1889 / 130 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Jun 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Polizeibehörden beauftragt werden, von allen einzelnen Blattern-Erkrankungen, dann außerdem von sonstigen ansteckenden Krankheiten, sobald diese epidemish auftreten, der betreffenden Militärbehörde (Bezirkskommando , an Garnisonsorten Kommandantur) Mittheilung zu mathen. Ferner haben die Distrikts-Polizeibehörden in kleineren Gar- nisonsorten, abgesehen von den Blatternfällen, auch von son- stigen zu ihrer Kenntniß kommenden Einzelfällen ansteckender Erkrankungen der Königlihen Kommandantur des Garnison- orts dann Mittheilung zu machen, wenn nach den ob- waltenden Umständen für die Königliche Militärverwaltung ein besonderes Jnteresse besteht, hiervon Kenntniß zu erhalten. Ueber die Vorausseßungen, unter welchen die leßterwähnten Mittheilungen veranlaßt find, haben sich die betreffenden Distrikts-:Polizeibehörden mit dem Königlichen Bezirksarzt und der Königlichen Militärbehörde ins Benehmen zu seten.

Sachsen. Dresden, 1. Juni. Das „Dresdner Journal“ schreibt: „Se. Majestät der König haben mit Ge- nugthuung von der baldigen Beendigung der im König- reih Sachsen vorgekommenen Arbeitseinstellungen der Bergarbeiter Kenntniß genommen und den Herrn Staats- Minister des Jnnern beauftragt, allen denjenigen Beamten, welche zu dieser Beilegung der Streitigkeiten beigetragen a insbesondere den Vorständen der Kreishauptmann- chaften und der Amtshauptmannschasten die Allerhöchste Be- friedigung zu erkennen zu geben.“

Württemberg. Stuttgart, 1. Juni. (W. T. B.) Der König und die Königin eröffneten heute mit großem Ge- folge die anläßlih des Regitierungsjubiläums statt- findende Graphische Ausstellung. Die Kammer der Abgeordneten genehmigte die Vorlage, betreffend die Aufbesserung der Gehalte der Staatsbeamten, Gieistlihen und Schullehrer, mit 72 gegen 14 Stimmen.

Baden. Karlsruhe, 1. Juni. (Karlsr. Ztg.) Heute Vormittag, um 1138/4 Uhr, traf Se. Hoheit der Erbprinz von Anhalt hier ein, wurde im Namen Sr. Königlichen L des Großherzogs am Bahnhof von dem Oberst-

tallmeister von Holzing begrüßt und nah dem Schlosse geleitet, wo Höchstderselbe sogleih von Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin empfangen wurde und dana Wohnung im Schlosse bezog. Der Großherzog besuchte den Erbprinzen nah Beendigung eines längeren Empfanges.

Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 1. Juni. Se. Königliche Hoheit der Großherzog und Jhre Kaiser- liche Hoheit die Großherzogin find auf der Rüc- reise von Cannes in Fnterlaken eingetroffen. Jhre Königliche Hoheit die Frau Großherzogin Marie und Jhre Hoheit die Herzogin Elisabeth sind gestern Abend von ihrer Reise nah dem Süden hierher Gui und haben sich sogleich weiter zu längerem ufenthalt nah Raben-Steinfeld begeben. Heute findet im Deiaen Wahlkreise die Stichwahl zwischen dem Ministerial-Rath von Blücher (kons.) und dem Senator Brunnengräber (lib.) statt.

Reuß ä. L. Greiz, 1. Juni. (+). Heute Nachmittag hat sich Jhre Durchlaucht die Für stin mit dem Erbprinzen und den Prinzessinnen Töchtern zu Wagen zu einem längeren Aufenthalt nah Schloß Bur gk an der Saale be-

eben. Se. Durchlaucht der Für st gedenkt im Laufe nächster oche ebendahin auf einige Wochen überzusiedeln.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 31. Mai. (Pr.) Dex Termin für die Einberufung der Delegationen ist nunmehr definitiv festgeseßt. Dieselben werden am 22. Juni zusammentreten.

Pest, 31. Mai. (Wien. Ztg.) Das Unterhaus ge- nehmigte heute nah kurzer Debatte die Schlußrechnungen für das Jahr 1887 und ertheilte mit überwiegender Majo- rität das Absolutorium. Die Berathung der Phylloxera- Konvention wurde auf morgen vertagt, da der Fach: Minister niht anwesend war.

Großbritannien und Jrland. London, 2, Juni. (W, T. B.) Die internationale Kommission zur Berathung der Zuckerprämien hielt gestern ihre legte Sißung; die Delegirten Desterreihs, Belgiens, Deutschlands, Großbritanniens, FJtaliens, der Niederlande, Spaniens und Rußlands unterzeihneten den Bericht, welher demnächst den Regierungen der Signatarmächte unterbreitet werden soll. Jn demselben wird namentlich auf die Geseyentwürfe hingewiesen, die zur Ausführung der Konvention dienen sollen. Am Schluß der Sizung sprah Graf Kuefstein dem Präsidenten der Kom- mission, Worms, für die Leitung der Berathungen seinen Dank aus und gab nohmals dem Wunsch der Signatar- E Ausdru, die Zuckerprämien mittels der Konvention zu eseitigen.

_Frankreih. Paris, 1. Juni. (W. T. B.) Der Präsident Carnot traf heute in Lens ein und wurde aufs Wärmste mit den Rufen: „Es lebe Carnot! Es lebe die Re- publik!“ begrüßt. 20000 Bergleute zogen an Carnot vorüber. Auf die Ansprache des Vorsißenden des Comités der Kohlengrubenarbeiter wies der Präsident Carnot auf die Entwickelung der Kohlengruben in dem Departement Pas de Calais und dem Departement du Nord hin und betonte, daß die Regierung bemüht sei, für billige Transportmittel

Sorge zu tragen.

2. Juni. (W. T. B.) Der Präsident Carnot seßte gestern seine Reise fort und besuhte Abends die Orte Bethune und “Bruay. Jn Bruay wohnte derselbe einem ihm zu Ehren veranjtalteten Bankett bei und hob dabei das Gedeihen des nördlichen Frankreichs, ebenso die wunderbare Wiederaufrihtung in den 18 Jahren des Friedens, der Ordnung und der Freiheit hervor. Beim Verlassen des Banketts wurde Carnot von Fackeln tragenden Bergleuten nah seiner Wohnung geleitet. Bei einem us Abend in St. Omer veranjtalteten Bankett hielt der

räsident Carnot eine Rede, in welcher er seiner Genug- thuung über den ihm während seiner Reise bereiteten Empfang Ausdruck gab und einen Toast auf die Eintraht und den Frieden im Jnnern wie nah außen hin ausbrachte.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 1. Juni.

