1889 / 60 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Mar 1889 18:00:01 GMT) scan diff

F Statistische Nachrichten.

Unier dcr Ueberschrift „Der Taback im deutshen Zoll- ebiet“ veröffentli®t das neueste Heft der eMonatshefte zur tatistik des Deutschen Reichs“ Nachweisungen über die Be- faneriva des Tabaks, Ein- und Ausfubr von Tabak und Taba- abrikaten, sowie den Ertrag der Tabackabgaben im Erntejahr 1. Juli 1887 bis Ende Juni 1888, sodann eine Vergleihung der Hauptergeb- nisse dieser NaHweisungen mit denjenigen der Vorjahre, Was den Anbau betrifft Ugebiets 21466 ha mit Taback bepflanzt gewesen gegen 19 843 ha Vorjahre und 21 304 ba im Durchschnitt der 10 Jahre von 1878 bis 1887. Der Umfang des Tabackbaus hat 1887 gegen die voran- gegangenen 3 Jahre wieder nit unerheblih zugenommen, hauptsählich aus dem Grunde, weil in den meisten der in Frage kommenden Be- zirke die Preise, welhe für den Taback der 1886er Ernte erzielt wurden, \ich besser als in den Vorjahren gestellt und in der ent- scheidenden Zeit die Hoffnung erweckt hatten, daß der Rückgang der Tabadpreise seine Grenze erreiht habe. Die Ernte an trockenem (dacreifem) Taback betrug 1887: 40 866 Tonnen (zu 1000 kg) oder 19,0 Doppelcentner durchschnittlich auf 1 ha gegen 19,4 Doppelcentner im Jahre 1886, 19,7 1885, 22,4 1884 und 19,3 im Dur{schnitt der 10 Jabre 1878 bis 1887, Das Ernteergebniß ist in den meisten Bezirken nur cin recht mittelmäßiges Leoren namentli hinsichtlich der Qualität des geernteten Tabaks, da die Aufzuht und Entwidklung der Pflanzen vielfah durch große Trockenheit im Frühjahr gehindert worden war und im Herbste in vielen EMO Nacbtfröste eingetreten sind, welche verursacht haben , daß der Tabak häufig in unreifem Zu- stande hat eingeerntet werden müssen. Als Brutto - Geldertrag der Tabackernte des Jahres 1887 sind, nach Abzug der Steuer, 13,7 Mill. Mark nachgewiesen, gegen 16,5 Mill. Mark im Vorjahre und 18,6 Mill. Mark im zehnjährigen Durhschnitt und auf 1 ha der mit Tabak bebauten Fläche berechnet da dieser Ertrag durch- \hnittlich zu 638 M gegen 830 A im Vorjahre und 870 4 im zehn- jährigen Durchschnitt. Die Taback-Einfuhr ist nach dem Ernte- jahre 1878/79, in welchem sie wegen der in Aussicht stehenden Zoll- erhöhung ungewöhnlich \tark gewesen war (der Werth der Einfuhr von Taback und Tabakfabrikaten ist für dieses Jahr zu 141,7 Mill. Mark berechnet), im folgenden Jahre äußerst gering gewesen (berechneter Werth nur 21,7 Mill. Mark), dann aber wieder von Jahr zu Jahr gestiegen (für 1887/88 ist der Werth zu 735 Mill. Mark berechnet). Die Ausfuhr von Tabak und Tabackfabrikaten aus dem Zollgebiet ist überhaupt nicht sehr erheblich, war aber 1887/88 geringer als in den Vorjahren (berehneter Werth 1887/88 4,4, 1886/87 5,4, 1885/86 8,8, von 1878/80 bis 1887/88 durchschnittlich 7,0 Mill. Mark). Der Ertrag der Tabacksteuer stelt sh mit der Abgäbe von Taback-Surrogaten, welche 26 979 4 einbrahte, und nah Abzug der Steuererlasse sür das Erntejahr 1887/88 auf 11 076 484 A; unter Zurehxung der vom ausländishen Taback erhobenen Zollbeträge (37 071 339 6), sowiz nah Abzua der bezahlten Ausfuhrvergütungen (390 740 46), berechnet sich der Nettoertiag der Tabackabgaben auf 47 757083 M oder 1,01 (M auf den Kopf der Bevölkerung gegen 1,02 K im Vorjahre, 0,95 A im Jahre 1885/86 und 0,75 & im Durchschnitt der Jahre 1878/79 bis 1887/88, Eine genaue Berechnung des Tabackverbrauchs in den einzelnen Jahren wird dur den Umstand verhindert, daß die im freien Verkehr befindlichen (versteuerten und verzollten) Tabackbestände, welhe von cinem Jahre auf das andere übernommen werden und das eine Mal sehr groß, das andere Mal sehr gering sein können, unbekannt sind. Aunähernd jedoch läßt si dieser Verbrauch auch ohne Keantniß dieser Lagervorräihe für eine mehrjährige Periode ermitteln. Jn diesem Sinne is der Verbrauch von fabrikationsreifem Rohtabak im deutschen ZoUgcdbiet für die erioden 1861 bis 1865 zu 1,31, 1866 bis 1870 zu 1,33, 1871/72 is 1875/76 zu 1,84, 1876/77 bis 1880/81 zu 1,71, 1881/82 bis 1885/86 zu 1,39 und für die Jahre 1886/87 und 1887/88 zu ca, 1,52 kg auf den Kopf der jeweiligen Bevölkerung berechnet.

Gewerbe und Handel.

Vom Berliner Pfandbrief -Jnstitut sind bis Ende Februar 1889 13 116300 33 %oige, 20562300 M 4V/oige, 44 857800 M E Db und 9528900 F 5 9oige, zusammen 88 065 300 A Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 12 829 800 H 449%oige, 16126800 M 49%ige, 22551000 M 43%Voige und 3625 200 A 5 oige, zusammen 55 132 800 # Pfandbriefe Seitens der Grundstücksbesitzer verzinslih sind. Es sind zugesichert, aber no nit abgehoben 389 400 4, im Laufe des Monats Februar 1889 angemeldet 1 Grundstück mit einem Feuerversiherungswerth von 48 700 M

Die nä{ste Börsen: Versammlung zuEfssen findet am 11. März im „Berliner Hof* statt.

Wetterbericht vom 8. März 1889,

8 Uhr Morgens von Mosenthal.

e -

von P. Hertel.

