1889 / 128 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 31 May 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Gesellshaft auf der Silberburg, des Liederkranzes in dem Garien der Liederhalle, der Bürgergesell aft und Schüßengilde im Stadtgarten

aufgeführt. E Die Druldlegung - des definitiven Festprogramms wird erst in

etwa 8 Tagen erfolgen.

Reuß: ä. L. Greiz, 28. Mai. (+) Jhre Durchlauhten die Prinzessin Adolph von Schwarzburg-Rudol- stadt und Hochderen Kinder Prinz Günther und Fn,

essin Thekla sind heute Vormittag 11 Uhr zu kurzem Besuch des T h Sh Hofes hier eingetroffen. Mit dem- selben Zuge ist au pore Durchlaucht die Prinzesjin Eli- sabeth von Shönburg, Nichte Sr. Durchlaucht des regie- renden Fürsten, zu gleihem Zweck hierselbst angekommen. Gestern statteten Jhre Durhlauhten der Fürst und die E der Nachbarstadt Zeulenroda einen mehrstündigen

esuch ab, wobei in den Fürstenzimmern des stattlichen Rath- hauses Aufenthalt genommen wurde. Der Fürst beehrte das

einrihsstift mit einem Besuch und empfing die Spißen der

ehörden in Audienz, während die Fürstin die Damen des dortigen Frauenvereins zu empfangen geruhte. Die Stadt hatte reihen Flaggenshmudck angelegt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 30. Mai. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach sollen die Delegationen am 22. Juni zusammentreten. O

Pest, 29, Mai. (W. T. B.) Jm ünterhause ent- widelte heute der Justiz-Minister Szilagyi unter lebhaftem Beifall die Reformpläne: eststellung des Systems des materiellen Rechts, Ausbau der richterlichen Organisation und Einführung des mündlichen Verfahrens in allen Gerichten. Auf eine Bemerkung des Abg. Hodossy erklärte der Minister: die Regierung werde noch in dieser Reichstagsperiode einen Geseßentwurf, betreffend einen Wahlgerichtshof, vorlegen.

Großbritannien und Jrland. London, 29. Mai. (W. T. B.) Lord Salisbury empfing heute eine Depu- tation, welhe die Abschaffung des Postens eines Vize-Königs von Jrland verlangte. Der Premier- Minister sagte: die Regierung sei mit der Erwägung dieser Angelegenheit beschäftigt, es sei jedoh schwierig, eine bezüg- lihe Bill noch in der gegenwärtigen Session einzubringen. Inzwischen habe Lord Zetland den ihm angetragenen Posten als Vize-König von Jrland angenommen.

30. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Unterhauses erklärte der Unter-Staatssekretär Fergus son, daß außer Frankreih sämmtliche Nordseeländer die Geseße zur Ausführung der Konvention, den Verkauf von Spirituosen betreffend, durchgeführt hätten; so lange, bis Frankreich nicht dasselbe gethan, sei jedoh die Ausführung der Konvention unmöglich. Die Nachricht, daß zum Schuße der britishen Seehundsfänger einige Kriegs\ch1f}e nah dem Behringsmeer beordert wären, sei unbe- gründet. Bezüglich der egyptishen Anleihe vom Jahre 1888 erklärte Fergusson päter: dieselbe sei zwischen der egyptishen Regierung und der Staatsshulden-Kommission vereinbart. Der Firman des Sultans vom Jahre 1888 habe die Vermehrung der egyptischen Staatsschuld um fünf Mil- lionen egyptisde Pfund gebilligt, wovon ein großey Theil auf öffentliche Bauten und die Kapitalisirung von Pensionen verwendet werden solle. Unter jenem Firman seien 2 330 000 Pfund emittirt, und hätte die egyptische Regierung au unter dem Liquidationsgeseß und der Londoner Deklaration - vom 17, März 1885 die Befugniß, für die laufende Rechnung einen Vorschuß bis zu einer Million Psund auf- zunehmen. Nach viertägiger Debatte ist heute die zweite Lesung der Bill, betreffend die schottishe Lokalverwal- tung, angenommen worden. Jn der Spezialdebatte wurde zunächst mit 239 gegen 177 Stimmen der von Munro Fergusson eingebrahte Antrag dec Opposition abgelehnt, welcher die ganze schottishe Lokalverwaltungsbill einem Ausschuß aus allen schottishen Deputirten, verstärkt dur 30 andere Deputirte des Parlaments, überwiesen wissen wollte.

Frankreich. Paris, 29. Mai. (W. T. B.) Der Senat nahm heute das Rekrutirungsgeseß im Ganzen mit 191 gegen 96 Stimmen an. Da der Senat die von der Deputirtenkammer vorgenommenen Aenderungen nicht acceptirt hat, so geht das Gese an die Kammer zurück.

31. Mai. (W. T. B.) Nach hier vorliegenden Meldungen ¡stt bei der gestrigen Feier der silbernen Hochzeit des Grafen und der Gräfin von Paris die Verlobung des Herzogs von Orleans, ältesten Sohnes des Grafen von Paris, mit der E Margarethe, Tochter des Herzogs von hartres, offiziell bekannt gegeben worden.

__ Jtalien. Rom, 30. Mai. (W. T. B.) Die Depu- tirtenkammer beshloß heute auf den von dem Präsidenten ergänzten und von der Regierung zustimmend begrüßten Antrag des Deputirten San Donato: dem König Humbert bei seiner Rückehr nach Rom eine Huldigung in größtem Maßstabe darzubringen, indem das Präsidium der Kammer und sämmtliche Abgeordnete den König bei seiner Ankunft begrüßen, um dadurch dem Deutschen Kaiser und dem deutshen Volk für den dem König Humbert berei- teten glänzenden Empfang zu danken.

30. Mai, Abends. (W. T. n Die in diesen Tagen verbreiteten Gerüchte über den ershütterten Gesundheits- ustand des Papstes sind unrichtig. Jn Gegenwart des

apstes wurden heute die Dekrete promulgirt, wonach die Vorarbeiten zur Seligsprehung des Bischofs Ancina von Saluzzo und der französishen Missionare

erboyre und Chanel, die im fernen Orient den

ärtyrertod gefunden, gestattet werden. Am Morgen celebrirte der Papst eine Messe, wobei er vorwiegend Fremden die Kommunion spendete.

