1932 / 111 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 May 1932 18:00:01 GMT) scan diff

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Meine Herren! Nun ist folgendes auszusprechen; Auch da,

wo die Reichsverfassung selbst davon spricht, daß etwaë im Weg des Gese zu ordnen sei, ist die Lage nicht derart, daß man ciwa sagen fönnte, es sei nun grundsäblich ausgeschlossen, daß ei der Reichsverfassung vorgeschenes Ausführunc geseß 1m Wege einer Verordnung des Artikels 48 erfolgen durfe. T it nicht dex Fall. Meinc en, wir nd uns vollig einig darüber, daß auch in einer großen Zahl der Fälle, wo die Reid

verfassung davon spricht: „Das Nähere wird durch ein Reichs-

geseß geordnet“, die Verordnungsgewali des Reichspräsidenten aus Artikel 48 nicht zessiert. Jch will Fhnen einzelne solcher Fâlle nennen, da es sich gerade in Artikel 87 um etwas Aehnliches handelt

Wir haben eine Bestimmung in Artikel 105 der Verfassung: Niemand darf seinem geseblichen Richter entzogen werden. Durch eine Reihe von Notverordnungen is die Zuständigkeit der Gerichte geändert worden. Wollen Sie zum Beispiel be- denken, daß für die sogenannten Monstreprozesse eiue besondere Regelung erfolgt ist, wonach der Angeklagte niht mehr vor dem großen Schöffengericht, sondern vor der großen Strafkammer erscheint. Die Berufung fällt fort, es gibt nur Revision an das Reichsgericht. as Reichsgeriht hat niemals einen Zweifel daran gelassen, daß der so neu durch eine Verordnung des Reichs- präsidenten eingeseßte Richter, nämlich die Strafkammer statt des geseßlihe Richter im Einne des

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Schöffengerihts, der Artikels 105 ist.

Ein zweiter Fall. Der Artikel 111 derx Verfassung bestimmt, Einschränkungen der Freizügigkeit eines Reichsgeseßes be- Es kann überhaupt kein Zweifel bestehen, daß auch der Reichspräsident durch eine Maßnahme nach Artikel 48 die gegen- wärtige Regelung der Freizügigkeit einshränken kann.

Ein dritter Fall liegt auf dem Gebiet des Steuerrechts. Artikel 134 bestimmt, daß alle Staatsbürger ohne Unterschied im Verhältnis ihrer Mittel zu den öffentlihen Lasten nah Maßgabe der Gesebße beizutragen haben. Auch da, werden Sie mix zugeben, hai noch niemand einen Zfveifel aufgeworfen, daß die Worte „nah Maßgabe des Geseyes“ auch den Erlaß einex Verordnung auf Grund des Artikels 48 deen.

Man muß somit meiner Ansiht nach, unde ih sprehe in dieser ganzen Frage rein juristish, grundsäßlih davon ausgehen: Dex Reichspräsident kann auf Grund des Artikels 48 all das an- ordnen, was im Wege der einfachen Gesehgebung angeordnet werden kann. (Widerspruch bei den Nationalsozialisten.) Meine Herren, dadurch, daß Sie mix widersprechen, wird die gegenteilige Ansicht doch nicht rihtig. Jh kann mih doh für meine Ansicht insbesondere auf die autoritative, bis auf den heutigen Tag fort- dauernde Rechtsprehung des Staatsgerichtshoses für das Deutsche Reich berufen. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Das sind politische Urteile!) Der Staatsgerichtshof des Deutschen Reichs Hat in wiederholten Urteilen ausgesprochen, daß er Recht zu sprechen, niht aber Politik zu treiben hat. Sie irren sih über- haupt über die Einstellung der deutshen Richter gewaltig. Neu- lih hat dex Abgeordnete Breitsheid Aeußerungen getan, die ih, offen gesagt, meinerseits auf das entschiedenste innerlih abgelehnt habe. Jch würde bei der Etatberatung ‘auch keinen Anstand ge- nommen haben, diese Ablehnung sehr deutlich zum Ausdruck zu Die deutshen Richter haben in der Rechtsprehung nicht Politik zu machen, Jhre Aufgabe und Pflicht ist es, Recht zu sprechen und nichts weiter. (Unruhe und Zurufe von den Koms- munisten. Glocke des Präsidenten.) An einem Tag klingt es von links und am andern Tag von rechts. Wenn Fhnen die Urteile nicht passen, werden sie gescholten, und es wird nicht ge- sagt: der Richter hat rehtlih geirrt, sowdern es wird gesagt: er ist politisch voreingenommen, und dagegen wende ih mih. (Große Unruhe. Zurufe von den Nationalsozialisten.) Jh habe eben erst aus dem Munde eines Jhrer Herren hier gehört: Das ist Politik, was der Staatsgerichtshof treibt. Das ist nicht richtig. Das ist Rechtsprechung, und es ist das Zeichen einer hochstehenden

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bringen.

Kultur eines Volkes, wenn es in uneingeschränkter Achtung vor der Rechtsprechung seiner Gerichte steht. Wenn Sie noch diesen rocher de bronce in Deutschland zerbrehen, dann können Sie sih niht wundern, daß der Umsturz nicht abzuwenden ist. Die deutshen Richter werden sih durch die Angrifse, kommen sie von links oder rets, nicht davon abhalten lassen, ihre Pflicht zu tun. Ich kenne das Reichsgericht aus eigener Anshaunng. (Wieder- holte Zurufe des Abgeovdneten Dr. Frank 11; Treten Sie doch für die Richter gegen Herrn Severing ein! Glocke des Präsi- denten.) Sie können mir darin nihts vorwerfen, meine Herren, und Sie werden im Laufe der Zeit immer mehr erkennen, daß es

‘mir völlig gleichgültig ist, ob diese Angrifse von links oder von

rechts kommen. Wenn diese Angriffe ungerecht sind, dann werde ih sie mit aller Schärfe zurückweisen. Es gibt für mich gar nichts anderes, als die Unabhängigkeit der Gerichte nah jeder Richtung auch hier in diesem Saale zu verteidigen. (Bravo! in dex Mitte.)

