1889 / 138 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Jun 1889 18:00:01 GMT) scan diff

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innerhalb vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit

erhoben wird. Anmerkung. Die Namensunterschrifsten der Mitglieder des

Kreis-Aus\husses können mit Lettern oder Facsimilestemveln gedruckt werden, doch muß jeder Zinsschein mit der eigenhändigen Namens- unterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden.

Provinz Shlesien. Regierungsbezirk Oppeln. Anweisung zum Kreis-Anleiheshein des Kreises VroyeStrehlen, . , . te Ausgabe Buchstabe . . . Nr. .. über .… . . Mark.

Der Inhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu dem obigen Anleiheschein die . . te Reihe von Zins\cheinen für die zehn Jahre 18 . . bis 18 . . bei der Kreiskommunalkasse zu Groß- Strehliß, sofern nit rechtzeitig von dem als solchen sih ausweisenden Inhaber des Anleihescheins dagegen Widerspru erhoben wird.

Groß-Streblit, den. . ten ........ 188 .

Der Kreis-Aus\chuß des Kreises Groß-Strehliß.

Anmerkung. Die Namensunterschriften der Mitglieder des Kreis-Aus\husses können mit Lettern oder Facsimilestempeln gedruckt werden, doch muß jede Anweisung mit der eigenhändigen Namens- unter\schrift eines Kontrolbeamten versehen werden.

Die Anweisung ist zum Unterschiede auf der ganzen Blattbreite unter ‘den beiden letzten Zinsscheinen mit davon abweichenden Lettern in nachstehender Art abzudrucken :

. ._, ter Zinsschein. | . . . ter Zinsschein.

Anweisung.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 13. Juni. Se. Majestät der Kaiser und König begaben Sih heute früh mittels Dampfers von Po Belle nah Charlottenburg und von doct nah dem Schlosse Bellevue, von wo E Se. Majestät den Schah von Persien nah dem Potsdamer Bahn- hof und von dort bis zur Station Wildpark geleiteten. Se. Majestät verabschiedeten Sih hier von dem Schah, Höchst- welcher demnähst Seine Reise nah Kassel fortseßte.

Nachdem Se. Majestät am Morgen während der Dampf- \{hifffahrt mit dem Chef des Militärkabinets, General-Lieute- nant von Hahnke, und dem Ober-Ceremonienmeister Grafen zu Eulenburg gearbeitet hatten, nahmen Allerhöchstdieselben Mittags im SÓlosse Friedrihskron einen längeren Vortrag des Staatssekretärs Grafen Bismarck entgegen und sahen später den Statthalter in Elsaß - Lothringen, Fürsten von Hohenlohe-Schillingsfürst, und den deutschen Gesandten in Peking, von Brandt, als Gäste bei Sih zur Frühstückstafel.

Ueber die Abreise Sr. Majestät des Shahs von Persien wird uns berichtet :

Viele Tausende strömten heute Vormittag in der zehnten Stunde nah dem Thiergarten, um in der Bellevue-Allee, der Bellevuestraße und auf dem Potsdamer Play Spalier bildend, dem von der deutshen Reichshauptstadt scheidenden Herrsher Persiens ein Lebewohl zuzurufen. Als die vierspännige ofene Hofequipage mit Jhren Majestäten dem Schah und dem Kaiser die dichten Menschenmassen passirte, ertönten überall Hochrufe. Freudig bewegt und sich oftmals verneigend, dankte Se. Majestät der Schah für die dargebrahten Huldigungen. Se. Majestät der Kaiser und König, Allerhöchstwelcher die Uniform Seines 1, Garde-Regi- mentsì z. F. trug, hatte Seinen Hohen Gast von Schloß Belle- vue abgeholt, um Jhm bis zum Potsdamer Bahnhof und von dort bis zur Station Wildpark das Geleit zu geben. Auf dem Perron des Bahnhofes und in den Fürsten- zimmern waren inzwischen das gesammte persische Se und die Staatswürdenträger eingetroffen und hatten theils in dem Sonderzuge ihre Pläye eingenommen, theils er- warteten sie vor dem Zuge das Eintreffen ihres Souveräns. Es waren ferner zugegen: Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrih Leopold, begleitet von dem persönlichen Ad- jutanten, Major Grafen Klinkowstroem, der Staats- Minister Graf Bismarck, welcher das thm jüngst ver- liehene Bildniß des Schahinshah in Brillanten und Gold- fassung zu dem breiten grünen Bande des persischen Sonnen-Ordens trug und sich bis zum Eintreffen der Majestäten lebhaft mit dem Amin-es-Sultan, Ali Asghar-Khan, unterhielt; ferner der Gouverneur von Berlin und Ober- befehlshaber in den Marken, General-Oberst von Pape, der Kommandant General-Lieutenant Graf von Schlieffen, die General-Adjutanten von Hahnke und von Wittich, der General- Major Graf Wedell und die dienstthuenden Flügel-Adjutanten. lz eits waren anwesend der den Schah begleitende Gesandte

eneral Mirza Reza-Khan, der hiesige General-Konsul sowie derjenige Hamburgs. ;

10 Minuten nach 10 Uhr verkündeten lautschallende Hurrahrufe die Ankunft der Majestäten, und bald darauf betrat der Shah mit dem Kaiser und König, gefolgt von dem Ehrendienst der perfishen Majestät, General der Jn- fanterie von Grolman und Major von Brandis, den Perron. Der Schah verabschiedete sich von den anwesenden Personen mittels Händedrucks, mit jedem Einzelnen freundliche Worte in französischer Sprache wehselnd. Längere Zeit unterhielt sich der Herrscher Persiens mit dem Grafen von Bismarck, dem persishen Gesandten und dem Minister Ali Asghar - Khan. Der Schah gab dem Staats - Minister Grafen Bismarck wiederholt die Hand, und nachdem die Leibdienershaft Höchstdesselben den Zug bestiegen, betraten Beide Majestäten das Coupé. Se. persische Majestät trat noch wiederholt an das geöffnete Fenster, die zur Verab: \hiedung ershienenen Personen militärish grüßend.

Um 101/, Uhr verließ der Königlihe Sonderzug die Bahnhofshalle, um den Schah nah Kassel zu führen.

