1868 / 228 p. 11 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

ündwaarenfabriken mit 219 Arb. in den Kreisen Gandersheim und Blankenburg, 3 Glashütten mit 129 Arb. in den Kreisen Holzminden und Blankenburg, 1 Spiegelglasfabrik mit 27 Arb., 1 Porzellanfabrik mit 39 Arb. und 2 Steingutfabriken mit 13 Arb, sämmtlih im Holzmindener Kreise. Mit Zubereitung von Pflanzen- und Thierstoffen für den gewerblichen und häuslichen Bedarf waren U. A. 201 Oelmühlen mit 302 Arb.,, 47 Sägemühlen und Fournierschneidereien mit 89 Arb im Betriebe. Von geringerer Bedeutung ist die Fabrication von Papier, Holz- und kurzen Waaren; es sind hier namentlich 12 Papier- und Pappefabriken mit 187 Arb., 3 Papiertapeten-Fabriken, 1 Lederwaarenfabrik, 6 Strohhut- und Strohwaaren-Manufakturen mit 82 Arb. hervorzuheben. Am stärk- sten ist die Fabrication von Verzehrung®sgegenständen, bei welcher namentlich die Mühlen - Etablissements, die Tabaks- und Ci- garren-Fabriken, die Rübenzuerfabriken , die Bierbrauereien, Brannt- weinbrennereien und Cichorienfabriken in Betracht zu ziehen sind. Wassermühlen, die sich in allen Kreisen, am meisten aber in dem von Helmstedt, finden, gab es 275 mit 549 Mahlgängen und 603 Arbeitern; Windmühlen zählte man 107 mit 219 Arbeitern, außer- dem waren noch 2 durch thierische Kräfte und 4 durch Dampf ge- triebene Getreidemühlen vorhanden. Die Fabrication von Tabak und Cigarren wird îin den Kreisen Braunschweig und Gandersheim am stärksten betrieben; von 52 Fabrifen mit 1060 Arb. weist ersterer 25 mit 666 Arb., leßterer 5 mit 238 Arb. nah. Die Rübenzuer- Industrie hat ihren Siß in den Kreisen Braunschweig, Wolfenbüttel und Helmstedt und hier in den lebten eas bedeutend an Aus- dehnung gewonnen. Die Fabriktabellen für 1861 weisen nur 16 der- artige Fabriken mit 2651 Arb. nach; es bestehen deren gegenwärtig aber 25, die im Betriebsjahre 1866/67 4,162,100 Ctr. rohe Rüben ver- arbeitet und daraus ca. 330,000 Ctr. Rohzucker gewonnen haben; die von denselben entrichtete Rübenzuckersteuer hat 1,040,525 Thlr. betra- gen. Die Bierbrauerei ist gegen frühere Zeit allerdings etwas zurück- gegangen, doch erfreuen sich einige der im Lande gebrauten Biere, na- mentlich die Mumme aus Braunschweig und der Duckstein aus Kö= O noch immer einigen Rufes. Man zählte 1865 überhaupt 120 Brauereien, von denen jedo nur 105 im Betriebe gewesen sind; ihre Production betrug 98,353 Ohm à 160 Qrt. Bier, zu deren Her- stellung 65,451 Ctr. Getreide erforderlih gewesen sind. An Braumalz- steuer sind in dem gedachten Jahre 35,427 Thlr. aufgekommen. Brannt- weinbrennereien gab es im Jahre 1865 67 mit 269 Arb., welche 71,491 Scheffel Getreide, 608,188 Schffl. Kartoffeln und 48,569 Schffl. andere Materialien verarbeiteten, aus denen 8,568,415 Art. Spiritus à 50 pCt. gewonnen worden sind; die dafür vereinnahmte Steuer belief sich auf 207,934 Thlr. Cichorien-Fabriken, denen in der amt- lichen Tabelle aber auch Chokoladen- und Senf - Fabriken zugerechnet sind, gab es im Jahre 1861: 16 mit 309 Arb., die bedeutendsten der- selben (11 mit 2584 Arb.) in der Hauptstadt; die größeren derselben

haben ihren Absaß nicht blos über den Zollverein, sondern auch nach

der Schweiz, Oesterreich 2c. ausgedehnt.

