1909 / 187 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 10 Aug 1909 18:00:01 GMT) scan diff

8 3.

Der Finanzminister wird mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt. Ec wird ermähtigt, zur Bereitstellung des Erhöhun18- kapitals im Wege der Anleihe Staats\{huldvershreibungen auszugeben.

An Stelle der Schuldverschreibungen können vorübergehend Schaßanweisungen ausgegeben werden. Der Fälligkeitstermin ift in den Schatzanweisungen anzugeben. Der Finanzminister w!rd ermächtigt, die Mittel zur Einlösung dieser Shazanweisungen durch Ausgabe von neuen Schaßanweisungen und von Schuldverschreibungen in dem erforderlihen Nennbetrage zu beschaffen. Die Schayzanweisungen können wiederholt ausgegeben werden.

Schatzanweisungen oder Schuldvershreibungen, die zur Einlösung von fällig werdenden Schaßanweisungen bestimmt sind, hat die Haupt- verwaltung der Staatsshulden auf Anordnung des Finanzministers vierzehn Tage vor dem Fälligkeitstermin zur Verfügung zu halten. Die Verzinsung der neuen Schuldpaptiere darf nicht vor dem Zeit- punkte beginnen, mit dem die Verzinsung der einzulösenden Schahyz-

anweisungen aufhört. i durch welche Stelle und in welhen Beträgen, zu welchem

insfuße, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welchen D ROLO O und die Schuldverschreibungen veraus- gabt werden sollen, bestimmt der Finanzminister.

Im übrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der An- leihe die Vorschriften des Geseßes, betreffend die Konfolidatton preußt- her Staatsanleihen, vom 19. Dezember 1869 (Geseßsamml. S. 1197), des Gesetzes, betreffend die Tilgung von Staatsschulden, vom 8. März 1897 (Geseysamml. S. 43) und des Gesetzes, betreffend die Bildung eines Ausgleihsfonds für die Eisenbahnverwaltung, vom 3. Mai 1903 (Geseßsamml. S. 155) zur Anwendung.

Urkundlih unter Unserer O Unterschrift und beigedrucktem Königlichen FFnstegel. Gegeben Kiel, den 13. Juli 1909. (L. 85) Wilhelm. Fürst von Bülow. von Bethmann Hollweg. Freiherr von Rheinbaben. von Einem. Delbrück.

Beseler. von Breitenbach. von Arnim. von Moltke. Sydow.

Des Königs Majestät haben mittels Erlasses vom 98. Zuli d. J. Allergnädigst geruht, der Stadt Bohum emäß 8 4 Nr. 6 der Verordnung vom 12. Oktober 1854 das Recht zu verleihen, einen Vertreter zur Berufung als Mitglied des Herrenhauses zu präsentieren.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Die Oberförsterstelle Dassel im Regierungsbezirk E ist zum 1. November 1909 zu beseßen, und müssen ewerbungen bis zum 25. August eingehen.

Ministerium des Jnnern.

Dem Landrat Dr. jur. von Kries ist das Landratsamt im Kreise Dirschau übertragen worden. °

Ministerium der geistlichen, Unterrihts- und Medizinalangelegenheiten.

Der Abteilungsvorsteher am Botanischen Jnstitut und Museum der Universität in Kiel, Privatdozent Professor Dr. Ernst Küster ist zum außerordentlichen Professor in der philosophishen Fakultät derselben Universität und

der bisherige Privatdozent in der philosophischen Fakultät der Universität zu Halle, Professor Dr. Georg Brodniß E R Professor in derselben Fakultät ernannt worden.

Die von heute ab zur Ee gelangende Nummer 24 der Preußishen Geseßsammlung enthält unter

Nr. 10 979 das Geseh, betreffend die Deckung von Aus- gaben des Rechnungsjahrs 1907. Vom 13. Juli 1909 und unter

Nr. 10 980 das Abänderungsgeseß zu dem Gesetz, O die Errichtung einer Zentralanstalt zur Förderung des genossen- \chaftlihen Personalfkredits, vom 31. Juli 1895 (Geseßsamml. S. 310). Vom 183. Juli 1909.

Berlin W., den 9. August 1909.

Königliches Geseßsammlungsamt. Krüer.

BeklanntmaGung.

Nah Vorschrift des Geseßes vom 10. April 1872 (Geseßsamml. S, 357) sind bekannt gemacht :

1) der am 19. Mai 1909 Allerhö{chf| vollzogene Nachtrag zu dem Statut für die Meliorationsgenossenshaft der Krampehl- Niederung von Uhtenhagen bis zur Dablower Mühle im Kreise Saayig vom 6. Mai 1881 durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Stettin Nr. 25 S. 207, ausgegeben am 18. Juni 1909;

2) das am 19. Mai 1909 Allerhöch vollzogene Statut für die Eymenisräumungsgenossenshaft zu Kussen im Kreise Pillkallen dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Gumbinnen Nr. 24 S. 167, ausgegeben am 16. Juni 1909;

3) das am 24, Maîi 1909 Allerhöchs vollzogene Statut für die Drainagegenossenshaft Drauphen in Draupchen im Kreise Insterburg dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung: zu Gumbinnen Nr. 26 S. 183, ausgegeben am 30. Juni 1909;

4) das am 27. Mai 1909 Allerhö vollzogene Statut für die Gntwässerungs- und Drainagegenofsenschaft Kosnehnen-Warengen in Koënehnen im Kreise Fishhausen durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Königsberg Nr. 25 S. 255, ausgegeben am 24. Funi 1909;

9) das am 1. Juni 1909 Allerhö{ch# vollzogene Statut für die Drainagegenossenschaft Räbel- Berge in Räbel im Kreise Osterburg durch das Amtsblatt der Königliben Regierung zu Magdeburg Nr. 28 S. 269, ausgegeben am 10. Juli 1909;