W. T. P95 Der österreichish:ungarishe Botschafter Graf

olfenstein-Trostburg ist heute auf seinem Posten hier wieder eingetroffen.

- Jtalien. Rom, 1. Juni. (W. T. B.) Der König ist mit dem Kronprinzen heute Mittag um 1 Uhr 7 Mi- nuten hier eingetroffen und am Bahnhof von dem Minister-Prä- sidenten Crispi, den übrigen Ministern, den Präsidenten und vielen Mitgliedern des Senats und der Depu- tirtenkammer, dem Präfekten, dem Maire, den Mitgliedern des Munizipalraths und den Spitzen der Behörden, sowie einer großen Menschenmenge empfangen worden. Vor dem Bahnhof hatten zahlreihe Vereine mit ihren Fahnen Aufstellung ge- nommen. Die Volksmenge vor dem Bahnhof begrüßte den König mit enthusiastishen Kundgebungen und begleitete den Wagen bis zum Quirinal, wo der König und der Kronprinz sih wiederholt auf dem Balkon zeigten. s j

Die Deputirtenkammer beschloß in ihrer heutigen Sißung auf Antrag Baccarini’'s, die Abgeordneten von Rom zur Feier der Enthüllung des Giordano Bruno- Denkmals am 9. Juni zu entsenden, nahdem der Minister- Präsident Crispi erklärt hatte, daß sih die Regierung von der Feier“ fern halte, weil es sich um keine offizielle Ceremonie handle. - S

Der Pap st spendete der Propaganda 1 Million Lire zu Missionszwelken. :

2. Juni, (W. T. B) Jun der gestrigen Abend- sißung berieth die Deputirtenkammer das Budget des Arbeits-Ministeriums und beschloß, entgegen dem ein- stimmigen Vorschlage der Budgetkommission, den für das Finanzjahr 1889/90 für Eisenbahnbauten beanspruchten Betrag um 20 Millionen zu kürzen. Der Arbeits:Minister L [i hatte diese Kürzung verlangt und der Tresor- Minister

iolitti dieselbe befürwortet. i

Die Stadt ist anläßlih des heutigen nationalen

S reih beflaggt; König Humbert hielt eine

evue über die Garnison ab, wobei der kurz vorher zum Major ernannte Kronprinz sein Bataillon komman- dirte. Der König wurde von der ungeheuren Menschenmenge [lebhaft begrüßt; auch vor dem Quirinal fanden Ovationen statt; zwei Mal erschien der König auf dem Balkon. Die Königin weilt zur Zeit noch in Neapel.

__ Spanien. Madrid, 2. Juni. (W. T. B.) Durch ein heute veröffentlihtes Dekret der Königin-Regentin wird die Lg Session der Cortes geschlossen. Die neue Session beginnt am 14. Juni. Dem Vern-.hmen nah würde dieselbe nur kurz sein und voraussichtlih bis in die ersten Tage des Juli dauern. Es sollen vornehmlich die Militärvorlagen und das Budget berathen werden ; dagegen dürfte man von der Berathung der Vorlage über das allgemeine Stimmrecht absehen.

Schweiz. Bern, 1. Juni. (W. T. B) Der Bundesrath hat beschlossen, daß vom 3. d. M. an das Recht zur Einfuhr auch desjenigen Branntweins, welcher d enaturirt werden soll, ausshließlich der Eid- genössishen Alkohol-Verwaltung zustehen soll.

Griechenland. Athen, 2. Juni. (W. T. T.) Der König und die Königin haben sih gestern mit der Prin- zessin Alexandra n@&SPatras eingeschisst. Bei der Ab- fahrt waren die Minister Afas diplomatische Corps, die Spitzen der Behörden und eine} coße{ Anzahl anderer Personen an- wesend, welche sich auf vas *Wärmste von der scheidenden Prinzessin verabschiedeten.

Rumänien. Bukarest, 2. Juni. (W. T. B.) Der Senat genehmigte heute die Verlängerung des Handels- abkommens mit Frankreich bis zum Ende dieses Jahres und e 1 einen Kredit von 700000 Fr. zur Regelung des Rücdlkaufsgeschäfts der Czernowiß - Jassyer Eisenbahn. Der russische Gesandte Hitrowo über- reihte dem König ein Schreiben des Kaisers Alexan- der, in welchem der Kaiser von der Anerkennung des Prinzen Ferdinand als Thronfolger von Ru- mänien Akt nimmt.

Serbien. Belgrad, 1. Juni. (W. T. B.) Laut amtlicher Feststellung sind während der jüngsten Excesse 1 Offizier und 19 Gendarmen theils verwundet, theils verleßt worden. Von den Tumultuanten und Fortschrittlern is einer, Mikowic, getödtet, einer durch einen Revolvershuß verwundet und 12 sind außerdem verleßt. Die Regentschaft hat einen Ukas unterfertigt, durch welhen der zwischen Serbien und der Betriebsgesell schast der serbischen Bahnen bejtandene Vertrag gelös wird. Der Betrieb geht von morgen ab an die Staatsverwaltung über. Diese Maßregel erfolate auf Grund der Berichte der Kommission, welhe Mißbräuche und Unregelmäßigkeiten in der Bahnverwal- tung konstatirte. Der Gerichtshof erster Jnstanz bestätigte die Entscheidung des Untersuchungsrichters betreffs der Ver - hängung der Untersuchungshaft über Garaschanin. Da die diesbezügliche Entscheidung des Gerichts verfassungs- mäßig vollstreckbar ist, so verbleibt Garaschanin in Unter- suhungshast.

3. Zuni. (W. T. B.) Das „Amtsblatt“ veröffentlicht den Ukas, betresfend die Auflösung -des Eisenbahn- betriebsvertrages. Hiernah übernimmt der Staat sämmtliche bisher von der Gesellschaft exploitirte Bahn- linien sowie auch das Junventarium. Die Minister für Bauten und Finanzen sind ermächtigt, mit den Vertretern der Gesellshaft behufs Liquidirung der Rech- nungen sowie der Entschädigung für das Jnventarium Ver- handlungen anzubahnen. Das Archiv und die Dokumente gehen in das Regierungs8gebäude über. Sämmtliche Beamte, mit Ausnahme des höheren Personals im Direktorium, ver- bleiben bis auf Weiteres im Amt.

Süd - Amerika. Brasilien. Rio de Janeiro, 1. Juni. (W. T. B.) Das gesammte Ministerium hat heute seine Demission gegeben.

Zeitungsstimmen.

