1932 / 145 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Jun 1932 18:00:01 GMT) scan diff

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Neichs- und Staatsanzeiger Nr. 145 vom 23, Juni 1932. S.

Ausweis über die Einnahmen und Ausgaben des Reichs im Rechnungsjahr 1931.

(Beträc im

Millionen Reichsmarf.)

A. Ordentliher Haushalt

Am Sc{lusse des Nechnungsjahres 1930 war ein rechnungsmäßiger Fehlbetrag vorhanten von . 1190,0 Hierin waren enthalten: noch nicht getätigte Ausgabe- reste abzügl. der Einnahmereste . . E 159,5 Mithin Bestand aus 1930 1030,59 Hiervon ab: Zur Schuldentilgung in Auslihrung des Gesetzes vom 23. Oktober 1930 ()NîGBIl. 1 S. 467) vom April 1931 bis März 1932 = 12 X 35,0 = 420,0 Bleibt Bestand: 610,5 Jahresfoll Ft - | Darunter [Einnahme Soll es. oder nungS8}ou) der Vor- I f - jahrsreste Ausgabe I. Einnahmen. 1. Steuern, Zölle u. Abgaben | 8 172,0 7 790,0 9, Verzinsung aus den Vor- zugsaktien der Deutichen Neichsbahn-Gesellschaft 28,7 _— 28,7 La. ZusGHuß des außerordent- lichen Haushalts aus dem Verkauf von Vorzugéalktien der Deutschen Neichsbahn- Gefellschaft E 150,0 —— 15,9 8, Veber|chüsse der Post und der Neichsdruckerei : o) Pot i 263,8 25,0 232,2 b) Neichsdruckerei . 5,1 _— b,2 4. Aus der Münzprägung —— 416,3 da, Anteil des Neichs am Rein- gewinn der Reichsbank . . 25,0 _— _— b, Neparations\teuer der Deutschen Neichsbahn-Ge- sellichaft ein\ch1. des Bei trages während des Hoover- E 217,5 mun 217,5 6, Sonstige Verwaltungs- einnahmen . 214,8 ——— 935,7 Einnahmen insgesamt 9 076,9 25,0 8 941,5 IT. Ausgaben. 1, Steuerüberweisungen an die Länder s A R S 0,2 2 317,8 2. Bezüge der Beamien und Angestellten (aus\chl. Nuhe- gehälter) 767,0 Hiervon ab: Ver- minderung ker Per- sonalauégaben in- folgeFortfalls plan- mäßiger Beamten- stellen nah §40 des Be) oldungsgesees 3,0 Bleiben 764,0 0,4 730,4 3. Ver)orgung und Muhe- gehälter eins{ließl. der Kriegsbeschädigtenrenten 1 524,4 1 503,0 4, Innere Kriegslasten 373,8 76,3 368,5 5, Reparationézahlungen : a) zu Lasten des Neichs- haushalts einschließlich Hoover-Plan 293,4 m 293,7 b) aus der Neparations- steuer der Deutschen Neichsbahn-(Besell)chaft 165,0 e 165,0 6, Sonst. äußere Kriegslasten 108,6 em 101,9 7. Sozialversichernng i 437,1 6,1 4271 8, Erleichterung der knapp- schaftlichen Pensionsver- sicherung und (Erhaltung ihrer Leistungsfähigkeit 58,0 _— 68,0 9, Ausbau und Erhaltung der finanz. Leistungsfähigkeit der Invalidenversicherung _ _— 10. Kleinrentnerfürsorge 35,0 __. 31,5 11. Krijenunterstüzung für Arbeits! ofe 400,0 cure 400,0 11a. Zur Beschaffung v. Arbeits- möglichkeiten u. zur Ver- \stärfung der für die Krijen- fürforge vorgefeh. Miitel 485,0 ea 415,3 12, Zahlurg an Neich8anstait für Ardeitsvermittlung und Arbeitslosenversiherung zur Abgeltung der bei Durch- führung der Krisenfür)orge entstebenden Kosten . 20,0 a 20,0 13, Wertschaffende Arbeits- losenfürjorge 30,5 ae 17,6 14. Zinszuschüsse zu Darlehen der Deutschen Gesellschatt f. öffentl. Arbeit A.-G. usw. 7,5 ._— ae 14a. Verbilligung von Frische as und Kohle für die jilfsbedürftige Bevölkerung 26,1 14b. Förderung der landwirt- schattlihen Siedlung « « __ 53,1 15, Neichs\chuld: Verzin)ung und Tilgung 199,8 _—— 177,5 Außerordentliche Tilgung der |chwebenden Schuld v. April 31 bis März 32 in Ausführung des Ge- setzes vom 23. Okt.1930 420,0 420,0 Anleiheablöfung 288,5 7,4 279,7 16. Schutzpolizei 190,0 190,0 17. Münzpräaung . . 5,0 5,0 62,3 17a. Zur Erleichterung d. Wohl- jahrtélaften der Gemeinden und Gemeindeverbände - « 230,0 233,8 17b. Beteiligung a. d. Dresdner E ee _— 90,5 17e. Beteiligung an der Akzept- Bank E S S a e E R I Is 17,0 174. Neichszuschüsse f. gewerb- liche Genossenschaften . . _ 20,0 17e. Reichsdarlehen an Länder | —— 89,4 17f. Vor ftädtische Kleinsiedlung usro. für Enwverbslose « . 4,1 18. Sonstige Auëgaben : 879 6 90,1 883 1 Ausgabe insgesamt | 9 236,5 | 184,5 9 392,4 Die Ausgabe übe steigt mit- | bin die Einnahme um « « 450,9

