1889 / 69 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 19 Mar 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Mitbenußzung von Rüstungen. Die von dem Unternehmer Fergestellten Ihres Bestehens auch anderen Bauhandwerkern unentgelt nußung zu überlassen. Aenderungen an den

i

zunehmen ist der Unternehmer nicht verpflichtet.

11 Beobachtung polizeili 6e Vorschriften. Haftung des

Unternehmers für seine Angestellten 2c.

Für die Befolgung der für Bauausführungen bestehenden polizei- lien Vorschriften und der etwa besonders ergehenden polizeilichen

Anordnungen ift der Unternehmer für den panien Umfang seiner ver- trag8mäßigen Verpflichtungen verantwortlich. Kosten, welche ihm dadur erwadsen, können der Staatskasse gegenüber nit in Rech- nung gestellt werden.

Der Unternehmer trägt insbesondere die Verantwortung für die gehörige Stärke und sonstige Tüchtigkeit der Rüstungen. Dieser Ver- antwortung unbeschadet ist er aber auch verpflihtet, eine von dem bauleitenden Beamten üngeordnete Ergänzung und Verstärkung der Rüstungen unverzüglih und auf eigene Kosten zu bewirken.

Für alle Ansprüche, die wegen einer ihm selbst: oder seinen Be- vollmächtigten, Gehülfen oder Arbeitern zur Last fallenden Vernach- lässigung polizeiliher Vorschriften an die Verwaltung erhoben werden, hat der Unternehmer in jeder Hinsiht aufzukommen.

Ueberhaupt haftet er in Ausführung des Vertrages für alle Handlungen seiner Bevollmächtigten, Gehülfen und Arbeiter persönli. Gr hat insbesondere jeden Schaden an Person oder Eigenthum zu vertreten, welher durch ihn oder seine Organe Dritten oder der Staatskasse zugefügt wird. 8. 19

Aufmessungen während des Baues und Abnahme. Der bauleitende Beamte if berechtigt, zu verlangen, daß über

alle später niht mehr nachzumessenden Arbeiten von den beiderseits zu Lun Beauftragten während der Ausführung gegenseitig anzu- erkennende Notizen geführt werden, welhe demnächst der Berehnung zu Grunde zu legen sind. : Von der Vollendung der Arbeiten oder Lieferungen hat der Unternehmer dem bauleitenden Beamten dur eingeschriebenen Brief Anzeige zu machen, worauf der Termin für die Abnahme mit thun- lihster Beschleunigung anberaumt und dem Unternehmer \chriftlih egen Behändigungs\chein oder mittelst eingeshriebenen Briefes be- annt gegeben wird. Ueber die Annahme wird in der Regel eine Verhandlung auf- ren auf Verlangen des Unternehmers muß dies geschehen. ie Verhandlung ist von dem Unternehmer bezw. dem für denselben etwa erschienenen Stellvertreter mit zu vollziehen. Von der über die Abnahme aufgenommenen Verhandlung wird

dem Unternehmer auf Verlangen beglaubigte Abschrift mitgetheilt. Erscheint in dem zur Abnahme anberaumten Termin gehöriger Benachrichtigung ungeachtet weder der Unternehmer selbs noch ein Bevollmäthtigter desfelben, so gelten die durch die Organe der bau- as Behörden bewirkten Aufnahmen, Notirungen 2c. als an- annt. Auf die Feststellung des yon dem Unternehmer Geleisteten im Falle der Arbeitsentziehung (§. 9) finden diese Bestimmungen gleih- mäßige Anwendung. Müssen Theillieferungen sofort nach ihrer Anlieferung abge- nommen worden, so bedarf es einer besonderen Benachrichtigung des Unternehmers hiervon nicht, vielmehr ist es Sale desselben, für seine Anwesenheit oder Vertretung bei der Abnahme Sorge zu tragen.

8, 13. : Rechnungsaufstellung. Bezüglich der formellen Aufstellung der Rehnung, welche in der orm, Ausdrucksweise, Bezeichnung der Bautheile resp. Räume und eibenfolge der Positionsnummern genau nach dem Verdingungs- Anschlag einzurihten ist, hat der Unternehmer den von der bau- leitenden Behörde, bezw. dem bauleitenden Beamten gestellten An- forderungen zu entsprechen. j Etwaige Mehrarbeiten sind in besonderer Rechnung nachzuweisen, unter deutlihem Hinweis auf die schriftlihen Vereinbarungen, welche bezüglich derselben getroffen worden sind.

Tagelohnrechnungen.

Werden im Auftrage des bauleitenden Beamten Seitens des Unternehmers Arbeiten im Tagelohn ausgeführt, so ist die Liste der hierbei beschäftigten Arbeiter dem bauleitenden Beamten oder dessen Ver- treter bebufs Prüfung ihrer Richtigkeit täglih vorzulegen. Etwaige Ausstellungen dagegen sind dem Unternehmer binnen längstens 8 Tagen mitzutheilen.

ie Tagelohnsrechnungen sind längstens von 2 zu 2 Wohhen dem bauleitenden Beamten A eiten,

ahlungen.

__Die Séhlufzahlung ia auf die vom Unternehmer einzu- reihende Kostenrehnung alsbald nach vollendeter Prüfung und Fest- stellung derselben.

_Abschlagszahlungen werden dem Unternehmer in angemessenen Fristen auf Antrag nach Maßgabe des jeweilig Geleisteten bis zu der es dem bauleitenden Beamten mit Sicherheit vertretbaren Höhe gewährt.

_ Bleiben bei der S{lußabrehnung Meinungsverschiedenheiten ¿wischen dem bauleitenden Beamten oder der bauleitenden Behörde und dem Unternehmer bestehen, so soll das dem Leßteren unbestritten zustehende Guthaben demselben gleichwohl nicht vorenthalten werden.

Verzicht auf spätere Geltendma@ung aller nicht aus- drücklich vorbehaltenen Ansprüche.

Vor Empfangnahme des von dem bauleitenden Beamten oder der bauleitenden Behörde als Restguthaben zur Auszahlung an- gebotenen Betrages muß der Unternehmer alle Ansprüche, welche er aus dem Vertragsverhältniß über die behördlicher]eits anerkannten hinaus etwa noch zu baben vermeint, bestimmt bezeihnen und sich vorbehalten, widrigenfalls die Geltendmachung dieser Ansprüche später

ausgesch{lofsen ift. Pabtende Kasse. Alle Zablungen erfo gen, sofern nicht in den besonderen Bedin-

gungen etwas Anderes festgeseßt ist, auf der Kasse der bauleitenden Behörde. l

1 : Gewäßriöiftung.