Die „Kölnische Zeitung“ schreibt:

Jede Lohnbewegung is das Zeichen einer Krankheit, welche mit Sorgfalt geprüft und behandelt werden muß, um sie gründlich heilen zu können. Leider hat das an einer Stelle bewirkte Heil verfahren zur Folge, daß an anderer Stelle der Wahn erweckt oder die Vorstellung geheuchelt wird, unter ungesunden Verhältnissen ein trauriges Leben führen zu müssen. Dies ist die s{limmste, gefährlihste Krank- heit, gegen welche frühzeitig mit aller Energie angekämpft werden muß. Als vor einigen Jahrzehnten die Bergleute in verschiedenen Bezirken die Arbeit einstellten, weil die Grubenverwaltungen die beantragte Lohnerhöhung abgelehnt hatten, nal m ein großer Theil der Bevölkerung entschieden Partei für die

Bergleute, weil dieselben bci harter, den Körper frühzeitig auf. reibender Arbeit einen für die dringendsten Bedürfnisse kaum aug- reichenden Lohn erhielten. Endlich fand eine Aufbesserung des Lohneg statt, und dies gab anderen Arbeiterklafsen, in welchen kein allgemeiner Nothstand herrschte, den Anlaß, ebenfalls die Arbeit einzustellen, um einen höheren Lohn zu erzwingen. Die Lohnsteigerungen in allen Berufszweigen hatten eine allgemeine Preissteigerung zur Folge, welche die Bergleute, die Weber u. #. w. wieder in die alte Noth versetzte. Und dieser Noth gegenüber verlangen Brauer- burschen, Klempner-, Buchbinder-, Ofenseßergehülfen hon für die 18 jährigen Gesellen, welhe wohl ein Gesellenstück machen konnten aber von den Meistern noch viel zu lernen haben, um ein Geschäft gut leiten zu können, wöhentlih 5 M und darüber mehr, als fe thatsächlich und zugestandenermaßen zu ihrem Lebensunterhalt brauchen Dementsprehend muß ein älterer, in allen seinen Berufsarbeiten geübter, keiner Unterweisung mehr bedürftiger und selten oder nie ein Stück verderbender Geselle wöchentlich gegen 20 A übrig haben Sollten solche Forderungen Erfüllung finden, so würden die Preise für Miethe, Kleidung, Nahrung, für juristishe, für kirchlihe Hand- lungen 2c. eine entsprehende Steigerung erfahren müssen und au der Steuerbetrag müßte steigen, denn die Verwaltung deg Staats und der Städte würde {hon durch Erhöhung der Beamten- gchälter eine wesentlih kostspieligere. Dem Arbeiter, Gehülfen würde die Lohnerhöhung also wenig oder nihts nüßen, wenn sie in der Allgemeinteit, wie erstrebt wird, durchgeführt werden sollte denn es würde der höhern Einnahmesumme eine größere Ausgabe gegenüberstehen, wie dies in England und Amerika der Fall ist Das Geld würde an Werth verlieren, der Nationalreihthum eine große Einbuße erleiden und Deutschland wäre niht mehr fähig mit dem Auslande den Wettkampf so erfolgreich zu bestehen, wi: es jeßt der Fall ist, Schon aus diesem Grunde ist dringend ex- fordeilih, die Lohnbewegung einzudämmen und auf Ziele hinzuleiten welde vom Gerectigkeitsgefühl vorgeshrieben werden. Die Ele- mente, welche jeßt die Lohnbewegung leiten, haben bewiesen, daß ihnen die Einsicht und der gute Wille fehlt, diese Aufgabe lösen ¿u helfen, und so muß die Lösung anderen Kräften übertragen werden vielleiht einem aus Vertretern sämmtlicher Gewerkschaften zusammen- geseßten Volksrath, nah dessen Entscheidung sih die einzelnen Ge- werkschasten zu rithten hätten. Es ist nicht zu leugnen, daß immer ganze Gruppen von Arbeitgebern ihren Arbeitern gegenüber nit gerecht geworden sind und dadurch die Sozialdemokratie mit ihren anaristishen Elementen herangezogen haben, und hier dem Uebe][ an die Wurzel zu gehen, müßte eine Sorge der einzusetzenden Körperschaft sein, um den Sozialdemokraten den Boden für ihre Aufwiegelungen zu entziehen. Bis zu welhem Grade die Krankheit schon ausgeartet ist, zeigt das Bestreben der Gehülfen, den Arbeits- nahweis ganz in ihre Hände zu bekommen und die Meister zu ver- pflichten, jeden überwiesenen Gesellen, auch wenn er sich als niht brauchbar erweist, zu behalten und ihm wöcentlich 5 A mehr Lohn zu zahlen, als er nöthig hat. Wie die Werkstattzordnung sein, ob einmal in dringenden Fällen mehr als neun oder zehn Stunden, ob am Sonntag gearbeitet werden foll und zu welchem Preise, das wollen die Gesellen bestimmen, und der Meister, welcher das Risiko fur die Gesellenarbeit zu tragen hat, soll in seiner Werkstatt niht mehr die erforderlihen Anordnungen treffen können.

Die „Weser- Zeitung“ schreibt:

Fürst Bismarck hat neulich im Reichstage die vershietenen Parteigruppen, welche ihm Widerstand leisten, nah ihren (vermeint- lihen oder wirklihen) Motiven charakterisirt und bei der Gelegenheit den Führern der Sozialdemokratie auf den Kopf zugesagt, daß sie nur auf den günftigen Augenblick warteten, um den offenen Aufruhr gegen Kaiser und Reih zu proklamiren. Er verglich sie mit den G&ranzosen, die auch los\schlagen würden, fobald fie die Stärkeren zu sein glaubten. Diese Anschuldigung is vom Standpunkte der parlamentarishen Ordnung aus angefochten worden; insofern sozialdemokratische Reichstags-Abgeordnete unter die erhobene Anklage