B. Außerordentlicher Haushalt. Ueberträge aus den Vorjahren: Bestand am Schlusse des Nechnunasjahres 1930 . 261,4. Jahresfoll JIit- T arunter [Einnahme Zoll (Nech oder nungé!oll 7 der Vor- ks jahrereste Ausgabe l Einnahmen. Insgesamt 582,7 334,9 27,2 1) darunter aus Anleihen . 405,0 334,9 IT. A usgaben 1. Wohnungs- und Siedlungs- 2 weten 12,7 12,7 9,4 2, Verkehrswesen (Ausbau der Wasserstraßen usw.) 69,6 3,7 59,7 3, Nückkau? von Schuldver- schreibungen usw. des Neichs _— 56,9 4. Einlösung von Schay- anweisungen des Neichs 0,2 0,2 _— b. Zuschuß an den ordentlichen Haushalt aus dem Verkauf von Vorzugsaktien der Deutschen Neichsbahn-Ge- eat. E 150,0 15,9 6, Innere Kriegslaften 69,6 49,6 23,0 7, Vebrige MNeichéverwaltung 192 | 7,3 13,8 Ausgaben insgesamt . | 321,3 | 73,5 178,7 , Cy - , r j Die Ausgabe übersteigt mit- hin die Einnahme um | 151,5

E ————

!) Darunter 15,9 Mill. RM aus dem Veikauf aktien der Deutschen Neichsbahn-Gesellschaft.

Gesamtabschlußergebnis

für

das

Rechnung

A, Ordentlicher Haushalt.

1, Am Schluß des Rechnungsjahres 1930 überstieg die Jstausgabe die Isteinnahme um 1 030,5 Mill, RM. Hiervon sind durch die außerordentliche Schuldentilgung im Jahre 1931 4 abgedeckt worden. Aus dem Rechnungsjahre 1930 ist mithin in das Rechnungsjahr 1931 kassenmäßig ein ungedeckter Fehlbetrag

(ohne Reste) übergegangen von . «o...

2, Jm Rechnungsjahre 1931 betrugen

die Fsteinnahmen

die Jstausgaben

Die nahmen um . . «

3, An Ausgaberesten (nach Abzug der Einnahme-

8 941,5 Mill, 9 392,4

Ausgaben überstiegen also die Ein-

0

reste) standen am Schluß des Rechnungsjahres

1931 noG oi .

4, Zum Ausgleich des außerordentlichen Haus-

halts sind im Rechnungsjahre 1931 auf den

ordentlichen Haushalt übernommen worden

von Vorzugs-

sjahr 1931,

20,0 Mill. RM

610,5 Mill, RM

¿ 09 »y y u 1IT 9 9 A

Ende 1931 war mithin ein Gesamtfehlbetrag von 1 690,0 Mill, RM vorhanden. Hiervon ist das Rechnungsjahr 1930 (unter Einrechnung der Reste) mit dem rech- nungsmäßigen Fehlbetrag von 1 190 Mill. RM abzal. des Betrages von 420 Mill, RM zur

außerordentlichen E C Ee

Schuldentilgung

belastet,

Das Rechnungsjahr 1931 bleibt belastet mit Davon entfallen auf die Abdeckung des außer-

ordentlichen Haushalts

0a 0.

Zu Lasten des ordentlichen Haushalts 1931

verbleibt ein rechnungs8mäßiger Fehlbetrag von

770,0

470,9

N y

20,0 Mill. RM

449,1 Mill, RM

Der Gesamtfehlbetrag am Ende des Rechnungsjahres 1931 in Höhe von 1 690,0 Mill. RM zergliedert sich hiernac wie folgt: Restlicher Fehlbetrag des ordentlichen Haus-

halts aus dem

Fahre 1930

Rechnungsmäßiger Fehlbetrag des ordent- lichen Haushalts 1931

Fehlbetrag des außerordentlichen

halts Ende 1931

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Haus-

B, Außerordentliher Haushalt.

Am Schluß des Rechnungsjahres 109:

C

Haushalt ein Fehlbetrag vorhanden von Jm Rechnungsjahr 1931 betrugen

die Jsteinnahmen 2

die JFstausgaben

)

30 jvar bei au

0 Q. 9

7,2 Mill, RM I Die Ausgaben überstiegen also die Einnahmen um

An Ausgaberesten (nah Abzug der Einnahmereste)

tatiden Ende 1931 noch offen e. « o eo. os

470,9

L 770,0 Mil M

4401 ; 5

N N

ßerordentlichen

261,4 Mill, RM

Am Schluß des Rechnungsjahres 1931 waren

mithin ungedeckt . . .

Zur Deckung dieses Bedarfs sind vom ordentlichen

Haushalt (\. oben) auf den außerordentlichen Haus-

halt dericagen Worden . + © » o Damit gleicht sih der außerordentli Es verbleibt kassenmäßig beim außerordentlihen Haushalt ein

Bestand von 58,0 Mill. RM, der zur Deckung der verbliebenen

Reste in gleicher Höhe dient.

1616 5 5

58,0 N

. ._. 470,9 Mill, RM E

che Haushalt

aus,

2. Der Stand der Netichs#\chuld.

E E E E ———————————

Schuldfkapital am Bezeichnung der Auleiben 31. Dez. | 31. März E. } 1932 12. Auélosbare Schaganweisungen des | Reichs von 1923 „K“ j ; 0,4 0,4 13. Nentenbanftarleben : : 427,3 427,2 14. a) Schaßzanweisungen des Neichs von 1923, fällig am 2. September 1935 (Goldanleihe) | 18,2 18,2 b) 6% ige Schaßanweisungen des Reichs von 1923, fällig am 1. De- zember 1932 N 1,3 3 15, Schuld bei der Reichsbank R 180,4 179,5 Summe I: | 7779,0 7 724,3 IL. Auf tremde Währung lautende Schvld: Beträge in Millionen 16. 6 %ige Aeußere Anleihe des Deutschen Neichs von 1930: O 524,7 2) 524,7 2) 17. Internationale 9549/9 ige Anleibe des Deutschen Reichs 1930: E e «v e060 34,9 § . . . . 6. * L) . . 94 7 Belgas E n 2% I E 7 E 33,8 e. os O E. ca C 11,6 E G A 70,2 Lire D S0 106,7 Schwed. Kr. S D M 106,2 E E 888 | 1434,22) 1 423,9 2) 18, Deutsche Aeußere Anleihe von 1924: S (N. s 74,9 (Einlösungsbetrag zu 105 vH = § 80,8) L . . . « . «“ . s . « « 18,3 S. na 12,7 Schwed. Ke, è 6.0... D 21,8 . E «e Ea P 84,5 770,8 2) 8) 757,29 S&nmme II: | 2729,7 2 705,8 Gesammtsumme I und I1: | 10 508,7 10 430,1

Der Stand der s{webenden Schuld am 31. März 1932 ist besonders veröffentlicht. Bemerkungen: 1) Der angegebene Betrag stellt den Einlösungsbetrag der Aus- losungsrehte ohne Berücksichtigung der Zinjen dar. 2) Bei der Umrechnung der fremden Währungen in Reichsmark find die Münzparitäten zugrunde gelegt.