6) das am 12. Juni 1909 Allerhöchs vollzogene Statut für die Ent- und Bewässerungsgenossenschaft Straßberg in Straßberg im ODberamtebezirke Gammertingen durch das Amtsblatt der Königlichen Regterung zu Sigmaringen Nr. 27 S. 93, ausgegeben am 9. Juli 1909;

7) der am 23. Juni 1999 Allerhö vollzogene Nachtrag zu der O N E eireneas S Gie 2e s DeM eas L der Ptignih,

« Ve er 1561 dur das Amtsblatt der Königlichen Regierun zu Potsdam Nr. 28 S. 341, autgegeben am 16. Juli 1909. : 9

zuleßt Negts. Arzt des Inf. Negts. Vogel von

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Swinemünde, an Bord S. M. Jaht „Hohenzollern“, 4. August. Prinz Oskar von Preußen Königliche Hoheit, Oberlt. im 1. Garderegt. zu Fuß, tritt mit dem 1. Oktober d. Js. wieder zum Dienst beim genannten Regt. ein. v. Caprivi, Hauptm. im Generalstabe des XV. Armeekorpys, als Komp. Chef in das Kaiser Alexander Gardegren. Regt. Nr. 1 verseßt. Fischer, Hauptm., aggreg. dem ‘Generalstabe der Armee, bisher beim Großen General- stabe, zur Dienstleistung beim Generalstabe des XV. Armeekorps8 kommandiert, Franzius, Hauptm. und Komp. Chef im Inf. Regt. Graf Barfuß (4. Westfäl.) Nr. 17, als aggregiert zum 5. Hannov. Inf. Regt. Nr. 165 verseßt und mit dem 1. Oktober 1909 zum Komp. Chef in diesem Regt. ernannt. Baacke, Lt im 2. Oberrhein. Inf. Negt. Nr. 99, scheidet am 14. August aus dem Gerte aus und wird mit dem 15. August 1909 im 1. Seebat. angestellt. Schmidt (Rudolph), Hauptm. der Landw. a. D., zuleßt Oberlt. des 1. Gardelandw. Regts. 2. Aufgebots (Kattowitz), die Erlaubnis erhalten zum Tragen der Uniform dieses Regts. an Stelle der ihm bei der Verabschiedung erteilten Landw. Armeeuniform. Grasshof, auptm. a. D,, zuleßt Battr. Chef im Holstein. Feldart. Negt. r. 24, der Charakter als Major verliehen. Graf zu Münster Prhe. v. Grothaus, Fähnr. im Kür. Regt. von Seydliß (Magde- urg.) Nr. 7, zur Res. beurlaubt. Dr. Crux, Oberstabsarzt a. D,., Falenstein C: Westfäl.) Nr. 56, die Erlaubnis zum Tragen der Uniform der Sanitätsoffiziere erteilt. Dr. Paukstat, Stabsarit beim Ostasiat. Detachement, der Abschied mit der geseßliGen Pension bewilligt, zuglei bei den Sanitätsoffizieren der Landw. 2. Aufgebots angestellt.

Königlih Bayerische Armee.

München, 6. August. Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Königliche P Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, haben Sich unterm 5. d. M. Allerhöchs bewogen gefunden, nachstehende Personalveränderungen Allergnädigst zu verfügen :

bei den Offizieren und Fähnrihhen: im aktiven Heere: den Gen. Lt. Ritter v. Pflaum, Kommandeur der 6. Div., in Genehmigung seines Abschiedsgesuhes mit der geseßlihen Pension zur Disp. zu stellen; dem Oberlt. Frhrn. v. Welser des 8, Inf. Regts. Groß- herzog Friedrih Il. von Baden, ohne Gehalt beurlaubt, unter Ueber- führung zu den Offizieren der Landw. Jnf. 2. Aufgebots den Abschied aus dem Heere mit der geseßlichen Pension zu bewilligen ; den Fähnr. Leonhard des 9. Inf. Regis. Wrede zur Res. zu beurlauben ;

zu entheben:, die Hauptleute Wolf des 6. Inf. Negts. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, von der Stellung als Komp. Chef und Möslinger des 1. Feldart. Regts. Prinz-Regent Luitpold, von der Stellung als Battr. Chef, beide zum 1. September d. J., unter Kommandierung zur Eisenbahnabteil. des Königl. Preuß. Großen Generalstabs vom genannten Zeitpunkte ab auf die Dauer eines Jahres;

zu ernenren: zum Kommandeur der 6. Div. den Gen. Major Martini, Kommandeur der 3. Inf. Brig., unter Beförderung zum Gen. Lt. (1), zum Kommandeur der 3. Inf. Brig. den Obersten Kiefhaber, Kommandeur dezs 10. Jnf. Regts. Prinz Ludwig, unter Beförderung zum Gen. Major (1), zum Kommandeur des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig den Oberstlt, Knorr bzim Stabe des 11. Inf. Regts. von der Tann unter Beförderung zum Obersten (1), zum ¡um Bats. Kommandeur im 8. Inf. Regt. Großherzog Friedrich I1. von Baden den Major Hoffmann, Komp. Führer an der Unteroff. Schule, zu Komp. Chefs die Haupileute Stollberger' des 6. Inf. Regts. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, in diesem Regt. zum 1. September d. I. unter Belassung im Kommando - zur Kriegs- akademie bis zum Schlusse der größeren Truppenübungen und Knab des 3. Inf. Regts. Prinz Karl von Bayern im 23. Inf. Regt., zum Battr. Chef im 1. Feldart. Negt. Prinz Regent Luitpold den Hauptm. v. Bomhard dieses Negts. zum 1. September d. J.;