Stationen. Wind. | Wetter.

vom Mecre.

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeres\p.' red. in Millim

sctzung.)

Hhalb bed. | heiter bedeckt [Dunst bededckt bedeckt 20

Mullaghmore NW Aberdeen W Christiansund OSO Kopenhagen . SSO St Petersburg SSO Moskau SSO

Cork, Queens-\ 2 town ); [WSW Cherbourg . SSW 6b\bedeckt lder... S Regen | as N ( eus 4 mdur 3 bede |— ck i: winemünde | 761 wolkig —4 Sonntag : Neufahrwasser| 767 wolkenlos |—13 Memel .. . |_770 |\SS heiter —12 E N 768 9 Dat : j 2 arlöruhe. . | 75 unf 4 c Wiesbaden . | 757 bede | 83 Clémenceau. Münden .. | 760

Chemniy .. | 761

Sonntag: Montag:

wolkig

vou Messina.

wolkig E Sonntag:

Wien .….. | 765 Nebel —8 Breslau... | 764 wolkig —8

Uebersicht der Witterung.

Unter der Wechselwirkung eines barometrischen Maximums von über 780 mm über dem Innern Rußlands und einem Depressionsgebiete unter 745 mm über Großbritannien wehen über Central: Europa shwache bis frische südliche und südöstliche Winde, unter deren Einfluß die Temperatur erheb- lich gestiegen ist. Jn West-Deutshland ist CThan- wetter, stellemveise mit Regenfällen eingetreten. In den nordöôstlihen Gebietstheilen dauert die strenge Kälte bei heiterer Witterung noch fort.

Deutsche Seewarte.

Emil Neumann.

Theater - Anzeigenu.

M e ter E g: Vpernhaus 64. Vorstellung. Das goldene Kreuz. Oper in 2 Akten “voû D.

, fo find danach im Jahre 1887 innerhalb des deutschen.

Swauspiclhaus. S{auspiel in Norwegischen von Henrik JIbscn. (Autorisirte Ucber- Anfang 7 Ubr.

Brüll. Dichtung nah dem Französischen von S. H. Tanz von P. Taglioni. Dic Jahreszeiten. 4 Bildern von E. Taubert und E. Gracb. Anfang 7 Uhr.

Deutshes Theater. Heinrich der Vierte. Weh? dem, der lügt! Wech' dem, der lügt!

Die erste Aufführung von Maria und Magda- lena, Shauspiel in 4 Aufzüaen von Paul Lindau, findet am Dienstag, den 12. März, ftatt.

Berliner Theater. Sonnabend: Die Vraut

Hans Fourchambault. Montag: Zum 1. Male: Martin Luther.

Tessing - Theater. Sonnabend: Der Fall

Dumas und S

3\wollki —1 Es

1 G L Montag: Die

Berlin ... | 761 halb bed, 9 3 Akten von A. Delacour und A. Henneguin. Anfang 7 Uhr.

Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 140. M. :

Madame Bonivard. Schwank in 3 Akten von Alex Bisson und Antonie Mars. Deutsh von

Mitternachtssonue. 1 Akt von Hjalmar Knutson. Sonntag und folgende Tage: varv. Vorher: Die Mitternachtssoune. Adolph Ernfst-Theater. Dresdenerstraße 72. Sonnabend: Zum 45. Male: Die junge Garde. Gesangéposse in 4 Akten von Ed. Jacobson und Leop. Elv. Die Gesangstexte theilweise von Gust. n Fr. Roth. Anfang 7# Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Concert-Haus, Leipzeritr. 48 (früher Bilse). Sonnabend, Abends 7 Uhr: Gedächtnißfeter für Se. Majestät Kaiscr Wilhelm I., unter gefälliger

Victoria-Theater. Halbe Preise. Sonnabend: A Fur Gedächtnißfeier des Todestages des hoseligen

aiser Wilbelm 1. Germania. Großes nationales arge tüd in 4 Akten und 12 Bildern mit

Au Königliche Schauspiele. Sonnabend bleiben berg Mut ec. A. Raida. on

ntag und folgende Tage:

Danzig, 8. März. (W. T. B.) Die Einnahmen der Marienburg-Mlawkaer Eisenbahn betrugen im Februar cr., nach provisorischer „Feststeüung, 164 000 Æ gegen 134 900 H nah

tellung im Februar 1888, mithin mehr 29 100

nenne j ci hme im J 1888 betrug 145 881 M e rve nnayhme 1m anuar eirug s (Getreidemarktbericht

Frankfurt a. M., 7. März. C von Joseph Strauß.) Die Tendenz des Marktes für Weizen war um ein Gerin fügigesJuverlässiger, doch hat eine durchgreifende Befestigung sich noch immer nicht eingestellt; ab Umge end stramm S 4, frei hier 192 4, norddeutsher und kurhessi]|her 20—i M, russishe und ungarishe Sorten 204—21} A Roggen vermochte hier eine selbständige Tendenz niht zu dokumentiren, er zeigte \ih von den auswärtigen Schwankungen abhängig, doch folgte er den- selben in der Richtung nach abwärts nur in sehr gemäßig- tem Tempo, hiesiger 16 4, russischer 153—8/10 A Gerste batte \{chwerfälliges Geschäft und war speziell Franken-, Ricd- und Wetterauer offerirt 16 154 H, ungarishe und mährische Sorten viel über Notiz, Hafer hatte flotten Abzug, selbst Mittelqualitäten fanden \{lankes Unterkommen, gun mate sih kuapp, die Notiz 133—154 K je nah Qualität bleibt. Mais (mixed) \{eint das Interesse der Spekulation eingebüßt zu haben; es mangelt für das jeßt stärker zu Tage tretende Realisationsangebot an Kauflust und dies im Verein mit stärkeren Offerten hat die Preisezurückgehen lassen, 12} #6 detaillirt. CThomasphos- vhatmehl und Chilisalpeter hatten ruhiges Geschäft. Mehl is wenig beachtet, die ungünstigen Absatverhältnisse machten s\ch im Lieferungsmarkt bemerkbar und wveran- laßten trop der behaupteten Körnerpreise einen Rückgang von 90—%5 S, hohfcine Weizenmehle nur für bayerische erste Mühle à 32 M gehandelt. Roggenmehl 0/1 träge. Hiesiges Weizen- mehl Nr. 0 314—334 A, Nr. 1 29—31} M, Nr. 2 26}— 274 M. Nr. 3 24¿—2%54 #Æ, Nr. 4 21}—22 M, Nr. 5 18— 19 , Milchbrot- und Brotmehl im Verbande 54—58 4 Nord- deutsche und westfälishe Weizenmeble Nr. 00 266—27 & Hiesiges Roggenmehl Nr. 0 54—26 M, Nr. 0/1 233—24 4, Nr. 1 214— 99 4, Nr. 2 18—19 A Roggenkleie 10 &# Weizenkleie 9,50 M, Malzkeime 9,60—10,20 4 Spelzspreu 4 A Rüböl im Detail 65 #4 (Obige Preise verstehen sih per 100 kg ab hier, häufig jedoch auch loco auswärtiger Stationen.)

