wissenschaftlichen Lebens und die Stellung der Universitäten zu dem- selben. ; i
er Hr. Abg. Graf Kaniy ging mit einer Art Tadel auf ‘die Fülle N Profefsuren ein, welhe hier in dem Etat neu geschaffen worden sind. weiß nicht genau, wie groß bie abl war, die er angab — 17; von diesen 17, meine Herren, sind 9 sogenannte Audssterbeprofessuren, nah der be- kannten Einrichtung, daß, wenn ein Dozent niht mehr im Stande ift, seine Pflicht ganz oder zum Theil zu erfüllen, ein Professor neben inn estellt wird, welcher dann an die wirklihe Stelle tritt, wenn der betreffende Dozent physisch ausseidet. Es sind daxach nur 8 Professuren, die wirkli neu sind; welcher Art dieselben 1nd, bin id im Augenblick zu überseben nicht in der Lage, ih bin aber überzeugt, daß bei der Einzelberathung sich die Nothwendigkeit und Nüzlithkeit dieser neuen Lor Gage ergeben wird.
Was die einzelnen Fakultäten anbetrifft, meine Herren, so kann keine Unterri{tsverwaltung die Hoffnung haben, daß jedes Lehrfach mit einer Krast ersten Ranges belepe werde; soweit geht unser Ehrgeiz nit und auch unsere Leistungsfähigkeit niht; lauter räfte allerersten Ranges — wie hier Vangerow genannt wurde — giebt es niht. Aber das müssen wir do erstreben d jede Fakultät vollständig beseßt ist. Wenn Sie den Etat durchgehen, so finden Sie an den kleineren Uni- versitäten z. B. in der theologischen und namentlich in der juristishen Fakultät so außerordentlich wenig Lehrstühle, daß eine Verminderung ganz unmögli ist. Wir haben juristische Fakultäten mit 5, höchstens 6 ordentlihen Professoren; da ist es ganz unmöglich, die Lehr- aufträge noch zu erweitern, wenn man nicht dahin kommen will, daß polyhistorishe und flach angelegte Dozenten diese Stellen einnehmen, und das geht doch einmal in Preußen nit. Eine erheblihe Vermehrung der Dozenten tritt naturgem ß nur in der philosophi] hen und medizinishen Fakultät ein, aber hier, meine Herren, bleibt im Allgemeinen nichts Anderes übrig, als der Entwickelung der ifsenshaft zu folgen. 8 gas eine Zeit, wo ein einzelner Professor 3. B. die Chemie und M neralogie zusammen vollkommen beherrshte und dozirte. Es is mir heute \{on nicht mehr mögli, für das Examen in der Chemie eine Kraft zu finden, welche beide Seiten dieser Wissenschaft in gleicher Weise beherrscht. Die Entwickelung der Chemie ist eine 1 gewaltige, daß die Zahl derer, welhe sowohl die organishe wie die anñtorganische Chemie doziren, eine überaus geringe ist. Das Gleiche finden Sie auf allen Gebieten“ der naturbeshreibenden Wissenschaften. Wo finden Sie heute noch einen Botaniker, der mit Si erheit sagen kann, er beherrshe das ganze Gebiet der Botanik, oder einen Zoologen, der behaupten könnte, er beherrshe das ganze Gebiet der Zoologie ? Solche Männer giebt es nicht mehr; das mag bedauerlich sein, aber die Thatsache liegt vor. Diese Entwickelung ist für mich garnicht bequem, namentlich nicht hinsihtlih der Ausbildung der jungen Lehrer; aber ih muß do der Thatsache Rechnung tragen, daß die Botaniker, die Zoologen, die Mineralogen, die Geologen, die Geo- graphen ich immer mehr in ihren Disziplinen spalten. Und wenn ih auch persönlich nah meiner inneren und na meiner naturwissen\ chaft- lihenUeberzeugung alle Anstrengungen darauf seße, daß S ezialisirung nicht zu Trennungen führt, so kann ih doch nicht dahin kommen, zu verlangen, daß eine Persönlichkeit gefunden werde, die diese Disziplinen ungetheilt liest. Ich würde damit etwas beanspruchen, was ih nicht verlangen kann. Es findet \sih heute kein Geologe, kein Geograph mehr, der im Stande ist, Oryktognosie und Geognosie, Krystallo- raphie, Paläontologie u. \. w. zu lehren. Also, meine 4 wir Vilgen hier niht unserer eigenen Meinung, sondern wir folgen eben dem Zwange, der in unsern Verhältnissen liegt. Es muß das natur- gemäß eine Suite H N C läßt sich nicht în einer igenmächtigen Weise dagegen anlämp?en. 2 N 1 N, V Hr. Abg. Graf Kanihz darauf hinwies, daß in früheren eiten die jungen Leute die Universitäten wechselten, Pandekten bei
angerow, Kriminalreht — i weiß nicht, welche Universität er nannte — hörten, so war es doch niht gerade die Mehr- zahl der Studenten, welchen ein solher Wechsel offen stand. Ich bin auch auf 3 Universitäten gewesen, aber ih glaube, die Mehrzahl der Studirenden war eine sehr seßhafte. Ich kann mi wenigstens nicht entsinnen, daß aus Königsberg vielleicht mehr als 5 oder 10 % der Studenten ihren Aufenhalt wechseln konnten, und die uge Leute, welchen dies nicht möglich is, haben do auch ein eht, berüd- fKchtigt zu werden. Wir hatten damals in Königsberg au nicht durchweg Kräfte allerersten Ranges, und nicht allzuviele Lehrkräfte ; aber jedenfalls waren sämmtlihe Fakultäten vollständig besetzt. Es hâtte doch einen wunderbaren Eindruck gemacht, wenn man uns esagt hätte: Geht auf eine andere Universität, damit ihr dort ein Kolle hört, welches ihr in Königsberg nit vorgetragen erhalten könnt.
Meine Herren, ih erkenne durhaus an, daß es wünschenswerth ist, zu sparen und die Ausgaben einzuschränken, wo es möglich ist. Aber glauben Sie nur. nicht, daß irgend eine persönliche oder sonstige Neigung vorhanden ist, die Kosten zu erhöhen, sondern die Steigerung der Ausgaben liegt in der großartigen Stellung unserer Universi- täten, namentlich unseres öffentlichen, wissenschaftlichen Lebens ; fie liegt in den wachsenden Bedürfnissen der Wissenschaft. Wir müssen meines Erachtens alles daransetzen, mit voller finauzieller Aufmerk- samkeit darüber zu wachen, daß der hohe Stand, welchen die Uni- versitäten einnehmen, niht herabgedrückt oder verkümmert werde durch Maßnahmen, die durhaus gut gemeint sind, aber vielleiht doch etwas in ee Etfolgen \s{chädliher wirken, als man von vornherein annehmen follte. | /
Jch bitte also dringend, daß Sie im Allgemeinen den Wünschen der Staatsregierung folgen.
