1909 / 203 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 Aug 1909 18:00:01 GMT) scan diff

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23. August. Goetz, Vizeadmiral, Direktor des Waffen- departements des Neich9marineamts, in Genehmigung seines Abs \hiedsgesuhs mit der geseßlihen Penfion zur Disp. gestellt. Stoelzel, Korv. Kapitän, Admiralstabsoffizier beim Kommando der Marinestation der Nordsee, vom 28. August bis 5. September d. J. ju seiner Juformation an Bord S. M. großen Kreuzers „Gneisenau“, v. Studniz, Major im Großen Generalstabe, kommandtert zur Dienstleistung im Reichsmarineamt, vom 29. August bis 5. Sep- tember d. J. zu seiner Information an Bord S. M. Linienschiffes „Hannover“, kommandiert.

Nichlamlkliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 28. August.

Jhre Majestäten der Katser Und die Kat}ertin und Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Viktoria Luise sind gestern abend 7 Uhr 45 Minuten au dem Potsdamer Bahn- hof eingetroffen.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im hiesigen Königlihen Schloß den Vortrag des Kriegsministers, Generals der Jnfanterie von Heeringen entgegen.

Die vereinigten Aus\hüsse des Bundesrats für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rehnungs- wesen hielten heute eine Sißung.

3563 Schiffe im Juli 1908) mit einem Nettoraumgehalt von 606 821 Registertons E 562 124 Registertons) den Kaiser Wilhelm- Kanal benußt und, nah bgua des auf die Kanalabgabe in Anrehnung zu bringenden Elblotsgeldes, an Gebühren 282851 #6 (1908: 261 495 4) entrichtet.

Sm Monat Juli 1909 haben 3748 Shiffe gehalt

Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Senator der freien und Hansestadt Hamburg Dr. Sthamer is in Berlin an- gekommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ am 25. August in Sainam eingetroffen.

Rußland.

Unter dem Vorsiß des Generalgouverneurs fanden in Taschkent Beratungen zur Bekämpfung der Heuschrecken- plage statt. Es wurde beschlossen, die Regierung zu ersuchen, jedes Pud Baumwolle, das ausgeführt wird, mit einer Ab- gabe von fünf Kopeken zu belegen. Aus dem Ertrage sollen die Ausgaben für die Bekämpfung der Heushrecken gedeckt

werden. Türkei.

Die Antwortnote der Pforte auf die gemeinsame Note der kretishen Schußmächte ist vorgestern abend dem italienischen Botschafter als dem Doyen übergeben worden. Ueber den Jnhalt der Note wird „W. T. B.“ aus Konstanti- nopel gemeldet: Die Pforte versichert, sie habe keine Kriegs- absihten gehabt und manche Beweise ihrer friedlißhen Ge- finnung gegeben. Sie habe von Griechenland Aufklärung ver- langen müßsen, weil es Einflüsse auf Kreta ausgeübt habe. Die beiden Antworten der griehishen Regierung hätten zwar dem Verlangen der Pforte niht ganz entsprochen, seien aber als befriedigend erachtet worden, weil Griechenland versichere, fi) auf Kreta niht mehr einmischen zu wollen. Die Pforte ankt dann den Mächten für die Regelung des Fahnenzwischen- falls und stellt fest, daß das erzielte Ergebnis die Regelung der Schwierigkeiten erleihtern werde und zwar in der Weise, daß die Souveränitätsrechte der Türkei unangetastet bleiben. Ueber Mazedonien sagt die Note, die Pforte sei berechtigt, in voller Unabhängigkeit von Griechenland die Beachtung des Vertrages von 1897 zu verlangen, da durch die türkishe Ver- fassung die dur den Berliner Vertrag vorgesehenen Reformen überflüssig geworden seien. :

Gestern nahmittag traten die Vertreter der Shuß- mächte zu einer Beratung der türkishen Antwortnote zu- sammen.

Wie ferner aus Konstantinopel gemeldet wird, is dort der Boykott gegen die griehishen Schiffe am Freitäg eingestellt worden.

Schweden.

Wie „Svenska Telegrambyran“ erfährt, hat die Re- gierung gestern einige Vorschläge zur Vermittlung im Generalstreik beraten, ist aber zu dem Schlusse gekommen, daß die Vorschläge die Regierung nicht zur Vornahme irgend- welcher Schritte veranlassen dtrften,

Afrika.

Der Roghi traf, „W. T. B.“ zufolge, gestern früh in Fes ein, eingeschlossen in einem eisernen Käfig, der auf dem Rücken eines Kameels befestigt war. Der Roghi schien gefaßt u sein und erwiderte die Spottreden der zusammengelaufenen

enge. Der Sultan unterzog seinen Gefangenen einem fünf Minuten langen Verhör, worauf er ihn im Palais ein-

\hließen licß.

Koloniales,

Die Drahtseilbaßn zum Shumewald in Usambara (Deutsh-Ostafrika).

Kürzlich is die Drahtseilbahn der Firma Wilkins u. Wiese fertiggesielt worden, die bei der Station der Usambaraeisenbahn Mkumbara, binter Mombo, abzweigt und in ven an Nuthölzern reihen Shumewald hinaufführt. Die Länge der Streck- bis zum Sägewerk Neu-Hornow keträgt 92 km. Der Höhenunter- \chied zwishen Anfangs- und Endpunkt beläuft sich auf an- náhernd 1500 m, und die Strecke wird etwa in einer Stunde zurückgelegt werden. Der Antrieb der Seilbahn erfolgt dur elektrishe Kraftübertcragung aus einer Akkumulatorenbatterie. Die

Herstellungékosten betragen 1} Million Mark. Es ist beabsichtigt, daß auch die anlieaenden Pflanzungen aus der Bahn Nuyen ziehen und ihre Erzeugnisse nah Mkumbara verfrachten, wo ein direktes Ueberladen in die Wagen der Staatsbahn möglich ift. :

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Lebensführung minderbemittelter Familien im Deutschen Netche.