9) Der Neichsmarkgegenwert ist berehnet unter Berücksichtigung des Einlösungswertes der amerikanischen Ausgabe von 105 vH.

Preußischer Landtag. 10, Sihung vom 22. Funi 1932. (Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Das Jnteresse der Oeffentlichkeit an der heutigen Plenar=- sizung des Preußischen Landtags is deshalb besonders groß, weil neben der politishen Amnestie auch die endgültige Wahl des Landtagsprasidiums auf der Tagesordnung steht und ein Antrag auf Abseßung der gleichfalls geplanten Vornahme der Wahl des Ministerpräsidénten bis zum Beginn der Sihung noch nicht gestellt ift.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die exste Beratung von Anträgen der A Kommunisten und Deutschnationalen auf Erlaß einer politischen Amnestie. Es handelt sih dabei im wesentlihen um die- selben Forderungen, die bereits der Rechtsaus\huß ver- abschiedet hatte und die in der leßten Landtagssizung nicht mehr zur Verabschiedung gelangen konnten. Außerdem haben auch die Sozialdemokraten einen eigenen Entwurf zur Amnestie vorgelegt.

Bei Beginn der Debatte wendet sich Abg. Gehrmann (Soz.) in einer Erklärung gegen die schweren Vorwürfe, die in der leßten Sißung von den Nationalsozialisten und Kommunisten sowie von anderen Parteien gegen den fozialdemokratishen Redner Kuttner erhoben worven seien. Die Nationalsozialisten hätten sogar bei ihren Angriffen erklärt, Kuttner habe jeßt im Landtag um leßten Male gesprochen. (Stürmishes Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Sozialdemokraten verbäten sih energisch, daß andere Fraktionen sich darin einmishen wollten, welche Redner die S. P. D. vorschide. (Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten. Lachen und Unterbrehungen beè den. National- sozialisten.) Die gegen Kuttner erhobenen Vorwürfe seien seit Jahren durch eine Reihe von öffentlihen Gerichtsverhandlungen xestlos widerlegt worden. (Rufe bei den Nationalsozialisten: Urteile Jhres Systems!) Erst vor kurzem habe der deutschnatio- nale, im Hugenbergshen Scherl-Verlag erscheinende „Tag“, in seinex Ausgabe vom 1, November 1931, dem Abg. Kuttner für die Wiederholung dieser Vorwürfe öffentlih Abbitte leisten und sich mit Unkenntnis der früheren Gerichtsurteile entshuldigen Wenn troßdem jeßt wieder unter dem Shube der «Fm-

P SST O E C E E E E N T i E müssen. y » Schuldkapital am ituntiät der deutshnationale Abg. Dr. Zubke die Vorwürfe gegen Bezeichnungder Anleihen 31, Dez. 31, März Kuttner wiederholte, so richte [ih ein solhes Verhalten von selber. 1931 1932 (Stürmische Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Der Redner bi i; É 4 verliest dann aus den Urteilen in Beleidigungsprozessen Kuttners I Auf Neichsmark (Goldmark) Be träge den Hergang dex den Vorwürfen gegen Kuttner zugrunde gelegt2n lautende Schuld: in Millionen RM Geschehnisse. Danach hätten die Gerichte festgestellt, daß Kuttner 1. 6%ige Schaßanweisungen des Reichs, in berechtigter No:wehr handelte, als er in den Revolutions- Folge T—IIL von 1932 . . —— 37,2 wirren einen Mann niedershoß, der außer mit einer Shußwa*fe 2. 7% ige Schaßanweisungen des Reichs, auch noch mit Handaranaten die ganze Umgebung bedroht habe. Solde Ce E «e oda 6 6,0 10,0 Nicht der geringste Makel bleibe also an Kuttner. (Beifall bet 3. 79% ige Schatzanwei}ungen des Reichs, den Sozialdemokraten. Lachen und Zurufe bei den National- Folge 1—TIL, von 1931. A 300,0 210,0 jozialisten.) Da besonders der Abg. Freisler (Nat. Soz.) auch ‘die 4. 7 9/0 ige Schayanweiiungen des Reichs, Sozialdemokraten angegriffen habe, seien die Sozialdemokraten Folge 11, von 1930 und Schuldschein- gezwungen, sih gegen ihren Willen ausführlicher mit der Person darlehen a a 15,6 15,6 des Herrn Dr. Freisler zu beshäftigen. Der Redner trägt dann 5, 7% ige Schatzanweisungen des Neichs, ausführlich vor, daß der Abg. Dr. Freisler (Nat. Soz.) wiedêrholt Folge I, von 1930 N 21,9 21,0 vorbestraft sei, u. a. auch von der Antwaltskammer, dem zu- 6, 7 % ige Schayanweisungen des Reichs, ständigen Standesgeriht für den Rechtsanwalt Freisler, die Folge 1, von 1929 . c N 176,3 173,3 kandezunwürdiges Verhalten beî GFreisler festgestellt und ihn mit 7. 7% ige Anleihe des Reichs von 1929 183,0 183,0 einem Verweis verurteilt habe. (Stürmisches Hört, hört! links, 8. NReichs\shuldbuchforderungen, einge- Lachen und Zurufe bei den Nationalsozialisten: Euer System!) tragen auf Grund: Auch habe Dr. Freisler entgegen der wahren Sachlage gute Aus- a) des Kriegsshädenschlußgeleßes 1 073,2 1 052,6 künste über eine jüdishe Firma erteilt, damit andere geschädigt, b) der Polenschädenverordnung . « 218,3 225,9 ih selbst aber persönlihe Vorteile ftnanzieller Natur gesichert. 9, 79%, ige Schazanweifungen deéNeichs, Ja, Freisler, der früher auch einmal sich in bolschewistischen Folge I1, von 1928 und S{uldschein- Sinne betätigte, habe laut Gerichtsurteil im Aussichtsrat der darlehen R E 25,4 25,4 Kasseler Maschinenwerke mit einem gewissen Lichtenberg zU- 10. Anleihe des Neis von 1927 (Zinsfatz sammengearbeitet, von dem er laut Gerichtsurteil habe wijjen bis 1934: 6 vH) 500,0 500,0 müssen, daß er im Verdacht des Betruges und der Unterschlagung 11, Anleiheablöfungeshuld des Reichs: gestanden habe. Der Abgeordnete und Stadtverordnete a) mit Auslosungêrechten ; 39293 3 940,4 1) Dr. Freisler habe fich so in den leyten 8 Fahren stillshweigen b) ohne Ausélojungsrehte . . . 702,4 703,3 mit den schwecsten Vorwürfen in Gerichtsurteilen belegen lasjen Ös T H j É } h t A Ls # N S O00 el RORC YIMIOSAE? WRRDOEY O WOON) Fa Fs S M A I ee E R E. I M M 9 CEO M I Bla Ja 1 G e LEHCT TF1 I UARE, S 7 U: I A BM R I:LNN E E i