¡u verseßen: den Major Clauß, Bats. Kommandeur im 8. Inf. Negt. Großherzog Friedrih 11. von Baden, zum Stabe des 11. Inf. Regts. von der Tann unter Beförderung zum Oberstlt. (1) und den Hauptm. Kehl, Komp. Chef im 23. Inf. Negt., als Komp. Führer zur Unteroff. Schule; zu belassen: den Hauptm. Peringer im Kom- mando zur Eisenbahnabteil. des Königl. Preuß. Großen General- ftabes vom 1. Sept d. J. ab bis auf weiteres ;

zu befördern: zu Obersten die Oberstlts. v. Staudt (3), Kom- mandeur des 1. Ulan Negts. Kaiser Wilhelm 11., König von Preußen, und v. Hößlin (2), Kommandeur des 1. Chev. Negts. Kaiser Nikolaus von Rußland, zu Oberstlts. die Majore Frhrn. v. Leonrod (3), Kommandeur des 3. Chev. Negts. Erzherzog Friedrich von Oesterrei, Beeg (2), Kommandeur des 2. Fußart. Negts., und Samhaber (4), Kommandeur des Kadettenkorps, zum Oberlt. den Lt. Dotzauer des 6. Feldart. Regts. ;

zu charakterisieren: als Oberftlts' die Majore z¿. D. Wörner, Kommandeur des Landw. Bezirks Aschaffenburg, Fleßa, Kommandeur des Landw. Bezirks Hof.

Königlich Sächfische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. 23. Juli. Niemann, Lk. der Nes. des 7. Feldart. Regts. Nr. 77, von dem Kommando zur Dienst- leistung bei diesem Regt. enthoben. Richter, Lt. der Landw. Feldart. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Zittau, der Abschied bewilligt.

29. Juli. Frhr. bv. Uslar-Gleichen, Oberlt. im Karab. Regt., auf ein Jahr zur Dienstleistung bei Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog von Sahsen-Weimar-Eisenah kommandiert. Ferber, Lt. im 1. Pion. Bat. Nr. 12, \cheidet behufs Uebertritts zur Marine- Inf. mit dem 14. August d. J. aus dem Heere aus.

Nichlamfliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 10. August.

Es isst neuerdings vielfah darüber geklagt worden, daß bei dem Wettbewerb um die Ausführung von elek- Dea Liht- und Kraftanlagen und von Haus- anshlüssen sowie um die Lieferung von Motoren und sonstigen Stromverbrauchsgegenständen seitens der Gemeinden oder ¡PAMTYES öffentliher Verbände die mittleren und kleineren Betriebe lend ausge- schaltet und die Arbeiten und A aussließlich einigen wenigen Großfirmen übertragen würden. Da eine einseitige Begünstigung der großen Betriebe im Jnteresse der Erhaltung eines leistungsfähigen Stammes von mittleren und kleinen Unternehmern sehr zu bedauern wäre, kann es nur als erwünscht bezeichnet werden, wenn seitens der Gemeinden und anderen öffentlichen Verbände bei Vergebung elektrisher Anlagen auch die kleineren Firmen soweit als möglih berücsihtigt werden.

Der Bundesrat hat beschlossen, daß dem ersten Sahe der Vorschrift in Ziffer 32 1V der Anweisung zur Ausführung des Vereinszollgeseßes folgende Fassung gegeben wird:

Nach der Bestimmurg der obirsten Landesfinanzbehörde darf auch den nit zur Klasse der Hauptämter gehörtgen Zollstellen, bei denen ein Betürfnis bierför vorhonden ift, die Befugnis E werden, ‘diejenigen Eisenbahnfrahtstücke, die aus dem freien

Verkehr des Zollgebiets irrtümlich in das Ausland befördert oder sonst in das Ausland versandt, aber nit in die Hände des Empfängerz gelangt, sordern im Ausland im Gewahrsam der Eisenbahn-, Zoll-, Post-, Gerichts- oder Polizeibehörde geblieben sind, beim Wiedereingang selbständig aus Billigkeitsrücksihten vom Eingangszoll frei, zulassen, wenn diesen Eisenbahnfrachtstücken eine eisenbahnamtliche muna Ae a E Genn M ec bag et Bes rderung ununterbrochen im Gewahrsam der Eisenbahn-, Zoll-, Posto, Gericht9- oder Polizeibehörde befunden haben. 9

Der Regierungsrat Shmaedicke aus Marienwerder ist der Königlichen Regierung in Stettin, der Regierungsrat Mühlpfordt aus Allenstein der Königlihen Regierung in Danzig, der Regierungsassessor Trümpelmann aus Soest der Königlichen Regierung in Posen, der Regierungsassessor Mac Lean aus Breslau der Königlichen Mng in Posen, der Regierungsassessor von Ruville aus Ängermünde der König: lichen Regierung in Allenstein und der E adiNd or Ritler aus Königsberg i, N.-M. der Königlichen Regierung in Oppeln zur weiteren dienstlihen Verwendung überwiesen, der Regie- rungsassessor von Corswant aus Stettin dem Landrat des Kreises Mettmann und der Regierungsassessor Dr. Froelih aus Münster dem Landrat des Kreises Königsberg i. N.-M. zur Hilfeleistung in den landrätlihen Geschäften zugeteilt worden,

__ Der Regierungsreferendar von Reden aus Danzig hat beit n Staatsprüfung für den höheren Vérwallungdotn estanden.

__ Der Senatspräsident des Oberverwaltungsgerichts, Wirk: lihe Geheime Oberfinanzrat Dr. Struß ist mit Urlaub nah Bayreuth und Tirol abgereist.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ am 7. August in Sainam eingetroffen und geht heute nah Samshui (Wesifluß) weiter.

