1889 / 136 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 11 Jun 1889 18:00:01 GMT) scan diff

10 Minuten vor 6 Uhr traf, von Potsdam kommend, der Kaiserliche Extrazug ein, welcher Se. Majestät den Kaiser und König von Friedrihskron zum Empfange Seines hohen Gastes nah Berlin brachte. Se. Majestät der Kaiser trug die Parade-Uniform des Regiments der Garde du Corps mit Band und Stern des Schwarzen Adler-Ordens, der Kette des Hohenzollern’shen Haus: Ordens und darunter das Bildniß des Schahs von Persien in Diamanten. gefaßt. Dem Zuge entstiegen ferner die Chefs des Civil- und des Militärkabinets, der General-Adjutant und Kommandant des Kaiserlichen Haupt- quartiers, General von Wittich, sowie die Flügel: Adjutanten des Kaisers. Während des Einlaufens des Zuges hatte die Ehren-Compagnie „Kehrt“ gemacht, um sofort wieder die Front einzunehmen, welche Se. Majestät, die Mannschaften mit „Guten Abend, Füsiliere!“ begrüßend, alsbald abschritt.

Um 6 Uhr lief der außergewöhnlich lange Sonderzug in die Bahnhofshalle ein. Genau vor der bereitstehenden Treppe hielt der Kaiserlihe Salonwagen, welhem Se. Majestät der Schah von Persien sofort entstieg, worauf die gegen- seitige Begrüßung der Majestäten erfolgte. /

Dex Schah trug den einfachen s{hwarzen persischen Rod, auf der Schulter goldene Achselstückde mit je drei Diamant- sternen in Gold gefaßt, über das Band des Schwarzen Adler- Ordens zog sich ein s{chwarzes Koppel mit gleih großen und größeren Edelsteinen reih beseßt ; auf der linken Brustseite war der Stern des hohen Ordens vom Schwarzen Adler angeheftet. Das Wehrgehänge., welches den mit Edelsteinen beseßten, in einer Scheide von getriebenen Golde steckenden orientalishen Säbel irug, war gleichfalls mit Diamanten beseßt, während als - Scchlußstück ein großer wasser- grüner Smaragd diente. Die Beinkleider waren hellblau mit breiten goldenen Streifen. Auf dem Haupte trug der Schah die persishe Lammsfellmüße ohne Verzierung, und die Augen deckte wie in früheren Jahren eine feine goldene Brille.

Jhre Majestäten der Kaiser und der Schah shüttelten Sich bei der Begrüßung mehrmals die Rechte und schriiten unter den Klängen des „persishen Marsches“ die Front der Ehren- Compagnie ab, während ein Vorbeimarsch unterblieb.

Die Majestäten bestiegen alsdann den a mit 4 Trakehnern bespanntien à la Daumont gefahrenen Wagen, und unter Vorritt der Halb-Escadron Garde-Ulanen, geleitet von einem Königlichen Stallmeister und cotoyirt von dem Polizei- Präsidenten sowie dem Kommandanten, seßte sih nunmehr der Zug die Linden entlang durch das Brandenburger Thor, dem Schloß Bellevue zu in Bewegung, allenthalben von den an den Straßen dichtes Spalier bildenden Menschenmassen mit Tüchershwenken und lauten brausenden Hurrahs begrüßt.

Als die Allerhöhsten Herrschaften das Brandenburger Thor passirten, feuerte die Salut-Batterie am Königsplatz 72 Kanonenschüsse ab. Bei der Ankunft in Schloß Bellevue stieg um 61/3 Uhr die persische Reichsflagge empor.

Ueber die gestrige Feier des Stiftungsfestes des Lehr-Fnfanterie-Bataillons in Potsdam ging uns folgender Bericht zu: / :

Potsdam, 10. Juni. Das letzte Stifiungsfest des Lehr- Jnsfanterie-Bataillons fand am 30. Mai 1887 statt. Heller warmer Sonnenschein ergoß sich damals auf das dichte Laub- dach, welches die herrlihen alten Buchen vor dem südlichen Pavillon des Schlosses Friedrichskron über der Stätte bilden

die zur Abhaltung des Gottesdienstes sür diese alliährlid wiederkehrende militärishe Feier bestimmt ist. Jn voller Nüstigkeit nahm hier vor zwei Jahren Kaiser Wilhelm T. im 91, Lobenëjahre die Parade über dieses Elite-Bataillon, das sih bekanntlih aus den vorzüglichsten Leuten der ganzen Armee zusammenseßt, ab. Zur Linken Sr. Majestät stand damals, von Seinem s{hweren Leiden noch ungebeugt, die ritterlihe Gestalt des Kronprinzen Friedrich Wilhelm und Jhm zur Seite Sein ältester Sohn, Prinz Wilhelm von Preußen. Heute, bei der ersten Wiederkehr der Feier dieses Stistungsfestes stand an der Stelle Seines Kaiserlichen Großvaters Kaiser Wilhelm IIT. als oberster Kriegsherr der deutshen Armee.

Das heutige Stiftungsfest nahm einen besonders glänzen- den Verlauf durch die Anwesenheit Sr. Majestät des Schahs von Persien mit Gefolge, und Sr. König- lihen Hoheit des Herzogs von Edinburg mit seinem ältesten Sohne sowie durch die Theilnahme sämmtlicher hier anwesenden Mitglieder des Königlichen Hauses.