Neich3- und Staatsanzeiger Nr. 145 vom 23, Juni 1932. S,

müssen. (Stürmishes Hört, hört! links. Gegenrufe bei den Nationalsozialisten.) Zum Amnestiegeseß erklärt der Redner daß die Sozialdemokratie bereit sei zur Mitarbeit an einer poli- tischen Amnestie für die minder schweren Fälle. Die Sozialdemo- kraten hätten entsprehende Anträge au gestellt und der Landtag ande ja in seiner lezten Sibßung bereits einen derartigen sozial- emokratishen Antrag angenommen. Die S. P. D. lehne es aber ab, unbegrenzte Amnestie auch für die {hweren Berbrechen zu gewähren. Denn das könnte nur zu einer Steigerung des blutigen errors und Stärkung des Räubertums führen, das mit Politik nihts mehr gemein habe. Der ‘Redner erklärt, seine Freunde würden von der Stellungnahme zu ihrem neu eingebrachten Amnestieentwurf die Haltung zu den vorliegenden Amnestie- anträgen abhängig machen. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Abg. K ube (Nat. Soz.): Die Nationalsozialistishe Partei tellt ihren Schild vor Dr. Freisler (Unruhe links) und stellt noh fti folgendes fest: Weder die Ehrauffassung Fhrer (zu den Sozialdemokraten) Anwaltskammern, noch die Ehrauffassung, wie sie sonst die Partei Sklarek zum Ausdruck bringt, kann uns ver- anlassen, das Urteil irgendeiner Anwaltskammer zum Anlaß einer politishen odex ehrenrechtlihen Auffassung zu machen. Die Mehrzahl der heute in Deutshland noch tätigen Anwälte hat wiederholt eine Auffassung bekundei, die der deutshen Ehren- auffassung grundsäßlih widerspriht. (Händeklatshen bei den Nationalsozialisten.) Wir haben niht das geringste Bedürfnis, von einer Anwaltsvercinigung, für die ein Werthauer tragbar ist, icgendwelhe Belehrungen über das ehrenhaste oder nicht- ehrenhafte Verhalten von Anwälten entgegenzunehmen. Di Sozialdemokraten sheinen noch nicht zu wissen, daß wir uns nicht nur politish, sondern auch gesellshaftlich von dem unterscheiden, was sie seit 1918 als gesellshaftlihe und staatliche Ordnung be- zeihnen, Die Anwaltskammern sind heute vielfah aus Juden- Jungen zusammengeseßt. Diesen Burschen räumen wir nah Line Richtung hin das Recht ein, über einen von uns zu Gericht zu siven. (Lebhafter Beifall bei den Nationalsozialisten.) Auf die Vorlesung des Abg. Gehrmann wollen wir nicht im einzelnen sachlich eingehen, ih möchte aber eine Urteilsbegründung hier zur Verlesung bringen, die der unabhängige sozialdemokratishe Abg. Theodor Liebknecht im Jahre 1924 in Sachen Kuttner dem Hause ux Kenntnis gebracht Hat. (Der Redner verliest den stenogravhi- ah Bericht der damaligen Landtagsfißung.) Daraus geht her- vor, daß wohl der erste Shuß Kuttners, der übrigens kein Streif- {uß war, sondern ein Shuß in den Arm, aus Notwehr ahb- gegeben sein könne, dexr zweite Shuß mit Notwehr aber nichts mehr zu tun gehabt habe. Es ift in dieser Sache ebenso wie auch in anderen Fällen: ein Urteil steht dem anderen gegenüber. Die Sozialdemokraten stellen sih auf die Seite des Urteils, das ihren Wünschen entspriht, wix glauben an das andere Urteil, Die Sozialdentokraten mögen noch folgendes zur Kenntnis nehmen: Wenn derx Fall Kuttner vor ein deutsches Gericht kommt und nicht vor ein Systemgericht, dann dürfte die Sache einen ganz anderen Verlauf nehmen. (Sehr richtig! bei den Nationalsozialisten.) Zu der Erklärung der sozialdemokratishen Fraktion über die angeb- liche Bedrohung des Abg. Kuttner durh die Nationalsozialisken betont der Redner, daß es die Sozialdemokraten gewesen seten, die am Tage des Todes von Rathenau dem Führer der Deutsch- nationalen als der damals zweitstärksten Fraktion des Landtags nicht nux angedroht haben, ihn niht zu Worte kommen zu lassen, sondern sie haben ihn tatsählih niht zu Worte kommen lassen. «Jhr Präsident (zu den Sozialdemokraten), so fährt der Redner fort, ist es gewesen, der sih damals des shweren Amtsvergehens schuldig gemacht hat, indem er dem Vorsibßenden der deutshnatio- nalen Fraktion das Wort nicht verschaffen konnte, der die gemachte Erregung Jhrer Fraktion dazu benußt hat, einen anderen Ab- geordneten zum Freiwild der Sozialdemokraten zu mahen. Die Nationalsozialisten waren damals îm Landtag noch nicht ver- treten. Wär uns diese Sache passiert, dann hätten wir Sie und Jhren Präsidenten an die frishe Luft geseßt. (Stürmischer Bei- fall bei den Nationalsoziälisten.) Wenn dieser beispiellose Rechts- bruch des damaligen Präsidenten seinerzeit von den Deutschnatio- nalen geduldet worden ift, so ist das mit ein Grund dafür, warum das deutsche Volk heute andere Vertreter ins Parlament geshicki hat, um die sozialdemokratische Ueberheblichkeit zu dämpfen. Mitglieder dex sozialdemokratishen Fraktion sind es gewesen, die jahrelang über die frühere kleine kommunistische &Fraïtion herfielen. Fhr (zu den Sozialdemokraten) Anstands komment ist exst in dem Augenblick in die Erscheinung getreten, als Sie sih mit der Faust nicht mehr durhseßen konnten. Fhre Fraktion ist jahrelang hemmungslos gegen jeden vorgegangen, der thr niht paßte. Vis jeßt wax es üblih, daß wenigstens außerhalb Sißungssaales der Burgsriede gewahrt wurde. Wiederum war es ein Mitglied der sozialdemokratishen Fraktion, das vox wenigen Tagen ein Mitglied meiner Fraktion, das in Uniform war, anflegelte. l