London, 7. März. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizen- ladungen angeboten.

Bradford, 7. März. (W. T. B.) Botany- Wolle fest, für feine Wolle Tendenz zu Gunsten der Käufer, in englischer Wo lle gutes Geshäst, Merinowolle und Kreuzzuhten sowie Garne ruhig, für Botany: Garne guter Begehr, Preise unverändert , in Stoffen gutes Geschäft.

Verkehrs - Austalteu.

Zur Vermeidung von Quarantäne-Maßregeln treten in den Fahrten der Royal Mail Steam Paket Company nah Brasilien und dem La Plata folgende Aenderungen cin: Die am 14, W. März und 11, April von Southampton, bz. am 18. März, 1, und 15. April von Lissabon abgehenden Schiffe berübren nur brasilianishe Häfen; nah dem La Plata werden be- sondere Dampfer am 21. März und 18. April von Southampton, bz. am %. März und 22, April von Lissabon abgelassen. Hiernach regelt ih die Versendung der Post nah Brasilien und den La Platastaaten mittels Royal Mail-Dampfer.

Auf den Linien der Großen Berliner Pferde-Eisen- bahn-Aktien- Gesellschaft sind im Monat Februar 1889 7 642 977 Personen befördert und dafür 872 210,75 „# oder durch- \cnittlih auf den Tag 81 150,38 f eingenommen worden. Die Ein- nabme im Monat Februar 1888 betrug 833 698,80 „Æ oder durch- \cnittlih auf den Tag 28 748,23 A

London, 7. März. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Spartan“ ist am Mittwoch auf der Heimreise von Capetown abgegangen.

Theater und Musik.

Wallner - Theater. In der näthsten Novität, „Hugo's Ver- hältnisse“, wird die Titelrolle von Hrn. Alexander gesptelt werden. Der bumorvolle Künstler findet darin eine ungemein dankbare Auf» gabe. Hr. Kommissions Rath Hasemann verwendet auf die Insce- nirung des Stücks außerordentlihe Sorgfalt, die sih au in der originellen Ausstattung bekunden wird. i ;

Nictoria+ Theater. Neuerer Bestimmung zufolge wird das Ausstaitungs\tück „Germania“ nunmehr denno vorläufig auf dem

Repertoire bleiben, da cin patriotischer Freund der Dichtung für

Hierauf:

h _NAUR Sonnabend: Tanz-Poëm in 2 Akten und | „„, qg3

93. Male (in deutscher

67. Vorstellung Dic Frau

L von A. Sullivan. Anfang 7 Uhr. 5 Akten aus dem R A

Sonntag: Der Mikado.

Sonnabend: König | Zum 70. Male:

beitet von Franz Wallner. treffer.

burg. Anfang 74 Uhr. Sonntag: Letzte Nervöse Frauen.

Novität ! | Ph Gille.

Stauspiel in 5 Akten von A. | Cbef : Luigi Arditi._

all Clémenceau.

osa - Domino’s. Lustspiel in

Sonntag: Zum 1. Male:

Wolff, für die deutsche Blumenrei.

Vorher: Zum 9. Male: Die Parodistisher S{wank in Anfang 7# Ubr.

Madame Vonui: Sonntag: Zum 77. Male:

Görß. Musik von

Di&tung von Ernst Seren- Anfang 7 Ubr. Germania.

* in bekannten vierstimmigen

anrichteten.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater.

Mit neuer glänzender Ausstattung,

Musik | Um Sprache): Der ulil | Mikado, oder: Ein Tag in Titipu.

Operette in 2 Akten von W. S. Gilbert.

Residenz-Theater. Vorleßte Wohe. Sonnabend: Nervöse Frauen. | 3 Akten von Ernest Blum und Raoul Toché, bear- Vorher: Der Haupt- Schwank in 1 Akt nach dem Französischen des George Svarez, bearbeitet von Sigmund Lauten-

Sonntags - Aufführung

Kroll's Theater. Mittwo®, den 20. März: Eröffnung der italienishen Opern-Saison. Oper in 3 Akten von E. Gondinet und-

Musik von Léo Delibes. :

Primadonna : Maria van Zandt. I. Tenor: Luigi Ravelli von der ital. Oper in London.

Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: Der

Vershwender. Original-Zaubermärchhen in 3 Auf- zügen von Ferdinand Raimund. Anfang 7#§ Uhr. Das Licebespfand. Posse in 3 Akten von As Rochefort und Alb. übne bearbeitet von Paul

Central-Theater. Sonnabend: Zum 76. Male: Leuchtkugeln. Gesangspofse in 4 Akten von W.

Mannstädt. Musik von G. Steffens. Anfang 74 Uhr. Leuchtkugeln.

