1909 / 154 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 03 Jul 1909 18:00:01 GMT) scan diff

stärkt werden. Aus allen diesen Gründen stehen wir nach wie vor auf dem Standpunkte, daß das Gewichtssteuersystem troy aller Mängel das allen anderen Systemen vorzuztehende ist. Dafür hat sich auch der Deutsche Tabakverein ausgesprochen. Der Reichskanzler hat an der Agitation des Tabakvereins beim Empfang der bekannten Deputation eine sehr herbe Kritik eûbt. Er ist darin nicht paritätisch verfahren, er hätte in Tine Kritik den Bund der Landwirte niht vergessen dürfen. Er war aber au faktisch niht gut unterrichtet, und \{hon damals hatte sich der Verein bereit erklärt, an der Reform mit- zuarbeiten, wenn er sich auch anfangs dagegen sträubte. Welche Wirkung hat die Zigarettensteuer gehabt ? Von den Sozialdemokraten wurden vor der Steuer die \{limmsten Befürchtungen geäußert, die Ban der Arbeiter würde auf ein Minimum herabsinken. Jnzwischen at \sich die Arbeitsgelegenheit niht vermindert, sondern vermehrt. Man qeht von der Zigarre zur Zigarette über. Diese ganze Richtung des Genusses hat unzweifelhaft dazu geführt, daß troy der Zigarettensteuer der Zigarettengenuß estiegen ist. Bei der Zigarre wird dies aber niht eintreten. Schreitet man zu einer neuen Belastung der Zigaretten, fo möchte ih Sie bitten, es bei dem Saß von 1200 46 der Kommissions- beshlüsse zu Lan, um der inländischen Zigaretteninduslrie den Schuß; gegen das Ausland zu gewähren, den sie braucht. Der Antrag Albrecht ist für uns unannehmbar; ein gleicher Antrag hätte au dort gestellt werden müssen, wo sonst ein Uebergang von der Hand- arbeit zur Maschinenarbeit eingetreten is. Wir werden für die Gewihtssteuer stimmen, im übrigen aber nah Ablehnung der Erb- schaftssteuer gegen das ganze Gesez stimmen und der Mehrheit die Verantwortung für den etwaigen Fall des Gesehes überlassen.

Es sind weitere Anträge eingegangen: 2 von den Abgg. Mommsen, Gyßling, Schweickhardt (linkslib. Fraktionsgem.), die einen formulierten Gegenentwurf vorlegen, der auf der Grundlage des Gewichts den Zoll für Tabakblätter auf 160, e: Zigarren auf 700, für Zigaretten auf 1000 6, die Jnlandss\teuer auf 80 6 festseßen will; 2) von den Abgg. Giesberts, E Wiedeberg, Becker und Genosse (Zentr. in einem besonderen Artikel Ila die Unterstüßung arbeitslos werdenden Arbeiter zu regeln. Es sollen aus den Einnahmen den Landesregierungen entsprehend dem Bedürfnis festgeseßte Beträge zu diesem Zweck überwiesen werden.

Abg. S chult (Rp.) : Der Vorredner hat den Bund der Land- wirte in Vergleich gestellt mit dem Tabakverein. Ich nehme an, daß er dabei an die Erbschaftésteuer dahte. Er hätte aber doch nur die Branntweinsteuervorlage in Vergleih ziehen können. Der Bund der Landwirte aber hat sh bereit erklärt, beim Branntwein Opfer zu bringen. Ih möchte einmal sehen, was der Tabakverein gesagt bätte, wenn das Tabakmonopol eingeführt werden sollte. Daß der Tabak mehr hergeben kann, ist doch nicht wegzustreiten. Wie ver- halten sich denn die anderen Länder dem Tabak gegenüber ? In England, Frankrei, Oesterrei, Nordamerika s{chwankt die Be- steuerung des Tabaks für den Kopf der Bevölkerung bis über 6 H. In Deutschland ist der Tabak nur mit 1,56 4 belastet. Nach den Kommissionsbeschlüssen würde die Belastung 2,10 4 betragen, 2 bis 3 M weniger als in anderen Ländern. Hinsichtlih des Ertrages stehen wir in einer Reihe mit Spanien, das nur den vierten Teil, und mit Italien, das nur etwa die Hälfte der Bevölkerung hat. Wir erzielen nicht die Hälfte dessen, was Frankreich aus dem Tabak erzielt. Deshalb ist auch allgemein die Stimmung, da der Tabak mehr ergeben muß. Das reine Gewichts\teuersystem ist eine sehr rohe Form. Es trifft den Tabak ohne jeden Unterschied des Wertes, sodaß der Raucher, der eine billige Zigarre raucht, viel shärfer belastet ist, als ter einer teueren Zigarre. Je wohl- habender der Raucher, desto weniger zahlt er Steuer. Bei der

ünf- und Sechépfennigzigarre beträgt die pielsweise 8 v. H, bei 20 nur 5 v. H. bei der Banderole liegt es ähnlich. Bei unserem Vor- {lage wird der Tabak viel gleihmäßiger und gerehter belastet, und Arbeiterentlassungen in größerem Umfange werden vermieden. Es ist eine alte Sisabrung, daß die Fabrikanten, wenn eine neue Steuer in Ausficht steht, ihren Betrieb aus egoistischen Motiven dab sle die S vergrößern, um möglichst viele Vorräte zu schaffen,

Belastung ach u

daß sie die Steuer fo lange wie möglich umgehen. Dann find natür- li Arbeiterentlassungen späterhin die unausbleiblihe Folge. Daß bei der Zigarettensteuer, die dech eine ziemlih erheblihe Erhöhung erfahren hat, Arbeiterentlassungen nicht stattgefunden haben, hat auch der Abg. Molkenbuhr zugestanden. So wird es auch bei dieser Tabak- steuer sein. Ich empfehle die Kommissionsvorshläge zur Annahme. Abg. Hormann - Bremen (fr. Volksp.) : Ih muß den Vorwurf,