Die in den besonderen Bedingungen des Vertrags vorgesehene, in Ermangelung folher nah den allgemeinen geseglihen Vorschriften ih bestimmende, Frist für die dem fHaterncber obliegende Gewähr- leistung für die Güte der Arbeit oder der Materialien beginnt mit dem BEPUE der Abnahme der Arbeit oder Lieferung.

er Einwand nit rehtzeitiger Anzeige von Mängeln gelieferter ‘Waaren (Art. 347 des Handelsge es) ist niht statthaft.

, Sicherheitsstellung. Bürgen. Bürgen haben als Selbstshuldner in den Vertrag mit einzutreten. Kautionen.

Kautionen können in baarem Gelde oder guten Werthpapieren oder ficheren gezogenen Wechseln oder Sparkassenbüchern bestellt werden.

Die Schuldverschreibungen, welche von dem Deutschen Reiche oder von einem deutshen Bundesftaate antgetent oder garantirt sind, sowie die Stamm- und Stamm-Prioritäts-Aktien und die Prioritäts- Obligationen derjenigen Eisenbahnen, deren Erwerb dur den preußi- \{en Staat geseplih genehmigt isl werden zum vollen Courswerthe als Kaution angenommen. e übrigen bei der deutshen Reichsbank baren Effekten werden zu dem daselbst beleihbaren Bruchtheil des Courswerthes als Kaution angenommen. /

Die M einer in Werthpapieren bestellten Kaution kann

alls in Folge eines Coursrückganges der Cours-

ngen r während

ch zur Be- \stungen im Înterefse der bequemeren Benußung Seitens der übrigen Bauhandwerker vor-

Baar bintezlegte Kautionen werden nit verzinst. Zinstragenden Werthpapieren \in

wird Peauilgen. Veräu erung der Werthpapiere zur Deckung entstandener Verbindlih- keiten in Aussicht genommen werden muß, an den Fälligkeitsterminen dem Unternehmer ausgehändigt. Für den Umtaus Einlösung und den Ersay ausgelooster Werthpapiere scwie den Ersaß abgelaufener Wechsel hat der Unternehmer zu sorgen.

alls der Unternehmer in irgend einer Beilehung seinen Verbind- lihkeiten niht nachkommt, kann die Behörde zu ihrer Schadloshaltung auf dem ehifaGien geseplich zulässigen Wege die hinterlegten Werth- papiere un echsel veräußern bezw. einkassiren.

Die Rückgabe der Kaution, soweit dieselbe für Verbindlichkeiten des Unternehmers nicht in Anspruch zu nehmen ist, erfolgt, nahdem der Unternehmer die ihm obliegenden Verpflichtungen voll- ständig erfüllt hat, und insoweit die Kaution zur Sicherung der Garantieverpflihtung dient, nachdem die Garantiezeit abgelaufen ist. In Ermangelung anderweiter Verabredung gilt als bedungen, daß die Kaution in yanzer Höhe zur Deckung der Garantieverbindlichkeit ein- zubehalten ist. 8 17

Uebertragbarkeit des Vertrages.

Ohne Genetmamns der bauleitenden Behörde darf der Unter- nevmte seine vertragsmäßigen Verpflichtungen niht auf Andere über- ragen. Verfällt der Unternehmer vor Erfüllung des Vertrages in Kon- kurs, so ist die bauleitende Behörde berechtigt, den Vertrag mit dem Tage der Konkurs-Eröffnung aufzuheben. Bezüglich der in diesem Falle zu gewährenden Vergütung sowie

der Gewährung von Abschlagszahlungen finden die Bestimmungen des §8. 9 sinngemäße Anwendung. Für den Fall, daß der Unternehmer mit Tode abgehen sollte, bevor der Vertrag vollständig erfüllt ist, hat die bauleitende Behörde die Wahl, ob sie das Vextragsverhältniß mit den Erben desselben fortseßen oder dasselbe als aufgelöst betraten will.

S. 18. Gerichtsstand. Für die aus diesem Vertrage entspringenden Rechtsstreitigkeiten hat der Unternehmer unbeschadet der im §. 19 vorgesehenen Zu- ständigkeit eines Schied8gerihts bei dem für den Ort der Bau- ausführung zuständigen Gerihte Recht zu nehmen.

8. 19, Schiedsgericht. Streitigkeiten über die durch den Vertrag begründeten Rechte und flihten, sowie über die Ausführung des Vertrages sind, wenn die Beilegung im Wege der Verhandlung zwischen den bauleitenden Be- amten und dem Unternehmer nicht gelingen sollte, zunächst der bau- [leitenden Behörde zur Entscheidung vorzulegen. Gegen die Entscheidung dieser Behörde wird die Anrufung eines Sciedsgerihts zugelassen. Die Fortführung der Bauarbeiten nah Maßgabe der von der bauleitenden Behörde getroffenen Anordnungen darf hierdurch nicht aufgehalten werden. Hür die Bildung des Schiedegerihts und das Verfahren vor demselben kommen die Vorschriften der Deutschen Civilprozeß- ordnung vom 30, Januar 1877 88. 851—872 in Anwendung. Bezüg- lich der Ernennung der Schiedsrichter sind abweichende, in den besonderen Vertragsbedingungen getroffene, Bestimmungen in erster Reihe maßgebend. Falls die Schiedsrichter den Parteien anzeigen, daß ih unter ihnen Stimmengleichheit ergeben. habe, wird das Schiedsgericht dur einen Obmann ergänzt. Die Ernenung desselben erfolgt mangels anderweiter Festseßung in den besonderen Bedingungen durch den Präsidenten oder Vorsißenden einer benachbarten Provinzialbehörde desjenigen Verwaltungszweiges, welchem die vertragshließende Be- hörde angehört. Veber die Tragung der Kosten des \hiedsrihterlihen Verfahrens entsheidet das Schiedsgericht nah billigem Ermessen.

8, 20. | Kosten und Stempel. Briefe und en welche den Abschluß und die Ausführung des Vertrages betreffen, werden beiderseits frankirt. ___ Die Portokoften für solhe Geld- und sonstige Sendungen, welche im aus\shließlihen Interesse des Unternehmers erfolgen, trägt der Lettere. Die Kosten des Vertragsstempels trägt der Uternehmer nah Maßgabe der gese en Bestimmungen. Die übrigen Kosten des Vertragsab\{lusses fallen jedem Theile zur Hälfte zur Last. Es Bedingungen werden hiermit öffentli bekannt gemacht. Berlin, den 9 März 1889. Königliche Ministerial-Baukommission. Kayser.