Jn der Dritten Beilage zu dem „Reichs-Anzeiger“ Nr. 90 vom 12, April d. J. haben wir ein Verzeichniß der- jenigen Ermäßigungen des italienischen Zolltarifs ‘mitgetheilt, welhe auf den Verträgen Jtaliens mit Deutsch- land, DOesterreih:Ungarn, Spanien und der Schweiz be- ruhen und als Konventional-Tarif den meisibegünstigten Staaten gegenüber zur Anwendung kommen. Die Einräu-

mung dieser begünstigten Säge ist im Allgemeinen davon ab- hängig, daß die betreffenden Waaren mit Ürsprungszeugnissen versehen sind, welche von Behörden des Landes, wo die Waaren erzeugt wurden, ausgestellt sind. /

Von dieser Vorschrift ist im Junteresse des Zwischen- handels mit fremden Waaren nah Jtalien nachstehende Aus- nahme zugestanden worden :

Für fremde, nicht französische Waaren, deren Abstammung bei der Verbringung in eine zollamtlihe Niederlage des deutschen Zollgebiets festgestellt worden ist, und welche unter Zollkontrole mit der Bestimmung nah Jtalien wieder aus- gefun werden, können ge ürsprungszeugnisse von den

R deutschen Zollbehörden ausgestellt werden.

n solchen Ursprungszeugnissen muß ausdrücklich be- eugt sein, daß die Waaren weder französischen Ursprungs Énd, noch: aus einer französischen Niederlage stammen.

Waaren * \hweizerishen Ursprungs müssen neben dem Attest der deutschen Zollbehörde noch mit einem von einer \hweizerishen Behörde ausgestellten ordnungsmäßigen Ursprungszeugniß versehen sein. :

Js ein schriftliher Vertrag noch von keiner Seite erfüllt, so kann nah 88. 386, 387 Th. T. Tit. 5 des Allg. Landrechts die Aufhebung des Vertrages mündli erfolgen, doch muß die Kassation des über den S genommenen christlichen JFnstruments hinzukommen. Jn Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichs gericht, V. Civilsenat, dur Urtheil vom 13. April d. J., ausgesprochen, daß, wenn zwei Vertragsexemplare, das eine von dem einen und das andere von dem anderen Kontrahenten unterschrieben, über den Ver- trag ausgefertigt waren, die Kassation eines der beiden Exemplare zur Aufhebung des Vertrages genügt. Eine nah dieser Kassation erfolgte Ca aun der Unterschrift des Gegenkontrahenten auf dem noh vorhandenen, bis dahin nur von einem Kontrahenten unterschriebenen Exemplar ist unberechtigt und wirkungslos.

Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Mei- ningen, General-Major und Commandeur der 4. Garde- Infanterie-Brigade, hat -sich zur Necognoscirung des Manöver- terrains nach den Kreisen Ost- und West-Sternberg und Schwiebus: Züllichau begeben.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Burchard, ist hier an- gekommen.

Der Königliche Gesandte am bayerishen Hofe, Graf zu Ranygau, hat einen au Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit desselben von München fungirt der Legations-Sekretär von Lindenau als Geschäfts- träger.

Der Königlich bayerishe Gesandte am hiesigen Aller- höchsten Hofe, Graf von Lerchenfeld-Koefering, hat si auf einige Tage nah Ostpreußen begeben. Für die Dauer der Abwesenheit desselben von Berlin fungirt der Legations- Sekretär Freiherr von der Tann-Rathsamhausen als Geschäftsträger.

Der Königlih italienishe Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Graf de Launay, hat sih auf kurze V nah Dresden begeben. Während der Abwesenheit des- elben von Berlin fungirt her Ere Botschafts-Sekretär Marquis de Beccaria-Jncisa als Geschäftsträger.

Der hiesige Gesandte der argentinishen Republik, Carlos Calvo, hat sich nach Bad Hall in Ober-Desterreih begeben. Während der Abwesenheit desselben von Berlin fungirt der Legations-Sekretär EduardoCalvo als Geschäfts- träger.

Sachsen. Dresden, 13. Juni. (W. T. B.) Der Landtag ist heute mit folgender, durch den Staats-Minister Grafen Fabrice verlesenen Thronrede eröffnet worden:

Hohgeehrte Herren der beiden Kammern der Ständeversammlung!

Durch Allerhö{chsten Befehl Sr. Majestät des Königs, unseres allergnädigsten Herrn, bin ih beauftrag: worden, den außerordent- lien Landtag, zu dem Sie heute zusammentreten, zu eröffnen.

Es sind nit die regelmäßigen Aufgaben der verfassungsmäßigen Thätigkeit der Stände, wie sie der Gang unseres öffentlichen Lebens in periodisher Wiederkehr darbietet, zu deren Erledigung Sie heute hierher berufen worden find.

Wir begehen in den nächsten Tagen ein seltenes Erinnerungsfesft, die Feier des ahthundertjährigen Jubiläums der Verbindung unseres Königlichen Hauses mit dem sächsischen Lande. Wir werden bei dieser Feier zurückblicken auf die Segnungen, die wir dieser Verbindung verdanken: die Gründung unseres Staats, seine Erhaltung, seine Pflege und reihe Entwickelung in den Wechselfällen einer Geschichte von aht Jahrhunderten.

Se. Majestät der König haben den Wunsch gehabt, dieses be- deutsame Fest in Gemeinschaft mit den Ständen als den verfassungs- mäßigen Nertretern Seines Volkes zu begehen, und begegnen damit zahlreihen aus allen Gegenden des Landes kund gewordenen Stimmen.

So mögen denn diese festlihen Tage, wie fie gewiß nah allen Seiten eine bobe Befriedigung vaterländisher Gesinnung gewähren werden, auch Ihnen zu freudiger Genugthuung gereichen.

Se. Majestät der König bedauern nur, daß die fest- lide Stimmung durh die \{chmerzliden Eindrücke der wiederholten verheerenden Elementarereignisse in verschiedenen Gegenden des Landes beeinträchtigt wird. Ihre Anwesenheit wird aber die Fügli&keit bieten, auh hierbei nah Maßgabe der in ähnlichen früheren Fällen befolgten Grundsäge helfend einzutreten, wenn Sie die Regierung, wie auf Allerhöchsten Befehl wird beantragt werden, mit der en1sprehenden Ermächtigung versehen.

