1868 / 174 p. 9 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

und Saatkorn abgeholfen, der das Land am härtesten bedrükte, weil diese dem Landbau unentbehrlihsten Bedürfnisse bei der damaligen Mangelhaftigkeit der VerkehrSverhältnisse in der Provinz nicht einmal für Geld zu erstehen waren. Die König- lichen Geschenke an Zugvieh und Cerealien repräsentirten nach damaligen geringen Preissäßen einen Werth von 306,550 Reichs- thalern, wenn man jedes Pferd nur zu 10 Thlrn., den Wispel Mehl und Roggen zu 16 Thlr., den Wispel Gerste zu 12 Thlr. und den Wispel Hafer zu 8 Thlr. rechnet. T

Die hauptsächlihste Schwierigkeit, welche der Hebung des Ackerbaues in Pommern damals nach wie vor entgegenstand, blieb aber die bereits erwähnte Entvölkerung und der dadurch herbeigeführte Mangel an Arbeitskräften. i

Die preußische Regierung hatte der Colonisation durch ge- werbesleißige Einwanderer von außerhalb schon seit lange beson- dere Aufmerksamkeit zugewandt; die bekanntesten Beläge dafür bieten die Aufnahme der 20,000 französischen Reformirten, welchen Kurfürst Friedrich Wilhelm in Brandenburg JQuflucht gewährte, nicht minder die Uebersiedelung von einer Anzahl religiöser olüchtlinge aus der Pfalz und Belgien unter König Friedrich I. und die Aufnahme der 20,000 vertriebenen Salzburger durch scinen Nachfolger. König Friedrich 11. strebte nunmehr mit erhöhter Fürsorge nah weiterer Ausdehnung der Colonisation und {uf eine vollständige Organisation der dazu dienlichen Maßnahmen. Jn Frankfurt a. M. unterhielt er zu diesem Zweck einen eigenen Agenten, den Geheimen Kriegsrath von Freytag, welcher mit erheblichen Geldmitteln zur Beförde- rung von Kolonisten nach Preußen versehen war.

Außerdem hatten die Legationen im Auslande die Herbci- ziehung von Ansiedlern zu betreiben, und auc den auf Wer- bung in die Nachbarstaaten ausgesandten Offizieren war Be- fehl ertheilt, während ihres Kommando's für die Einwanderung nah Preußen zu wirken. Jn dieser Absicht wurden ihnen, gleich den Agenten und Legationen, Extrakte aus den König- lichen Patenten zur Verbreitung zugefertigt, welche eine Ueber- sicht der den Anjiedlern in Preußen verheißenen Benefizien ent- hielten. Solche bestanden in der Verschreibung von Ackerparzellen auf den Königlichen Aemtern zum erb- und eigenthümlichen Besiß und Gebrauch, in freiem Bauholz aus den Königlichen Forsten , Befreiung von Staats- und Kommunallasten für be- stimmte Jahre, und Schug vor aller Werbung zum Militair- dienst , der den Ansiedlern selbst, ihren Kindern und ihrem Gesinde zugesichert wurde.

Die Bemühungen des Königs blieben nicht ohne Erfolg, denn schon beim Ausgange des Jahres 1771 war der durch den Krieg herbeigeführte Abgang an Einwohnern in Pommern nicht allein erseßt, sondern die Bevölkerung schon um 30,584 Seelen größer als im Jahre 1756; es sind also seit jener Zeit 86,763 Personen wieder in das Land gezogen.

Um diese zu beschäftigen, ließ der König auf den pommer- schen Aemtern ansehnliche neue Kolonien anlegen, auch selbst einige Amtsvorwerke dazu abbauen und wirthschaftliche Ver- besserungen aller Art in's Werk seßen; durch Trokenlegen und Ausroden wüster Brücher, Kultivirung wüster Feld- marken, Wegnehmen der Wassermühlen, soweit Ackerland oder Wiesen dadurch unter Wasser geseßt wurden, Abgraben der Gelder, Ansehen von Familien und Erhöhung des Viehstandes auf den Domainen und adeligen Gütern. Die Besißer der lehteren erhielten die Aufforderung, si unter Einreichung der von den Landbaumeistern und sonstigen Regierungs8-Kommissa- rien zu revidirenden Kosten-Anschläge um die zinsfreie Ueber- lassung von Kapitalien zu den vorzunehmenden Meliorationen bei der Kammer zu bewerben, deren Bewilligung alsdann an die hypothekarische Eintragung ratione canonis geknüpft wurde. In der Regel wurde gleichzeitig die Aufnahme einer Anzahl von fremden Kolonisten zur Bedingung gemacht. Vor der Ankunft solcher Leute erhielt die Kammer von Berlin aus Nach- riht, um nah Maßgabe des Bedürfnisses den Ansicdlern vor- läufiges Unterkommen zu verschaffen, sowie die weitere Be- förderung und die definitive Vertheilung derselben zu bewirken und zu regeln.