Montag und Dienstag über die Hälfte der Pläye für die hiesige Garnison verfügt hat. i :

Zum Besten des Dombau-Vereins hatte der unter Litung des Hrn. Prof. Ad. Schulze stehende a capella-Chor der Königlichen Bo Cl Gute für Musik gestern im Saale der Sing-Akademie ein Concert veranstaltet, an welhem \sich noch als Solisten ge E. von Mühler mit mehreren Klaviervorträgen und Frl. H. Jordan dur einige Lieder betheiligten. Der kleine, aus etwa 50 Mitgliedern bestehende Chor zeichnet si ganz besonders durch den edlen und jugendlih frishen Stimmenklang aus, der zu- gleich mit Sicherheit der Intonation und Deutlichkeit der Aus- sprache vereinigt ist. Von den gründlichen Studien des Chors zeuge au die vollkommene Uebereinstimmung in allen Abstufungsgraden der Scattirung und das tiefere Ein- gehen in die von dem Dirigenten angegebene Auffassung der Chorlieder verschiedenen Inhalts. Diese Vorzüge ka Liedern von Mendelssohn, in einem fünfstimmigen Tanzliede von Hans Leo Hafßler (1601), sowie in dem stets gern g „Birrebaum“ von Herzogenberg und den sehr an- muthigen Volksliedern von J. Mayer vortrefflich zur Geltung. Frl. von Mühler trug Beethoven's Cis-mo1ll-Sonate, R. Schumann's \{chwierige „Kreisleriana" sowie einige Klavierstücke von G. Schumann und Chopin vor und bewies in denselben große technische Fertigkeit und sehr verständnißvolle Auffassung. Die treffliche Altistin Frl. Jordan sang drei Lieder von Schubert: „Auf dem See“, „Fischerweise“ und „Ständchen*® (leßteres mit Frauenhor) unter lebhaften Beifalls- bezeugungen, die auch allen übrigen künstlerischen Leistungen dieses Abendso zu Theil wurden.

Manuigfaltiges.

Auf Veranlassung des Ministers der geistlihen 2c. Angekegen- heiten, Dr. von Goßler, sind dem Museum für Völkerkunde einige sehr beachtenswerthe Fundstüccke der Steinzeit, aus der Gegend von Merseburg, cinverleibt worden, darunter wohl eines der größten bis jeßt bekannten Gesäße jener ältesten Kulturepohe. Es hat ovale Form, sodaß sein unterer Theil wannenförmig ist, doch na unten verjüngt und mit kreisrunder Standfläche; nah oben verengt ih das Gefäß fehr \tark zu einer kurzhalsigen, kreisförmigen Oeff- nung An der weitesten Stelle des Bauches zieht sih ein erhabenes \{nurähnlihes Ornament hin, darüber befinden sh aht Systeme von je aht bis zwölf radialen Strichen, besäumt von kleinen, federbart- artig gestellten StrichelWßen. Den oberen Theil des Halses bildet glei@falls eine Shnurnahahmung. Das Gefäß ist 52 em hoch und 48 ecm breit. Dazu gehörig sind zwei CThonbecher von 17 und 21 ecm Höbe, mit Strichornamenten verziert, ein dur(pbohrter Axt- hammer aus Stein und ein Steinbeil. Diese hervorragenden Zeugen ältester mensblicher Thätigkeit auf heimathlichem Boden gelangten als Geschenk des Kaufmanns Eckart in Merseburg an das dortige Stifts- gymnasium, von dem sie dem Muscum als Lihgabe übersandt wurden.

Jn Bonn hat sich, der „Bonner Zeitung“ zufolge, eine Vereini- gung von Musikfreunden gebildct, welhe das Geburtshaus Beethoven's erwarben, um es allein dem Andenken an den unsterb- lien Meister zu weihen, der dort das Licht der Welt erblickte, Dieser Verein bat dem Direktor der Königlihen Hochschule für Musik, Professor Joseph Joachim in dankbarer Verehrung für die Verdienste desselben um die klassische deutshe Musik das Ehrenpräsidium auf Lebensdauer angetragen und denselben gebeten, dem neuen Verein den Namen zu geben. Prof. Joachim hat diesen Antrag angenommen und an seinem neulichen Jubiläumstage davon Mittheilung gemacht. Der Verein beabsichtigt, durÞ Sammlungen und Mußkkfeste in Bonn sowie an anderen Orten möglichst reihlihe Mittel flüssig zu mahen und das Beethoven'she Geburtsöhaus, soweit Veränderungen daran statt- gehabt haben, durchaus in seinen Zustand von Anno 1770 zurückzuverseßen. Weiterhin soll mit allen Kräften danah ge- strebt werden, dur Geschenke oder Kauf solhe Gegenstände zu er- werben und dort aufzustellen, welhe von dem Meister selbst her- rühren. Dazu zählen vor Allem auch Manuskripte Beethoven's. Ferner sollen Büsten, Bilder und Porträts Beethoven's, wenn ‘nicht im Original, so doc in Kopien aufgestellt werden, und endlich soll cine BeethoveneBibliothek in dem Hause Platz finden, die Alles ent- balten wird, was der Meister ges{hrieben und was über ihn veröffent- lit worden is, Dem Wunsch des Ekhrenpräsidenten entsprechend, wird die Stiftung den Namen „Beethoven-Haus“ führen.

Bologna, 8. März. (W. T. B.) Heute früh, gegen 4 Uhr- wurden bier zwei Erdstöße verspürt, die jedo keinen Schaden

Mitwirkung von Fr. Betty Waibel und Hrn. Lebrecht, des Kapellmeisters Hrn. Karl Mevder mit seinem aus bervorragenden Künstlern bestehenden Orchester. ( Sonntag: Gesellshafls8-Abend. Anfang 6 Uhr. Burleske

Mul | E

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Käthe Schmidt mit Hrn. Haupt- mann Georg v. Bülow (Kassel—Kulm). Frl. Frieda Jaenicke mit Hrn. Lieutenant Wange- mann I. (Frankfurt a. O.) Frl. Jda Könke mit Hrn. Universitäts-Sekretär Dr. Ph. Pauer (Gartow—Göttingen). Frl. Auguste Meyer mit Hrn. Ewald Klaue (Magdeburg). Frl. Selma Strecker mit Hrn. Richard Eichert (Bunzlau—Goldberg i. Sl.)

Verehelicht: Hr. Pastor Friy Oels mit Frl. Anna Kappler (Nieder-Sachswerfen a Harz). Hr. Gustav Guerlih mit r. Glisabeth Lepke Prauêniß). Hr. Pr.-Lieutenant Hans von

rnim mit Miß Blanhe Broadwood (Rom).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.-Lieutenant Kuntze (Lingen). Hrn. Architekten Otto Schmidt (Chemnig). Hrn. Julius Kaufmann (Görliß). Hrn. Hauptmann Grauert (Berlin). Eine Tochter: Hrn. Karl Frhrn. v. Harstall (Mihla). Hrn. Pastor Dr. Bestmann (Mölln).