S. M. S. „Tiger“ is gestern von Nagasaki nah Schanghai in See gegangen.

___ Cleve, 9. August. Aus Anlaß der Feier der dreihundert- jährigen Zugehörigkeit des ehemaligen Herzogtums Cleve zum brandenburgisch-preußischen Staate trafen Jhre Kais Ek und Königlichen Majestäten heute vormittag 111/4 Uhr mit Gefolge auf der Station Cleve-Tiergarten ein. Kurz vor den Majestäten hatte sih dort Seine Königliche Hoheit der Prinz Oska'r eingefunden. Zum Empfang auf dem Bahnhofe waren erschienen der Oberpräsident der Rheinprovinz Freiherr von Schorlemer-Lieser und der Stellvertreter des komman- dierenden Generals Generalleutnant Sixt von Armin. Als die Majestäten den Bahnhof verließen, wurden sie mit viel- tausendstimmigem i empfangen. An die Spiße des Zuges feßten sih auf vorzüglichen starken Pferden eine Abteilung Landleute in dunklen Jaketts, Reithosen, Stulpenstiefeln und shwarz-weiß-roten Schärpen, Der Wagen mit den Kaiser- lihen und O Majestäten wurde begleitet von einer Schwadron des Westfälishen Ulanenregiments Nr. 5. Der Festzug bewegte sih zunähst an dem vom Großen Kur- fürsten angelegten Tiergarten vorbei nah der prächtig ge- {chmüdckten Stadt. An der inneren Stadtgrenze wurden die Majestäten von dem Bürgermeister Wulff und den Stadtverordneten begrüßt, während Ehrenjungfrauen Blumen überreichten. Jn seiner Ansprache hob der Bürger: meister Wulff hervor: was-Cleve den Hohenzollern verdanke, das künde die Geschichte der leßt-n drei Jahrhunderte. Wie die Stadt Seiner Majestät persönlicher landesväterlicher Für- sorge zu unvergänglichem Danke verpflichtet sei, zeige hr Auf: blühen in den leßten segensreihen Friedensjahren. Zum Schlusse bat der Redner um das fernere Wohlwollen der Majestäten für die Stadt.

Die Majestäten verließen hierauf den Wagen und be- iraten den Festplaß, den „Kleinen Markt“, wo sich die zur Feier geladenen Ehrengäste versammelt hatten. Nach dem Vor- trag eines Chors durch. zwei Männergesangvereine sprach der Vorsitzende des Festausshusses, Landrat, Geheime Regierungsrat Eich namens der Landesteile des ehemaligen g den Majestäten den Dank für ihr Erscheinen aus und ebénso den Dank der Clever für die vielen und großen Wohltaten, die die Herrscher aus dem Hohenzollernhause dem Herzogtum alle- zeit erwiesen haben. Um dem Danke, ihrer vaterländischen Gesinnung, treuen Anhänglichkeit und unveränderten Liebe für Kaiser und Reich einen sihtbaren und dauernden Ausdruck zu geben, hätten die Bewohner der Clever Lande ein Reiterstand- bild des Großen Kurfürsten auf historischer Stätte errichtet. Schließlich gelobte der Redner namens der Clever Lande, au fernerhin, in guten wie in bösen Tagen, fest gun Kaiser zu stehen und bat um die Erlaubnis, daß Seiner Majestät nah

saft kredenzt werde.

Seine Majestät der Kaiser und König antwortele auf diese Begrüßungsansprache mit einer Rede, die „W. T. B.“ zufolge lautete :

„Es ist Mir und der Kaiserin, Meiner Gemahlin, ein Herzen®- bedürfnis gewesen, der Einladung zu der heutigen Feler der drel- hundertjährigen Zugehörigkeit des ehemaligen Herzogtums Cleve zum brandenburgish-preußishen Staate und zu Meinem Hause Folge zu leisten. Aufs freudigste bewegt über den herzlihen Empfang, der Uns von der Stadt und den Bewohnern der Clever Lande bereitet worden ist, \prehe Ih, zuglei im Namen der Kaiserin Unseren wärmsten Dank aus, besonders auch für die Uns gewidmeten {önen Be- grüßung8worte.

Der Rückblick auf die wechselvollen Geshicke Cleves in den ver- gangenen Jah1hunderten läßt uns deutli das gnädige Walten der göttlichen Vorsehung erkennen, welhe die ursprünglih kleine Gra!- {haft zu einer wihtizen Rolle in der preußisch-deutshen Geschichte bestimmt hat.

Wir gedenken bei diesem Rückblick gern des ältesten Cleveshen Grafengeshlechts, das seinen Stammbaum an den Shwanenritter der Gralsage knüpfte, und seiner Nahfolger, der Grafen von der Mar, die die Würde eines Herzogs von Cleve dur Kalser Sigmund auf

i demselben Konstanzer Reichstage erhielten, auf welchem der

rheinishem Brauch der Ehrentrunk aus rheinishem Trauben: |

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brandenburgif&@e Hohenzollee mit der Kar belehnt wurde, Besonders aber des Herzogs Wilhelm Ill. von =Fülih, Cleve, Berg, Mark und Ravensberg, der in weiser Fürsorge bemüht war, der Zersplitterung seiner Lande vorzubeugen und durch ein KaiferT iches Privileg zugunsten der weiblihen Erbfolge Die Grundlage für dke Vereinigung derselben mit dem Staate der Hohen- j¿ollern chuf. Dieferzz Fürsten verdankt Mein Haus neben der nieder- rheinishen Grbschaft auch den Namen „Wilhelm“, den nach ihm sein Œnfkel, der spätere Kurfürst Georg Wilhelm, als erfter Hohenzoller führte. IBVitr gedenken ferner 1ttt innigem Danke des Kurfürsten JohannSigismund, defsen Klugheit, Entfchlossenheit und Mäßigung es \{lieflich gelang, die mannigfachen Hindernisse, die sich der Besitergreifung und Ver- waltung des ihm gzugefallenen Erbes entgegenftellten, glücklich zu überwinden. WoHer er die Kraft dazu {chöpfte, das besagt sein Hohenzollernbekenntnis : „Jh bin meines lieben Gottes Diener und Statthalter.“ Vor allem aber tritt uns hier angesihts der Mauern der alten Schwanenburg die herrliße Gestalt des Großen Kurfürften entgegen. Hier in der Nähe der ibm eng verbundenen Niederlande hat er oft geweilt, hat das junge Erbe seinem Hause auch innerlich erworben und die weitaus\{auenden Pläne entworfen unD gefördert, deren unbeirrte Verfolgung in sturm- Bewrvegter Zeit ihn zztm wahren Begründer des preußishen Staates gemacht hat. Und fo haben auch seine Nachfolger, die Könige aus dem Hause Hohenzollern, nie vergessen, welch ein Juwel dur diese niederrheinische LanDfaft ihrer Krone zugefügt worden war.