S - DeS

te. Nur unjerer Disziplin ist es gelungen, f verhindern, daß dieser Provokationsversuh im Lande ein Echo

and, daß die Sozialdemokraten für ihre Arbeit gern haben wollen. Wiederholt sind Mitglieder der sozialdemotratishen Frak- tion in angetrunkenem Zustande an unseren Tish gekommen,

wiederholt mußte einer von thnen von den eigenen Parteigenossen mit sanfter Gewalt von uns weggeholt werden. Als seinerzeit dex Abg. Wulle unter der lügenhasten Behauptung stand, er sei an- einem Fememord beteiligt, meldete erx sich zum Wort, um zu widersprehen. Es war wieder die sozialdemokratishe Fraktion, die ertlärte, fie würde einen Mörder niht anhören, und als Wulle das Wort doch bekam, verließen die Sozialdemokraten unter Protest den Saal. Was die Amnestie anlangt, so werden wir untex allen Umständen eine Fassung herbeiführen, die ihre prak- tische Erledigung ermögliht. Es liegt uns niht an einer agita- torishen Auswertung, sondern daran, den Betreffenden zu helfen. Jm Ubrigen hat es nah den Worten des Herrn Gehrmann den Anschein, daß fich die Sozialdemokraten ihres früheren Verhaltens in diesem Hause shämen. (Lebhafter Beifall bei den National- sozialisten.)

Abg. Heilmann (Soz.): Herr Kube hat vrecht, wenn erx erklärt, daß am Tage der Ermordung des Reichsministers Rathenau sich hier im Hause beispiellose Szenen abgespielt haben und der Sprecher der Deutschnationalen gehindert wurde, das Wort zu uehmen. Herr Kube hat in diesem Zusammenhang aber von einex „gemachten Erregung“ gesprohen. Das ist ein Ausdru, den ih

erabe jeßt, wo der Mord an Walter Rathenau sih zum zehnten

Male jährt, lieber vermieden gesehen hätte. (Sehr wahr! links.) Stellen Sie sich vor, wir säßen in diesem Hause zusammen und es käme die Nachricht, einer Fhrer (zu den Nationalsozialisten) Führer wäre durch eine organisierte Schandtat einer Menge von Mit- liedern einer anderen Partei ermordet worden (lärmende Unter- rehungen bei den Deutschnationalen und Nationalsozialisten; Abg. Richard Kunz [Nat. Soz.]: Ein einfaher S. A.-Mann ist zehnmal soviel Wert wie Rathenau!); wenn ein C der Natio- nalsozialisten z. B, von Sozialdemokraten ermordet worden wäre, glauben Sie (zu den Nationalsoziaklisten), daß Sie sih dann hier im Hause darauf beschränken würden, uns nur am Reden zu hindern? (Anhaltende Unterbrehungen rehts.) Fch glaube, dann ereignete sih ganz etwas anderes. Was sich am Tage der Ermordung Nathenaus hier im Hause zutrug, war tatsächlich ge- D Eng E, Aber Herx Kube hat nicht das Recht, aus iesen Au8nahmefall, der sich im Zusammenhang mit der Er- mordung eines führenden Politikers ereignete, irgendwelche all- gemeinen Schlußfolgerungen zu ziehen. Was das vvn dem Abg. Kube vorgelesene Urteil im Falle Kuttner anlangt, so unterscheiden wir uns allerdings von den Nationalsozialisten; denn das von Herrn Kube vorgelesene Urteil ist nicht rehtskräftig geworden, wie die von uns zitierten, sondern dieses Urteil wurde von der nächsten Gnstanz nah umfangreiher und sorgfältiger Beweisaufnahme aufgehoben. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Steinfurtih (Komm.) empfiehlt den fommuniBhen Amnesticentwurf und wirft der Sozialdemokratie Zwiespältigkeit und Schiebungen vor. Die Sozialdemokratie habe die proletarishen Kämbfer verraten. Das Justizsystem Braun-Severing habe ftets die Nationalsozialisten begUnstigt und die Kommunisten jahrelang mit Gefängnis und Zuchthaus bestraft. Jeßt beantragen die Sozialdemokraten, daß die wenigen verurteilten Nationalsozialisten ebenfalls unter die Amnestie fallen. Klar und deutlich is die Ver- s{hleppungstaftik der Sozialdemokraten entlarvt worden. Jeßt aber werden wir die S. P. D. zwingen, Farbe zu bekennen, hier und draußen im Lande. Dort wird auch das Urteil über ihre ver- räterishe Haltung gesprochen werden. Herr Kuttner hat die Recht- \prehung der preußischen Klafsenjustiz verteidigt. Seine Fraktion muß jeßt selbst beantragen, daß die Regierung gegen diese Justiz vorgeht, weil sic bewußt die Befehle nationalsozialistisher Gau- führer durchführt, wie z. B. in Halle. Die Sozialdemokraten hätten fih vor den Werktätigen entlarvt indem sie den kommu- nistischen Antrag niedergestimmt hätten, der ausdrücklich nur die- jenigen amnestieren wolle, die nicht gegen die Fnteressen der Arbeiterklasse gehandelt haben. Der jeßt von den Sozialdemo- kraten vorgelegte Amnestieantrag mache diese Unterscheidung aber nicht. Die Sozialdemokraten wollten damit die wenigen National- sozialisten befreien, die überhaupt von der faschistishen Justiz ver- urteilt seien. Durch die Schuld der S. P. D. sei die K. P. D. ge- zwungen, für die vom Rechtsausschuß voxgelegte politishe Amnestie zu stimmen, falls der besondere kommunistishe Amnestieantrag abgelehnt werde, (Beifall bei den Kommunisten.) 5