Von Anstalten und Unternehmungen für den literari- \chen Verkehr sind {ließlich noch zu nennen: 4 Schriftgießereien, 18 Buch - und Notendruckercien mit 351 Arb., 11 Druckereien von Kupfer- und Stahlstichen, R Otllen 2c. 1 Jnfstitut für Globen, Landkarten, Planetarien, 21 Buch-, Kunst- und Musikalien-Handlungen. Die bedeutendsten dieser Anstalten befinden sih in der Hauptstadt.

Das Weichsel-Delta.*)

Der fruchtbare Landstrich zwischen der Weichsel und Nogat, Theile der Kreise Marienburg und Elbing, verdankt seine Kul- tur erst der Ende des 13. Jahrhunderts begonnenen Erbauung der Dämme an der Weichsel und Nogat. Vor der Nieder- lassung des deutschen Ritterordens in Preußen war das Weichsel-

Delta nur eine öde, den Ueberschwemmungen ausgeseßte Sumpf-'

fläche, die durch zahlreiche Wasserläufe durchschnitten war. Auf den höher gelegenen Jnseln wohnten im 5. Jahrhundert Viri- darier oder Vidivarier, ein slawisches Mischvolk, welches in dem Wild der Rohrbrüche und den Fischen der fließenden Gewässer reichliche Nahrung fand, jedo der Tradition zufolge nur fünf Dörfer besessen haben soll. Nachdem das große Werder von den Herzögen von Pommerellen in den Besiß der Ritter Übergegangen war, welche später auch die masowischen Antheile durch Kauf erwarben, wurde das Werder durch die großartigen Dämme, die angeblich 1288 von dem Landmeister Meinhard von Querfurt begonnen und in sechs8 Jahren voll- endet wurden, dem Landbau gewonnen. Einwanderer aus Norddeutschland und den Niederlanden, die unter großen Be- günstigungen von den Rittern herbeigezogen wurden, begannen die Kultur des Landes, welcher 1308 durch die Erwerbung Pommerellens die große Wasserstraße nah Danzig eröffnet und dadurch der Absag der Produkte nah England und den skan- dinavischen Reichen ermögliht wurde. Als dann 1309 auch der Hochmeistersiß nah Marienburg selbst verlegt und die

s Nach dem Aufsaß des Dr. Eckerdt in der Zeitschrift für

Preußische Geschichte und Landeskunde Septemberheft und dem in Berlin bei Wiegandi und Hempel 1864 erschienenen Buche: Die Provinz Preußen,

reihen Landstrihe des Werders allmälig eine er iebige &Finanzquelle für den Orden wurden, blühte das Werder unter der Fürsorge der Hochmeister {nell auf und dag deutsche Element verdrängte in kurzer Zeit das nichtdeutsche oder machte es sich dienstbar. Unter dem Hochmeister Carl Beffard von Trier (1311—1324) wurden hier allein 13 deutsche Dörfer gegründet und bis zum Regierung8antritt Winrichs von Kniy- rode (1351) 23, unter seiner Un 8 neue Dörfer angelegt; in die Zeit Konrad ZöUners (1381—1392) fällt die leßte Fun- dationsurkunde der Ordensritter, die von Montau. Die Colo. nisirung des Werders geschah nach cinem bestimmten Systeme; die ersten Anlagen der Dörfer bis 1324 fallen in die engen Theile des Werders zwischen Dirschau und Marienburg; die nördlichste war Mirau bei Neuteich, die südlichsten Milenz undSchönau. Es waren zunächst die höher belegenen, bereits trockenen, Stellen zu Ansied- lungen ausersehen; die nördlicheren Landstriche lagen noch im Sumpfe. Jm J. 1340 wurde die Querdurchschnittslinie dieses Strichs, die gerade Straße von Marienburg nach Dirschau, zur Weichselüberfahrt hin, mit Dörfern beseßt. Jn den folgen- den Decennien wurden die Lücken ausgefüllt und die Kolonieen nah dem Haff hin längs der alten Weichsel und Nogat erwei- tert; agegen blieb die Gegend zwischen der Nogat und dem Drausensee in der Ordenszeit wenig berücksichtigt; der östliche Theil dieser Gegend wurde erst unter der polnischen Herrschaft durch Mennoniten urbar gemacht.