Meine Herren! Jch fahre in meinen kurzen sachlihen Aus- führungen fort. Jch habe gesagt, auch in solhen Fällen, in denen die Verfassung davon spricht, daß ein besonderes Gesey nötig sei, sei an sich die Zuständigkeit des- Herrn Reichspräsidenten zum Erlaß von Maßnahmen nach Artikel 48 der Reichsverfassung nicht beihränkt, Jch will aber im Augenblick nicht etwa sagen, daß es dafür unter keinen Umständen eine Ausnahme gibt. Jh weiß 3. B., daß die staatsrehtlihe Literatur speziell für den Artikel 85 mit der Verabschiedung des Haushalts (Abgeordneter Dr. Fri: Ist schon geschehen durch Notverordnung!) Nein, Herr Ab- geordneter. (Abgeordneter Dr. Frick: Der Etat für 1930 ist durch Notverordnung verabschiedet worden!) Nein, das ist nicht richtig. Es ist kein Haushaltsplan, der den“ Erfordernissen des Artikels 85 entspricht, dem hohen Hause vorgelegt worden, son- dern es ist eine innere Verwaltungsanordnung sür die Verwal- tung gegeben worden. (Lachen und Zurufe bei den National- sozialisten.) Herr Abgeordneter Frank, der Sie sih darüber freuen, Sie können den Unterschied zwischen einem Haushaltsplan, der den Erfordernissen des Artikels 85 entspricht, und einer

Neichs- und Staat@êäanzeiger Nr. 111 vom 13, Mai 1932,

e ST: L as ung oh of L I S CTic en. Abgeordneter Dr. Sybel; Materiell war ( deres! M [l C )», daß de Reid fich k r damit 1

( î D O1 E A bes l L Q d i 45 entipre 1 l l ! T ganz l K l Du g Des Antr n Gejeß zu tande gekommen

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Meine Herren! Jch Ul von dem Artikel 85 nicht weiter Fch sprehe allgemein vom habe gesagt: Gerade bei dem Artikel 85 fann

f lt 4+ T5 V L, ny ntt n roë ano [chiedener Ansicht sein. Jch will etwas Weiteres sagen.

Rechtsstandpunkte aus . und man durchaus ver- È T) per-

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onltih stehe bezuglih des Actikels 85 auf der Selte derer den

Erlaß einer Notverordnung für im höchsten Maße bedenklich halten. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Es ist doch kein Etat

kommen! Es war doch kein Reichsgeseß!) Dann verlangen Sie einen Etat, Der Reichsiag hat sih damals damit einverstanden erklärt. (Andauernde Zurufe von den National- sozialisten. Glocke des Präsidenten.) Jch wende mich nun- mehr mit wenigen Worten zu dem Artikel 87 und will gerade den Unterschied herausarbeiten, der gegenüber dem Artikel 85 besteht. Für den Artikel 87 möchte ih folgendes sagen. (Unruhe und Zu- rufe von den Kommunisten. Glocke.) Der Artikel 87 der Reichsverfassung enthält eine Einshränkung für die Verwaltung, die die Reichsregierung zu führen hat, nah folgender Richtung. An sich könnte ohne weiteres cine Verwaltung Garantien über- nehmen. Sie könnle Kredite aufnehmen. An sich ist das eine Verwaltungsmaßnahme. Nun sagt aber der Artikel 87: Nein, in dieser an sich begrifflih bestehenden Freiheit der Verwaltung beschränke ich, der Verfassungsgeseßgeber, die Verwaltung durch die Anordnung: Hier bedarf es eines Geseßes. Nichts weiter sagt Artikel 87, Und die Frage, ob dieses Gesey im Wege des Ar- tikels 48 durch eine Notverordnung erseßt werden kann, ist dieselbe Frage, auf die ih in den anderen Fällen exemplifiziert habe, in denen eine Maßnahme nach Artikel 48 zulässig ist, obgleih der Ausdruck „auf Grund eines Geseßes“ in der Verfassung ent- halten ist.

Jch darf noch solgendes bemerken. Es is doch wahrhaftig nicht so, als ob die Reichsregierung diese Ansicht sih leihtfertig gebildet hätte. Sie kann sich dabei berufen und das hat auch der Herr Abgeordnete Reinhardt ohne weiteres anerkannt auf eine ganze Reihe hervorragender Lehrer des Staatsrechts. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Bloß einige!) Jh nenne Fhnen Thoma, Carl Schmitt, Fellinek; ih nenne JFhnen noch eine Reihe anderer Staatsrechtslehrer, (Abgeordneter Dr. Frick: Und Kühne- mann?) Jch kenne Herrn Kühnemann seit einer langen Reihe von Jahren als einen durchaus tüchtigen und gewissenhaften Mann, und ih bin der leßte, der etwa anzweifeln wollte, daß er aus wirklich in seinem Junern bestehenden berechtigten Rechts- bedenken zu seinex abweihenden Auffassung kommt. Jch halte das für selbstverständlich.

Jch stelle also noch cinmal fest: Die Reichsregierung stüßt sich bei ihrer Rechtsauffassung auf das Votum einer Reihe bedeutender Staatsrecléslehrer. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Einer Reihe, aber nicht aller!)