Abg. Dr. Zubke (D. Nat.) legt einen deutschnationalen Aenderung8antrag zu dem nationalsozialistishen Amnestieantrag vor, wona diejenigen Dienststrafvergehen von Beamten nit amnestiert werden sollen, die in dem zur Zeit von Deutschland ab- getrennten Gebiet eingeleitet wurden und Bestrebungen auf Ab- tretung dieses Gebietes zum Gegenstand haben. Der Redner ver- wahrt sih dann gegen.die von den Nationalsozialisten vorgebrachten Angriffe gegen die Anwaltskammern und die Ehrengerichte dex

Anwälte. Der Landtag sei niht das geeignete Gremium für ihre Kritik an der Ehrengerichtsbarkeit der Anwälte. (Abg. Kube [Nat. S03z.]: Dann sind wir grundsäbßlih anderer Meinung! Die Nationalsozialisten verlassen geschlossen den Sißungssaal, worauf die Kommunisten rufen: Es lebe die Harzburger Front! Heiter-

keit.) Zum Fall Kuttner müsse erx, der Redner, es ablehnen, auch nur ein Wort von dem zurückzunechmen, was er gesagt habe. Es habe sih aus der Verlesung der Urteile dur die Nationalsozialisten und die Sozialdemokraten ergeben, daß nur subjektiv ein Streit darüber bestehe, ob Kuttner in Notwehr gehandelt habe. Was die Amnestievorlage anlange, so hätten die Deutshnationalen ihren bisherigen Ausführungen nichts hinzuzufügen. Beifall bei den Deutschnationalen.)

Damit schließt die Aussprache in erster Lesung; zur sofort angeschlöosseuen zweiten Lesung wird für die allgemeine Aus- sprache das Wort nicht verlangt.

Bei den Abstimmungen zur zweiten Lesung werden der fommunistishe und der sozialdemokratische Amnestice-Entwurf gegen die Antragsteller abgelehnt. Zur Abstimmung gelangt dann der nationalsozialistische Fnitiativ-Geseßentwurf über die politishe Amnestie, der im wesentlichen die vom Rechtsaus- [chuß für die leßte Landtagssißung vorbereitete Fassung ent- hâlt. Fm § 1 joll danach bestimmt werden, daß Straferlaß gewährt werde „für die zur Zeit des Jnkrafttcetens dieses Ge- seßes“ rechtsfräftig erkannten Strafen, soweit aus\chließlich oder vorwiegend politishe Beweggründe maßgebend sind. Auf deutschnationalen Antrag wird mit großer Mehrheit, auch den Stimmen der Nationalsozialisten, gegenüber diesem Wortlaut eine Befristung eingefügt, so daß jeßt Straßerlaß nur noh gewährt werden soll für die entsprehenden Taten, die bis zum 15. Juni d. F. begangen wurden. i

_ Auf kommunistishen Antrag wird weiter beschlossen, daß nicht nur Straftaten amnestiert werden sollen, die ausschließ- lich oder vorwiegend aus politischen Beweggründen begangen wurden, sondern auch solche, die aus Anlaß von Wirtschafts- kämpfen, Streiks, Demonstrationen entstanden. Jm übrigen wird die nationalsozialistische Fassung bestätigt, die Amnestie auh für Vergehen wegen wirtschaftliher Not oder Arbeits- losigkeit gewähren will. Nach dem gleichfalls angenommenen S 2 des nationalsozialistishen Entwurfs sollen die ent- sprechenden Verfahren eingestellt werden, wenn die Tat vor dem Stichtage, den der Entwurf erhalten hat, begangen wurde. i

S 3 des Entwurfs regelt die entsprehende Amnestierung von Dienststrafen für Beamte, Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst. Er spriht auch aus, daß, soweit wegen politisher Gesinnung oder Betätigung Beamte entlassen wurden, diese Beamten vom Tage der Suspendierung ab zu behandeln seien wie Beamte, die in den einstweilgen Ruhe- stand verseßt wurden. Hierzu liegt der deutschnationale Aenderungsantrag vor, diese Amnestie nicht zu erstrecken auf diejenigen Beamten, die im jeßt von Deutschland abgetrennten oder seinerzeit beseßt gewesenen Gebiet diszipliniert wurden, weil sie sih gegen die Fnteressen des Reiches vergangen hatten.