Nichtamtliches.

Berlin, 19. März. Jn der gestrigen (37.) Sizung des Hauses der Abgeordneten ergriff im weiteren Verlauf der Berathung des Gesezentwurfs, betreffend die Theilung des Regierungsbezirks A g, der Minister des Jnnern, Herrfurth, das ort:

Wenn der Hr. Abg. Christophersen in einem gewissen Gegensaß zu seinen beiden Herren Vorrednern ausgeführt hat, daß dur das neuerdings erfolgte Votum des Provinzial-Landtages eine Aenderung in der Sache überhaupt nit eingetreten sei, so kann ih ihm darin bis zu einem gewissen Maße beitreten, aber nur bis zu einem ge- wissen Maße. Unverändert ist allerdings die Sache für die Königliche Staatsregierung. Die Königliche Staatsregierung hat, bevor sie diese Vorlage hier einbrahte, sowohl dur eine frühere Aeußerung des Provinzial-Landtages aus dem Jahre 1882 als au dur die Anhörung der Vertrauensmänner aus der Provinz \ih dar- über vergewissert, daß in der Provinz selbs von der Mehrzahl der Bewohner das Theilungsprojekt in sympathisher Weise aufgenommen werden würde, daß die Bedenken, welhe in der ersten Lesung hier o dasselbe erhoben worden find, der inneren Begründung ent- ehren.

Ebenso unverändert i, glaube ih, durch dieses Votum die Stellung derjenigen Mitglieder dieses Hauses, welhe, wie der Hr. Abg. Rickert und seine näheren Freunde erklärt haben: hier ist eine Regierungsvorlage, die wir ablehnen wollen; mag der Provinzial- Landtag Ja oder Nein sagen, wir lehnen die Vorlage ab. Und in der siheren Erwartung, daß er mit dieser Ablehnung hier im Hause au durhdringen werde, hat er zu Anfang der Sißung mir gegenüber privatim der edelsten Freude des Menschenlebens, der Scadenfreude, einen recht beredten Ausdruck gegeben. Meine Herren, wesentlih verändert ist aber die Sachlage für alle Diejenigen, welche für Anhôrung des Provinzial-Landtages, und zwar, sei es des neuen oder des alten, hier gestimmt haben. Ih will dabei allerdings Die- jenigen ausnehmen, welhe gewissermaßen die Anhörung des neuen rovinzial-Landtages nur als einen Vorwand benußt haben, um die heilungsfrage für diese Session zu beseitigen; sie wären ihrerseits gewiß bereit gewesen, wenn der Landtag „Nein“ gesagt hätte, die er- euchtete Weisheit der Provinzialvertretung zu preisen, während sie j t, nahdem er „Ja* gesagt, das Votum derselben pro nikbilo an- ehen. Meine Herren, diese Herren, die recht gut wissen, daß allerdings die Theilung erschwert wird, wenn sie auf ein Jahr verschoben wird, weil sie ¿weckmäßiger Weise mit der Einführung der neuen Verwaltun sgeseze

Preußen.

Berit be e beil Et net theil des Katiion 167 mebr Bein et! {ür den Betrag der

- .

die Talons und Zinsscheine, insoweit bezüglich der leßteren in den besonderen Bedingungen nicht etwas Anderes bestimmt Die Zinsscheine werden so lange, als niht eine

der Talons, die

hätte aber den dringenden Wunsch, daß sie diesen Vorwand fich auf einem anderen Wege suchen, als in den Angriffen gegen die Un- CORRg ente des jeßigen Provinzial-Landtages und in Angriffen gegen die Werthshäßung seines Votums. Meine Herren, der Provinzial Laudtag, welcher mit einer großen Mojorität \sich für das Projekt erklärt hat, hat während 21 Jahren in mustergültiger an die Verwaltung in D n Angelegenheiten geführt und die Vertretung der Provinz bewirkt. Ihm gehören die Namen von bestem Klange in der Provin an, Männer, die unbestritten in allen Angelegenheiten der Provinz die höchste Autorität besißen. und ih möGte niht wünschen, daß deswegen, weil die Herren ein Votum abgegeben Haben welhes einem Theile der Aa guorbnelan aus Tue Provinz nicht gefällt, sie nun hier in einer Weise angegriffen werden, wie es namentlich Seitens des leßten Herrn Vorredners mit gesehen ist,

Meine A wesentlich verändert ist die Sachlage für alle Diejenigen, sage: ih, die für eine Anhörung des neuen oder des alten E ernsthaft gestimmt haben, und ih glaube das Votum aller Derjenigen, die für diese Befragung gestimmt haben wird dur den Ausfall dieses Votums sehr wesentlid beeinflußt worden sein. Inwieweit dies au der e: ist bei der Fraktion dez Hrn. von Meyer (Arnswalde), das weiß ih allerdings niht. Denn derselbe hat damals erklärt: ein provinzialständischer Landtag hat für mi nur dann Werth, wenn er mit F Majorität beschließt. Nun hat der jeßige mit einer Majorität von über 60 9/6 beschlossen es fehlen ihm ungefähr 6% für diese Majorität —; inwieweit das für sein e lassen. Meine Herren, ich will ja in keiner Weise irgendwie A Behauptung hinstellen, als ob das Votum des Provinzial-Landtages Daa bindend sei für dieses hohe A Natürlich liegt die \{ließlihe Entscheidung in den beiden Häusern des Landtages, und diese sind in dieser ihrer Entscheidung voll ständig frei; aber diese ganze Theilungsvorlage hat doch zwei Seiten, eine allgemeine prunete administrativ-politishe, und eine provinzielle lokale. Jn

etreff der lehteren ist meines Erachtens durch die Entscheidung des Provinzial-Landtages allerdings nun jeder Zweifel hinfüro beseitigt, und ich will ganz offen sagen, ich fene mich dessen; denn meines Erachtens ist es nit besonders erwünsht, wenn Angelegenheiten von vorwiegend lokaler Bedeutung hier im Plenum deg Hauses zu so eingehender Erörterung gelangen. Es ist bei diesen lokalen Interessen, die sich sehr häufig au mit persönlichen unbe- wußt verquicken, gar zu leiht der Fall, daß die Kleinheit der maß- gebenden Beweggründe dann durch große Redewendungen verhüllt oder aufgebausht wird.