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, in dem Zusams- menhang noch folgendes darlegen. Der Herr Abgeordnete Rein- hardt machte hier vorhin eine Bemerkung der Art, als ob der Pro- fessor Anschüb, dex eine dexr Gutachter, seine Ansicht adl hoc ge- ändert hätte. Meine Herren, «der Vorwurf ist ungerecht. (Erregte Zurufe von den Nationalsozialisten.) Wollen Sie mich einen Augenblick anhören, meine Herren! Herr Professor Anschüß hat in seinem jeßt erstatteten Gutachten auf die Feststellung Wert gelegt, ex habe seine Auffassung, daß Kreditermächtigungen auf Grund des Artikels 48 erlassen werden können, bereits im Herbst 1931 in der neuen Auflage seines Kommentars schriftlich nieder- gelegt. (Zurufe von den Nationalsozialisten. Fronische Gegen- rufe von den Kommunisten.) Er hat den Belag für seine Aeuße- rung der Reichsregierung mitgeteilt und vorgelegt. (Lachen bei den Nationalsozialisten.) Meine Herren, man gewöhne sih doch in Deutschland (erneute Zwischenrufe von den Kommunisten. Glocke.) daran, einem Manme, weil ex vielleicht ein politischer Gegner ist, deswegen nicht gerade eine Lumpenhastigkeit der Ge- sinnung vorzuwerfen. Herr Professor Anshüß hat als anständiger und vornehmer Mensch erklärt, er habe bereits im Herbst 1931 in dem Manuskript der Neuauflage scines Kommentars zur Reichsverfassung ausdrüdcklich die Auffassung vertreten, daß im Wege einer Notverordnung Ermächtigungen nach Artikel 87 ge- geben werden können. Damit ift dieser Fall für mich erledigt, und ih bin überzeugt, auch der Herr Abgeordnete Reinhardt wird, wenn er die Sache noch einmal nahprüft, durhaus Veranlassung nehmen, seinen Vorwurf gegen Professor Anshüß zurückzunehmen. (Abgeordneter Reinhardt: Der neue Kommentar ist heute noch nicht da!) Was ist das für ein Einwand! Es kommt hier lediglih darauf an, ob Anshüb seine Auffassung ad hoc vertreten oder ob er sie hon im Herbst 1931 festgelegt hat.

Jm übrigen möchte ih bemerken: auch der Reichstag hat sich hon mit dem Problem befaßt, inwieweit auf dem Gebiete des Finanzwesens die Anwendung des Artikels 48 zulässig ist. Der Reichstag hat bisher nie verlangt, daß auf Grund des Artikels 48 erteilte Kreditermächtigungen aufgehoben werden. Auch das ist ein Grund, dex für die Entschließung der Reichscegierung von Be- deutung war.

Meine Damen und Herren, ih habe Fhnen hier frei und ohne jede. Reserve meine Ansiht gesagt. Wie man behaupten kann, daß die Reichsregierung sih hier der shuldhaften Verleßung von Reichsgeseßen und vor allem des vornehmsten Gesetßes, der Reichs- verfassung, shuldig gemacht habe, das ist mir unerfindlih, das nimmt mich wirklich wunder. Gewiß, ih gebe Fhnen (zu den Nationalsozialisten) eins zu: Sie können sagen, es handelt sih hier um eine noch offene, ni6t endgültig entschiedene Frage, um cine Streitfrage. Aber, meine Herren, wenn man jemandem vor- wirft, und zwar einer Reihsregierung vorwirft, sie hätte shuld- hafterweise die Verfassung verleßt (Zuruf von den Nationnal- sozialisten: Fawohl!) abex dadurch, daß Sie es wiederholen, wird es doch nicht richtiger, Hexr Abgeordneter, sondern es wird meiner Ansicht nah immer falscher. (Sehr richtig! in der Mitte und bei den Sozialdemokraten. Abgeordneter Dr. Frick: Herr Minister, wenn eine Frage so zweifelhaft ist, legt man sie doh dem

zustande ac

Reichstag vor und macht nicht eine Notverordnung!) Es ist mir eu, daß der Reichstag ein Gremium für die Entsheidung von Rechtsfragen ist. (Sehr richtig! in der Mitte und bei den Sozial- demokraten. Zuruf von den Nationalsozialisten: Aber für die

{nahme von Krediten!) Aber, Herr Abgeordneter Reinhardt, wollen Sie sich einn ugenblick in die Lage eines Richters

beim Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich verseßen, und sagen Sie mir, bitte, optima fide und ohne Reserve, ob Sie gegen einen Reichsminister, der bei dieser Sah- und Rechtslage seine Ent- [hliezungen getroffen hat, die Frage bejahen wollen, daß er s{chuld- haft, d. h. und nicht anders kann es heißen dolos seine Pflicht vernahlässigt habe. Wenn Sie das können, alle Achtung! (Sehr gut! in der Mitte und bei den Sozialdemokraten. Abgeordneter Dr. Frank 11: Sie selbst müssen zugeben, daß die Rehtsgrundlage der Maßnahmen zweifelhaft ist!) Meine Herren, es handelt sich bei Artikel“ 59, bei der Anklageerhebung gegen ein Kabinett oder einzelne Minister, um ein sehr vornehmes, aber au um ein letztes Recht des Parlaments, und das Parlament und alle seine Mit- glieder sollten sich davor hüten, mit dieser Maßnahme zu spielen. (Sehr gut! in der Mitte.) Glauben Sie denn, es ist heute ein Ver- gnügen, auf der Regierungsbank zu sißen und sich Vorwürfe dieser Art anzuhören? Davon ist keine Rede. (Sehr richtig! in der Mitte.) Es ist eines der dornenvollsten Opfer, das ein Mann bringen kann, wenn er heute die Verantwortung übernimmt. (Sehr wahr! in der Mitte und Rufe: Bravo!)

Und noch eins zum Schluß. Sowohl Sie (nah rets) als auch Sie in der Mitte und links, Sie alle haben ein Juteresse daran, die Verheßung und den entseßlichen Zwiespalt in unserem Volke nicht weiter zu vertiefen. (Lebhafte Zustimmung in der Mitte und bei den Sozialdemokraten. Zurufe rets.) Aber zur Befriedung unseres Volkes tragen Anträge dieser Art das ist meine ehrliche Ueberzeugung nicht bei. (Lebhafter Beifall und Händeklatshen in der Mitte und bei den Sozialdemokraten. Lebhafte Zurufe von den Nationalsozialisten. Erregte Gegen- rufe von den Sozialdemokraten und den Kommunisten.)