Mailand, 29. Mai. (W. T. B.) Heute Abend fanden sih zahlreiche Vereine mit Musik:Corps und Fahnen vor dem Pal azzo Reale ein und veranstalteten zu Ehren der Rüclkehr des Königs aus Berlin eine imposante Kundgebung. Während die Musik die Nationalhymne spielte, brachten die Vereine und die zahlreichst herbeigeströmte Menge auf den König und den Prinzen von Neapel unaus-

eseßt enthusiastishe Hohs aus. Sowohl der König wie der ronprinz erschienen mehrere Male auf dem Balkon und dankten E E nit E ___— 30. Mai. (W. T. B.) Nach der gestrigen Mani- festation vor dem Palazzo Reale fand auch eine solche vor

dem Deutschen Konsulat statt. Der Konsul war jedoch abwesend. Der König und der Kronprinz sind auch im Theater mit Jubel begrüßt worden.

Schweiz. Bern, 30. Mai. (W. T. B.) Der Bundesrath sdlägt den eidgenössishen Räthen eine neue Wahlkreis-Eintheilung für den Nationalrath Vor. Nach derselben würde Genf allein ein Kreis mit fünf Ver- tretern bleiben; die übrigen Fünfer-Kreise in den Kantonen

üri, Bern, Thurgau, Waadt und Neuenburg würden # theilt werden. Weitere Aenderungen sind für Aargau, St. allen und Luzern vorgesehen. Dur j würden die Konservativen im Nationalrath einen Zus wachs von 4 bis 10 Mitgliedern erhalten.

Miederlande. Haag, 29. Mai. (W. T. B.) Die Stichwahlen für die Provinzialstaaten sind nunmehr beendet. Das definitive Ergebniß im ganzen Lande ist Fol- gendes: Die kiberalen Sige haben sih von 342 auf 326 vermindert, die antiliberalen von 241 auf 257 ver- mehrt. Jn sieben Provinzen haben die Liberalen die C G eten e O E der un

eldern erlangten die Antiliberalen eine Majzorual von 6 Stimmen s E 8 / N S S K GE V “P r E" TISS reu A Bs ce I S I I L P o R: o Belgien. Brüssel, 29. Mai. (W. T. B.) Fn der heutigen Sigzung der Repräsentantenkammer vertheidigte sich der Minister-Präsident Beernaert gegen die Be- Quas mit Hülfe von Polizeispionen den Ruin belgi- her Bürger beabsichtigt und herbeigeführt zu haben. Wenn er dies gethan hätte, wäre er infam, so aber sei es eine Jn- famie, wenn derartige Anschuldigungen ohne Beweise gegen ihn erhoben würden. (Beifall der Rechten.) Beernaert schilderte den Besuch, welchen ihm Pourbaix im Ministerium gema&t, und wie dieser ihn um Schweigen gebeten, da es s{ch um sein Leben handele. Der Minister berief sich auf das Zeugniß liberaler Zeitungen, welche ihn im Jahre 1887 wegen seiner Energie beglückwünsht hätten. Er warf der Linken vor, daß diese ganze Affaire lediglich ein Wahl- manöver sei. (Langanhaltender Beifall der Rechten.) Der Deputirte Bara wiederholte hierauf die gestrige Anschuldigung, daß der Minister die ganze Verschwörung mit Pourbaix, dem Polizeispion, angezettelt habe, und verlangte eine parlamen- tarishe Enquete. Er {loß mit dem Ausruf: das öffent- lihe Gewissen verdamme das Ministerium. Der De- putirte Jacobs (Rechte) vertheidigte das Kabinet und beantragte ein Vertrauensvotum, gleichzeitig aber auch die Amtsentseßung des Chefs der öffentlichen Sicherheit. Fr ère Orban (Linke) sagte: die Willfährigkeit des Ministeriums sei gleihbedeutend mit dessen Mitshuld. Bara brachte hierauf ein Mißtrauensvotum gegen das Ministerium ein. Die Kammer nahm jedoch das von Jacobs beantragte Vertrauensvotum mit 78 gegen 32 Stimmen an. Die Minister Lejeune, Devolder und Beernaert ent- hielten sich der Abstimmung. Die Rechte begleitete die Verkündigung des Abstimmungs-Resultats mit Beifall. Am Ausgang des Kammergebäudes hatten sich mehrere Tausend Personen aufgestellt, welche einige Minister und katholishe Deputirte mit Hohngeschrei und Pfeifen begrüßten. Eine Abtheilung Polizei und Gendarmen griffen ein, und nah mehreren Verhaftungen A es ihnen; "b Menge zu zerstreuen. Die Mani- estanten” zogen hierauf in Banden unter dem Nuf: „De- mission!“ davon.

__ Türkei. Konstantinopel, 30. Mai. (W. T. B.) Der diesseitige Botschafter in Paris, Essad Pascha, hat Befehl erhalten, auf seinen Posten zurüczukehren und wird am 1. Juni dorthin abreisen. Der hiesige französische Botschafter, Graf von Montebello, begiebt sich am 3. Juni mit Urlaub nach Paris. ;

Rumänien. Bukarest, 29. Mai. (W. T. B.) Der Senat beschäftigte sih heute mit dem Befestigungs- kredit. Bei der Berathung desselben entwidelte Sturdza seine bekannten Ansichten über die neutrale Haltung Rumäniens im Falle eines Krieges und befürwortete die Errichtung eines befestigten Plaßes in der Gegend von Odobesci und Foczanu. General Floresco be- kämpfte die Ausführungen . des Vorredners. Nachdem der Kriegs-Minister sodann noch tehnishe Aufklärungen ge- geben hatte, wurde das von Sturdza beantragte Amen de- men t: den geforderten Kredit von 15 Millionen ganz zur Errichtung eines befestigten Lagers bei Foczanu zu verwenden, abgelehnt und der Geseßentwurf mit 66 gegen 16 Stimmen angenommen.

Die Deputirtenkammer nahm heute mit 95 gegen 66 Stimmen den Schluß der Debatte über die Jnter- pellation Carps an.

Betreffs des Zwischenfalls mit serbischen Fischern auf der Donau hat die rumänishe Regierung Serbien an die übernommenen Verpflichtungen erinnert, serbische Fischer abzuhalten, in rumänishen Gewässern Neße auszuwerfen, und die Bestrafung derjenigen verlangt, welche troßdem in rumänischen Gewässern gefischt und auf rumänische Matrosen, welche dieses zu hindern versuchten, Schüsse abge- geben hatten.

Die ito I L der internationalen Donaukommission ist ge\schlossen worden. Jn der leßten Sißung beantragte der italienishe Delegirte, daß ein ehe- maliger italienisher Marine-Offizier zum General-Sekretär der Kommission ernannt werde, welhes Amt bisher ein Franzose innehatte. Nach einer lebhaften Debatte beschloß die Majorität, unter welcher sich auch der rumänische Vertreter befand, die Ernennung zu vertagen, weil dieselbe in dem Programm der Session micht vorgesehen sei.