Abg. Dr. Hamburger (Soz.) führt in der Einzeldebatte aus, dieser deutshnationale Aenderungs8antrag weise nah, da die ursprünglihe Fassung der Nationalsozialisten in bezug das die beamtenrehtlichen Dinge den deutshen Fnteressen schwer ab- träglih gewesen sei, weil nämli alle diejenigen Beamten usw. nah der ursprünglichen nationalfozialiiiGen Fassung mit amnestiert werden sollten, die in den abgetrennten oder beseßt

gewesenen Gebieten sich gegen deutsche Jnteressen vergangen aben. (Hört, hört! links.) Aver auch der deutschnationale

Aenderungsantrag räume diese Bedenken noch niht aus, denn auch danach würden noch sämtlihe Beamte amnestiert werden, die sich im Rheinland oder Ruhrgebiet separatistischer Umtriebe s{huldig gemacht haben. (Hört, hört! links; Rufe bei den National- sozialistea: Die sind doch schon ee Gegenüber dem Zuruf betont der Redner, daß keiner dieser Beamten, die damals dienstentlassen wurden, amnestiert worden sei. Die Amnestie würde diesen Beamten erst zustehen bei Annahme dex von den

Nationalsozialisten und Deutshnationalen beantragten For- mulierung. Weiter hebt der Redner hervor, daß unter den

Beamten, die in den leßten 13 Jahren dienstentlassen wurden, sich mehrere e deren Wiedertinstellung in den Staats- dienst, wie die Fassung der Nationalsozialisten es vorsehe, weder den Nationalsozialisten noch auch den Kommunisten recht sein könnte. Es sei nämlih ein großer Unterschied, ob man einen Verurteilten lediglich frei lasse und amnestiere oder ob man einen disziplinierten Beamten auch wieder in den Staatsdienst hinein- bringen wolle, wie die Nationalsozialisten es forderten. Der Wiedereintriti in den Staatsdienst würde z. B. einem Beamten ermöglicht werden, der wegen Bruches der Amts§verschwiegenheit vom Disziplinargeriht 1925 zur Dienstentlassung verurteilt wurde. Die Verurteilung dieses Beamten erfolgte, weil er geheime Dienstakten einem kommunistishen Reichstags8abgeord- neten zugeleitet hatte. (Rufe bei den Kommunisten: Sehr gut!) Fch glaube, so fahrt der Redner fort, daß die Kommunisten ihre Ansicht revidieren werden, wenn sie hören, daß der Bruch der Amtsverschwiegenheit dieses Beamten dadurch herauskam, daß der

betreffende damalige kommunistishe Reichstags8abgeordnete ein Polizeispißel gewesen ist. (Hört, hört! bei der Mehrheit und

Lachen.) Nach dem Antrag der Nationalsozialisten und Deutsch- nationalen würde nun diejer Beamte nihi nux wieder in den

Staatsdienst übernommen werden müssen, sondern man müßte thm au sein Gehalt von 1925 ab nahzahlen, so daß er unaefähr 28 000 Mark auf den Tisch bezahlt erhalten müßte. hört! links und in der Mitte.) Der Abgeordnete Kube habe einmal ihm, dem Redner, vorgehalten, es wäre doch wohl ouch seine Meinung, daß es an der Zeit sei, daß nationalsozialistische Sach- kfenner nun die wihtigen Fragen bearbeiteten. Er frage den Abgeordneten Kube, ob bei der Abfassung des Amnestievors{chlags für Beamte die nationalsozialistishen Sachkenner am Werke gewesen seien. (Abg. Kube [Nat. Soz.]: Aber sicher! Heiterkeit.) er Redner legt noch dar, daß von 1919 bis 1932 sehr viele Be- amte in Disziplinarverfahren zur Dienstentlassung verurteilt wurden, unter denen sich auch Dienstentlassene befänden, bei denen politishe Motive eine Rolle spielten. Es handle sich da um Beamte aus allen Parteien. Würde die jeßige Fassung nah Wunsch der Nationalsozialisten Gesey, dann müßte der Staat diesen entlassenen Beamten mehrere Millionen auszahlen. Ein solcher Landtagsbeshluß verstoße aber gegen den Artikel 66 der Ver- fassung, wonach das Parlament Ausgaben außerhalb des Haus- halts nur beschließen dürfe, wenn er zugleih für die Deckung sorge. Da hier für die Deckung nihts vorgesehen sei, könnte einem solhen Lazdtagsbeshluß keine Folge gegeben werden.

Das Haus stimmt der nationalsozialistishen Fassung des S 3 mit dem deutshnationalen Aenderungsantrag in zweiter Lesung zu. Ohne Besprehung wird auch der Rest der Amnestievorlage angenommen, und zwar § 4 in der Fassung des deutshnationalen Entwurfs, so daß auch s{chwere Delikte, wie Verbrechen gegen das Leben, {were Körperverleßung usw., nicht unter die Amnestie fallen. Nur die Kommunisten lehnten diese Fassung ab. Damit war die zweite Beratung der Amnestievorlage erledigt. _ Das Haus wendet sih dann dexr Wiederwahl des Landtagspräsidiums zu.