Die bedeutende Preissteigerung der wichtigsten Gebrauchsartikel und die zum Teil daran anknüpfenden Lohnkämpfe der Arbeiter haben in den leßten Jahren die Frage immer dringender gestellt: kann der Arbeiter mit seinen Whnen auskommen, sind setne Einnahmen so, daß er eine Familie damit zu ernähren vermag? Schon im Laufe des vergangenen Jahrhunderts ist man wiederholt in den ver-

schiedenen Ländern an diese Frage herangetreten und hat deshalb in Haushaltungsbüher von Arbeiterfamilien Eir sicht genommen, die Resultate zusammengestellt und Schlüsse daraus zu ziehen gesucht; denn die Haushaltungsbüher s\ah

man nach Engel als die „Instrumente zur Messung und Bestimmung des sozialen Klimas an, vermöge deren der Volkswohl. stand„so sicher festzustellen sei, wie die Temperatur eines Zimmers dur ein rihtiges Thermometer“. Zu Beginn des Jahres 1907 hat nun das Kaiserliche Statistishe Amt sämtlihe deutschen ftädtishzn statistishen Aemter veranlaßt, von ihm gelteferte Haushaltungsbücher an folche Arbeiterfamilien der Stadt aus3zuteilen, die si bereit erklären, ein Jahr hindurch ihre Ginnahmen und Ausgaben aewissen- haft und regelmäßig in diese Bücher einzutragen. Es war zu erwarten, daß bei einer Erhebung, die ein Jahr lang die täglihe sorgfältige AufzeiGnung f\äwtliher, auß der kleirstzn Einnahme- und Aus®gabeposten verlangt, ein großer Teil der Familien, die sich ursprünglich dazu bereit erklären, im Laufe des Jahres zurücktritt. Immerhin hat mehr als ein Viertel der Haushaltungen sich der Müke einex zwölfmonatigen Buchführung unterzogen. Es wurden 960 vollständige Jahresrehnungen eingeliefert, und das Ergebnis von 852 derselben, die brauhbar rwoaren und recht- its erledigt werden konnten, ist vor kurzem unter dem Titel a a von Wirtschaftsrehnungen minderbemittelter Fa- miliea im Deutschen Reiche“ vom Kaiferliwen Statisti- hen Amt veröffentlißt worden (305 Q uartseiten; Karl Heymanns Verlag, Berlin). Diese 852 Haushaltungen find arößtenteils (840) folche, an deren Spiße ein Ehepaar steht. In 8 Fällen find Witwer, in 2 Fällen Witwen, in weiteren 2 Fällen erwahscne Söhne die Haushaltungsvorstände. Im ganzen umfassen diese Haushaltungen 3952 Personen, d. h. im Durchschnitt 4,64 Köpfe. Von den 3952 Personen sind 840 Ghemänrer, 849 Ehefrauen, 8 Witwer, 2 Witwen und 2 Söhne als Haus3halitungsvorstände, 1948 Kinder unter 15 Jahren. 174 erwachsene Kinder und 138 sonstige Personen. Hiernach entfallen auf eine Familie dur@- \chnittlich 2,29 Kinder unter 15 Jahren, und 2,49 Kinder überhaupt. Dem Berufe nach waren von den 850 männlihen Haushaltungsvors- ständen 382 gelernte gewerblihe Arbeiter mit durchs{chnittlich 1885,68 46 Familieneinkommen, 54 ungelernte gewerbli®e Arbeiter mit durchschn. 1726,51 4, 53 Arbeiter im Handels- und Verkehrsgewerbe mit durch\{n. 1737,31 4, 33 Arbeiter ohne nähere Angabe des Gewerbes mit durchschn. 1588,81 4 Familteneinkommen, 36 Handlungsgehilfen und sonstige Privatangestellte mit durchschn. 2441,69 46, 4 selbständige Gewerbetreibende mit durchschn. 2209 4, 3 Ingenieure und Bau- führer mit durchs{Gn. 3705,84 4, 129 etatsmäßige mittlere Beamte mit durchschn. 2933,32 4, 10 nicht etatsmäßige mittlere Beamte mit durhshn. 1933,19 4, 67 Unterbeamte mit durchschn. 2084,31 46 und 79 Lehrer mit durchs{chn. 329432 4 Einkommen.

Die Gesamtsumme derx Einnahmea aller 852 Haushaltungen beträgt 1 867 652,13 4, die Sesamtisumme der Ausgaben 1 909386,85 46. Mithin besteht ein Fehlbetrag von 35 734,72 4. Dieser Fehl- betrag wücde au niht verschwinden, wenn man von den Ausgaben den für Ersparnisse zu verzeihnenden Betrag von 21 876,56 4 abzöge. Im Gegenteil: da die Haushaltungen, in denen sihch Ausgaben für Grsparnisse finden, meist nicht ausnahmslos ohne Fehlbetrag abschließen, da ferner eine große Anzahl von Haushaltungen auch ohne Ersparnisausgaben mit Uebershüfsen abschließt, ist die Summe aller Fehlbeträge ohne Abzug der Ueberschüsse noch größer. Es {lossen mit Fehlbeträgen 439 Haushaltungen, mit U-bershüssen 406, ohne Schr: betrag oder Uebersœuß 7 Haushaltungen ab. Die Summe der Fehl- beträge war 84 227,11 4 oder auf eine der mit Fehlbetrag abs schließenden 439 Haushaltungen 191,86 4, d. \. 4,4%/ der Gesamt- ausgaben. Die Summe der Uebershüfse war 28 492,39 #4 oder auf eine der mit Ueberschuß abschließenden Haushaltungen 119,44 4 oder 2,6 9/0 der Gesamteinnahmen. Auffällig ist, daß, wenn man die ver- \hicdenen Wohblhabenheitsstufen vergleiht, die Fehlbeträge hauptsäch- lich in ten höheren Stufen auftreten. Zu einem großen Teile sind die Fehlbeträge vermutlih nuc scheinbar. Verschiedene psychologische Gründe sprehen dafür, daß die Einnahmen weniger gern und darum auch weniger vollständig aufgezeihnet werden als die Ausgaben. Es sei beispielsweise auf Einnahmen der Arbeiter aus Trinkgeldern oder Unterstüßungen, der Ghefrauen aus Hausarbeit, auf kleine Neb?-neinnahmen der Männer, die sie der Frau verschwiegen haben, und dergleichen bingenelen. In mehreren Städten haben sich städtishe Arbeiter an den AÄnschreibungen beteiligt ; ein statistisches Amt macht darauf aufmerksam, daß diese Arbeiter den städtishen Behörden gegenüber thr Einkommen nicht zu Jos erscheinen lassen wollten und darum keine Nebeneinnahmen angegeben hätten. Ein sehr häufiger Fall wird \{chließlich sein, daß geliehene Beträge, Entnahmen aus Sparkafsenbüchern, aus fonstigem Kapitalvermögen und aus verkauften Kleidern, Möbeln usw. vom Haushaltungsvorstand als außerordentliche Einnahmen nit aufgezzihnet worden sind. Alles in allem ist h3chst wahrschezinlich, daß die Ausgaben vollständiger verzeichnet sind als die Einnahmen, wodurch sich ein Teil der Feblbeträge erklärt. Ein anderer Teil freilich wird der Wirklichkeit entsprehen, und be- rücksihtigt man, wie eng sich im Arbeiterhaushalt die Ausgaben den Einnahmen anschließen, so ist begreiflih, daß jeder unvorhergesehene Einnahmeausfall infolge von Arbeitslosigkeit, Krankheit fa die ganze Wirtshaftsführung aus dem Gleichgewichte bringt