Jm Allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät des Königs erkläre ih hierdurh den außerordentlichen Landtag für eröffnet

__— Das gestrige „Dresdner Journal“ veröffentlicht eine Verordnung, das Majestätswappen be- treffend, vom 7, Juni 1889, Dieses (unten näher beschriebene) Wappen ist von den Staatsbehörden bei allen olen schriftlihen Ausfertigungen und Urkunden in Anwen- ung q bringen, welchen bisher nah bestehender Anordnung oder Uebung das große Siegel beigedruckt worden ist. Das leßtere bleibt, bis die neuen Stempel angeschafft sein werden, einstweilen noch im Gebrauch. Die heraldishe Beschreibung dos Majestätswappens lautet:

Das Wappen besteht aus einem zweimal gespaltenen und drei- mal getheilten Schild mit einem O und cinem einmal ge- spaltenen Schildesfuß. Der Herzschild ruht auf dem 5. und 8. Felde von rother Farbe (Regalien) und ist in Schwarz und Gold neunmal getheilt, mit einem shräglinken grünen Rautenkranze belegt und von einer Herzogskrone bedeckt (Herzogthum Sachsen).

Die anderen Felder tragen folgende Wappenfiguren :

Das 1. Feld: (heraldish rechts, vom Beschauer aus links in der oberen Reihe) in Gold einen nah links gekehrten, \{chwarzen, sprin- genden Löwen (Markgrafschaft Meißen); das 2. Feld: in Blau einen nah rechts gewandten, von Silber und Roth fiebenmal getheilten, gekrönten, springenden Löwen (Landgrafschaft Thüringen) ; das 3. Feld:

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in Schwarz einen nah rechts schauenden, goldnen Adler (Pfalzgraf- \chaft Thüringen); das 4. Feld: in Blau einen nach links gewandten, gekrönten, goldnen Adler (Pfalzgrafshaft Sachsen); das 6. Feld: in Blau einen nah rechts gekehrten, gold- und silbergetheilten, \svringenden Löwen (Herrschaft Pleißen); das 7. Feld: in Schwarz einen nah links gewendeten gekrönten, goldenen, \pringenden Löwen (Vogtland); das 9. Feld: einen nah rets ge: kehrten rothgekrönten, shwarzen, \pringenden Löwen auf goldnem, mit rothen Herzen besäten Grunde (Grafschaft Orlamünde); das 10. Feld; in Gold zwei blaue Pfähle (Grafschaft M das 11. Feld; in Blau eine goldene Mauer mit drei Zinnen (Markgrafshaft Ober- A e 12. Feld: in Silber drei blaue Querbalken (Herrschaft Fisenberg). Ï

Der Scildersfuß enthält im 1. Felde: in Silber eine gold- besamte fünfblättrige rothe Rose, zwishen deren Blättern grüne Blättchen befindlih (Burggrafschaft Altenburg); im 2. Felde: in Gold eine schwarze Henne mit rothem Kamm auf grünem Berg (Grafschaft Henneberg).

Auf dem Schilde stehen fünf goldene Helme, von denen der 2, 3, und 5. gekrönt sind und der 1. {warz und silberne, der 2. roth und silberne, der 3. und 4. {warz und goldne und der 5. blau und goldne Helmdecken trägt. i L

Die Helmkleinode bestehen bei dem 1. Helm: în einem nah links gekehrten, \ilber- und \hwarzgespaltenen Brackenkopfe mit Hals (Vogtland); beim 2. Helm: in zwei silbernen, mit je 9 dreiblättrigen grünen Zweigen besteckten Büffelhörnern (Thüringen); beim 3. Helm: in einem von Schwarz und Gold neunmal getheilten, mit dem Nautenkranze belegten \pißen Hut, welhen eine Krone mit fünf Pfauenfedern ziert (Sachsen); beim 4. Helm; in einem nh rechts gekehrten Judenkopf nebst Rumpf, ersterer mit grauem Bart und Haar, letzterer mit roth- und fsilbergestreifteu Kleide, auf dem Haupte einen in denselben Farben ge- \treiften mit zwei Pfauenfedern an der Spiye geschmückten, aufge- stülpten Hut (Meißen); beim 5. Helm: in einem mik den Sachsen nah rechts gefkehrten, aeschlossenen, blauen Flug mit goldner Mauer mit drei Zinnen (Oberlausiß). Als Scildhalter dienen zwei nah rückwärts \chauende goldene Löwen. Am Schilde hängt au grünem Bande der Orden der Rautenkrone. Das unter diejem befindliche grüne Band trägt den Wahlspruh: „Providentiae memor“. Das Ganze umgiebt ein mit Hermelin gefütterter und mit der Königlichen Krone bedeckter Purpurmantel.

Württemberg. Stuttgart, 12. Juni. (Y.) Den Landständen ist ein Geseßentwurf, betreffend die Apanage Sr. Königlichen H9-heit des Prigzen Wilhelm von Württemberg, zugegangen. Die Apanage des König: lichen Prinzen wurde anläßlich dessen Vermählung im Jahre 1877 durch Geseg auf 100 000 f festgeseßt. Der vorliegende Geseßentwurf bezweckt, dem Prinzen den vollen Geldbetrag der hausgeseßlichen Sustentation eines vermählten Kronprinzen mit 66 000 Gulden = 113 142 4 86 SH§ und daneben der hohen Gemahlin des Prinzen das hausgeseßliche Nadelgeld einer Kronprinzessin mit 8000 Fl. = 13714 M 29 H zu gewähren.