Gestorben: Hr. General-Major z. D. Wilhelm Frhr. Treush v. Buttlar-Brandenfels (Dresden). Verw. Frau Konsistorial-Rath Karoline Seege- mund, geb. Preußer (Niesky). Frau Auguste Constrôm (Berlin). Frau Friederike Weiß, geb. Hix (Berlin). Frau Rentiere Charlotte Wilhelmine Hanse, geb. Dubrow (Zehlendorf). Hr. Gutsbesißer C. F. A. Uhle (Altendorf). Frau Oberförster Wilhelmine Beer (Merseburg), Hr. Geh. Regierungs-Rath a. D. Georg Lüttich (Hannover). Frau Geh. Sanitäts-Rath Karo- line Kerstein, geb. Consbruch (Herford).

Lustspiel in

von :

Lakmé.

Orwester-

Redacteur: J. V.: Siemenroth.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und-Verlaç.s* Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmftraße Nr. 32,

Sechs Beilagen (einshließli® Börsen-Beilage).

famen-

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

„K 60.

Berlin, Freitag, den §. März

1889,

(E ay E U

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 8. März. Jm weiteren Verlauf der gestrigen (29.) Sißung des Hauses der Abgeordneten elangte Kap. 121 der Ausgaben des Etats des Mini- teriums der geistlihen, Unterrichts- und Medi- R gea Len zur Berathung.

Bei Titel 1: „Seminare“ bemerkte der bgt M Prinz Arenberg: Jn den Bezirken Montjoie und almedy das Wallonische als Unterrichtssprahe durch Ministerialverfügung beseitigt worden. Nun sei auf dem Sprachgebiete in jenen Gegenden die Muttersprahe niht das Deutsche, sondern das Französishe; das Wallonische sei ein französisches Patois. Die Wallonen seien jeder Zeit treue und loyale N gewesen und hätten allen Regierungssystemen und Herrschern gute Dienste geleistet. An Patriotiómus hätten sie es nie N lassen, wie die in Malmedy erscheinende JOnESe Zeitung eweise. Patriotische Gesinnung hänge auch seines Erachtens nicht von der Sprache ab. Es gebe auch unter den Wallonen Keinen, der niht das Bedürfniß empfinde und den festen Willen habe, deutsh zu lernen, und der Minister würde keine un- populärere Maßregel ergreifen können, als den deutschen Unter- richt zu sistiren. Seitdem die Wallonei durch Eisenbahnen r dem Staat angeschlossen sei, ständen die Wallonen auch nicht mehr unter belgishem Einfluß, sondern wanderten gern nah dem Osten, wie es denn auh in Berliner Handelshäusern Wallonen gebe. Dagegen empfänden es die Wallonen als eine Härte, daß, während der ganze nicht rituelle Theil des Gottes- dienstes in französischer Sprache stattfinde, in den unteren Stufen des Religionsunterrichts die Anwendung der Muttersprache ausgeschlossen sei. erx Widerspru gegen diese aRTege, entspringe niht etwa aus der Opposition der Geistlichen, Ns aus Man Rücksihten, Nur in der Mutter- prache könne der Religionslehrer auf Herz und Gemüth des Kindes einwirken. Der Minister werde sih ein großes Ver- dienst erwerben, wenn er wieder den Religionsunterricht in den untersten Stufen dort in der Muttersprache ertheilen lasse.

Minister dex geistlichen 2c. Angelegenheiten, Dr, von Goßler:

Meine Herren! Ih kann dem Herrn Vorredner darin Recht geben, daß das Gebiet, welhes er in seiner Nede berührt hat, ein sehr kleines ist; die Zahlen, die ih zur Beurtheilung der Frage an- gebe, entnehme ih aber natürli dem Gebiet der Schulverwaltung, da die Seelenzahl keinen ausreichenden Maßstab für die Beurtheilung der Verhältnisse darbietet, Es giebt in der sogenannten Wallonie nur 22 Volksschulen, von denen 4 sich in Malmedy und eine in Weismes befindet, während die übrigen 17 auf dem flachen Lande liegen, Von diesen 17 einklassigen Schulen stehen 2 auf rein deut- {her Grundlage, scheiden also hier für die Betrachtung aus, Die Ausführungen des geehrten Herrn Vorredners leiden meines Erachtens an dem fundamentalen Mangel, daß er von der Auffassung audvgeht oder die Auffassung bei den Hörern hervorrufen könnte, als ob das Französische die Muttersprache der Wallonen wäre. Die Muttersprache in dem in Rede stehenden Landes- theil ist die wallonische; eine Sprache, welche wie eine andere Sprache, die wir im preußishen Staatsgebiete haben, keine Schriftsprache ist. Sie hat a1s Literatursprache nichts geleistet, ist niemals im Unterricht angewandt und ausgebaut worden, sie wird nur angewendet, um den Kindern das Verständniß zu erleihtern. JInwieweit das Fran- zösische dem Wallonishen verwandt sei, ist, wie bekannt, unter den Sprawforschern streitig. Bis in die neuere Zeit war man geneigt anzunehmen, daß das Wallonische ein Nest der alten keltishen Sprache sei ; im Großen und Ganzen scheint man sih jeßt der Auffassung zuzuneigen, daß, wie der Herr Vorredner ausführte, das Wallonische zum Französishen in der Verwandtschaft einer platten Sprache zu einer Hochsprache sich befindet. Die Thatsahe möchte ich aber feststellen nah den Berichten sie mögen angegriffen werden können oder nicht —, die mir vorliegen, P doch die Sprachen so verschieden sind,