Nimmt man die Durhschnittszahlen der von der Erhebung be- troffenen 852 Haushaltungen, so findet H eine Durhschnitteeinnahme von 2192,08 46 und eine Durchschnittsausgabe von 2234,02 4, also ein Durchschnittsfehlbetrag von 41,94 G. Die Durchschnitts- einnahme nah der Gesamtzahl der Familien berechnet sett si, wie folgt, zusammen :

Einnahmequellen Fälle Rue 9/0 Arbeitsverdienst des Mannes . . . 850 1805,35 82,4 Nebenerwerb des Mannes ...... 326 51,10 2,3 (SINTGIINC. Det O 00 278 60,26 27 e E 112 36,79 17 Einnahme aus Untervermietung . . . 207 44,07 2,0 sonstige bare Einnahmen 652 174,93 8,0 Einnahmen aus Naturalten, und zwar:

aus eigener oder freier Wohnung . . 40 12,22 0,6 Mer» Ut PATIONIOUO: +4 e D 2,94 0,1 « Ua eo 31 2,46 0,1 „… Tomtiaen S. - e «e 20 1,96 0,1

Hiernach spi-lt der Arbeitsverdiens des Mannes im Haupterwerbe die ganz überwiegende Rolle. Die Durchschnitte und Prozente für die übrigen Einnahmequellen sind stark tadurch beeinflußt, daß diese Quellen nur bei cinem Teile der Haushaltungen vorkommen, während die Durchschnitte auf sämtlihe 852 Haushaltungen berehnet sind. Der Arbeitsverdiens des Mannes fällt nur bei 2 Haushalturgen als Einnahmequelle ganz fort, bei denen der beiden Witwen. Einnahmen aus Nebenerwerb hatten hingegen nicht viel mehr als ein Drittel der Männer. Einnahmen der Ehefrauen finden fch in weniger als einem Drittel der Haushaltungen, ein Beitrag der Kinder zur

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Wirtschaft aus deren Arbeitsverdien| in niht viel mehr einem Achtel der Haushaltungen. Daß diefe Ginabaean nicht häufiger austreten, erklärt {ih daraus, daß untex den Haushaltungen der Erhebung eine \tatilihe Anzahl solher von Beamten und Lehrern befindet und daß unter den Arbeitern die besser bezahlten gelernten Arbeiter überwiegen; au die beträhtlihe Anzah[ kinderloser und junger Ehepaare spriht dabei mit. Im übrigen ist es nicht unwahrs{einlich, daß gerade die Nebeneinnahmequellen und die Nebeneinnahmebeträge nicht immer vollständig angegeben find. Die Ginnahme aus Untervermietung kommt in weniger als einem Viertel der Familien vor, während sonstige bare Einnahmen in mehr als drei Vierteln aller Haushaltungen verzeihnet sind und * insgesamt 8 9/0 aller Einnahmen ausmachen. Hierher gehören Kapitalzinsen, Entnahmen aus Ecsparnissen, Aufnahme von Darlehen, Erlös für verkaufte Gegerstände, Rabatt und Dividende von Kon- sumyereinen, Spiel- und Lotteriegewinne, Streikunterstühung, Reisegelder, Sterbegelder, Zushuß der S{hwiegereltern usw., zum Teil also Vermögzen#nußurgen, zum Teil Vermöger.8- bereiherungen, zum Teil auch, wie die Entrahmen aus Ersparnissen, Vermögenéverluste, die nur kassenmäßig als Einnahmen in laufender Rechnung erscheinen. Naturalnuzurgen spielen in der Gesamtheit der Haushaltungen, die ja größtenteils großstädtishe sind, nur eine sehr unbedeutende Rolle. Eigen- oder Dienstwohnung kommt rur in 40 Fällen meist Beamtenhaushaltungen —, Acker- und ESarten- land in 75, Nußviehbaltung in 31 Fällen vor; sonstige Nußungen treten in 22 Fällen auf.

Die Durchschnittsausgabe verteilt sich nach Hauptgruppen folgendermaßen:

Ausgabe für Mt 9/0 Nahrungs- und Genußmittel . . . 1017,52 45,55 Kleidung, Wäsche, Reinigung . . . 282,44 12,64 Wohnung und Haushalt... .. 401,27 17,96 Hetzung und Beleuchtung . . .. 9083 4,07 Goa n e AdLIO 19/78 Weit an der Spiße mit nit viel weniger als der Hälfte sämtlick er Aus3gaben steht die für Nahrungs- und Genußmittel. Diese Erscheinung findet sich bei allen minderbemittelten Haushaltungen. Sieht man von der Sammelgruppe der „fonstigen®“ Ausgaben zunächst ab, fo steht der Bedeutung nah an zweiter Stelle die Ausgabe für Wohnung und Haushalt mit 1899/6 oder, wenn man ihr die verwandte Ausgabe für Heizung und Beleuchtung hinzu- rechnet, 22,1% fämtliher Ausgaken. Der Kufwand für Kleidung, Wäshe und Reinigung bleibt mit fast 13% der Sefamtausgabe erheblich hinter der Wohnungsausgabz zurück. Die genannten Ausgabegruppen baben das gemeinsame, daß sie wenn auch nicht immer in ihrem Gefamtbetrage die un- bedingten Lebensnotwendigkeiten darstellen. Erst wenn die Bedürfnisse nah Speise, Kleidung und Obdach so weit gedeckt sind, daß die weitere Fristung des Lebens möglih ist, kann an die Befriedigung anderer wirtschaftliher Bedürfniffe (En und auch auf dem Gebiete ven Nahrung, Kicidung und Wohnung selbst über das Notwendtge hinaus- gegangen, können auch bloß nüßlihz und {ließli Lurusausgaben gemacht werden.