fielen, durfte die Anklage nicht so, niht ohne Einschränkung, erhoben

werden. Das is} richtig, aber es kommt nicht viel darauf an, Es handelt si nicht darum, ob der ausgesprohene Inhalt par- lamentarisch korrekt, sondern ob er an sich begründet war. Die Sozialdemokraten selbst haben, soviel wir sehen, nicht sehr ernstlich agegen protestirt, und wenn sie es gethan hätten, so zweifeln wir, ob fie viel Glauben gefunden hätten. Wer nicht abjichtlich die Augen \chließt, muß einschen, daß eine Partei, deren Programm ohne Gewalt und Blutver- gießen gar nicht verwirkliht werden kann, nothwendiger Weise auf den Augenblick spekuliren muß, wo sie Aussicht hat, mit den Waffen in der Hand ihren Willen durchzuseßen. Wenn sie das leugnet, so gesteht sie ein, daß sie eine absurde Partei ist, die ihre Kräfte an eine unmögliche Aufgabe seßt, die cinen Berg durch Mittel der Neberredung nivelliren will. Höchsters könnte sie an eine friedliche Lösung nach Jahrhunderten denken, aber damit würde sie auf die Massen jeden Einfluß verlieren. Die friedlihe Lösung, von der bisweilen die Parteiführer reden, ist nihts als ein Vorwand, be- stimmt, furch1samere Genossen zu beshwichtigen oder unbe- quemen Argumenten auszuweichen, genau so, wie es nur ein Vor- wand ist, wenn Franzosen ab und an Straßburg und Mey von der Gerebtigkeit cines aufgeklärten Zeitalters zurücktkzuempfangen hoffen. Ale derartigen Redensarten wandern in die Rumpelkammer an dem Tage, wo die Allianz mit Rußland fertig sein wird, und alle Phrasen der Sozialdemokraten von Innehaltung der gefeßlihen Schranken würden zum Kinderspott werden an dem Tage, wo das Gesetz auf- hörte, der stärkere Theil zu sein.

Unter der Ueberschrift: „Die Unterstüßung von Sonderinteressen der Jndustrie“ sagt die „Deutsche volks- wirthschaftliche Correspondenz“:

_Es giebt öffentliße Blätter in Deutschland, welche si auf wirthscaftlihem Gebiete von gewissen nebligen Vorstellungen absolut niht trennen können; leßtere sind bei ihnen zur firen Jdee geworden und stellen sih gewöhnlich da ein, wo die Logik zu Ende geht. Eine Seitens einer gewissen Presse öfters wiederholte Behauptung dieser Art bildet die angebliche „regierungsseitige Unterstüßung von Sonder- interessen der Industrie“, Wohl selten ist gegen die Regierung eine Beschuldigung leihtfertiger formulirt worden als diese, weshalb man fie eigentlih als das leiht hingeworfene Produkt eines überreizten Gehirns abthun könnte; allein wir find derselben neuerdings öfter begegnet auf Seiten oppositioneller Blätter, von denen sie gewisser maßea als Verzierung inhaltsleerer Artikel verwendet wird; es mag ihr heute daher einmal etwas näher getreten werden.

Es ist während der leßten langen Reichstagesession sehr viel von der Industrie gesprochen worden, aber selbst die eifrigsten Gegner der Regierung haben nicht gewagt, ihr vorzuwerfen, daß sie Sonderinter- essen der Industrie fördere. Der Reichstag übt bekanntlich eine sehr scharfe Kontrole über alle Handlungen der Regierung, hat dieselbe aber gleihwohl in keinem einzigen Fall zu überführen vermocht, als ob sie in geseßesverleßender Weise irgend einen großen Stand im Staat zum Vachtheil der anderen Stände ungebührlih bevorzugt hâtte. So shwer es einem Reichstags- Abgeordneten gewesen wäre, die Regierung einer Verleßung ihrer Pflichten zu überführen, so leicht ijt es freilich, außerhalb des Reichstages gegen die Regierung mit der Feder zu agitiren und zu behaupten, die Industrie habe ohnehin vom Reichstage \chon mehr erlangt, als man ihr hätte geben sollen, die- selbe werde nun au von der Regierung noch besonders begünstigt. Einen Beweis bleibt man hierfür selbstverständlih gänzlih \chuldig, weil das Gegentheil wahr ift.

Gine etwas genauere Kenntniß der Vorgänge auf dem Gebiete der Industrie seit dem Jahre 1879 würde obige Vorwürfe hon an sih niht haben aufkommen lassen können. Dêr im genannten Jahre aufgestellte und unter dem Kreuzfeuer des Reichstages zu Stande ge- kommene Zolltarif hatte manche Mängel, welche erst nah und nah zu beseitigen gelungen ist ; obwohl au heute noch mantes in diesem Tarife im Interesse unserer Industrie verbesserungsbedürftig erscheint, suht man von gewisser Seite der Regierung dennoch die Hände zu0

; e Rüefsicht auf die großen Beeinträchtigungen, welche den binden en der Industrie Deutschlands in Folge der fortgeseßten Aen- erungen der Zolltarife unserer Nachbarländer zugefügt werden; von E umuthungen, welhe man in sozialpolitischer Beziehung an die- selbe ftellt, gan d blond

Da man in Deutschland im Canton zu vielen anderen Ländern

; och großentheils unter der Herr]chaft der längst verblaßten immet als ob der Vortritt in wirthschaftlichen Dingen nicht der Fndustrie, sondern dem Handel gebühre, so muß man aus diesem Grunde viele si in einer mittelmäßigen Presse breit machenden Trug- schlüsse entshuldigen, die man sonst versuht fein könnte, auf Reh- ung einer in der gegenwärtigen sogenannten aufgeklärten Zeit "eradezu verblüffenden Ignoranz zu stellen. Man glaubt in gewissen Freisen bei uns heute noch, daß vor Allem der Handel blühen müsse, quf daß zuvörderst der Kaufmann verdiene. Es imponirt ihnen, dah 3. B. für 1000 Ctr. Waare, die, aus dem Auslande fommend, beim Kaufmann abgeladen wird, dem Staat eine chöóne Frachteinnahme erwähst und daß für die dabei beschäftigten Arbeiter Verdienst entsteht. Aber darum, daß diese Waare aus der Tasche der Nation bezahlt wird, bekümmert man si wenig, man sagt, das sei Sache der Weltwirthschaft und diese würde Alles schon quêgleihen! Allein, daß diese 1000 Ctr. Waare, wenn sie aus den Merkstätten der heimischen Industrie hervorgegangen wäre, Hunderten, vielleicht Tausenden von Arbeitern Beschäftigung und Unterhalt ver- haft, dem Staat eine vielleicht fünffach größere Frachteinnahme gebracht hâtte, insofern Rohmaterialien, Brennstoffe u. st. w. herbei- geschafft worden wären, sowie daß dem obigen Kaufmann gleihwohl der nämliche Nutzen, die nämlihe Arbeit gesichert worden wäre, und das Geld für die Erzeugnisse der heimishen Industrie dann im Lande pverblicebe und der Blüthe von Handel und Verkehr Vorschub leisten würde, das begreifen diese engherzigen Geister niht. Sclägt die Regierung etwas vor, wodurch die nationale Arbeit gefördert, Ver- dienst ins Land gebracht, der Wohlstand der Nation erhöht werden soll, so beschuldigt man sie eben der „Begünstigung der Sonder- interessen der Industrie“. Es ist oftmals nit, als ob wir in der Epoche des wirthschaftlichen Aufshwunges lebten, sondern in einer solhen der abnehmenden Inteliigenz und der Zunahme eines gewissen- losen Egoiëmus. Diesem Zerrbilde leistet unsere Oppositionspresse jeden möglichen Vorschub.