__ Die Rede des Reichskommissars für die Osthilfe, Ministers Dr. Schlan ge, die gestern nah dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger veröffentlicht worden i}, hat nah dem jeßt vorliegenden Stenogramm folgenden Wortlaut:

Reichsminister Dr. Schlange: Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Hermann hat in einem zwar schr kurzen, aber lapidaren Saß das Mißtrauensvotum seiner Fraktion gegen mich begründet. (Widerspruch bei der Wirtschastspartei und Zu- rufe: Nein, das kommt noch.) Dann hätte ih nachher sprechen sollen. Aber ich denke, ih kann die Gelegenheit troßdem benußen, um mit einigen kurzen Ausführungen auf die Klagen einzu- gehen, die aus den Kreisen des Handwerks und des Mitielstandes des deutschen Ostens vielfah mit Recht über die Osthilfe erhoben werden. Jch darf vielleicht die Gelegenheit benutzen, um dabei zu- gleich einzugehen auf den Antrag, den die Fraktion der Deutschen Staatspartei soeben zur Verteilung gebracht hat.

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Meine Damen und Herren! Damit aber meine Ausfüh- rungen nicht ganz an der Oberfläche haftenbleiben, möchte ih mit einem kurzen Strich auf die Situation eingehen, die ih vorfand, als ich in mein Amt gerufen wurde. Wenn man die Dinge heute rückschauend betrachtet, so macht es mitunter den Eindruck, als sei die damalige Situation, die dringend ein Eingreifen erheischte, mehr und mehr in Vergessenheit geraten. Man hat heute oft den Eindruck, als ob immer nur ein Vergleich gezogen würde zwischen dem früheren Zustand und dem, was sih heute entwickelt hat. Jh bestreite die Berechtigung eines derartigen Vergleihs. Jch bin der Meinung, man muß Vergleiche ziehen zwishen dem, was da- damals war, und dem, was geworden wäre, wenn man nicht irgendwie eingegriffen hätte. Denn ih glaube, ih sage nicht zu- viel: das östlihe Land begann damals, d. h. im Herbst vorigen Jahres, sih volkswirtshaftlih und damit auch bevölkerungs- politisch und shließlich nationalpolitisch im Zustande der Agonie zu befinden, und eine Reichsregierung, die auf einen folchen Zu- stand nur mit einer oberflächhlihen Maßnahme geantwortet und nicht gehandelt hätte auf jede Gefahr hin, die hätte allerdings kein Recht gehabt, sich hier hinzustellen und sich von Fhnen zu ver- teidigen mit den Maßnahmen, die sie in der Tat getroffen hat. Jh bin der festen Ueberzeugung, daß, wenn man nicht grund- säßlich eingegriffen hätte, wir heute im Osten geradezu tumulta- rishe volkswirtshoftlihe Zustände haben würden. Und, meine Herren vom deutshen Mittelstand, wenn ih Fhnen vollkommen zugebe, daß die Situation Fhrer Kreise heute im Osten auh b2- sonders schwer ist, ja, wenn ih Jhnen zugebe, daß sie durch die Bestimmungen des Geseßes vom 17. November zum Teil ver- schärft worden ist (sehr richtig! bei der Wirtschaftspartei), so darf ih doh gerade an Sie die Frage richten: was wäre denn mit den kleinen Gläubigern im Osten geworden, wenn nicht einge- griffen worden wäre? Fch kann das doch heute sehr gut beoh- achten. Die völlige Klärung über alle diese Dinge wird ja erst in den nächsten Zeiten kommen, d. h. in dem Augenblick, in dem si herausstellen wird (Zuruf von der Wirtschaftspartei: Daß unsere Leute kaputt sind!), daß ein großer Teil der Betriebe nicht mehr sanierungsfähig ist. Jn dem Augenblick, in dem nicht mehr sanie- rungsfähige Betriebe aus dem Sicherungsverfahren herauskom- men und damit wieder auf den freien Markt kommen, geht die Versteigerung vor sich. Diese Versteigerung geht heute bestenfalls bis zur 1. Hypothek vor sih. Es ist doch eine Tatsache, daß in einem solhen Augenblick die große Masse der kleinen Gläubiger in der Tat und alle Erfahrungen zeigen das ja vollkommen ins Leere gefallen wäre.

Nun bin ih der Meinung und bin von Anfang an, als ich dieses Amt antrat, der Meinung gewesen, daß irgendein ober- flähliher Eingriff, irgendeine oberflählihe Hilfssmaßnahme keinen Zweck gehabt hätte. Jch habe es namentlich von Anfang abgelehnt, mih überhaupt nux mit dem Gedanken zu befassen, als ob es möglich wäre, der notleidenden östlihen Landwirtshaft nohch irgendwie mit Krediten zu helfen. Jch bin sogar der Meinung, daß einex der shwersten Unglüccksfälle, die in der deutshen Land- wirtschaft hervorgerufen wurden, dadurh gekommen ist, daß diese Leute zum Teil selber viel zu ieihtfertig Kredite aufgenommen

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haben (sehr wahr! bei den Sozialdemokraten) zu Zinsen, die uih einmal in guten Zeiten hätten getragen werden können. Aber, ne Herren, wenn Sie nun eine wirklich durch ende Ak wollten, n Si chit doch ein dafür sorgen, daß das Unglück wenigstens dort zu einem H ( cht wurde, wo es am s{werwiegendsten auf die Gesamtwir wirten fonnte, d 1 der Meinung, w al da jeßt an 1chweren Pressungen zu überwinden ist und id ber stehe jeden g in meinem Amt einem Anst t eigentli von allen Seiten gegenüber —, überwunden ist dann wird sid igen, daß jedenfalls zweierlei und das kann man heute scho! jagen erreiht worden ist: Einmal, daß wir wahrscheinlid

durh elne gut heranwachsende Ernte

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&inanzlage ungeheuer ernst genommen werden muß. in ih der Meinung, daß unerträgliher Zustand

eingetreten ware, wenn die Reichs

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reglerung in den shwersten außerpolitischen Verhandlungen steht

und zugleich in der Gefahr s{chwebt, daß ihr die Ernährungsgrund-

lage im Rücken weggezogen wird. (Sehr richtig!) Das war auf

jede Gefahr hin die erste Aufgabe, die gelöst werden mußte und ih möchte glauben die Abstimmung mag ausfallen, wie sie

will —, daß die heranwachsende Ernte im Osten mehr Recht-

fertigung ist als alles andere. (Abgeordneter Hermann; Aber hre Freunde wollen doh die Regierung Brüning stürzen! Abgeordneter Freybe: Deshalb kann man Handel und Gewerbe doh nicht sih selbst überlassen!) Warten Sie einen Augenblick! Jch komme darauf noch zu sprehen.