Zerlegt man die Nahrungsaus3gabe in ihre einzelnen Bes standtreile, so steht bei der Gesamtheit aller 852 Haushaltungen an erster Stelle der Flei schverbrauch mit 199,58 46 oder, wenn man ibm den WurstverbrauH (58,84 46) und den Fischverbrauh (15,95 46) binzurechnet, mit 265,37 46 oder 26,1 9/6 sämtliher Nahrungtausgabzn. Dann folgen Brot und Backwaren mit 165,17 4 oder 1629/0, Milch mit 102,80 46 oder 10,1 2%, Butter mit 8980 oder eins{li:ßlich von Schmalz, Margarine usw. (38,50 4) mit 128,30 4 oder 12,6 9% und Rutgaben in Gastwirt- haften mit 69,37 46 oder 5,99%. Mit Beträgen, die um 30 E (etwa 3 9%) liegen, kommen noch hinzu: Get:änke im Hause, Kartoffeln, Eter, Mehl samt Neis, Hülsenfrücht- usw. und Obst nebst Südfrüchten, mit Beträgen von etwa 26 46 Kaffee nebst Kaffeeersa, Zucker usw. und Grünwaren, mit 20,66 #4 oder 29/0 Zigarren und Tabak. Für tierische Nahrungsmittel (Fleis), Wurst, Fische, Butter, Schmalz usw., Käse, Eier, Milch) werden zusammen 544,47 A oder 53,5 9/6 der ge\samien Nahrungs- ausgabe aufgewendet. Auf - pflanzlihe Nahrungsmittel (Kartoffeln, Grünwaren, Zucker usw, Mehl, Reis usw, Obst usw., Brot und Balckwaren) entfallen hingegen 310,30 oder 305% der Nahrungsausgabe. Zudcker, Sirup, Honig, Obst und Südfrühte sind hier voll zu den Nakrungs- mitteln gerechaet. Insoweit dies nicht ganz zutreffend ift, erfolgt ein Ausgleih, indem der Gruppe „Senußmittel* voll hinzugerehnet werden follen: Salz, Gewürze, Del (9,62 4), Kaffee und Kaffecersatz, Tee, Schokolade und Kakao obwohl die legteren beiden Geträn?e auch Nährwert besien (35,32 4), übrige Getränke im Hause (in der Hauptsache Bier), „sonstige“ Nahrungsmittel (2,55 4), Zigarren und Tabak und die Ausgaben in Sastwirischaften, die zwar übe:- wiegend auf Bier, zu mehr als einem Drittel aber auf Nahrungsmittel entfallen Auf die so gebildete Gruppe der „sonstigen Nahrungs- und Genußmittel“ ent- fallen 162,75 #Æ# oder 16% der ganzen Nahrung®ausgakb- und 7,2% der Gesamtau8gabe. Die eigentlichen Nahrung3mittel machen mithin 38,3 9/6 der Sesamtau8gabe aus. Der Verbrauch vor alkoholishen Getränkea, d. h. im wesentlichen von Bier, beträgt, wenn man die Ausgaben im Hause und in Gastwirtschaften zusammenziet! 68,30 M4, d. \. 6,7 9%/0 der Nahrung3- und 3,1 9/9 der Gesamtausgate. Er dürfte in Wirklichkeit etwas größer sein, da niht nur die

nicht näher bezeihneten Ausgaben in Gastwirtshaften mit 146 # größtenteils hierher gehören werden, sondein auh aus den Ausgaben für Ausflûge und Reisen,

die unter den „sonstigen Ausgaben“ und unter Vergnügungen, Gseund- heitspflege usr. enthalten sind, diejenigen für Verzehr in Wirtshäusz1n niht immer aus¡uscheiden waren. Auch der Verbrauch für alkctol- freie Geträrke von 6,45 4 ist hierdurch ein wentg beeinflußt. Beide Ausgaben erscheinen aber insofern wieder zu hob, als viclfach darin noch Trinkgeider enthalten find, die nicht auszusheiden waren.

Die Kleidungsausgabe von 282,44 4 seßt sich aus den Ausgaben für Kleidung mit 227,68 6, Wäsche und Bettzeug mil 24,53 M4, Reinigung von Kleidung und Wäsche mit 30,23 # zu- fammen. Die Wohnungsausgabe von 401,27 M ist zu jer- legen in die Ausgabe für Miete mit 326,33 4, Ziergarten und Zimmerpflanzen mit 2,60 6, Brn, Saa und Reini- gung der Wohnung mit 72,34 4. Dle Heizungs- und Be- leuchtungs8au8gabe von 90,83 4 seßt fih zusammen aus den- Ausgaben für Heizung und Feuerung mit 64,13 „6 und Beleuhhturs mit 26,70 M.

Unter den Ausgaben für Son iges 441,96 4 oder 19,78 9/6 aller Ausgaben stehen an erfter Stelle mit 88,78 4 oder fast 4 9/0 der Selamianoaale die für geistige und gesellige Bedürfnisse. Sie zerfallen in die Ausgaben für Zeitungen Bücher, Vereine mit 52,67 46 und Vergnügungen mit 36,11 #- Unter den Vereintbeiträgen finden sch namentlich die 9 die beruflihen und politiscken Vereine. Als nächstgroße Aut- gabe ersheint die für Vor- und Fürsorge (Versihe- rungen) mit 7589 4 oder 3,49%/0 - der Gesamtausga®t- Hier läßt s\ich mit voller Bestimmtheit sagen, daß E: Ausgabe nah den Aufzeihnungen weit niedriger erscheint, als sie 1; denn viele Arbeiter haben unter den Einnahmen entweder regelmäßig oder do häufiz den Lohn bereits nah Abzug der Kranken- und Jr validenversiherungsbeiträge angegeben und demgemäß auch Ausga? für diese Beitcäge nicht verzeihnet. Was also unter Vor- und R forge erscheint, find zum Teil nur Ausgaben für freiwillige a0 sicherungen. Für Gesundheits- und Körperpflege ar 50,86 A oder 2,3 9% der WG.samtausgabe aufgewen T worden. Dieser Betrag zerfällt in die Ausgaben für Gesun?- heitspflege mit 41,19 Æ# und die für Körperpfl-ge Anzt 967 M. Zu ersterer gehören die Ausgaben für Ge Arznei, Krankenhaus, Entbindung, Badereise usw. Ste sind f én samtdurchs{@nitt nit sehr hoh, wril für die Arbeiterhaushs e ein großer Teil der hierher fallenden Ausgaben durch die Kra

kassen, Versiherungsanstalten und Berufsgenofsenshaften gedeckt wird. l die Ausgaben für Körperpflege fallen namentlich die für Bäder, Rasieren usw. Als Ausgaben für Staat, Gemeinde und Kirche sind 32 #6 oder 1,40/6 der Eesamtau®gabe verieihnet, wovon auf Steuern und Abgaben 31,47 # und auf Rechts?chuß 0,90 #6 entfallen. Mehrfach sind die Steuerbeträge nicht vollständig an- gegeben, was wohl nur zum Teil auf rückständig gebliebene Beträge hindeutet, zum Teil wohl auch auf unterlassener Anschreibung beruht. Bei der Ausgabe für Rechts\hut, d. h. in erster Linie für Prozeßkosten, ist zu berücksichtigen, daß hier eine Ent- lastung des Arbeiterhaushalts dur die niedrigen Gewerbegerichtskosten bedingt wird. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Ausgabe für Unterriht, Schulgeld und Lernmittel mit 30,92 # oder 1,4 9/0 der Gesamtausgabe, da die Zahlung von Schulgeld für die die Volks\{hule besuhenden Kinder, also aus den Arbeiter- haushaltungen die meisten Kinder, fortfällt. In 522 Arbeiter- haushaitungen werden durdschnittlih nur 11,63 A (0,6 9/0) für Unterricht usw. ausgegeben, wogegen für 218 Familien des Beamten- und Lehrerstandes die entspretende Ausgabe 75,23 46 (2,4 9/0) beträgt. Die Ausgabe für Verkehrsmittel mit 28,94 46 oder 1,3 9/9 der Gesamtausgaben läßt fich großenteils als ein not- wendiger Zuschlag zur Wohnungs8ausgabe anen, soweit sie nämli der Ueberwindung der Entfernung zwishen Wohnung und Arbeitsftelle dient. Kleine Beträge werden außerdem ncch für Geldgescherke usw. (13,34 6 oder 0,60 09/0 der Gesamtaufgaben), für persönliGze Be- dienung (13,67 46 oder 0,61 9/0), für Erwerbtkosten, d. h. Ausgaben, die zur Ausübung des Berufs erforderli find (8,78 4 oder 0,39 9/9), für Schuldentilgung und Zinsen (23,20 4 oder 1,04 9/6), für Ersparnisse (die nur bei einem Teil der Haushaltungen vorkommen, 25,68 oder 1,15 9%) und für sonstige Zwecke, urter denen bei den Haus- haltungen mit größeren Ausgaben namentlich Reisen eine Nolle spielen, (48,37 4 oder 2,16 9/6 sämtliher Ausgaben) aufgewendet.

