preis- ausschreibens: Gedichte, die bestimmte Worte enthalten o JlUustra- tion); „Ueber Passendes“ von Eugenie Tafel ; „Der verlorene Sohn“ von E. G. Feld, „Die sparsame und praktische Ilse*. Den Beschluß machen Beiträge über Mädchenshulen, Maskenkostüme, hauswirth- \chaftliche Briefe, eine große Reihe von Correspondenzen der Abon- nenten untereinander, die allgemein interessante Fragen behandeln, Bücherschau, Preisräthsel (jede Woche 5 Bücerpreise für beste poetische Lösungen) und die Briefmappe.

Land- und Forstwirthschaft.

Washington, 11. Februar. des Landwirthschaftlihen Bureaus is das Pflücken der Baumwolle wegen des später eingetretenen Reifs um 6 Tage später als im SAEdEN Sahre beendet worden. Die Menge der auf den Markt gebrachten Baumwolle ist auf 849/10 9% veranschlagt, der Faden ist kürzer und mehr verfärbt als im vorigen Jahre.

Gewerbe uud Handel.

Das „Deutsche Handels-Archiv“ (Februar-Heft) ent- bâlt eine eingehende Darlegung der Handhabung des britischen Markenshutßz- (Waarenzeichen) Gesetßes vom Jahre 1887. Die darin gegebenen Winke verdienen die Beachtung Seitens des

andels\standes um so mehr, als die auf Grund des genannten Gée- feges e Zeit oa 1, April 1887 bis 31. März 1888 angehal-

(W. T. B.) Nah dem Bericht |-

tenen Sendungen \ich nahezu auf 4000 bezifferten und, abgesehen von- den, dem Geseß ektenfalls unterworfenen Eingängen der O aus mchr als 110000 Kisten und Packeten verschiedener Art be- standen. Ueber die Handelsbeziehungen zu Columbien erfährt die genannte Zeitschrift Folgendes: Die Steigerung der columbishen Einfuhr findet in der spärlihen Bevölkerung des aus- edehnten Landes ihre natürlihe Grenze. Für deutshe Waaren besteht aber im Allgemeinen die Aussicht, daß sie fich noch einen rößeren Theil des Marktes erobern; dieselben haben, auch was Au machung und Verpackung betrifft, \steigendes Ansehen gewonnen, und fortgesepte rastlose Thätigkeit und wachsende Plaßkenntniß werden eine Erweiterung des deutschen Absatzes allmählich zur Folge haben. Ueberstürzt sollte das Vorschreiten niht werden, und nament- li sollte die Kreditfrage größerer Vorsicht begegnen. Gebietet der deutsche Fabrikant nicht über ganz sichere columbishe Beziehungen, so thut er gut, sich an die mit Columbien arbeitenden Kommissionshäuser in Hamburg und Bremen zu wenden; direkte Verbindungen mit columbishen Detaillisten haben oft zu \{chweren Verlusten E welche die ersparte Kommission weit überstiegen. Die Frachtverhältnifse anlangend, so sollten im Interesse unserer Schiffahrt und der rheinischen Fabriken, welche Schwergut herstellen, deutshe Dampfer auf der Fahrt nah Westindien Antwerpen berühren oder von dort auslaufen. Fachleute sind der Ansiht, daß in Antwerpen nah kurzer Zeit monatlih zwei volle Ladungen für Westindien beschafft werden können, Während in den Vorjahren Tunis ein von den deutschen Fabrikanten sehr gesuhtes Absaßzgebiet geworden war, soll sich im Jahre 1888 eine große Zurückhaltung der deutshen Exporteure geltend gemacht haben. Verluste aller Art und Ausflüchte, zu welchen bei dem shlechten Geschäftsgange die Käufer nur allzusehr geneigt seien, sollen die deutshen Fabrikanten entmuthigt haben, auch habe die neue dänische Linie, welhe unter normalen Verhältnissen der Verbindung mit Deutschland neuen Impuls gegeben hätte, nur wenig belebend auf das deutsh-tunesish: Geschäft gewirkt. Zwar sei der Anfang mit einer Reihe von Artik:ln, welche vortheilhafte Ver- frahtung mit dieser Linie gefunden haben, wie Ultramarin, Kurz- und Eisenwaaren, Drahtstifte, Sprit, Leder 2c, gemaht worden, allein uantitativ sei ein Rückgang zu verzeichnen. Während in früheren ahren zahlreihe Handelsreifende Tunis besuchten, follen dieselben im abgelaufenen Jahre fast ganz ausgeblieben sein. Für den Handel nach Persien giebt das „Handels-Archiv“ folgende Winke: In Persien unterliegen die Waaren fremder und diejenigen persisher Kaufleute abweichenden Einfuhrzöllen. Eingeborene Agenten europäischer Häuser sollen diesen Umstand dazu benuyt haben, für eigene Rehnung aus dem Auslande bezogene Waaren zu den niedrigeren Zollsäger der zwischen Persien und fremden Mächten vereinbarten Vertragstarife einzuführen. Die persishe Zollbehörde hat sich in Folge dessen ver- aulaßt geschen, von einem so verfahrenden persischen Agenten die Verzollung sämmtlicher für ihn aus dem Auslande, gleichviel ob für eigene oder für auswärtige Rechnung eing-führten Waaren nah den für die einheimishen Kaufleute geltenden Säßen zu verlangen. Unter diesen Umständen wird es sih für Häuser, welche nah Persien Handel treiben und dort keine eigenen Niederlassungen unterhalten, empfehlen, ihre dortige Vertretung thunlicst europäischen Kaufleuten zu übertragen.