Nun is von der Staatspartei ein Antrag eingebracht worden, der sih in der Hauptsache auf drei Punkte bezieht. Jch nehme an, daß auch die Herren von der Wirischaftspartei diese drei sachlichen Punkte am meisten interessieren werden. Es handelt sich erstens um die Frage, wann die Sicherungsverfahren grundsäßlih und restlos abgeschlossen sein werden. Die Dinge liegen folgender- maßen: Neue Anträge dürfen nicht mehr gestellt werden und sind auch niht mehr gestellt worden. Für die Stellung von Anträgen sind feste Termine geseßt worden, und ih habe in keinem Falle zugelassen, daß diese Termine irgendwie überschritten wurden. Die bei weitem große Masse der Sicherungsanträge is zweitens in fast allen Provinzen bereits heute restlos erledigt. Es kommt nur nohch etwas aus Ostpreußen nah, weil sich in Ostpreußen eine besondere Lage -entwickelt hatte, der ich Rechnung tragen mußte. Aber auch für dieses Gebiet wird in kürzester Frist der leßte Sicherungsantrag entschieden sein, und ih sage Jhnen aus drüdcklih zu, daß ih sofort einen Erlaß herausgeben werde, durch den den Landstellenleitern, den Kommissaren und den Landräten ein leßter Termin geseßt wird, bis zu dem alle Anträge aus diesem Gebiet erledigt sein müssen. (Abgeordneter Mollath: Das erkennen wir an; aber Fhre Freunde wollen Sie doch von diesem Posten entfernen! Abgeordneter Dr, Brodt: Fhre Partei ist gegen die Regierung und gegen diese Maßnahme!) Zolange ih in diesem Amt- bin, habe ih, glaube ih, nah allen Seiten hin den Nachweis evbraht, daß ich niemals für oder gegen eiue Partei, sondern für eine Sache eingetreten bin. (Erneuter Zuruf von derx Wirtschaftspartei: Aber Fhre Freunde sind doh gegen das Kabinett!) Es ist mix im Augenblick vollkommen gleich- gültig, ob meine Freunde dieser odex jener Meinung sind. (Zuruf von dex Wirtschaftspartei: AÄbex uns nicht!) Jh vertrete hier eine Sache, und diese Sache vertrete ih so lange, als ih in meinem Amt bin. Außerdem hat man sich über die Technik der Umschuldung beshwert, und zwar hat man bemängelt, daß die Gläubigerkreise dabei niht genüçend herangezogen würden. Jh glaube nicht, daß in dieser Hinsicht irgend etwas versäumt worden ist, um nach Möglichkeit die Gläubiger von Anfang an zur Mit- arbeit zu bringen. Es is von jeher mein Bestreben gewesen, diese Arbeit unter Mitwirkung aller Beteiligten durchzuführen; denn ih bin mir vollkommen klar darüber: selbst wenn ih meinen eigenen Berufsstand für den Augenblick durh irgendwelche be- sonderen Maßnahmen in Ordnung bringen könnte, würde das im Endeffekt nihts nüben, falls man zugleih Handel und Ge- wevbe sowie alles das ruiniert, was nun einmal untxennbarx und unlösbarx mit meinem eigenen Berufsstande zusammenhängt und was in Zukunft ja schließlich auch wieder zu einer engen Zu- sammenaurbeit mit den Landwirten gebraht werden muß. Des- wegen habe ih von jeher den größten Wert darauf gelegt, daß das, was dori geshehen muß, möglichst unter freiwilliger Mit- arbeit aller Beteiligten vor sih geht. Es besteht ja heute hon die Verwaltungsanweisung, daß die Organisationen der Gläu- biger gehört wevden müssen, und ih bin auh gern bereit, noch darüber hinauszugehen und Jhnen zuzusagen weil ih das für berehtigt und für vertretbar halte —, daß auch in den Einzel- fällen zunächst eine freiwillige Einigung mit den Gläubigern ver- sucht werden soll, und ih möchte glauben, daß sie in der bei weitem übergroßen Zahl der Fälle zustande kommen wird, weil jonst, wenn ein Betrieb niht umgeshuldet werden kann, wie gesagt, die große Masse dieser Gläubiger außer der ersten Hypo- thek im allgemeinen vollkommen ausfallen würde. Jh sage Jhnen aber zu, daß ih durch eine Verwaltungsanordnung eine Anweisung geben werde, daß die Gläubigerschaft bei jeder Sanie- rung gehört und herangezogen werden muß, daß zweitens versucht wevden muß, ein freiwilliges Uebereinkommen herbeizuführen, und daß allerdings für die Beéndigung der Karenzzeit, wenn ih es einmal so nennen darf, dieser Verhandlungszeit unter den Gläubigern und zwischen Gläubiger und Schuldner eine Frist gefeßt werden muß. Denn ih würde es im Jnteresse der ge- [amten Abwicklung des jeyigen Zustandes - für niht vertretbax und möglich halten, wenn ih hier eine Verzögerung zulassen würde Jch bin der Meinung, daß niht nur den Landwirten, jondern auch allen anderen Berufsständen am allermeisten da- durch geholfen werden könnte, daß möglichst {nell wieder der Normalzustand in dem östlihen Lande hergestellt wird.