Fn der Gesamtheit der Fzmilizn entfällt auf den Kopf eine Ausgabe von 481,63 4, die ih, wie folgt, zusammenseßt: Nahrung 219,36 1, Kleidung 60,89 46, Wohaung 86,51 4, Heizung und Be- leuchtung 19,98 46 und Sonstiges 95,29 4.

Die deutschen Erwerbs- und Wirtshaftsgenosseuschaften nach Schulze-Delißsch im Jahre 1908.

Dem jet erschienenen „Jahrbuch des Allgemeinen Verbandes deutsher Erwerbs und Wiritschaftsgenossenshaften na Schulze- Delitzsch“ für 1908 ift zu entnehmen, daß die Gesamtzahl der einge- tragenen Genossenschaften im DeutsWen Reich von 26 851 am 1. Ja- nuar 1908 auf 28 173 am 1. Januar 1909 gestiegen ist. Nach den wirtshaftsftatistishen Mitteilungen des Jahrbuhs, die manches Bemerkenswernte über die Tätigkeit der dem (Schuljes Deliyschshen) Allgemeinen Verbande angehörenden Genossenschaften enthalten, wurden von 919 Kreditgenossenschaften des Ver- bandes mit 577 987 Mitgliedern 3508,7 Millionen Mark Kredite gewährt. Die Ausstände von Krediten am Jahress{lusse betrugen 1146,8 Mill. Mark. Die gesamten Betriebsmittel beziffern \sich auf 1264 Mill. Mak, wovon 277 Millionen ia eigenem Vermögen und 987 Millionen in fremden Geldern bestehen. Der Reingewinn beträgi 19} Mill. Mark, die Veilustziffer 1,8 Mill. Mark, der quantitative Durchschnittssaß der Dividende 0,27 9/0, der Unisaß in allen Geschäftszweigen 11823 Millionen Mark. Bei Einteilung der Mitglieder in Berufsklafsen wird festgestellt, daß die Hälfte aller Mitglieder selbständige Landwirte und Handwerker sind. Von den Konsumvereinen des Allgemeinen Verbandes reihten 266 mit 257 082 Mitgliedern ihre Abschlüsse ein. Der Vezrkaufserl88 betrug 65,2 Mill. Mark bei eirem Gesamtbetrictskapital von 12 Mill. Mark, das sih aus 7,9 Mill. Mark eigenem Vermögen und 4,1 Mill. Mark fremden Geldern zusammenseßt. Aus dem Reingewinn von 7,1 Mill. Vèark wurden den Mitgliedern 6,7 Mill. Mark bauptsählich als Einkaufsdivi- dende zurückgewährt und u. a. zu gemeinnüßigen und wohltätigen Zwecken 63713 M verwendet. Von 154 Baugenossenschaften wurden eit deren Bestehen 4914 Häuser mit einem Kostenaufwand von 97,3

illionen Mark errihtet. Von den Rohbstoffgenossenschaften des Verbandes erzielten 23 im Jahre 1908 einen Verkaufserl83 von 7,9 Millionen Mark. Das Jahrbuch enthält auch Angaben über kleinere Gruppen gewerbliher Genossenshaften sowie Zusammen- steüungen über die Tätigkeit der Genossenschaften der meisten be- stehenden Verbände, aus denen hervorgeht, daß die Genossenscaften des Allgemeinen Verbandes, soweit sie zur Statistik berichtet haben, teils abiolut, teils verhältnismäßig hohen und höchsten Anteil an dieser Gesamttätigkeit haben.

Zur Arbeiterbewegung.

In Hamburg haben, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, mehrere Beiriebe der Binnenschiffahrt (vgl. Nc. 192 d. Bl.) ihren Bootsleuten einen besondern Arbeitsvertrag zur Unterschrift unier- breitet Wird diese verweigert, so erfolgt die Entlassung. In einem Aufruf werden die Arbeiter zu einer Ermäßigung ihrer Lohnforderung ermahnt, da die Binnenschiffahrtsunternehmungen in diesem Jahre fast durhweg keine Uebershüsse erzielt und vielfa die Kapitalrück- lagen angegriffen hätten, um den Betrieb fortzuführen. Man be- fürchtet allenthalben einen baldigen Ausbruch des Lohnkampfes.

Zum allgemeinen Ausstand in Schweden wird dem .W. T. B.“ aus Stockholm telegraphiert: Nah den Angaben des Ministeriums des Innern beträgt die Zahl der Ausständigen zurzeit 255 668, sie hat seit dem 18. d. M. um 23 169 abgenommen. In Stockholm selbst hat ih die Zahl der Ausständigen nur wenig vermindert. Die söffentli*e Meinung wendet sich gegen eine Ver- mittlung der Regierung, so lange Vertragsbreher am Streik teil- nehmen. Die Ernte wird bei {önem Wetter eingebraht. Der Land- arbeiterstreik hat nicht die geringste Bedeutung zu erlangen vermocht.

Kunft und Wissenschaft.

Die Galerie Eduard Schulte eröffnet ihre September- ausftellung am 28. August mit nachstehenden Sammlungen und Werken: 14 Landshasten und Figurenbilder von Professor A. van Beurden- Antwerpen, 20 Werke von Professor Friedr. Fehr- Karlsruhe, eine Sammlung Aquarelle von Max Fritz-Lübben, 22 Landschaften in Oel und Aquarell von Max Ed. Giese-München, 15 Bilder von Gaston La Touche-Paris, 10 Oelbilder von F. Le Gout-Görard-Paris, 12 Land- [Gan von Profeffor W. L. Lehmann-München, 12 Werke von

. Neumann-Zakopane, eine Sammlung von 34 Figurenbildern, Interieurs usw. von Wilhelm Schreuer-Düsseldorf, Bildnisse von Willy Werner-Grunewald. Ferner Werke aus dem Pariser Salon und der Royal Academy-London von Abel Bertram, Henri Biva, Émile Brin, Virgilio Constantini, Th. A. Des, John Ch. Dollman, Ch. Hoffbauer, H. S. Tuke u. a.