Abg. Dr. Enneccerus: Nicht eine Verminderung, sondern eine Vermehrung der Ausgaben für Universitäts-ZFnstitute empfehle si; es gebe z. B. noch eine Universität, welche keine Sternwarte besige. Was in England für einen botanischen Garten ausgegeben werde, erreihe fast die Höhe unserer Aus-
aben für sämmtliche botanishe Gärten. Der Wegfall ähn- iher Jnstitute an kleinen Universitäten sei nicht zu begründen, denn es komme nicht auf den Vortrag des Lehrers allein an, sondern auch auf praktishe Uebung un Anschauung. Es müsse deshalb an allen Universitäten den Studiren- den Gelegenheit gegeben werden, sich in solhen Fnstituten auszubilden, wenn nicht ein unnatürlihes Andrängen zu den roßen Universitäten stattfinden solle. Die Ausgaben für die
niversitäten seien auch keineswegs in dem Maße gewachsen, wie die für den gesammten öffentlichen Unterricht. Die Ausgaben De die Universitäten hätten im Jahre 1868 im Ordinarium 1/, Millionen betragen, 1889/90 aber niht ganz 7 Millionen Mark; der Etat sei aljo auf das 23/4 fache gestiegen. Dazu kämen die eigenen Einnahmen der Universitäten, welche 1868 etwas über 1 Million, jeyt aber 2850 000 6 betrügen. Der Ge- E sei demnach auf das 22/z¿fahe gestiegen. Jn
bzug kämen von diesen Ausgaben noch die großen Central- institute, wie in Berlin das Museum für Naturkunde, in
alle das “Für den dffen e Institut, endlich noch die
ibliotheken. Für den öffentlichen Unterricht überhaupt seien 1868 etwas über 8 Millionen ausgegeben worden, jeßt aber 69 Millionen, von denen man die 26 Millionen für Erleichterung der Volksschullasten abziehen müsse. Die Ausgaben Tan demnach auf das 51/4 fahe gestiegen; die Fürsorge des Staates sei also hier eine ganz be- deutend größere. Ziehe man von den Ausgaben für den ge- sammten öffentlihen Unterricht die Ausgaben für die Uni- versitäten ab, so stelle sich das Verhältniß wie 62/z zu 22/s. In dem bis 1881 stetig wachsenden Extraordinarium sei seit- dem eine Gleichmäßigkeit der Ausgaben eingetreten. Müsse man L En daß für die Universitäten der Staat mit großer Sorgfalt eintrete, so sei doch andererseits ein
F
Feben.
Uebermaß in keiner Weise zu bemerken, und wenn der Abg. Graf os Kanit die Streihungen der Budgetkommission auf- recht zu erhalten bitte, so bitte er, wenigstens die wichtigsten Positionen, vor E, au die Unterstüßungen für Wittwen und Waisen zu bewilligen. : Ai Dr Windthorst : Den Unfleiß unserer Studirenden
betreffend, wolle er zugeben, daß die Ueberanstrengung auf den Gymnasien, namentlich in den een Jahren die jungen Leute veranlasse, nah gewonnener Freiheit über. die Stränge zu s{lagen. Das sei jedo der Hauptgrund des Unfleißes nicht, sondern die um sih greifende Genußsucht aller Studi- renden, der Mangel an Zuht im Hause und der Umstand, daß bereits die Gymnasiasten der höheren Klassen auffällig die studentishe Methode und das studentische Leben U des Das sei nis immer so gewesen. Den Unterrichts|toff der Gymnasien « kfônne man vielleicht ein ganz klein wenig ein- Ie das Schablonenmäßige beseitigen und der indivi- uellen Entwickelung mehr Raum geben. Ueber die An- Seitens der Professoren und Privat- ozenten habe das Haus bereits im vorigen Jahre eine ausgiebige und erschöpfende Diskussion gehabt. Die ganze Stellung der Dozenten würde dur eine derartige Verfügun gestört werden, und er freue si, daß die Unterrichtsverwal- tung dem Ersuchen nah Deklaration des Honorars nicht statt- gegeben habe. Die Sparsamkeitsfrage sei auch für das Unter- UGtawesen am Playe: große Aufwendungen sollten nur im Falle absoluter Nothwendigkeit gemacht werden. Gern würde er aber auch auf anderen Gebieten den Grundsay der Spar- samkeit in Geltung sehen, wo jeßt large Millionen bewilligt würden. Ein großes Uebel in der Unterrichtsverwaltung sei die Monopolisirung alles Unterrichts durch den Staat. Nach dem Beispiel anderer Länder, wie England und. rankreich, könnte vielleiht auch in Preußen eine freie Entwidelung_ein- treten, an Stelle der stetig wachsenden Centralisation. Dhne die Monopolisirung würde vielleiht bereits eine fkatho- lische Fakultät gegründet sein, wodurch Ersparnisse für den Staat eintreten würden. Auch den sehr bedenklichen Kameraderieverhältnissen auf den Universitäten würde dann der Boden entzogen und ein Professorenring, der dur ganz Deutschland gehe, niht möglih sein. Er müsse dieses aus- sprechen, obwohl er wisse, daß diese Aeußerung in den Reihen der Professoren viel böses Blut machen werde, Die Aeuße- rung des Ministers über die Göttinger Universität sei ihm auffallend gewesen; er habe immer gehört, daß die Georgia Augusta eine bedeutende Universität sei, und bei ihrem Jubiläum habe der E vielleiht au anders gesprochen, als heute hier. Das Uebermaß von Studirenden an den Universitäten gebe ihm zu ernsten Bedenken Anlaß. Besonders begreife er es niht, wie Eltern zugeben könnten, daß ihre Söhne in so roßer Zahl nah Berlin zum Studium gingen. Auch der
üchtigste werde hier unter dem Mangel individueller Berück: sihtigung leiden, und was sonst in Berlin sei, das sich für Studenten niht empfehle, wolle er nicht näher auseinander- Gerade die kleinen Universitäten müßten in jeder Weise gut ausgestattet werden, um die Studenten von dem großen Wasserkopf Berlin férnzuhalien. Die wachsende Zahl der Studirenden betreffend, sollte man es weit in das Land hinausrufen: Es gebe kein T der gelehrten Berufe, worin mit irgend welher Sicherheit Aussicht auf baldige Ver- wendung gefunden werden könne, Alles sei überfüllt. Schuld sei an dem vermehrten Andrang zu den Universitäten auch das Institut der Einjährig-Freiwilligen. Man möge nux das Allernothwendigste hier und auf anderen Gebieten bewilligen; man gebe viel zu viel Geld aus, und der augenblicklih ünstige S inlnitüfianb könne noch mehr dazu verleiten. Man ollte eher daran denken, Schulden zu bezahlen, denn es könnten au s{hlehte Zeiten kommen. :