Als Ausdruck der Dankbarkeit für die landesväterliche Fürsorge der Fürsten Meines Hauses ist das vor uns stehende monumentale Bauwerk mit dem DTeiterstandbilde des Großen Kurfürsten von be- rwährter KünstlerhanD errihtet. Die Clever Bevölkerung hat sich damit zugleich felbfÆ ein Denkmal geseßt, ein Wahrzeichen für die Treue und Liebe, mit denen die Clever in guten und bösen Tagen zu ibrem Landesherrn geftanden und Gut und Blut eingeseßt haben.

Heute find die Träume vergangener Zeiten erfüllt. Aus den zer- \treuten und zerriffenzen LUnden, dem Tummelplay fremder Völker, ift ein ahtunggebieter Des einiges Deutshes Neich geworden, der viel- umstrittene, fsagenurnwwobene Rhein ist unveräußerlihes Gemeingut aller Deutschen, und nur tr seinen poesievollen Liedern, die deutshen Reben- saft als Quelle deutscher Heldenkraft preisen, streiten sh in friedlihem Wettbewerb wie Füngst in Frankfurt a. M. mit den sanges- XFundigen MNheinländexrn die Sänger der übrigen deutshen Gaue. Und wie in Meinem Œüappen die goldenen Lilienstäbe des Herzoztums Gleve mit dem bran Denburgischen Adler und den anderen Landes- emblemen ein harmont\ches Ganze bilden, so werden auch für alle Zukurft die treuen Söhne des Niederrheins Seite an Seite mit den übrigen Landeskinderrt fest zusammenstehen, wenn es gilt, Vaterland- THron und Altar zu fchüßen. In dieser Zuversicht ergreife Jh den erinnerung8reihen ŒBHbrenbeher des gastfreten Wesel und trinke den deutshen Wein auf Das Wohl des Herzogtums Cleve!*

Hierauf nahm Seine Majestät aus den Händen des Land- rats Eih den Pokak entgegen und trank ihn leer, worauf der Landrat ein Hoch auf die Majestäten ausbrachte, in das die Menschenmenge juBelnd einstimmte. Die Musik spielte die Nationalhymne, die das Publikum mitsang.

Nachdem Seine Majestät dann die Erlaubnis zur Ent- büllung des Denkmals gegeben hatte, fiel die Hülle. Das Neiterstandbild des Großen Kurfürsten, das mit einer Brunnen- anlage am Fuße Des granitnen SGockels verbunden ist, zeigte Ach den Blicken der Anwesenden. Artillerie gab 101 Schüsse ab. Das Denkmal ist von Professor Breuer - Berlin ent- mworfen und von Dem Architekten Jenner, einem geborenen Clever, ausgeführt rvorden, Die Majestäten besichtigten das Denkmal, die beider Gesangvereine trugen ein Lied vor. Der Kaiser nahm hierauf militärishe Meldungen entgegen, worauf beide Majestäten mtit den anwesenden Honoratioren Cercle abhielten. Jm Anfchluß an die Enthüllungsfeier besichtigten die Majestäten die S5tiftsfirhe und nahmen dort die Grabdenk- mäler der Grafen ADolf IV. und Johann IL. und Gemahlinnen in Augenshein. Danr trourde die Schwanenburg besichtigt. Von dort kehrten die Majestäten zu Wagen nach der Station Tier- garten zurück, um mittels Sonderzuges nah De Steeg zu reisen und von dort aus dem Grafen und der Gräfin von Bentinck und WalDeck-Limpurg auf Shloß Middachten einen Besuch abzustatten.

erfte

Württemberg.

Die Zweite Kammer hat auf Antrag ihrer Finanz- Tommisfion der vorr der Regierung für den 1. Dezember in Ausfsiht genommenen Erhöhung des Tarifes für die vierte Wagenklaffe von 2 auf 23 für jedes Kilometer mit 56 Stimmen gegen 18 Stimmen der Sozialdemokraten zugestimmt.

Türkei,

Gestern nachmiättag sind die Botschafter der Schuß- mächte auf der Pforte ershienen und haben die bereits an- eTfündigten gleihlaauuitenden Erklärungen bezüglich der retafrage abgegeben. Der Kernpunkt der Erklärungen besteht, „W. T. B.“ Zufolge, in dem erneuten Hinweis darauf, daß die endgültige Regelung der Kretafrage Sache der Schußmächte sei, Dte diese Aufgabe auf den Wunsch der Pforte selbs übernornmmen haben. Die Auffassung der Pforte in dieser Frage erHelle aus folgenden Darlegungen des Großwesirs gegenüBer einem Journalisten: Die Shugmächte hätten bei der Dm der Jnsel den Geist der dortigen Be- vöLkerung außer acht gelassen. Es sei vorauszusehen gewesen, daß türftishe Rechte verlegt würden. Dies sei durch die Hissung der griechischen Flagge geschehen. Die Pforte sei nun- mehr entschlossen, Die firkichen Rechte selbst zu verteidigen. Für die Türkei sei Die Lösung der Kretafrage nur annehmbar durch Verleihung Der Autonomie unter einem Gouverneur, der ottomanisher Untertan sein müsse. Ebenso müßten alle anderen Beamten Der Jnsel Ottomanen sein. Unruhen unter der Bevölkerung der Jnsel seien vorauszusehen, doch könne dies die Türkei niht zurückhalten. Zwei Divisionen würden genügen, Die Ruhe auf der Jnsel wiederherzustellen. Sans sei die Türkei oln ur Verteidigung ihrer echte vor keinem Mittel zurückzushrecken. / Wie verlautet, find in Smyrna 25 000 Mann türkischer Truppen zusammengezogen. Die Antwort Griehenl ands auf die türkishe Note ist dem türkischen GesanDten in Athen ebenfalls gestern nahmittag