Nun das Dritte! Die Gläubigerkreise sind auch heute noch in shwerer Sorge darüber, was mit den Entschuldungsbriefen werden soll, die sie annehmen müssen. Dazu möchte ih ganz klar solgendes aussprechen. Jch habe auf alle mögliche Weise versucht, diese Dinge in die Oeffentlichkeit zu bringen, aber wie mir scheint, ist das immer noch nicht in vollem Ausmaß gelungen.

eine wesentlihe Ersparnis Devisenaufwand haben werden, und ih glaube, daß das ein unkt ist, der in dem Deutschland von heute und bei der jeßigen Zweitens

allerdings ein in jeder Hinsicht

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Neichs- und Staatsanzeiger Nr. 111 vom 13, Mai 1932. S.

Erst die Tilgung m e Fahr sollen 100 Millionen Î 7 Do 43 G ile nno + R s G. C c i getiigl werden, 300 Veillionen bis 1935 und der Rest bis 1938 4 Sn 5 T I ) ch gl daß T pl der sih erst er Auf

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verden fönnte, zweitens aus Reichsmitt:ln und drittens aus

Mz 4 T u s Yeitteln der Rentenbank-Kreditanstalt so

ente richtig aufgestellt

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daß, wenn überhaupt in Deutschland die Entwicklung sih ver- nünftig vollzieht, daran unter gar feinen Umständen irgendein Zweifel gehegt werden kann.

JTch bin mir flar gewesen, daß es zwedcklos, ja nicht zu verantworten gewesen wäre, wenn ih den Gläubigern irgendein Papier in die Hand gegeben hätte, mit dem sie nihts anfangen können. (Zustimmung.) Jch möchte deswegen einmal ganz scharf formuliert Jhnen auch an dieser Stelle noch einmal vortragen und hoffe, daß es sich dann in der Oeffentlichkeit allmählih herumspriht —, wie die Verwertungsmöglihkeit dexr Ent- shuldungsbriefe sichergestellt ist. Für 100 Millionen Ent- shuldungsbriefe besteht eine Diskontmöglichkeit bei der Deutschen Rentenbank untex gleichzeitiger Hereingabe der Entschuldungs- briefe. Hiervon werden insbesondere die niht zu der Gruppe des rganisierten Personalkredits gehörenden privaten Gläubiger, wie Händler, Bankiers, Gewerbetreibende usw.,, Gebrauch machen können. Daneben besteht die Möglichkeit, bis zu 100 Millionen Entschuldungsbriefe bei der Reichsbank zu lombardieren, und zwar zu 50 vH des Nennwerts. Die Reichsbank hat sich ferner bereiterklärt, soweit sich in ihrem Portefeuille Wechsel befinden, die die Unterschrift eines entshuldeten Landwirts tragen, zur Ab- lösung der Wechselshuld Entshuldungsbriefe an Zahlungs Statt anzunehmen. Dadurch wird ein weiterer erhebliher Millionen- betrag untergebraht. Soweit Entshuldungsbriefe an Gläubiger des organisierten Personalkredits gegeben werden, werden die Spißeninstitute des landwirtshaftlihen Kredits, vor allem die Deutsche Renteubank-Kreditanstalt die Entschuldungsbriefe an Zahlungs Statt von ihren Schuldnern annehmen. Jch kann damit rechnen, daß dadurch weitere 100 Millionen aufgenommen werden. Außerdem ist zu erwarten, daß Versiherungsträgzrc, Banken und Sparkassen die Entschulungsbriefe, die wegen ihrer kurzen Laufzeit und ihrer völligen Sicherheit so hoh zu bewerten sind, als Anlage behalten werden. Für den zu erwartenden Um- lauf an Entschuldungsbriefen ist also namentlich im ersten Fahre hiernach eine restlose Verwertungsmöglichkeit gegeben.

Nis j N vin A » x4 n o e. Nun die Verwertung der Entshuldungsbriefe! F 11

selbst vollkommen darüber

Als leßhtes will ih den Versuch machen, die Entschuldungs- briefe dadurch vérwerien zu lassen und ih stehe darüber mit den zuständigen Reichsstellen, namentlich dem Herrn Reichsfinanz- minister in Verhandlungen —, daß mit den Entshuldungsbriefen unter Umständen Reichssteuern gezahlt werden können. Jh bin überzeugt, daß7 obwohl versucht wird, alle diese Schwierigkeiten nah und nach aus dem Wege zu räumen, troßdem hier und da sih noh große Hemmnisse und Schwierigkeiten ergeben werden, Aber, meine Damen und Herren, soviel ih mich au mit diesen Dingen beschäftigt habe, soviel ih nach irgendeinem Wege gesucht habe, der leichter wäre, so habe ih keinen anderen finden können, und ih muß Jhnen offen sagen: Ein grundsäßblih anderer Weg ist mir auch von keiner anderen Seite vorgeshlagen worden. (Hört, hört! links.) Schließlih handelt es sich do hier, wie ih wohl aus- sprechen darf, um mehr als irgendeine Umschuldung oder Ent- [huldung von einigen Landwirten. Jch kann das, was ih hiex angefangen habe, nux als den Beginn einer reorganisierten Ost- wirtshaft ansehen, zu der das, was hier getan wurde, nur der erste Schritt gewesen ist. Wenn sich jeßt durch die Debatien fort- während der Gedanke der Arbeitsbeshaffung und der Gedanke der Siedlung hindurchziehen, bitte, nehmen Sie es mix nicht übel: Sie werden ja diesen Gedanken zur Phrase machen, wenn nicht erft einmal die Grundlage einer vernünftigen Ostwirtschaft in einem Gebiete geshaffen wird, in dem man praktish derartige Gedanken dann in die Tat umseßen kann. (Lebhafte Zustimmung bei den Parteien der Mitte und links.) Was sehen Sie denn augenblicklich? Wir reden hiex von Siedlung, und draußen im Osten spielt sich doch augenblicklich immer noch das große Ent- siedeln ab. Was ist denn das für ein Zustand, wenn Bauern, die sih nihts haben zushulden kommen lassen, ihre Scholle verlassen müssEn, auf der ihre Familie 100 Jahre gesessen hat! Glauben Sie, meine Herren, daß Sie statt ihrer künstlich neue Siedler hinseßen können, die sih besser behaupten würden? Daran ist doh nicht zu denken! (Lebhafte Zustimmung bei den Parteien der Mitte.) Jst denn das ein Zustand, wenn ih sehe, wie auf wer weiß wie vielen Gütern seit Wohen und Monaten den Arbeitern kein Lohn gezahlt wird! Und dann redet man hier über Arbeitsbeschaf}ung, Schaffen wir doch erst einmal wieder Zu- stände, um alle die Menschen, die dort wohnen, wieder wurzelfest zu machen! Denn und ih sage Jhnen das zum Schluß das, was sih dort im Osten jeßt abspielt, ist leßten Endes doch das Ringen darum, ob eine siebenhundertjährige Geschichte ihr Ende finden soll oder ob diese Nation die Krafk haben wird, diese Ge- schichte fortzuführen. (Sehr gut!) Deswegen sage ih Fhnen und sage es gegenüber dem Mißtrauensantrag der Herren von der Wirtschaftspartei: Wenn die Mehrheit dieses hohen Hauses der Meinung ist, daß ih fehï am Plate bin, werde ih jeden Augzen- blick bereit sein, diesen Play zu verlassen. Aber ih werde keinen Augenblick bereit sein, um dieses Playves willen den grundsäß- lichen Weg zu verlassen, den ih für richtig befunden habe und dem ih pflihtgemäß folgen muß. (Sehr gut! und lebhafter Beifall bei den Parteien dex Mitte und links.)