Die Meliorationen , welche der König nunmehr unter des Geheimen Finanz-Raths v. Brenkenhoff Leitung auf diese Weise in's Werk seßte, zerfallen in zwei Kategorieen, nämlich in solche, deren Ausführung die Staats-Regierung selbstthätig übernahm, und solche, für welche sie fördernd dur Darleihen von Kapital, Ueberlassung von Bauholz oder Ueberweisung von Ansiedlern U. st. w. den privaten Unternehmern hülfreich zur Seite trat.

_ Diese leßtere Kategorie steht in engem Zusammenhange mit der Gründung und Verwendung des pommerschen Melio- cationsfonds, dessen bereits Erwähnung geschehen is; die Erfolge der auf diese Weise von Privatpersonen unternomme- nen Meliorationen entziehen \ich jedoch der genaueren Dar- stellung, weil es dazu an dem nöthigen Material gebricht.

Dagegen geben die Akten des Archivs . der Königlichen Re-

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gierung zu Stettin eingehendere Auskunft über die vom Staate unmittelbar im dortigen Verwaltungsbezirk zur Ausführung gebrachten Entwässecungen. :

Diese Art der Aufbesserung der Ertragsfähigkeit von Grund und Boden war für den Regierungsbezirk Stettin wegen sciner walsserreichen Beschaffenheit die bei weitem wichtigste. Ein Theil desselben fällt bekanntlich in das untere Stromgebiet der Oder, die sih vor ihrer Mündung in die Ostsce in mannichfache Arme verzweigt und vor den Inseln Usedom und Wollin zu dem Stettiner Haff erweitert. Jn einem anderen Theile stagni- ren in Folge der geringen Abdachung des Bodens die zahlreich dur das lockere Erdreich dringenden Quellen zu See’'n und Sümpfen, welche ein Glied in der Kette der stehenden Gewässer ausmachen, die, gleich einem Kranze, an den Küsten des bal- tishen Meeres von Mecklenburg bis in die russischen Ostseepro- vinzen entlang zieht. Wo die obere Erdschicht fester und weniger porôs ist, bildet sich durch die häufigen unter- irdischen Quellen Grundwasser, welches den Boden an vielen Stellen kalt und unergiebig macht. Der Ueberfluß an Wasser ist aus diesen Gründen stets cin Hauptershwerniß für das Ge- deihen der pommerschen Landwirthschaft, und zwar häufig in so hohem Grade gewesen, daß ausgedehnte Landstriche ganz oder nicht genügend benußt bis in die Neuzeit liegen blieben, wo die Fortschritte, die der Landbau durch L nwendung der Drainage mittelst unter der Erde liegender Röhren erfahren hat, auch diesen Grundstücken zu Gute gekommen sind. Damals kannte man nur die Kanalisirung durch Grabensysteme über der Erde ; auf diese Art sollte die »Trockenlegung s{hädliher Sümpfe und Ab- lassung von Secen«, die cine hervorragende Stelle in dem Pro- gramm des Königs für die Hebung des pommerschen Land- baues einnahm, zur Ausführung gelangen. Sie wird in den bezüglichen Allerhöchsten Kabinets-Ordres an von Brenkenhoff stets von Neuem betont und in Folge dessen auch von leßterem der pommerschen Kammer als Objekt ihrer eingehendsten Er- mittelungen wiederholt empfohlen,

__ Wir beschränken uns darauf, die bedeutendsten unter Staats- leitung im Regierungs - Bezirke Stettin zu Stande gebrachten Meliorationen durch Entwässerung in Übersichtlicher Darstellung folgen zu lassen. Die Nachrichten über andere Meliorationen aus Jener Zeit, als Radungen, Anlage von Kolonicen U. \. w. sind theils ungenau, theils lückenhaft und fehlen sogar Über einzelne nicht unerhebliche Unternehmungen dieser Art völlig.

__ Die erste unter den großen pommerschen Meliorationen ift die Ablassung des Madue Secs und des Ploene Bruchs. Die Madue liegt zwischen den Städten Pyriß und Alt-Damm im Amte Colbay, und ist dur ihren Reichthum an allerlei Fischen, namentlich aber die ihr eigenthümlichen Maränen, auch über die Provinz Pommern hinaus bekannt.