ane

Centralblatt für das Deutsche Rei ch. Nr. 23, Inhalt: Handels- und Gewerbewoesen : Bekanntmachung der Physikalisch-Tech- nischen Reichs8anstalt über die Prüfurg elektrischer Meßgeräthe. Abänderung des Verzeichnisses dec im Reichsgebiet regelmäßigen Unter- suhungen unterliegenden und den Anforderungen der Reblaus-Kon- vention entsprehend erklärten Gartenbau- 2c. Anlagen. Kolonial- wesen: Ermächtigung zur Vornahme von Civilstands-Akten im deut- {hen Schutzgebiet der Marschall-Inseln. Konsulatwesen: Ermäch- tigungungen zur Vornahme von Civilstands-Akten. Exequatur- Ertheilung. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. :

Amtsblatt des Reihs-Postamts. Nr. 23, Inhalt: Verfügungen: vom 26. Mai 1889, Wegfall der Angabe des Nach- nahmebetrages auf den Postbeklebezetteln. Hierzu: Tarif für Telegramme. 1889, Nr. 3. (Für den billigsten und gebräuchlichsten Weg berechnet.) Abgeslossen den 1. Juni 1889,

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die militärischen Pflihten und Rewchte der Offi- ziere des Beurlaubtenstandes. Ein Rathgeber nach den neuesten Dienstvorschriften, von König, Seconde-Lieutenant im Stle- sishen Füsilier-Regiment Nr. 38 und Bezirks-Adjutant. Berlin SW,, E, S. Mittler und Sohn, Königli®e Hofbuchhandlung (Kochstraße 68—70). Pr. 1 A Die militärishen Pflichten und Rechte, welche die Offiziere des Beurlaubtenstandes wahrzunehmen haben, können denselben niht so geläufig sein, wie den Offizieren des stehenden Heeres, Plößlih und nur zeitweilig, wie sie an dieselben herantreten, dazu der mannigfachsten Art, bedürfen se einer von kundiger Hand aus den neuesten Dienstvorschriften ge\{chöpften Uebersicht und Erläu- terung, welche in obigem Schriftchen geboten wird.

Gicht und Rheumatismus. Von Dr. Arnold Pagen- steher, K. Sanitäts-Nath und prakt. Arzt zu Wiesbaden. Mit 12 in den Text gedruckten Abbildungen. Dritte umgearbeitete Auflage. Verlag von I. J. Weber in Leipzig Pr. 1 50 Z. Der Ver- fasser hat die Resultate seiner auf langjähriger Thätigkeit in einem von Gichtischen und Rheumatischen viel besuchten Badeorte beruhenden Erfahrungen in knappem Rahmen und al gemein verständliher Form dargeboten. Der Laie findet daher in diesem Buch eine Reihe von Anhalts- punkten, welche ihm die Erkenntniß von qualvollen und gefürhteten Zu- ständen erleihtern und ihm die Mittel an die Hand geben, dieselben zu verhindern oder zu bekämpfen, also cine wirksame Vrücke zwischen Arzt und Publikum bilden, Das elegant ausgestattete Werkchen, welches als 10, Band den vortrefflihen „JUustrirten Gesundheitsbüchern“ eingereiht ift, giebt dem Leser ein anschaulihes Bild über Formen, Ursachen, Wesen, Verhütung und Behandlung der Gicht, sowie Ent- stehung8weise, Wesen, Verlauf, Vorbeugung und Heilverfahren der rheumatishen Krankheiten - im Allgemeinen, sowie der rheumatischen Erkrankungen im Besonderen (Gelenkrheumatismus, Muskelrheuma- tiémus, rheumatishe Neuralgie. Gelenkentzündunrg u. f. w.), Schon der Umstand, daß das Buch in kurzer Zeit zum dritten Mal erscheint, it Beweis genug für seine Brauchbarkeit.

Diesterweg’s Populäre Himmelskunde und mathematishe Geographie. Elfte Auflage. Neu bearbeitet von Dr, M, Wilhelm Meyer, Direktor der Gesellschaft Urania“, unter Mitwirkung von Professor B. Schwalbe, Direktor des Dorotheenstädtishen Real. Gymnasiums zu Berlin. Mit vielen in den Text gedruckten Abbildungen, Vollbildern uud Sternkarten. Vollständig in 10 Lieferungen zu je 60 Z. Verlag von Emil Gold- {midt in Berlin. Das oben genannte Diesterweg'\he Buch unter- \heidet sih bereits in der alten Bearbeitung dadurch ganz wesentlih von allen übrigen populären Astronomien, daß es niht nur beschreibt, sondern beweist, darstellt, nah pädagogischen Prinzipien entwickel1, sodaß aus dem Anschauen der Erscheinungen und Bewegungen am Himmel sich in logisdem Aufbau ein verständli{es Bild des Weltalls entfaltet, In dieser eigenartigen Darstellungsweise liegt der Hauptwerth der Diesterweg’\hen Himmelskunde. Das Werk i} ein Lehrbuh nicht nur für den Schüler, sondern auch für den Lehrer, und nicht nur der Astronomie, fondern aller andercn Lehrzweige, niht nur ein Schul- buch allein, sondern zuglei ein Umriß der beschreibenden Himmels- funde für wißbegierige Laien jeden Alters. Was die neue Be- arbeitung im Sveziellen betrifft, so haben es ih die Herausgeber zur Aufgabe gemacht, nach Kräften in den Charakter des Autors einzudringen und keinen einzigen Zug desselben in einem Werke zu verwischen, troßdem die großartigen Fortschritte der Himmelswissenshaft eine so gründlihe Ueberarbeitung nöthig maten, daß wohl kaum, mir Ausnahme der Einleitung, welche le Herausgeber ganz unverändert lafsen zu müfsen glaubten, ein Absatz der früheren Auflage ohne Aenderung in die neue Ausgabe hinüber- genommen ist, Um das Buch auch äußerlih auf die Höhe der gegen- wärtigen Zeit zu ftingen und ganz besonders auch den beshreibenden

heil möglichst reizvoll und anziehend zu gestalten, sind dem Buch außer den in den Text gedruckten zahlreihen Abbildungen eine nicht unbeträhtlihe Zahl von Beilagen, theils wissenshaftlihen, theils wehr malerishen Charakters beigegeben, welhe durch die modernen Mittel der Vervielfältigungskunst in möglichst cindrucksvoller Weise (usgeführt wurden, Die Namen der beiden Bearbeiter verbürgen im Uebrigen völlig die Vortrefflichkeit der neuen Ausgabe, von der soeben die erste Lieferung ershien und durch alle Buchhandlungen zu beziehen ist, s Von der „Karte von Central-Europa zur Ueber- iht der Eisenbahnen, einschließli der projektirten Linien, der