Mit einem Königlihen Sonderzuge begab sih der Schah Nassr:Eddin, umgeben von dem Ehrendienst und den persischen Staats-Würdenträgern, vom Potsdamer Bahnhof aus nah Potsdam, wo auf der Ankunstsseite der Bahnhofshalle der Kommandant von Potsdam, General-Major von Lindequist, und der Polizei-Präsident zum Empfange anwesend waren. Dem Bahnhof gegenüber stand im Paradeanzuge mit Grenadier- mügen die Leib-Compagnie des 1. Garde Regiments z. F. mit der Fahne des 1. Bataillons und der Regimentsmusik, sowie den direkten Vorgeseßten auf dem rechten Flügel derselben. D Graf von Kanig überreichte dem Schah den

rontrapport, die Compagnie präsentirte, und die Musik spielte den „persishen Marsch“, während sich die Fahne vor Sr. Majestät salutirend zu Boden senkte. Der Schah trug dieselbe Uniform wie gestern ; nur einen anderen Säbel hatte heute der Perserfürst gewählt : die Scheide bestand heute aus dunkelem lila Sammet, Griff und Spiße waren aus massivem Gold ge- trieben. Se. Majestät der Schah musterte die Leib-Compagnie aufmerksamen Blickes, und diese Riesengarde schien besonderen Eindruck auf den hohen Gast zu machen. Nah dem Ab- schreiten der Front nahm der Schah noch den Vorbeimarsh entgegen und ließ auch die zur Ehren:Eskorte be- fohlene Leib-Escadron des Leib - Garde - Husaren - Regiments unter dem Rittmeister Herzog Johann Albrecht von Mecklen- burg - Schwerin, Hoheit, im Schrilt und in Halbzugs- front paradiren. Der Schah bestieg nach dem Vorbei- marsch sofort die offene vierspännige Hofequipage; zur Linken saß der kommandirende General des X1. Armee - Corps, General von Grolman. Unter der Eskorte der Leib:-:Garde- Husaren, geleitet von dem Kommandanten zu Pferde, dem Vorxitt eines Königlichen Stallmeisters nebst 2 Vorreitern und unter den brausenden Jubelrufen und Hurrahs der nah Tausenden zählenden Menge ging die Fahrt dur den Park von Sanssouci nach S@loß Friedrihskron, wo der Schah Cy Majestät der Kaiserin und Königin einen

esu abstattete.

_Se. Majestät der Kaiser und König hatte Sich schon früher nah Potsdam begeben und erschien bald nah der Ab- fahrt des Schahs in der Admirals-Uniform, begleitet von dem dienstthuenden Flügel-Adjutanten Major von Bülow, auf dem Perron des Bahnhofes, um daselbst Se. Königliche Hoheit

begrüßen. Höchstderselbe war heute Morgen um 7 Uhr in Berlin eingetroffen und hatte in Charlottenburg Wohnung genommen. Zum Ehrendienst find bei

Sr. Königlihen Hoheit befohlen: der kommandirende Admiral Freiherr von der Goly und der Commandeur des Thüringischen Jnfanterie:Regiments Nr. 95, Oberst von Treskow. Die Begrüßung durch Se. Meh den Kaiser und König war überaus herzlih. Sowohl der Herzog als auch sein im 15. Lebensjahr stehender ältester Sohn, Prinz Alfred, trugen die Uniform des 95. Regiments, bei welchem Ersterer als General der Jnfanterie, Leßterer als Second- Lieutenant à la suite stehen. Nah kurzem Aufenthalt im Stadtschlosse zu Potsdam geleitete der Kaiser Seine Gäste nah Schloß Friedrichskron.

Hier stand um 10 Uhr an der Eingangs bezeichneten Stelle das -Lehr-Jnfanterie-Bataillon unter dem Kommando des Oberst: Lieutenants von Naßmer im Parade-Anzuge, ein offenes Carré bildend, vor dem Altar, welcher mit der roth- seidenen Felddecke überdeckt war, die der 1. Garde-Fnfanterie- Division bereits in zwei Feldzügen gedient und auch seiner Zeit bei der Kaiserproklamation zu Versailles den Altar ge- \Gmüdckt hatte. Am rechten Flügel der 1. Compagnie standen die direkten Vorgeseßten, an der Spiße der kommandirende General des Garde-Corps, Freiherr von Meerscheidt-:Hüllessem. An den linken Flügel der 4. Compagnie {lossen s\ich das Offizier - Corps des 1. Garde - Regiments z. F. und zahlreiche Offiziere der Potsdamer und Berliner Garnison an, ebenso das Kadetten-Corps. Vor diesen standen die sämmt- lichen fremdländishen Militär-Bevollmächtigten ur. d Attachés, sowie die Generalität Berlins und Potsdams. Hinter den vergoldeten, mit rothem Damast bezogenen Sesseln, welche für

die Allerhöhsten und Höchsten Herrschasten dem Altar gegenüber aufgstellt waren, standen die Prinzen der souveränen deutschen Fürstenhäuser, sämmtlihe General-

Adjutanten, Generale à la suite und Flügel-Adjutanten, der General-Feldmarschall Graf von Blumenthal, der Kriegs- Minister, der Chef des Generalstabes der Armee, der Minister des Königlichen Hauses von Wedell, die Chefs des Civil- und des Militärkabinets, der Staatssekretär, Staats- Minister Graf Herbert von Bismar, der Kommandant des Hauptquartiers, der General:Oberst von Pape, der groß- britannishe Botschaster Sir E. Malet, der Ober-Ceremonien- meister Graf zu Eulenburg, Fürst Radolin, Graf Perponcher und die übrigen Herren des Hofstaats.