64, Sihung vom 12. Mai 1932. (Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Die heutige Plenarsißzung des Reichstags wurde vom Präsidenten Lob e pünktlich um 10 Uhr vormittags eröffnet.

Ehe es zu den Abstimmungen kam, hatte das Haus noch kleine Vorlagen zu erledigen. Zuerst stand die 2. und 3. Lesung eines Fnitiativgeseßentwurfs des Zentrums über die Rechtstellungderweiblichen Beamten auf derx Tagesordnung. Die Vorlage, die im Ausschuß einige Aenderungen erfahren hat, bestimmt, daß verheiratete weib- liche Reichsbeamte jederzeit auf ihren Antrag aus dem Be-

amtenverhältnis zu entlassen sind und daß die vorgesebte

“D T4 ly Dio A c Vtenstbehorde die Entlassung auch ohne diesen Antrag ver=- 1 F 1 » » mrt F ° s [ugen tonne, wenn die wirtschaftlihe Versorgung des weib- le S2 +5 a l R l ck Ucyen Deamten nah der Hohe des Familieneinfkomnmens DA n? 5 i "too C 2 “at Daucrnd aesichert ericheine. 2/0 die lebt Le orau 3UnQg g CLe LURNUSICBUHng DYIIEeA Hu hey { q A r Y D r j P vorliegt, darüber habe die vorgeseßte Dieustbehörde die Ents bon ov 9 T. g Y - ¡ S u At. N E Yeldung einer zu bildenden besonderen ScnedSiteile einzus=-

len. Eine solche Entscheidung sei nur daun nicht erford

l h, wenn der hentan Es 9 a ri F 1), WERN DVET TCTDemaunun UnTUndbar angesiteuter Beamter lit,

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dtejses Gesebes, aber nach dem 1. Juli 1931, wegen Ver- Yetratung ausgetichteden nnD, UDTINDUNnaslummen ¡ Der

gleichen nah den Dienstjahren gestaffelten Höhe ausz wte sie der Entwurf jeßt vorsicht. Diese Abfindunassum! gehen vom zweifahen bis zum sechzehnfahen Monatsein- fommen.

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n Der 2 Vorlage entspringe hauptsählich dem Interesse der Reichspost verwaltung. Die SPD. habe bei den Ausschußverhandlungen einige Verbesserungen zugunsten der weiblichen Beamten durch» geseßt, die ihr die Zustimmung zu der Vorlage ermöglihten. Der Redner wandte sih gegen die Möglichkeit den aus Zweckmäß kfeitsgründen geschaffenen neuen Geseßentwurf etwa zu Ent lalungen aus außerdienstlihen Gründen, insbesondere aus voli- tishen Gründen, zu mißbrauchen. Redner drüdte die Erwartung aus, daß die vom Reichspostminister im Ausschuß gegebene 2u- sicherung, daß verheiratete Beamtinnen, deren Ehemänner gering- fugige Einkommen haben, nicht entlassen werden und daß bei der Entlassung auch niht shematisch nach dem Einkommen verfahren werde, sondern daß die sozialen und familiären Verhältnisse berüsihtigt werden. Die Zusammenseßung der Schiedsstelle durste niht in der Weise erfolgen, daß die Verwaltung den Aus shlag gebe. Vorausseßung für die Zustimmung sei Streichung der Ermächtigung für die Länder, entsprehende Vorschriften zu erlassen. Lehrerinnen, Fürsorgerinnen und Wohlfahrtsbeamtinnen mußten von den Vorschriften ein für allemal ausgenommen werden, Die Zustimmung für den Geseßentwurf werde seiner Partei erleichtert, weil er vershiedene Verbesserungen bringe. Lelder habe die Reichspostverwaltung sih seit anderthalb Fahren gegen die Einstellung von verheirateten und überhaupt von Be amtinnen ausgesprohen. Auf keinen Fall dürfe die Verwaltung Erlasse herausgeben, man solle die Beamtinnen amtsärztlih untersuchen und feststellen, ob sih niht irgendein gesundheitlicher Schaden ermitteln lasse.