übermittelt worden. Jn der Note wird nah derselben Quelle Widerspruch Ua gegen die türkishen Beshwerden und er- klärt, Griehenland habe sih stets von dem Wunsche leiten lassen, herzlihe Beziehungen mit der Türkei zu unterhalten. Die Note erinnert an die Begeisterung des egen Elements in der Türkei für das neue Regime als Beweis dafür, daß Griechenland keine der Absichten gk die ihm unterstellt werden. Griechenland wolle alles tun für eine Beruhigung in der kretischen Frage und habe Loyalität und reimütigkeit gezeigt. Da übrigens Kreta sih in den Händen der Mächte befinde, könne Griechenland nur diesen die Lösung der Frage über- lassen. Griechenland sei in die annexionistishe Bewegung niht verwickelt und habe steis eine korrekte und loyale

Haltung beobachtet. Die Note spricht shließlich die Hoffnung aus, daß diese Erklärungen das Mißverständnis beseitigen und un beitragen werden, eine Aera herzlicher und loyaler Be- iehungen zwishen beiden Staaten zu ihrem großen Wohle ecbetgefübcen.

Asien.

Ueber die Haltung Chinas gegenüber dem Ausbau der Antung-Mukden-Bahn dur vas wird dem „Neuter- hen Bureau“ noch aus Peking gemeldet:

Das Auswärtige Amt und der Große Rat haben, seit Japan seine Absiht über den Ausbau der Antung-Mukden-Bahn kundgegeben hat, tägli Besprehungen mit dem Prinzen Chun gehabt. Der Re- gent hat das Au3wärtige Amt dringend aufgefordert, die Beilegung der Angelegenheit zu bes@levnigen und kein gewaltsames Vorgehen Japans zu veranlafsen. China hat Japan mitgeteilt, es sei willens, keinen Einwand gegen die von Japan vorgesehene Spurweite der Gleise zu erheben und sih des Rechtsanspruhs auf die Oberaufsicht in den Berg- werken an der Eisenbahn fowie auf andere Vorrechte im Bahnbereih zu begeben. China mat gegen eine Erschließung des Antung- Mukden-Gebiets für den Handel keine Einwendungen, doch widerspricht es einer jeden militärischen Maßnahme von seiten Japans.

Koloniales.

Am 27. Mat hat die deutsche innerafrikanische For- schungs8exrpedition unter Leitung von Leo Frobentus in Lome die Heimreise angetreten. Ueber die Tätigkeit der Expedition, soweit das Schußzgebiet Togo in A ragf fommt, wird im „Amtsblatt für Tozo* (Nr. 25) folgendermaßen berichtet :

„Im Dezember 1908 wurde das französishe Gebtet verlassen. Für Togo gewannen die Arbeiten der Expedition um so größere Be- deutung, als sie fich nicht auf ethnologishe Forschungen beschränkten, sondern auch zur Lösung einer großen Anzahl höht wichtiger tech- nisher Fragen, die im Zusammenhang mit der Weiterführung der P IFL An oLahn nah Ts\chopowa standen, niht unwesentlih eitrugen. /

So wurden im Mangu- Bezirk einmal die Dapong- und die Mobastämme ftudiert, daneben aber auch durch eing!hende Messungen und Berechnungen Tschopowa als der geeignetste Uebergang8ort für eine Bahn über d:n Dti feftgeftellt.

Eine gleiche Arbeitsteilung fand im Sokode bezirk statt. Die Kabre, Losso, Tamberma, Bassari, Konkomba und die Timstämme, von denen Regierungsrat Dr. Kersting allerdings {hon früher reiches ethnologishes Mateiial gesammelt hatte, wurden durhforsht. Auf der anderen Seite wurden die Vorarbeiten für Talsperren am Kara- Keran und am Mo ugger, die dazu dienen sollen, die reichen Eisenerzlager von Banjeli auf dem elektrishen Wege zu ver- hütten. Gerade mit diesen Arbeiten hat sich die Expedition Frodinius ein großes Verdienst um das Schußzgebtet erworben. Lassen sich die errechneten Werte in die Wirklichkeit umsetzen, so eröffnen sh für den Norden unseres Schutzgebtets die besten Aussichten.

Die Expedition, die sich bei der Ausführung dieser vielseitigen Arbeiten wieder geteilt batte, vereinigte sih fodanä in Kuschuntu und marschierte durch die Waldstätte über Pei nah Atakpame und von dort nah Misaböhe. Ueberall wurden die ethnologischen Studien fortgeseßt. Von Misahöhe fuhren Frobentus und seine Be- gleiter nah Lome, wo der Chef der Expedition am 22, Mai eintraf. Am 27. Mai verließen die Mitglieder der Expedition den afrikanischen Boden, auf dem fie über anderthalb Jahre im Dienste der Wissen- haft tätig gewesen waren. Mit Spannung wird in Togo die Bes fanntgabe der wissenschaftlihen Ergebnisse der Forshungen erwartet, die auch für unser Schutzçcebiet von gröëtem Werte sein dürften.“

Statistik und Volkswirtschaft. Altersgliederung der Bevölkerung Hamburgs, verglichen

mit der der Gesamtbevölkerung Deutschlands.

Bei der letzten Volkszählung (am 1. Dezember 1905) ist in Hamburg auch die Altersgliederung der Bevölkerung von neuem feft- gestellt worden, und es verdient hervorgeboden zu werden, wie sehr die Bes: zung der einzelnen Altersklafsen in der Großftadt Hamburg von derjentgen im übrigen Reich8zebiet (nah der leßten bezüglichen Feststellung) ih unterscheidet, zumal ja von der Besetzung gewisser Altersklafsen die Höhe der Sterbeziffer unter der Gesamtbevölkerung eines Gebiets wesentlich abhängig ift. Von fte 1000 Bewohnern

1 bekannten Alters a. der Stadt Hamburg (aus\schließlich des Land-

gebiets), b. des Deutschen Reichs gehören nah dem XXIII. Hefte der „Statistik des hamburgishen Staates“ an: der lebenskräftigften Alteraklafse von 20 bis 50 Jahren a. 479, b, 402, der jugendlichen Altersklafse von 0 bis 15 Jahren a 293, b. 348, der höchsten Alteréklasse von 60 und mehr Jahren a. 63,6, b. 78.