__ Serbien. Belgrad, 30. Mai. (W. T. B.) Anläß- lih der neuerlichen Exzesse sind auf Grund des Ergeb- nisses der Untersuhung gegen 100 Personen, darunter Garaschanin selbst, in Untersuhungshaft genommen worden. . auD Garaschanin?'s sagten zahlreihe Zeugen aus

und liegen auch noch andere Beweise vor, daß derselbe nicht nur in tödtliher Absicht shoß, sondern auch dur auf- reizende Reden die übrigen Fortschrittler zum Gebrauch der Waffen aneiferte und herausforderte. er Hasftbeschluß wurde sofort dem Kriminalgericht pelt welches binnen 24 ti ie entscheiden muß, ob derjelbe aufreht erhalten werden soll.

Bulgarien. Sofia, 30. Mai. (W. T. B.) Der

Namenstag des Prinzen Ferdinand ist heute festlich begangen worden.

ch diese Eintheilung.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 28. Mai

Der neuernannie p der Vereinigten Staaten von omas, überreichte gestern dem König

Amerika, Mr. W. T seine Kreditive.

# Zeitungsftimmen.

Unter der Ueberschrift : „Nah der Entscheidung“ sagt die „Deutsche volkswirthschaftlihe Correspondenz“:

Man hat nunmehr mit der feststehenden Thatsache zu rener daß von allen Kulturstaaten das Deutshe Reich zuerst dem invaliden und alten Arbeiter eine, wenn auch mäßige, fo doch eine Versorgun geseblih sicher. gestellt hat; eine Versorgung, mit welcher ihm Ps Rechtsanspruch zusteht, den si der Arbeiter theils selbst erwerben muß, indem er einmal arbeitet und zweitens Beiträge zahlt; eine Versorgung, deren Erfüllung aber das Reih dem Arbeiter gewähr- leistet, indem es die Organisation der Zwangsversicherung {aft und überwacht, gleichzeitig aber in seiner Eigenschaft als höchster Ver- treter auch der sozialen Gemeinschaft Zuschüsse leistet und den dem Arbeiter in der sozialen Gemeinschaft gegenüberstehenden anderen Theil, die Unternehmer zwingt, aub ihrerseits zu dieser Sozial- fürsorge beizutragen und in deren Organisation mit dem Arbeiter gemeinsam und zu gleihen Rechten und Pflichten ehrenamtlih thätig zu sein, Es wäre verfrüht, abmessen zu wollen dieses wird Auf- gabe der Geschichte sein was das Vorhandensein dieser Thatsahe im Entwicelungégange der Menschheit bedeutet und was sie wirken wird, wobei wir nit allein an die materiellen und ethishen Wir- fungen der Versorgung selbst, sondern vielmehr auch daran denken, daß, nahdem Deutschland diese Aufgabe gelöst, mag dabei auch nicht der denkbar größte Grad der Vollkommenheit erreicht sein, die gesittete Welt niht wird umhin können, diesem Bej- spiel zu folgen, Aber soviel ist sicher, das sozialreformatorishe Prinzip, welches zuerst im neuen Deutschen Reich wirksam geworden ist, wird die Geseßgebung aller Länder durchdringen müssen. Diese Wirkung bedeutet in ihren Konsequenzen einen entscheidenden Sieg über die engherzig merkantilistischen Auffassungen der Politik des Gehenlassen8; aber sie bedeutet noch mehr als dieses, denn jene um- stürzlerishe Propaganda, welche sozialrevolutionäre Ausbrüche vor- bereiten will, muß an das Ende ihrer Erfolge unter den Massen gelangen sobald nicht mehr nur ein Land, sondern die Kulturstaaten überhaupt ih auf den Boden der sozialen Reform gestellt haben werden. Jenes soziale Königthum, welches, in der Botschaft von 1881 uns die Sozial- reform verkündend, dem ethischen Inhalte des Christenthums Einfluß auf die soziale und politische Ordnung einräumte, welches dem „Rechts “staate einen neuen höheren, veredelten Inhalt gab, es wird Nachfolge finden und der neue die Politik aller Länder durchdringende Impuls wird seine Kraft darin bekunden, daß die erhaltenden und reformatorischen Elemente im Streit mit den nivellirenden und demokratisirenden gestärkt werden. Dieses alles kann man heute nur vorahnend voraussehen. Der kritische Geschichts\hreiber, welcher nah Fahrhunderten die Entwickelung unserer Zeit in ihren Wurzeln auf- zudecken unternimmt, wird eine neue Evoche von dem Tage ab renen, an welhem der Deutsche Reichstag dieses Geseß, über alle ihm ent- gegengestellten Bedenken und Schwierigkeiter, hinweg, zu einer That- sache a wel(e ihre Konsequenzen in der Weltgeschichte zeiti- gen wird.

_ Aus Veranlassung des Rückgangs der Strikebewegung in Rheinland-Westfalen schreibt die „Nationalliberale Correspondenz“:

Wenn man anerkennen muß, daß die Bewegung im Allgemeinen auf geseßlihem Wege sich gehalten hat, so_ ist das zum großen Theil dem Umstand zuzuschreiben, daß die \ozialiflishe Agitation dabei ver- hältniß mäßig wenig hervorgetreten ist. Die eigentliche Leitung der Bewegung in die Hand zu. bekommen, ift ihr nit gelungen ; dies ift offenbar der Thatsache beizumessen, daß durch den verständigen und gesunden Sinn, der namentlich unter den Bergarbeitern vor- waltet, eine aufheßzende, zu Umsturz und Gewaltthätigkeiten ver- führende Agitation hintertrieben wird. Wenn die sozialistishe Agitation frei hâtte walten können, wenn die Staatsgewalt der Mittel zur Akwehr beraubt gewesen wäre, so wären aus der mähtigen Strifke- bewegung in den leßten Wochen sicher Unruhen, Ausschreitungen und Kämpfe der gefährlichsten und bedenklihsten Art entstanden, und man könnte nur mit {weren Besorgnissen einer Zeit entgegensehen, wo zu der herrschenden Gährung in der Arbeiterwelt auch noch ofen betriebene vergiftende sozialistisch-revolutionäre Nufreizungen hinzukämen. Ob die erforderlihen Abwehrmaßregeln gerate diejenigen des bestehenden Sogzialistengeseßzes scin müssen, wollen wir heute niht untersuchen, aber entbehren kann der Staat und die Gesellschaft energische Waffen zur Abwehr und Vertheidigung noch nicht.