Gewässer und hauptsächlichen Straßen“, nah amtlichen Quellen bearbeitet von W. Liebenow, Geheimen Nehnungs-Rath im Königlich preußishen Ministerium der öffentlichen Arbeiten (Berlin 1889; Verlag, Stich und Druck des Berliner Lithographishen Instituts; Maßstab 1: 1250000), ift soeben die einundzwanzigste bedeutend erweiterte Auflage erschienen. Außer den Eisenbahnen des Deutschen Reichs finden si auf dieser sorgfältig gezeihneten und zuverlässigen Karte jeßt angegeben diejenigen von Desterreih-Ungarn, den Niederlanden, von Luxemburg, der Schweiz, von Belgien und Frankreih. Jn fleinerem Rahmen ift beigegeben das Ruhr-Kohlenrevier im Maßstabe von 1 : 300-000, das oberschlesishe Berg- und Hüttenrevier in dem- selben Maßstabe, ferner das europäishe Rußland im Maßstabe von 1; 1500 000, sodann von großen Hauptstädten Berlin, Pariz und London mit ihrer Umgebung. Die Karte dürfte in der gegenwärtigen Reisezeit ganz besonders wllkommen sein.

Vas Aprilheft der von Karl Emil Franzos herausgegebenen „Deutschen Dichtung“ (Dresden, Verlag von L. Ehlermann) trägt als bildlihen Shmuck an der Spigze vas Porträt des ge- feierten plattreutschen Dichters Klaus Groth, welcher kürzlih, am 24. April, seinen siebenzigsten Geburtstag feierte. Eine Charakteristik desselben giebt Alfred Biese in einem kleinen, liebevoll gehaltenen Aufsaß. Ein Autograph des Dichters ein plattdeutsher Spruch, ist gleihfalls beigegeben. Ferner ein Gedicht von ihm: „Düstern- brook“, Auch Ernst Schulze, der Dichter der „bezauberten Rose“, dessen hundertjähriger Geburtstag kürzlih gefeiert wurde, wird hier nochmals, nachdem bereits früher in der vorliegenden Zeitschrift von ihm die Rede war, einer Betrachtung unterzogen, welhe \sich auf ungedruckte Quellen ügt. An weiterem Inhalt bringt das Heft die Fortseßung der Novelle „Die Einwilligung“ von J. Dery, fodann ein einaktiges Lustspiel von Ludwig Fulda. Adolf Friedrih Graf von Schhack i} mit einem Cyklus Gedichte, betitelt „Mysterien der Seele* vertreten. An sonstigen Beiträgen finden \sih vor: Rudolf Hamerling: „Meine Lehrer.“ —_ Hermann Lingg: „Süden.“ Detlef Freiherr von Liliencron: „Schmetterlinge. Karl Gottfried Ritter von Leitner: „Der Delinquent.“ Otto Roquette und Gustav Falke: „Sprüche.* P. A. Willaßen: Uebersetzung des Gedihts „Herr Olof“, nah dem Schwedischen des L. D. af Wirsén, E. Reichel: „Nactidyll.“ C. Hedcker: „Frühlingstrost.* Adolf Wilbrandt: „Im Bett.“ A. Klie: „Die Näherin.“ R. Rübsaamen: „Sehnsucht.“ Den Beschluß machen literarische Notizen. Das Abonnement auf die „Deutsche Dichtung“ beträgt pro Quartal (3 Hefte) 4 0

Die Nr. 21 Iahrgangs 1889 von „Schorer's Familien- blatt“ (red. von Dri Franz Hirs, Berlin) hat folgenden Inhalt: Zur Geschichte der Dampfschiffe. Hofluft. Roman von Nataly von Eschstruth. (20. Fortseßung.) Mein Hauptbuch. Von Adolf Brennecke. Die erste Bowle. Gedicht von Franz Hirsch. Mit 2? Originalzeichnungen von A. Zick. Zwei Mütter. Ein Lebensbild von Marie Martens, Cine wehmüthige Betrachtung. Von Natzly von Eschstruth. Mit Bildniß und Autograph. Zur Frage der Sonntagsruhe. Stimmen aus unserem Leserkreise. Bei- lagen: Plauderecke. Kunstblätter : Maiblumen. Originalzeihnung von P. F. Messershmitt. Blick in die Tiefe. Nah dem Gemälde von C, von Bergen,

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen.

Rußland. Zufolge Anordnung des General-Gouverneurs zu Odessa vom 27. April 1889 werdea die Provenienzen aus sämmtlichen Häfen Brasiliens in Odessa ciner Beobachtungsquarantäne unterzogen.

Gewerbe und Handel.

Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank sind im Mai 1889 1631920800 #& abgeremhnet worden gegen 1 668 274 000 A im April d, I. und 1191 287300 #6 îm Mai 1888. L

In der gewerblihen Thätigkeit des Regierungsbezirks Koblenz sind im ersten Quartal 1889 bemerkenswerthe Aenderungen niht eingetreten. Dieselbe hat sih vielmehr in dem der Jahreszeit entsprehenden Geleise im AUgemeinen fortbewegt. Die Lage des Eisensteinbergbaucs kann zur Zeit als eine befriedigende bezeichnet werden. Die im vorigen Iahre eingetretene bessere Konjunktur auf dem gesammten Gebiet der Eisenindustrie hat sich bisher als nach- haltig gezeigt, und es ist somit begründete Aussiht vorhanden, daß sie vorerst auch noch weiter anhalten wird. Der große Aufschwung der gesammten gewerblichen Thätigkeit, welcher in neuerer Zeit besonders in Deutschland hervorgetreten ift, kommt der Eisenindustrie sehr zu Statten. Die Hüttenindustrie hat von dem allgemeinen wirthschaftlihen Aufschwung bis jeßt hauptsächlich den Vortheil ge- habt, daß sie flott beschäftigt ist. Ihre Rentabilität if seither nohch nicht in dem entsprehenden Maße gestiegen, was hauptsächlih dadur veranlaßt wurde, daß mit den Eisensteinen auch gleihzeitig der Koks bedeutend im Preise in die Höhe gegangen ist. Im Weinhandel zeigte das Geschäft im Inlande und auch die Ausfuhr, besonders nah den Vereinigten Staaten, erfreuliches Leben und die Nachfrage nah älteren besseren Weinen hob sih; der Mangel an Vorräthen guter, billiger Weine mat sih na den 2 Fehljahren sehr bemerkbar, und ein er- giebiger Herbft, der von Natur reife Weine brächte, wäre für den Handel sehr nöthig. e S