Die Ansiedler kamen aus verschiedenen Gegenden; um Elbing »und andere wässrige Orte« hatten sih Leute aus Sach- sen, Jülih und Holland niedergelassen, im Ermländischen reisige Knechte aus dem Jülichschen und Geldernschen, im Kulmerlande und in Pomesamen Bauern aus dem Meißenschen und aus Schlesien. Die ursprünglichen Bewohner des Werders, die Preußen, Polen und Wenden, wurden von den Ansiedlern ger- manisirt und sanken zu Dienstleuten herab, die aber dur Jahrhunderte hindurch einen tiefen Haß gegen die deutschen Einwanderer bewahrten.

__ Die Vertheilung der Ländereien unter die Ansiedler ges{hah vielleicht, nach altgermanischer Sitte, durch das Loos, woher sih noch heut im Werder die Hofzeichen“ erhalten haben mögen, in denen die alte Rune, mit welcher die Loose bezeichnet waren, erkennbar is, Sämmtliche Dörfer wurden vom Orden zu S Rechte verliehen und hicßen deshalb . cölmische

rfer. i

__ Die Lasten, welche die Ansiedler zu tragen hatten , waren nicht unerheblich ; außer den Geld- and Natural-Abgaben, sowie den Diensten bei den Burgbauten, war besonders die Unterhal- tung der Dämme, die jeder Hufe zu einem Sail (5—6 Ruthen) oblag, lästig. Die ergiebige Ernten der Niederung wogen diese Lasten und die Schäden, welche Uebershwemmungen zeitweise verursachten, aber reichlich auf, und die Ansiedler galten Ende des 14. und Anfangs des 15. Jahrhunderts als sehr reiche Leute. Mit dem Reichthum war aber der Luxus und der Ueber- muth der Werderer gewachsen, der viele Excesse und Konflikte mit den Rittern E

Mit der Schlacht bei Tannenberg (1410), welche die Macht des Ordens brach, war auch die Blüthezeit des Werders vor- Über. Krieg, Pest, Uebershwemmungen und Mißwachs suchten die Ansiedelungen heim und der Orden konnte nicht nur nicht helfen, sondern mußte, um seine Kriege führen zu können, die Werderer noch durch neue Steuern bedrücken. Hierdurch wuchs die Erbitterung gegen den Orden, und die Bewohner des Wer- ders wurden die treuesten Anhänger des Königs von Polen. Als aber nach langen blutigen Kriegen das Werder durch den &rieden von Thorn 1466 an Polen fiel, war das Weichseldelta wÜst Und verödet. Im ganzen Ordenslande hatten von 21,000 Dörfern nur 3013 die Kriege Überdauert; 1019 Kirchen waren fast ganz zerstört worden.

Auch die drei Jahrhunderte der polnischen Herrschaft brach- ten über das Weichseldelta so viele und {were Leiden, daß es den Kulturzustand, auf welchen es die Ritter erhoben hatten, nicht wieder erreichen konnte. Erst seit seiner Vereinigung mit Preußen (1772) ist es allmälig auf den Stand seiner früheren Production zurückgelangt und hat denselben , troy mancher E aas , welche Ueberschwemmungen verursachten, Überschritten.