- 9 L, a D oi C 1s]pracze ercflarte Abg. Dr. R v

Abg. Dr. Gertrud Bäumer (Staatsp.) schilderte die Praxis gegenüber den weiblihen Beamten in anderen Ländern. Eine Entlastung des Arbeitsmarktes werde durch Entlassung von ver heirateten Beamtinnen nicht eintreten, denn von den in Fräge fommenden Frauen treffe nur bei wenigen die Vorausseßung zu, daß die wirtschaftlihe Position der Familie gesichert sei. Die Rednerin schilderte die besonderen familiären Aufgaben der weib- lihen Beamten, aus denen heraus die Staatspartei gleichfalls starke Bedenken gegen die Vorlage habe. Es beständen auch beamtienrechtlihe Bedenken, und man müsse fragen, wie insbeson- dere die vorgeseßte Behörde dazu komme, nahzuforshen, ob die wirtschaftlihen Verhältnisse der weiblichen Beamten „dauernd ge- sichert“ seien. Das eröffne einer vollkommenen Willkür gegén die weiblihen Beamten Tür und Tor. Man müsse doch bedenken, daß diese Frauen, die für ihre Kinder arbeiten, niht nah vieljähriger Ehe sagen wollen, daß ihr Mann sie niht ernähren könne. Wir halten es nicht für einen normalen Zustand, so betonte die Rednerin, daß die Ehefrau und Muttec mitverdienen muß. Aber heute sind die wirtshaftlihen Verhältnisse so, daß vielfah eine Zwangslage besteht für die Frau, mitzuarbeiten. (Sehr wahr! bei der Staatspartei.) Wir verlongen die Wiedereinstellungs- möglichkeit für die verheirateten weiblihen Beamten. Wenn auch heute unter dem Druck der Verhältnisse die weiblichen Be- amten der Vorlage zustimmen müssen, so bedeutet sie doch einen gefährlihen Präzedenzfall. Wir stimmen der Vorlage zu, weil jonst die Möglichkeit besteht, daß die weiblichen Beamten über- haupt niht mehr in unkündbare Stellungen kommen. (Beifall bei der Staatspartei.)

Abg. Marie Reese (Komm.): Wir lehnen die Vorlage ab. Es geht uns dabei grundsäßlih um die Gleichstellung der Frau, die zwar in Fhrer Verfassung ausgesprohen wird, die Sie aber mit der Vorlage beseitigen. (Sehr wahr! bei den Kommunisten Nach dieser Vorlage sollen etwa 1200 verheiratete weibliche L amte entlassen werden. (Hört, hört! bei den Kommunisten.) wollen insbesondere auch die verwitweten Beamtinnen abbauen. Die Zeit der Hexenprozesse ist eben noch nicht vorbei. (Heiter- keit.) Gegen die wirklihen Dovpelverdienex wollen wix sehr wohl vorgehen. Das lehnen Sie aber ab. Sie machen zwar ein Ausnahmegesey geacn verheiratete weiblihe Beamte, lehnen aber ein Vorgehen gegen die kaiserlihen Generale ab, die in keinem Falle unter 11 000 Pension im Fahr beziehen und außerdem in der Jndustrie besoldet werden. Die SPD,, die früher auch für die Gleichberehtigung der Frau eintrat, hat diejes Prinzip jet aufgegeben. Man will jetzt die proletarishe Frau gegen den proletarishen Mann aufhezen. Diese Tatsache muß die weib- lihen Beämten zu der Ueberlegung führen, daß im bürgerlich- kfapitalistishen Staat die Gleichberehtigung der Frau nicht zu erlangen ist, sondern nur im sozialistishen Sowjetstaat, den die Kommunistishe Partei auch füx Deutschland erstrebt. (Händes flatshen bei den Kommunisten.)

Abg. Dr. Helene Weber (Zentr.) protestierte dagegen, daß die Vorrednerin in diesem Zusammenhang von Hexenprozessen geredet habe. Das könne zur Folge haben, daß auch heutige Frauen unter Ur1iständen noch als Hexen betrachtet werden. (Heiterkeit.) Das Zentrum habe das Gesey nicht beantragt, um dem Doppelverdienertum entgegenzutreten, sondern wegen seiner ganzen Stellung zur Familie. (Lärm bei den Kommunisten.) Den Aenderungen des Haushaltsausschusses stimmte die Rednerin zu. „Sie bedauerte allerdings, daß die Bestimmung gestrichen worden ist, wonach das Geseß auch auf die Länder- und Gemeinde- beamtinnen ausgedehnt werden könnte. Mit der Beschränkung auf die Reichsbeamtinnen müsse man sih aber schließlich abfinden. Weiter sprach die Abg. die Hoffnung aus, daß Härten vermieden werden, sie würde es aber begrüßen, wenn durch das Gesetz einige jugendlihe Beamtinnen mehr eingestellt und dafür verheiratete lhren Familien wieder zugeführt werden könnten.

Abg. Gertrud Eitner (Chr, Soz.) stimmte dem Geseh leihfalls zu, weil sie der Auffassung it, daß die Frau in die amilie gehöre.

_Abg. Annagrete Lehmann (D. Nat.) war auch mit dem Geseße einverstanden, weil es die Zurückführung verheirateter Beamtinnen in ihre Familien ermögliche.

Das Geseß wurde in 2. und 3. Lesung erledigt. Ju dec namentlihen Schlußabstimmung wurde es mit 460 gegen 73 Stimmen der Kommunisten bei 13 Stimmenthaltungen angenommen. Präsident L ö bee stellte fest, daß diese Mehr- heit auch den Erfordernissen dex Verfassung für eine Ver- fassungsänderung entspricht.

Es folgen die Abstimmungen über das Schuldens tilgungs- und Anleiheermächtigungsgeseßt, das in seinen einzelnen Paragraphen gegen die Stimmen dex Nationalsozialisten, Deutscznationalen, des Landvolks und der Kommunisten angenommen wurde.

Annahme A auch ein gemeinsamer Antrag dex hinter der Regierung stehenden Parteien, der die Ermächtigung zux

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