Meine Herren, die Debatten über diese Frage haben in mir eine parlamentarische Jugenderinnerung wachgerufen, an welche die älteren Mitglieder dieses Hauses au nur mit einem leisen Grauen zurückdenken werden; es ist das die alte Seeschlange Ober- bonsfeld— Märkis- Langenberg. Meine Herren, wer sh der damaligen Debatten noch erinnert, der weiß, wie eine Ange- legenheit von rein lokaler Bedeutung denn ihre prinzipielle {teht hinter der der jeßigen Vorlage noch ganz wesentlich zurück in einer Weise die Langmuth des Hauses in Anspru genommen hat, die wahrlich nit dazu gedient hat, das Ansehen der Volksvertretung im Lande zu erhöhen. :

Meine Herren! Ich meine, nachdem dieser Provinzial-Landtag mit einer solchen Majorität sich für die Theilung ausgesprochen hat, können Sie die Frage der lokalen Interessen für leiht ansehen.

Was nun aber die allgemeine administrativ-politishe Bedeutung dieser Angekegenheit anlangt, so haben Sie aus dem kompetentesten Munde, aus dem Munde eines früheren Regierungs-Präsidenten und eines früheren Ober-Präsidenten der Provinz, hier die vollste Be- stätigung dessen gehört, was in den Motiven, was in dem Bericht aus- geführt ist, und was in der ersten Lesung von dieser Stelle aus, wie auch von den Anhängern der Theilungsvorlage dargelegt worden ist, und i glaube, es ist wahrhaftig nicht nöthig, daß wan in dieser Be- ziehung noch etwas binzufügt.

Meine Herren, es hat auch bereits von dieser Seite aus eine Widerlegung stattgefunden der, wie ich wohl annehmen darf, etwas humoristischen Berechnung des Hrn. Abg. von Meyer aeaen über das Arbeitspensum der Regierungs-Räthe. Wir wissen ja von dem geehrten Herrn aus seinem eigenen Munde, daß er als Referen- darius bei ciner R unter der Leitung eines alten Herrn mit einer Pontac-Nase sehr nußbringende Lehren für die Verwaltung und sehr shäßbare Grundsätze gelernt hat; aber ih glaube, es ist doh etwas sehr lange her, daß er von der Geshäftsverwaltung bei der Regierung näheren Einblick gewonnen hat, wenn er derartige Berechnungen ernstlich hat aufstellen wollen. Meine Herren mit den Nummern is absolut nicht zu rechnen, und ich möchte namentlich den Hrn. Abg. von Meyer (Arnswalde) davor warnen; sonst könnte es eines {chönen Tages kommen, daß er uns vorrehnete : das ganze Ober-Verwaltungsgeriht hat nur ungefähr 4000 Nummern zu bearbeiten ; ein junger, tüchtiger, geschäftskundiger Landrath in einem nit zu großen Kreise muß das doch ganz bequem alsNeben- arbeit abmacen können.

Meine Herren, ich möchte einen Punkt hervorheben, der bis jeßt no nit berührt worden ist. Kiel ist der Sig. der obersten Ma- rinebehörde und hoher Militärbehörden; es residirt dort ein Prinz unseres Königlichen Hauses, und cs wird dort voraussihtlich immer ein Prinzlicher Hofhalt bleiben; Kiel ist jeßt hon der Mittelpunkt des kommerziellen Verkehrs der Provinz und nah der Vollendung des Nord- Ostseekanals wird es einMittelpunnkt desWeltverke hrs werden. Nun meine ih, ist es doch nit ganz zulässig, daß dort die Civil- verwaltung unmittélbar überhaupt ide, mittelbar nur durch den Bürgermeister vertreten ist, und es ist das auch ein Vor- theil der neuen Organisation, daß wir durch die Regierungsvorlage in Kiel die Vertretung durch einen Regierungs- Präsidenten erhalten. Meine Herren, ih möchte noch ein Argument berühren, weil das wiederholt von Hrn. von Kardorff und Hrn. Christophersen als das Ale oene hingestellt worden ist, die Behauptung nämlich, daß die Abstimmung heute eine präjudizielle sei, daß, wer die Theilung von Schleswig bewillige, sich dem nicht entziehen könne, die Theilung von cinem Halbdußend Regierungsbezirke bewilligen zu müssen, ja, daß er gewi R an die Staatsregierung die Aufforderung richte, mit solchen Theilungen vorzugehen. Meine Herren, nahdem dies be- reits in der ersten Lesung ausdrücklich von diesem Tische aus in Abrede ge- stellt worden ist, nahdem entgegengeseßte Erklärungen in dem \christ- lichen Bericht Aufnahme gefunden haben, können Sie, glaube i, bona fide mit diesem Argument niht mehr operiren. Es ift ja in dieser Beziehung hon von dem Herrn Vize-Präsidenten des Staats- Ministeriums der Standpunkt der Regierung vollständig klar gelegt worden. Die Staatsregierung behandelt ihrerseits atis einzelnen Fall na seinen eigenen Bedürfnissen und sie zieht ihrerseits aus einem zustimmenden Votum des Hauses kein Präjudiz. Aber, meine Herren, wenn Sie Jhrerseits durchaus dabei verbleiben, diese Abstimmung sei präjudizieller Natur, dann müssen Sie Jhr negatives Urtheil auch für präjudizieU erahten, und dann möhte ich namentlih die Herren zu meiner Rechten, aus Hannover, doch einmal darauf hinweisen, welche präjudizielle Bedeutung ein solches ne ga“

tives Votum für je hat. n Hannover hat ungefähr

den doppelten Flächeninhalt und nicht ganz die doppelte Seelenzabl

der Provinz Schleswig; wenn nun für die Provinz Schleswig

nach Ihrer Ansiht eine Regierung vollständig genügt, so sind Sie

doh auch wohl der Ansicht, daß für die Provinz Pannover zwei

Regierungen vollständig ausreihen? Und Sie richten an die König-

lihe Staatsregierung die Aufforderung, von diesen sechs Re-

gierungen, die dort vorhanden sind, vier zu beseitigen und

namentlich die Regierung in der Stadt Hannover, denn die Stadt

Hannover hat ungefähr für die dortige Provinz dieselbe Be-

deutung, wie Kie sfr die Provinz Schleswig - Holstein, und

wenn Sie in Kiel keine Nedlerung wollen, dann ift es doch au

wohl richtig, daß die terungen n Hannover und Hildesheim be-

seitigt und mit der ge n Lüneburg vereinigt werden.