Der Geheime Finanz - Nath von Brenkenhoff hielt diese Gegend für besonders geeignet zur Vermehrung der Landes8- Einwohner und entwarf daher im Jahre 1769 einen Plan, nach welchem durch Ablassung des See'F nicht allein eine Menge sonst unbrauchbarer und der beständigen Ueberschwemmung ius gescßter Brücher und Wiesenpläße trocken gelegt und nußbar gemachk, sondern auch ein Theil des Seerandes zur Weide- und Grasnußung verwerthet werden sollte. Der Plan fand des Königs Billigung und wurde zur Ausführung gebracht, die erforderlichen Kosten im Betrage von 36,231 Thlr. wurden auf die Hof-Staatskasse angewiesen.

__ Der Bezirk, welcher während der Jahre 1770 und 1771 dur) diese Melioration nußbar gemacht wurde, hatte cinen Flächen- Inhalt von 14,338 Morgen. Das Areal gehörte eincstheils zu den im Königlichen Amte Colbay belegenen Dörfern, an- derntheils aber zu den dort angrenzenden adligen Gütern, und zwar betrug die fiskalische Fläche 7795, die private 6543 Mor- gen. Hiervon überließ der König einen großen Theil an die bisherigen Besißer in den Amtsdörfern behufs Verbesserung ihrer Höfe und Nahrungen durch nußbares Weide- und Wie- senland, außerdem aber siedelte er 150 ausländische Familien mit 712 Personen auf dem Theile des trocken gelegten See- bodens an, welcher sich im fiskalischen Eigenthum befand.

Die durch dies Unternchmen den Königlichen Kassen neu zufließenden Einkünfte waren so beträchtlich, daß \ich das auf die Melioration verwandte Kapital zu 75 Prozent jährlich ver- zinste, Erheblicher aber noch als der fiskalische war der den adligen A N hieraus erwachsende Nutzen, denn diese waren frei von Kapitals8aufwendungen geblieben und hatten zu ihrer Ackerfläche Wiesen erhalten, an welchen die ganze dortige Gegend Mangel leidet.

Nachdem von Brenkenhoff dur öftere Besichtigung jener Verbesserung während dex Zeit ihrer Ausführung die Gegend näher kennen gelernt hatte, bemerkte er, daß auch jenseit der Madue durcy Urbarmachung der am Ploene-Strom belegenen vielen wüsten Brücher, und namentlich des sogenannten »großen Geluch8« ein erheblicher Nuyen für den Ackerbau daselbst ge-

zur Vereinigung beider Gemeinden leg | Hochstaden, der seinen Wohnfiß von Cöln nah Bonn verlegte, dieses befestigte und ihm, die Gerichtsbarkeit, den Zoll und die } Herbstbede von 100 Mark sich selbs vorbehaltend, Stadtréchte bestätigte und verlich.

stiftet werden könnte. Der entworfene Kostenänschlag bestätigte

| diese Meinung und erhielt die Allerhöchste Genehmigung. Der © König wies zur Deckung der entstehenden Kosten im Jahre 1774 cine Summe von 39,000 Thlr. an.

In diesen oberhalb der Madue an der Ploene gelegenen

urbar gemachten Brüchern und besonders im »großen Geluch«

find allmälig 150 auswärtige Familien angesiedelt. ; Die nächstfolgende Melioration war die Ablassung des im

Amte Pudagla auf der Jnsel Usedom belegenen Thur-Bruchs. Diese kam im Jahre 1772 zur Ausführung, und ermöglichte niht nur die Anlage einer ansehnlichen Kuhmelkerei, sondern auch die Niederlassung von 30 fremdenFamuilien mit 82 Personen, die dort einen schr guten Nahrungsstand fanden, und erst nach Verlauf von 3 Freijahren einen geringen Zins zu entrichten hatten.

Die Kosten dieses Unternehmens beliefen sich zwar auf

| 10,477 Thlr., der jährliche Amts-Etat wurde aber dadurch um über 400 Thlr. erhöht.

B onn. I

Bonn, eine der ältesten Städte des Rheines, entstand aus zwei

von einander getrennten selbstständigen Gemeinden: dem bei F dem castrum Bonna gelegenen Orte Bonn und der um das Cassius8stift (Münsterkirche) sich ausbreitenden villa Basilica, welche vom 10.—14. Jahrhundert auch den Namen Verona oder Bern führt. | von Leßterem : i | sowie Dietrich von Bern haben Bonn mit der Geschichte der römischen Krieg8züge aufs Jnnigste verbunden und zu einem

und Drusus, die

Cásar d qgeschlagene Brücke,

Die Eroberungsbzüge des | Rhein

hier über den

klassischen Boden der deutschen N Geor A E rzbisc C

Lacomblet, Urkundenbuch 11, 284). Als unter Marcus Agrippa die Ubier sich auf der linken