—_— Ueber den Geschäftsgang der Berliner Jndustrie äußert die „Handels- und Gewerbe-Zeitung“:

Der sihtbare Aufschwung, den die Berliner Industrie im ersten Quartal dieses Jahres genommen, hat sich bis heute fortgeseßt. Dice vorliegenden Berichte aus fast allen großen Geschäftszweigen unerer Stadt weisen auf eine anhaltende und regelmäßige Beschäftigung hin. Die Arbeiter unserer großen Fabriken haben vollauf zu thun und es wird oft mit Ueberstunden gearbeitet. Die kleinen Betriebe stellen neue Arbeitskräfte ein, um die vorhandenen Aufträge bewältigen zu können. Der Konsum hat in hohem Maße zugenommen, namentlich machte sich im Monat April in vielen Betrieben eine Vermehrung der Exportthätigkeit geltend, die auf die Gesammt- umsäße sehr günstig einwirken mußte. Wir sahen viele ausländische Käufer, besonders überseeishe, an unserem Plaße und zwar in viel E Anzahl, als dieses seit dem Jahre 1883 der Fall gewesen,

8s scheint, daß die Pariser Ausstellung die Veranlassung zu diejem Besuch gegeben hat, da dieselbe gerade überseeische Interessenten in außerordentlich starkem Umfange anzieht, die es sich aber nit ver- sagen können, außer Paris auch gleichzeitig die anderen großen Industriecentren Europas zu besuchen. Diese äußere Veranlafsung wird uns übrigens auch noch ein zahlreiches Kontingent \ üdamerikanischer Einkäufer zuführen, aus deren Anwesenheit in Europa wir aller Wahrscheinlichkeit nah recht große Vortheile ziehen werden. Hamburger, hiesige und Pariser Kommissionsfirmen, welhe Verbindung mit den südamerikanischen Staaten unterhalten, sind von der Absicht süd- amerikanishe: Geschäftsinhaber, die deutschen Märkte zu besuchen, be- reits unterrihtet und haben diesbezüglihe Mittheilungen hierher ge- langen lassen. Es handelt sih hier niht um diejenigen Kunden, die wir tens bei uns zu fehen gewohnt waren, sondern um solche, die wohl unsere Industrieprodukte direkt oder indirekt kennen ge" lernt haben, aber unsere Fabriken noch nit aufgesucht ia Wir haben ein sehr gutes Geschäft mit Canada gemacht. Vielleicht ist es eine Folge des englishen Markenshußge|eßes, daß uns canadische Ein- käufer, die früher nur über London kauften, jeßt direkt hier aufsuchen. Wir könnten 12 Vertreter sehr bedeutender kanadisher Firmen aus Montreal, Toronto, Queebeck, London (Ontario) namhaft machen, die uns in den lezten Wochen hier aufgesucht haben, Es steht außer Zweifel, daß auch die Vereinigten Staaten in Folge der vergrößerten Anzahl von Einkäufern, die uns innerhalb der drei nächsten Monate besuchen werden, dazu beitragen, die geschäftlihen Verbindungen mit Nord-Amerika auszudehnen. Die Anwesenheit so vieler Käufer wird unbedingt einen fräftigen Anreiz zur Ausdehnung unseres Handels geben, und daß Berlin in erster Reihe hiervon profitirt, |! klar, denn das erste Reiseziel der ausländishen Käufer auf ihrer Fahrt durch Deutschland bildet gewöhnlih die Reichshauptstadk, die in der Ausdehnung und Vielseitigkeit der geschäftlihen Anlagen die beste Gelegenheit darbietet, sich über die Bedeutung unserer deutschen Industrie zu orientiren. Es liegen auch die Aussichten des europäischen Geschäfts, ebenso wie diejenigen des inländischen für die nächste Zukunft überaus günslig. Unser internationaler Handel gedeiht trefflih, wir haben nah langer Zeit wieder einmal eine kräftigere Unterstüßung durch die

Zunahme englishen Konsums zu konstatiren, die si in allen Artikeln, die

ir nah England exportiren, bemerkbar macht. Die Gründe hierfür sind

D : , die au eine Zunahme des inländischen Bedarfs verursachten, pr eA Besserung der gesammten wirthschaftliGen Verhältniffe,

nder Verdienst der Arbeiterbevölkerung. Wir können ferner e ergrößerten spanishen Export hinweisen und können ebenfalls fonstatiren, daß ein Rückgang unserer Ausfuhr na hier nit T0 nannten ändern, wenigstens sowcit die Berliner Ausfuhr in Be- traht kommt, in keiner Weise zu fonstatiren is, Für die esunden wirthschaftlichen Zustände, für die zunehmende Kauf- Fast unserer deutshen Bevölkerung spriht wohl am besten, daß selbst in denjenigen Betrieben, in denen sonst mit Ostern das Saisongeshäft abshloß, diesmal noch na dieser Zeit eine Be- äftigung herrscht, wie sie selbst in der lebhaftesten Geschäftszeit besser nicht gewesen ist. Unsere hier befindlihen großen und kleinen Betriebe, die mit der Montan-Industrie, mit der chemischen, Textil-, Papiere, Leder- und Holzwaaren-Industrie in Verbindung ftehen, sind augenblicklich fast sämmtli, wenn nicht gerade entgegengeseßte Kon- junkturen in Betracht kommen, in zufriedenstellender Weise be- cäftigt. Wir wüßten keine von den großen Berliner Spezial- industrien zu nennen, in welcher momentan Mangel an Arbeit wahr-

zunehmen wäre.

a

Archiv für Post und Telegraphie, Beiheft zum Amt8s- blatt des Reichs-Postamts. Nr. 9. Inhalt: I. Aktenstücke und Aufsäße: Die Stadtbriefbeförderung in Berlin im Anfang des 19, Jahrhunderts. Das Tischgebäuse für den Fernsprehverkehr. Post-Streitigkeiten in Erfurt zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Telegraphie und Mrde (Schluß). Die Unternehmung Stanley's. 11. Kleine Mittheilungen: Umfang des Post-Päkereiverkehrs in Berlin während der Osterwoche 1889, Herstellung eines Schiff- fahrtsweges zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer. Eine Nachbildung des Meilensteins von Mesa im Post-Museum. Ueber das Rosten des Eisens, Betrieb von Telegrapbenlinien mittels Dynamomaschinen. Bestrafung der Unterschlagung einer am Postschalter zu viel erhaltenen Geldsumme. III. Nachruf. 1Y, Literatur des Verkehréwesens: I. F. Meili, Dr. Die inter- nationalen Unionen über das Recht der Weltverkehréanstalten und des geistigen Eigenthums. Ein Vortrag. Leipzig 1889, 80 S. 11. Derselbe. Die Fälschung einer telegraphischen Depesche. Rechts8- gutacten. Zürich 1889. 88 S. V. Zeitschriften-Ueberschau.