Meine Herren, ih möchte die Debatte niht weiter verlängern;

ih möhte nur die Ueberzeugung aussprehen, daß, wenn Sie

Votum eine erren, sein wird, das will ih dahingestellt

nur in Verbindung gebracht werden kann, werden eßt na einem neen Vorwand für ihr ablehnendes Votum um en Mün, \ Ich

die Theilung durchführen, und wenn erst die Unbequemlichkeit,

beraangs\stadium mit \ich führt, überwunden sein wird, die s ne cgangasia und die Vortheile dieser Maßregel in ganz ngeahnter Weise wohl von allen Seiten geltend machen werden. Meine rren, ih gebe zu, daß jeßl wohl namentlich in der Stadt Schleêwig und in den nördlihen Theilen diese Thei- lung s{merilid empfunden wird, aber während von einer Seite es shmerzlich empfunden wird, so wird es do von der anderen Seite wieder mit Freuden begrüßt, und wenn Sie nur erst die Thei- lung durchgeführt haben, dann werden Sie siher auch die Wahrheit des Wortes erfahren, daß getheilter Shmerz nur halber S(merz, getheilte Freude aber doppelie Freude ist. : Abg. von Tiedemann (Labischin): Es habe den Anschein haben können, als ob der Abg. von Kardorff Namens der reikonservativen gesprochen habe, das sei nicht der Fall. Der bg. von Kardorff nehme seine Legitimation für Beurtheilung der Frage aus der Angehörigkeit einiger seiner Familien- mitglieder zu Dänemark, daraus wolle derselbe ein Urtheil über die dortigen Verhältnisse entnehmen. Er (Redner) sei in der Provinz geboren und sei 6 pas in Schleswig Regierungsbeamter ewesen. Als er sih nach dieser eit hier in Berlin beim Mini ter Grafen Eulenburg gemeldet habe, habe dieser ihn nah in Meinung über die Theilung der Regierung in Schleswig gefragt, und als er sih für dieselbe ausgesprochen, gesagt : „Seltsam, daß doch Alle, die von der Verwaltung etwas verstehen, für die Theilung sind, und alle Anderen dagegen.“ Bis zum Jahre 1875 sei die Stimmung in Séleswig überhaupt gegen die eine Regierung gewesen, später aber habe man geglaubt, daß das - Experiment mit der Vereinigung gelungen sei, er meine aber, das Experiment sei mißlungen. Mit dem Moment der Einführung der Provinzialordnung sei die Verwaltung der Provinz durch einen Ober-Präsidenten unmöglih geworden. Seit 20 Jahren hätten sih die Geschäfte des Ober-Präsidenten um 40 Prozent vermehrt. Die Nummern der Aktenstücke seien für die Geschäfte niht maßgebend, sie gäben kein klares Bild über die Geschäststhätigkeit des Präsi- denten. Gewissenhaft ließen ih jo umfangreiche Geschäfte nit bewältigen. Die Arbeit konzentrire sih dann um den grünen Tisch, die nothwendige Fühlung mit der Bevölkerung gehe verloren. Er {ließe mit dem Wunsche, daß das Haus, emäß dem Votum des Provinzial-Landtages, für die Theilung fimmen möge zum Segen der Provinz. A i Abg. Rickert: Wenn auch die Regierung für jest keine Konsequenzen aus dem Entwurfe ziehe, so würden sich die- selben von selbst einstellen, und die Regierung würde sih ihnen gar niht widerseßen können. Es handele sich um ein großes Selbstverwaltungsprinzip, welches mit Recht die Ge- müther mehr bewege, als andere Dinge. Er freue sich, daß er die Rede seines langjährigen Gegners, des Abg. von Kar- dorff, heute mit Beifall habe begrüßen können. Die Motive, die den Abg. von Kardorff gegen das Geseß hätten \prechen lassen, seien dieselben, welche bei Einführung der Selbstverwaltung maß- gebend gewesen seien. Nicht weil es eine Regierungsvorlage sei, seien seine Freunde gegen den Entwurf, sondern weil er eine N e Vorlage sei. Die Verantwortung für das Geseß habe das Haus, niht der Provinzial-Landtag, folglich könne das Haus sih bei dem Votum des leßteren niht ohne Weiteres beruhigen. Autoritäten, wie die des Ministers von Boettiher dürften das Gewissen des Hauses niht einshläfern. Ebensowenig dürfe das Votum des ständishen Provinzial - Landtages es bestimmen, denn für den Entwurf hätten hauptsählih die _Ver- treter des Großgrundbesiyes in der Nähe von Kiel gestimmt, die Vertreter der ländlichen Bezirke aber dagegen. Die Groß- rundbesigzer seien nicht maßgebend für die Stimmung des Volks. Dabei sei auh der Hochdruck zu berücssichtigen, welher im Provinzial - Landtage von der Regierungs- seite ausgeübt worden sei. Einzelne Mitglieder, die anfänglih gegen die Theilung gewesen seien, hätten nachher dafür gestimmt. Das lasse tief blicken. Die Rede des Abg. von Rauchhaupt habe der Vorlage entschieden geschadet, seine Grundsäße in Betreff der Selbstverwaltung wider- sprächen denen der Mehrheit dieses Hauses vollständig. Wenn es sih um einen Regierunge-Präsidenten handele, dann würde die Rechte Oas gegenüber allen Grundsäßen der Selbstver- waltung. enn der Minister von Boetticher von dem Humor des Abg. Johannsen gesprochen P so sei das doch der Humor Hamlet's gewesen. Es sei tödtlicher Humor ge- wesen, beißende Jronie, wenn der Abg. Douanen gemeint habe, daß er für die Theilung stimmen werde, weil dann besser regiert werden würde. Man wolle heute nihts von Nummern der Aktenstücke hören. Habe denn die Regierung nicht selbst von den täglih zu erledigenden 113 Nummern gesprochen ? Mit allen diesen Nummern habe es doch aber der Regierungschef niht zu thun. Sei eine Ueberbürdung vorhanden, so möge man doch noch mehr Beamte anstellen, aber eine Theilung sei doch nicht nothwendig. Wenn seine Partei gegen die Ae a, so handele sie in Konsequenz des großen Reformwerts er Selbstverwaltungsgeseßgebung, das man nicht im Stiche lassen dürfe. Entweder Bureaukratismus oder Selbstver- waltung, Bureaukratismus und Selbstverwaltung sei nicht möglich. /

/ Abg. von Bülow: Er sei in seiner freundlihen Stellung ur Vorlage durch das Votum des Provinzial-Landtages noch bestärkt worden. Die GroßgrundbesizerZ ständen in Schleswig niht im Gegensaß zu- den Städten und Landgemeinden, son- dern hätten dort noch Fühlung mit dem Volke. Jn Folge der starken Erregung in der Provinz a die shleswigschen Abgeordneten gegen die Vorlage gestimmt; man habe all- emein die Furcht gehabt, daß eine Art Eidergrenze wieder hergestellt werde. /