Da hiernach die b:iden leßteren, dem Sterben weitaus am meisten auszeseßten Altersklafsen in der Großstadt Hamburg erheblich weniger vertreten sind als im übrigen Reichsgebiet, muß es als selbstverständlich angesehen werden, daß die Sterbeziffer der Hamburger städtishen Be- völkerung (9) unter normalen Verhältnissen wesentlich niedriger als die Sterbeziffer der gesamten. Neihsbevölkerung (Þ) ist, z. B. im Jahre 1906: a. 15,55 9% Þb. 18,34 °/00.

Zur Arbeiterbewegung.

Zum Allgemeinen Ausstand in Shweden (vgl. Nr. 186 d. Bl.) wird dem „W. T. B.“ aus Stockholm telegraphiert : Der Eisenbahnverkehr îin Shweden ist in keiner Weise gestört. Wo der Betrieb eingeshränkt ist, ist niht der Streik, vielmehr die infolge Frachtenmangels verminderte Nachfrage nach Güter- zügen die Ursahe. Ein Streik der Eisenbahner ift niht mehr wahrscheinlich; sollte er indessen doch erfolgen, so sind Maßnahmen getroffen, den Verkehr in befriedigender Weise aufrecht zu erhalten. In Stolholm ist der Straßenbahnverke hr gestern vormittag mit aht Wagen, die von Polizisten begleitet werden, auf der Ninglinie wieder eröffnet worden. Gestern abend hat der Ausstand der Seher und Buchdrucker in ganz Shweden begonnen mit Ausnahme von einigen kleinen Orten. Die großen A A in Göteborg werden troßdem täzlich erscheinen, wenn au in kleinerem Format. In Stockholm wurde der Betrieb der Straßenbahn am Abend völlig eingestellt. Bei den Wagenremisen hatten fich große Menschenmengen angesammelt. Unruhen oder Kundgebungen fanden jedoch nicht stait. Jn Norr- Köping wurde gestern etne von mehreren Tausend aus\tändigen Arbeitern be- suhte Versammlung abgehalten, auf der der \ozialiflisG: Reichttags:-

abgeordnete Branting über den Generalstreik spra. Der Zeitung „Dagen“ zufolge reist der Vertrauens8mánn Tholin der Landes- organisationen nah Amerika ab, um unter den Schwedis\@- Amerikanern Geldbeiträge für die Streikfafsen zu sammeln.

Die in Catalonien angekündigten Ausstände sind, wie „W. T. B.* ‘aus Madrid erfährt, nicht ausgebrochen. Der Minister des Innern gibt bekannt, daß er, sobald die Rube wieder bergestellt sein wird, über die Aufhebung der konstitutionellen Garantien Bericht erstatten werde.

(Wettere „Statistishe Nachrichten“ \. i. d. Ersten Beilage.)

Kunft und Wissenschaft.