Anhalt. Ballenstedt, 11. Juni. (Anh. St.-A,) Jhre Hoheit die Herzogin ist am Freitag Abend erkrankt, do ist seit heute Vormittag eine wesentliche Besserung im Befinden Höchstderselben eingetreten.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 11. Juni. (Wien. Abdp.) Die Vorbereitungen für die bevorstehenden Neuwahlen für mehrere Landtage nehmen ihren Fortgang. Am 8. d. M. hat in Prag eine Versammlung von Vertretern des konser- vativen Großgrundbesißes stattgefunden, in welcher über die aufzustellende Kandidatenlistze Berathung gepflogen wurde, Die Wahlen der Wahlmänner in der Gruppe der Land- gemeinden sind bereits im Fuge

13. Juni. (W. T. B.) Das „Fremdenblatt“ sagt: „Die einstimmige Annahme der Tagesordnung Cavaletto’'s in Rom zeigt, daß das italienische Parla- ment die von Crispi Meiniütbia dargelegte Politik der Vertrags- und Bundestreue würdigt und billigt, sowie daß die große Mehrheit des italienishen Volkes das einzige Heil Jtaliens im Festhalten an der Tripel - Allianz erblickt. Jn Oesterreih-Ungarn kennt man keine andere Ge- sinnung gegen Jtalien als Freundschaft und Vertrauen für die Zukunft; die Vergangenheit ist begraben und jeder Umstand beseitigt, der au nur vorübergehend das herzlihe Einvernehmen beider Mächte trüben könnte. Das kleine Häuflein Frredentisten wird daran nichts ändern.“

Großbritannien und Jrland. London, 13. Juni. (W. T. B.) Ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ aus Zanzibar, vom 12. d. M. meldet: Stanley berichte in einem Briefe aus Ururi vom 2. Dezember v. J.: er sei mit einigen Jnvaliden in diesem, am südöstlichen Ufer des Victoria-Nyanza:Sees gelegenen Orte nach shweren Menschen- verlusten durch Krankheit und Mangel an Lebensmitteln an- gekommen. Emin Pascha befinde sich in Ungara am nordöstlihen Ufer desselben Sees. i

Hiesigen Morgenblättern wird aus Suakim, vom 12. d. M, telegraphirt, daß nah Mittheilungen aus Mas \ovah irreguläreTruppen unter italienischen Offizieren die wichtige Position von Senahit an der abessinischen Grenze beseyt hätten.

Frankreich. Paris, 12. Juni. (W. T. B.) Laisank, Laguerre und Déroulède sind heute einstweilen 1n reiheit geseyt worden, wurden aber verständigt, daß je bei der ersten lärmenden Kundgebung in den Straßen von Neuem verhaftet werden würden. Die Behörde sei ent- schlossen, keinerlei Mauifestationen oder Störung der öffent: lichen Ruhe zu dulden. 5 Laguerre und Laisant, welche mit Derouléde heute Vormittag hier erwartet werden, haben ein Schreiben an den Präsidenten der Deputirtenkammer, Méline, gerichtet, in welchem sie gegen ihre Verhaftung protestiren und die Aufmerksamkeit des Präsidenten auf den gegen die parla- mentarishe Unverleßlihkeit gerichteten Angriff lenketi.

Spanien. Madrid, 13. Juni. (W. T. B.) Die Königin-Regentin ist hier wieder eingetroffen.

Türkei. Konstantinopel, 13, Juni. (W. T. B.) Die von der Regierung eingeseßte Kommission zur Untersuchung der Verhältnisse in Kreta is} dorthin abgereist. Der neu ernannte Gesandte Rumäniens hat dem Sultan seine Kreditive überreicht.

Rumänien. Bukarest, 12. Juni. (W. T. B.) Die Session des Parlaments ist bis zum 17, Juni vek längert worden. Der Senat hat ebenfalls die Ein- führung der Goldwährung genehmigt. Jn der De- putirtenkammer interpellirte Jonescu heute die Regle- rung : 0b es richtig sei, daß die Ausweisungsdekrete gegen

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pie russishen Bilderhändler von der Regierfig"zurück- genommen wären. Der Minister des Auswärtigen, Faho- vary, antwortete: es sei dies nicht geschehen.

Serbien. Belgrad, 12. Juni. (W. T. B.) Jn Betre der Aufrechterhaltung oder Kassirung des neuerdings n geordneten Hastbeshlusses gegen Garaschanin hat der Gerichtshof erster Jnstanz entschieden, dem Kassationshofe die Bestimmung eines zur Bes lußfassung berechtigten Richter- follegiums zu überlassen.

Nah Mittheilung der _„Polit. Corresp.“ hat die \er- hishe Regierung ihren diplomatishen Vertreter in Sofia, Danitsh, abberufen und mit der provisorischen Ver- tretung des Postens den Konsul Bodi in Monastir betraut.

13. Juni. (W. T. B.) Jn Folge gestrigen B e- shlusses des Gerichtshofes erster Fnstanz ist nunmehr Garashanin auf freien Fuß geseßt worden.

Schweden und Norwegen. Stocckholm, 12. Juni.

T. B.) Der Minister des Aeußern, Graf Ehrensvärd, hat seine Entlassung genommen, und Freiherr von Akerhi elm ist zu seinem Nachfolger ernannt worden. Der Justizrath Ostergren ist zum Justiz-Minister ernannt worden.

Zeitungsftimmen.

In einem Artikel des „Leipziger Tageblatt“ zur Einleitung der Wettinfeier heißt es:

Was auch emporsteigen mochte aus der Zeiten Schooße, was auch reifen mochte aus den gewaltigen Bewegungen der Geister im Strome der Jahre: der Sachse hat immerdar zu feinem Fürsten gestanden. Jn Noth und Tod, Lust und Leid haben fie niht von einander gelassen, und das Blut manches treuen Herzens wurde gern vergossen ¡um Ruhme und für die Ehre Wettins. Das war s{on so in der historish fo unklaren Zeit der ersten sächfischen Mark- grafen und bei deren Kämpfen mit aufsässigen Rittern und herrschsühtigen Kirchenfürslen, das lehren die Nachrichten von den blutigen Kämpfen mit den Hussiten, das erzählen die Chroniken aus der entseglihen, durch das Reforma- tionszeitalter veranlaßten Periode des 30jährigen Krieges, welche das blühende deutsde Vaterland in eine Einöde verwandelte, das beweisen die Ereignisse in den Feldzügen gegen die Türken, in der Zeit Karl’s XII. von Schweden, Friedrih's des Großen und Napoleon’s, das haben viele der noch Lebenden selber erlebt und gesehen in Schleswig, Böhmen und Frankreih, wo König Albert seine Sachsen geführt zu Ruhm und Sieg und mit tühner Hand durch glänzende Waffenthaten seinen Namen eingeschrieben hat neben denen seiner kriegsgewaltigen unsterblichen Vorfahren auf den ehernen Ehrentafeln der sächsischen, der deutschen Kriegsgeshihte. Doch nicht allein zu Krieg und Streit haben die Wettiner in der langen Zeit, während welcher sie das Scepter tragen, ihre Unterthanen geführt, sondern auch zu regem Wettbewerb bei allen Kulturaufgaben und Geisteskämpfen; sie waren sogar vielfach Bahnbrecher in dieser Hin- t für ganz Deutschland. Die Mark Meißen, dereinst in grauer Vorzeit ein dünn bevölkertes, wenig bebautes Land mit nur ver- einzelten Klöstern und Burgen, ist wie Thüringen unter der langen Her: saft der Wettiner zur höchsten wirthschaftlichen Blüthe gelangt, und das Königreich Sachsen gilt gegenwärtig so ziemlih in der ganzen Welt als ein Musterstaat ersten Ranges. Meiche Städte und Dörfer, weltberühmte Industriestätten und Werke, unübertroffene Schulen und Kunstanstalten, die denkbar besten Verkehrswege und hoch- angesehene Handelshäuser, mustergültige Forst- und Landwirth- \{aft, vortreflihe Viechzuht: das sind die werthvollen Früchte der Wettiner Herrschaft in Mitteldeutshland, ganz zu ges{weigen ihrer Verdienste um Erhaltung der evangelischen Khre, welhe ohne dies Fürstenhaus wohl kaum das Jahrhundert der Reformation überdauert hâtte, sowie um die deutsche Literatur, Kunst und Wissenschaft, welhem kösilihen Dreiblatt in allen Wettiner Untern stets gern und freudig mit eht fürstlicher Freigebigkeit Heim- stätten bereitet wurden, deren Gaben dem ganzen CGrdenrund zu Gute gekommen sind. Es giebt kein Gebiet des öffentlichen Lebens und Strebens, dem die Wettiner in ihren Erbstaaten nicht Gönner, Förderer und Vorbilder gewesen urd noch find. Es ist darum ganz natürli, daß das große Wettiner Familien- und Regentenfest, dessen Mittelpunkt die Residenzstadt des Königs Albert sein wird, allen Ständen des Sachsenvolkes Anlaß giebt, dem Monarchen und seinen um ihn versammelten Vettern, den Regenten in den \ädsish-1hüringishen Staaten, in feierlihster Weise ihre Huldigungen darzubringen. Auch Kaiser Wilhelm 11. als Oberhaupt des durch die Einmüthigkeit aller deutschen Fürsten in den Stunden gemein- samer Noth und Gefahr unter dem Donner der Geshüßze und dem Hurrahrufen der deutshen Truppen und Volksstämme neu aufgerich- teten Reichs deutsher Ration wird bei dem Fest niht fehlen, um auch seinerseits diese seltene Jubelfeier des uralten deutschen Fürsten- geshlech18 verherrliwen zu helfen. Unsere Augen {hauen bei dem Feste Sahsen und Wettin auf stolzer Höbe, geehrt, gefeiert von aller Welt, und unsere Herzen klopfen stolz und freudig in alter Sachsen- liebe und Treue für König Albert und sein erlauhtes Haus, wie dies geshehen ist allezeit, landauf und landab, so lange Wettins Farben über dem Sachsenvolke geflattert haben in mancher ernsten und frohen Stunde durch acht Jahrhunderte lang.

Die „Kölnische Zeitung“ \chreibt:

_ Wiederholt ist es von uns bemerkt und beklagt worden, daß während der parlamentarishen Verhandlungen über das soeben glüdlih zum gesetzgeberishen Abschluß gelangte Hauptwerk der Session, die Invaliden- und Altersversiherung, Ton und Richtung einiger radikalen Kritiker im Vergleih zu ihrer Haltung im Laufe der Kommissionsberathungen immer s{chrofser und feindseliger ge- worden war, gerade als wenn die si verftärkende Aussicht auf das Zustandekommen des Geseßes den Werth seines Inhalts mindern müßte. Um so bereitwilliger haben wir auch {hon unsere Befriedi- gung darüber ausgesprochen, daß angesehene und weitverbreitete R von deuts(freisinniger Parteirihtung den ernsten Willen bethätigten , zu einer möglihst guten Wirksamkeit des groß- artigen und felgenreichen Gesctße8werkes nah Kräften beizutragen. uh tie überzeugtesten und eifrigsten Befürworter und Vertreter des Invaliden- und Alterêvet sicherungsgeseßes verkennen nicht die Schwierigkeiten, welhe mit seiner Einführung und Einbürgerung verbunden sein werden, und heißen jede loyale Mitarbeiterschaft zu diesem Zwecke auch von ursprünglichen Gegnern der Vorlage herz- li willkommen. Doppelt erfreulich is es aber, wenn wir jeßt un- mittelbar nah der abgeshlossenen mühevollen parlamentarischen Ar- beit eines der fleißigsten Kommissionëmitglieder aus der Reichs- partei mit einer kleinen Schrift auftreten sehen, welhe uns ganz besonders geeignet scheint, in echt volksthümliher Weise das allge- meine Verständniß des neuen, durch seinen Stoff gewisse Schwierig- keiten der Auffassung bietenden Gesetzes zu befördern. Dieses Ver- dienst hat sich soeben der Reichstags-Abgeordnete für Reuß à. L. Otto enning in Greiz erworben. Der Verfasser hat es mit Ret unterlassen, sih in die oa und in ihrer Einseitigkeit praktis werthlosen Streitigkeiten der sog. Versicherungstechniker ¿zu werfen, und die von ihm angeführten Wahrscheinlichkeitszahlen werden, was die Masse der zu Versichernden und die im Beharrungs- stande nothwendig werdenden Mittel anbelangt, nur als ungefähre, aber mit der annähernden Gewißheit aufgeführt, daß leßtere erheblich zu hoch gerechnet sind. Was den Versicherten und dieses einfache A gilt für 11 Millionen unserer deutshen Arbeiter und Arbeite- rinnen aber an erster und entsheidender Stelle interessirt: seine persönlihe Leistung und was er dafür unter Mitwirkung von