Statistische Nachrichten.

Zeitschrift des Königlich preußischen Stati- tischen Bureaus. (Stat, Corr.) Das Shslußheft des x XVIII. Jahrgangs (1888) der Zeitschrift des Königlich preußischen Statistis6en Bureaus ist unlängst erschienen und enthält zunächst drei größere, das Versicherungswesen, den Stand der Bevölkerung und die Viehhaltung des preußishen Staats betreffende Aufsäße. Der Sekretär des Verbandes deutsher öffentliher Feuersozietäten, H. Brämer in Münster, behandelt im Anschluß an eine Reihe ent- sprechender Arbeiten, welche neuerlih stets zweijährige Perioden um- fassen und von ihm seit 1866 in verschiedenen Jahrgängen unserer Zeit- rift veröffentlicht wurden, „Die Lebens- und ‘die Feuerversicherung in Preußen während der Jahre 1885 und 1886 sowie die Ergebnisse der deutshen Versicherungsanstalten im Jahre 1886, mit Rücblicken auf frühere Jahre*. Die sehr eingehenden Untersuchungen sind diesmal noch um 6 neue Tabellen erweitert worden. „Die Vertheilung der Be- völkerung nad dem Geschlecht, insbesondere im preußischen Staat“ von A. Freiherrn von Fircks mat ersihtlich, wie tief diese Frage nicht nur in alle Lebensverhältnisse eingreift, sondern wie wichtig sie au für die Verwaltung und die Geseßgebung des preußischen Staats und Deutschen Reichs i. 3 Lafeln graphischer Dar- stellungen veranschaulihen: 1) die Vertheilung der Bevölkerung im preußischen Staat nad dem Geschlecht am 1. Dezember 1885; 9) die Vertheilung der Bevölkerung ter Regierungsbezirke . des preußishen Staats nach demn Geshle@t für die Jahre 1816 bis 1885; 3) die Vertheilung der Bevölkerung des preu ischen Staats, der einzelnen Provinzen, Regierungsbezirke und tadt- freise, ferner der im preußishen Staat während der Jahre 1816 bis 1887 Geborenen und Gestorbenen, sowie des jährlichen Ueber- \husses der Geborenen über die Gestorbenen, nah dem Geschlecht. Die dritte größere Abhandlung bietet die Fortseßung und den Schluß der eingehenden Arbeit von Dr. W. Beukemann über „Die Viehhaltung im preußischen Staat nach den Viehzählungen von 1867, 1873 und 1883“. Während im I. Semesterheft der Zeitschrift für 1888 außer einigen Kapiteln über einleitende und allgemeine Gegenstände von den einzelnen Viehgattungen nur die Pferde, Maulthiere, Maulesel „und Esel betrahtet wurden, geschieht hier ein Gleiches mit dem Rindvieh, den Schafen, Schweinen, Ziegen und Bienenstôken. In einem kurzen Sélußwort findet der Leser das Endergebniß der gesammten Unter- subung. Eine rein tabellarische Uebersicht theilt ferner das Wich- tigste über „Die Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle bei der Civil- und Militärbevölkerung des preußischen Staats im Jahre 1887, sowie den Familienstand und das Alter der während des Jahres 1886 neuvermählten Personen“ mit.

Der Herausgeber der Zeitschrift, E. Blenck, liefert sodann unter „Nekrologe“ Lebensabrisse von 5 in der zweiten Hälfte des Jahres 1888 dahingeschiedenen, um die Statistik hochverdienten Männern, nâmlich dem baltischen Statistiker Friedrih von JIung-Stilling, dem österreichischen Lehrer der Staatswissenschaften, Freiherrn Leopold von Neumann, dem niederländishen Nationalökonomen und Statistiker Simon Vissering, dem italienishen Staatsmann und Eelehrten Cesare Correnti, dem deutshen Geschichtsforscher Georg Weber. Sehr reichhaltig ist die Abtheilung „Bücheranzeigen“, in welcher 2 mantherlei Anregung bietende Werke statistischen und verwandten Inhalts besprochen werden. Endlich bietet die „Statistishe Cor- respondenz* in 28 Artikeln die Hauptergebnisse allgemeiner Erhebungen sowie anderweitiger statistisher Veröffentlihungen des In- und Auslandes.

Das I. Heft des XYRIX. Jahrgangs der Zeitschrift wird binnen Kurzem nachfolgen. .

Nach der amtlichen statistishen Uebersiht der Thätigkeit der Shiedsmänner in Preußen im Jahre 1888 (Justiz Ministerialblatt Nr. 21, 1889) betrua die Zahl der Schiedsmänner am Swluß des Jahres im Bezirk des Ober-Landesgerichts Berlin 1557, Breslau 3407, Kassel 1132, Celle 2503, Köln 2231, Frankfurt a. M. 895, Hamm 1539, Kiel 1119, Königsberg 803, Marienwerder 548, Naumburg 1119, Posen 671, Stettin 655, zusammen 18 179 Schieds- männer, gegen 18145 im Jahre 1887, also 34 mehr. Vürgerlihe Rechts\treitigkeiten wurden von denselben erledigt im Ganzen 32 980 gegen 36 140 im Jahre 1887, also 3160 weniger. Zur Sühneverhandlung erschienen beide Theile in 23 660 Sachen, gegen 26 147 im Vorjahre, also in 2487 Sachen weniger. Von diesen wurden durch Vergleih erledigt 17 947 Sachen, gegen 19747 im Jahre 1887, also 1800 Sachen weniger. Um Beleidigungen und Körperverleßungen handelte es \sih in 183 670 Sachen, gegen 189 429 im Jahre 1887, also 5759 weniger. Beide Theile erschienen zur Sühneverhandlung in 108 664 derartigen Sachen, gegen 114 334 im Vorjahre, also 5670 weniger. Von diesen wurden durch Sühne- versuch mit Erfolg erledigt 64 261 Sachen, gegen - 67 695 im Vor- jahre, also 3434 weniger. i __— Dem soeben im Druck erschienenen 10. Jahresbericht über die Thätigkeit der Deutshen Seewarte für das Jahr 1887 entnehmen wir bezügli der fast ununterbrochenen Steigerung der Theilnahme deutscher Seeleute an der maritimen meteorologischen Arbeit, namentlih aber bezüglih der ganz ungewöhnlichen Thätigkeit nah dieser Richtung im Laufe des Berichtsjahres das Nachstehende. Es gingen an Beobachtungssätßen ein: 1875—1878: 709 205, 1879: 181950, 1880; 261 700, 1881: 251200, 1882: 293 440, 1883:

309 700, 1884: 299 900, 1885; 292 200, 1886; 280460, 1887:

466 050 und überhaupt in den Jahren 1875—1887: 3 345 805. Am

1. Januar 1888 befanden sih in dem Archiv der Abtheilung T der

Seewarte in vollständigen meteorologishen Journalen oder in den Auszugs - Journalen an Beobachtungssäßen 4 026 870 an maritim- meteorologishem Material, wenn zu den obigen Zahlen die Ergebnisse der Thätigkeit der früheren Norddeutshen Seewarte auf diesem Gebiete und jene aus ciner Anzabl älterer meteorologishen Journale hinzu- gefügt werden. Die Anzahl der Beobachtungssäße belief fh in den Jahren 1868—1874 (Norddeutshe Seewarte) auf 681065, Wenn die Durhschnittszahl der Beobachtungs- säße pro Jahr für einzelne Perioden berechnet wird, so ergeben si folgende Werthe für die Periode 1868—1874: 97 295, 1875—1878: 177 301, 1879—1882: 247072 und .1883—1887 : 329 662 Beobachtungs\äße, woraus sih zur Genüge die Steigerung der Theilnahme an den Arbeiten der Seewarte ergiebt, während andererseits daraus hervorgeht. daß in dem Berichtsjahre mit 466 050 Beobachtungssäßzen felbst der Durchschnitt der leßten 5 Jahre um 136 388 Beobachtungssäte überschritten wird.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Das Geseg vom 9. März 1872, betreffend die den Me- dizinalbeamten für die Besorgung gerihtsärztliher, medizinal- oder sanitätspolizeiliher Geschäfte zu gewährenden Vergütungen, in der Fassung der Königlichen Verordnung vom 17. Septem- ber 1876 und des Ergänzungsgeseßes vom 2. Februar 1881. Im Auftrage des Vorstandes des Preußishen Medizinal-Beamten- Vereins erläutert von Dr. O, Rapmund, Regierungs- und Medizinal - Rath in Aurich. Berlin, 1889. Fisher's Me- dizinishe Buchhandlung (H. Kornfeld). Pr. #5 H. Die vorliegende, kommentirte Ausgabe des im Titel genannten Gesetzes verdankt ihre Entstehung dem Beschluß der vorjährigen Hauptversammlung des Preußishen Medizinal-Beamten-Vereins, durb welchen der Vorstand des leßteren ecsucht wurde: „bis zur nächsten Jahresversammlung die nöthig ersheinenden Abänderunçs- vorshläge zu dern Taxgeseß vom 9. März 1872 eventuell unter Hinzuziehung geeignet erscheinender Vereinsmitglieder vorzuberathen und der Lersammlung zur Beschlußfassung vorzulegen“. Der Verfasser hat im Auftrage des Vereins und mit Unter- L mehrerer Mitglieder desselben demgemäß alle die zahlreichen nacträglihen Verfügungen der betreffenden Verwaltungs- und Justiz-- behörden, Entscheidungen der Gerichtshöfe 2c. gesammelt und in diesem Kommeatar verarbeitet. Bei Abfassung des letzteren hat er gleichzeitig den Zweck verfolgt, nicht nur den beamteten Aerzten und Thierärzten, sondern au den betheiligten Verwaltungs- und Justiz- behörden einen möglichst zuverlässigen Rathgeber in allen zweifelhaften Fragen bezügli des gedahten Geseyes darzubieten.

Das soeben erschienene 2. Heft 1888 der „Mittheilungen vom Freiberger Alterthumsverein, mit Bildern aus Frei- bergs Vergangenheit“ (herausgegeben vom Vorstande, Stadtrath Heinrih Gerlach daselbst; Freiberg i. S., Gerlach'sche Buchdruckerei) ist der bevorstehenden Jubelfeier der vor 800 Jahren erfolgten Erwerbung der Mark Meißen dur das Haus Wettin gewidmet. Die Feier ist der Gegenstand eines einleitenden geschichtlichen Fest- artifels von dem Herausgeber. Dann folgt als Nr. 8 der „Bilder aus Freibergs Vergangenheit“ das in Lichtdruck reproduzirte Porträt der Herzogin Katharina zu Sachsen, Gemahlin Heinrih's des Frommen, (nah einem Gemälde von Lucas Kranach dem Aelteren) mit Er- läuterungen von Dr, jur, Theodor Distel, Archiv-Rath in Dresden. Die aus medcklenburgi|chem Hause stammende Fürstin war die Mutter der Kurfürsten Moriß und August und hatte lange Zeit in Sreiberg ihre Hofhaltung. Sie war es au hauptsächlich, dur deren Einfluß von ihrem Gemahl vor 350 Jahren die Reformation in Sachsen ein- geführt wurde. Den berühmtesten Sohn der alten Bergstadt, den Kur- fürsten Moritz von Sachsen, seine Persönlichkeit und seine Beziehungen zur Stadt Freiberg hat der Oberlehrer Paul Knauth zum Gegen- stande der Darftellung gemaht. Dr Reinhold Kade bietet interessante Mittheilungen aus dem Rechnungsbuch des Freiberger Domglöckners Johannes Kröner (1585—1625) und über die Kurfürstlih sächsische Begräbnißkapelle am Freiberger Dom. Dann folgen kleinere Mit- theilungen zur Geschichte der Stadt von den Archiv-Räthen Dr. jur, Distel und Dr. Ermisch in Dresden sowie vom Vereinsvorstande. Den Beschluß bildet eine sehr gründliche Abhandlung über das Freiberger Bier und Freibergs Brau- und Schanknahrung seit den ältesten Zeiten, von dem Literaten Karl Richter in Freiberg.