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten, ‘Dr. von
oßler: i r e Herren! Der Hr. Abg. Dr. Windthorst hat zwar bereits angedeutet, wie meine Aeußerung in Bezug auf die Universitäten in Göttingen und Breslau zu verstehen sei, aber ih habe doh den dringenden Wunsch, daß meine Aeußerung von vorhin niht zu Miß- verständnissen führe. Wenn ih gesagt habe, es wäre erst in neuerer Zeit wieder mögli, L Errôthen an die Ui:iversitäten Göttingen und Breslau zu denken, so habe ih dabei, wie aus der Entwickelung meiner ganzen Rede hervorging, nur an die Institute, von denen ih vorher gesprohen hatte, gedacht, selbstverständlih niht an die Leistungen dieser Universitäten und ihrer Lehrer. Wie ich über Göttingen denke, habe ih seiner Zeit bei Gelegenheit der Universitäts- feier von Göttingen auêsgesprohen. Ich habe davon nichts hinweg- zunehmen. Im Gegentheil bin ih heute noch der Meinung, meine Herren, daß es ein ununterbrohener Ruhmedtitel ist, welhen die Universität Göttingen in der Entwickelung unserer öffent- lichen Verhältnisse in Deutschland sih erworben hat. Um aber näher anzuführen, wodurch ich zu meinem vorhin gegebenen Urtheil ge- kommen bin, möchte ih darauf hinweisen, daß, als ih die Chre hatte, mein Amt anzutreten, eine ganze Reihe von kleinen Universitäten in ihren Instituten recht sehr zurückgeblieben war. Jch erinnere an Greifswald, an Bonn und Königsberg; von einem relativ befriedigenden ge war nur die Rede in Kiel und zum Theil auch in Halle,
ie O Schmerzenékinder waren Göttingen und Breélau. Göttingen hatte bereits einen Vorsprung Breslau gegenüber. Der Hr. Abg. Dr. Windthorst wird aus seiner eigenen Vergangenheit wissen, wie Göttingen îin Bezug auf [one Institute sih entwickelt hat. Die Grundlage für alle medizinischen Studien bildet das bekannte Ernst- August-Hospital, eine Gründung, welche der Zeit, in welcher es ent- stand, die größte Ehre machte; aber die Erkenntniß schreitet fort. Es ergab si, daß namentlich der Baugrund, auf welchem das Ernst-August-Hospital errihtet worden ist, in sanitärer Hinsicht ungeeignet und {ädlich war, sodaß es die ernste Pflicht der Ünterrihtsbehörde war, diesem Zustand ein Ende zu machen. Es ist daher unter Ihrer Zustimmung geplant, die innere und äußere Klinik und damit auch das anatomis{-pathologische Institut hinauszuverlegen auf gesunden Boden. Die äußere Klinik, das cirurgishe Institut wird im Laufe dieses Jahres eröffnet; die innere Klinik, das anatomisch-pathologishe Institut werden nachfolgen. Bis in die neuere Zeit waren das physikalishe und das physiologisce Institut in gänzli unzureihenden Räumen untergebracht. Das physiologishe Institut hat seinen Raum dem physi- kalishen übergeben und die Physiologie ist eingezogen in das alte Gymnasium, welches bekanntlih dem sogenannten Aula- gebäude gegenüter liegt. Auf diese Weise ist es gelungen, entweder für die genannten Institute bereits eine sehr erfreu- Le Bestimmung herbeizuführen oder doch in nächste Aussicht zu [e en. Es bleiben nur noch als etwas fragwürdige Anstalten übrig m Wesentlichen das gynäkologishe Institut, , die Augen- und Ohren- klinik ; aber dieselben sind noch nicht entfernt so \{lecht untergebracht, als die vorhin genannten Institute bisher waren bezw. noch find,
gabe des Honorars
ch r daß diese ausführlihen Darlegungen auch den lehten
weifel, der f an meine Aeußerung von vorhin anschließen könnte, eseitigen, daß das, was ih gesagt habe, lediglich auf die mangel- dase Beschaffenheit der Institute der genannten Universitäten sich ezog.
Abg. Dr. Friedberg: Wenn die Herren von der rechten Seite durhaus Sparsamkeit üben wollten, so sei nicht zu be-
reifen, warum sie gerade bei den Universitäten anfingen.
o Abg. Graf von Kaniß habe angeführt, daß 1868 21/, Millionen ark, 1888/89 aber 7 200 000 für Univer- sitäten auanegen worden sei. Diese Zahlen bekämen iyren wahren Werth erst, wenn man sie mit den Gesammtausgaben in diesen Jahren zusammenhalte, und es sei nur die Frage, ob der Etat der Universitäten in stärkerem Maße als andere Etats angeshwollen sei. Bei einer solhen Betrachtung aber ergebe si, daß die Universitätsausgaben hinter anderen Aus3- aben zurückgeblieben seien. Die Universitätsausgaben ätten 1868 0,56 Proz. des gesammten Ordinariums betragen ; ie seien bis 0,85 Proz. im Jahre 1879/80 gestiegen; von da ab finde ein konstanter Rückgang statt, im Jahre 1887/88 nur 0,55 Proz. Absolut veraliEbar seien die Zahlen innerhalb des Kultus:Etats, welche bewiesen, daß seit 1873 ein konstanter Rückgang der Ausgaben für Universitäten vorhanden sei. Der Luxus innerhalb der Universitätsverwaltung sei also nur fable convenue, — Gegen die U ed der Universitäten sei nur in der Reform unjerer Gym- nasien ein ittel zu finden. Wie man dem Zu- drang zur Universität durch Beschränkung der Univerfitäts- institute Einhalt s{hafen wolle, könne er wirklih nicht be- reifen. Was die N vorshlage, sei Wasser- op\politik, und er glaube, daß das Centrum seine Unter- stüßung dazu leihen werde, wenn seine (des Redners) Freunde die gestrihenen Positionen wieder herstellen wollten.