Abg. Krah: Das Votum des Provinzial-Landtages für die Theilung habe für ihn keine entscheidende Bedeutung. Von den sachlihen Gründen dieses Votums sei wenig bis in das Haus gedrungen. Ein Mes holsteinishes Mitglied des Aas, Grundbesizer in seinem (des edners)

ahlkreise, bestärke ihn aber in seiner Auffassung. Der Abg. von Rauchhaupt meine, es müsse nicht von einem Dorfe aus regiert werden, das sei eine Ueber- treibung gegenüber einer Stadt wie Schleswig. Sie möge wohl ein weniger angenehmer Aufenthalt sein als Kiel, aber mit einem Dorfe könne sie doch nit verglichen werden. Der Minister von Boetticher habe sd sehr anerkennend über Schleswig ausgesprochen. Leider habe derjelbe sih nit näher eâußert über das, was weiter werden solle. Werde auch das

ber-Präsidium von Schleswig weggenommen? Wenn man in dieser Beziehung eine Ua rklärung bekommen könnte, so würden die vorhandenen Bedenken dadurch vermindert werden. Eine Verstimmung in Folge dieser Vorlage herrsche niht nur

verlohne \sich wohl der Mühe, der Frage näher zu treten, ob man Ines Amn ne Vermehrun bu Personals, durch eine Veränderung der ganzen Organisation der Regierung den ge- wünschten Zweck erreichen. könne. i E

Abg. Bartels lpras sich auf Grund seiner mehrjährigen Dienstthätigkeit im Regierungsbezirk Schleswig für die Thei: lung aus. : : j bg. Freiherr von Zedliß und Neukirch: Ein kleiner Theil seiner politishen Freunde werde für die Theilung Schleswigs stimmen, nicht weil sie den prinzipiellen Standpunkt nit theilten, den der Abg. von Kardorff und er (Redner) verträten, sondern weil sie ausreichende Gründe für die Theilung als vorhanden ansähen. Sie meinten, daß auch bei einer strengen Durchführung des Prinzips der Selbstverwaltung das Bedürf- niß der Theilung obwalte. Der größere Theil seiner Freunde halte eine thunlihste Verminderung der Geschäfte der Regierungs-Präsidenten bei Dur(hführung der Dezentralisation für erwünsht und werde gegen die Vorlage stimmen. Der Abg. von Rauchhaupt, der, wie er fürchte, ein sehr \{lechter Anwalt der Sache gewesen, sei im Begriffe, mit der Theilung Schleswigs einen Schritt von großer prinzipieller Tragweite zu thun. Allerdings sei das Haus und die Regierung nicht gebunden, einèr Theilung anderer Regierungsbezirke ohne Weiteres zuzu- stimmen. Aber die Konsequenzen dieser Theilung würden gezogen werden, wenn einmal das Bedürfniß der Theilung anderer Regierungsbezirke nachgewiesen sein werde. Nach seiner Mei- nung würden die unteren Organe von oben viel zu sehr mit Anweisungen und Anordnungen versehen. Das stimme nicht mit dem Prinzip der Selbstverwaltung zusammen. m Interesse der Durchführung des Grundsayes der elbstverwaltung, für die seine Freunde stets eingetreten seien, im Jnterese der Dezentralisation gegenüber der fortwährenden Bureaukratie, müsse man diese Vorlage ablehnen mit der Aufforderung, daß die Staatsregierung mit aller Energie dahin wirke, die staatlihe Gewalt auf das unbedingt nothwendige Maß zu beschränken. Dann werde es möglih sein, die Theilung von Regierungsbezirken f ver- meiden, die Unzufriedenheit zu beseitigen und so politi]ch auch ein gutes Resultat zu erzielen. / E Abg. Peters wies auf die Mängel der bisherigen Geschäftsführung bei der Regierung in Schleswig hin und bat, die Regierungsvorlage anzunehmen. : Ein Antrag des Abg. von Rauchhaupt, eventuell in §. 1 die Kreise Rendsburg, Norder- und Süderdithmarschen beim Regierungsbezirk Schleswig zu belassen, wurde, nahdem ein weiterer Antrag desselben Abgeordneten, die Abstimmung über das Geseg bis morgen zu vertagen, abgelehnt worden war, ebenfalls E :

In namentliher Abstimmung wurde darauf der unver- änderte 8. 1 der Vorlage mit 169 gegen 127 Stimmen ver-

worfen. | Br Rest der Vorlage wurde nach der Ablehnung des 8. 1 ohne Debatte ebenfalls abgelehnt. | Die aat E wurden dur diesen Be- luß für erledigt erklärt. 4 U vird die zweite Berathung des Etats fort- ebt. i gel A Etat des Hauses der Abgeordneten wurde mit der beantragten Erhöhung des Gehalts des Bureau-Direktors auf 9000 6 angenommen, nachdem der Berichterstatter , Abg. Bödiker, darauf hingewiesen hatte, daß in der Kommission der Vertreter der Regierung mit Rüsicht auf die Bedenken wegen anderer Beamtenkategorien die Beschlußfassung anheim- egeben E die Kommission die Erhöhung einstimmig be- lossen habe. h Brin Etat des Herrenhauses wurde das Gehalt des Bureau-Direktors ebenfalls auf 9000 A erhöht. E Aus dem Etat der Bauverwaltung stand noch der Titel für den Neubau des Regierungsgebäudes in Kiel aus. Nach der Abstimmung über die vorher berathene Vorlage wurde der Titel verworfen. : : Schluß 41// Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 11 Uhr.