sowie den sprache di Ortschaften sei

daß jedenfalls Einer, der das Hochfranzösische spriht, das Wallonische nur ganz ausnahmsweise versteht, und daß umgekehrt auch das Ver- ständniß des Französischen für den Wallonen außerordentlichen Schwierigkeiten unterliegt. Wir haben Beschwerden bis in die neuere Zeit von den Gerichtsbehörden in der Rheinprovinz darüber entgegen- nehmen müssen, daß bei den öffentlihen mündlihen Verhandlungen es als unmöglich sich herausgestellt hat, daß Zeugen und Angeklagte, welche der wallonishen Sprache allein mächtig waren, von französischen Dolmetschern verstanden werden konnten. Der Gerichtshof war außer Stande, auf Grund der Unterhaltung zwishen Dol- metscher und Wallonen \ich irgend ein Urtheil über die Sachlage zu bilden, und von der Justizverwaltung is der dringende Wunsh mir gegenüber ausgesprohen worden, für einen besseren Unterriht der wallonishen Bevölkerung zu sorgen. Das Französische, meine Herren, wird in den wallonishen Schulen erlernt wie cine fremde Sprache. Anzuerkennen ist, daß das Erlernen des Französishen durch die Wallonen ein Leichteres ist, als das Erlernen des Deutschen. Es liegt das in der ganzen, vielleicht allerdings weit zurückliegenden Verwandtshaft der Sprachen. Der Wortschatz derselben, die Wendungen, die Konstruktionen derselben sind, wie das die Spyrachforscher wiederholt dargethan haben, wesentli verschiedene. Der Ausgangspunkt der Unzufriedenheit, der der Herr Vorredner Ausdruck gegeben hat, liegt auch hier wieder außerhalb des Gebiets der Sculverwaltungz sie bewegt sich auf dem Gebiet des Geschäfts- Mee, Die zu diesem Geseh am 28. August 1876 erlassene erordnung hat die Bestimmung, daß zunächst auf die Dauer von

5 Jahren der Gebrauch der französishen Sprache gestattet sein soll !

für die mündlihen Verhandlungen der Schulvorstände, der Gemeinde- vertretungen und Gemeindeversammlungen in den Landgemeinden der Bürgermeistereien Bellevaux und Weismes, sowie der Landgemeinden aymonville und Jourbrodt der Bürgermeisterei Büttgenbach. Der ier bezeichnete Bezirk is cin ganz außerordentlih kleiner Ausschnitt aus der übrigen {hon recht kleinen Wallonie, und nach Ablauf von 10 Jahren is die Erleichterung der Verwaltung, welche in den Jahren 1876 und 1881 zu Gunsten dieser Theile der Wallonie in sprahliher Hinsiht gegeben war, hinfällig geworden. Die Schulverwaltung war unbedingt genöthigt, dieser allgemeinen politishen Anordnung Rechnung zu tragen und eine Aenderung in dem Sprachverhältniß der Schule eintreten zu lassen. Diese Ver- änderungen vollziehen sich mit einer gewissen clementaren Noth- wendigkeit. Meine Herren, wie auch in andern kleinen Cy deblelen unseres Staats \{chwinden allmählich die Lehrer, welle die fremde Sprahe als ihre Muttersprache beherrschen. Unter den 31 Lehrpersonen der Wallonie es sind au Lehrerinuen darunter, darum gebrauhe ih diesen neutralen Ausdrud befinden sich nur noch 8 geborene Wallonen. Unter den Lehrern, welche deutshen Ur rungs sind, befinden si heute bereits 4 Lehrer, die erft das Französische lernen müssen, um dort Unterricht geben zu Éörinen, und diese 4 Lehrer sind heute noch nicht im Stande, Unter-

riht in französischer Sprache zu ertheilen. Also man mag wollen oder nicht, es wird sih ein ähnlicher Prozeß wie in anderen Grenz? bezirken, z. B. in den kleinen niederländischen Bezirken, die noch größer wie die Wallonie sind, vollziehen. Sie mögen den Prozeß aufhalten wollen oder nicht, er vollzieht sich mit einer gew sen Naturnoth- wendigkeit. Sämmtliche Geistlihe, welhe den Religionsunterricht und Katechumenen-Unterriht ertheilen, sind Deutshe von Geburt und extheilen den Unterriht auh überwtegend in der deutschen Sprace. Jn den mittleren und unteren Stufen wird der Unterricht in der Religion französisch ertheilt, auf der Oberstufe, wie ri@tig angeführt ist, deutsh. Aber, was doch auch Seitens der Katholiken {wer empfunden wird, der französishe Unterricht \chließt sich dem Lütticher Katehismus an. Ich glaube, auch vom Standpunkt des ernsten Katholiken ist das Verhältniß nicht erwünscht, daß ein anderer Katechismus gebraucht wird, als der Katehismus der Erzdiözese selbst,

Es war noch eine andere Erwägung, die auch von dem Herrn Vorredner gestreift ist, welche die Staatsregierung es ist das nicht eine einzelne Maßregel der Unterrichtsverwaltung, sondern sie ist im Soße der Staatsregierung erwogen worden, namentlih mit dem Herrn Minister der auswärtigen ngelegenhelten =— dahin geführt hat, in der Wallonie eine Aenderung durch Aufhebung des französischen Spraqcunterrihts durhzuführen. Im Großen und Ganzen gehen die Wallonen nah Belgien, und sie können nah Belgien gehen, weil ihnen die vreufisdan Schulen diejenigen Mittel, also den Gebrauh der französischen Sprache, an die Hand geben, um dort ihren Erwerb zu finden. Die Zahl der Wallonen, welhe nah Deutschland hineingehen, war früher eine sehr geringe, sie wird hoffentlich nah den Maßnahmen der Eisenbahn- verwaltung vom Jahre 188 eine größer werden; jedenfalls liegt es im allgemeinen Interesse, daß die Wollonen lieber in den deutschen Theilen ihr Fortkommen und ihre Entwickelung finden, als daß sie wie bis dahin zum größten Theil in Belgien Arbeit nehmen.

Das sind, meine Herren, die Erwägungen, die, wenn auh zum Theil außerhalb der unmittelbaren Schulverwaltung heruhend, doch dahin geführt haben, an dem Unterrichtssystem, welches seit einer Neilhe von Jahren in der Wallonie eingeführt i\t, festzuhalten. Jch fann damit \{chließen, womit ih angefangen habe: die Herren müssen sich immer gegenwärtig halten, daß es ih nicht um den Ausschluß der Muttersprache der Wallonen handelt, sondern um Leaogen des Französischen, und daß diese Sprache, welche früher Unterrichtsspräache war und später a er MEgegen wurde, im Wesentlichen eine fremde Sprache für die Wallonen ist, welche wie andere fremde Sprachen erlernt werden M Da erschien es als einfahe Konsequenz, daß man, wenn man eîne fremde Sprache in der Volkssck{ule lehren muß, seine Kraft auf das Deutsche fonzentrirt, |

Abg. Prinz Arenberg: Auf die Möglichkeit, den Religions- unterriht in der Muttersprache der wallonishen Bevölkerung zu ertheilen, sei der Minister gar nicht eingegangen. Für die anderen Gegenslände möge es schwer sein, geeignete wallonische Lehrer zu finden, flix den Neligionsunterricht seien in den Geistlichen die besten Kräfte] vorhanden, die das Wallonische, wenn sie es nicht hon verständen, sehr leiht lernen würden. Alle' Wallonen verständen außerdem sehr wohl französisch, wenn es nicht korrumpirt sei.