Um 101/24 Uhr erscholl das Kommando: „Stillgestanden, das Gewehr über, Achtung! präsentirt das Gewehr“, und unter Vorantritt des Ober-Hosmarschalls von Liebenau, des Haus- marschalls von Lyncker und des Hofmarschalls Grafen Pückler trat der Hof in das Carré. Se. Majestät der Schah führle Jhre Majestät die Kaiserin und Königin, Allerhöchstwelhe auf einem Kleide aus schwarz- und weiß- gestreister Seide den Stern des Schwarzen Adler-Ordens trug. Se. Majestät der Kaiser und König, in der Uniform des Königs-Regiments mit Band und Stern des Schwarzen Adler-Ordens, dem Johanniter-Orden, der Keite des Hohen- zollernshen Haus-Ordens und dem Bilde des Schahs in Brillanten, führte Fhre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich Carl, welhe eine weiße Toilette angelegt hatte. Es folgten Se. KönigliYe Hoheit der Herzog von Edinburg, gleichfalls mit dem Bildniß des Schahs in Diamanten geshmüdckt, mit Jhrer Hoheit der Frau Herzogin Fohann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin, ferner Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrih Leopold, Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen- Meiningen, Se. Königliche Hoheit der Prinz Alfred von Groß- britannien, die Damen und Herren des Hosfstaats der Kaiserin und Königin, sowie die höchsten persischen Staatsbeamten und der persische Gesandte. Zur Linken FJhrer Majestät gingen der Kronprinz und Seine beiden nächstältesten Brüder in weißen Matrosen Arten.

Die Tambours \{chlugen alsdann zum Gebet an, und Liturgie und Gottesdienst, gehalten vom Hofprediger D, Rogge, begannen. Die Choräle begleitete die Musik des 1, Garde - Regiments z. F. Die Liturgie wurde von den Zöglingen des Potsdamer Waisenhaujes und den mili- tärishen Sängern der Potsdamer Regimenter ausgeführt ; die Fahne des Bataillons stand vor der Mitte der 2. und 3. Compagnie. Sämmtliche Allerhöchste und Höchste Herr-

schaften blieben während der ganzen Dauer des Gottesdienstes stehen. Nah Beendigung des Gottes- dienstes schwenkte das Bataillon zur Linie ein,

und unter den Klängen des Präsentirmarsches schritten Jhre Majestäten der Kaiser und der Schah die Front ab. Es folgte dann ein vorzüglich ausgeführter Parademarsh in Zügen an der Gartenseite und darauf die Speisung der Mannschaften in der fesilich geshmüdckten Säulenhalle der Communs in der hergebrahten Weise,

Jn der Mitte des festlich geschmüdckten Pavillons, auf dessen Zinne die goldgelbe Kaiserstandarte, um- geben von den Flaggen sämmtlicher deutshen Staa“en,

wehte, war für die Allerhöchsten und Höchsten eaten ein R aufgestellt, an dem die Premier- ieutenants die edienung persönlich übernommen

hatten. Als der Hof aus dem Palais heraustrat, um si nah den Communs zu begeben und die Tafeln der Mann- schaften abzuschreiten, spielten die Musikcorps der Potsdamer Garde-Regimenter die Nationalhymne. Bei dem Abschreiten der Tafeln ergriff Se. Majestät der Kaiser ein Glas und trank auf das Wohl der Armee. Der Trinkspruh des obersten Kriegsherrn wurde von dem kommandirenden General des Garde:Corps, Freiherrn von Meerscheidt: Hüllessem erwidert; derselbe brachte das Hoch auf den Kaiser und König aus, und unter den Klängen des „Heil Dir im Siegerkranz“ durch- brauste ein dreifaches Hoch, wie ein einziger lauter Jubelton, die imposanten Hallen.

E T E R E T E E e m

Am ersten Feiertage Morgens verstarb der Geheime Hofrath Wollmann, Vorsteher des Central-Bureaus des Auswärtigen Amts, im Alter von 55 Jahren.

Derselbe gehörte dem auswärtigen Ressort seit 1866 an, befand sich während des Feldzuges 1870/71 als Bureau- beamter im Hauptquartier und wurde im Oktober 1885 in die verantwortlihe Stellung des Leiters des Central-Bureaus berufen. Der Dahingeschiedene fungirte als Bureau-Vorsteher im Jahre 1884 bei der Congo-Konferenz und noch in den lezten Wochen bei der Samoa-Konferenz.

Jn allen seinen dienstlihen Stellungen hat der Verstor-

und Zuverlässigkeit hervorragend bewährt. Jm Auswärti Amt wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahrt bleiben

Nach der im Reichs-Eisenbahnamt aufgestellten in der Ersten Beilage veröffentlihten Nachweisung über die im Monat April d. J. auf deutshen Bahnen (aus- O der bayerischen) beförderten Züge und deren Verspätungen wurden mel 41 n Bahnen bezw. Bahn- neßen mit einer Gesammtbetriebslänge von 34371427 km befördert: An fahrplanmäßigen Zügen: 15347 Courier- und Schnellzüge, 143 371 Personenzüge, 73 701 gemischte Züge und 127 804 Güterzüge; an au E en

ügen: 2720 Courier-, Schnell-, Personen- und gemischle

üge und 27917 Güter-, Materialien- und Arbeitszüge. Jm

anzen wurden 842 278 936 Achskilometer bewegt, von denen 248 321 169 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeförderung entfallen. Von den 232 419 fahrplan- mäßigen Courier-, Schnell-, Personen- und gemischten Zügen verspäteten im Ganzen 1525 oder 0,66 Proz. (gegen 1,11 Proz. in demselben Monat des Vorjahres und 0,69 Proz, im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 481 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervorgerufen, sodaß den aufgeführten Bahnen nur 1044 Verspätungen Ü 0,45 Proz.) zur Last fallen (gegen 0,47 Proz. im Vormonat.)

n demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf den eigenen Strecken der in Vergleih zu ziehenden Bahnen von 216 289 beförderten fahrplanmäßigen Zügen mit Personen- beförderung 1646 oder 0,76 Proz., mithin 0,31 Proz. mehr. Jn Folge der Verspätungen wurden 837 Anschlüsse versäumt (gegen 1269 in demselben Monat des Vorjahres und 926 im Vormonat). Bei 10 Bahnen sind Zugverspätungen und bei 16 Bahnen Anschlußversäumnisse niht vorgekommen. Jn der Nachweisung sind diejenigen Bahnen, auf welchen Zug- verspätungen vorkamen, nah der Verhältnißzahl (geometrisches Mittel) zwischen der Anzahl der auf je eine Verspätung ent- fallenden Züge und Achskilometer geordnet; danah nehmen die Unterelbesche, die Kiel-Eckernförde-Flensburger und die Main- Neckar-Bahn die ungünstigsten Stellen ein. Wird die Reihen- folge der Bahnen statt nah dex Zahl der Verspätungen nach der Zahl der Anschlußversäumnisse bestimmt, so treten die Bahnen im Bezirk der Königlichen Eisenbahn-Direktion (linskrheinische) zu Köln, die Hessishe Ludwigsbahn und die Main-Neckar-Bahn an die ungünstigsten Stellen. Jn den vorstehenden Angaben sind die Verspätungen bei denjenigen Zügen, welche in Folge von Hochwasser ausfielen, unberüd- sichtigt geblieben. Aus diesen Gründen sind 59 Züge strecken- weise ausgefallen.

Der Königliche Gesandte in Dresden, Graf von Dönhoff, ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaube auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gesandtschaft wieder übernommen.

___— Der General der Jnfanterie, Freiherr von Meer- \ccheidt-Hüllessem, kommandirender General des Garde- Corps, isst von der am 5. d. Mts. zur Besichtigung des 4. Garde-Grenadier-Regiments Königin nah Koblenz ange- tretenen Dienstreise hierher zurückgekehrt.

__— Der General-Jnspecteur der Fuß-Artillerie, General- Lieutenant von Roerdansz, ist von seiner Dienstreise hier wieder eingetroffen.

Der Staatssekretär des Reichs-Marine-Amts, Contre- Admiral Heusner, hat sih zu Jnspizirungszwecken nach den Marine-Garnisonen begeben.

S. M.S. „Sophie“, Kommandant Korvetten-Kapitän Herbing , beabsichtigt am 12. d. M. von Auckland ab in See zu gehen.

S. M. Kbt. „Hy äne“, Kommandant Kapitän-Lieutenant Zeye, ist am 8. Juni in San Paolo de Loanda eingetroffen und beabsichtigt am 13. Juni cr. die Reise fortzuseßen.

S. M. Kreuzer „Habicht“, Kommandant Korvetten- Kapitän Rittmeyer, ist am 8. Juni cr. in Santhome eingetroffen und beabsichtigt am 10. Juni cr. wieder in See zu gehen.

S. M. Fahrzeug „Loreley“, stellvertretender Komman- dant Lieutenant zur See Bassewißt, ist am 9. Juni in Pera eingetroffen.

Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 10. Juni. Se. Königliche Hoheit der Großherzog ist mit dem Erbgroß- herzog und der Herzogin Cäcilie am 8. d. M. von Cannes wieder hier eingetroffen und beabsichtigt dem vom 16. bis 18. d. M. hier stattfindenden X, Mecklenburgischen Musikfeste beizuwohnen. Die Rückkehr Jhrer Kaiserlichen Hoheit der Großherzogin und der Herzogin Alexandrine ist noch nit festgeseßt.

Oldenburg. Oldenburg, 8. Juni. (U.) Se. König- liche Hoheit der Großherzog ist heute von der Reise zurück- gekehrt und hat sich nach seiner Sommer-Residenz Ra st ede begeben. Auch Jhre Königliche Hoheit die Frau Erbgroß- herzogin ist von ihrer Reise wieder eingetroffen.

Sachsen-Coburg-Gotha. Coburg, 8. Juni. (Cob. Ztg.) Se. Hoheit der Herzog hat sih heute auf einige Tage nah Gotha begeben.

Anhalt. Ballenstedt, 7. Juni. (Anh. St.-A.) Se. Hoheit der Erbprinz ist heute früh aus Karlsruhe hier wieder eingc:roffen.

Oesterreich -Ungarn. Wien, 8. Juni. (W.T. B.) Der Ackerbau- Minister Graf Falkenhayn empfing heute eine Deputation der strikenden Bergarbeiter des Mieser und Pilsener Reviers und sagte eine Untersuhung der Be- shwerden in dèn Fällen zu, denen eine Verleßung der geseßlihen Bestimmungen zu Grunde liegen könnte. Der Minister betonte gleichzeitig, daß die Behörden nur dann vermittelnd für die Bergleute eintreten könnten, wenn diese unächst auf den Boden des Gesezes zurückkehren und die Arbeit wieder aufnehmen würden. Jn diesem Sinne werde er die Bergämter der Reviere anweisen, in der sicheren Erwar- tung, daß wirklich billige Ansprüche der Bergleute bei den Werken Gehör finden würden. 9, Juni. (W. T. S; Der Fürst von Monte- negro ist mit der Prinzessin Milißa heute E hier eingetroffen und von dem Fürsten Peter Karagiorgewits am Bahnhofe empfangen worden.

10. Juni. (W. T. B.). Der Kaiser empfing heute tittag den Fürsten von Montenegro in besonderer

den Herzog von Edinburg zu empfangen und zu

bene sich durch aufopfernden Diensteifer, Gewissenhaftigkeit

Audienz, welche etwa 10 Minuten währte.