Die Direktion des Kunstgewerbemuseums in Breslau hat die 56. Generalversammlung Deutscher Katholiken in Breslau ¡um Knlaß genommen, eine Ausstellung kirchlicher Kunst zu veranstalten, um das Interesse des Publikums auch auf dieses einst sehr enge und jetzt sehr lockere Verhältnis z¡wishen Kirhe und Kunft, das aber glücklicherweise allmählich sich wieder anzubahnen \{eint, hinzulenken, andererseits aber auch, um die zu dieser Zeit in großen Mengen in Schlesien zu erwartenden Fremden wie wohl auch die Einheimishen mit hervorragenden Schäßen an alter kirchliher Kunst in S({kesien bekannt zu mahen. So ergab \sich, wie die „Schlesishe Zeitung“ mitteilt, das Programm der Ausstellung innerhalb der Beschränkung, die die unzureihenden Räumlichkeiten des Museums auferlegten, denen geradezu alle Grundbedingungen der würdigen Repräsentanz, der Sicherheit z. B., fehlen, Ausstellungen größeren Umfangs zu arrangieren. Das Programm also lautete: 1) Alte kirchlihe Kurst in Stlesien; 2) Moderne kirchliche Kunst. Au in der zweiten Abteilung sollten in erster Linie die heimischen Künstler und Kunsthandwerker zu Worte kommen, obwohl die

Grenzen Schlesiens auch der Einfuhr geöffnet wurden, um- Maß- stäbe der Beurteilung des hbeimischen Schaffens und Anregungen für dieses zu gewinnen. Viel von diesen Einsendungen war vom Zufzll abhängig, da die mit gar nicht zu vergleihenden Mitteln und Arbeitskräften in Düsseldorf gleichzeitig arrangierte Ausstellung christliher Kunst die besten Schöpfungen moderner kirchlicher Kunst gebunden hat. Sehr dankbar aber hat die Museumsdirektion das Gntgegenkommen der vielen Darleihec alter und moderner kirchliher Kunstwerke zu begrüßen. Neben einigen wenigen Privatpersonen sind es hauptsächlich s{lesisGe Kirchen, die ich für die Zeit der Ausstellung oft ihres wertbollften Besitzes entäußert haben, în erfter Reihe das Breétlauer Domkapitel, das mit vollen Händen seine köstlihsten, sonst nur sehr wenigen zugänglihen Schäge alter Goldshmiedekunst spendete. Ueberhaupt befindet sich in der Ausstellung fo manches Stück, das zu schen \sich font wohl nie wieder Gelegenheit bieten wird.

Die Ausstellung is nach langen und müßevollen Vorbereitungen am Donnerstag eröffnet worden und wird bis 12. September dauern. Der Katalog der Ausstellung umfaßt 304 Nummern. Der Lichthof des Museums is zu einer Art Kirhenraum mit zwei gewaltigen Altären (für die Kirchen in Antonienhütte O.-S, und Smolit in der Provinz Posen bestimmt), einer alten Kanzel und einigen Skulpturen und Gemälden religiösen Charakters umgestaltet, der gewissermaßen den Vorraum zu der sich anschließenden ständigen kirchli%en Abteilung des Museums bildet, Im Treppenhause und den Korridoren bängt eine statilize Scammlung von Nachbildungen alter und neuer kirhliher Gemälde, die unsere bedeutendsten Kunstanstalten eingesandt haben. Diese sind teilweise auch untergebracht in einem von der Breslauer Firma F. Wals eingerihteten Lesezimmer, in dem Bücher und Zeits@riften über christliGe Kunst autliegen. Nächst dem Lichthofe mit den imposanten Altären dürfte der mittlere der Näume des zweiten Stocks mit dem silbernen Altar der Breslauer Kathedrale und dem Kirchen- haß des Domes die meiste Anziehungskraft ausüben. Die wert- volliten Stüdcke alter kirchlicher Kunst bilden weiterhin die beiden Madonnenbilder von Lucas Cranach aus dem Breslauer und dem Glogauer Dom, die Bronzefigur etnes gegeißelten Christus von dem niederländisWen Bildbauer Adriaen de Vries, dem Sch{höpfer des Augsburger Merkur- und Herkulesbrunnens, ferner ein gotisWer Klappaltar von 1468 aus dem Breslauer Dome und von kTunstgewerblihen Arbeiten der Ornat des Grafen Hochberg aus der Vincenzkir®e in Breslau, bestehend aus einem großen Baldachin, einem Pluviale, einer Kasel, zwei Levitenröcken (Dal- matiken), Stolen, Manipeln usw. Gr wurde um 1725 von dem Abt von St. Vinzenz Ferdinand Erafen Hochberg, dessen Porträt mit ausgestellt ift, gestiftet. Besondere Gruppen ‘bilden ferner die Bilder der {lesischen Nazarener Raphael Schall und Theodor Hamacher sowie die Geschenke an den Kardinal Kopp, Fürstbischof von Breslau, zu dessen 25jährigem Bischofsjubiläum am 27. Dezember 1906. Unter den Gemälden moderner Meister sind Bilder von Eduard von Geb- hardt, Eduard Kaempffer, Siegfried Haertel, Walter Zimmermann zu nennen. Die Erzeugnisse modernen kirhlichen Kunsthandwerks bestehen E in Glasfenstern, Paramenten und Kultgeräten der Gold-

miede.

Sechs Kilometer wesillch von Numantia hat der Profefsor Schulten-Erlangen ein großes befestigtes RNömerlager aus dem Jahre 153 v. Chr. gefunden. Wie der „Voss. Ztg.* gemeldet wird, versprehen die gut erhaltenen Reste groß geschiGtlihe Ergebnisse. Leider fehle es dem deutshen Forscher an den Geldmitteln, die zu einer gründlihen Aufdeckung und Durchforshung des Fundes nôtig sind.