daß der Deutsche Tabakverein niht mit positiven Vorschlägen hervor- getreten sei, mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Er hat ih streng auf dem Boden der Sachlichkeit gehalten. Kein Land der Erde hat eine so blühende Tabakindustrie wie das Deutshe Reih. Der Wertzoll ist allerdings immer eine fixe Idee des Zentrums gewesen, und diese Partei hat ihn in der Kommission beim Tabak verwirklicht ; man will, so heißt es, diejenigen treffen, die für ihren Tabakgenuß etwas mehr aufwenden können. Das ist ein soziales Mäntelchen, welches man der Forderung umhängt, das aber näherer Prüfung nicht stand- hält. Die Fakturensteuer ist nihts anderes als die Wertsteuer. Der ganze Zwischenhandel wird durch die Vorlage in der empfindlihsten Weise betroffen, die Vorlage if eine mittelstandsfeindlihe Maßregel aller- ersten Ranges, wie besonders auch die Mannheimer Handelskammer betont hat. In der Kommission haben wir immer wieder auf die Schwierigkeit der Kontrolle der über die holländishe Grenze direkt hereinkommenden Tabakmengen hingewiesen. Es werden, wie auch die Bremer Handelskammer hervorhebt, ganz erheblihe Defraudationen Ey greifen, konsularishe Beglaubigungen bei den Konsulaten in msterdam und Notterdam werden undurchführbar sein. Aber alle diese Vorstellungen haben auf die Kommission keinen Eindruck ge- macht; der Tabak soll nun einmal mehr bluten. Will man vielleicht durch die zugelassene Eventualität des Aufkaufs des Tabaks von Neihs wegen ein reihes Tabaklazer installieren ? Ein Ankaufsrecht der Reichsfinanzverwaltung würde der Reichskasse bödstens zum Nahteil gereichen. Wer soll denn an der Grenze dîe Entscheidung treffen, ob der Tabak richtig fakturiert ist ? Bezweifelt man die Richtigkeit, so muß doch der Tabak in natura untersucht werden, und es werden si riesige Vorräte an den Kontrollstationen häufen, und der Kaufmann und der Fabrikant werden wochenlang in ihren Betrieben behindert sein. Wie soll bei solher Behandlung der Sache die Frage der Nückvergütung gelöst werden ? Den Vorteil haben natürli die Großbetriebe. Der Großimpo1teur kauft wesentlich billiger ein als der Mittel- und Kleinhändler. 6000 Betriebe sind bei der Tabakberufsgenossenshaft eingeshrieben, davon sind nur 1,4 9% eigentlihe Großbetriebe mit einem Umsay von mehr als hunderttausend Mark. Ein einziger dieser Großbetriebe hat 6000 Arbeiter. Die mittleren und kleinen Betriebe werden ganz wesentli höhere Steuerbeträge entrihten müssen, Die Wertsteuer- vorlage hat also, so sozial sie aussehen mag, einen ganz unsozialen Charakter, indem si: die wirtshaftlich Shwachen gegenüber den wirt- \chaftlich Stärkeren benachteiligt. Die Nebenbetriebe, die Hilfs- industrien, Kistenmacherei, Etikettenfabrikation usw. beschäftigen auch 13—14 000 Arbeiter; auch sie werden ganz außerordentli unter der Wirkung des Gesetzes zu leiden haben. Der inländishe Tabakbau hat Kch bisher wahrlich nit zu beschweren, Der Pre's und der quantitative Ertrag sind seit 1879 gleichmäßig gestiegen. Wird er noch mehr be- ünstigt als bisher durch eine Aenderung der Differenzierung zwischen Zoll und Steuer zu seinen Gunsten, so wird die Blüte der westfälischen abakindustrie gekaickt, in der 90000 seßhafte Arbeiter beschäftigt find, die in der Hauptsache ausländischen Tabak verarbeiten. Die Abwanderung der Tabakindustriearbeiter nah Süddeutschland ist durch den gegenwärtigen Schutzzoll hon eine ganz erheblihe gewesen, ip wird durch eine weitere Erhöhung sih noh viel schlimmer ge- talten. Durch den höheren Schuß will man die Ausdehnung des in- Jändischen Tabakbaues fördern; aber man ist mit dieser Produktion

so ziemlich am Rande und sollte ein solches Experiment unterlassen, wenn sich das Schausptel von 1879 niht wiederholen soll. Nehmen wir ferner einfa eine Erhöhung des jeßigen Gewichtszolles vor, so brauchen wir keinen einzigen Beamten mehr; beim Wertzoll brauchen wir einen großen Beamtenapparat, und die Beamtenzahl ift in Deutschland doch schon bedenklich genug angeshwollen, wie wir an dexr Besoldungsvorlage sehen, die ja in den nächsten Tagen zum Abschluß kommen muß. Lehnen Sie die Vorlage der Kommission ab und begnügen Sie sih mit angemessener Erhöhung der Gewichtssäße, wenn Sie den Tabak über- haupt \chärfer heranziehen zu müssen glauben. Die historisch ge- wordenen De in der blühenden deutschen Tabakindustrie und im aeuilven Tabakbau würden durch eine Wertsteuer geradezu über den Haufen geworfen werden. Die Tabakindustrie würde eine Zoll- erhöhung nach dem Gewichtssystem, wie sie der Antrag Weber- Mommsen in der Kommission wollte, jeder anderen Besteuerungs- form vorziehen. Die Vorlage ist als arbeiter- und mittelstandsfeind- lich für uns unannehmbar. Die Anträge Albrecht und Giesberts gehen davon aus, daß die Vorlage ungeheuere Schädigungen des Tabakarkbeiterstandes nah sich ziehen wird. Wir müssen zu der Frage Stellung nehmen, und ich beantrage namens meiner Freunde über den Antrag Giesberts namentlihe Abstimmung. Der Antrag Weber- Mommsen ist in etwas anderer Fassung, mit etwas erhöhten Säßen als Antrag Mommsen wieder eingebraht worden ; unsere Vorschläge haben das Ginverständnis der Industrie gefunden, und wir bitten um ihre Annahme.