Arbeitgeber und Deutsbem Reih in den Tagen der Invalidität und des Alters erhält, steht fest und sicher, und ganz vortrefflich ist die Darlegung, wie Hr. Henning dies für die verschiedenen Lohnbeschäftigungen und Lebenéstellungen der späteren Invaliditäts - und Altersrenten - Empfänger in einer Reihe von anschaulichen Beispielen zur Ueberzeugung bringt. Mit Recht mat der Verfasser auf die großen Dienste aufmerksam, welhe die Reichs- postanstalten und ihr entsprehend die noch daneben bestehendeu Landes- postverwaltungen auch bei diesem neuen Werke der sozialpolitishen Reichsgesetgebung gerade denjenigen zu leisten übernommen haben, welche die Mühseligen und Beladenen sind; wir wollen aber unsere warme Empfehlung und Anerkennung dieses im besten Sinne volks- thümlihen Führers durch das Invaliden- und Altersversorgung8gesetz mit der wiederholten Betonuna des Grundgedankens der Gesetzgebung \chließen daß Arbeitgeber, Reich, Staat und Reihs- und Staats- organe nur demjenigen helfend zur Seite treten, welcher selbt seinen Antheil an der Fürsorge für die Tage der Erwerbsunfähigkeit und des Alters mitträgt.

Statistische Nachrichten.

_ Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesund- heitsamts sind in der Zeit vom 26, Mai bis 1. Juni cr. von je 1000 Einwohnern, auf den JIahresdurchschnitt berehnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 23,6, in Breslau 30,0, in Königs- berg 29,9, in Köln 29,7, in Frankfurt a. M. 23,6, in Wiesbaden 14,1, in Hannover 15,1, in Kassel 14,5, in Magdeburg 24,6, in Stettin 32,6, in Altona 22,3, in Straßburg 20,4, in Meß —, in München 35,8, in Nürnberg 21,9, in Augsburg 35,4, in Dresden 20,1, in Leipzig 21,5, in Stuttgart 22,7, in Karlsruhe 18,0, in Braun- \chweig 21,9, in Hamburg 23,4, in Wien 25,6, in Pest 32,0, in Prag 29,4, in Triest 20,4, in Krakau 33,2, in Amsterdam 24,6, in Brüssel 25,6, in Paris 20,3, in Basel —, in London 13,8, in Glasgow 295,5, in Liverpool 18,3, in Dublin 19,7, in Edinburg 14,9, in Kopenhagen 25,1, in StodLholm 18,9, in Christiania 16 2, in St. Petersburg 29,2, in Warschau 25,8, in Odessa 24,5, in Rom 22,9, in Turin 22.3, in Venedig 24,7, in Alexandria 41,3. Ferner in der Zeit vom 9. bis 11, Mai cr. in New-York 26,3, in Philadelphia 19,9, in Baltimore 15,2, in Kalkutta 24,2, in Bombay —, in Madras 46,2. :

Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten europäiswen Großstädte gestalteten \ich in der Berihtswocwe etwas ungünstiger als in der Borwoche, namentlich wurden aus einer größeren Zahl deutscher Städte höhere Sterblichkeitsziffern als aus der Vorwoche mitgetheilt. Einer sehr gerinçen Sterblichkeit (bis 15,0 pro Mille und Jahr) erfreuten sich Rostock, Bremen, Wiesbaden, Kassel, Krefeld, London und Edinburg. Sehr günstig (bis 20,0 pro Mille und Iahr) war dieselbe in Hannover, Düsseldorf, Karlsruhe, Dublin, Liverpool, Stockholm und Christiania. Mäßig hoch (etwas über 20,0 pro Mille) blieb sie in Dresden, Leipzig, Stuttgart, Straßburg, Aachen, Barmen, Altona, Nürnberg, Braunschweig Mainz, Paris, Triest, Turin u. a. Hohe Sterblichkeitsziffern (über 35,0 pro Mille) werden von den deutshen Städten aus München, Augsburg und Charlottenburg gemeldet. Unter den Todesursachen sind es meist Darmkatarrhe und Brechdurhfälle der Kinder, die besonders in deutschen Städten in Folge der in der Berichtswoche vorherrschenden anhaltend höheren Temperatur der Luft häufiger vorkamea und namentlih in Berlin, Breslau, München, Köln, Königsberg, Magdeburg, Stettin, Pest, Warschau u. a. O. viel Sterbefälle veranlaßten, wodurch au der Antheil des Säuglingsalters an der Gesammtsterblihkeit ein höherer wurde, so daß von je 10000 Lebenden, aufs Jahr berechnet, in Berlin 103, in München 148 Säuglinge starben. Dagegen haben akute Entzündungen der Athmungsorgane abgenommen und weniger Sterbefälle hervorgerufen. Von den Infektions- frankheiten wurden Todeéfälle an Masern und Keuchhusten etwas mehr, Scharlah, Diphtherie, typhöse Fieber und Pocken etwas weniger gemeldet. So war die Zahl der Todesfälle an Masern in Breslau, Köln, München, Barmen, Amsterdam, St. Peters- burg eine größere, in Frankfurt a. M., Elberfeld, Wien, Paris und London eine kleinere als in der Vorwoche. Neue Erkrarkuncen wurden aus Berlin, Nürnberg, Wien, Christiania in etwas verminderter, dagegen aus Breèzlau, dem Regierungsbezirk Düsseldorf und aus St. Petersburg in etwas gesteigerter Zahl gemeldet. Das Scharlachfieber hat nur in Pest, Paris und St. Petersburg etwas mehr Opfer verlangt, Erkrankungen kamen aus Berlin, Hamburg und St. Petersburg eiwas zahlreiher zur Mittheilung. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in Berlin, München, Danzig, Stettin, Braunschweig, Prag, Lyon, St. Petersburg und Christiania eine größere als in der Vor- woche, daçegen hat in Hamburg, Breslau, Königsberg, Frank- furt a. M,, Hannover, Leipzia, Nürnberg, London, Wien, Pest, Paris, Kopenhagen die Zahl der Sterbefälle abgenommen. Auch neue Etkrankungen wurden aus Berlin, Wien, St. Peters- burg und Christiania in etwas geringerer, aus Breslau, Hamburg, Nürnberg und aus dem Regierungsbezirk Shleswig in etwas größerer Zahl gemeldet. Die Zahl der Opfer an Unter- leibstyphus war in den meisten Orten, aus denen Berichte vor- liegen, vermindert, nur in Paris und St. Petersburg vermchrt, Neue Erkrankungen wurden gleichfalls meist seltener berihtet. An Fleckty phus wurden aus Danzig, Amsterdam und Warschau je 1, aus Odessa 3 Todesfälle, aus dem MRegierungsbezirk Düsseldor} 1, aus St. Petersburg 2 Erkrankungen mitgetheilt. Aus Nürnberg kam 1 Erkrankung an epidemisher Genick- starre zur Anzeige. MRosenartige Entzündungen des Zellengewebes der Haut waren an den meisten Orten selten Todesveranlassung, Dem Keuch- husten erlagen in Berlin und St. Petersburg etwas weniger, in Hamburg, Paris, London und Liverpool etwas mehr Kinder als in der Vorwoche. Aus Hamburg und Wien wurden auch mehr neue Erkrankungen mitgetheilt. ¿Aus Mülhausen i. E. wurden 1 Todes- fall an Potcken, aus Warschau, St. Petersburg und Rom je 2, aus Paris, Lyon und Venedig je 3, aus Lemberg 4, aus Prag 9 ge- meldet; Erkrankungen aus Breslau und aus dem Regierungsbezirk Stettin je 1, aus Pest 2, aus Wien 3, aus St. Petersburg 5.