Im Verlage von Karl Zieger Nachfolger (Berlin 80. 16) sind soeben die Lieferungen 17 und 18 der neuen Ausgabe der Romane des Kapitäns Marryat erschienen. Dieselben enthalten die Fortsezung von „Midshipman Easy.“ Die Verlagëbuchhandlung hat neben der Lieferungsausgabe au cine Bandausgabe veranstaltet. Beide zeichnen sh durch gediegene Ausstattung und billigen Preis aus. Jedes 80 Drulkseiten starke Heft kostet nur 40 4, „Midship- man Casy“ komplet 2,50 4, mit Goldpressung gebunden 3

Das soeben ausgegebene 19, Bänden V. Jahrgangs von „Engelhorn's Allgemeiner Romanbibliothek“ (Stuttgart, Verlag von J. Engelhorn) bringt den Roman „Frau Regine“, von Emil Peshkau (Pr 50 d, elegant gebunden 75 ). 2

Die morgen erscheinende Nr. 2396 dec „JIllustrirten Zeitung“ (Leipzig, I. I. Weber) enthält u. a. folgende Abbil- dungen: König Humbert und Kronprinz Victor Emanuel von Stalien. Nah den neuesten photographishen Aufnahmen. Die Kolossal- \tatue der den König Umberto begrüßenden Berolina auf dem Pots- damer Play. Der Besuch des Königs von Jtalien in Berlin. 2 Abbildungen: Die Begrüßung am Opernplay. Die Parade auf dem Tempelhofer Feld. Lujo Brentano. Kinderreigen. Nach einem Gemälde von Emil Keyser. Die wiederhergestellte Katha- rinenkirhe zu Oppenheim a. Rh. Rudolf Weyr's Hochreliefs an dem am 23. Mai enthüllten Grillparzer-Denkmal in Wien. 2 Ab- bildungen. Bilder ays Samoa. Nach photographischen Auf- nahmen. 3 Abbildungen. Tafelaufsaß. Ehrengeschenk der Reserve- offiziere zu dem 200jährigen Jubiläum des Brandenburgischen Dra- goner-Regiments in Schwedt.

(Weitere Mittheilungen dieser Rubrik in der Ersten Beilage.)

Gewerbe und Handel.

In der Generalversammlung der Mecklenbur gischen Friedrich Franz-Cisenbahn vom 29. d. M. war ein Aktien- fapital von 4 015 000 A mit 803 Stimmen vertreten. Der Antrag des Aufsichtsraths und der Direktion, betr. Genehmigung des Ver- trags wegen Verkaufs der Bahn an die Großherzoglih medcklen- burgishe Regierung, wurde mit 802 gegen eine Stimme angenommen, Die Versammlung genehmigte die Bilanz, ertheilte dem Aufsichts- rath und der Direktion Decharge, und seßte die Dividende auf 6} 9/0 fest. Die ausscheidenden Mitglieder des Aufsichtsraths, Stadtrath Kämpff und Consul Kossel, wurden wiedergewählt, an Stelle des ver- A Konsuls Frege in Hamburg trat der Senator Teichen in

erlin.

Die „New-Yorker Hdls.-Ztg.“ äußert sih in ihrem vom 17. d. M. datirten Wochenberi&t folgendermaßen: Die Zahlen über den Außenhandel New-Yorks im April c. machen, dem Werthe nah, inklusive eines Kontantenbetrages von 849 038 Doll, einen Waaren- und Produkten-Import von 40599 237 Doll. gegen 39 295 601 Doll. und 41 111 923 Doll. im Parallelmonate der

eiden Vorjahre ersihtlih. Für die zehn Monate des laufenden Aas hat New-York s gejammter Waarenimport 387 589 014 ollar gegen 385 066 401 Doll. und 373 493 404 Doll. in der arallelperiode der beiden vorhergehenden Fisfaljahre betragen. ie Kontantenbewegung ist dabei niht in Betrachbt gezogen; an Edelmetallen hat New-York in den am 30. pril beendeten zehn Monaten des laufenden Fiskaljahres nur 5 918 438 Doll. gegen 39 097 035 resp. 39 891 914 Doll. in den Fiskaljahren 1888 und 1887 importirt. New-eYorks Waaren-

und Produkten-Export ist im April cr. sehr befriedigend ge-

E P E E

wesenz er hat nämli, mit 29 108 075 Doll, den des Parallelmonats im Jahre 1888 um über vier Millionen und den vom Jahre 1887 um beinahe sech8s8 Millionen Dollars überstiegen. exportirte New-York im April cr. 5 126 518 Doll. gegen 1735 748 Doll. und 2 785 742 Doll. im April 1888 und 1887. In den zehn Monaten des laufenden P aliahers exportirte New-York für 269 043 795 Doll. gegen 263 696 7

umfangreih hat sih gleihzeitig New-Yorks Kontantenausfuhr ge- staltet ; dieselbe betrug nämlich 44 001 564 Doll. in den ersten zehn Monaten des gegenwärtigen Fiskaljahres gegen 18 681 500 Doll. und 15 758 563 Doll. in den Fiskaljabren 1888 und 1887. Mitte Mai

An Kontanten

6 Doll. und 267035 033 Doll. in 1888 und 1887. Recht

pflegt die Zeit zu sein, wo die Ernteaus sichten anfangen, cinen

entsheidenden Einfluß auf das legitime Geschäft auszuüben. In der mit dem heutigen Tage beendeten Berichtswoche sind dieselben

sehr günstig geblieben, und wenn auch das Geschäft an Umfang midi sonderlich groß genannt werden kann, so steht Bee von vereinzelten Fällen abgesehen, mindestens auf der Höhe der Vorjahre. Die an uns gelangten Berichte aus den großen Handels-Centren des Inlandes lauten meist hoffnungsvoll, Strikes von Bedeutung sind augenblicklih keine vorhanden, und ein Gefühl der Per Gt, besonders auf ein gesundes Herbstgeschäft ist vorwaltend. gu edauern ist nur, daß in der Metallbranche sowie in der

ohlenindustrie die Zustände anhaltend unerquickliher Natur find. Eisen is auf einem enorm niedrigen Preisniveau angelangt ; in diesem Metall sowie in Stahl is eine geradezu kolossale Ueber- produktion vorhanden, und am Kupfermarkt sind die Verbältnifse eben auch nit erbaulich.

Dortmund, 29. Mai. (W. T. B) Die Mitglieder des General-Strike-Comités haben heute laut Mittheilung dec „Rhein.-Westf. Ztg.“ erklärt, daß sie am 31. d. M. die Arbeit wieder aufnehmen, da die Bochumer Delegirtenversammlung die Mehrheit niht hinter ih gehabt habe. Heute sind im Ober-Bergamtsbezirk Dortmund 78 994 Bergleute angefahren. 7207 Doppelwaggon Kohle und Koks sind beladen und abgefahren worden.