Unter dem Titel „Der Kinematograph vom hygientishen Standpunkt“ {reibt Dr. P. Schenk-Berlin in der „Deutschen Medizinalzeitung*: Es ist vershiedentlih versucht worden, den Kine- matographen zu Unterrichtszwecken zu verwenden. Jch halte dieses Unternehmen vom hygtienishen Standpunkt aus für bedenklich. Wir modernen Großstadtmenschen verderben etgentlich systematish unsere Augen. Wir leiden unter einer Ueberfülle von Lichtreizen. Wie viele von uns haben niht {on bei aller Anerkennung der slaunenswerten Fortschritte der Beleuchtungstehnik aus der Tiefe ihres hygtenischen Gewifsens heraus \{chmerz;lich aufgeseuf;t, wenn sie in unseren von blendender Lichtfülle durchstrahlten Sälen saßen oder gar irgendeinem Stheinwerfer ins Auge blicken mußten: „Leider! {hon geblendet, kehr? ih mich weg, vom Augenshmerz durchdrungen.“ Nicht meine eigene Grfahrung allein, die mich fast jeden Besuch einer kinematographishzn Vorführung mit einem nachfolgenden Flimmerskotom büßen läßt, be- wegt mich, gegen die Etnführung des Kinematographen in den Unter- riht in Volks\{hulen und Hohschulen Einspruch zu erheben. Ih habe allmählich doch auch von verschiedenen anderen Seiten gehört, daß Kopfshmerzen, Migräne, Augenshwindel stch als gewöhnliche Ne kinematographischer Vorführungen einstellten. Wie sollte das Auge einen Schaden von den kinematographishen Darstellungen, zumal wenn sie in gewissen Zwischenräumen regelmäßig wiederholt werden, davontragen? Beim Kinematographen ist noch mehr als die im ver- dunkelten Naum auf die weiße Bildflähe fallende und von dieser în die Augen der Beschauer zurückgeworfene blendende Lichtfülle bedenklich das unaufhörlich in kürzesten Intervallen erfolgende Schwanken und Zittern des Lichts, welches gleichsam in ewigen Stößen von der Leino wand gegen unsere Augen geworfea wird. Das vielbeklagte „Flimmern“ der kinematographishen Bilder if ein Uebelstand, der zurzeit den Kinematographen des Anspruchs beraubt, ein hygienisches Bildungsmittel zu sein. Völlig beseitigen läßt sich das Flimmern dur die angewandten Mittel (Rotation einer Scheibe, die aus dret vollen und drei leeren Sektoren besteht, Drehung des Zothschen Nades, Hin- und "vondérhg n der Hand oder eines Fächhers vor dem Auge) nicht. mmer verbleibt bei der Beobachtung einer kinematographischen Bilderreihe meines Erachtens ein läftiges Gefühl, daß der Vorgang sh niht ununterbrochen, sondern mit \törenden Absäßen vollzieht. Selbst die beste Technik vermag keineswegs darüber hinw?g- zutäuschen, daß der Kinematograph verschiedene Einzelbilder in raschester Folge vor unserem Auge aufblißzen läßt. Und weiter: Wer je einer kinematographischen Vorführung beiwohnte, sagt ih: Hier wird das hastende Leben zu einem echt amerika- nishen Eilzugstempo fortgewirbelt. Dabei kann ih von der Sensationswirkung niht ganz \{chweigen. Lutaumencepren in den Raum weniger Minuten rasen vor dem gequälten Auge die entseßz- listen Tragödien des Menschen vorüber. Die geistige Kost, welche die Kinematographen bieten, ist in der Mehrzahl der Fälle s{limm genug. Daran wird durch den Umstand, ein Professor Doyzn oder gar Exzellenz von Bergmann si beim Operieren kinematographisch{ aufnehmen ließen, wenig geändert. Das Abrollen des kinemato- graphischen Filmbandes seßt die wirklih zu dem betreffenden Vorgan erforderliche Zeit auf einen Bruhteil, ih darf wohl ruhig sagen: a ein Minimum herab. Nur ein Laie kann sagen, daß er nah der kinematographishen Vorführung bis in alle Einzelheiten begriffen bätte, wie man nach von Bergmann eine Amputation des Fußes yoll- zieht. Jch werde immer sagen: der Kinematograph bietet in der Haupt- sahe ein durch amerikanishe Technik zu phantastisher, unhygientschec Schnelligkeit Oren im wesentlichen ergößlihes, zu Unterrih{s- zwecken recht bedenklihes Abbild der wirklihen Vorgänge. Noch ver- stärkt wird diefer Eindruck dur den unnatürlih {nellen Wechsel der Szenerie. Ganz besonders bei Marineaufnahmen if dieser Wechsel ret quälend für den Beschauer. Hier sei nur erwähnt, daß ih bei einem Bilde (Holzindustrie) tin 12 Minuten einen 15 maligen Wesel der Sjenerie, bei einem andern (He ao in 14 Minuten einen 32maligen Wechsel der Szenerie feststellle. Es kommt hinzu, daß sich die einzelnen photographishen Momentaufnahmen auf den Filmstreifen natürlih niht in allen Einzelheiten gleichen. Durch die Vergrößerungen werden die Abweichungen der einzelnen Photographien voneinander noch gesteigert und, wenn man will, das Auge des Beschauers noch mehr verwirxt, Schon nach wenigen Abrollungen werden die Films \chadhaft. Ih war erschreckt, zu sehen, wie {hon nah einem Dutzend Wiederholungen das Bild, abgesehen von dem lästigen Flimmern, von einer Unmenge heller Streifen von oben nah unten wie von rieselnden SFneeflocken zerteilt war. Hier steigert sich die offenbare Diskonti- nuität der Bilder ins Unerhört-. Bis auf ungefähr 6 m von der Projektionsleinwand ist ferner die Struktur der Films deutli zu erkennen. Ermüdung oder Ueberanstrengung der Augen ist die not- wendige Folge beständiger Shwankungen in der Stärke der Lichtreize. Das Flimmern des Kinematographen stellt meines Erachtens ein aufs höchste gesteigertes Flackern einer Lichtquelle dar und ist für die Augen und im weitern für das Nervensystem überhaupt ungemein {chädlich. Gegen die Einführung des Kinematographen in den Unter- richt ist daher vom hygienishen Standpunkt aus Einspruch zu erheben.

Literatur.

Süd- und Mittelamerika. Jllustrierte Halbmonats- chrift für das Deutshtum und die deutschen Interessen in Süd- und Mittelamerika und Mexiko. Deraubgegeben hon Dr. P. Traeger', Berlin W. 9. (Verlag H. Paetel, Berlin SW. 68.) Aus dem vor- [liegenden 14. Heft der Zetlischrift seien folgende größere Arbeiten hervo:gehoben: Bolivien und Perú. Die fünf Republiken Mittel- amerikas. Von H. Ops. 1V. Costa Ric2. V. Honduras. Die Botschaft des argentinischen Präsidenten. Ein englishes Kabel- monopol in Argentinien. Von Georg Hiller. Vollblutgestüte in Argentinien und Uruguay. Mit 2 Abbildungen. Beobachtungen eines Hinterwäldlers in Rio Grande do Sul. Von Walter Kaschny. Zur Kolonisation Boliviens. Von Wacht, La Paz. Eisens bahnen in Chile. Mexikos Politik in Zentralamecika. Vom A.-Korrespondenten in Mexiko. Tagebuchblätter aus Südamerika. Von Marx Josef von Varano.

Der „Kunstwart“, herausgeg:-ben von F. Avenarius, (Verlag von Georg D. W. Callwey, München, vierteljährlid 4 4) Das 1. Augustheft hat folgenden Inhalt: Kunstausftellungs- \chmerzen von Willy Rath und Friedrih Selle. Vom Leben unserer Sprathe von Eugen Kalkshmidt. Lose Blätter : Gedi§te von Artur Fitger, Ricarda Huch und Bruno Wille. Rundschau: AeflbetisiSe Aphdorismen (W. von Scholz). Hans Hoffmann | (Avenarius). Zwei Romane von Otto Stôöfl (F. Gregori und Imm. E. Anders). eKriminal - Pceisau8schreiben“ (Avenarius). WMüntSaer Theater (H. von Gumppenberg). Nießse und die frödlide Tenkunft S atka). Die Mußikbibliotbek Peters (G. Géöbler). Ridard Mutker.

as „Sposalizio*, das „Vermäblungsdild®* (Bender). Ein Leiterer Kirßenleu. Ragout-Bilder. Eine Hendrit-Halle in Mainz? (Av:narius) H. Vns). Vom ruEtäindigen Berlin

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