Zu dem Weichseldelta wird jeßt nicht allein der Landstrich zwischen der Weichsel und Nogat nördlih der Montauer Spiße gerechnet, sondern es werden auch alle die neugebildeten Bor- ländereien des Haffs hinzugezählt , welche durch die Verzwel- gungen der Nogat und der Weichselmündungen unter der Bt- zeichnung der »Haff- und Weichselklampen- vom Ausfluß der Nogat bis zur Düne an der Ostsee sich hinziehen. Das Delta ene außer diesen Kampen aus dem großen Marienburger Werder und der Tiegenhöfer und Elbinger Niederung und nimmt etwa 60 pCt. der Fläche der Kreise Marienburg und Elbing ein. Es hat in diesem Umfange einen Flächeninhalt

Ÿ Unziehender

Ï ten Schlikablagerungen ist dieser L Ÿ der fruchtbarsten der O, | rtr

von ca. 15 [Meilen , auf welche im Jahre 1858 (in den neueren Zählungen ist das Delta nicht besonders ausgezählt), ca. 46,000 Bewohner gezählt wurden. Auf die (C]Meile kamen also 3060 Einwohner, was zwar hinter dem Durchschnitte des Staates (3476 Einwohner pr. []Meile) zurückblieb, aber doch die Durhschnittszahl von Westpreußen (2408 Einwohner pr. (]Meile) erheblich überstieg. Hierbei ist noch zu berücksichtigen, daß in dem Weichseldelta Städte, die auf die Dichtigkeit der Bevöl- ferung großen Einfluß üben, niht vorhanden sind, auch daß die Cholera und die große Ueberschwemmung im Jahre 1855 auf die Bevölkerung8verhältnisse des Deltas sehr nachtheilig gewirkt hatten. Als Westpreußen an Preußen kam , lebten dort auf der Quadratmeile nur 948 Einwohner, im Jahre 1817 nur 1040 Einwohner. m N Jahre lebten auf dem platten Lande der Kreise Elbing und Marienburg im Ganzen nur 51,460 Bewohner, also nur ca. 5400 mehr, als im Jahre 18688 im Weichseldelta allein. Von der Bevölkerung desselben beschäftigten si im Jahre 1858 38,600 Personen mit der Land- wirthschaft. Auf dem die Weichsel-Jnsel umschließenden, höher gelegenen, Areal von ca. 10 Quadratmeilen, der Werdergegend, herrscht der größere Grundbesiß von 300—600 Magd. Morgen vor, während in der Niederung der kleine Grundbesiß von 5—200 M. überwiegt. Für die Entwässerung des Landes sind die Jahre 1845—1852 , während welcher die Niederungen vier- mal unter fat s geseßt wurden , folgereih gewesen. In den nächsten fünf Jahren wurden hier über 24 Entwässerungs§- Dampfmaschinen errichtet , woneben zahlreiche , durch Wind- mühlen betriebene Wassershöpfräder im Gange sind. Die Communication hat durch die das Weichseldelta im Süden durhs{neidende Ostbahn mit den in jeder Jahreszeit gesicherten Stromübergängen bei Dirshau und Marienburg und durch eine gleihlaufende Chaussee, sowie durch den gleichzeitig mit der Eisenbahn eröffneten Weichsel-Haff-Kanal , welcher die Verbin- dung mit Danzig und Elbing vermittelt, sehr wesentliche Ver- besserungen erfahren. Auch haben sich durch die Eisenbahn-

| stationen Dirschau, Siemonsdorf und Marienburg neue Ver-

kehrspunkte gebildet. Die Landwirthschaft hat sich lange gegen die Stallfütterung

und den Hakfruchtbau gesträubt. Das Werder , welches, wie

bemerkt, etwa zwei Drittel des gesammten Areals der Weichsel- | Insel umfaßt, beginnt bei der Montauer Spiße und geht bei | den Dörfern Jankendorf , Vogtey , Siebenhuben , Tiegenhof, | Fürstenau, Meus8dorf und Lupus8horst in die Niederung Über. | Es genießt vor der leßten, die nur künstlich entwässert werden fann und durch zahlreiche, wassergefüllte Gräben durchschnitten

ist, den Vorzug der natürlichen Entwässerung. Im Werder

| hat das ungünstige Wiesenverhältniß (1 : 5) shon in den zwan- | ziger Jahren zur Beseitigung Einführun ; ' haltung beträgt hier 7 bis 10 Stück Großvich pro Hufe culm. | (= 65 Magd. M.) und zwar ist das Verhältniß des Nußviehs zum Betriebs8vieh wie 3 : 4. | passenden Pfl | einschließli der Hakfurhen 14 Mal und darüber gewendet | und durchfurht. Die Erträge sind pro Morgen : vom Weizen | 10— 18 Scheffel , Nen 10— 18 Sch. , Gerste 12 24 Sch., | Hafer 12—25 Sch.,