Abg. Rintelen: Was er in seiner Broschlire ausgeführt habe, habe der Minister neulih zu widerlegen versucht, troßdem der Abg. Stöcker in seiner Rede wesentlih Aehnliches gesagt habe, dem aber nicht widersprohen worden sei. Es könnten nicht staatliche Behörden entscheiden über rein kirhliche Fragen. Die Kirche müsse das Recht haben, die Lehrer abseyen zu fönnen, wenn diese den Religionsunterricht nicht angemessen ertheilten oder einen nit fkirchlihen Wandel führten. Jn Gegenden, die fkeine fatholishen Schulen hätten, ei es vorgekommen, daß fkatholische Kinder in den evan-

elishen Religionsunterriht geführt worden seien. Später ei dieses dann gane worden, wenn die Kinder freiwillig den evangelischen Religionsunterricht besuhten, und zuleßt erst sei eine Verfügung ergangen, daß nur mit Erlaubniß der Eltern dieses geschehen dürfe. Es frage fich nun, ob es auch angängig sei, daß den katholischen Kindern die evan elishen Lehr- und Gesangbücher in die LOO gegeben werden fönnten, in denen sich Stellen wie die folgenden fänden: „Erhalt uns, Herr, bei Deinem Wort und teur’ des Papsts und der Türken Mord“. Was würde man dazu sagen, wenn evangelische Kinder in katholishe Schulen gesteckt würden. Man würde das als eine Proselytenmacherei im Großen bezeihnen.

ra der geisilihen 2c. Angelegenheiten, Dr. von Goßler:

Meine Herren! Es sind drei Punkte, welche der geehrte Herr Vorredner angeführt hat und die eine Veranlaffung zu einer kurzen Erwiderung geben.

Die leßte Beshwerde, welche der geehrte Herr Vorredner vor- gebraht hat, betraf einen bypothetischen Fall, ob ein gewisses Buch in Schulen gebrau§t werden dürfte, in welhen si katholische Kinder befinden. Meine Herren, ih glaube, es würde jehr viel nüßliher sein, wenn bestimmt versichert werden fönnte, solhe Fälle lägen wirkliG vor. Ich bin ganz außer Stande, über einen solchen bhypothetishen Fall mi auszusprechen; ih halte es von vocnherein für unmögli, daß solhe Büter fatholishen Kindern in die Hände gegeben werden, oder gebraucht werden in Gegenwart fatholischer- Kinder. Aber die Dinge wären viel einfaher zu erörtern, wenn Sie mir sagen: der Fall ift vor- gekommen. Dann könnte ich tazu Stellung nebmen, vielleicht so- gleich, oder au auf Grund eines einzuziehenden Berichts.

Was den vorleßten Punkt betrifft, so bezog er sh, wenn ih recht verstanden habe, auf zwei Fälle, von denen aber der eine, wie der Herr Abgeordnete angab, auß fschon wieder erledigt worden ist. Abg. Rintelen: alle beide) Oder alle beide. Dann wäre es, glaube ib, richtiger, von vorne herein anzuerkennen, daß die böbere Unterrihtsbehörde eingeshritten ift, anstatt daß wir hier im Landtage uns vielleiht sharfe Sachen sagen. Im Allgemeinen, glaube i, ift es doh besser, gerechte Beschwerden werden in den unteren Instanzen aus der Welt gescbafft, als daß wir uns bier an der Hand prinzipieller Erörterungen über diese Fragen aussprehen. Die Stellung der Unterrihtsbehörde, wenigstens soweit meine Praxis in Frage kommt, ist auf diesem Gebiet eine ganz klare. Kinder, die zu einer anderen Konfession gehören als diejenige ift, für welche der Religionsunterriht in der Schule ertheilt wird, sollen im Prinzip nit an dem Unterri(t theilnehmen. Nur dann, wenn die Eltern es ausdrüdcklich verlangen, werden sie zugelassen. Also sollte ein- mal eine Verfügung umgekehrt erlassen sein, at die Kinder der Minorität aus dem Religionsunterriht der Mehrheit erst auf Antrag heraus- genommen werden sollen, dann balte ih die Verfügung für positiv fals, und es \sheint au, wie ih gebört habe, in der Provinzialinstanz Remedur eingetreten zu sein. Jch darf daran erinnern, f wir diese Frage vor zwei oder drei Jahren sehr eingehend erörtert haben, und gerade um Schuh der Minoritäten und ih kann versichern, ih habe die

achweisung zur Hand, au wesentlich zum Schutz der katholischen Minderheiten —, ist von mir ein Fonds von 30 M erbeten und

au von Ihnen bewilligt worden, um der konfessionellen Minorität von Kindern in den Volks\{hulen den Religionsunterricht zu gewähren, Denn die Gesetzgebung liegt niht so, daß wir jetzt die Sculgemeinden überall zwingen könnten, diesen kleinen Minoritäten einen Neligions- unterricht uhnwandey, Will man die Kinder der kleinen Minorität den Geistlichen der betreffenden Religionsgemeinschaft überlassen, so h die Verhältnisse häufig shwieriger als man si in der Theorie onstruirt, Die betreffenden kirchlichen Sprengel sind vielfach sebr roß und die Geistlichen sind außer Stande, diese kleinen ‘inder vielleicht in. den Mittelpunkt ihres Dekanats oder größeren Bezirks zu einer Klasse zu vereinigen, Also man muß immer versuhen, den Kindern nachzugehen, nicht die Kinder kommen zu lassen, Jch glaube, daß mit Hülfe der er- wähnten Fonds dur ein O Zusammenfassen der Kinder oder durch Snedtuna eines anderunterrichts, welchen ein Lehrer der konfessionellen Minderheit ertheilt, von der Unterrihtsverwaltung da- für Sorge getroffen ist, daß die Beängstigungen einer großen Zahl von Eltern über die mangelnde religiöse Unterweisung ihrer Kinder wird gemindert worden sein,