Der Gesundheitszustand in Berlin blieb troy der 1in der Berichtswoche herrschenden anhaltend hohen Lufttemperatur ein ziem- li günftigex. Etwas gesteigert waren, wohl in Folge der hohen Luft- wärme, Todesfälle an Darmkatarrhen und Brechdurhfällen der Kinder (143 gegen 90 der Vorwoche) und stieg in Folge dessen auch die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit, Dagegen haben akute Entzündungen der Athmungsorgane erheblich abgenommen und weniger Todesfälle herbeigeführt. Das Vorkommen der Infektionskrankheiten blieb meist ein beshränktes, der Vorwoche ähn- liches. Masern, S@arlah und Unterleibstyphus riefen wenig Er- krankungen hervor und kamen in keinem Stadttheil in größerer Zahl zum Vorschein. Erkrankungen an Diphtherie, die si in der diesseitigen Luisenstadt und auf dem Wedding am zahlreicsten zeigten, kamen in gegen die Vorwoche verminderter Zahl zur Anzeige. Erkrankungen an Kindbettfieber und an rosenartigen Entzündungen des Zellgewebes der Haut kamen selten zur ärztlichen Behandlung. Erkrankungen an Keuchhusten waren wohl noch zahlrei, do nahmen sie im Allgemeinen häufiger einen milden Verlauf. Rheumatishe Beschwerden aller Art gelangten in etwas größerer Zahl zur ärztlichen Behandlung. Außer- gewöhnlih groß war die Zahl der zur Meldurg gelangten gewalt - samen Todesfälle (16).

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Lehren des Bergwerksstrikes vom Mai 18389, von A. Eschenbach, Assessor bei dem Königlichen Amtsgericht Wiesbaden. (Berlin, Verlag von Puttkammer u. Mühlbrecht.) Die Schrift zerfällt in 3 Abschnitte. Im 1. Abschnitt wird eine kurze Uebersiht über die zeitlihe und räumliche Entwikelung der Ar-

beitseinstellungen des Frühjahres gegeben; Abschnitt 3 enthält die wichtigsten Urkunden, wie die amtlihen Berichte über die beiden Audienzen vom 14. und 16. Mai, die Refolutionen der Grubenvor- stände, der Arbeiter, der Strikecomités u. f. w. Der 2. Haupt- abshnitt erörtert dann die Lehren, die aus der Bewegung zu ziehen find. Der Verfasser erhofft von der Einwirkung der hier zum ersten Male zu Tage getretenen direkten Vermittelung der Krone für die “ill einen segensreihen Einfluß auf die Entwickelung der sozialen rage.

__— Im Verlage von I. Guttentag (D. Collin) in Berlin SW., Wilhelmstraße 119/120, erschien das Geseß, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, Tert- ausgabe mit Einleitung, Anmerkungen und Sachregister, von Ludolf Parisius (Taschenformat ; kartonnirt, Preis 1 46).

Meisterh olzschnitte aus vier Jahrhunderten, herausgegeben von Georg Hirth und Richard Muther. München und Leipzig, G. Hirth's Kunstverlag. Lieferung V. (Preis der Lieferung 3 950 4.) Jede neue Lieferung dieser inter- essanten Publikation wird in den Kreisen der Kunstliebhaber boch willklommen geheißen. Auch die neueste enthält mehrere ganz besonders merkwürdige und werthvolle Blätter. Von den 18 in der Lieferung nach den seltenen Originalen täuschend getreu reproduzirten Holz- \chnitten heben wir hervor: „Die Me Veronika“ (in einem Rahmen von auf Weinranken herumlkletternden ‘indern) von Hans Schäukfelein, das „Martyrium der heiligen Barbara“ von Lucas Cranach, und die „Parzen“ von Hans Baldung, zwei höchst carakteristishe naive Blätter. Von den alten deutschen bezw. \{chweizerishen Meistern sind ferner vertreten; Hans Burgkmair (Iudith mit dem Haupte des Holo- fernes), Peter Flötner (Entwürfe zu einer prächtig verzierten Bett- lade und zu ciner reih ornamentirten Thüreinfassung), Urs Graf (eine „Satyrfamilie“ und e Der lauernde Tod“, zwei die Art dieses Meisters sehr bezeihnende, originelle Blätter aus der öffentlichen Kunstsammlung in Basel), Nicolaus Manuel (zwei Blätter aus der Folge der „klugen und thörihten Jungfrauen“) und Hans Leu („Heilige Familie“ und „Anbetung der Hirten und der Könige“, leßteres Blatt früher dem Dürer zugeschrieben). Auch die italienische Holzschneidekunst ist durch mehrere Blätter repräsentirt; am inter- essantesten ist darunter eine ggoße Allegorie auf den Tod, von Andrea Andreani nah Giovanni Forkuna Fortunio. Der sehr seltene Holz- shnitt ist dur die manirirte Auffassung des Gegenstandes, dur die wunderlihe Vermishung des Christlihen und Heidnishen und durch die sonderbare Zufammenstellung der Motive, Ornamente und In- S für Sitte und Geist der damaligen Zeit höchst charak- eriftisch.