Krakau, 10. Juni. Professor Cyfrowicz, welcher egen der Verhaftung der 41 Studenten nah Ojcow esandt worden, ist von dort zurügekehrt und berichtet, daß die russishen Behörden, theils als Geldstrafe, theils als Kosten- ersaß, die Zahlung von 500 Gulden beanspruchten; außerdem n die Studenten zu dreitägigem Arrest verurtheilt. Professor rowicz hat heute das verlangte Geld nah Djcow über- bracht, und die Studenten kehren voraussfihtlih morgen hierher

zurück. : :

: Frankreih. Paris, 8, Juni. . (W, T, D.) In der heutigen Sizung der Deputirtenkammer griff bei der weiteren Berathung des Unterrichts-Etats de Mun von der Rechten Ferry heftig an, dessen Name allein schon genüge, um Blut und Thränen im Lande fließen zu machen. Man klage, das Land sei unwohnlih für die Hälfte seiner Einwohner gemacht worden, es sei solch unerträglicher Diktatur endlich satt. Nachdem der Redner zur Ordnung gerufen war, ergriff der Unterrichts-Minister _Fallières das Wort zur Entgegnung. Derselbe führte zunächst aus, die Sqchulgeseße seien um des Schußes der Gewissensfreiheit willen gemaht; die Zukunst werde Republik und Re- gierung Recht geben; vertrauensvoll unterbreite er sein Werk dem allgemeinen Stimmrechte zur Ratifikation. Nach einigen Ausführungen anderer Redner tadelte Clémenceau die Shwenkungspolitik Ferry's; weit besser sei es, offen Krieg zu führen, da eine Wiederaussöhnung mit der Kirche doch nur ein Hirngespinnjt sei; man dürfe von der Kirche feine Toleranz erbitten, vielmehr von derselben Gehorsam gegen die Staatsgeseße verlangen. Damit wurde die Be- rathung abgebrochen ; dieselbe wird Dienstag fortgeseßt werden.

Auf Anordnung des obersten Gerichtshofes is in der vergangenen Nacht der Unter-Jutendant Reichert, welcher im früheren Ministerium Boulanger angestellt war, ver haftet worden. Das „Journal des Débats“ berichtet, daß wegen der in den Papieren des Unter-Fntendanten Reichert gefundenen fompromittirenden Schriftstücke der Staatsgerichtshof- heute Vormittag Fleuchat, seiner Zeit Kapitän vom General- stabe des Kriegs-Ministers, habe verhaften lassen.

9, Juni. (W. T. B.) Die Verhaftung des Unter- JFntendanten Reichert wurde damit begründet, daß derselbe falsche Aussagen vor Gericht gemaht und sich geweigert habe, die vom Untersuchungsrichter verlangten Schrift- stüce auszuhändigen. Nachdem Reichert die Schrift- tüde ausgeliefert und Angaben über die Schriftstücke, welhe sich im Besiße des Kapitän Fleuchat befanden, gemacht hatte, wurde er gestern wieder in Freiheit geseßt. Weitere Verhaftungen sind bis jeßt niht vorgenommen worden. Der ehemalige Kabinets-Chef Boulanger's, General Jung, wurde heute von der Untersuhungskommission des Staats- gerichtshofes vernommen.

Die Zusammenkunft und das Banket der Bou- langisten, welche heute in Angoulême stattfinden sollten, wurden polizeilih untersagt. 24 Verhaftungen wurden wegen der Rufe: „Es lebe Deroulède!“ „Es lebe Boulanger !“ vor- genommen. Deroulède, Laisant, _Laguerre und Richard wurden, als sie dagegen Widerspruch erhoben, ver- haftet; die gegen 4000 zählende Menge protestirte dagegen ebenfalls. Die Garnison war in den Kasernen konsignirt,

10. Juni. (W. T. B.) Die in Angoulême gestern verhafteten Boulangislen waren bis 1 Uhr Morgens nohch niht wieder in Freiheit geseßt worden, da ste sih weigerten, die Verpflichtung einzugehen, nicht wieder zu Manifestationen zu ermuntern. Die in Paris anwesenden boulangistishen Deputirten veröffentlichen eine Erklärung gegen die Verhaftung ihrer Freunde und beschuldigen die Regierung, daß sie einen revolutionären Weg betrete, für den sie die Verantwortung zu übernehmen habe. :

Laguerre, Laisant und Deroulède wurden heute vom Staatsanwalt vernommen, die Freilassung derselben, ob- hon wahrscheinlich, ist noch nicht angeordnet. Wie es heißt, würden die boulangistishen Deputirten die Angelegenheit morgen in der Kammer zur Sprache bringen. :

Dem „Temps“ zufolge hätte die Untersuhungs- kommission des Staatsgerichtshofes das Vorhanden- sein schwerer Belastungsmomente gegen Boulanger fonstatirt und würden die Akten am Mittwoh dem Ober- Staatsanwalt zugestellt werden. :

«ck 11 U Q T. D) Deroulèobe, Laar und Laguerre sind noch niht wieder in Freiheit geseßt ; dieselben werden sih heute vor dem Zuchtpolizeigericht in Angoulême wegen Rebellion und wegen Bedrohung von Beamten zu verantworten haben. Die boulangistishen Deputirten haben beschlossen, von der Einbringung einer JFnter- pellation einstweilen noch abzusehen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 8. Zuni. (W. T. B.) Der König und die Königin von Griechen- land sind mit ‘der Prinzessin Alexandra, der Braut des Großfürsten Paul, und dem Kronprinzen heute in Neu- Peterhof eingetroffen. An der Grenze wurden die hohen Gäste von dem Großfürsten Paul empfangen und hierher begleite. Auf dem Bahnhofe waren der Kaiser, die Kaiserin, der Großfürst -Thronfolger sowie die übrigen Großfürsten und Großfürstinnen an- wesend. Der Magistrat brachte auf silbernen Schüsseln den Herrschaften Salz und Brot dar. Hierauf fuhren die Kaiserin mit der Königin und dem Brautpaar in einem Galawagen, der Kaiser mit dem König, und die beiden Thronfolger zusammen nah Alexandria. Die griechishe Königsfamilie bewohnt das Neue Palais am Meeresstrande von Alexandria. Heute fand im Petersaal des großen Schlosses Familiendiner von 37 Gedecken statt. :

Das diesjährige Rekrutenkontingent der Armee und Marine isst auf 255000 Mann festgeseßt, neben 2400 Mann in Terek, Kuban und Transkaukasien für die Ergänzung der spezial-kaukasishen Truppen.