Abg. von Czarlinski bat, die Hindernisse zu beseitigen, welhe es den polnischen Studenten unmöglich machten, sih zur Pflege ihrer Sprache und Literatur in Verbindungen zu vereinigen. : i
Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten, Dr. von Goßler:
A ist \hon einige Jahre her, als wir zuerst mit der angeregten Angelegenheit der polnishen Studentenverbindnngen in diesem Hause befaßt waren. Seit der Zeit hat \sich in der Anschauung der preußi- \hen wie anderer deutschen Regierungen nichts geändert. An und für ih würde ja keine Regierung etwas dagegen haben, wenn si junge Pete irgend einer Muttersprahe zusammenthun, um ihre Mutter- sprahe zu pflegen und die Klassiker zu studiren. Bei den polnischen Studenten ist aber dieser Zweck nicht der eigentliche ge- wesen. Sie haben die Verbindungen |tets benußt, wie insbesondere aus den bekannt gewordenen Vorträgen und aus deren Jnhaltsangabe zu ersehen ist, um etwas Anderes zu thun, als wissenschaftliche Ziele zu verfolgen. Alle diese Studentenvereine — das Material habe ich nit vorbereitet und niht hier, sonst würde ich Jahreszahlen und Datum anführen können — haben grundsäglih sogenannte Er- innerungstage der polnischen Nation in ausgiebigster Weise gefeiert ; fie haben mit einander in Verbindung gestanden. Wir haben an einzelnen Universitäten Elemente in ihnen gefunden, die zu den un- bequemsten und gefährlichsten internationalen Elementen gehören. Gs ist keine Unterrichtsverwaltung, kein Staat in Deutschland, der die polnischen Studentenvereine kennt, der niht die Gefahr erkannt hat, welhe in diesen Vereinen ruht. Und da ist es, glaube ih, selbstverständlih, daß man den jungen Leuten die Möglichkeit nimmt, auf unrechte Bahnen zu kommen ; sie sind dann für ihr ganzes Leben unglücklih, wenn sie nachher angegriffen, bestraft werden, weil sie geheimen Verbindungen angehört haben. Wir haben — mit wenigen Ausnahmen ist es gesehen und im Allgemeinen auf disziplinare Maßregeln beschränkt, — die Vereine aufgelöst und dafür gesorgt, daß die polnishen Studenten — natürlih un- beshadet des kameradschaftlihen Verkehrs — keine Versuchung mehr haben, sich internationalen politishen unzuträglihen Bestrebungen hinzugeben. / j /
So erledigt sih die Sache, und ih kann nah meiner Kenntniß der Verhältnisse uicht in Aussicht stellen, daß, sei es auf den deut- \hen Hochschulen, sei es auf den technishen deutshen Hochschulen, eine Aenderung der von den deutschen Regierungen ergriffenen Maßregeln eintreten wid. i :
Abg. Knörcke: Die Sparsamkeit sei nirgends verhängniß- voller als auf dem Gebiete des Bildungswesens. Bei unse- ren Universitäten vor Allem solle das Haus sich vor Maß- nahmen hüten, die einen Rückgang zur Folge haben könnten. Es fehle auf unseren Universitäten noch Mancherlei. Nah der Tiefe und Breite der Pädagogik hätte ein Lehrstuhl atte {hon längst eingerichtet werden müssen; aber keine preußische Hochschule habe einen solhen aufzuweisen, während z. B. in Leipzig einer bestehe. Auh der Frage, ob Normalgymnasien mit den Universitäten zu verbinden seien, müsse näher getre- ten werden. ; i
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten, Dr. von Goßler:
Meine Herren! Es i} sehr \{chwer, auf die gestellte Frage zu antworten, welche dahin ging: ob ih in Aussicht stellen könnte, daß, wenn das Geld dazu borbanden wäre, besondere Lehrstühle für Päda- gogen eingerihtet werden würden. Jh möchte an die thatsächlih bestehenden Verhältnisse anknüpfen. Da giebt es keine preußische Universität, wo niht über Pädagogik vorgetragen würde. Bei uns ist die Einrichtung so geworden und fie hat auch eine gewisse historische Berechtigung, daß eine ganze Reihe von Philosophen {ih eingehend mit Pädagogik beschäftigt haben und regelmäßig darüber lesen. Wir haben sogar Theologen, die sih eingehend damit beshäfligt haben und au darüber lesen. : :
Es kann si nur darum handeln, ob die z. Z. bestehenden Ein- rihtungen ungenügende sind der Anregung des geehrten Herrn Vor- redners gegenüber, daß man spezielle Lehr\tühle für Pädagogik errichten müsse. Jh bin im Augenblick shwer in der Lage, das praktische Be- dürfniß zu beurtheilen; aber was ih ziemli genau weiß, das ist, daß ih niemals die Hand dazu bieten werde, daß man an die pädagogischen Lehrstühle sog. Mustergymnasien anschließt. Vielleiht wird bei den folgenden Kapiteln sh noch Gelegenheit finden, diese frage zu er- örtern, die mit der Erzichung der Lehrer zusammenhängt. A habe ich meine Stellung genommen und ih bin gern bereit, dieselbe zu erörtern. : :
Abg. Graf zu Limburg-Stirum: Der Abg. Dr. Friedberg abe in seiner Zahlenzusammenstellung nur die Früchte des leißes des Bureaudirektors Kleinschmidt vorgetragen.