Abg. Erzberger (Zentr.): Von allen Vorschlägen in der Kom- mission sind nur diejenigen der Erhöhung der Gewichté steuer und der Wertzuschlag übrig geblieben ; das Zentrum hat \ich in seiner über- großen Mehrheit für den Wertzuschlag entschieden. Die Erhöhung des Gewichtszolles nah dem Antrag Mommsen lehnen wir unbedingt ab, denn er würde die Arbeiter|haft besonders {wer schädigen, während das System des Wertzuschlages durhaus den Inter- essen der Arbeiterschaft und auch der Konsumenten ent- \priht. Hervorragende Sachverständize meinen nihcht, daß das System des Wertzuschlages undurchführbar sei, und ziehen es der anderen Besteuerungsform unbedingt vor. Daß der Wert- ¡ushlagszoll ein Lieblingsgedanke des Zentrums set, ist niht zutreffend, denn der erste Antrag auf dessen Einführung wurde in der Sub- kommission von dem nationalliberalen Abg. Dr. Weber gestellt. Mein Freund Müller-Fulda hat also niht das Verdienst, der Vater des Gedankens zu sein. Aber der Vorschlag der Subkommission enthielt einen Zuschlag von 8009/0 (Rufe links: Die Zölle sollten aber auf- gehoben werden!) Jch kann mir auch nicht denken, daß ein National- liberaler den Zoll für ausländishen Tabak aufheben und dafür den Wertzushlag einführen wollte, während der JInlandstabak neben dem Weitzuschlag au noch die Inlandssteuer zu tragen hätte. Also Kopfrechnen \chwach, Herr Mommsen. Wir haben uns ledigli bemüht, den Wertzushlag von 80 9/6 auf 40 9/6 zurückzuführen. Der Abg. Hormann nennt dieses System das {limmste. Aber ein Sah- verständige in der „Nationalzeitung* erklärte im April die Erhöhung des Gewichtszolles, also den jeßigen Antrag Mommsen, für das denkbar Schlimmste für die Tabakindustrie, weil dabei gerade die eringeren Sorten am meisten verteuert werden würden. Sowohl S uvortents wie kleine Tabakfabrikanten bitten uns in Zuschriften dringend, dem System des Wertzuschlags als der gerehtesten Steuer zuzu- stimmen. (Zwischenrufe links : Was für Sachverständige !) Sachverständige, auf die wir mindestens soviel Wert legen, wie Sie auf Ihre Sach- verständigen. Auch im „Leipziger Tageblatt“ wird von „hervorragender faufmännischer Seite“ ausgeführt, daß zolltehnisch die Durhführbar- keit des Wertzuschlages so einfah wie möglih sei. Vor dret Jahren sagten die Freisinnigen, die Zigarettenbanderole würde alles kaput machen, und niemand würde mehr Zigaretten rauhen, die Arbeiter brotlos werden; und doch hat si die Zigarettenbanderole als das beste Geseß in der Reform von 1906 ergeben. Gerade vom sozialen Standpunkte is der Vorschlag der Kommission empfehlenswert; selbst der Tabakverein gesteht dies zu. Nah dem Antrage Mommsen würden die Zigarren vom Preise von 7 &H§ an vollkommen glei belastet werden, während nah dem Kommissionsyorschlage die teueren Sorten die größte Belastung zu tragen haben. Der Abg. Hormann hat behauptet, daß das Wertzollsystem den Arbeiter mehr \chädige als das Gewtichtszollsystem. Auch das muß ih bestreiten. Die „Tabakwelt“, das Organ der Zigarettenindustrie, weist aber nach, daß das Gewichtszollsystem nur dazu führen kann, die Interessen der Arbeiter doppelt und dreifach zu schädigen. Der Antrag der liberalen Fraktionsgemeinschaft nimmt auch auf Inlands- tabak nicht Rücksicht, denn er belastet ihn mit 80 4 und die zu NRaucklß-, Kau- und Schnupftabak verwendeten Takakblätter immer noch mit 50 4, im Durchschnitt zusammen mit 65 46; Ste wollen also den ausländischen Tabak \chonen und dem inländischen Tabak viel mehr aufladen, als die Kommission will. Was die Zigarettensteuer betrifft, so ist ein offener Brief von der „Tabakwelt" wegen meiner Aeußerung in der Kommission an mi gerihtet worden. Ich halte die Behauptung aufrecht, daß seit 1906 die Zahl der Zigaretten- betriebe emu hat. 1907 hat die Zahl der Betriebe mit reinem Handbetriebe um 40 zugenommen, während die Zahl d-r Maschinen- betriebe um 10 abgenommen hat, woran niemand gedacht halte. Auch die Zahl der beschäftigten Personen in der Zigarettenindustrie hat zu- genommen. Der Verband der Deutschen Zigarettenindustrie be- hauptet nun, es seien 115 Zigarettenbetriebe eingegangen. Dem stehen die amilihen Zahlen entgegen. Ih möchte den Staatssekretär bitten, uns hierüber eine Aufklärung zu geben, bevor wir über diese wichtige Frage zur Abstimmung \chreiten. Wir haben uns ent- \{lossen, für das Gesez in der vorliegenden Form zu stimmen. Dieser Entschluß ist uns nicht leiht geworden. Aber wir haben uns überzeugt, daß an diesem Genußmittel niht vorbeigegangen werden darf.

Staatssekretär des Reichsshayamts Sydow:

Das Für und das Wider der verschiedenen Auffassungen ist bereits von Rednern aus dem Hause so eingehend dargelegt worden, daß ih mich im allgemeinen glaube kurz fassen zu können, zumal ih den Ein- druck habe, daß sich im jeßizen Stadium der Verhandlungen das Interesse erheblich mehr auf die Abstimmungen konzentriert als auf die Verhandlungen. (Sehr richtig! rechts.) Wenn ich troßdem einige Bemerkungen - hier der Beantwortung der von dem Herrn Akg. Erzberger gestellten Frage voraus\chicke, so geschieht es, um nit Behauptungen, welche sh gegen die Auffassung der verbündeten Regierunzen rihten, unwidersprohen von seiten der Regierung ins Land gehen zu lassen.

Fch muß allerdings an der Spiße meiner Erörterungen mein Bedauern aus\prehen, nicht nur darüber, daß die Banderolenform nicht die Zustimmung der Mehrheit der Kommission und des Hauses gefunden oder zu erwarten hat, sondern auch darüber, daß der Mehrertraa, der nah der gegenwärtigen Lage der Anträge aus der Tabakbesteuerung zu erwarten ist, so ich kann niht anders sagen gering ist. (Sehr richtig! rechts.) Denn nah dem Antrag der Kommission werden im ganzen nur 43 Millionen mehr aufgebraht, und nach dem Antrag der Herren Abgeordneten Mommsen und Genossen auf Erhöhung des Gewichls- zolls nur 40 Millionen. Die Berehnung von 48 Millionen Mehr- ertrog in beiden Fällen ist nicht rihtig. Unsere Berehnung beruht auf genauen Zahlen, und die Nahrehnung für den Antrag Mommsen ist genau auf derselben Grundlage geschehen, wie die Berehnung des Kommissionsantrages. Es handelt \ich also um nur 43 Millionen, eventuell sogar nur um 40 Millionen. Ih glaube, es wird im Deutschen Reiche bei vielen Leuten Kopfshütteln hervorrufen, daß dieses doch wirklich entbehrlihe Genußmittel niht stärker heran- gezogen werden soll. (Sehr rihtig! rechts.) Cine Steuererhöhung

in diesem beschränkten Umfange würde in Deutschland die Belastung auf den Kopf der Bevölkerung von jeßt 1,49 46 auf etwa 2,20 4 erhöhen, während die Kopfbelastung in England über 6 4, in den Vereinigten Staaten annähernd 4 4 beträgt. (Zuruf bei den Soz.) Ih weiß, daß die Bedenken gegen eine Erhöhung der Tabak. abgaben auf dem Gebiete der Arbeiterfrage liegen. (Sehr richtig! bei den Soz.) Ich werde au auf diese Frage eingehen.