_ Jtalien. Rom, 8. Juni, (W. T. B.) Jn der Depu- tirtenkammer begründete heute C avalotti seinen Antrag, betreffend die vorzeitige Veröffentlihung der Akten- stücke in der Angelegenheit des Konsuls Durando. Die Debatte wird am Montag fortgeseßt werden. :

9. Juni, Vormittags. (W. T. B.) Zur Theilnahme an der Giordano Bruno- Feier sind zahlreihe Depu- tationen eingetroffen, welche von den Comités und den Studenten empfangen wurden. Jn der Stadt herrscht eine festliche Bewegung; Festtheilnehmer dur{hziehen mit Mufik und ihren Fahnen die Straßen. Die Studenten der hiesigen Universität begrüßten die Commilitonen aus anderen Städten und dem Auslande gestern Abend im Universitätshofe, wo eine Büste Giordano Bruno's aufgestellt ist.

9. Juni, Vormittags. (W. T. B.) - Die Enthüllung des Giordano Bruno-Denkmals fand heute, um 11 Uhr, unter Betheiligung einer ungeheueren Menschenmenge statt. Die Feier, an welcher sich 6000 Vereine mit 1970 Fahnen betheilicten, verlief in größter Ordnung.

9. Zuni. (W. T. B.) (Ausführlihere Mel- dung). Bei prachtvollem Wetter sebte sfih um 9 Uhr Vor- mittags der Festzug von 6000 Deputationen der Munizipien, der Universitäten, ausländischen und inländischen Vereine mit 1970 Fahnen und Bannern sowie 100 Musikcorps vom Tempelplaß aus durch die Via Nazionale, den Corso Vittore Emanuele, die Baulari-Straße entlang in Bewegung. Jn dem Zuge befanden sich 2000 Ab- gesandte aus den Abruzzen und 2500 Studenten und Deputirte der Freimaurer aus Deutschland, Frankreich, Belgien, den Vereinigten Staaten von Nordamerika, Ungarn, Dänemark und Mexiko. Eine zahlreihe Volksmenge bildete Spalier und begrüßte den Zug mit begeisterten Evviva-Rufen. Der Zug traf um 101/5 Uhr auf dem Campo dei Fiori ein, das in einen Blumenhain verwandelt war, und gruppirte sich um das Denkmal. Die Tribünen waren von Senatoren und Deputirten, sowie den Munizipal-Delegirten Roms und Nolas beseßt. Um 11 Uhr fiel die Hülle des Monuments inmitten eines langanhaltenden Beifallssturmes. Alle Musikkapellen spielten, die Banner wurden gesenkt, die Zuschauer auf dem Play und an den umliegenden Fenstern shwenkten Hüte und Tücher. Alsdann erfolgte die Uebergabe des Denkmals durch Notariatsakt an den Bürgermeister Roms, welcher mit einer der Feier entsprechenden Ansprache erwiderte. Die hierauf folgenden Reden des Bürgermeisters von Nola und des Deputirten Bovio fanden begeisterten Beifall. Nach der

laße der Büste Garibaldi's der Deputirte Jmbriani eine enthusiastisch aufgenommene Rede zum Gedächtniß des Generals hielt.

10. Zuni. (W. T. B.) Blätter konstatiren, daß bei der Enthüllung des Giordano Bruno-Denkmals die Ordnung voll- kommen aufrecht erhalten worden fei. Seit langer Zeit sei keine öffentlihe Kundgebung so imposant und so ruhig

Alle gesiern erschienenen

Der Vatikan war vollständig abgesperrt. Den ganzen Tag durchzogen Musikbanden, welche die Nationalhymne spielten, die Stadt. Der Blumenplay war illuminirt und von einer großen Menschenmenge besetzt. Die Musikfkapellen spielten auf demselben und auf anderen Hauptpläßen. Die Menge ver- langte unaufhörlih die Königshymne sowie die Garibaldi- Hymne zu hören, spendete denselben begeisterten Beifall und brachte Hochrufe auf Giordano Bruno aus.

Erneute Gerüchte von einer Erkrankung des Papstes werden für volllommen unbegründet erklärt. Jm Laufe des gestrigen Nachmittags besuhten mehrere Mitglieder des diplomatischen Corps den Kardinal - Staatssekretär Ram- polla. Die Vertreter von Frankreich und Oesterreich, welche beim Kardinal zusammentrafen, wurden von demselben zum Papste geführt , woselbst sie längere Zeit verweilten. Der Papst soll angeordnet haben, sämmtliche aus der ganzen Welt An zugesandten Proteste gegen die Errichtung des Giordano

runo-Demkmals zu veröffentlihen. Dem „Popolo Romano“ zufolge wäre der Minister-Präsident Cris pi Seitens der fremden Diplomaten béglückwünscht worden, daß in der Stadt vollkommene Ruhe herrschte. /