erkenne den Werth dieser nüßlihen Arbeit, die das Bureau eliefert habe, gern an. Um so vorsihtiger müsse man damit ein, Schlüsse daraus zu ziehen. Der Abg. Dr. Friedberg habe bei seinem Vergleich ganz außer Acht gelassen, daß die Eisenbahnen inzwischen verstaatliht worden seien; natürli werde dadur die Verhältnißzahl eine ganz andere. Ebenso verhalte ev sich mit den Vergleihungen des Abg. Dr. Friedberg innerhalb des Kultus - Ministeriums, wo er alle die Aufwen- dungen zur Erleichierung der Volks\chullasten nicht gewürdigt habe. Dem Abg. Grafen Kaniy habe es ganz fern gelegen, die Universitäten zu verkümmern; er habe nur von der-Ueber- füllung auf den Universitäten gesprohen und sie auf die UVeberfüllung der Gymnasien zurückgeführt. Diese qu beseitigen, sei nur durch eine Reform der Gymnasien mög ih. Als in der Kommission gegen die übertriebenen Forderungen für die Universitäten eingetreten worden sei, habe man gewußt, da das unpopulär sei. n diesen Fragen der Kunst un Wissenschast hielten ja die Herren eme und ätten einen großen Theil der Presse zu ihrer Verfügung. iese ganze Gesellschaft rufe dann: „Da seht ihr den Junker,
den Mann vom Lande, der hat nicht das leiseste Verständni von den Dingen, und S bekämpft er die Wissenschast und Bildung, die ihm verhaßt ist!“ Er sei im Gegentheil lein auf die Leistungen der Professoren; nur gegen die nah
einer Ansicht übertriebenen Forderungen für Fnstitute und aulihkeiten, welche speziell von den medizinishen Fakul- täten und der medizinishen Wissenschaft überhaupt gefor dert würden, erhebe er Einwand. Der deutschen Forschung ihr Weiterkommen zu verkümmern, habe Niemand die Absicht, wie sich auch Niemand gegen Forderungen für Bibliotheken aufgelehnt habe. Man könne Großes leisten, wenn auch niht an jeder Universität ein jeder Professor ein Q bekomme mit Assistenten und Baulichkeiten und llem, was darum und daran hänge.
Abg. von Czarlinski bemerkte, daß der Minister über die Ziele der studentishen Vereine falsch unterrichtet sei. :
Abg. Graf von O verwahrte sih dagegen, daß er die Bildungsanstalten habe beshränken wollen.
Abg. Dr. Friedberg: Die Hülfe des Hrn. Kleinschmidt habe er in dem vorliegenden Falle niht nöthig; er habe die Zahlen selbst zusammengestellt. Die Kosten für die Pensionen und Zulagen der Volksschullehrer kämen der Volksschule zu Gute und müßten mit eingerehnet werden. Als es sich um die Jrrenklinik für die Universität Halle gehandelt habe, sei er bedenklih gewesen, die Forderung zu bewilligen, da 3/4 Stunden von Halle die Provinzial-Jrrenanstalt in Nietleben fich befinde und es nicht shwierig sein könne, die Studenten dorthin zu \chicken. Da hätten aber die Konservativen B Ja, durh diese Jrrenklinik wird die Provinz entlastet. as seien die für jene Herren maßgebenden Gesichtspunkte.
Abg. Graf zu Limburg-Stirum: Die A: Sachsen habe sich damals geweigert, mit der Universität in Verbindung
u bleiben ; es habe deshalb, wenn überhaupt irrenklinischer
nterriht ertheilt werden sollte, eine Klinik in Halle gebaut werden müssen. Der Abg. Dr. Friedberg solle niht immer von Dingen reden, von denen er nichts wisse. Die Ver- leihung der Ausgaben für Universitäts- und Volks\schulwesen fei nicht angängig, weil für das Volks\schulwesen der Staat inzwishen neue Ausgaben von den Gemeinden übernommen habe, während bei den Universitäten das Beitragsverhältniß des Staats zu den Ausgaben dasselbe geblieben sei wie früher.
Abg. Dr. Enneccerus: Jn Bezug auf die Jrrenklinik in Halle habe der Abg. Dr. Friedberg die Sache vollständig richtig dargestellt. Hier würde es möglih gewesen sein, erhebliche Ausgaben für die Universitäten zu ersparen. Aber gerade die Konservativen hätten dieser dne /
Abg. von Erffa: Er glaube, der Abg. Graf zu Limburg- Stirum könne darauf verzichten, den Abg. Dr. Friedberg über die Fehler seiner Berehnung aufzuklären. Was die Jrren- anstalt in Halle betreffe, so Tei der Frage dadurch präjudizirt gewesen, daß der Landtag in der leßten Session den Play zu dieser Jrrenklinik bewilligt habe und daß die Regierung die Ver- antwortung für den Zustand habe ablehnen müssen, daß die Jrren in ungenügenden Räumen der Stadt noh weiter untergebracht würden. Die Abgeordneten, welhe gegen die Konservativen sprächen, seien gar niht in der Kommission gewesen, sie Iprächen nur von Hörensagen. Es hätten außerdem auch andere Fraktionen für diese Position gestimmt. Mit dem Vorwurf der Bildungsfeindlichkeit möge man den Konservativen also fern bleiben! Die Abgg. Dr. Friedberg und Dr. Enneccerus hätten sich lediglich auf den Standpunkt der Pro- fessoren gestellt.
Hieran knüpfte sih cine längere E Auseinander- seßung der Abgg. Dr. Friedberg und von Erffa, nah welcher der S uß für die Universität Königsberg bewilligt wurde.
Bei Tit. 2, Universität Berlin, sprach der Abg. Graf Douglas dem Minister seinen Dank dafür aus, daß d°orselbe, entsprechend einer Anregung des Redners, im vorigen Jahre, an dem hiesigea hygienischen Jnstitut hygienishe Kurse für höhere Verwaltungsbeamte eingerichtet habe. Diese Kurse erfreuten sih eines großen Zuspruhs und würden mit dem besten Erfolge absolvirt. Hoffentlich werde der Geheime Medizinal-Rath Dr. Koh den Mitgliedern des Landtages den im vorigen Jahre versprochenen Vortraz über Hygiene halten, vi der traurigen Ereignisse habe ausgegeben werden müssen. Abg. Graf Clairon d’Haussonville wünschte, daß den höheren Verwaltungsbeamten das Honorar für diese Kurse erlassen werde.