Alle Bedenken, die dem sozialen Gebiete entnommen sind, beruhen auf der Voraussetzung eines erheblichen Konsumrückganges, und diese Voraussetzung vermögen wir als richtig nicht anzuerkennen, (Zuruf.) Wir haben noh nie zugegeben, daß ein Konsumrückgang von 10 9/6 eintreten wird. Die Zahl 1009/6 ist als möglihe Fehler- grenze für die Ertragsberechnung bei der Tabakverbrauhsteuer an- geseßt, aber nihts findet sh in unseren Berehnungen, was den Shluß gestattet, daß infolge der Steuererhöhung 20 000 Arbeiter brotlos werden können.

Die Vorgänge des Jahres 1879 sind nicht beweiskräftig und auch nit zutreffend dargestellt. JIch muß hier wiederholen, damit auc

in dieser Beziehung niht unwidersprochen falsche Behauptungen ins

Land gehen, daß bei den behaupteten Entlassungen der Zigarren- arbeiter in Hamburg und Bremen zum großen Teil die Verhältnisse um deswillen anders lagen, als damals Hamburg und Bremen sih außerhalb des deutschen Zollgebietes befanden und in diesen Gebieten dadur natürlich die erheblihe Erhöhung des Einfuhrzolles auf Zigarren nah Deutschland ganz anders wirken mußte wie in dem deutshen Zollgebiete. Jh darf aber noch einmal darauf hinweisen, daß, wenn auch in den Jahren unmittelbar nah 1879 Beschäftigungs- verminderungen eingetreten sind das bestreite ih gar niht —, dies ledigli deshalb geschehen ist, weil eine große Voreinfuhr und Vor-

fabrikation stattgefanden hatte, daß diese vorübergehenden Beschäfti- | gungsverminderungen aber bald nahgeholt worden sind und sih unter Þ dem erhöhten Zoll die Tabakindustrie glänzend entwidckelt hat. Die | Zahl der tabakindustriel Erwerbstätigen, die im Jahre 1870 | 110 891 betrug, bezifferte sich im Jahre 1882 bereits auf 113 396 | und ist dann gestiegen im Jahre 1895 auf 153 000 und im Jahre | (Zuruf bei den Soz.) | Die falschen Zablen waren und da sind Zahlen mit- ff

1905 auf gegen 200 009 Erwerbstätige. Nein, das sind die amtlihen Zahlen. damals in einer Tabakzeitung gegeben, einander verglihen worden, die niht zu vergleihen waren.

Wenn ferner gesagt worden ist, in einem Teile von Hannover i sei der Absayz und die Fabrikation zurückgegangen, \o ersieht man |

gerade daraus, daß es sih bei solhen örtlihen Rückgängen nur um

Verschiebungen der Fabrikation handelt. Solche Vershiebungen kommen f natürli überall vor; im großen und ganzen hat die Fabrikation aber f

zugenommen. Wir sind von einer Produktion von zirka 4 Milliarden auf

8,5 Millarden Zigarren in dieser Zeit gekommen. Jch gebe vollkommen |

zu, daß vorübergehend Verminderungen in der Fabrikation eintreten können, zum Teil dadur, daß eine starke Voreinfuhr und damit im Zusammenhange auch eine Vorfabrikation stattfindet.

fast um 50 9/% höher gewesen ist als im Durchschnitt des vorher- gehenden Jahres. Seit bekannt geworden ist, daß eine Nach- verzollung stattfinden foll, hat sih die Einfuhr wieder etwas beruhigt, dagegen hat in letzter Zeit eine starke Vorfabrikation eingeseßt. Man muß natürlich damit rehnen, daß infolge der momentanen starken

Beschäftigung später . ein kleiner Rückgang eintreten kann. Im | allgemeinen bin ich nach meiner Kenntnis und Beobachtung der | Meinung, daß die Einschränkung der Nauher im Rauchgenuß, wenn | rechts.) Þ Man braucht bloß zu sehen, wie jeßt von Jahr zu Jahr Leute der Î mittleren Klassen in bezug auf den Rauhgenuß Summen anwenden, | wie das früher nit der Fall war, wer früher eine 4 und 5-Pfennigzigarre F rauhte, raucht jeßt eine 7- und 8-Pfennigzigarre, das wird den Unterschied F Fald ausgleihen, und Leute, die rauhen, sind am wenigsten geneigt, Sachen zu konsumieren, die thnen niht schmecken. Was den Streit / betrifft zwishen Gewichtszoll- und Wertzollzuschlag, so ift auch hier F das Für und Wider erörtert worden, und ih bleibe dabei, daß fozial i gerehter der Wertzollzushlag ist, und wenn wir die Banderole nicht | bekommen können, ziehen wir troß der damit vielleicht verbundenen i Unbequemlichkeiten den Wertzollzushlag vor, weil er die billigen Zigarren nicht so hoch trifft, während der reine Gewichtszoll allgemein Es ist immer darauf hingewiesen worden, daß der Tabak- | verein sich absolut nur für die reine Gewichts¡zoll- und Steuer- | Richtig ist, daß der Tabakverein \sich F gewehrt hat, soviel er konnte, gegen jede Belastung. Es hat mich F nur eines gewundert, daß Herr Hormann der Regierung den Vor- wurf gemacht hat, daß sie niht rechtzeitig sich mit dem Tabakverein über ein ihm angenehmes System der Zoll- oder Steuererhöhung ins | Wissen Sie nicht, entsinnen Sie ih nicht, | Herr Abgeordneter, daß, als {on die Vorlage hier eingebracht war, h noch ein Zirkular vom CTabakyerein ausging, in dem an alle Inter- | essenten die dringende Bitte gerihtet wurde, sih, auh nit eventuell, M bezüglih der Möglichkeit der |

sie eintritt, nicht lange vorhalten wird. (Sehr rihtig!

gleihwirkt.

erhöhung ausgesprochen hat.

Benehmen geseßt hat.

mit irgend einem Menschen,

Erhöhung der Tabakbesteuerung einzulassen. Eine solche wurde als

absolut ausgeschlossen erachtet, und Herr Hormann weiß, daß ih ein | angesehenes Mitglied des Tabakvereins in seiner Gegenwart einmal Þ bei mir gehabt habe, das Bedenken gegen die Banderolesteuer geltend F

gemacht hat ; und als ih diescm sagte, wollen Ste mir niht angeken, vorbehaltliÞh Ihres Standpunktes,

nit verdient, daß wir uns nicht an den Tabakverein gewendet haben. Als dieser nun einsah, daß niht mehr alles zu retten war, hat er den bekannten Vorschlag der Erhöhung des Gewichtszolls eingebracht ; id habe die sahlichen Gründe, die dagegen sprehen, vorhin dargelegt, jedenfalls aber ist diese Mitwirkung sehr spät gekommen. Wenn Herr Hormann sagt, der Tabakverein is doch der berufene Vertreter der Fndustrie, so ist das ganz gewiß richtig, aber doch mit Einschränkung zu verstehen. Er ist Sachverständiger und Interessent zugleih (fehr rihtig! rechts.), und \{ließlich sucht man doch im Kampfe der Interessen die Sachverständigen, die nicht selbst interessiert sind, heraus, und man sazt sich bei den sahverständigen Interessenten immer, daß bet ihnen der Sachverständige und Interessent miteinander kämpfen. Ohne daß ih die Hochachtung vor dem Sachverständnis der Herren, die im Tabakverein sigen, im geringsten einshränken will, muh ih mir doch sagen, daß ih mir immer bewußt sein muß, daß sie nicht unbeteiligte Sachverständige sind.