Abg. Pie ck (Komm.) verliest eine Erklärung, in der darauf hingewiesen wird, daß die kommunistishen Bedingungen für die Verhinderung der endgültigen Wahl eines nationalsozialistisch- deutshnationalen Präsidiums vom Zentrum und den Sogial- demokraten abgelehnt worden seien. Sehr wenig verständlich sei das bei den Sozialdemokraten, die angeblich einen Kampf gegen den Faschismus führen wollten. Nun sei bekannt geworden, daß das Zentrum durch Stimmenthaltung die Wahl eines national- sozialistishen Präsidenten ermöglihen wolle. (Hört, hört! bei den Kommunisten.) Dantit bestehe die Gefahr, daß das gesamte Präs sidièum fich nux aus Nationalsozialisien und Deutschnationalen zusammenseve, sofern diese beiden Parteien nux noch für ihre eigenen Kandidaten stimmten. Wir Kommunisten, so betont der Redner, wollen unseren entshlossenen Willen zum Kampf gegen den Fashismus dadurch zum Ausdruck bringen, daß wir nunmehr dem Zentrum und den Sozialdemokraten folgendes vorschlagen (Lebhafte Aha!-Rufe und Heiterkeit): Wir sind bereit, die Wieder- wahl eines nationalsozialistisch-deutschnationalen Präsidiums zu verhindern und zu diesem Zweck bedingungslos mit Zentrum und Sozialdemokraten zusammenzugehen, es müssen nux beide Frak- tionen bereit sein, durch aktive Beteiligung an der Wahl mit uns Kommunisten gemeinsam Nationalsozialisten und Deutshnationale von jeder Beteiligung am Präsidium auszuschließen. Wir stellen auch nit die Bedingung, daß dann die beiden Parteien für einen fommunistishen Vizepräsidenten stimmen müßten. Bweds Stellungnahme zu diesem Vorschlag beantragen wix Unter- brechung der Sißung für eine Stunde.

Mit einex Mehrheit vom Zentrum bis zu den Kom- munisten wird dieser Antrag angenommen und die Sihung auf eine Stunde unterbrochen.

Während dex Vertagung des Plenums irat die Zentrums- frakftion zusammen. Das Ergebnis ihrer Verhandlungen wax die Ablehnung eines Eingehens auf die kommunistishen Vor- schläge. Das Zentcum bestätigte seinen vorherigen Beschluß, bei der Wahl des Präsidenten weiße Zettel abzugeben, womit Prâsident Kerrl gewählt wäre.

Gegen 54 Uhr wird die Plenarsizung wieder eröffnet.

Als Prasident Kerrl die endgültige Wahl des Lands tagspräsidenten aufruft, führ!

Abg. Pie ck (Komm.) aus: Weder die Sozialdemokraten noch das Zentrum haben bisher Erklärungen abgegeben, ob sie bereit sind, aaf unseren Vorschlag einzugehen und alle Fascisten und Deutschnationalen aus dem Landtaaspräsidium herauszuwählen. Durch dieses Verhalten der beiden Fraktionen sind wix nicht übez- rasht, Wir haben den leßten Versuch unternommen, um vox den werktätigen Massen aufzuzeigen, wer diejenigen sind, die die Nationalsozialisten unterstüßen. (Sehx roahr! bei den Koms- munisten.) Es wurde der Versuh unternommen, von den beiden Fraktionen bzw. der Presse des Zentrums und der Sogzialderto- kratea, den Kommunisten die Shuld dafür zuzushreiben daß im preußischen Landtagspräsidinm ein Nationalsozialist die Führung erbält, Man sagte, die Kommunisten vershuldeten des deshalb, weil j einen eigenen Kandidéten aufstellten und damit die Mehrheitsbildung gegen einen Nationalfoziclisten unmögli machten. Wir haben nvn gezeigt, daß wir in unserem energischen Willen zum Kampfe gegen den Fashismus bereit find, Wege zu gehen, die zwar unsere ausgesprohenen Feinde und die Feinde der Arbeiterkïasse ¿una den Anschein nah unterstüßen in der Beseßung des Präsidiums, die wir aber gehen konnten, weil wir mit dem Schwert in der Hand für die Arbeiterklasse bereit stehen. Nachdem unser Vorschlag abgelehnt is, liegen die Betrugs- manöver von Zentrum und Sozialdemokratie offen zutage; es ist offenbar, daß die Kommunistishe Partei die einzige Führerin im Kampfe gegen den Faschismus ist. (Händeklatshen bei den Kom- R) Die Geduld der Werktätigen ist zu Ende; die Stunde der Abrechnung kommt! (Erneutes Händeklatshen bei den Kom- munisten. Lachen rets.) Nach der Ablehnung des kom- munistishen Voxschlags schlägt die kommunistishe Fraktion nun- mehr für alle Wahlgänge bei der endgültigen Beseßung des Landtagspräsidiums als Kandidaten den Abgeordneten Kasper (Komm.) vor.

Abg. Heilmann (Soz.): Es scheint, als öb der Abgeordnete Pieck nicht VerTEEen will, was wir erklärt haben und was ih hiér roiederhole. Wir waren bereit, für jeden Präsidentshafts- kfandidaten zu stimmen, der gegen den Präsidentenvorshlag Kerrl eine Mehrheit bekommen konnte. Wir haben keinerlei Bedingungen

estellt, weder nah der einen noch nah der anderen Richtung. Mir nehmen diesen Standpunkt dex Bekämpfung der Rechts- fandidatux bei der Wahl des Präsidenten und aller Vizepräsidenten ein. Eine klarere und einfahere Haltung kann man wirklich nicht einnehmen. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Nachdem noch Abg. Kube (Nat. Soz.) den Abg. Kerrl (Nat. Soz.) als Kandidaten für den Präsidentenpojten be- nannt hat, erfolgt die Zettelwahl, die längere Zeit in An- spruch nimmt. Als Ergebnis der Wahl teilt Präsident Kerrxl mit, daß 405 Stimmen abgegeben worden seien, wo- von auf den Namen des Abg. Kerrl 197 entfielen, weiter haben erhalten Abg. Witimaack (Soz.) 91, Abg. Kasper Komm.) 53 Stimmen. 64 Stimmzettel (die vom Zentrum abgegebenen Stimmen) sind unbeshrieben. Präsident Ker rl exklärt, daß nah diesem Abstimmungsergebnis keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten habe, so daß dexr Wahlgang wiederholt werden müsse.

Abg. Kube (Nat. Soz.) weist darauf hin, daß die Auf- fassung des Präsidenten Kerrl auf einem Frrtum beruhe. Bet Berehnung dex auf die Kandidaten abgegebenen Stimmen

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Ziixi ailiadiiiin