G E der geistlihen 2c. Angelegenheiten, Dr. von opler:
Meine Herren! Ih glaube, diese Frage betreffs der hygienischen Kurse ist ganz lehrrei; denn wenn ih in Konsequenz der .vorigen Generaldebatte jeßt erklärte, ih habe kein Geld dazu, ich muß sparen, so würde Keiner etwas dagegen einzuwenden haben. Ich habe keine andere Verpflichtung meinerseits vom hygienishen Standpunkt aus, als die Kurse einzurihten. Ich möchte aber den Lerren, welche die Kurse abhalten, den Privatdozenten, ihr Reht auf Honorarbezug nicht verkümmern. An und für ih ist zwar kein Zweifel, daß wenn ih mich auf einen isolirten Standpunkt stellen würde, ih sagen könnte: es ist, Sache der allgemeinen Verwaltung, für die kostenlose Anhörung des Kursus Sorge zu tragen. Ich stehe auf dem Standpunkt nit ; ih glaube, daß unsere Universitätsinstitute zu hoch \tehen in der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung und sih au zu sehr ihrer Verpflichtung bewußt sind, praktisch zu helfen, als daß ich diesen etroas fiskalischen Standpunkt einnehmen möchte. Mir sind die Klagen, welche Hr. Graf d’Haussonville vorgetragen hat, nicht unbekannt geblieben. Jch habe natur- gemäß nur erklären können, daß ich für die Zukunft mir überlegen will, ob ih die Kurse in Ansehung des Honorars nicht kostenfrei gestatten kann; d. h. mit anderen Worten, ih muß mir überlegen, ob ih aus irgend einem Fonds die Summen flüssig machen kann, welche die Honorar- {Ceberingen der Privatdozenten deen. Was das gegenwärtige Jahr
etrifft, so bin ih gern bereit, wenn ih erst den Stand meiner Fonds übersehen kann, also in ungefähr einem Monat, zu prüfen, ob ih auch für diescs Jahr rückwärts die Honorarforderungen der Privat- dozenten auf meine Fonds Übernehmen kann. bin sehr gern bereit, den praktishen Verwaltungsbeamten ihre Mühe und Koften zu erleihtern, aber ih möchte do erneut darauf hinweisen, daß die Ausführungen eines praktischen Verwaltungsbeamten, wie Graf d’Haussonville einer ist, einen ganz interessanten Rückshluß auf gewisse Aeußerungen gestatten, die vorhin in der allgemeinen Diskussion gefallen sind; ich kann nur wiederholen: ih bin zu vollkommen durchdrungen von der Größe der Aufgabe und der wichtigen Stellung unserer R e i eins dem N Organismus der Staatsverwaltung, als daß ih einseitig Ersparungsrüdcksichten walten ließe.
Abg. Dr. Virchow: Er bitte die Abgeordneten von der Rechten, die Aufgaben der Universitäten nicht zu sehr zu dila- tiren, in der Weise, daß ein beliebiger Kreis von Verwal- geaen auf den Universitäten ju Hygienikern gezüchtet werden solle. Das würde gu einer bedentlihen Verflachun des Unterrichts führen. Sei doch gerade von jener Seite au das Schädliche des Spezialismus binatwteien worden. Nun
wolle man niedere Beamte in einigen Wochen, in 6 Wochen, zu Sachverständigen der öffentlichen Gesundheitspflege heran- Pee! Das l ein Novum. Uebrigen möchte er arauf hinweisen, daß das niversitätswesen immer mehr dem Bureaukratismus E Die Anstellung eines Rendanten sichere die Professoren allerdings vortheilhaft, denn sie hätten früher bedeutende Prozente durch die Ein- ziehung der Gelder durch den Quästor verloren. Dieser sei aber von der Universität abhängig gewesen, der Rendant sei es niht. Jeßt solle nun au die Stelle eines Direktors des botanischen Gartens nicht mit einem Professor der systematischen Botanik, sondern durch einen Verwaltungsbeamten beseßt werden. Jn welhem Verhältniß solle denn der künftige Pro- fessor der systematischen Botanik zu diesem Direktor stehen?
B E der geisilihen 2c. Angelegenheiten, Dr. von 0BLEr:
Meine Herren! Ich glaube, die Bedenken, welche der Hr. Abg. Dr. Virchow angeregt hat, lassen sih an der Hand der thatsächlichen Verhältnisse leiht zerstreuen. Es liegt der Unterrichtsverwaltung absolut fern, in dem Charakter des Bota nishen Gartens eine Aenderung eintreten zu lassen; auch in der Stellung des Garten- direktors und s\ystematishen Professors ist absolut eine Aenderung nicht geplant ; sondern was geplant ift, ist einfa, daß bei dem Ueber- maß der Belastuna, welhe dem \ystematishen Botaniker als Leiter des Botanischen Museums, als. Leiter des Botanischen Gartens, als Mitglied der Akademie, als Lehrer obliegt, es auf die Dauer als un- möglich erschien, dem systematishen Professor neben allen den In- stituten, als Museum und Garten, die nach wie vor seiner obersten Leitung unterstellt sein sollen, die gesammte Verantwortung und Aus- führung zu übertragen. Nur zu seiner Erleichterung soll ihm, wie gewissermaßen ein Abtheilungs-Direktor einem größeren General- Direktorium, ein besonderer Beamter untergeordnet werden, den wir hier Direktor nennen, den Sie auch Ober-Inspektor nennen könnten oder wie Sie sonst wollen, — also ein Mann, der diesem sehr verantroortungsvollen Beamten, der als Leiter des Botanischen Gartens mit einem zabl- reihen Publikum, mit zahlreichen Lieferanten, mit zahlreichen Arbeitern u, st. w, in Verbindung kommt, zur Seite stehen soll.
Dies ist um so wichtiger und um so nöthiger, als die Aufgaben des Botanischen Gartens immer mehr wachsen. Sie werden es ver- stehen, daß wir hier in Berlin uns au mit den großen Fragen ein- gehend beschäftigen, welche mit den Kolonien in Zusammenhang stehen. Der heimgegangene Professor Göppert in Breslau war einer der Ersten, der diese Fragen behandelt. Aber naturgemäß hat ein weiterer wissenschaftliher und praktisher Ausbau aller einschlagenden Fragen nur hier einen Erfolg, wo die Räumlichkeiten zur Noth — nur zur Noth, sage ih, — ausreichen.
Kurz, ih deute das nur an, um die Folgerung daran zu knüpfen, daß auch der Botanische Garten durch die Überseeischen Beziehungen unseres Vaterlandes mit dem Auslande in eine immer mehr expansive Beziehung hineingezoaen wird, und daß es durchaus V ift, sih klar zu machen, ob es noch ein Professor als solcher leisten kann, in A diesen Fragen der allein Handelnde und allein Entscheidende zu sein.
Ich bin um so mehr genöthigt gewesen, Ihnen den Vorschlag zu machen, diesen leitenden Beamten für den Botanischen Garten hier zu gewinnen, als es ganz außerordentlich \chwer ist, wie der Herr Vorredner, glaube ih, auch schon angedeutet hat, wenn ich ihn richtig verstanden habe, — einen Professor für systema- tishe Botanik zu gewinnen, der den Muth und die Entschlossenheit hat, in die hiesige Stelle zu treten.