Die Zahlen | des vergangenen Jahres ergeben, daß in den ersten Monaten des | &Fahres die Tabakeinfuhr um 20 9%/% und in den späteren Monaten |

in welher Form die Steuer- ff erhöhung Ihnen erträglih sein würde, hat er gesagt, nein, uns if } nihts erträglih. (Heiterkeit rechts.) Also den Vo1wurf haben wir

Herr Hormann hat nun eine Reihe von Einwendungen gemacht gegen dea Wertzollzuschlag, wona dieser eigentlich fo gut wie, ih möchte beinahe sagen: Unsinn sein soll. Er sagte zunächst, eine Kontrolle wäre gar nicht möglih. Es handelt \sich im großen und ganzen doch um die Erhebung der Steuer nah Maßgabe der Fakturen, die der inländishe Händler beim Weiterverkauf an den Fabrikanten ausf\tellt. Nun sind die inländischen Händler große, an- gesehene Firmen, und der Herr Abg. Hormann wird selbst nicht behaupten wollen, daß dabei die Gefahr einer bewußten Unrichtigkeit obwaltet. Schwieriger sind allerdings die Fälle, in tenen direkt im Auslande gekauft wird ; aber unlösbar ist die Schwierigkeit auh hier nicht. Wir haben da Konsulatsvisa vorgesehen ; das wird sich machen lassen, wenn man es handelt \sich um wenige Pläße, hauptsählih um Amsterdam und Rotterdam dem Konsulat einen sahverständig gebildeten Mann beigibt, der ih auf den Auktionen umzusehen hat, si direkt von den Käufern und Maklern informieren läßt und in der Lage ist, die Richtigkeit der fakturierten Preise zu beurteilen. Da- neben haben wir noch die Prüfungsstele in Bremen. Da is nun wieder die bekannte Philippika gegen die Beamtenvermehrung gehalten worden. Nah unserer Schäßung werden wir neben einer Reihe von unbesoldeten Sachverständigen, die wir ehrenamtliß heranziehen, wahrscheinlich drei bezahlte Sachverständige brauchen, und außerdem etwa drei Beamte, die die Sache vermutlich im Nebenamt machen werden. (Heiterkeit.) Das ist doch wahrlich nicht die Welt!

Dann i} gesagt worden, dieser Wertzollzuschlag würde sehr \{wankende Ergebnisse bringen. Ja, die {chwankenden Ergebnisse sind mir, wenn sie nah oben {chwanken und darum handelt es sich immer lieber als die stabilen! Nach unten hin bringt der Wertzoll- zushlag wohl immer noch so viel wie der reine Gewichtszoll. Das ist das Hauptbedenken, das ich gegen den Gewicht?zoll habe, daß er die Einnahmen sterilisiert. Der Tabakrauhgenuß verfeinert sich aber mit der Zeit, und es ist der Hauptvorzug des Wertzollzuschlags, daß daran die Finanzen des Reiches teilnehmen. Das ist auch der füc mih durhaus erklärlihe Grund, wethalb die Tabakindustrie ih fo schr dagegen wehrt und weshalb ihr der Gewichtszoll lieber ist.

Alle Bedenken, die jeßt gegen die Erhöhung der Tabaksteuer in bezug auf die Zigarren erhoben werden, sind hon ebenso nachdrücklich geltend gemacht worden, als wir seinerzeit die Steuer auf Zigaretten erhöhten. Die Zigarettenindustrie ist aber nicht nur nicht zugrunde gegangen, sondern sie befindet \sich außerordentlich wohl. Allerdings ist da komme ih auf die Anfrage des Herrn Erzberger in einem offenen Brief in der „Tabakwelt" gesagt worden, daß infolge des Zigarettenbanderolgeseßes 109 Firmen nachher sind es wohl noch ein paar mehr geworden eingegangen seien. Diese Behauptung war so erstaunlich, stand mit den statistishen Angaben, die wir be- saßen, so sehr in Widerspruch, daß ih es doch für nötig hielt, ihr auf den Grurd zu gehen ; denn wäre sie wahr gewesen, so wäre allerdings eine der Grundlagen, auf denen wir jeßt fortbauen wollen, erschültert worden. Ih habe mih deshalb an die Bundesregierungen gewandt und gebeten, in jedem der Fälle, die da namentlich aufgeführt waren, nachforschen zu lassen, wie weit die Behauptung, daß die betreffende Firma infolge der Zigarettensteuer zugrunde gegangen set, auf Wahr- heit beruhe. Die sämtlihen Berichte liegen vor, und ih muß fagen: wenn die Frage ursprünglich sehr ernst \{hien, so kommt sie mir jeßt beinahe heiter vor! Die Antworten haben nämlich folgendes ergeben: Von den 109 Firmen, die da aufge{ührt sind, haben 49 {on beim Inkraft- treten des Gesetzes überhaupt nicht mehr bestanden (Heiterkeit rech18), sie waren zum Teil hon Jahre vorher eingegangen. 21 dagegen be- stehen noch heute (Heiterkeit), wenn auch unter geänderter Firmen- bezeihnung und anderen Inhabern. Diesen Firmen, die noch heute bestehen, if natürlich durch die öffentlihe Behauptung, sie seten infolge der Steuer zu Grunde gegangen, kein großer Gefallen ge- \{hehen. Weitere 8 Firmen sind an andere Orte verlegt. Damit find {hon 78 von den 109 belegt. Bei den übrigen dagegen sind es andere Gründe ich werde nachher einzelne Ihnen ans zufükren mir erlauben ; sie liegen meist in der Person des Geshäfts- inhabers, der niht die nötige Gignung zur Leitung des Geschäfts besaß; manhmal lagen sie auch in äußeren Verhältnissen: un- zureidende Fundierung, falsch2 Spekulation, Konkurrenz von Firmen. Es ist aber niht ein einziger Fall, daß gerade das Zigarettensteuer- geseß den Anlaß zum Eingehen des G-\{häfts gegeben hat." (Hört, hôrt! rechts und in der Mitte )

Ih möchte Ihnen ein paar Auszüge aus den Berichten mit- teilen, damit Sie sehen, was für Gründe dabei mitgewirkt haben. Hier ist ein Fall den Namen nenne ich natürlich niht; nennen wir ihn Firma A —:

E Sie war von Anfang an s{lecht fundiert und kaufmännisch wenig umsichtig geleitet. Es fehlte dem Inhaber an den erforder- lien tcchnischen Kenntnissen und an Betriebskapital. Die persö n- lihen und wirts{aftliGen Ausgaben der beiden Fabrikinhaber übe r- stiegen den Nutzen, den die Fabrikation abwarf.