Wien, 29. Mai. (W. T. B.) Die Generalrersammlung der Südbahn genehmigte heute den Rehenschaftsberiht, nahm die Vor- schläge bezüglich der Verwendung des Reingewinnes an und ermächh- tigte den Verwaltungsrath, mit der Regierung ein endgültiges Abkommen wegen Verkaufs des gesellshaftlihen Antheils an der Wiener Verbindungsbahn herbeizuführen Die aus dem Aufsichtsrathe ausscheidenden Verwaltungsräthe Graf Bombelles, Hopfen, Merey, Baron Alfons von Rothschild wurden wiedergewählt. Im Anschlusse an den Bericht verlas der Präsident eine Erklärung, in welcher die von dem Abgeordneten Steinwender anläßlich der Budgetdebatte vom 10. d, M. beantragten zwei Resolutionen eingehend bekämpft bezw. widerlegt wurden.

31, Mai. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn vom 21. bis 27. Mai: 831 621 Fl., Mehreinnahme 47 108 Fl. :

Prag, 30. Mai. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Böhmischen Nordbahn unter Vorsig des Präsidenten Schmeyfkal, in welcher 36 Aktionäre mit 169 Stimmen vertreten waren, beschloß die Vertheilung einer Dividende von 7 9/0, fowie einer Tantième von 95 054 Fl. an den Verwaltungsrath. 111 341 Fl. werden auf neue Rechnung vorgetragen. Die ausscheidenden Verwaltungsräthe wurden wiedergewählt. |

London, 30. Mai. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen- ladungen angeboten. :

Bradford, 30. Mai, (W. T. B) In Wolle gutes Ge- chäft, anziehend, Garne theurer, in Stoffen gutes Geschäft.

St. Petersburg, 31. Mai. (W. T. B.) Die von dem Finanz-Minister erlassene Kundmachung, betreffend die Kündi- gung zur Rückzahlung der noch im Umlauf befindlichen Obligationen der 5°%igen konfolidirten Anleihen von 1870, 1872, 1873 und 1884, hat folgenden Wortlaut :

„In Ausführung des Allerhöchsten Ukases an den Finanz- Minister vom 26. April 1889- bringt der Finanz-Minister Folgendes zur allgemeinen Kenntniß:

Die im Umlauf befindlichen, bis jeßt noch nicht zur Rückzahlung verloosten, oder auf Grund der Allerhöchsten Ukase vom 20, Februar und 26. April 1889 noch nit konvertirten 5 9% konfolidirten Obli- gationen der russishen Eisenbahnea werden hiermit zur Rückzahlung gekündigt und zwar: die erste Emission per 20. Auagust/1, September 1889, die dritte Emission per 19. September/1. Oktober 1889, die vicrte Emission per 3. Oktober/15. Oktober 1889, Die Verzinsung dieser Obligationen hört demgemäß mit den eaen Daten auf. Von denselben Tagen an beginnt die baare Rückzahlung des Nominalbetrages der genannten Obligationen :

In Rußland bei der Staatsbank, bei der St. Petersburger Diskonto-Bank, bei der St. Petersburger Internationalen Handelsbank in St. Petersburg.

Im Auslande:

In Frankrei bei den Herren de Rothschild frères in Paris und bei den von denselben bezeihneten Bankhäusern. E

In Deutschland bei Herra S. Bleichröder und der Direktion der Diskonto-Gesellschaft in Berlin, bei den Herren M. A. von Rothschild u. Söhne in Frankfurt a. M, sowie bei den von diesen Firmen be- zeihneten Zahlstellen. ;

In England bei Herren N. M. Rothschild u. Sons in London.

Jn Amsterdam, Brüssel und New-York bei den von Herren de Rotbschild frères in Paris bezeihneten Bankhäusern. :

De Rückzahlung der bezeichneten Obligationen findet ftatt in London zum Nennwerth in Pfund Sterling und an allen anderen Pläyen zum Gegenwerth des Nominalbetrages in den betreffenden Landesmünzen zu dem offiziell notirten Vistacours auf London.

Die zur Rückzahlung vorgestellten Obligationen müssen mit allen folgenden Coupons versehen sen: |

Für die erste Emission mit allen nach dem 20. Juli/1. August 1889 fälligen Coupons, für die dritte Emission mit allen nach dem 19. September/1. Oktober 1859 fälligen Coupons, für die vierte Emission mit allen nah dem 20, Mai/1 Juni 1889 fälligen Coupons.

Im entgegengesctten Fall wird der Betrag der fehlenden Coupons von der Kapitalsumme in Abzug gebraht. Gleichzeitig mit der Au8- zahlung des Kapitals erfolgt bei oben genannten Stellen die Zahlung der bis zu oben angeführten Daten aufgelaufenen Zinsen.

Die Zahlung dieser Zinsen erfolgt in den betreffenden Landes- münzen zu denselben Rehnungsverhältnissen wie die Auszahlung des Kapitals der Obligationen. E

Die Inhaber der d prozent. konsolidirten Eisenbahn-Obligationen werden aufgefordert, um Kapital und Zinsen ihrer Stücke ohne Auf- \{chub von oben angeführten Daten an zu erheben, ihre Titres, Behufs Prüfung der vorgestellten Obligationen , Verificirung der Stücke mit den Ziehunaslisten, Kontrole der Coupons u. st. w. bei den oben be- zeichneten Stellen spätestens fünfzehn Tage vor den für Rückzahlung der resp. Emissionen dur die gegenwärtige Kundmachung festgeseßten Terminen einzureichen.“

Submisfionen im Auslande.

Italien.

1) 11. Juni. Spezia. Direz. costruz. nav. R. Marina: Tuchstoffmanshetten für Pumpen. Voranschlag 40 080 Lire.

9) 12, Juni. Genua. R. Fondecia (Kgl. Gießerei): Kupfer in Stangen 13 600 kg. Voranschlag 30 600 Lire.

3) 12. Juni. Pisa. Prefettura: Lederbedarf für die Werk- statt der Strafanstalt in Volteria. Voranschlag 5135,29 Lire.

4) 18. Juni. Spezia. Direz. armam. R. Marina: Zeltlein- wand und Hanf-Segeltuch. Voranshlag 98110 und 488959, zusammen 587 069 Lire.

5) 18. Juni. Spezia. Direz, Costruz. nay. R. Marina : Blei in Platten, Röhren und Broden. Voranschlag 51 939 Lire.

6) 18. Juni. Spezia. PDirez. Costruz. nav. R. Marina : Weißes gekrämpeltes Wer g 130500 kg. Voranschlag 78 300 Lire.

7) 19. Juni, ebendort: Pitch-pine-Hölzer in Balken verschiedener Größe. Voranschlag 177 500 Lire.

8) 21, Juni, ebendort: Droguen, Farben u. A. a. Droguen

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