Auch in Jtalien is jet ein Völkerkundemuseum zu- stande gekommen, was, wie der „Globus“ mitteilt, um so nôtiger war, als dort bisher nichts ähnliches bestand und auch in Italien, wie in anderen Ländern, die alten Sitten, Gebräucße, Gegenstände und Ueberlieferungen rasch verschwinden. Dr. Cambertino Lorta, be- kannt durch Reisea tin Neu-Guinea, ist der Begründer des Museo di Etnografia Italiana in Florenz. Ihm stand zur Seite E. Modigliant, der Erforscker der Insel Nias. Beide Männer batten erkannt, wie es umeSt sei, die heimishen ethnographishen Dinge zu vernahlässigen, während man von den „Wilden“ jede Kleinigkeit sammele. Loria stellte zunähft seine Privatsammlung zur Verfügung, während Modigliani eine vollständige Sammlung aus dem Aostatale stistete und Graf Bastogi seine volkskundlihe Bibliothek schenkte. Schon 1907 konnte das erfte Hest der Publicazioni del Museo di Etnografia Italiana in Firenze erscheinen, in dem eine Monographie von Caltagirone (Provinz Catania) enthalten ist. Das junge Museum zählt hon 8000 Nummern. Im Jahre 1911 (50 jähriges Bestehen d!8 Königreichs Jtalien) hofft man gelegentlich einer volkskundlihen 7 big in Rom größere Mittel zur weiteren Ausbildung zu er-

alten.

Land- und Forstwirtschaft. Ernteergebnisse und Getreidehandel in Serbien.

Der Kaiserlihe Konsul in Belgrad berichtet unterm 20. d. M.: Die Getreideernte Serbiens ist eingebraht und befriedigt durhaus. Die Beschaffenheit des Weizens ist sehr gut, die Gerste weist Spitbrand auf und hat auch sonst gelitten. Roggen wurde, wie immer, verhältnismäßig wenig angebaut. In Hafer ist die Ernte mittelmäßig. Die Maisfelder stehen durhweg in {chöner Entwicklung.

Infolge des hohen Weizenpreises in Ungarn und Oesterreich, der vor der Ernte bis auf 34 Kron. s. W. gestiegen war, kaufen seit etwa drei Wochen die bedeutenden Mühlen in Budapest, Wien und Linz sehr große Mengen Weizen in Rumänien und Serbten f Unter Hinzurehnung des österreichisch-ungarishen Zolles ftellt f dieser ausländische Weizen auf weniger als 32 Kronen. In den leßten vier Woten sind von Serbien donausbwärts über Sulina nah Belgien etwa 50 000 dz Weizen und Gerste versi worden, dagegen gingen in demselben Zeitraum nach Budapest und Wien elwa 250 000 dz Weizen und nach Pafsau 220—230 000 dz Weizen und Gerste. ree Mengen liegen ferner an den serbischen Hafenpläßen versand-

ereit.

Die Einfuhr zeitgemäßer Dreshmaschinen, auch solcher mit Lokomobilbetrieb, sowie von Getreidereinigungämaschinen hat in diesem Jahre lebhaften Aufschwung erfahren, so daß auf diesem Gebiete der hiesigen Landwirtschaft ein wesentliher Fortschritt zu verzeihnen ist. Dazu kommt, daß von Seiten der Regierung durch geeignete Maß- nahmen dahin gewirkt wird, daß das Getreide befser gereutert zur Ausfuhr gelangt; Zusaß an Raden und Widcken ist allerdings noch immer zuviel vorhanden. ;

Die Getreidepreise sind gegenwärtig in Belgrad für Weizen 18,50—19,20, für Roggen 12,00—13,00, für Gerste 10,60—11,50, für Hafer 9,20—10,€0 und für Mais 13,00—14,50 Dinar für 1 dz,

Der „Schweizerischen Landwirtschaftlichen Zeitschrift“ wird unter dem 21. über den Stand der Kulturen aus dem Knonauamt ge- shrieken: Endlich is in der Witterung eine Besserung eingetreten, E daß der Emdet s{neller beendet werden kann als der Heuet ; mit

er Menge wie mit der Güte kann man durchs{nittlih zufrieden sein.

Mancherorts ist man mit dem Emden noch zurückhaltend, was wohl begreiflih ist, wo vor 4—b Wochen noch geheuet wurde. Während im Tale das Getreide bereits unter Dach gebracht ist, rüftet man ih in höheren n erst jeßt auf die Ernte. Birnen und Aepfel entwideln sich bei diesem \chönen Weiter merklich, man kann einen reichlichen Obstertrag erwarten, der ebenfalls von bester Qualität sein wird. Das Gartengewächs hat sich wider Erwarten erholt; man erkennt, was schöne, sonnige Tage zu leisten imstande sind. Einzig die Kartoffeln haben sich niht mehr recht erholen können ; das nasse Wetter hatte ihnen zu arg zugeseßt; man wird bei der Ernte mit kranken Exemplaren zu rechnen haben.

Handel und Gewevbe,

In der heutigen Sißzung des Zentralaus\chusses der Reichsbank führte der Vorsißende, Vizepräsident des Reichsbankdirektoriums Dr. von Glasenapp aus, daß si aus der zum Vortrag gebrahten Wochenübersiht vom 923. d. M. und den seither eingetretenen Veränderungen ein Grund zur Aenderung des Diskontsaßes niht ergebe. Der Zentralausshuß war hiermit einverstanden. Schließlich wurden noch einige Gattungen von Schuldverschreibungen zur Be- leihung im Lombardverkehr zugelassen.

Weitere Nachrichten über „Handel und Gewerbe“ st. i. d. y s Ersten Bailege)

Theater und Musik.

Zur heutigen hundertsten Aufführung der „Götter- dämmerung“ im Königlichen Opernhause macht die Gezeralintendantur der Königlichen Schauspiele folgende Angaben: Das Schlußwerk des Bühnenfestspiels „Der Ning des Nibelungen“ fand am 27. Sept. 1888 Aufnahme in den Spielplan der Königlichen Oper, nachdem „Rheingold“ am 20. April desselben Jahres, „Siegfried“ im Dezember 188 und „Die Walküre“ am 7. April 1885 vorausgegangen. Während aber die „Walküre“ mit bereits 185 Wiederholungen dem iw?iten Centennarjubiläum nahe ist, „Siegfried“ im Jahre 1907, „Rheingold* im vorigen Jahre bis zur 100, Aufführung gelangten, wird dies mit „Götterdämmerung“ erst heute der Fall sein. Die Erstaufführung, unter musikalischer Leitung von J. Sucher, fand mit den Damen

Sucher, Hiedler, Staudigl, Leisinger, EChrenstein, Lammert, den Herren Ernst, Oberhauser, Biterii, Schmidt ihre Be- sezung, Die 50, Wiederholung (4. Dezember 1900) wurde

voa Dr. Mvck geleitet, in den Hauptrollen durch die Damen Gul- branson, Destinn, Goetze, Herzog, Nothauser, Pohl, die Herren Kraus, Berger, Wittekopf, Nebe beseßt. Eudehus, Vogel, Burgstaller sangen die Rolle des Stegfried als Gäfie; Fränkel, Bahmann sangen den Gunther; Elmblad, Stammer, Mödlinger den Hagen; Lieban, Stelper, Friedrichs, Bischoff den Alberih. Die Brünnhilde wurde durch die Damen Moran-Olden, Klafski, L Lehmann, Bettaque, Reinl, Leffler- Burkard, Kurt, Walker u. a verkörpert; die Gutrune von ten Damen Egli, Weit, Rose; die Waltraute von Frau Shumann- Heink, Fräulein NRothauser, Fräulein Ober und Frau von Scheele- Müller gesungen. Dirigenten waren die Herren Weingartner, Richard Strauß, Schalk, Walter, S(lar und von Strauß. Die Besetzung und musikalishe Leitung der heutigen Jubiläumsaufführung ift bereits gestern bekannt gegeben worden.