Annalen des Deutschen Reichs für Geseßgebung Verwaltung und Statistik. Staatswissenshaftliche Zeitschrift und Materialiensammlung. Herausgegeben von Dr. Georg Hirth und Dr. Marx Seydel. Verlag von G. Hirth in München und Leipzig (Iährlich 12 Hefte ; Abonnementspreis vierteljährlih 4 ) XX1I. Jahrgang 1889, Nrn. 5 und 6. Die vorliegenden Hefte haben folgenden Inhalt: Nr. 5: Das Reichsgeseß über die Unfal- versicherung der Seeleute und anderer bei der Seeschiffahrt bethei- ligten Personen. Vom 12. Suli 1887. Von Dr. Zeller, Regierungs- Rath. Die Errichtung deutscher Handelskammern im Auslande. Eingabe der Handelskammer zu Mannheim an das Reichsamt des Innern vom 18. Oktober 1888. Recnungsergebnisse der Berufs- genossenshaften für 1887, Die Alters- und Invalidenversicherung der Arbeiter. Geseßentwurf nach den Beschlüssen des Bundesraths (Nov. 1888), Nr. 6: Die Alters- und Invalidenversiherung der Arbeiter. Gesetzentwurf nach den Beschlüssen des Bundesraths (Nov. 1888), [Fortseßung.]

_— Das 6. Heft 39. Bandes von „Dr. A. Petermann's Mittheilungen aus Justus erthes’ Geographisher Anstalt“ (herausgegeben von Professor Dr. A. Supan; Gotha, Justus Perthes), hat folgenden Inhalt : Ueber Erosion dur Gezeiten- strôme, von Professor Dr. O. Krümmel. Das Quellgebiet des östlihen Tigrisarmes, Begleitworte zur Originalaufnahme von Pro- fessor Jos. Wünsch. Die Eignung Central-Asiens zur Einführung russischen Lebens, von M. N. Annenkow, Kaiserlich rufsishen General- Lieutenant. Kleinere Mittheilungen: Oklahoma, von H. Wichmann. Neue Ueberlandbahnen in Mittel- und Süd-Amerika, von Professor Dr: A : Supan Der s, deutshe Geographentag in Berlir, 24./26. April 1889, von H. Wichmann. Geographischer Monats- beriht. Beilage : Literaturberiht. Karten unter Redaktion von Dr. B. Haffenstein. Taf. 8. Neun Karten zu dem Aufsaß: „Ueber Erosion durch Gezeitenstrôme“, von Professor Dr. O. Krümmel. 1) Die Helgoländer Bucht , Maßstab 1 : 709 000. 2) Die Ems- mündungen 1 : 715 000. 3) Die Gironde 1 : 705 009. 4) Port Santa Cruz, Patagonien, 1 : 1000000, 5) Der nordôstliche Theil der Fundy-Bay 1 : 845000 6) Port Gallegos, Patagonien, 1 ; 1081 000. 7) Liverpool-Bai 1 : 270 000. 8) Das Becken von Arcachon 1 : 705 000. 9) Der Helder 1 : 232 000. Taf. 9: Das Quellgebiet des östlihen Tigrisarmes. Aufgenommen und ge- zeichnet von Professor Jos. Wünsch. Reduktion von ca. 1 : 110 000 auf den Maßstab 1 : 400 000,

Land- und Forstwirthschaft.

_Forstwissenshaftlihes Centralblatt (früher Monats- chrift für Forst- und Jagdwesen) Unter Mitwirkung zahlreicher Fachhleute aus Wissenschaft und Praris, herausgegeben von Dr. FranzBaur, 9. ô. Professor der Forstwissenshaft an der Universität München. 11, Jahrgang 1889. (Der ganzen Reihe 33. Jahrgang.) Berlin, Verlag von Paul Parey, Verlagshandlung für Landwirth- haft, Gartenbau und Forstwesen. 1889. Preis pro Jahrgang 14 6, Heft, Das vorliegende Heft hat folgenden Inhalt : Original-Artikel : Forst und Jagdwesen im Hochstift Eichstätt .bis 1803 resp. 1855. Vom Kgl. bayr. Regierungs-Direktor a. D. Julius Sax in Landshut. Ueber den Einfluß des Streurehens auf den Holzbestand. Vom Ober-Forstrath Frey in Darmstadt. Die Berechnung des Holz- bodenwerths bei Servitutablösungen. Vom Fürsilißhen Forstmeister Urich. Mittheilungen: Bericht über die 34, Versammlung des \ähsishen Forstvereins am 830. und 31. Juli 1888 in Meißen. Literarische Berichte. Notizen.

Pest, 12, Juni. (W. T. B.) Der Stand der Saaten hat in Folge der andauernden Trockenheit in manhen Gegenden ge- m im Durchschnitt ist derselbe jedoch mittelmäßig bis gut mittel- mäßig.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen.

Spanien. Laut Runderlafses des Königlih spanishen General-Direktors für das Gesundheitswesen vom 1. Juni 1889 is für Provenienzen aus Tarlac, Nueva Eciga, Pampanga, Pangabirán, Tayabas, Morong, Zambales und Manila (Philippinen) wegen dort aufgetretener Cholera morbus Quarantäne angeordnet worden. i : Dänemark.

Die dânischerseits unter dem 12. März 1889 angeordneten Quarantänemaßregeln („Reichs-Anzeiger Nr. 76 vom 27. März d. J.) sind, insoweit dieselben den Hafen von Lissabon betreffen, durch Sd GnE vom 27, Mai 1889 außer Wirksamkeit gesetzt worden.

Gewerbe und Handel.

_ Vom obershlesishen Steinkohlenmarkt berichtet die „Schles. Ztg.": Der Ausfall an lieferbaren Kohlen, welchen die Arbeiterbewegung des verflossenen Monats für die Gruben der ober- \hlesishen Reviere nah si gezogen hat, führte zu einer gesteigerten Versorgung der Vorräthe Seitens der Eisenbahnverwaltungen wie der größeren Plätze; andererseits hat die Bewilligung höherer Löhne an die Bergleute eine Erhöhung der Selbstkosten herbei- geführt, welhe nothwendig in der Heraufsezung der Kohlenpreise