Die von dem Vize-Präsidenten des Staats-Ministeriums, Staats-Minister von Boetticher, in der gestrigen Sißgung des Hauses der Abgeordneten bei der Berathung des Gesegentwurfs, betreffend die Theilung des Re- gierungsbezirks Schleswig, gehaltene Rede lautete:

Meine Herren! Ich bin heute in Jhre Mitte gekommen in dem Gefühl, O es für Sie vielleiht nicht ohne Interesse sein könnte, die Anschauungen eines Beamten zu höôren, dem es mehrere Jahre hindurch vergönnt gewesen is, in der Provinz S{hle8wig-Holstein zu wirken, der damals von dem Vertrauen der Bevölkerung gelten worden ist, und der- auch heute noch zu dem lebhaftesten Dank si verpflichtet fühlt a das wohlwollende Andenken, das man ihm in

r Provinz bewahrt. i O : Y Wenn ich mich in diese Diskussion dränge, so bin ih mir be- wußt, daß das ohne jede vorgefaßte Meinung geschieht, und ich habe das Bestreben, Ihnen an der Hand meiner amtlihen Wahrnehmungen den Standpunkt darzulegen, zu dem ich dur diese amtlihen Wahr- nehmungen mit Nothwendigkeit geführt worden bin. i

Als ih im Jahre 1876 in die Provinz Schleswig-Holstein ver- seßt wurde, waren mir Land und Leute völlig unbekannt. Ich trat an die Spitze eines sehr großen Kollegiums, welches damals hon über 40 Mitglieder zählte wie viele es jeßt sind, weiß ih niht und ih hatte von den Zuständen in der Provinz nur die Kenntniß, zu der mih die früheren Verhandlungen im Abgeordnetenhaufe über die Lage der Dinge in Schleswig-Holstein befähigten. i

Als ich mein Amt antrat, und meinen Präsidialsekretär fragte, wie es mit der Vorlegung der neuen Sachen gehalten werde, sagte er mir, daß im Pr idialbureau eine Sonderung der Sachen vor- genommen werde, welche dem Präsidenten vorgelegt werden, und der- jenigen, welche sofort an die einzelnen Abtheilungen gehen; und als 4 nun, mit der Begründung, daß es mir darauf ankomme, einen Ueberblick über die gesammte Lage der Geschäfte und den Gesammt- umfang der Interessen, die sich in diesen Geschäften verkörpern, zu erhalten, den Wunsch aussprach, diese sämmtlichen Sachen vorgelegt zu erhalten, L sagte mir der Sekretär: Herr Präsident, das halten Sie nicht 3 Tage aus. 5

Ih vérfügte gleiGwobl die Vortegvag sämmtlicher Sachen und babe mi redlih bemüht, aus diesen Sachen einen Eindruck vom Umfang ter Ges(häfte zu gewinnen. Allein, meine Herren, der Mann hatte Ret gehabt. Ich mußte das Verfahren sehr bald aufgeben, denn meine Zeit reite niht dazu hin, um auch nur die Rubra un diejenigen Berichte, bei denen das Rubrum mir ein besonderes Wie effe eas durchzulesen. ch n mir also sagen, daß es 2 de ler sei, den Verwaltungskörper so groß zu gestalten, A er

eitende Beamte außer Stande ist, auch nur die Eingänge mi en nöthigen Erfolg durhzusehen. Diese meine AnsGauun daß es x n Fehler war, nur eine Regierung mit Tendenz und ufgabe einer preußischen Bezirksverwaltungsbehörde für die ganze Provin Man etabliren, ist denn im Laufe meiner Amtsthätigkeit vollauf bestätig worden, und i glaube, es werden aus der Mitte der ebziger Jahre

länglichkeit dieser Einrichtung und auf die Nothwendigkeit einer Ver-

be rano bereits damals hingewiesen haben. Ich nehme nicht an, daß die Zahl der Geschäfte bei der Regierung in Schleswig inzwischen geringer geworden ist, und ih kaun insbesondere nit annehmen, daß die Einführung der neuen Verwalturgsorganisation in der Provinz zu einer Verminderung dieser Geschäfte führen wird

Meine Herren, die Erfahrungen mit der neuen rec wie ih hôre i babe leider nicht Zeit gehabt, die stenographischen Berichte ein- zusehen, es ist das auch son hier vorgebracht bei den früheren Verhand- lungen haben bisher nicht den Eindruck gewährt, daß eine wesent- lihe Entlastung der Bezirksverwaltungsbehörden mit dieser Degen sation verknüpft ist. Nun, meine Herren, sind ja hier von dem Herrn Vorredner und an den muß ih mi in der Hauptsache adressiren, weil ich seine Rede gehört habe, während ih die übrigen, wie gesagt, nit habe verfolgen fönnen eine ganze Reihe von Bedenken gegen den Vorschlag der Regierung gemacht worden. Die Bedürfnißfrage an sich hat eigentli der Herr Vorredner nit verneinend beantwortet ; ih glaube au kaum, daß das Vorhandensein eines Nothstandes von ir end einer Seite geleugnet werden kann. Denn wenn, auch wie ih höre, der Herr Abg. von Meyer (Arnswalde) neulih gemeint hat : was will es denn sagen, wenn sich 312 Eingänge täglich auf 40 Mitglieder vertheilen, während ih als Landrath das Zehnfache zu erledigen gehabt habe, so erlaube ich mir ihn einfah darauf hinzuweisen, daß iet Nummer und Nummer denn doch ein gewaltiger Unter-

ied ist. j Zunächst kommt es darauf an, wie man die Nummern einträgt. Ich glaube, daß Herr von Meyer (Arnswalde), der ja auf eine vor- treffliche amtlihe Wirksamkeit zurückblicken kann, nicht darauf aus- gegangen ist, die Nummern unnöthig zu vermehren. Ih weiß aber, l bei der Regierung in Schleswig auch wegen ihrer Ueberlastung alle Sammelsahhen, Herr von Meyer wird wissen, was ich darunter verstehe, unter eine Nummer gebracht wurden. Aber auch fonst ist zwishen Nummer und Nummer ein Unterschied; und wenn mir gegenüber Jemand mit der Zahl der Nummern kommt, so sage ih ihm: das allein beweist für mih nichts. Ich muß, wenn i die Belastungsfrage entscheiden will, einen Einblick in die Geschäfte in ihrer meritorischen Bedeutung gewinnen, und ih muß vor Allem einen Einblick darüber gewinnen, wie die Geschäfte behandelt werden. / /

Da kann ich nun, meine Herren, aus meiner amtlihen Wirksam- keit berihten, daß bei der Regierung in Schleswig außerordentlih gründlih und tüchtig gearbeitet wurde, vielleiht etwas zu gründlich. Es hing das mit dem \{chleswig-holsteinishen Charakter zusammen und mit der Ausbildung, welche die älteren \{leswigshen Beamten genossen haben. Aber gerade auch aus dieser nicht tadelnswerthen Cigen- thümlichkeit es liegt mir fern, darauf irgend wie einen Makel werfen zu wollen, ergiebt sich für die revidirenden Beamten, für die Ober- Regierungs-Räthe und für den Präsidenten eine ganz erhebliche Mehr- belastung. Ich habe den Ober-Regierungs Rath der ersten Ab- theilung, also der Abtheilung des Innern, der damals, als ih hinkam, ein \hleswig-holsteinsher, mit Land und Leuten durchaus vertrauter Beamter war, fast unter der Last der Geschäfte zusammensinken sehen; seinem Nachfolger ebenfalls ein \{leswig-holsteinsher Beamter von außerordentlich tüchtigem Katiber wurde es etwas leiter. Aber die Ueberzeugung konnte nicht abgewehrt werden, die Belastung dieses Mannes war eine zu große, auf die Dauer unerträglihe. Wenn Sie erwägen, daß diese sehr tüchtigen Beamten und ih selbst ebenfalls mit einer 19-, 12stündigen Arbeitszeit niht auskamen, um nur die schriftlihen Geschäfte zu bewältigen, so werden Sie sich sagen, daß der Uebelstand, von dem jeßt gesprohen und dessen Abhülfe begehrt wird, nit erst aus neuerer Zeit datirt und nit erst neuer- dings erkannt ift, sondern, daß es ein alter Uebelstand ist, der in der früheren Organisation seinen Ursprung hat. E