Es ist das eine der \{chmerzli{chsten Erfahrungen für mich bei meiner ganzen Stellung zu den Naturwissenschaften, daß eine ganze Reihe von den systematischen Naturwissenschaften heut zu Tage nicht diejenige Anlockung, Begeisterung und Vertretung findet, die meines Erachtens den systematischen Wissenschaften gebührt. Ich glaube, daß es für die Herren niht ohne Interesse ist, die Klage aus meinem Munde zu vernehmen; denn ähnliche Erfahrungen machen wir auf den anderen Gebieten der beshreibenden Naturwissenschaften.
Meine Herren, ih kann mit dem \{hließen, womit ih angefangen habe : es liegt mir nichts ferner, als die Universitätsstellung des syste- matischen Professors als Oberleiter aller der von mir erwähnten und geschilderten Anstalten bezw. Jnstitute zu verkümmern; sondern ich habe nur den dringenden Wunsch, eine Organisation zu erfinden, welche es dem systematischen Professor ermöglicht, diese großen wissenschaft. lihen Aufgaben zu erfüllen, die meines Erachtens ihm als Systema- tiker gebühren.
Abg. von Pilgrim: Der Abg. Dr. Virchow habe die Beamten, die hier einen hygienischen Kursus durchmachten, ge- ringshäßig behandelt. Auf sanitäre Einrichtungen in den Städten werde jeßt allseitig großer Werth gelegt. Wenn also Beamte ihre Kenntnisse in dieser Beziehung erweitern und für Staat und Gemeinde verwerthen wollten, so dürfe man sie niht so?behandeln, wie der Abg. Dr. Virchow gethan habe. Es handele sich auch niht um niedere, sondern um höhere Verwaltungsbeamte, welhe auf ihre eigenen Kosten zu diesem Zwecke hierher kämen. Vier ihm (Redner) hierher beurlaubte Beamte seien sehr befriedigt urückgekehrt. Wenn die Beamten ihrer Kenntnisse wegen solihe Opfer brächten, so dürfe man sie niht so geringschägig ehandeln.
Abg. Dr. Arendt: Aus den Aeußerungen des Ministers entnehme er, daß er die N der botanishen Gärten auch bezüglih der Kolonialpolitik ins Auge gefaßt habe. Jn England beständen große staatliche Jnstitute lediglih für den Zwe, an Kolonialdienst vorzubereiten, und so könnten auhch unsere botanishen Gärten zur Vorbereitung zu dem Dienst in den Kolonien wirken.
Abg. Graf Clairon d’'Haufsonville: Er habe weder ge- wünscht, daß die Beamten auf Staatskosten an dem hygie- nischen Kursus Theil nehmen, noch behauptet, daß sie mit tiefen medizinischen Kenninissen nah Hause kommen und den Aerzten Konkurrenz machen sollten.
Abg. Dr. Virhow: Er habe nit geringshäßig von den Männern gesprochen, welche auf ihre Kosten hierher kämen, um zu lernen; er erkenne das gern an. Er habe geglaubt, es sollten Beamte auf Staatskosten hierher ge werden und habe niedere Beamte dabei im Auge gehabt, weil er zunächst an die Bürgermeister der kleinen Städte He habe, welche aus den Subalternbeamten hervorgingen. Der Abg. von Pilgrim habe auch nicht gesagt, was er für Beamte ge- meint habe. Jedenfalls handele es sich um eine fremdartige Angelegenheit, die in die Üniversitätsthätigkeit eigentli nicht hineingehöre. Die Universitäten seien nicht dazu da, zu. irgend einem praktishen Zweck Dienste zu leisten. Es gebe auch ausgezeihnete Handbücher, die Herren brauhten also nicht erst große Reisen zu machen. it den Ländern, wo wir Kolonien hätten, hätten unsere botanishen Gärten schon in Beziehungen gestanden, als wir noch keine Kolonien gehabt hätten, dazu habe es nit erst der kostspieligen Erwerbung von Kolonien bedurft.
Abg. Gerlih: Wenn der Abg. Dr. Virchow nicht wisse, um viele Beamte es sih handele, so ag er ihm zum Vorwurf, daß er 9 darum nicht kümmere. Zu dantbhern u greifen, hätten die Beamten in der Provinz keine Zeit.
enn es unmöglih sein sollte, daß ein Beamter nennens- werthe Kenntnisse in der Medizin erwerbe, so könne es ebenso
von’
unmöglich sein, daß ein Mediziner etwas von Politik verstehe, und der Abg. Dr. Virchow glaube doch hier etwas zu ver- stehen. Sehr oft, wenn es sich darum handele, die Wissen- schaft in die Praxis zu übertragen, bemerke man, daß man an dem Mangel an Vorkenntnissen strande.
_ Abg. Dr. Virchow: Wenn es sih darum handele, dem größeren Publikum in gemeinverständliher Form Resultate er Wissenschaft zugänglich zu machen, brauche er sich wohl von dem Abg. Gerlich keine Jnsormationén zu holen. Auf diesem Gebiete glaube er, seinen Posten dem deutschen Vater- lande gestanden zu haben. Doch sei er ih immer der Grenze bewußt gewesen, was er als E L È thun ha und was er nebenher für das Volk leiste. Seine Gegner hätten vielleiht auch einmal etwas von ‘ihm gelernt, denn er bemühe sich, ohne Unterschied der Partei at ugänglih zu machen, was er zu leisten im Stande ei. Er sei einer der ersten unter den n er Pro- sessoren gewesen, der sih niht genirt habe, das Odium des Popularisirens der Wissenschaft auf sih zu nehmen. Von den Universitäten als solhen möchte er aber diese Form fern- es denn die erste Aufgabe des Dozenten sei es, wissen- haftlih thätig zu sein.
Die Ausgaben für die Universität Berlin, in Verbindung damit der Titel des Extraordinariums zur Beschaffung von T Lui Apparaten u. st. w. für das zweite anatomische
nstitut, wurden bewilligt, ebenso ohne Debatte die Ausgaben für die Universitäten Greifswald und Breslau.
Hiernach vertagte sis das Haus.
Schluß 41/4, Uhr, ächste Sißung Dienstag 11 Uhr.
__— Die von dem Minister der geistlihen 2c. Angelegen- heiten, Dr. von Goßler, in der gestrigen Sißzung des Hauses der Abgeordneten bei Berathung des Kapitels „Katholische Geistliche und Kirchen“ gehaltene Rede lautete:
__ Meine Herren! Auch diese gegenwärtig angeregte Frage, betreffend die Gewährung von Staatsgehältern an die Pfarrer auf der linken Rheinseite, ist eine im wesentlichen jaristishe; sie ist aber eine sehr viel s{wierigere und nit so leicht zu lôsende, als die vorher soeben von Ihnen behandelte.