Ein anderer Fall nennen wir sie Zigarettenfabrik B —:

Sie ist weder infolge der Belastung des Zigarettensteuergesezes in Konkurs geraten, noch hat sie den Betrieb eingestellt, sondern es lagen andere Gründe vor.

Die junge F:au des Inhabers wollte die Aufsicht über die Zigarettenfabrik, während der Mann reiste, nicht ausüben, wes- halb der Mann es vorzog, die Fabrik aufzugeben,

(Große Heiterkeit.) Fall C: (Zuruf links: wer sagt denn das?) Das sagt her die Königliche Oberzolldirektion des betreffenden Bezirks, die die Erkundigungen eingezogen hat. (Zurufe links.)

Nun, glauben Ste denn, daß die sich die Informationen aus den Fingern gefogen hat ?

(Erneute Zurufe links.) Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen vertraulich die Berichte zur Einsicht geben; ich seße dabei natürli voraus, daß Sie von den Namen keinen Gebrauch machen. Wir haben n'chts zu verhehlen- Wenn Ihnen das auch unangenehm ist, so köanen Sie es doch nit aus der Welt schaffen. Also Fall C.

Die Gründe, welche zur Betriebseinstellung führten, sind in der Hauptsache darin zu finden, daß der junge und auf dem Gebict des Zigarettengewerbes gänzli unerfahrene Inhaber auf lange Jah re

bindende Verträge über umfangreiche Lieferung von Material ab- ges{chlofsen und den Betrieb mit ungeschultem Personal begonnen hat. Fall D:

Die Fabrik hätte sehr gute Geshäfte machen können, wenn der junge Besitzer seine persönlihen Ausgaben nur einigermaßen seinem persönlichen Einkommen angepaßt hätte.

(Große Heiterkeit.) Details

(Zurufe links.) Von Scimmelpfeng ist dabei gar niht die Rede ! (Erneute Zurufe links.) Ja, woher wissen Sie denn, daß das s{chlecht ist? Sie kennen die Qu:lle nicht, aber Sie mißbilligen sie. (Sehr gut! rechts. Zuruf links.) Das hören Sie daraus? Dann haben Sie ein feines Gehör!

Ein anderer Fall:

Der Inhaber der Zigarettenfabrik, ein früherer türkischer Offizier, der \sich von vorüherein in {hlechter Vermögenslage befand, besaß wahrscheinli nicht die nötige Geshäftsgewandtheit und Fach- kenntnis, wohl auch nicht den nötigen guten Willen, jodaß der Konkurs nicht ausbleiben konnte.

So geht es noch weiter. Ih fürchte, die Herren, die das nicht glauben wollen, werde ich o nicht bekehren; darum will ih nicht weiter verlesen. (Sehr gut!) Aber ich stelle das Material jeder- mann zur Einsicht, um \sich von der Lauterkeit der Quellen zu überzeugen.

Ich glaube, daß man mit Rücksiht auf diese Ergebnisse sagen kann: der Ausdruck : \krupellose Agitation, der mal angewandt wurde, ist niht übertrieben. (Sehr gut! in der Mitte und rechts.)

Ih komme zum Schluß noch zu den gestellten Anträgen, von denen ich die beiden hauptsächlihsten hon erörtert habe. Leider ist zurzeit ein Antrag auf weitere Erhöhung der Säge nicht gestellt. Ih hoffe dringend, es wird möglich werden, den Wertzollzushlag noch auf einen höheren Prozentsatz zu bringen. (Oh! links.) Den Antrag auf Nr. 1539 bitte ich Sie abzulehnen.

Dann liegen noch mehrere Anträge des Abg. Kreth auf Nr. 1526 vor. Da bitte ih Sie, den Antraz zu § 1, 2e, der die Worte des geschnittenen Tabaks streihen will, ferner den Antrag zu 8 1, 2f, statt „fein geschnittener Tabak“ zu seßen: „geschnittener Raulhtabak*, anzunehmen ; ebenso den Antrag zu § 1, 2g, bei Zigarren den Zoll auf 270 6 herabzuseßen. Das entspriht dem Umstande, daß die ausländischen Zigarren ja auch mit der Werlsteuer belegt werden.

Dann bitte ich Sie, den Antrag wegen des Zolles auf Z'garetten, wie er in Nr. 1525 und 1526 gestellt ist, ebenfal's anzunehmen. Jeßt ist der Zoll auf 1200 4 normiert. Wir hätten ihn am liebsten wieder auf 800 46 herabgeseßt. Jch glaube, es is nicht nötig, den Import der ausländishen Zigaretten völlig unmöglih zu machen.

Ich empfehle, die Kommissionsvorlage mit den Abänderungs- anträgen des Herrn Abg. Kreth auf Nr. 1526 anzunehmen. (Bravo

rechts.)