er Dreifelderwirthschaft und zur

einer 5—7 -(Felderwirthschaft veranlaßt. Die Vich-

Die Ackerbestellung geschieht mit ügen und mit größer Sorgfalt; die Brache wird

ohnen 10—20 Sch., Erbsen 8—15 Sch.,

reis des Grund und Bodens wechselt von

Klee 25 Ctr. Der P

j 4- bis 6000 Tblr. pro Hufe culm. (60—90 Thlr. pro M.).

In der Niederung besteht die Hauptnuzung des Landes in

der Vichhaltung, wozu !/, bis */, des Areals verwendet wird, " während der Übrige Theil zum Anbau von Sommergetreide | dient und nur in vereinzelten Fällen mit Wintergetreide aus- L gauze wird. Das Nußvich besteht meist in Kühen , deren

ilch zu Käse und Butter verarbeitet wird. Der Milchertrag

i erreiht in den ersten Monaten nach dem Kalben und während © des Weidegangs nicht selten täglich 20 Quart, die Verwerthung : Le Kuh jährlich 30—40 Thlr. An Nußz- und Betriebsvieh werden

ro Hufe culm. 10—12 Stück gehalten. Jn neuerer von Ochsen und

eit werden die Weiden auch durch Mastun / uherei verwerthet.

ühen, und zwar noch höher als durch die Die am Haff belegenen \. g. Kampen stehen in wirth-

: haftliher Beziehung den Niederungen gleich, bieten aber auf : den Neuland L Umfrengrelchere Weiden- und Rohr-

Nuzungen. E Eine ganz abweichende wirthschaftliche Benußung zeigt die

i g: Einlage, ein 2'/, Meilen langer, 350 Hufen culm. (23,040

i) großer, 0 zwischen Sommerort und dem frischen Haff ußendeichpolder, über welchen im Winter das

ogatwasser geleitet wird. Bermöge der hierdurch herbeigeführ- andstrih im Sommer einer

Er wird vorzugsweise mit

Hafer bebaut, der hier einen Ertrag bis 70 Scheffel pro M.

culm. (= 32 Scheffel pro ini M.) liefert.

Bei Aufnahme der statistischen Tabellen ist das Delta aus

den Kreisen Elbing und Marienburg nicht ausgesondert ; die wirthschaftlichen Verhältnisse jenes Landstrihs lassen sih daher nicht in bestimmten Zahlen mit denjenigen anderer Gegenden des preußischen Staats vergleichen, da zu den Kreisen Elbing und Marienburg außer dem Delta noch 40 pCt. anderen, zum Theil schlehten Bodens gehören. Die Ergiebigkeit des Weichsel- deltas ist aber aus den Ertragsabschäßungen ersichtlich, welche behufs der Grundsteuerregulirung vorgenommen worden sind. Die Niederung bei Elbing is hierbei theilwveis mit 150 Sgr., theilweis gleich dem großen Werder im Kreise Marienburg mit 139 Sgr. Reinertrag pro Morgen erster Klasse abges{chäßt worden. Der Durchschnittsertrag is für die Niederung im Kreise Elbing auf 98 Silbergroschen pro Morgen Aker und auf 76 Sgr. pro M., alle Kulturarten, Aecker, Gärten, Wiesen, Weiden u. \. w. zusammengerechnct, ermittelt worden, für das große Werder im Kreise Marienburg auf 81, resp. 75 Sgr. Der Durchschnittsertrag ist für den Kreis Elbing auf 91, resp. 49 Sgr., für den Kreis Marienburg auf 86, resp. 79 Sagr., für den Regierungsbezirk Danzig auf 34, resp. 25 Sgr. festgestellt worden. Das Delta ist mithin im Kreise Elbing im Durchschnitt bis 47, resp. 27 Sgr. oder bis 93, resp. 50 pCt. höher eingeshäßt worden, als der Kreis Elbing. Daß das große Werder im Kreise Marienburg gegen den Durchschnitt des Kreises etwas zurückbleibt, liegt daran, daß das hier belegene kleine (nicht zum Delta gehörige) Werder, welches auf 108, resp. 92 Sgr. abgeschäßt ist, dem Übrigen Theil des Kreises zu Gute kommt. Gegen den Regierungsbezirk Danzig is der Durch- schnittserirag des Deltas bis 64, resp. 51 Sgr. (für Elbing, ca. 200 pCt.) und 47, resp. 50 Sgr. (für Marienburg, 140 pCt.) höher. Wenn das Oderbruch im Kreise Königsberg um 24 Sgr. resp. 14 Sgr. pro M. böber als selbst das kleine Werder ab- geschäßt ist, so ist dies nicht durch die günstigen Bodenverhält- nisse des Oderbruchs, sondern nur durch die besseren klimati- \hen und Absaßverhältnisse und den dadurch bedingten höheren Kulturzustand in der Provinz Brandenburg begründet worden. Der Reinertrag im Durchschnitt des ganzen preußischen Staats (der alten Provinzen) ist bekanntlich auf 44, resp. 33 Sgr. pro M. festgestellt worden; über diesen Durchschnittssaß geht schon das große Marienburgische Werder mit ca. 100 pCt. hinaus.