Rheinseite ausdehnten, gehörte Bonn zum Lande derselben, und das Jahr 70 sah Civ |

Kampfe gegen die Römer und die ihnen verbündeten Ubier als Sieger vor den Thoren des Kastells Bonn. (Tae. hist, IV, 20). Das dritte Jahrhundert, die Zeit der großen deutschen Völker- bündnisse,

der Ubier.

den Helden der Bataver , Civilis, im

Franken in die Sißte folgt die Herr- Hofessystem

ripuarischen den Merowingern deren Institutionen ,

bringt die Nach der Carolinger ,

schaft

und Gemeinde-Verfassung Bonn als Hauptstadt des Ahr- gaues (des auch nach ihm benannten Bonngaues) sich völlig

ormannen heim-

aneignete. Von den Plünderungszügen der

gesucht, erholte es sih unter den Ottonen und der Herrschaft der Côlnischen Erzbischöfe schnell, so daß cs bald neben Cöln als die wichtigste Stadt des E-czstiftes erscheint. Während Cöln | jedoch bald den Handel als die belebende Ader des öffentlichen Ge- deihens erkannte und in dem Bewußtsein der durch eigene Kraft erworbenen Schäße die Bewahrung der erlangten Privilegien | Und fortwährende Erweiterung derselben anstrebte, den Erz-

bischof mehrmals aus seinen Mauern vertrieb, hielt die Stadt Bonn immer zum Erzbischof, dessen Sache sie zu vertreten

_sih sehr angelegen sein ließ, für den sie daher auch kämpfen | und dulden mußte. he

bischöfe in dem ihnen ergebenen Bonn. Dem von König Rudolph verkündeten und von sämmtlichen Territorien und Städten des

Mit Vorliebe verweilten daher die Erz-

Niederrheins ersehnten Landfrieden trat Bonn 1288 bei und wurde mehrfach in die wegen der Rheinzölle zwischen den Cöl- nern und dem Erzbischof ausgebrochenen Streitigkeiten ver- wickelt , in denen der Zoll bei Bonn bald aufgehoben, bald wieder eingerichtet wurde. E

Das freundschaftliche Verhältniß der Stadt zum Erz- bischof erlitt im 14. Jahrhundert eine Veränderung. Als

| bei der allgemeinen Unsicherheit und den fortwährenden Fehden dieser Jeit die Städte sih zum Zwecke der Selbsthülfe unter

sich verbündeten, ging auch Bonn verschiedene Verbindungen mit Nachbarstädten ein. So {loß dasselbe 1301 mit Ander- nah, Coblenz, Boppard und Wesel ein Schuß- und Trußbünd- niß und trat im Jahre 1359 einer Verbindung gegen den Cölner Erzbischof bei. Als nämlih Wilhelm von Gennep den Land- frieden dadurch zu brechen schien, daß er die Jnsel Rolands- werth befestigen und daselbst einen Zoll anlegen wollte , ver- banden sich die Städte Cöln, Coblenz, Andernach, Bonn (Lacom- blet Urkb. 111, 589), um dieses Vorhaben zu vereiteln , was ihnen auch gelang. Das von Bonn zu stellende Kontingent wird auf über 500 Mann festgeseßt, und am 8. September

desselben Jahres schließen diese Städte ein Shuß- und Truh- Bündniß auf 10 Jahre Vündnisse, die sich im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts mehrmals wiederholen.