Abg. Schmidt- Altenburg (Rp.): Ih erkläre ausdrücklich, daß die Zusammenstellung angeblich Engegiegeer Zigarettenfabriken in keiner Meise im Zusammenhang mit dem Deutschen Tahakverein steht. Zur Sache selbst sprehe ih nicht im Namen meiner Fraktion, sondern lediglih als Sachverständiger. Ich habe nicht bestritten, daß es bei der dringenden Notwendigkeit, dem Reiche große Einnahmen zuzuführen, unbedingt nötig ist, auch aus der Tabakindustrie einen höheren Steuer- ertrag herauszuholen. Es steht lediglich die Höhe und das System in Frage. Die Forderung ter Regierung war eine über alles Maß hinausgehende Belastung, fe bedeutet 22 v. H. des Fakturenbetragc s. Auch nah der jeßt beshlossenen Form wird ein erheblicher Konsum- rückgang unter allen Umständen eintreten. Wir haben im Deutschen Reich 300 000 Zensiten, die ein Einkommen haben von mehr als 6500 Mark. Nur diese geringe Zahl werden wahrscheinlich ihren Konsum niht einshränken, aber die ganze übrige große Masse kann gar nicht daran denken, den bisherigen Konsum unter den gesteigerten Preisen beizubehalten. Die Wahrscheinlichkeit, daß das Ausland einen Teil des Zolles tragen würde, is so gut wie Null. Die Fabrikanten werden gezw 1ngen sein, den Arbeitslohn wie die Arbeitsgelegenheit überhaupt zu vermindern, und es wird in \steigendem Maße von der Handarbeit - zur Maschinenarbeit übergegangen werden müssen, was gleihbedeutend ist mit einem Rückgang des Bedarfs an Handarbeitern. Gerade die Form des Wertzuschlags wird diese Gefahr erhöhen, sö"sehr se äußerlich etwas Bestechendes haben mag. Es werden gerade die- jenigen Atbeiter geshädigt werden, die die besseren Paaren herstellen, da der Fabrikant immer mehr den besseren Tabak herauslassen muß ; diese Arbeiter sind aber solhe, die lange Jahre in der Tabak- industrie tätig sind und in einem Lebensalter stehen, in dem sie zu einer anderen Beschäftigung richt mehr übergehen können. Auf ten Nückgang der Geschäfte folgt aber sehr shnell der Ruin der Geschäfte. Als einziger Gegenbeweis wird immer die Wiikung der Zigarettensteuer beigebraht. Die Zigarettenproduktion und Kon- sumtion nimmt aber jährlich um 1609/0 zu, während die bei Zigarren nur 2,4 9/9 aufweist. Eine so_ kolossale Zunahme des Zigareitenverbrauchs überholt natürlih die Schädigung dur eine er- höhte Steuer. Bei den Zigaretten wird sich die jährlihe Zunahme verringern, vor allem besteht die große Gefahr, daß sehr bald De- fraudationen des Wertzuschlages in großem Umfange ein- treten werden. Der Ausweg, den Wert dur Sachverständige er- mitteln zu lafsen, ist nicht gangbar. Wenn ih als Sachverständiger zugezogen würde, würde ih eine solhe Abshäßung glaitweg ablehnen. Man rühmt als Vorteil des Wertzuschlags die Für- sorge für den Konsumenten. Wenn dieses fozialpolitiiche Moment nicht nur ein Mäntelchen sein soll, so muß doch der Effekt des Wert- zushlages auch in dem Gesamtertrag deutlich zum Ausdruck kommen. Aber dieser Effekt ist nur ganz minimal und hilft niht darüber hin- weg, daß die fozialpolitishe Fürsorge für die Arbeiter-und den Mittel- stand damit zu sehr außer aht gelassen wird. Jedenfalls wird sich der Naucher der Vier- und Fünfpfennigzigarre dieser Fürsorge gegen- über dem Raucher der Sieben- und Achtpfennigzigarre niht bewußt werden. Der Hauptgrund, weshalb ih nicht wünsche, daß der Wert- zuschlag eingeführt wird, vielmehr wünsche, daß das Gewichtssystem be- stehen bleibt, ist der, daß ersterer ausgesprochen die Großbetriebe be- günstigt. Der Antrag Mommsen bringt genau dasselbe, was die Kommission bietet; er scßt zwar den E lay für inländishen Tabak eine Kleinigkeit böher an, differenziert aber zwischen 80 und 50 M, und das ist für die Fabrikation von großem Vorteil. Bei gleichzeitiger Erhöhung des Zolles auf 150 46 wird der Zoll- {uß des inländishen Tabaks erheblich mehr verstärkt, als es nah der Vorlage der Fall sein sollte. Auch ich halte für notwendig, bei der Finanzreform auch einen Ertrag von mindestens 45 Mill. Mark aus dem Tabak zu gewinnen; ih werde meinerseits, um das zu er- reihen, für den Antrag Mommsen stimmen.

__ Es wird beantragt, mit der Diskussion die Erörterung über die Anträge Albrecht und Giesberts zu verbinden.

Abg. Geyer (Scz.) widerspriht, da man ja das Ergebnis der Abstimmung noch gar nit kenne, davon aber die Frage abhänge, ob überhaupt it ate Arbeiter vorhanden sein werden.

Abg. Gröber (Zentr.) bemerkt, daß die säm!lihen Redner schon auf den Antrag eingeaangen seien, und sh die Verbindung der Dis- kussion deshalb empfehle.

An dieser Geschäftsordnungsdebaite beteiligen sih noh- mals die Abgg. Geyer (Soz.), Gröber (Zentr.), Basser- mann (nl.), Dr. Wiemer (fr. Volksp.).

Die Verbindung der Diskussion wird beschlossen.

Großherzogli badischer Wirklicher Geheimer Rat Scherer macht seine Aueführungen mit so leiser Stimme, daß er, zumal bet der herrschenden, fortgese t fih steigernden Unruhe nur einem kleinen Kreise, der sih um die PRednertribüne gescha1t hat, ganz verständlich wird. Er scheint sih gegen das Gewichtszollsystem, insbesondere mit Nücksicht auf den badishen Tabakbau und die badishe Tabakindustrie auszusp:ehen, da man niht die Lasten überwiegend auf die gering- wertigen Tabaksorten legen dürfe.

Abg. Molkenbuhr (S:z ): Unser Antrag auf Entschädigung der aus ihrer Arbeit durch das Geseß vertriebenen Arbeiter hat eine geteilte Aufnahme gefunden. Natürlich handelt es sih doch hier nicht um Rittergutsbesißer, die eine Liebesgabe fordern. Aber das Prinzip der Entschädigung ist s{chon wiederholt vom Reichstage und den verbündeten Regierungen anerkannt, so bei der Entshädigung der Inhaber von Privatposten. - 1879-—-ist in der Tabakindustrie eine große Arbeitslosigkeit eingetreten. Als es sch um das Monopol handelte, wurde von maßgebender Seite zugestanden, daß unter dem Monopol nicht alle vorhandenen TLabakarbeiter würden- untergebraht werden können, und daß man- die Frage einer Entshädigung in Betraht ziehen müsse. Wenigstens muß jeßt für die in der Tabakbranhe völlig überflüssig werdenden Arbeiter gesorgt werden. Daß ein Produktionsrückgang eintreten wird, kann man nicht mehr bestreiten. Läßt man den arbeitslos Sewordenen ohne jede Unterstüßung, so vershlehtert ih auch die Lage derer, die Arbeit behalten, indem auch bei ihnen Lohn- reduktionen eintreten. Die Tabakarbeiter haben im Dur(hschnitt nur 600 4 Einkommen jährli, sie würden also direkt dem Hunger überliefert. Wenn das Geseh die Arbeiter schädigt, so muß es ihnen dafür eine Entschädigung geben. Man kann doch von e nicht verlangen, daß fie aus Patriotismus Hunger leiden. Wir verlangen mit unserem Antrage nihts Unbilliges. Die Tabakarbeiter würden keine andere Beschäftigung finden, da sie nur thr Gewerbe erlernt haben. Das Reich kann diefe Entschädigungen sehr leiht tragen.