Die Wartburg *). (S. die Bes. Beil. zu Nr. 222 d. Bl.) II

Das Hauptgebäude der Hofburg bildet das im alt- romanischen Stil erbaute Landgrafenhaus, welches im Anschluß an die Kemenate die ganze östlihe Seite des Hofburgraums einnimmt. Als Palas (palatium, Pfalz) diente es theilweis zur Wohnung, hauptsächlih aber zur Hof- haltung und enthielt deshalb außer den Keller-, Küchen- und Speiseräumen in dem unteren Stockwerke, in dem oberen den (durch eine VBalkenlage in zwei Etagen getheilten) Festsaal, (Rittersaal, Solarium) zu welhem man von Außen auf einer Freitreppe (den Greden) gelangte. Bei der Wartburg war dieser Saal, wie auch bei anderen Burgen, gleichzeitig Waffensaal, weshalb das ganze Gebäude auch Mushaus (d. h. Waffenhaus) hieß. Jm unteren Stockwerk tritt man zunächst in die Vorhalle (Laube), eine Galerie, die sich die Wohnräume entlang zieht und in der shönen Jahreszeit als Aufenthaltsort diente. In der unteren Galerie hatten die Jagdvögel ihren Siß (Heerd); hier hielten sich daher meist Männer und die Dienerschaft auf; in den oberen Lauben, wo die Damen lustwandelten, waren Singvögel in Käfigen aufgehängt. Die Zimmer hatten nach der Galerie hin keine Fenster, sondern nur Thüren, welche im Nothfall vermauert wurden. Die erste Thür in der Laube führt zum Speisezimmer, dem eigentlichen Wohn- und Versammlungs8- raum der Bewohner des Landgrafenhauses. Jn demselben be- findet fih ein großer Küchenkamin, auch ein Ausgußstein. Vor und in den hohen Brüstungen der Fenster sind Sitze ange- bracht (»Sie sazzen in den Fenstern«). Dieser Raum der Burg hatte wahrscheinlich die ersten Glasfenster ; die übrigen Räume hatten Fensterscheiben aus Marienglas; die Fensteröffnungen in den nur in der warmen Jahreszeit benußten oberen Etagen waren durch Läden und Teppiche verschlossen. Den Fußboden bildet ein Gyps-Estrich, welcher gewöhnlich mit Stroh, geschnit- tenen Binsen oder kleinen Tannenzweigen, bei festlihen Ge- legenheiten aber mit Blumen bestreut wurde. Links von dem Speisesaale befindet sih ein gewölbtes Gemach (jeßt Küche),

®) Bearbeitet nah der Schrift des Hof-Bau-Raths Professor Dr. H. v. Ritgen zu Gießen, Nes auf der Wartburg«, 2. Auflage, Leipzig bei J. J. Weber 1868,