__ Die Frage, welche der Hr. Abg. Dr. Reichensperger jeßt und au früher hon angeregt hat, ist Gegenstand wiederholter Erörterung in diesem Hause gewesen, und zwar zu einem Zeitpunkt, wo nah einer viel verbreiteten Auffassung das größte Wohlwollen gegen die katho- lishe Kirche geherrsht hat. Nach den sehr sorgfältigen Vorarbeiten, welche ih habe anstellen lassen, ist die Frage hier erörtert worden bereits von dem Minister von Raumer im Jahre 1856; dann nament- lich eingehend im Anschluß an den Staats-Ministerialbeschluß vom 9. Mai 1864, im Jahre 1866 dur den Minister von Mühler. Es ist hierbei immer ungefähr der Grundgedanke zum Ausdruck gekommen, daß innerhalb des im Anfang dieses Jahrhunderts in Ausführung der organischen Artikel aufgestellten Tableaus der Succursalpfarrstellen die rechtlihe Verpflichtung des Staats der katholischen Kirche gegen- über als erfüllt zu betraten sei, daß alles Dasjenige, was darüber hinaus gegeben wird, Seitens des Staats als ein Bedürfnißzushuß gewährt wird, als ein Zuschuß, welcher auf administrativem Ermessen und Wohlwollen beruht und niht auf Grund einer irgendwie gearteten rechtlihen Verpflihtung. Es greift diese Frage fehr tief ein in eine größere Zahl von Kapiteln und Titeln des Staatshaushalts- Etats, und es ist niht ganz leiht, diese sehr \{chwierige Rechtsfrage, ohne daß ih die Zustimmung des Staats- Ministeriums hinter mir habe, heute ‘in einer irgendwie ver- bindlicen Weise zu erörtern und zu regeln. In der ganzen Behandlung der katholisben Kirche auf dem linken Rheinufer durch den Staat hat die abgelaufene Zeit einen großen Riß gemacht, aber das steht doch fest, daß sowohl vor dieser von mir angedeuteten Periode als auch na derselben wiederholt durch den Staatshaus- halts-Etat, und soweit es eben nach Lage der Fonds möglich war, durch Verwaltungsverfügungen dem Bedürfniß der katholishen Kirche in entsprehender Weise entgegengekommen ist. Die Möglichkeit, noch weiter entzegenzukommen, sollte mich sehr freuen; es wäre dies aber nur mögli, wenn weitere Fonds zur Verfügung gestellt würden. Daß bei der jeßigen Lage der Fonds Zuschüsse nicht mehr in dem Maße be- willigt werden können, wie früher, hat darin seinen Grund,daß die Erspar- nisse des sogenannten 90 000 Mark- Fonds, welcher früher in dem Kap. 124, Tit. 5 enthalten war und bei welhem im Laufe der Jahrzehnte große Ersparnisse gemaht worden waren, von mir mit Allerhöchster Ge- nehmigung ausgeshüttet worden sind, und zwar — i fann das ja erwähnen — im Wesentiichen, um den Bedürfnissen der armen katho- lishen Gemeinden in der Eifel und auf dem Hundsrück Rechnung zu tragen. Es ist wunderbar, daß im Lauf der Jahrzehnte dieser Fonds so wenig verbraucht worden war, daß die Ersparnisse auf über 800 000 M angewacsen waren. Von diesem Bestande is im Jahre 1885 auf Grund einer Allerhöchsten Ordre der größte Theil und im Jahre 1887 ein kleiner Rest derartig verwendet worden, daß an 32 fatholishe Gemeinden üker 620 000 4 gezahlt worden sind, und zwar wurden den Gemeinden Dotationékapitalien gewährt, welhe im Mindestbetrage sich auf 15000 und im Höchstbetrage auf 25 300 4 beliefen. Ih darf das hier wohl im Zusammenhange an- führen, weil durch diese s{chwerwiegende Thatsache, welhe in den Gemeinden selbstverständlih große Befriedigung hervorgerufen hat, gezeigt wird, wie die Staatsregierung, ohne eine rehtliche Ver- pflihtung anzuerkennen, jedenfalls das Wohlwollen, welches sie der katholischen Kirche am linken Rheinufer entgegenträgt, zum vollen Aus- druck gebracht hat.
Ich stehe über die Frace, welche Hr. Dr. Reichensperger in seiner Denkschrift anzuregen die Güte gehabt hat, mit dem Herrn Finanz- Minister in eingehenden Verhandlungen. Wenngleich ich selbst nach dem sehr ausgiebigen Material, das ich mir habe zusammenstellen lassen, in der Lage wäre, die Diskussion bis in die leßten Einzel- heiten dur{zuführen, glaube ih doch, daß es rihtig ist, wenn ih im gegenwärtigen Augenblick, wie auch der Herr Vorredner anzunehmen \cheint, auf eine weitere Vertiefung dieser sehr \chwierigen Rechtsfrage ver- zihte, und nur die Hoffnung ausspreche, daß si vielleiht bei weiteren Verhandlungen einigermaßen die Wünsche erfüllen lassen, denen der pr Abg. Reichensperger seinen beredten Mund und seine beredte
eder geliehen hat.
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 9. — Inhalt: Amtliches: Personalnachrihten. — Nichtamtliches : Die Bauten der Gesellschaft „Werderscher Markt“ in Berlin, — Der Nord-Ostsee- Kanal (Fortseßung). — Der Kaiserpalast in Sra es (Schluß). — Vermischtes: Veranlagung Königlicher Regierungs-Bauméeister zur Gemeinde-Einkommensteuer. — Preisbewerbung um Entwürfe zu Kronleuchtern und Ampeln für elektrishes Licht. — Preisausschreiben um ein neues Bezirks\chulgebäude in Zittau. — Technische Hochschule in Darmstadt. — Wiederherstellung der Arcole-Brücke in Paris. — Mar de Nerée f. — Bücherschau.
Statiiftshe Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesund- heits8amts sind in der Zeit vom 17. bis 23. Februar cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berehnet, als as gemeldet : in Berlin 21,5, in Breslau 29,5, in Königs- erg 23,6, in Köln 25,7, in Frankfurt a. M. 16,2, in Wiesbaden 29,0, in Hannover 25,3, in Kassel 18,3, in Magdeburg 25,5, in Stettin 27,2, in Altona 28,6, in Straßburg 27,9, in Mey 14,2,