Berlin, 1. Juni. Wochenbericht für Stärke, Stärke- fabrikate und Hülsenfrüchte von Max Sabersky. Ia. Kar- toffelmehl 223—23} M, Ia. Kartoffelstärke 223—23 #, Ila. Kar- toffelmehl und Stärke 21—22 4, feuhte Kartoffelstärke loco und Parität Berlin 10,50 4, gelder Syrup 25è—26 #, Capilliir- Erport 273—28 #, Capillair Syrup 26¿3—27} #, Kartoffel- zuder Capillair 26—26} #, do. gelber 255 F#, MRum - Couleur 37—40 M, Bier - Couleur 37—40 H, Dextrin , gelb und weiß, Ia. 34—35 M4, do. sekunda 313—32è H, Weizen- stärke (Tleinst.) 34—35 A, Weizenstärke (großstück.) 36—37 , Hallesche und Schlesische 37—39 K, Sabe-Stärke 33—34 #4, Mais- Stärke 30—33 #4, Reisftärke (Strahlen) 456è3—47 M, do. (Stüden) 43 —44 M, De A 15—183 #,Kocherbsen 15—20 4, grüneGrbsen 18—20 M, Futtererbsen 15—15è 4, Leinsaat 21}3—23 H, Linsen, große 38—48 M, do. mittel 26—38 M, do. kleine 16—26 M, gelber Senf 16—-21 4, Kümmel 44—48 4, Mais loco 12—12# 4, Buch- weizen 133—15 F, inländishe weiße Bohnen 21—23 4, breite Flahbohnen 23—28 4, ungarishe Bohnen 21—22 4, galizische und russische Bohnen 18—20 #4, Hanfkörner 16—18 4, Leinkuchen 15—164 4, Weizenschale 10—104 M, Roggenkleie 10—10# 4, Raps- fuhen 14¿—15 4, Mohn weißer 36—40 M, do. blauer 34—38 M, Hirse, weiße 18—21 A Alles per 100 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg.

Vom obershlesischen Eisen- und Metallmarkt berihtet die „Schles. Ztg.“: Für den Betrieb der Hohöfen und somit in der Roheijenerzeugung ist der Arbeiterausstand glückliherweise ohne störende Einwirkungen verlaufen, wenn auch in der Beschaffung des Brennmaterials man aushülfsweise sich örtlich mit anderen Kohlensorten behufs der Koksbereitung behelfen mußte und dadur au Mehrausgaben in den Kauf zu nehmen gezwungen war. Um künftigen Vorkommnisse: vorzubeugen, is man auf einigen Werken dazu geschritten, gewisse Vorräthe in Koks einzulagera. Die Abfuhr von Roh- eisen zu den Verbrauchsstätten war eine ungestörte und verfolgen dem- O die Preise für Roheisen eine feste Richtung. Auf den Fisengießereien war, wenngleih nicht in gleichmäßiger Verthei- lung, volle Thätigkeit vorhanden, zumal in den leistungsfähigeren Betrieben. Dieser Zweig der Eisenindustrie konnte bei den gegen- wärtigen Preisen. noch niht durchgängig zu einer gedeihlichen Ent- wickelung gelangen. Andere verwandte Zweige haben bessere Erfolge zu verzeichnen. Den Eisen- und Stahlwalzwerken ist aus dem Ausstande der Kohlenbergleute nur vorübergehend eine Beschrän- kung erwachsen, indem nur einzelne Puddelöfen Behufs Erzeugung von Halbfabrikaten außer Betrieb kamen; die Fülle der vertrags-

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mäßigen Verbindlichkeiten erforderte die angespannte Thätigkeit aller Werksabtheilungen. Nebst Trägern und Profileisen für Bau- theile, deren Erzeugung zum Theil nicht zu den innerhalb des Kartells stehenden Artikeln gehört und daher auch nicht_ den Preis- bestimmungen desselben untersteht, waren Rund- und Quadrateisen starken Kalibers in ansehnlihen Posten angefordert ; für {were Eisenbleche, dann für Oberbaumaterialien in Stahl waren laufende Bestellungen abzuarbeiten. Die Preise sind unverändert. Auf dem Metallmarkt stiegen durch wiederholte Entnahmen von Zink und Blei die Ablieferungen in erheblihem Maße, sodaß die tonangebenden Zinkmarken ihre Preise aufrecht erhielten und theilweise Mehrpreise erzielten. Auch an Ganzerzeugnissen kamen ansehnlihe Mengen zur Verladung. W. H. Ia. Zink 36,50 Æ, Hohenlohe 35,00 4, Ia. Blok-

blei 26,00—26,50 M

Kassel, 1. -Sunt, Serienziehung der Kurhessischen 40-Thaler-Loofe. 10s 116 213 30% 433 461 483 510 577 641 690 723 758 808 819 982 1018 1024 1988 1095 1107 1115 1367 1390 1411 1473 1582 1591 1729 1753 1790 1846 1942 1944 2023 2033 2125 2201 2214 2240 2337 2344 2351 2617 2629 2688 2691 2710 2720 2783 2915 2931 2934 2968 5041 3126 3212 3301 3316 3451 3461 3722 3774 3843 3905 4016 4021 4030 4107 4179 4204 4223 4226 4231 4233 4316 4499 4528 4756 4883 5166 5267 5305 5334 5383 5421 5431 5439 5450 5482 5533 5556 5611 5616 5624 5634 5639 5687 5777 5969 5972 6919 6084 6107 6119 6176 6187 6292 6307 6322 6329 6363 6488 6497 6531 6577 6612 6617

6825 6675 6705.

Karlsruhe, 1. Juni. Gewinnziehung der Badischen 100-Thaler-Loofe. 120003 (A auf Nr. 72352, 24000 4 auf Nr. 35064, 12000 Æ auf Nr. 16987, 4800 4 auf Nr. 74257, je 2400 A auf Nr. 35099 39113, je 690 A auf Nr. 15489 24907 44141 51853 59809 75506 75531 81588 93595 96437 108300 119809.

Hamburg, 1. Juni. Serienziehung der Köln - Mindener Loofe. 1375 1402 1947 3388.

Wien, 1. Juni. Serienziehung der 1864er Loose. 507 795 899 991 1376 1459 1535 1589 1666 1689 1951 2153 2202 2373 2846 3314 3415 3517 3569 3611 3768. Haupttreffer Nr. 47 Ser. 848, 20000 Fl. Nr. 75 ‘Ser. 2046, 10000 Fl. Nr. 64 Ser. 65, je 5000 Fl. Nr. 90 Ser. 3071, Nr. 74 Ser. 3895.