_Abg. Giesberts (Zentr.): Daß die Arbeiterschaft, wenn au nur vorübergehend, dur das Gesetz geschädigt werden wird, gebe ich ohne weiteres zu. Die Tabakindustrie wird jedenfalls eine schwere Krisis zu bestehen haben. Sämtliche Fabriken werden ihre Kalkulationen neu machen müssen; einige Fabriken werden vielleicht ihre Betriebe für einige Zeit \hließen müssen. * Der Antrag der Sozialdemokraten und unser Antrag verfolgen das Ziel, die Härten möglichst zu beseitigen. Wir haben einen eigenen Antrag gestellt, weil wir befürchten, daß auf Grund des sozialdemokratisWen Antrages Mißbrauch getrieben werden könnte. Ein Arbeiter könnte z. B. auf einige Monate brotlos werden und eine hohe GEntshädigurg beanspruhen. Auf dem Boden unseres Antrages steht unsere ganze Fraktion. Wir halten es für angemessener, pab die Landesregierungen die Entshädigungen auszahlen. Wir hoffen, daß die Bundesreg!erung und einzelne Behörden die Instanzen anweisen werden, den Arbeitern behilflih zu sein. Wenn das Wohl des Reiches eine Steuer verlangt, so ist es au seine Pflicht, diejenigen E U ns n il Es uen Lern erlitten haben.

r möchten wünschen, daß die Entschädigung mindestens 2 des jähr- lihen Arbeitsverdienstes beträgt. M l : ns

Abg. Sielermann (dkons.) begründet folgenden Antrag :

„Der Reichstag wolle beschließen: für den Fall der Ablehnung des Antrags Giesberts folgender Resolution zuzustimmen:

Die verbündeten Regierungen aufzufordern, aus den Einnahmen dieses Sees einen Fonds anzulegen, aus dem im Falle und nah Maßgabe des vorhandenen Bedürfnisses denjenigen Hausgewerbetreibenden und Arbeitern, welche innerhalb des ersten Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes vorübergehend oder für längere Zeit arbeitslos werden, ohne anderweit eine entsprehende Beshäftigung zu finden, oder welhe wegen notwendig gewordenen Berufêo wechsels geshädigt werden, Unterstüßungen gewährt werden. Die näheren Vorschriften über Umfang und Bedingungen der Zuwendungen erläßt der Bundesrat.“

Abg. Kreth (dkonf.): Ih widerstehe der Versuhung, den Vorrednern auf das politishe Gebtet zu folgen. Jch persönli neige dazu, daß der Abg. Molkenbuhr etwas zu {warz malt. Er meint, Hunderttausende von Tabakarbeitern würden ins Elend gestürzt; im ganzen sind in der Tabakindustrie aber nur 200 000 Arbeiter beschäftigt, darunter auch Frauen und Kinder. Es werden bereits so niedrige Löhne bezahlt, daß kaum noch ein Lohndruck zu erwaiten ist. Jn den leßten 5 Jahren ist der Preis des Rohtabaks um 3009/6 gestiegen, und in den leßten Jahren haben die Löhne um 209%/6 jährli zugenommen. Da ist es {hwer, zu sagen, ob eine Erhöhung der Steuer einen Lohndruck herbeiführen wird. Würde man die Banderole einführen, so würden die Tabakarbeiter sehr leiht eine Lohnerhöhung durhdrücken können. Nun ist es zweifellos, daß die Arbeiter, die teuere Sorten verarbeiten, au besser bezahlt werden. Die geringeren Sorten sind allerdings nicht in der Lage, eine höhere Belastung zu tragen ; sie werden aber dur die Wertsteuer weniger belastet als durch die Gewichtsteuer. Man hat gemeint, es würden bei dem Wertzuschlage Betrügereien vorkommen. Man i} ja în der leßten Zeit mit solchen Vorwürfen sehr leiht bei der Hand. Jch glaube niht, daß Händler und Fabrikanten so unklug sein würden, \sich mit Betrügereien in die Hände threr An- en zu geben. Man hat nun beantragt, die Arbeiter zu ent- chädigen. Ih möchte aber darauf hinweisen, daß die erste An- regung in der Kommission hierzu ausgegangen i von „Ver- tretern des kTrassesten Kapitalismus“ und von der Reichspartei. Zum Antrage Sielermann kann ih die Stellungnahme meiner Partei niht bekannt geben. Wenn die verbündeten Regterungen eine zus fagende Erklärung abgeben, so ist ja nit zu zweifeln, daß sie au für die Durchführung Sorge tragen werden.

Staatssekretär des Reichsshaßamts Sydow:

Meine Herren! Jch habe das Wort lediglih erbeten, um mih zu den Anträgen 1527 Albrecht und Genossen, 1540 Giesberts und Genossen und 1543 Sielermann und Genossen zu äußern.

Der Antrag Albrecht und Genossen geht am weitesten; er if gewissermaßen radikal. Er will eine Entsckädigungspflicht des Staates gegenüber den Arkeitern, die gelegentlih der Erhöhung der Tabaksteuer in ihrem Erwerb beshränkt werden, eintreten lassen. Er sagt übrigens nicht einmal vielleicht ist das aber die Meinung —, die Ein- schränkung der Produktion, die Stillegung der Fabrikation, der Uebergang von der Handfabrikation zur Maschinenfabrikatiion, müsse Folge der Erhöhung der Steuer sein. Aus der mündlihen Be- gründung glaube ih entnommen zu haben, daß dies die Meinung ift, im Text ist es nicht gesagt. Das ist ganz natürlih für alle Anträge die Voraussezung. Wenn nun aber eine solche Folge einträte, so will er ohne weitere Unterscheidung den Arbeitern und Arbeiterinnen Entschädigungen geben, deren Mindestbetrag festgeseßt ist, aber ohne Nücksicht darauf, ob die Leute bei der Gelegenheit andere Be- \{äftigung finden oder nicht, ob sie sie suhen oder nicht. Er läuft also darauf hinaus, daß den Arbeitern der Tabakbranche sozusagen eine Garantie für die Beschäftigung in ihrem Spezialfach gegeben wird. Das geht meines Erachtens zu weit. Auch wenn das Tabaksteuergeseß nit eingeführt wird, haben die Arbeiter eine solche Garantie nit; au Arbeiter anderer Berufe haben sie niht; niemand {hüßt sie und kann sie {ügen gegen die Folgen von Konjunktur- s{wankungen, von wirtschaftlihen oder politishen Krisen. Niemand kann sie z. B. davor shützen, daß Aenderungen in der Zollgesetßgebung eintreten. Ich nehme einmal an, der Wuns der Herren von der