Ih erinnere mich sehr wohl der Verhandlungen, die in den 60er Jahren über diesen Gegenstand hier im Abgeordnetenhause stattfanden. Damals war es das politische Moment des „up ewig ungedeelt*“ i komme wohl noch darauf zurück —, was in den Vordergrund ge- stellt wurde, und was \{chließlich dazu führte, daß man ih sagte: nun, wenn die Schleswig-Holsteiner mit ciner solhen Einstimmigkeit nur Regierung haben wollen: habeat sibi! wir wollen es damit ver- suchen. Daß dieser Versuch aber keine zweckmäßige und sahgemäße Lösung der Organisationsfrage und der Provinz war, darüber sind alle Diejenigen in-der Provinz Schleswig-Holstein einig, die an ihrem eigenen Leibe die Folgen dieser verfehlten Organisation erfahren haben. Nun, meine Herren, hat der Hr. Abg. von Kardorff ein *Rezept angegeben, wie man den Uebelständen abhelfen könne, ohne zu der Er- riwtung einer zweiten Regierung überzugehen, allein dieses Rezept ver- fängt doch nicht, es versagt den Dienst. Wenn man mit Gehalts erhöbungen vorgehen will, so kann man damit wohl die Dienstfreudigkeit des einen oder anderen Beamten heben, aber, wenn dieser eine oder andere Beamte bereits von Morgens 8 bis Abends 10 Uhr in den Sielen geht, dann wird die Gehaltszulage auh nicht dazu führen, daß er die bekannten {öônen Morgenstunden von 3 bis 6 Uhr noh zu Hülfe nimmt. Also diese Maßregel wird sih in Schleswig-Holstein faum bewähren. Ih kann zu ihr nicht rathen, wenngleih ih auch glaube, daß durch die höheren Gehälter Niemand verlockt werden würde, sh in das Geschirr zu begeben, das dort seiner wartet.

Nun hat der Herr Vorredner die finanzielle Seite der Sache berührt und hat gemeint: wenn man hier die zweite Regierung be- willige, so \ei damit ein Engagement eingegangen, was dazu führen werde, daß wir in der Monarchie noch 5 bis 6 neue Regierungen gar nit abweisen könnten. Diese Furht vor der Schaffung eines Präcedenz, das in der Folge unangenehm werden könnte, habe ih in meinem parlamentarishen und amtlichen Leben niemals empfunden. Jh habe mir gesagt, daß Abgeordnete und Minister im Stande fein sollen, jede einzelne Frage meritorisch und gründlich zu prüfen, und wenn sie zu der Ueberzeugung kommen, daß sie fih einem Miß- stande gegenüber befinden, fo sollen sie ohne Rücksicht darauf, ob das spätere Folgen hat, oder ob das im Widerspruch steht mit früheren Entscheidungen, die von ihnen für zweckmäßig gehaltene Abhülfe bereit- willig eintreten lassen. Ih fürchte mich auch gar nicht davor, wenn wirkli, wie der Herr Vorredner besorgte, aus dem Regierungsbezirk O peln ein Antrag auf Theilung des Regierungsbezirks Oppeln ein- geht, diesen Antrag zu prüfen. Komme ih dabei zu der Ueberzeugung, daß "die Theilung nicht geboten ist, dann hindert mi die Theilung des Regierungsbezirks Schleswig in keiner Weise, eine ablehnende Ent- , heidung Oppeln gegenüber zu treffen. Also, meine Herren, mit diesem Präcedenz muß man etwas vorsihtiger operiren; man muß nicht immer sagen: wenn wir dies thun, können wir anderes ni t zurückweisen. Wir sollen Dans genug sein, in jedem Falle selbst-

i rüfen und zu entscheiden. :

E pk Herren, es ist auch nit rihtig, wenn der Herr Vor- redner sagt, daß die Verhältnisse in Schleswig-Holstein P einfah liegen. Das Eine ist richtig, konfessionelle Schwierigkeiten aben“ wir in der Provinz Schleswig-Holstein nicht, \sprachliche L Mal 2 da- gegen haben Vir dort auch, das hat Ihnen der Hr. Abg. Johannsen bereits außeinandergeseßt. Eine so ausgebildete Industrie, wie im Regierungsbezirk Oppeln, haben wir in SwWleswig-Holstein niht, obwohl die hol- steinishe Industrie auch nit zu untershäßen ist, aber dafür haben wir etwas ganz Anderes; wir baben dort sehr verschiedenartig gestaltete Küsten, die der Nordsee und der Ostsee, und was die der Regierung für Arbeit \hafffen, das wiegt die rbeit, welche der Regierungs- bezirk Sipela dur seine Industrie verursacht, reihlih auf.

Also jedes Ding muß für si betrahtet werden. Die nationalen Ver êlinifse, die administrativ Mgen Verhältnisse, es ift, glaube ich, neulich {hon darauf hin ewiesen, wie verschieden der Osten von S(leswig - Holstein in wirthschaftliher Beziehung von dem Westen ist; aber L L hiervon, das nothwendige Ein- reifen der Regierung in Bezug auf alle Angelegenheiten, die mit dem

eere und den Flüssen, mit der Elbe in Zusammenhang \tehen, er-

beit. forves Ge S aus und pr n G wes tine noch weiter Folgen : e ereguns A fis in Schleswig-Holstein zahlrei@e Ge-

in Schleswig, sondern auch in Holstein, Von den Petitionen an den Provinzia -Landtag sei nur eine für die Theilung. Es

in den Akten des Ministeriums des Innern oder des Ober-Präsidiums CesAleveie Ürateitagen von mir enthalten sein, welche auf die Unzu-

Amtirun O e “inan: ih Andchte mich doch von dieser oder jener