Wien, 1. Juni. (W. T. B) Der heutige Tag verlief im Kladnoer Strikegebiet ganz ruhig. Die gestern vom Statt- balter empfangene Arbeiterdeputation hai für morgen die Wieder- aufnahme der Arbeit zugesagt.

London, 3. Juni. (W. T. B) Die Ge treidezufuhren be- trugen in der Woche vom 25. bis zum 31, Mai: englisher Weizen 3627, fremder 23 787, englishe Gerste 833, fremde 13 771, englische Malzgerste 18 563 fremde —, englischer Hafer 105, fremder 61 931 Qrts Englisches Mehl 16 764, fremdes 46 785 Sack uud 202 Faß.

Glasgow, 1. Juni. (W. T. B) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 1028493 Tons gegen 988 100 Tons im vorigen Jahre. Die Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 82 gegen 87 im vorigen Jahre.

Bern, 1. Juni. (W. T. B) Die Generalversammlung der Aktionäre der Jura - Bern - Eisenbahn genehmigte die Jahres- rechnung für 1888 und Lbeschloß die Auszahlung einer Dividende

von 4 9%.

Washington, 1. Juni. (W. T. B) Die Schuld der Vereinigten Staaten hat im Monat Mai um 8702877 Doll. abgenommen; im Staatsshag befanden #sich ult. Mai 629 169 888 Doll.

New-York, 24. Mai. (New-York. Hdls.-Ztg.) Ueberblicken wir die finanz.elle Lage der Vereinigten Staaten, so ist zu konsta- tiren, daß dieselbe, soweit wenigstens das legitime Ge\chäft in Betracht kommt, im Augenblick eine im großen Ganzen recht günstige ist. Die Anforderungen, welche das legitime Frühjahrsgeshäft an den Geldmarkt gestellt, sind ohne irgend welhe Störung für denselben vorübergegangen; dasselbe war der Fall mit den Aypril- und Mai - Liguidationen, und die augenblickliße Geldcirkulation in der Union ift eine größere und besser vertheilte als jemals zuvor. Bis zu der Zeit, wo das Herbstgeshäft wieder in seine Rechte tritt und die Manipulirung der Ernten in größerem Maße vor sich geht, ist aller Vorautfiht nah die Gefahr einer Geld- knappheit ausgesch!ossen, und felbst die Thatsache, daß Gold während der letzten Zei: in größeren Beträgen außer Landes gegangen ist und vielleiht noch weiter, und zwar in ansehnlihen Quantitäten, exportirt werden dürfte, hat das Vertrauen des Publikums die augenblickliche Situation, immer soweit das legitime Geschäft in Betracht kommt, niht ershüttert; die Geschäftswelt sieht vielmehr, den an uns sowohl vom hiesigen Plaße als auch aus den großen Handels- und Distributions - Centren des Inlandeë gelangten Berichten zufolge, in dieser Hinsicht der Zukunft mit Vertrauen entgegen. Etwas Anderes ist es allerdings, ob nit die \spekulative Seite des Geschäfts hier und da zu Bedenken Anlaß giebt. Die Geldcirkulaion in der Union ift, wie bereits erwähut, augenblicklich ei-e außergewöhnlih große; die Ernte-Aus- sichten sind sehr vielversprehend, und auch die Situation in unserem Eisenbahawesen hat sich insofern gebessert, als die Transportraten auf einer stabileren Basis ruhen, lauter Momente, die felbstverständlih die Spekulation, bei Beurtheilung der Geschäftslage, nicht außer Acht läßt. Zu vergessen ist ferner nicht, daß auch in Europa Geld ungemein flüssig ist, daß man uns wirklich gute Sekuritäten gern abnimmt, daß also die Spekulation, wenn sie wirkli Ausschreitungen beabsichtigt, sozusagen Entschuldigungsgründe genug hat. Der Geldmarkt ist auch in dieser Berichtswoche fehr flü1sig geblieben. Ohne daß das Geschäft ein besonders afktives gewesen wäre, haben sih die Noti- rungen am Wechselmarkt recht stetig behauptet. Die Ansihht, daß der Goldexport in diesem Monate ein ziemli bedeutender werden würde, bewahrheitet sich; in dieser Wote hat wiederum ein recht ansehnliher Goldexrport stattgefunden. Insgesammt wurden für morgen ier abgehende Dampfer zur Verschiffung nah Europa 3 600 000 Doll. Gold angemeldet, Der heutige Betrag bringt den diesjährigen Goldexport des htesigen Hafens auf 13 359 009 Doll.

New-York, 1. Juri (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 10029763 Douars. gegen 7 030012 Dol. in der Vorwoche; davon für Stoffe 2 171 984 Doll., gegen 1 327 886 Doll. in der Vorwoche.

Verkehrs: Anstalten.

Wiederholt haben wir auf den erstaunlihen Aufschwung des Fernsprechers in Deutschland hingewtesen. Ganz Frankreich besißt noch nicht so viele Fernsprech-Theilnehmer als Berlin allein. In Frankrei ch (Paris, Bordeaux, Havre, Lille, Marseille, Lyon, Nantes, Amiens, Nizza, Nancy u. st. w.) zusammen 10757 Theil- nehmer, in Berlin allein 11000; in Deutschland 33 000. Bekanntlich hatten in Frankreich zuerst Privatgesellshaften das Fern- \sprehwesen in die Hand genommen, in Deutschland von Anfang an die Reichsverwaltung. In Paris zahlt man jährlih 600 Fr. = 480 4 für den Anschluß, in Berlin 150 4 Diese Zahlen bedürfen keiner weiteren Erläuterung. In England liegen die Verhältnisse nit viel anders als in Frankreich, aus densélben Gründen.

Danzig, 2. Juni. (W. T. B.) Das hiesige Betriebsantit macht bekannt: Die Strecke Horn—Groß-Gemmern. ift feit heute Nachmittag wieder betriebsfähig. s

Hamburg, 1. Juni, (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Augusta Victoria“ der Hamburg - Amerikanischen P I ist, von New-Vork kommend,

cute Nachmittag auf der Elbe angekommen. i

1. Juni. (W. T. B.) Ler Postdampfer „Gothia“ der Hamburg- Amerikanischen Packetfahrt-Aktiengesell- \chaft ist, von Hamburg kommend, heute Morgen in Balti-

more eingetroffen. 2, Juni. (W. T. B.) Der Postdampfer „Saronia“

der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Aktiengesell- \cchaft hat, von Westindien kommend, heute Lizard passirt, und die

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