Im Königlichen Opernhauje wird morgen, Sonntag, „Mignon“ mit Fräulcin Art ôt de Padilla, die si in der Titelrolle an der Königlichen Oper vorstellt, gegeben. Fräulein Gates, die Herren Kirhhof, Bahmann, Dahn, Mödlinger, Vallentin sind in den übrigen Rollen beschäftigt. Montag findet eine Aufführung von Nicolais komisher Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ statt, mit den Damen Herzog, Rothaufer, Easton, den Herren Knüpfer, Bischoff, Mödlinger, JIörn, Lieban und Krasa in den Hauptrollen, statt. Dirigent der beiden Opern ist der Kapellmeister Dr. Besl. Ueber den größten Teil der Billette zu der am 1. September auf Aller- höchsten Befehl stattfindenden Vorstellung „Die Puppenfee“ ist Allerhöchst verfügt. Die noch vorhandenen Billette für den ersten Rang, das Parkett und den zweiten Rang werden nur unter der ausdrücklihen Bedingung verkauft, taß die Besucher im Gesell- \{aft8anzug (Damen in ausgeschnittenen hellen Kleidern, Herren in kleiner Uniform bezw. Frack und weißer Binde) erscheinen.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen das fünf- aktice Trauerspiel von Ernst von Wildenbruch „Die Karolinger“, mit den Herren Netper, Geisendörfer, Lindner, Staegemann, olenar, Kraußneck und den Damen Lindner, Willig und Steinsieck in den Hauptrollen, gegeben. Am Montag werden „Die Lieder des Euripides* in der bekannten Beseßung wiederholt.

Im Neuen Königlichen Operntheater wird morgen „Der Pofiillon von Lonjumeau“ aufgeführt, Die Titelrolle singt Herr Iörn, die Madeleine Fräulein Dietrih, den Marquis Herr Philipp, den Bijou Herr Knüpfer, den Bourdon Herr Krasa. Dirigent ist der Kapellmeister Blech. Am nächsten Sonntag, den 5. Seps tember, wird das englishe Lustspiel „Mrs. Dot* von Maugham gegeben. Der Vorverkauf zu dieser Vorstellung beginnt morgen Sonntag, Vormittags, an der Kasse des Königlichen Schauspielhauses.

Im Deutschen Theater eröffnet der Dicektor Max Reinhardt am Mittwoch, den 1. September, seire Wintersptielzeit mit einer Auf- führung von Goecthes „Faust“. Dies Werk wird au an den fol- genden Abenden wiederholt.

In den Kammerspielen des Deutschen Theaters beginnt am Miitwoh, den 1. September der Direktor Alfred Halm ein Gnsemblegastspiel mit dem Schauspielpersonal des Neuen Schauspielhauses. Gegeben wird das Lusispiel „Die Sünde“ von Max Bernstein.

Im Neuen Schauspielhause wird an allen Tagen der kommenden Woche die Operette „Miß Dudelsack“, mit Friy Werner als Gast, aufgeführt, mit Ausnahme des Freitag, an welhem Tage ene HEIoIjene Vorstellung für den Verein „Freie Volksbühne* statt- ndet,

Im Berliner Theater wird morgen sowie am Montag, Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Kalischs Gesangspofse „Einer von unsere Leut?“ gegeben. Am Mittwoch findet die Erstaufführung von Karl Rößlers dretaktigem Lustspiel „Da3 Lebensfest“ statt, das auch am Freitag und Sonntag wiederholt wird. Am kommenden Vountzgnaquitg geht Hebbels „Herodes und Mariamne* in Sjzeae.

Albert Bassermann tritt im Lessingtheater vor seinem Scheiden nur noch dreimal auf. Er spielt morgen die männlichen Hauptrollen in Felix Saltens Einakterzyklus „Vom andern Ufer“, am Montag den Rubeck in „Wenn wir Toten erwachen“ und am Dienstag den Konsul Bernick in den „Stützen der Gesellschaft“. Am Mittwoch erscheint die Burleske „Der König" zum ersten Male wieder im Sptelplan des Lessingtheaters.

Im Schiller theater O. (Wallrertheater) wird morgen abend (zur Feier von Goethes Geburtstag) „Göß von Berlichingen“, Montag und N „Ein Erfolg“, Dienstag und Donnerstag „Der Biber- pelz* gegeben. Mittwoch und nächsten Sonntagnachmittag geht ce) Sonnabend und nächsten Sonntagabend „Die Ebhre* in

jene.

Das Schillertheater Charlotitenburg bringt morgen nàGmittag „Doktor Klaus", morgen abend sowie am Dienstag und Donnerstag „Madame Bonivard". Montag und Sonnabend wird das Lustspiel „Bresters Millionen“, Mittwoh „Die Ehre“ wieder- holt. Freitag findet die erste Aufführung des Lustspiels „Die vom Hosattel* statt, das nähsten Sonntagabend wiederholt wird. Für E Sonn aa s ist „Die Welt in der man ih langweilt* angeseßt.

In der am 1. September statifindenden ersten Vorstellung der neuen Spielzeit im Neuen Theater, in „Emilia Galotti“ werden folgende neu verpflihtete Mitglieder sich vorstellen: Fräulein Rubner als Emilia, Frau Kronau als Claudia Galotti, die Herren Stoeckel als Prinz Hettore, O als Appiani, Baselt als Angelo, Ferrand als Conti. Die Orsina )pielt Frau Alma Renier, den Marinelli Herr S{hmidthäßler, den Odoardo Herr Neuß und den Camillo Rota Jer v vid Das Drama if von dem Direktor Schmieden in

zene geseßzt.

Der erste Wochensptielplan der Volks oper (Bellealliancetbeater) bringt außer Wiederholungen der am Dienstag stattfindenden Gröffnungövor stellung: „Ernani*, die Overn „Freishüt*, „Waffen- \{mied*“, „La Traviata“ und Iroubadour*, in denen der Direktor Dr. Alfieri Gelegenheit findet, sein gesamtes Künstlerpersonal in ent- scheidenden Aufgaben vorzustellen.

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