Was den ersten Punkt betrifft, so habe ich zu meiner Freude aus den Aeußerungen des Herrn Vorredners entnommen daß er mir nit etwa yorwirft, falsch citirt zu haben, Die Ausführungen, welche Hr. Rintelen an die, von mir gelegentlich der Berathung des Windthorst'\hen Antrages citirte Stelle seines Buches geknüpft hat, haben wohl eine weitergehende Bedeutung, als ich hier heute gern erörtern möchte. Was mich tazu bewog, auf die Stelle in tem be- kannten Buch zurüc{zugehen, war , das in der Rede, mit welcher der Hr. Abg. Dr, Windthorst seinen Antrag begründete, an verschie- denen Stellen den fatholishen Lehrern in sehr freundlicher und wohl- wollender Weise die Versicherung gegeben wurde, es feien die Be- fürchtungen, welche die Lehrer vielsah gegenüber ver Ne, 1 des Windthorst'shen Antrages ergriffen hatten, niht fo gearfiribdt als es vielleicht schien. Es if namentli eine Stelle, rie f in der ersten Spalte auf Seite 621 des stenographischen Berichts be- findet, die ich in einem Sinne habe auslegen und auf Srun® veten ih habe annehmen dürfen, daß der Hr. Abg. Dr, WiritaAhorft lange nicht so weit ging in den Folgerungen und Konsequenzen cines An- trages, als sie in der von mir citirten Stelle in vem Buche des Herrn Vorredners gezogen sin), Im Les fehlt es wohl an ciner prafti- schen Beranlassung bei der heutigen Gelegenheit, fich barliber zu vertiefen, ob die mildere Anschauung des Hrn, Dr. Windthorst bie bered;tigte ist oder die etwas strengere des Hrn, Abg. Rintelen, Ich glaube, daß ich in der friedlihen Stimmung, in der ih mich vor aht Tagen befunden habe, au heute verweilen fann Ich habe bie Hoffnung, daß die strengen Konsequenzen ven katholischen Lehrern gegenüber ni gezogen werben,

Abg. Knörefe: Die Gehälter der Lehrer und Hülfslehrer an den Seminarien ‘entsprächen nicht dec Beveutung und den Anforderungen dieses Amtes, Der Kultus-Minister habe im vorigen Jahre erklärt, daß er nah der Lage der Finanzen Geg nicht im Stande sei, die Wünsche auf Erhöhung dieser Gehälter zu erfüllen, Da die Finanzlage fich inzwischen gebessert habe, so habe er erwartet, daß der Minister jegzt dazu Gelegenheit finden werde. Die orbentlicen Seminar würden aus den bewährteften undtüchtigsten Lehrern ausgewählt; ihr Gehalt entsprehe nicht vem gleicher C: das Aufrlicen derselben sei mit E enge de po verbunbven, namentlich weil ihnen von außen her Kollegen eingeschoben würden. Er wolle niht über das Minimalgehalt von 1700 M. sprechen, aber das Maximalgehalt von, 2700 M genüge jeden- falls niht. Noch shlimmer stehe es mit den Hülfslehrecn, an welhe im Uebrigen die gleihen Anforderungen gestellt würden, Während alle ( G ter erhöht worden seien, habe man die Oa herabgedoüct; sie hätten früher Dans 1620 M betragen, jeßt nux 1200 M, Bei dieser niedrigen Gehaltsstuse blieben sie 10 bis 12 Fahre stehen. Nachdem im gegenwär gen Etat wenigstens etwas, wenn auch nicht viel für die Volkzschullehrer geschehen sei, müsse endlih auch für die Seminarlehrer etwas gethan werden; namentlich vie Hülfslehrer sollten wenigstens den sogenannten zweiten Lehrern an den Präparandenanstalten gleichgestellt werden.

Abg. Melbeck {loß fih diesen Wünschen an mit dem Hinweis, daß diese Lehrer bei einem Durchschnittsgehalt von 2200 M. na ihrer gesellshaftlihen und amtlihen Stellung nit standesgemäß leben fönnten.

Abg. Lubrecht: Der Gesang, den der Abg. Rintelen an- geführt habe, sei aus der NReformationszeit zu uns gekommen und in den neueren Gesangbüchern bereits volllommen ge- ändert. Die betreffende Stelle laute jeßt: „Erhalt uns Herr bei Deinem Wort und s\teure Deiner Feinde Mord“, Katho- S Bücher, welche in die Hände evangelischer Kinder kämen, z. B. der Katechismus, enthielten Dinge, die für die Leßteren viel verletzender seien.

Abg. Knörcke: Zu seinem lebhaften Bedauern habe weder der Minister noch ein Kommissar auf seine wohlbegründeten Klagen irgend etwas erwidert. Er wolle daraus nicht den Schluß ziehen, daß der Minister für die Nothlage der Se- minarlehrer kein Herz habe, sondern vielmehr, daß er diesen Beschwerden Abhülfe schaffen werde.

Der Titel wurde bewilligt. :

Bei den Tit. 22a—26 „Schulaufsicht“ erklärte der Abg- Letocha, daß seine politischen Freunde wie in früheren Jahren, so auch dieses Mal gegen alle Forderungen für die Schul- aufsiht, namentlih gegen die für die Schulinspektion stimmen würden, weil dieses kostspielige Jnstitut zu dem Zweck ge- schaffen sei, die fathotischen Geistlihen aus der Kreis\hulinspektion zu verdrängen, obgleih dieselben diese niht gegen Gehalt, sondern nur in E ihrer priesterlihen Pflicht, und zwar mit besonderer Umsicht, ausgeübt hätten, wie es bis heute noch die evangelischen Superintendenten im Nebenamt thäten. Diese Ausschließun der katholischen Geistlichen aus der Schulinspektion, namentli der Kreis-Schulinspektion, dauere auch heute nat der angeb- lihen Beendigung des Kulturkampfes speziell in Oberiezlesien troy der verfassungsmäßig garantirten Parität, noch fort. Deshalb sei es dem Centrum auch heute niht möglih, für diese tegen zu stimmen.

vg. Sack: Die Geistlihen in evangelischen Landesthei-

len, welche im Nebenamt Kreis-Schulinspektoren seien, früher für die mühevolle und verantwortlihe Verwaltung dieses Ehrenamts Ge am Schluß des Rechnungsjahres aus der Regierungs-Hauptkasse eine kleine Remuneration von M, je na der Anzahl der revidirten