__ Die Reformations8geschichte des Erzstifts Cöln darf Bonn nicht unerwähnt lassen. Erzbischof Hermann V. von Wied zog den ihm von dem Konvente zu Hagenau (1540) ber be- kannten Martin Bucer an seinen Hof und beauftragte ihn, in Bonn am 17. Dezember 1543 von öffentlicher Kanzel herab zum ersten Male die neue Lehre zu verkünden. Melanchthon, Hedion , Pistorius , Sarcerius überwanden , da sie vom Erzbischof und dessen Bruder Fricdrih, Stiftspropst in Bonn, beschüßt wurden , den ihren vom Domkapitel bereiteten Widerstand und leisteten Bucer Hülfe. Vonn stand an der Spihe der reformatorisch gesinnten Städte des Erzstiftes. Der Befehl des Kaisers Karl V., der auf einem Zuge gegen den Herzog von Cleve in Bonn beim Erzbischofe abstieg, leßterer solle Bucer, Sarcerius und Hedion entlassen, hatte keinen nennenswerthen Erfolg, und auch der vom Papst Paul 11, 1546 über den Erzbischof selbst ausgesprochene Bannflucch würde die reformatorischen Bewe- gungen nicht unterdrückt haben, wenn nicht Hermann freiwillig sich zurückgezogen hätte. Sein Nachfolger Adolf 11]. von Schauen- burg wußte durch Ausweisung der Reformatoren den alten Glau- ben wieder herzustellen und auch die folgenden: Anton von Schauenburg , Johann Gebhard von Mansfeld, Friedrich 1V. von Wied und Salentin von Jsenburg beharrten streng bei der katholischen Lehre. Leßterer erwarb sich um Bonn dadurch Verdienste, daß er an Stelle des alten vorfalienen Schlosses ein neues erbaute, welches sih vom Stoenthore bis zum alten Zoll ausdehnte. Die Zeit hat jede Spur hiervon verwischt. Erst unter Gebhard 11, Truchsecß tritt Vonn wieder in den Bordergrund. Bonn bildete die Stüße der Neucrer, auf Cöln war dagegen die Hoffnung der Anhänger des alten Glaubens gerichtet. Das Verhältniß Gebhard's zur Gräfin Agnes von Mansfeld], Stiftsdame zu Gerreshcim, und die zu Bonn vollzogene Heirath derselben sind zur Genüge bekannt.

Innerhalb Bonn's Mauern wurde ein denkwürdiger Kampf ausgefochten. Gebhard verließ am 4. Februar 1583 mit seiner Gemahlin Bonn, indem er die Vertheidigung dieser Stadt gegen die Truppen des neuerwählien Erzbischofs Ernft von Bayern seinem Bruder Carl anvertraute. Mangelhaft ausgerüstet, ohne genügende Unterstüßung , von seinen eigenen Soldafen verrathen und ausgeliefert, wanderte Carl am 29ten Januar 1584 in die Kricg8gefangenschaft, während die Besaßung capitulirte und bayrische Sol- daten die Stadt beseßten, in welche der Erzbischof Ernst selbst am 2. Februar 1584 feierlich cinzog. Jedoch war hiermit der Protestantismus noch nicht in seinem Keime erstickt. Plößlih in der Nacht vom 22. -—— 23. September

1587 ershien Martin Schenk von Nideggen vor Bonn, überrumpelte und plünderte die Stadt. Bonn ertrug wieder die Schrecken einer halbjährigen Belagerung (März bis Sep- tember 1588) durch das aus Deutschen und Spaniern bestehende Heer des Erzbischofs. Am 28, April 1588 endlich kapitulirte Schenk und verließ Bonn mit verwüsteten Kirchen und Klöstern, zusammengeschossenen Häusern und Mauern. Jm Z0jährigen Kriege hatte Bonn zwar keine Belagerung, wohl aber Streif- züge der Schweden, welche mehrfach im Besiße der umliegenden Ott U U C A

Erzbischof Maximilian Heinrich leitet eine für Bonn trau- rige Reihe von Ereignissen ein. Jn Bonn erhoben si fran- zösische Magazine, französische Truppen quartierten si{ch dort ein. Unter Leitung des Prinzen von Oranien und Grafen

Montecuculi mußte daher Bonn 1673 von Neuem belagert und für das deutsche Reich zurükerobert werden, eine Belagerung, die sih in Folge der Wahl Egon's zum Coadjutor und 1688 zum Erzbischof im Jahre 1689 wiederholen sollte. Die Fran- zosen überflutheten das Erzstift und beseßten Bonn. Branden- burgs Fürst war diesmal die Aufgabe zugefallen, Bonn den Feinden zu entreißen. Bonn hat wohl durch keine andere Belagerung so gelitten, als durch diese. Kirchen, Klöster, Privathäuser sanken in Schutt und Asche. Eine Denk- münze, die auf der einen Seite die Belagerung der Stadt mit der Umschrift: »Bonro redit omine Bonna « enthält, sollte ein ewiges Andenken an diese Belagerung und Eroberung sein. Die Politik Clemens Joseph's , der allein von den deutschen Fürsten mit dem Kurfürsten von Bayern im spani- hen Erbfolgekriege die deutsche Fahne verließ, um sih mit Frankreich zu verbünden, zog Bonn 1703 die fünfte Belg- gerung durch den holländischen General Cochorn zu, der unter Marlboroughs8 Oberbefehl den Angriff leitete. Die Fran- zosen mußten die Stadt räumen. Die Festung8werke Bonn's wurden in Folge der Friedenss{lüsse von Baden und Rastatt (1714) auf Verlangen der Holländer geschleift. E8 leuchtet ein, daß cine so vielfah von Kriegsstürmen heimgesuchte Stadt