10. Juni. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer seßte in der heutigen Sitzung die Debatte über den Antrag Cavallotti, betreffend die vorzeitige Veröffentlihung der Aktenstücke in der Angelegenheit des Konsuls Du- rando, fort und genehmigte nahezu einstimmig die von der Regierung acceptirte Tages ordnung Cavalleto’s, in welcher die Kammer das Vertrauen ausspricht: die Regierung werde der gegebenen Anregung folgend, dafür sorgen, daß die italienishen Konsuln die Freundschaft zu den Staaten, in welchen sie ernannt sind, pflegen, dabei aber den italieni- hen Staatsangehörigen wirksamen Schuß angedeihen lassen und einen wohlwollenden und billigen Einfluß ausüben, damit bei den Angehörigen der Nation stets das volle Ver- trauen und die Zuneigung zum Mutterlande aufrecht erhalten werde. Der Minister-Präsident Cr1sp1, welcher das“ Ver- halten des Konsuls Durando vertheidigte, sagte am Schluß seiner Rede: Der Friede Europas ist auf Verträgen begründet; es ist Pflicht jedes redlichen Patrioten, dieselben strengstens p beobahten. És werden uns viele Fallen gelegt; ein sehr thätiger und unvexsöhnlicher innerer Feind würde freudig den Tag begrüßen, wo das feste Band der Tripelallianz zerrissen wäre, und er wird bei seiner gegen die leßtere gerichteten Arbeit auch durch eine gewisse Macht unterstüßt, aber diese Versuche sind nußlos, denn keine Falle wird im Stande sein, die den Weltfrieden verbürgende Allianz zu zerreißen.

Spanien. Madrid, 9. Juni. (W. T. B.) Der Staatsrath beschloß, den Grafen Benomar wegen Ver- trauensbruhs vor Gericht zu stellen; man erwartet, daß der Ministerrath sich heute mit der Angelegenheit be-

äftigen werde. M E 10. Juni. (W. T. B.) Die Königin-Regentin hat das Dekret zur Wiedereröffnung der Cortes unterzeichnet.

Schweiz. Bern, 8. Juni. (W. T. B.) England hat seine Theilnahme an der internationalen Arbeiter- \huß-Konferenz zugesagt.

Belgien. Brüssel, 11. Juni. (W. T. B.) Anläßlich der heute hier stattfindenden Stihwahl zur Deputirten- kammer is} für den Abend die hiesige Bürgergarde ein- berufen worden, um etwa vorkommenden Ruhestörungen be- egnen zu können. Man glaubt, daß au die Garn ison onsignirt werden dürfte.

Griechenland. Athen, 8. Juni. (W. T. B.) Die aus Creta gemeldeten ausgebrochenen Unruhen sind nicht ernsthafter Natur, sondern lediglih auf Parteihader zurückzuführen.

Serbien. Belgrad, 8. Juni. (W. T. B.) Die Regenten unterzeichneten einen Ukas, wonah der Metropolit Theo- dosius Demetrius, Bischof von Nisch, und Nikanor, Bischof von Zica, auf ihr Ansuchen vensionirt, und der frühere Metropolit Michael als Metropolit von Serbien, sowie der Bischof Hieronymus als Bischof von Nisch

Mee zogen die Deputationen nach dem Capitol, wo am |

verlaufen; kein einziger geseßzwidriger Ruf sei erschollen. "

Staatsinteresse liege und ein Gebot für den Frieden und die Würde der orthodoxen Kirche in Serbien sei. :

10. Juni. (W. T. B.) Der Metropolit Michael celebrirte gestern, am Pfingstsonntage, mit glänzender geistlicher Assistenz den Gottesdienst in der Kathedralkirhe, welhem der König, der Regent Ristic, die Minister Gruic und Milosavljevic und der russishe Gesandte Persiani_ bei- wohnten. Der frühere Metropolit Theodosius, fowle die aus dem Amte scheidenden Bischöfe Demetrius und Nifkanor standen, ihrer Zusage gemäß, mit der celebrirenden Geistlichkeit vor dem Altar. Metropolit Michael hielt eine Predigt, in welcher er die in dichter Menge die Kirche füllenden Andächtigen zur Versöhnlichkeit, zur Förderung des inneren Friedens, sowie zur Liebe und Treue zum König und dessen Dynastie aufforderte. Der König, Ristic und die Minister beglückwünschten den Metropoliten zu seiner Predigt. Beim Heraustreten aus der Kirche wurde A Alexander von der Menschenmenge enthusiastish begrüßt.

Heute Vormittag celebrirte der Metropolit Michael in_ der Kathedralkirhe eine Trauermesse für den Fürsten Michael, welcher der König, die Regenten und Minister, die Civil- und Militär-Würdenträger, sowie ein zahlreiches Publikum beiwohnten. i:

Die „Polit. Corresp.“ meldet aus Nis: Gestern wurde unter dem Vorsiz Taschic's ein Parteitag der Radi- falen abgehalten, welcher in voller Ruhe verlief. Derselbe beschloß, die Regierung zur Lösung des Vertrages mit der Betriebsgesellschaft der serbishen Bahnen, sowie zur Regelung der kirhlihen Frage zu beglückwünschen.

Süd - Amerika. Brasilien. Rio de Janeiro, 8. Juni. (W. T. B.) Alfonso Celso hat den Austrag er- halten ein liberales Ministerium zu bilden.

9. Juni. (W. T. B.) Der Vicomte Duropreto übernimmt den Vorsiß in dem neugebildeten liberalen Ministerium.

Zeitungsftimmen.

Die „Coburger Zeitung“ schreibt:

Ueber den Mangel an verbittertea und verbitternden Partei- fämpfen im Deutschen Reich braucht sich Niemand zu beklagen. Der Uebershuß rechthaberischen Wissens, dem wir diefe Heftigkeit der Parteifehde verdanken, ist das Zubehör zur deutshen Gründlichkeit. Dabei wird es wohl auch in aller Zukunst sein Bewenden haben.