Berlin, 10. Februar. (Wollbericht d. Centrbl. f. d. Terxtil- Ind.) Das Geschäft trat au in der vergangenen Woche aus dem bisherigen Geleise niht heraus. Fabrikanten benachbarter Fabrikstädte waren wie allwöchentlich anwesend und deckten ihren nothwendigen Bedarf, zum Theil in feineren Wollen, welhe sich fest im Preise behaupten konnten. Ein Posten Stoffwollen von mehreren 100 Ctr. wurde nach dem Auslande abgescht. In Kammwollen war kein Geschäft. Der feste Verlauf der Londoner Auktion dürfte die Kon- \sumenten wieder zu größeren Unternehmungen ele und dem hiesigen Geschäft mehr Leben verleihen, zumal die Wollbestände in den Fabrik- städten sehr zusammengeshhmolzen sind. 8

Der Cours für die hier zablbaren Desterreihischen Silber - Coupons if auf 168,75 4 füc 100 Fl. öfterreihis{ch Silber erhöht worden. e :

Vom rheinisch-westfälischen Kohlenmarkt wird der „Köln. Volks-Ztg.“ unterm 11. Februar Folgendes berihtet : Die Lage des Kohlenmarktes hat sich in der abgelaufenen Woche wenig geändert. Der Bedarf in Hausbrandkohlen ist niht weiter gestiegen und \sheint vorläufig seinen höhsten Punkt erreiht zu haben. In Gewerbekohlen is dagegen, nah der alljährlih zum Jahreswec\el wiederkchrenden Stille im Geschäft, eine weitere Zunahme des Be- darfs eingetreten. Besonders sind Koks und Kokskohlen immer noch lebhaft gefragt. Die Zon haben feine nennenswerthen Verände- rungen erfahren. Die Eisenwerke suchen ihren Bedarf hon für das zweite Jahresviertel zu decken, da sie eine weitere Crhöhung der Preise befürchten. Der Versandt auf. den Eisenbahnen nahm einen regelmäßigen Verlauf. Die Rheinschiffahrt, welhe bisher durch niedrigen Wasserstand gestört war, ist seit einigen Tagen wieder auf- genommen. Die Gesammtlage des Kohlengewerbes ift erfreulich und berechtigt auch für die nächste Zeit zu den besten Hoffaungen.

London, 11. Februar. (W. T. B.) An der Küfte 1 Weizen- ladunÿ angeboten. Wollauktion. Preise fest.

11. Februar. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren betrugen in der Woche vom 2. Februar bis 8. Februar: Englisher Weizen 2870, fremder 5390, englishe Gerste 3831, fremde 13 304, englische Malzgerste 19 967, fremde —, englisher Hafer 973, fremder 50 595 Orts. Englisbes Mehl 17 771, fremdes 15 767 Sack und 1 Faß.

Glasgow, 11. Februar. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 4409 gegen 6600 Tons in derselben Woche des r Jahres. :

Bradford, 11. Februar. (W. T. B.) Wolle rubig, abec stetig, Garne träge, Stoffe unverändert.

New-York, 11, Februar. (W.T. B) Visible Supply an Weizen 34 190 000 Bushels, do. an Mais 14 035 000 Bushels.

Submissionen im Auslande.

I. Jtalien.

1) 21. Februar. Spezia, Direzione costruzioni nayvali Regia Marina: 300000 kg feinstes Eisen in runden Stäben von 8—40 mm Durhmesser. Voranschlag 96 000 Lire. Licferung in Spezia, Neapel und Venedig (Certifikat). 2

2) 25. Februar. Rom, Economato generale del Ministero dell’Agricoltura, 11 via Stamperia: Papier für die Königlichen Tabadckmanufakturen. Voranschlag 380 000 Lire. Näheres an Ort und Stelle. i: N

3) 26 Februar. Turin, R. Laboratorio precisione: 2000 kg Zinn in Mulden Voranschlag 5900 Lire,

Ferner in Aussicht stehende

4) Mailand, Direktion der Mittelmeerbahn: Einrichtung des Bloclksystems längs der Linie Turin—Trofarello. Voranschlag 143 822,65 Lire. 2

5) E Ai Qa Ge I TICD Ae f für 24 Personen- wagen II. Klafse. oranschlag 30, ire.

y 6) Florenz, Direktion der Adriatishen Eisenbahn: 745 Stück Weicensteller (deviatoi) von vershiedenem Typus. Voranschlag 661 671,90 Lire. Drei A zu Drei 140, 245 und 115,

m Projekt: 7) Venedig: Bau einer neuen Wasserleitung von Sant’ Ambrogio und Castellfranco nach Venedig. Voranschlag 1 600 000 Lire. Näheres bei der Stadtverwältung (Municipio) in

) : Reorganisation der für industrielle Zwecke zur Verfügung stehenden Wasser kräfte, fei es dur die stellung eines Pumpsystems am Po, mit welchem 2000 1 Wasser in der Minute gehoben werden könnten, sei es durch Anlage eines Reservoirs von 10 Millionen Kubikmeter Gehalt am Sturaflusse zwischen Veneria und Lanzo. Näheres bei der Stadtverwaltung in Turin. -

1I. Rumänien. 1) 27. Februar, Mittags. Verwaltungskommission des 16. Doro- banten-Regiments zu Botuschan : Lieferung von 1000 Hemden [.,

1400 Hemden II. und 400 Hemden 111. Größe, 450 Paar Unter-