Man täuscht sih aber im Auélande, wenn man etwa Rehnungen des Inhalts aufmacht, als ob die parlamentarische Opposition, renn sie weniger glimpflih vom leitenden Staatsmann bei der Erörterung innerer Fragen behandelt wird, \{ließlich in die Dpposition ge- trieben werden könnte auch gegenüber der auswärtigen Politik des Reichskanzlers. Man hat das Wesen der Bismarck'shen Staats- funst nicht erfaßt, wenn man auf solhe Gegensäße im deutscen Staatsleben zu \pefkuliren noch im Stande ist. Für einen Zerfall der oppositioneuei deutshen Wählershaft mit der größeren Berufs- bethätigung des Kanzlers fehlt die Vorausseßung, so lange dieser dabei bleibt, in allen Beziehungen mit der Außenwelt nach einer innigeren Berührung mit den kräftigen Verkörperungen der berechtigten nationalen Eigenthümlichkeiten in den einzelnen Staatswesen zu suchen, die Fäulnißerscheinungen am staatlichen Organismus aber von seiner Friedenspolitik fern zu halten.

Darin beruht das Geheimniß aller Erfolge der großen Be- strebungen des Kanzlers, daß er immer nur mit gesunden Kräften im NVolksleben in Bundesbeziehungen trat, einerlei durch wen sie gerade persönli repräsentirt wurden. Darin konnte au der Kanzler jeder Zeit die Gewähr erkennen, daß ihm in entscheidenden historischen Momenten die Gesammtheit des deutschen Volks freudig und mit

tolzem Gefühl ihre Unterstüßung zu Theil werden ließ. Verfolgen wir diese Augenblicke unserer zeitgeshichtlichen Entwicklung, in denen, sei es durh Thatsachen, sei es durch eine bemerkenswerthe mündliche Kundgebung des Kanzlers, auf eine jeweils abgelaufene Phase der auswärtigen Politik die rechte Beleuchtung zurückfiel immer [äßt {ih beobachten, daß der Deutsche einmüthig, ja meist sogar jubelnd seinem großen Staatsmann beistimmte, und auch die parlamentarische deutschfreisinnige Opposition war nicht im Stande, aus dem Herzen ihrer Wählerschaft eine Mördergrube zu machen. 4 E

Wo das letzte Wort nicht ausgesprochen, die leßte Karte nit ausgespielt werden wollte: der eine instinktiv ridtig empfundene Ge- danke ging doch dur alle unsere Volkskreise, daß des Kanzlers Be- strebung thurmboh erhaben fei über die eigenen persönlihen Neigungen und Abneigungen, vollkommen unabhängig von dem Impfstoff inner- politisher Parteigegensäße und ständischer Traditionen; daß sein Dichten und Trachten in der Berührung mit den auswartigen Staatékräften noch viel weniger ein Geschäft von Person u Person, eine Abmachung unter dern Gesichtspunkt parteipolitischer Sympathien oder Antipathien zur Erscheinung bringen und darauf etwa die gesicherte Wohlfahrt des deutshen Volkes und den Bestand des europäishen Friedens bauen wollte. Wäre es an dem gewesen, die verständige Hingebung des deutshen Volks an diese auswärtige Politik hätte sich nur allzu leit verkümmern laffen. Was aber den festen, uners{ütterlihen Bund der Meinungen besiegeln durfte, ift die klare Einsiht, daß in allem Bemühen des Kanzlers oberster Grund- say von jeher gewesen, Völkerbündnisse auf lebendiger organifcer Grundlage zu stiften, den in der Gemeinschaft der einzelnen Völker vorhandenen gesunden, einheitlih \trebenden Elementen große Z'ele und die Sicherheit ciner dauerhaften Entfaltung und Herrschaft ¿u verschaffen.

Die „Danziger Allgemeine Zeitung“ schreibt:

Mit keinem Worte wird von der {reisinnigen Presse ein größerer Mißbrauch getrieben, als mit dem Worte „sozialistish“. Alles, was auf Grund der Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 in Deutsch- land an Sczialreform geleistet worden ist, wird von ihr in dem Sinn als „sozialistisch“ bezeichnet, V. es den sozialdemokratishen Jdealen Vorf chub leiste. So shreibt auch jüngst wieder das „Reichsblatt“: „Es giebt unter den Lebenden Niemanden, der so sehr dem Versuche einer Durchführung des sozialistishen Gedankens vorgearbeitet hat, wie den Fürsten Bis- marck. Ohne ihn würden wir in Deutschland, wie es in anderen Ländern der Fall ist, nur einige interessante Shwärmer haben, welche ihr Bn mit sozialistishen Ideen abquälen. Fürst Bismarck hat den Versuch der Verwirklihung um Jahrhunderte näher gerüdckt. Ridtig hieran ist nur das, daß Fürst Bismarck in der That die treibende Kraft war, welche uns aus den Anschauungen des In- dividualismus befreite und allgemeineres Verständniß für die Noth- wendigkeit einer Besserung der gesellschaftlichen (fozialen) Ver- hältnisse durch das Mittel einer Zusammenfassung der gesell- \hastlihen Kräfte verbreitete. Was er aber gethan, _ war mit Nichten ein Vorarbeiten des Sozialismus in dem Sinne, wie er vom Freisinn verstanden wird, nämlih des demokratischen Sozialismus oder, was damit identish ift, der Sozialdemokratie. Denn während diese nicht nur die Gesellschaft, sondern auch den Staat von Grund aus umgestalten will, will Fürst Bismarck nur die durch die Herrschaft des Individualismus entstandenen Mängel

und ihm eine sichere Grundlage zu geben. i ; Der hierin enthaltene ozialistisGe- Gedanke ist nickt nur kein Ableger des sozialdemokratishen Ideals, sondern erwachsen auf dem

in ihre ehemals innegehabten Stellungen Mere gaee wer- den. Jn dem Pensionsgesuche erkennen die aus cheidenden

Kirchenoberhäupter an, daß der Rücktritt von ihren Posten im

gesichtlichen Boden des monarchishen Staats und ein konsequeater Ausfluß desselben. Er knüpft nah Ueberwindung der im Zeitalter der Revolution zur Herrschaft gelangten Theorie des „Hilf

der Gesellshaft beseitigen, um den monarchischen Staat zu befestigen .